Einführung und Themeneinführung
Herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung. Ich freue mich ebenfalls, nach einem Jahr wieder hier zu sein und die Arbeit von damals in gewisser Hinsicht fortzusetzen.
Jetzt die große Frage: Kann man dieses Gestell hier noch irgendwie außer Gefecht setzen? Das wäre sehr freundlich, denn dann kann ich Sie alle etwas besser sehen, und das macht auch gleich Freude.
Gender Mainstreaming – das Thema macht auf den ersten Blick nicht so viel Freude. Es geht um den Angriff auf die Familie und unsere Antwort darauf. Die Aktualität dieses Themas muss man wohl niemandem groß beweisen, da sicherlich alle die Berliner Frauensenatorin kennen.
Interessant wäre es jetzt, in die Runde zu fragen – ich werde es aber nicht tun: Wie heißt die Berliner Frauensenatorin? Sie heißt Frau Dilek Kalayci und hat kürzlich Folgendes gesagt – also auf Berliner Boden muss man auch Berliner Senatorinnen zitieren: „Es ist nicht mehr die Realität in unserer Gesellschaft, dass Familie aus Vater, Mutter, Eheschein und Kindern besteht.“
Das sei nicht mehr die Realität in unserer Gesellschaft. Sie werden gleich sehen, was das mit dem Thema zu tun hat.
Vielleicht haben einige von Ihnen ja auch vor wenigen Tagen – ich muss zugeben, ich habe es nicht getan, aber ich bin entsprechend informiert worden – den jüngsten Tatort gesehen, der am 30. Januar um 20.15 Uhr ausgestrahlt wurde. In diesem Tatort spielten zwei Theologen eine Rolle. Früher gab es ja immer dieses Schema „Guter Bulle, Böser Bulle“. Jetzt war das Schema „Guter Pfarrer, Böser Pfarrer“ oder „gute Pfarrerin, böser Pfarrer“.
Der böse Pfarrer zeichnete sich unter anderem dadurch aus, dass er nicht dafür war, dass homosexuelle Paare im Pfarrhaus zusammenleben sollten. Außerdem hatte er bestimmte Vorbehalte gegenüber der Gender-Ideologie. Und das reicht offensichtlich den Filmemachern, um ihn in ein ziemlich schiefes Licht zu rücken.
Unser Thema ist hochspannend und brennend aktuell. Wir wollen heute Abend versuchen, zu ergründen, woran das liegt und welche Herausforderungen das für Christen bedeutet. Zudem wollen wir besprechen, welche Aufgaben damit auf die Gemeinden zukommen.
Gender Mainstreaming – der Angriff auf die Familie und unsere Antwort.
Die Frage nach Normalität und Kulturrevolution
Sie kennen wahrscheinlich den Karlauer vom Geisterfahrer, der im Verkehrsfunk die Meldung hört: „Achtung, auf der A 2 zwischen Hannover und Berlin ist ein Geisterfahrer.“ Doch die A 2 ist ja die Strecke, auf der sich der Geisterfahrer befindet. Der Geisterfahrer, der das hört, muss schallend lachen und sagt: „Was heißt denn hier einer?“
Auf unser Thema heute Abend angewendet, könnte man fragen: Wer ist eigentlich in der Genderdebatte der Geisterfahrer? Wer ist in der Diskussion über das Für und Wider von Homoehen der Geisterfahrer? Wer ist im Streit um Sexualpädagogik oder Krippenbetreuung der Geisterfahrer? Oder anders formuliert: Was ist eigentlich normal? Und wodurch wird Normalität normiert, das heißt bestimmt und definiert? Gibt es überhaupt so etwas wie Normalität?
Das ist die große Frage: Was ist normal? Und dann könnte man ja schlussfolgern: Ist normal gleich richtig? Gibt es da einen Bezug? Wer sind die Geisterfahrer, und woher können wir das wissen?
Ich denke, es wird heute Abend klar werden, dass wir alle Zeugen einer Kulturrevolution sind. Das heißt, eines erbitterten Machtkampfes. Das Vorbild aller Kulturrevolutionen in der Geschichte war ja Mao Zedong in China, der letztlich ein grausames Blutbad anrichtete.
Kulturrevolution bedeutet, dass im Namen einer sogenannten höheren Wahrheit die Vertreter der alten Gegenpositionen oder die Vertreter dessen, was man früher für die höhere Wahrheit hielt, eingeschüchtert und mundtot gemacht werden.
Im Mai letzten Jahres erschien ein hochinteressanter Artikel in der FAZ vom 27.05., der die aktuelle Diskussion um das Genderthema genau in diesen Horizont des Kulturkampfes stellte. Dort wurde Gregor Gysi zitiert.
Gregor Gysi spricht zu Recht mit Blick auf das irische Referendum – Sie wissen, beim irischen Referendum ging es um die Frage der Gleichstellung von homosexuellen Ehen mit Ehen zwischen Mann und Frau – von einer kulturellen Revolution.
Nun steckt in diesem Begriff aber auch eine unfreiwillige Pointe. Der Verfasser des FAZ-Artikels macht deutlich, dass genauso wie in früheren Zeiten möglicherweise – oder zumindest seitens der Vertreter der Homolobby gesehen – die Gegner öffentlicher Homosexualität rigide gegen deren Vertreter vorgingen, jetzt in gleicher Weise gegen all jene rigide vorgegangen wird, die es wagen, im öffentlichen Diskurs die aktuelle Entwicklung kritisch zu kommentieren.
Der FAZ-Schreiber sagt: Wir haben es wieder mit einer quasi kulturellen Revolution zu tun.
Tatsache ist, schreibt er, dass jetzt die Propagandisten des Genderismus mit dem Anspruch einer höheren Wahrheit argumentieren, die doch auch nicht mehr zu bieten hat als früher ihre Gegner: Moral.
Er fährt dann fort: „Ich sehe die Gefahr, dass sich Geschichte wiederholt und aus ehemaligen Opfern von sozialer Ächtung nun deren Befürworter werden – Kulturrevolution, wie sie leibt und lebt.“
Also meint er: Unter Berufung auf eine höhere Moral rechtfertigt man Willkür im Umgang mit jenen, die eine andere Auffassung vertreten als man selbst.
Der Machtkampf um die Kinder und die Familie
Schon längst tobt ein Machtkampf um die Seelen unserer Kinder. Dabei setzt der Staat ganze Bataillone in Marsch, um eine bestimmte Ideologie bis in die letzten Winkel unserer Gesellschaft auszubreiten. Letztlich geht es darum, unser Denken umzukrempeln – vor allem das Denken der nächsten und übernächsten Generation.
Bei Menschen meines Jahrgangs, ich bin Jahrgang 61, würde man sagen: Da kommt das alles schon zu spät, da ist Hopfen und Malz verloren. Aber es geht uns um deren Kinder und vor allem um deren Kindeskinder.
Diesen Machtanspruch erkennt man schon am Begriff „Mainstreaming“. Genauer gesagt: Gender Mainstreaming. Mainstream bedeutet Hauptstrom. Und das Gender, das wir noch genauer definieren werden, soll wie ein breiter Strom unser Volk gewissermaßen überfluten. Das ist das Ziel. Das Gender-Denken soll in allen Bereichen unserer Gesellschaft durchgesetzt werden: in der Schule, in der Verwaltung, im öffentlichen Leben, in der Sprache, in der Kindererziehung.
Gender soll überall durchschlagen. Alles und alle sollen gegendert werden.
Nun stellt sich die sehr praktische Frage: Wenn man ein Volk umerziehen will, wo muss man da ansetzen? Natürlich bei den Kindern. Und wenn man an die Kinder herankommen will, wen muss man dann ausschalten beziehungsweise in seinem Einfluss zurückdrängen? Die Eltern und die Familie – alles ganz logisch.
Deshalb haben alle Diktaturen, egal welcher Ideologie sie auch angehören, danach getrachtet, die Hoheit über die Kinderbetten zu erobern. Und genau so geschieht es auch beim Gender Mainstreaming.
Aufbau des Vortrags und Doppelstrategie des Staates
Unser Vortrag heute Abend wird aus zwei größeren Teilen bestehen.
Teil A beschäftigt sich mit dem Angriff auf die Familie, während Teil B die Frage unserer Antwort darauf behandelt.
Es ist wichtig, die Problemsituation genau zu verstehen. Wenn das Problem richtig erkannt wird, ergibt sich vieles von der Antwort fast von selbst. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass Teil A deutlich länger dauern wird als Teil B.
Nach Teil A können Sie dann durchatmen und sich auf das Ende freuen.
Teil A wird zwei Unterabschnitte umfassen, nämlich die beiden Ziele des Angriffs auf die Familien. Hier sehen wir uns einer Doppelstrategie des Staates gegenüber.
Es war kein Geringerer als der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Professor Werner Münch, der auch einmal Landesminister in Hannover war, der davon sprach, dass Politik und Rechtsprechung hier zusammenspielen.
Das, was die Politik versucht durchzusetzen, wird inzwischen größtenteils von den Gerichten quasi sekundiert und unterstützt.
Es geht also um eine Doppelstrategie des Staates im Einklang mit dem Mainstream, auch der Rechtsorgane, wie Professor Münch festgestellt hat.
Wir wollen uns nun diese beiden Ziele anschauen, die den Angriff auf unsere Familien bestimmen.
Einmischung des Staates in die Familie
Das erste Ziel, das wir bereits erwähnt haben, ist die Einmischung in die Familien. Es geht um die Einmischung des Staates und der Gesellschaft im weitesten Sinne in den Intimbereich, in das geschützte System der Familien.
Noch einmal: Jedes totalitäre System, jede Diktatur greift nach den Kindern. Das hat schon Lenin damals gegenüber der sozialistischen Feministin Clara Zetkin so formuliert. Er sagte, man mache ernst mit der programmatischen Forderung, die wirtschaftlichen und erzieherischen Funktionen des Einzelhaushaltes in die Gesellschaft zu übertragen.
Ein weiteres Zitat aus dem Jahr 1937 lautet: „Heute beanspruchen die Volksführung wir, das heißt, wir allein sind befugt, das Volk als solches – den einzelnen Mann, die einzelne Frau – zu führen. Die Lebensbeziehungen der Geschlechter regeln wir, das Kind bilden wir.“ Diese Worte stammen von Adolf Hitler, 1937.
Machen wir nun einen großen Sprung in die Gegenwart. Fast 70 Jahre später klingt das bei einem Vertreter einer demokratischen Partei ganz ähnlich. Ich unterstelle diesem Vertreter keine inhaltliche oder ideologische Nähe zu Adolf Hitler. Aber im Jahr 2002 betonte der damalige Generalsekretär der SPD, Olaf Scholz, der heute übrigens Regierender Bürgermeister der Hansestadt Hamburg ist, Folgendes:
„Die Regierung will mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung eine kulturelle Revolution erreichen. Wir“, so Olaf Scholz, „wollen die Lufthoheit über unseren Kinderbetten erobern.“ (Olaf Scholz, 2002)
Verehrte Zuhörer, wie anders hatten sich das die Gründer der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg gedacht! Ihr besonderes Augenmerk galt damals einem Ziel: nie wieder Diktatur, nie wieder Einmischung des Staates in die Familie.
Die Väter des Grundgesetzes hatten seinerzeit sehr hohe juristische Hürden errichtet, um die Einmischung des Staates in den Bereich der Privatsphäre zu verhindern. Es wurde gesetzlich geregelt, zum Beispiel die Unversehrtheit der Wohnung oder das Postgeheimnis. Es gab ein striktes Verbot, Telefongespräche abzuhören. Der Schutz der Privatsphäre wurde besonders deutlich für die Familie formuliert.
In unserem Grundgesetz, das jeder gute Bundesbürger immer in der Tasche haben sollte, heißt es in dem berühmten Artikel 6:
„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ (Artikel 6 Absatz 1)
„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst, also zuallererst, ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“ (Artikel 6 Absatz 2)
Das bedeutet: Wenn die Eltern ihre Erziehungsaufgabe vernachlässigen und die Kinder verwahrlosen lassen, kann die staatliche Gemeinschaft eingreifen. Der Nachbar kann also nicht einfach zusehen und die Kinder ihrem Elend überlassen.
Das Grundgesetz sagt jedoch deutlich: In der Nachkriegszeit, als die neue Demokratie definiert wurde, ist es zuvörderst das natürliche Recht der Eltern, die Kinder zu erziehen und aufzuziehen.
Wenn die Familie ausfällt beziehungsweise entmachtet wird, kann der Staat gewissermaßen ungehindert auf die Kinder durchgreifen. Denn es gibt drei Kreise: Der innerste Kreis ist das Individuum. Das Individuum ist im Privat- und Intimbereich einer Familie geschützt. Erst danach kommen der Staat, die Schule und die Gesellschaft.
Wenn aber dieser innere Ring der Familie aufgebrochen wird, wenn er durchlöchert wird wie ein Schweizer Käse, wenn ich das so sagen darf, dann greifen die gesellschaftlichen Faktoren, der Staat quasi ungehindert auf das Individuum zu.
Wenn die Familie ausfällt, kann der Staat die Kinder für seine Interessen benutzen und nach seinen ideologischen Vorgaben manipulieren.
Praktische Umsetzung staatlicher Einflussnahme
Es ist interessant, dass wir beobachten können, wie es praktisch aussieht, wenn der Staat sich um die Kinder kümmert. Seit 1945 war es hier in Berlin besonders leicht möglich, über die Mauer beziehungsweise durch den Stacheldraht zu schauen.
Inzwischen aber werden uns typische Instrumente der damaligen DDR-Pädagogik als Beleg für eine moderne Familienpolitik verkauft. Ich nenne nur einige Beispiele: Kinderkrippen sollen so früh wie möglich, so lange wie möglich und so flächendeckend wie möglich angeboten werden. Mütter sind selbstverständlich berufstätig und stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Der Staat übernimmt von frühester Kindheit an wichtige Aufgaben für Erziehung und Kinderbetreuung.
Ein weiterer Effekt ist, dass Abtreibung im Bewusstsein weiterer Bevölkerungsteile als legitimes Mittel der Familienplanung gilt und de facto straffrei ist. Das sind alles klassische Elemente der im DDR-Sozialismus entwickelten Familienpolitik. Heute wird uns das als Beleg für eine moderne Familienpolitik verkauft. Dabei unterscheidet sich die aktuelle Familienministerin der SPD kaum von ihren Vorgängerinnen aus der CDU, vielleicht mit Ausnahme von Frau Christina Schröder.
Wir müssen sagen: Hier auf dem Gebiet der Familienpolitik feiert der Kommunismus einen späten Triumph über den westlichen Freiheitsbegriff. Der Kulturwissenschaftler Norbert Borbann hat dazu in einem Interview im März letzten Jahres sehr treffend Folgendes gesagt (Sie finden das Zitat hier): Die Linke hat nach der überraschenden Wiedervereinigung das Feld keineswegs geräumt. Zwar verzichtet sie seitdem auf das Herzstück ihrer Ideologie, nämlich die Verstaatlichung der Produktionsmittel, also die Planwirtschaft – das haben sie aufgegeben – aber den Überbau, die Bewusstseinsindustrie, hält sie fest im Griff.
Mit Bewusstseinsindustrie ist die Prägung der geistigen Entwicklung, der Bildung und des gesellschaftlichen Verständnisses gemeint. Auch die Rolle von Mann und Frau ist ein später Sieg dieser Ideologie. Dabei steht der linken Ideologie nun, und das ist sehr spannend, ein Koalitionspartner zur Verfügung, den man so nicht erwartet hätte: die großen Wirtschaftskonzerne, die liberalen Wirtschaftsbosse, die ja von völlig anderen weltanschaulichen Voraussetzungen ausgehen.
Jetzt fragt man sich, wo bitteschön das gemeinsame Interesse liegt, denn offensichtlich ist es ja vorhanden. Viele Wirtschaftslenker wollen, dass Mütter so schnell wie möglich wieder aus der Familie herausgeholt werden – nur nicht zu lange im Erziehungsurlaub. Auch sprechen sich viele Wirtschaftslenker öffentlich immer wieder dafür aus, dass die Kinder so bald wie möglich in die Ganztagsbetreuung gehören. Sie bieten am liebsten auch eigene Möglichkeiten dazu in ihren Firmen an, weil man beide Elternteile für die Volkswirtschaft braucht.
Beide Elternteile sollen in die Sozialkassen einzahlen. Für die zukünftigen Arbeitnehmer gilt: Je weniger familiengebunden sie später sind, also je weniger sie sich an diese feste Einbindung in den Schutzraum Familie gewöhnen, umso verfügbarer werden sie später für die Pläne des Arbeitsmarktes in der globalen Wirtschaft.
Ökonomisierung der Familienpolitik und Folgen für die Kinder
Der Journalist Ulf Poschardt hat den Vorrang des ökonomischen Denkens, also des Wirtschaftsdenkens, im Bereich der Familienpolitik folgendermaßen beschrieben:
Er schreibt, die Verstaatlichung dieses kostbarsten Raumes von Privatheit, der zarten Intimität und Schutzbedürftigkeit der Familie, sei ein weiteres Symptom dafür, mit welcher Härte dem Staatssozialisationsmaterial zugeschoben werden soll. Hinzu komme eine kühn anmutende Ökonomisierung, also Verwirtschaftlichung der Familienplanung.
Poschardt sagt in diesem Aufsatz, dass es bei der Familienpolitik nicht mehr vorrangig darum gehe, dass Eltern und Kinder glücklich werden, sondern dass Eltern tüchtig steuern und in die Sozialsysteme einzahlen. Dazu passt exemplarisch das geschmacklose Angebot, das Facebook ihren weiblichen Angestellten im Oktober 2014 gemacht hat.
Sie boten den weiblichen Angestellten an: „Wir finanzieren euch, dass ihr eure Eizellen einfrieren lasst, wenn ihr dafür jetzt auf Schwangerschaften verzichtet und diese dann in späteren Jahren nachholen könnt.“
Die Journalistin Birgit Keller hat dieses unmoralische Angebot treffend kommentiert. Sie schrieb: Früher legte man die Karriere auf Eis, um Kinder zu bekommen; heute legt man die Kinder auf Eis, um Karriere zu machen.
Um noch einmal Bormann zu zitieren, der genau in dieselbe Wunde den Finger legt: „Die Floskel vom Ich, das sich neu erfindet, hat mittlerweile Karriere gemacht.“ Das kennen wir alle, diesen Spruch: „Ich erfinde mich immer wieder neu.“
Bormann verweist nüchtern betrachtet auf den bindungs- und identitätslosen Menschen, der sich marktkonform und zeitgeistkonform ständig neu verkaufen muss. Damit entspricht der neue Mensch der Linken zugleich dem, was sich auch ein global operierender Wirtschaftsliberalismus wünscht.
Was braucht der globale Wirtschaftsliberalismus? Bormann sagt: den bindungslosen, nach der Tagesparole ausgerichteten Menschen ohne Rasse, ohne Klasse, ohne Geschlecht, ohne Volk, ohne Familie, ohne Tradition.
Dieser Mensch turnt flexibel durch das Leben und wechselt bei Bedarf das Kostüm. Die Buntheit, die dabei herauskommt, ist nur eine übergroße Karnevalsmaske, hinter der das blanke Nichts lauert. Totaler Vielfalt ohne Bindung – genau das kommt dabei heraus.
So wird der Mensch immer mehr verfügbar, weil er selber in sich keinen Halt und keine festgeprägte Identität hat für das, was die anderen, was die Gesellschaft mit ihm machen wollen.
Folgen für die Psyche der Kinder und Erziehungspartnerschaft
Und all diese Einflüsse, die wir jetzt skizziert haben, zusammengenommen, haben massive Folgen. Sie schwächen den Zusammenhalt der Familien und schädigen die Psyche der Kleinsten.
Entwicklungspsychologen und Pädagogen warnen eindringlich vor den gravierenden seelischen Schäden, die durch das frühe Herausreißen der Kinder aus dem Schutzbereich der Familie entstehen können. Der Neurologe Manfred Spreng hat dazu geschrieben: Es trifft Frauen und Kinder zuerst. Der Titel seines Aufsatzes lautet „Wie der Genderismus krank machen kann“. Er spricht von Sprachentwicklungsstörungen und einer erhöhten Anfälligkeit für Depressionen.
Ein pädagogischer Fachbegriff in der heutigen Diskussion ist, dass Kinder dann selbstbewusst und mutig ihren Weg gehen können, wenn sie sicher gebunden sind. Sicher gebunden zu sein, ist ein pädagogischer Kernbegriff. Gerade dieses sichere Gebundensein des Kindes, das eine geborgene, vertraute und dauerhafte Beziehung zu den Eltern voraussetzt, wird systematisch von der hier geschilderten Art der Familienpolitik untergraben und beschädigt.
Natürlich öffnet man so den staatlichen Miterziehern Tür und Tor – und schlimmer noch – den Herzen und Seelen der kommenden Generation.
An dieser Stelle sei betont: Die Erziehungspartnerschaft, die von der Politik propagiert wird, ist grundgesetzwidrig. Nach dem Grundgesetz gibt es keine Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern, Schule und Staat. Partnerschaft bedeutet nämlich Gleichberechtigung und Gleichgewichtigkeit. Das Grundgesetz sagt jedoch klar: Es ist zuvörderst die Aufgabe der Eltern.
Der Staat war nie mein Partner bei der Erziehung meiner Kinder. Trotzdem wird diese Parole immer wieder so formuliert, und dieses Mitspracherecht wird immer wieder gefordert.
Das biblische Menschenbild als Hindernis der Kulturrevolution
Nun, wenn der Plan aufgehen soll, wenn die Kulturrevolution gelingen will, dann muss noch ein Hindernis beseitigt werden, das diesem Horrorszenario im Wege steht. Dieses Hindernis ist der christlichen Gemeinde wohlbekannt: das biblische Verständnis vom Menschen und der göttlichen Schöpfungsordnung.
Nach dieser Ordnung hat der heilige Gott den Menschen zu seinem Bilde geschaffen – und zwar als Mann und Frau. Familie bedeutet nach biblischem, christlichem und auch christlich-jüdischem Verständnis ganz selbstverständlich Vater, Mutter und Kind. Solange Kinder dies für normal und natürlich halten und es auch als hilfreich erleben, werden sie immer wieder selbst Familien gründen.
Deshalb genügt es, wenn die Kulturrevolution wirklich gelingen soll, nicht nur, die Kinder so lange wie möglich dem Einfluss ihrer Elternhäuser zu entziehen. Das ist zwar der erste Schritt, aber es kommt auch darauf an, unseren Kindern so früh wie möglich ein neues Bild vom Menschen zu vermitteln. Am besten ist es, wenn sie erst gar nicht mit dem Konzept der biblischen Schöpfungsordnung vertraut werden, wonach Familie aus Vater, Mutter und Kind besteht. Noch besser ist es, wenn sie schon vom Kindergarten an etwas völlig anderes für normal halten.
Darum gehört zur Doppelstrategie des Staates nicht nur die Einmischung in die Familien. Es gibt ein sehr klar formuliertes zweites Ziel, das mit dieser Einmischung erreicht werden soll: die Bekehrung zum Glauben an das Gendermärchen.
Die Bekehrung zum Glauben an das Gendermärchen
Da ist jetzt der zweite Punkt in Teil A: die Bekehrung zum Glauben an das Gendermärchen. Das Ziel ist ein gigantischer Umerziehungsprozess, dem wir uns ausgesetzt sehen.
Letztlich ist der Begriff „Bekehrung“ aber nicht richtig. Man sollte besser von Gehirnwäsche sprechen, denn im christlichen Verständnis geschieht Bekehrung immer bewusst und willentlich aufgrund von Information. Genau darum geht es hier aber nicht. Das Ziel ist in der Tat eine Totalumkehr des Denkens und Empfindens.
Wir sollen das biblische Menschenbild gegen das Gendermenschenbild eintauschen. Wir sollen unser gesamtes Menschsein anders verstehen, unsere Identität. Nach christlichem Verständnis hängt unsere Identität als Menschen ganz eng mit unserem Geschlecht zusammen. Wir sind Mann, wir sind Frau.
In Matthäus 19,4 greift Jesus den Schöpfungsbericht auf und sagt: „Und er schuf sie als Mann und Frau.“ Das ist fundamental, das ist konstitutiv für unsere Identität. Deshalb soll gerade hier angesetzt werden.
Schon das Spiegel-Nachrichtenmagazin hat diese Tragweite begriffen und vor einiger Zeit geschrieben, es gehe beim Gender Mainstreaming nicht darum, die Lage des Menschen zu verändern, sondern den Menschen selbst.
Bereits Aldous Huxley schrieb 1949 im Vorwort zur zweiten Auflage von Brave New World Folgendes: Sie kennen Brave New World, dieses Horrorszenario einer staatlichen Diktatur, in der das klassische Familienkonzept aufgelöst ist, Sexualität völlig getrennt von Ehe betrachtet wird und die Erzeugung der nächsten Generation künstlichen Methoden überlassen wird.
Da schreibt Aldous Huxley bereits 1949 im Vorwort zur zweiten Auflage von Brave New World: „Die wirklich revolutionäre Revolution lässt sich nicht in der äußeren Welt bewirken, sondern nur in den Seelen und Körpern der Menschen.“
Darum geht es: die Seelen und Körper der Menschen zu verändern. Deshalb ist der Kampf um die sogenannten Bildungspläne für die Schulen entbrannt.
Das begann in Baden-Württemberg, und wir erleben diese Auseinandersetzung inzwischen auch in Niedersachsen massiv. Das Ganze läuft unter dem Stichwort Vielfalt und sexuelle Orientierung. Im Wesentlichen geht es aber um die Frage der Identität des Menschen.
Die Kultusminister gaukeln uns vor, es gehe ja nur um Toleranz gegenüber Andersartigkeit, und die Schüler sollten eben wissen, dass es verschiedene Lebensformen und verschiedene sexuelle Orientierungen gebe. Die Kinder sollten Menschen, die anders leben als sie selbst, nicht diskriminieren.
Als ob das schon ein Thema für Erst- und Zweitklässler wäre. Aber das ist eine Verschleierungsstrategie, die das eigentliche Ziel dieser Bildungspläne verdeckt.
Ihr Problem besteht nicht nur darin, sondern auch in den schädlichen Folgen der Frühsexualisierung. Das ist für sich genommen schon ein Problem, das groß genug wäre, um als Einzelthema behandelt zu werden.
Der Abbau von Schamgrenzen und die Anleitung zu praktizierter Sexualität von Minderjährigen – dieser Schaden der Frühsexualisierung wäre für sich genommen schon groß genug.
Doch den Bildungsplänen geht es in ihrem Kern um mehr: Sie fordern letztlich die Zwangsmissionierung zu einem Menschenbild, das dem Menschenbild der Bibel entgegensteht.
Darum geht es letztlich. Es geht um Indoktrination. Man will uns bekehren zum Glauben an das, was ich Gendermärchen nenne.
Ursprung und Verbreitung des Gender-Konzepts
Wenn Sie sich fragen, woher das eigentlich stammt, wer es beschlossen hat, ob es jemals eine Bundestagsdebatte dazu gab oder gar eine Volksbefragung – wer hat das eigentlich verfügt –, dann müssen Sie in den Akten bis ins Jahr 1999 zurückgehen.
Damals, im Jahr 1999, erklärte die damalige rot-grüne Bundesregierung das Gender-Konzept zum Leitprinzip und zur Querschnittsaufgabe der Politik. Dies geschah durch einen Kabinettsbeschluss.
Eine Bundestagsdebatte fand nicht statt. Es gab keinen Beschluss durch den Gesetzgeber, also nicht durch den obersten Souverän, das Volk, vertreten durch das Parlament. Auch eine öffentliche Debatte gab es nicht. Es war ein einsamer Kabinettsbeschluss einer Bundesregierung.
Was für ein Demokratieverständnis steckt dahinter?
Die Nachfolgeregierung, unter anderem mit der damaligen Ministerin Ursula von der Leyen und ihren Mitstreitern, übernahm dieses Konzept. Sie setzten es mit fast noch mehr Begeisterung fort, als es ihre Vorgänger gewagt hatten.
Wir wollen uns nun dieses sogenannte „Gendermärchen“ ansehen, damit Sie es morgen Abend Ihren Kindern oder Enkeln als Gute-Nacht-Geschichte erzählen können.
Nein, bitte nicht! Ich denke, Sie werden daran keine Freude haben. Aber Sie sollten dieses „Gendermärchen“ zumindest verstehen.
Inhalt und Forderungen des Gendermärchens
Worum geht es beim Gendermärchen? Das Gendermärchen fordert Glauben und Unterwerfung, und das ist ein erster Punkt, den wir sehr genau verstehen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es geht hier nicht um Erziehung zur Toleranz. Toleranz bedeutet, dass ich mich respektvoll gegenüber einer Orientierung verhalte, die ich persönlich nicht nachvollziehen kann oder für nicht richtig halte. Dabei begegne ich den Menschen, die diese Orientierung vertreten, mit Respekt und Achtung. Das wäre Toleranz, und das sollte, denke ich, selbstverständlich sein.
Was die Ideologen von uns und von unseren Kindern fordern und worauf die Bildungspläne in ihrer inneren Logik zielen, ist jedoch nicht Toleranz, sondern Akzeptanz. Akzeptanz ist etwas grundsätzlich anderes als Toleranz.
Akzeptanz bedeutet zum Beispiel in Bezug auf die Frage der Homoehe: Ich erkenne an, dass eine Homoehe genauso richtig und sinnvoll ist wie eine Ehe zwischen Mann und Frau. Das meint Akzeptanz, und genau darauf zielen die Bildungspläne ab.
Bisher war ich der Überzeugung, dass das biblische Schöpfungsbild und das biblische Menschenverständnis die Ehe nur zwischen Mann und Frau vorsieht. In Zukunft soll ich meine Meinung ändern und der Auffassung sein, dass alle unterschiedlichen Orientierungen gleichermaßen richtig und gut sind. Es soll keine Wertungen mehr geben, kein Richtig und kein Falsch. Ich darf meine persönliche Meinung haben, aber nicht mehr als das.
Genau darauf zielen die Bildungspläne ab. Es geht nicht darum, Toleranz einzufordern, was eine Selbstverständlichkeit wäre. Toleranz definieren wir als respektvolles Verhalten gegenüber einer anderen Überzeugung. Nein, darum geht es nicht. Es geht um Akzeptanz, also die Anerkennung einer anderen Überzeugung als in gleicher Weise wahr. Darum geht es, und darauf zielen die Bildungspläne.
Diese Ideologie versucht man teilweise schon im praktischen Unterricht der Kleinsten einzubringen. Ich las folgendes Beispiel aus einem Diktat in Schleswig-Holstein, dritte Klasse:
„Meine Mutter Nora hat Samenzellen von einem netten Mann aus Dänemark bekommen. Meine Mutter Anna hat mich adoptiert. Jetzt lebe ich mit zwei Müttern und drei Vätern.“
Das bedeutet, dieses Denken soll in allen Bereichen des Bildungskonzepts durchgesetzt werden.
In der Grundschule gibt es zum Beispiel Textaufgaben in Mathematik, bei denen Peter und Ludwig ihre Hochzeit feiern und so und so viele Torten für so und so viele Gäste aufgeteilt werden müssen. Die üblichen Textaufgaben der Mathematik sind also gegendert, weil in allen Bereichen, wie es unsere Regierung 1999 beschlossen hat, dieses Konzept jetzt durchgesetzt wird.
In Niedersachsen sind die Verantwortlichen besonders aufmerksam und wollen sicherstellen, dass in den Schulen alles richtig umgesetzt wird. Deshalb hat man eine Initiative beauftragt, diesen Prozess zu begleiten und gewissermaßen zu überwachen.
Diese Initiative trägt in Niedersachsen den Namen „Schlau“. Wenn man das übersetzt, heißt das schwule, lesbische, bisexuelle und trans Aufklärung.
Diese Organisation versucht durchzusetzen, dass sie sich in den Unterricht einschalten können und verlangen, dass die Lehrer zu diesem Zeitpunkt den Raum verlassen. Das ist natürlich rechtlich höchst fragwürdig. Hier sind auch die Eltern gefordert, ihr Recht einzufordern, dies nicht zuzulassen und ihre Kinder nicht schutzlos diesen Einflüssen auszuliefern.
Man sieht an all diesen Strukturen diesen Machtanspruch. Es wird Unterwerfung gefordert. Diejenigen, die sich das auf die Fahnen geschrieben haben, versuchen, ihr Gedankengut mit allen Mitteln durchzusetzen.
Das Ziel ist, dass wir in Zukunft für richtig halten sollen, was wir bisher aus biblischen Gründen in christlicher Sicht als Sünde betrachtet haben. Unsere Kinder sollen ein anderes Wertefundament bekommen. Sie sollen ein neues Menschenbild übernehmen und das Menschenbild der Bibel ablegen.
Rechtliche Grenzen und ideologische Umerziehung
Es gibt hier eine sehr prägnante Analyse von Professor Friedrich Hansmann. Er war früher Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre an der Universität München. In einem Gutachten hat er noch einmal deutlich herausgearbeitet, dass der Staat eine Grenze überschreitet, die er laut Grundgesetz niemals überschreiten darf.
Denn der Staat mischt sich hier in die ideologische Prägung seiner Bürger ein und will ihnen vorschreiben, was sie zu denken haben und was nicht. Gender Mainstreaming bedeutet in diesem Zusammenhang eine Zwangsmissionierung im Auftrag des Staates. Man könnte es auch als einen pädagogischen Kreuzzug zur ideologischen Umerziehung bezeichnen.
Gender Mainstreaming ist verbunden mit einem klar definierten Bekehrungsziel. Man will uns zwingen, ein Märchen zu glauben. Wenn Sie Märchen etwas vornehmer formulieren möchten, können Sie auch von einem Mythos sprechen. Es geht darum, einen Mythos zu akzeptieren und auf dieser Basis unser Leben zu gestalten.
Deshalb müssen wir uns im nächsten Schritt klar machen, was uns dieses Märchen eigentlich erzählt.
Das Gendermärchen: Vielfalt der Geschlechter
Der Titel dieses Märchens ist nicht „Hänsel und Gretel“. Das wäre ja wieder, na ja, heterosexuell gedacht. „Hänsel und Gretel“ geht gar nicht, oder?
Stattdessen sollte der Titel dieses Märchens einfach „Gender und Gender und Gender“ lauten. Denn das Gendermärchen erzählt von sechzig bis viertausend Geschlechtern.
Bisher dachte man ja immer, es gäbe nur zwei. Aber da sieht man mal, wie sehr man sich täuschen kann. Wir dachten bisher, die Menschheit bestehe aus Männern und Frauen und die Ehe sei ein Bund zwischen je einem Vertreter beiderlei Geschlechts. So dachte man das noch zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Das Gendermärchen aber erzählt uns jetzt: Oh nein, es gibt nicht nur zwei Geschlechter, sondern es gibt mindestens sechzig verschiedene.
Auf Facebook konnten Sie, wenn Sie Ihr Geschlecht angaben, bis vor kurzem – ich weiß jetzt nicht, was der aktuelle Stand ist – zwischen sechzig verschiedenen Geschlechtern wählen: interweiblich, intergender, intergeschlechtlich, Zwitter, Hermaphrodit und so weiter.
Das müssen Sie mal richtig Vokabeln lernen, um das zu verstehen. Deswegen reichen den richtigen Genderaktivisten auch die zweigeteilten Toiletten nicht mehr.
Sie sind hier noch ziemlich hinter dem Mond, muss ich sagen, in Ihrem Gemeindezentrum. Dort haben Sie noch eine richtige Herrentoilette und eine richtige Damentoilette.
Aber als das Genderzentrum in Hannover eingerichtet wurde – die evangelische Kirche in Deutschland, also wohlgemerkt die evangelische Volkskirche in Deutschland, hat jetzt auch ausgerechnet in meiner Heimatstadt Hannover – ich entschuldige mich dafür – ein Zentrum eingerichtet, um dieses Genderkonzept nun in die ganze kirchliche Arbeit hineinzuprägen und hineinzutragen.
Wissen Sie, was damals die größte Aufmerksamkeit erregte, im Jahr 2014? Dass dort, in diesem EKD-Zentrum, eine neue Toilette eingerichtet wurde, die nicht mehr getrennt nach Männern und Frauen ist.
Sie haben das im Internet dann so schön gezeigt mit einem Blumengebinde an der Tür. Also wo früher „H“ oder „D“ stand, da hing jetzt ein Blumengebinde. Okay, EKD und Gender.
Sechzig ist eigentlich auch noch ziemlich bescheiden. Der Verband der Intersexuellen spricht inzwischen sogar von viertausend verschiedenen – wie Sie das nennen – Varianzen der geschlechtlichen Differenzierung.
Also überlegen Sie mal: Wenn Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln gekommen sein sollten, wie vielen Geschlechtern sind Sie da möglicherweise begegnet?
Und nun fragen Sie ganz naiv zurück: Ja, aber der biologische Unterschied zwischen Männern und Frauen – ist das nicht eine Tatsache?
Ja, stimmt schon, erwidere ich Ihnen da. Aber dieser kleine Unterschied, so sagt das Gendermärchen, ist für unser Wesen, für unsere Identität völlig nebensächlich.
Und das führt uns zu Punkt C.
Biologie und Geschlecht im Gendermärchen
Das Gendermärchen erklärt Biologie für unwichtig. Jetzt müssten also alle Biologielehrer zumindest sich darüber aufregen. Die grundsätzliche Betonung des Unterschieds zwischen Mann und Frau wird hier ausgehebelt. Es gibt nicht mehr diese Polarität „entweder oder“. Folglich kann dann auch Heterosexualität nicht mehr als Norm für Sexualität verstanden werden.
Das Gendermärchen sagt also, dass Heterosexualität als normal und Homosexualität als unnormal gilt. Dies sei nur von der Tradition und der Familie so anerzogen worden. Man sei Opfer dessen geworden, was man Zwangsheteronormativität nennt. Damit dieses Wort verständlich wird, habe ich es extra noch einmal aufgeschrieben: Zwangsheteronormativität. Das heißt, dass einem aufgezwungen wurde, Heterosexualität als Norm zu verstehen. Es ist wirklich an der Zeit, langsam umlernen zu können und zu verstehen, dass andere Varianten genauso normal sind.
Was bedeutet das? Ich will versuchen, es kurz zu erklären. Das biologische Geschlecht heißt im Englischen Sex, also Sex ist das biologische Geschlecht. Davon gibt es nur zwei. Diese heterosexuelle Grundstruktur ist vorgegeben. Gender aber bezeichnet in diesem Denken das soziale Geschlecht. Und davon gibt es nicht nur zwei, sondern zwischen sechzig und viertausend oder vielleicht noch mehr.
Das Sex ist vorgegeben, aber Gender ist nur anerzogen. Es ist nur eine Rolle, so wird gesagt, die wir spielen. Dieses Gender ist eigentlich entscheidend. Was uns anerzogen wurde, kann auch wieder aberzogen oder verflüssigt werden.
Wenn es nach den Bildungsplänen in Niedersachsen geht, sollen die Kinder in unseren Schulen dieses Märchen jetzt als Wahrheit lernen. Sie sollen lernen, dass sich der Mensch nicht grundsätzlich als Mann und Frau unterscheidet. Das wäre Zwangsheteronormativität – das können Sie jetzt auch unfallfrei aussprechen.
Dieser kleine biologische Unterschied ist eigentlich nur nebensächlich. Es ist eben unvermeidbar, dass es so ist. Aber alles andere, was Männer und Frauen sonst unterscheidet, ist nur traditionell, anerzogen, gesellschaftlich bedingt, durch die Umwelt geprägt und kann deshalb verändert werden.
Das heißt, es gibt nicht mehr Mannsein und Frausein als zwingende Alternative, sondern nur noch Gender. Nicht mehr zwei Pole, sondern nur noch sechzig bis viertausend erlernbare Rollen.
Mainstreaming heißt nun, dass der Glaube an dieses Märchen in allen gesellschaftlichen Bereichen mit staatlicher Förderung und staatlichen Geldern massiv bis in den letzten Winkel durchgesetzt werden soll. Das meint Gender Mainstream.
Unterschied zum alten Feminismus und Vielfalt der sexuellen Identitäten
In der Diskussion wird oft so getan, als ginge es beim Thema Gender einfach nur um die Gleichberechtigung der Frauen. So schrieb neulich auch ein Leitartikel in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, der von einer politischen Partei stammte. Dort hieß es, wie rückständig diese Partei sei, sehe man ja schon daran, dass sie gegen Gender sei. Gender werde ja als Gleichberechtigung von Männern und Frauen verstanden.
Man muss jedoch sagen: So viel Recherche kann man auch von einem Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung erwarten, dass Gender eben genau das nicht bedeutet. Der alte Feminismus verfolgte etwas völlig anderes. Er kämpfte für Frauenrechte. Sicher war der alte Feminismus zum Teil eine Reaktion auf rücksichtslose Männer.
Aber der alte Feminismus war genau das Gegenteil von Gender. Er war in höchstem Maße polarisiert und hatte einen durch und durch heterosexuellen Ansatz: Frau gegen Mann. Alice Schwarzer gegen den Rest der Welt. Ich gut, du böse. Frau gut, Mann schlecht. Das war der alte Feminismus. Hier ist das zwar verkürzt dargestellt, das gebe ich gern zu.
Gender Mainstreaming verfolgt hingegen einen anderen Ansatz. Es geht nicht um Gleichberechtigung oder Geschlechtergerechtigkeit, sondern um eine umfassende Veränderung unseres Denkens, unserer Einstellung und unseres Menschenbildes im Sinne einer Kulturrevolution. Es ist ein Generalangriff auf das biblische Menschenbild und damit auch auf das Verständnis menschlicher Sexualität.
In diesem Denken öffnet sich plötzlich ein weites Feld unterschiedlichster sexueller Identitäten und Spielarten. Diese sollen alle in gleicher Weise anerkannt und gefördert werden. Man spricht von der alternativen klassischen Familie oder von Diversity.
Diversity bedeutet Vielfalt. Vielfalt und Buntheit klingen ja immer gut. In diesem Sinne sollen all diese unterschiedlichen Varianten anerkannt, akzeptiert und auch staatlich gefördert werden. Daraus ergibt sich die Abkürzung L-S-B-T-T-I-Q. Diese steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle – also Menschen, die sich zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlen –, Transgender, die sich eher dem anderen Geschlecht zugehörig empfinden, und Transsexuelle, die eine Geschlechtsumwandlung anstreben und durchführen lassen. Ein Beispiel dafür ist der Fall Jennings im Sommer letzten Jahres, falls Sie sich daran erinnern.
Intersexuelle sind Menschen, die sich als zwischen den Geschlechtern stehend empfinden. Der Begriff „quer“ ist inzwischen zu einem Sammelbegriff für alles geworden, was dem klassischen heterosexuellen Konzept entgegensteht.
Es handelt sich also um ein weites Feld sexueller Spielarten. Und genau das soll den Kindern beigebracht werden. Dabei wird behauptet, dass all diese Varianten in gleicher Weise gut, tragfähig und hilfreich für den Menschen seien.
Geschlecht als veränderbar und wahlfrei
Damit kommen wir zum Punkt D, was das Gendermärchen beinhaltet.
Das Gendermärchen erklärt das Geschlecht als veränderbar und wahlfrei. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das bedeutet, man ist nicht ein für alle Mal auf ein bestimmtes Geschlecht festgelegt. Wenn man den Eindruck hat, das Geschlecht ändern zu wollen, dann kann man das auch tun. Außerdem besteht ein Anspruch darauf, dass diese Entscheidung entsprechend unterstützt wird.
Ein Fall, auf den man sich dabei häufig bezieht, ist Bruce Reimer. Bruce Reimer wurde vom Psychologen John Money zu einer Geschlechtsumwandlung geführt. John Money veranlasste das und übernahm auch die medizinische Verantwortung dafür. Der Fall ging damals durch die Presse. Es geschah im Jahr 1967. Bruce Reimers Penis war zuvor bei einer missglückten Beschneidung versehentlich verstümmelt worden. Daraufhin sagte Money: „Gut, dann machen wir ein Mädchen aus ihm.“
Es kam zu einer Geschlechtsumwandlung – eine ganz tragische Situation. Aus Bruce wurde Brenda. Als Brenda mit 14 Jahren erfuhr, dass sie als Junge auf die Welt gekommen war, ließ sie die Geschlechtsumwandlung rückgängig machen. Es war eine furchtbare Tragödie.
Im Frühjahr 2004 erschoss sich Bruce Reimer, weil er mit dieser tragischen persönlichen Geschichte nicht fertig wurde. Sein Zwillingsbruder war bereits zwei Jahre zuvor gestorben. Es gibt Vermutungen, dass auch er Selbstmord begangen haben könnte, weil er das Leiden seines Bruders nicht ertrug.
Noch 2004 – und das ist der eigentliche Skandal – präsentierte Alice Schwarzer in der Neuauflage ihres Buchs „Der kleine Unterschied“ Bruce Reimer als lebenden Beweis für die Richtigkeit der Gendertheorie. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bruce Reimer wahrscheinlich bereits Selbstmord begangen oder stand kurz davor.
Hier geht es um mehr als nur abwegige Gedanken. Es geht um dramatische, zum Teil brutale Eingriffe in das Leben von Menschen. Der Mensch wird verflüssigt. Das soziale Geschlecht gilt als veränderbar, disponibel und vermeintlich wahlfrei.
Das passt zu dem, was die Mutter aller Feministinnen, Simone de Beauvoir, geschrieben hat: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird zur Frau gemacht.“ Sie sagte, es sei an der Zeit, die patriarchalische Unterdrückung abzuschütteln und der Sklaverei der Mutterschaft zu entfliehen. Simone de Beauvoir sagte: „Es gibt nicht Frau sein.“
In der Zwischenzeit wird dieses Denken, dass Geschlecht veränderbar und wählbar sei, munter umgesetzt.
Beispiel aus Kanada und Kampfbegriff Stereotyp
Ich bringe Ihnen, um diesen Vortrag etwas internationaler zu gestalten, ein Beispiel, das sich kürzlich im Bundesstaat Alberta in Kanada ereignet hat. Dort hat der Bildungsminister neue Richtlinien für die Schulen herausgegeben, wie sie mit der Geschlechtlichkeit der Schüler umgehen sollen.
Begriffe wie Vater und Mutter sollen vermieden und durch Begriffe wie Fürsorger oder Partner ersetzt werden, da Vater und Mutter als diskriminierende Begriffe angesehen werden.
Folgende Neuerungen wurden beschlossen: Die Schüler entscheiden nun selbst, mit welchem Pronomen sie angesprochen werden möchten, also „er“ oder „sie“. Im Sportunterricht sollen die Schüler die Möglichkeit erhalten, zu wählen, ob sie lieber im Jungen- oder im Mädchensport mitspielen wollen. Das ist auch interessant – ich hätte damals immer beim 800-Meter-Lauf bei den Mädchen mitgemacht, dann wäre ich unschlagbar gewesen. War ich so auch (Klammer auf, Klammer zu).
Waschräume – so heißt es dort – dürfen die Schüler künftig selbst entscheiden, in welche Dusche sie gehen wollen. Wenn Mädchen das als problematisch empfinden, weil „Neumädchen“, also Jungen, die sich als Mädchen verstehen, in ihre Kabinen kommen, sollen sie zumindest Einzelkabinen bekommen, damit es für sie nicht so schlimm wird.
Jemand hat folgende Szene beschrieben, die jetzt ganz normal möglich ist in Alberta: Da kommt jemand in den Umkleideraum und sagt: „Hey Mädels, ich bin Tom, ich denke aber, dass ich Nadine bin, und deswegen dusche ich jetzt mit euch.“
Das ist die Konsequenz dieser Neuregelung. Das ist die Konsequenz des Gendermärchens, das sich gegen etwas wendet. Wissen Sie, was der Kampfbegriff ist? Der Kampfbegriff lautet „Stereotyp“.
„Stereotyp“ hat einen negativen Klang. Es wird gesagt, wer meint, es gebe Mann, Frau, Junge oder Mädchen, der behaftet die Menschen mit Stereotypen, legt sie fest und vergewaltigt sie letztlich. Deshalb fordert man eine Neubestimmung nicht nur des Geschlechterbegriffs, sondern auch des Familienbegriffs.
Das sehen Sie vielfach in Talkshows, und Sie haben es auch in dem Statement der Berliner Senatorin gehört. Dort wird gesagt: „Familie, das ist doch eigentlich out, das glaubt doch keiner mehr, das ist völlig auf dem absteigenden Ast. Wer wirklich mit der Zeit gehen will, denkt nicht mehr in Begriffen von Familie.“
Das ist das fünfte, was wir hier sehen: Das Gendermärchen fordert Glauben und Unterwerfung, erzählt von sechzig bis viertausend Geschlechtern, erklärt Biologie für unwichtig, erklärt Geschlecht für veränderbar und wahlfrei und erklärt das Normale für unnormal.
Es schneidet sich die Wirklichkeit so zurecht, wie man sie haben will.
Realität und Sehnsucht nach Familie
Aber ich sage Ihnen: Die Realität vor Ort in Deutschland zeigt immer noch ein anderes Bild, und das sind die wirklichen Zahlen. Fast 80 Prozent, also zwischen 75 und 80 Prozent aller Eltern in Deutschland, sind verheiratet. Das ist doch interessant. Nur 8 Prozent leben unverheiratet zusammen, die übrigen circa 13 Prozent sind alleinerziehend.
Das heißt, in den klassischen Familien – Vater, Mutter, Kind – leben immer noch 11,5 Millionen Kinder. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2014, von den Relationen her stimmt das aber immer noch so. In nichtehelichen Lebensgemeinschaften leben nur 1,5 Millionen Kinder. Schauen Sie, das ist die Normalität der Realität.
Es wundert einen, weil die Talkshows oder Zitate wie das von Frau Kullert uns ein völlig anderes Bild präsentieren. Und wenn wir das noch in zunehmend eingetragene Lebenspartnerschaften einordnen, sind diese zahlenmäßig eine völlige Randerscheinung.
Ich sage Ihnen: Die einschlägigen Studien zeigen auch, dass das die Sehnsucht der meisten Menschen ist, unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund – gerade der meisten jungen Leute. Die Shell-Jugendstudie 2015 hat als einen der wichtigsten Werte, den die Jugendlichen nannten, den Wert genannt, ein gutes Familienleben zu führen. Und da wurde Familie in diesen Kategorien gedacht.
Nach wie vor geben sich in Deutschland etwa 380.000 Hochzeitspaare pro Jahr das Ja-Wort. Das sind die Zahlen. Und der Zukunftsforscher Horst Opaschowski – Sie haben vielleicht von diesem Interview gehört – hat in seinen Querschnittsuntersuchungen auch noch einmal festgestellt, dass Familie für die Menschen einer der wichtigsten Werte ist. Das entspricht genau dem, was die Shell-Jugendstudie ergeben hat.
Er sagt, man müsste von einer Renaissance der Familie sprechen. Im Grunde genommen ist die Familie die neue Glaubensgemeinschaft der Deutschen. Auf die Frage „Was ist Ihnen heilig?“ nannten die meisten Befragten an erster Stelle die Familie, und zwar Familie in den meisten Fällen verstanden im klassischen Sinne.
Wir dürfen uns hier nicht von den Medien ein Bild glaubhaft machen lassen, das der Wirklichkeit nicht entspricht, indem man versucht, das Normale als Anomalie darzustellen.
Zerstörung der Identität und Freiheit durch das Gendermärchen
Ein letzter Punkt, der zum Gendermärchen gehört: Das Gendermärchen zerstört die Identität und letztlich die Freiheit des Menschen.
Fragt man nach einer zentralen Vertreterin dieses Denkens, kommen natürlich viele verschiedene Einflüsse zusammen. Einer der Hauptzeugen des Genderdenkens ist jedoch Judith Butler. Ihr Standardwerk aus dem Jahr 1999 trägt den Titel „Das Unbehagen der Geschlechter“ in deutscher Übersetzung. Der Originaltitel lautet „Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity“. Es geht also um die Unterwanderung, die Subversion von Identität – und genau darauf zielt das Buch ab.
Es soll unsere Identität auflösen, verflüssigen und verfügbar machen. Frau Butler hat uns dankenswerterweise schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass man nie früh genug mit gendersensibler Sprache anfangen kann. Sie brachte dafür ein klassisches Beispiel: Schon wenn die Hebamme ausruft „Es ist ein Mädchen“, dann ist das nicht nur eine einfache Beschreibung des Offensichtlichen. Nach Frau Butler ist das eine Zuschreibung: „Du sollst ein Mädchen sein.“
Die Hebamme soll also nicht mehr legitimerweise sagen dürfen, wenn dieses kleine Wesen ans Tageslicht kommt: „Es ist ein Mädchen.“ Schon das sei keine bloße Beschreibung, sondern eine Zuschreibung, eine gewissermaßen zwanghafte Festlegung von Identität. Ich nenne Ihnen dieses Beispiel, damit Sie das Wesen dieses Denkens verstehen.
Und was geschieht, wenn die Identität flüssig wird, auflösbar? Sie macht den Menschen für den Menschen verfügbar und manipulierbar. In diesem Sinne hat es auch C. S. Lewis formuliert, der Literaturwissenschaftler und apologetische Autor. Er sagte: Die Macht des Menschen, aus sich zu machen, was ihm beliebt, bedeutet in Wirklichkeit die Macht einiger weniger, aus anderen zu machen, was ihnen beliebt.
Sie verstehen: Wenn die Identität aufgelöst wird, wenn wir nicht mehr sicher gebunden sind, wenn wir nicht mehr mit Gewissheit sagen können, wer wir sind, wenn unsere Identität beliebig verflüssigt werden kann, dann wird der Mensch zum Objekt des Zugriffs des Menschen. Dann fallen alle Schranken und Schutzwälle, und der Mensch wird ungebremst auf den Menschen losgelassen.
Dann kann die Zerstörungskraft der Sünde sich austoben. Wo der Mensch sich des Menschen bemächtigt, wird früher oder später auch die Freiheit des menschlichen Zusammenlebens in einer Gemeinschaft und Gesellschaft erstickt.
Werte anwesende, Märchen sind nicht wahr – das wissen wir. Aber sie können trotzdem eine starke Wirkung entfalten. Die Wirkung des Gendermärchens ist in unserer Gesellschaft mit Händen zu greifen.
Darum müssen wir nun fragen, in einem zweiten Teil – und ich hatte Ihnen ja versprochen, dieses Versprechen auch einzuhalten: Teil B – Was ist nun unsere Antwort?
Teil B: Die Antwort der christlichen Gemeinde
Ich erinnere noch einmal an Teil A: Angriffe auf die Familie. Hier gibt es zwei Ziele. Man lebt gefährlich auf ihrer Kanzel – das ist auch eine geschickt eingebaute Treppenstufe.
Das erste Ziel ist die Einmischung in die Familien. Das zweite Ziel: Was will man damit erreichen? Die Bekehrung – besser gesagt, die „Bekehrung“ in Anführungsstrichen – zum Glauben an das Gendermärchen.
Nun zum letzten Teil: Was kann unsere Antwort sein? Wenn ich „unsere“ sage, meine ich die Antwort der christlichen Gemeinde, die Antwort derer, die sich der Bibel als verbindliche Offenbarungsurkunde des Gottes anvertrauen, der die Welt und den Menschen erschaffen hat.
Das Erste, was wir festhalten müssen: Die Schöpfungsordnung ist eindeutig. Das biblische Zeugnis präsentiert uns eine klare Schöpfungsordnung. Wir verdanken unser Leben dem allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde. Dieser Schöpfer hat uns nicht orientierungslos in dieser Welt ausgesetzt, sondern er hat uns ein klares Konzept mit auf den Weg gegeben.
Ein Konzept – ja, jetzt wird die Stimme auch wieder klarer – ein Konzept, wie unser Leben gelingen kann. Ein Konzept, wie wir als Menschen miteinander, füreinander und für Gott leben sollen. Die Theologie spricht hier vom christlichen Menschenbild. Ein Grundbaustein dieses Menschenbildes ist das biblische Verständnis von Ehe, Familie und Erziehung.
Das lässt sich mit folgenden Thesen kurz zusammenfassen:
Erstens: Ehe ist das verbindliche Modell für das Zusammenleben von Mann und Frau. Es handelt sich um eine öffentlich geschlossene Ehe mit allen rechtlichen Konsequenzen. Sie ist auf Dauer angelegt, „bis dass der Tod euch scheidet“ (Matthäus 19).
Zweitens: Im Schutz einer solchen Ehe wächst Familie. Familie ist der Schutzraum zum Aufziehen der nächsten Generation. Hier sollen Kinder gefördert und stark gemacht werden. Im Schutzraum Familie lernen Kinder, Verantwortung zu übernehmen und werden zu mutiger Weltgestaltung hingeführt. Die Familie ist auch der allererste Ort, an dem Kinder mit dem christlichen Glauben bekannt gemacht werden sollen.
Drittens: Ehe und Familie sind keine zeitbedingten Formen, die sich aus irgendwelchen traditionsgeschichtlichen Entwicklungslinien ergeben. Sie sind Gottes Schöpfungsordnung. Einer, der dies in der theologischen Diskussion immer wieder besonders vehement vertreten und begründet hat, war Dietrich Bonhoeffer.
Ehe und Familie sind also keine austauschbaren Formen oder leere Hülsen, sondern Gottes verbindliche Schöpfungsordnung. Sie sind das göttliche Modell für das Miteinander von Mann und Frau, so lehrt es die Bibel eindeutig. Darum ist Familie die rechtsverbindliche Ehe zwischen einem Mann und einer Frau, in der gemeinsam Kinder aufgezogen werden. Das ist Familie nach dem christlichen Menschenbild.
Sie beobachten ja in der heutigen Diskussion immer wieder, dass auch viele Protagonisten, die sich dem Genderdenken öffnen, nicht ganz auf den Begriff der Familie verzichten wollen. Sie definieren Familie dann aber anders. Zum Beispiel hat eine konservative Partei wie die CDU Familie sinngemäß so formuliert: Familie ist dort, wo Erwachsene und Kinder füreinander Verantwortung übernehmen.
Damit wird das klassische Verständnis von Familie aufgelöst, denn dieses Konzept passt auch beispielsweise für eine Homo-Ehe. Die Bibel ist hier sehr eindeutig. Sie macht klar: Familie ist die rechtsverbindliche Ehe zwischen einem Mann und einer Frau auf Lebenszeit, in der, wenn Gott es schenkt, gemeinsam Kinder aufgezogen werden.
Ich gestatte mir aus aktuellem Anlass eine Klammerbemerkung: Ich halte es in höchstem Maße für schädlich und zersetzend, wenn der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz und der Präses des Gnadauer Verbandes, Michael Diener, kurz vor Weihnachten in verschiedenen Interviews gesagt hat, er vertrete persönlich eine konservative Sicht der Dinge. Aber man müsse es genauso akzeptieren, wenn Leute aufgrund ihrer Prägung die Bibel anders lesen würden. Das müsse man genauso stehen lassen.
Damit wird nämlich insinuiert und suggeriert, dass die Bibel nicht eindeutig sei. Es wird gesagt: „Ja, ich persönlich sehe es konservativ, aber wenn jemand sagt, ich lese die Bibel anders, dann muss man das in gleicher Weise stehen lassen.“
Es ist kein Wunder, dass zum Beispiel die Rheinische Synode der EKD, als sie vor kurzem über die Zulassung der offiziellen homosexuellen Trauung in Kirchen diskutierte und dies mit großer Mehrheit beschloss, sich auf Präses Michael Diener berief. Sie sagte, die Evangelikalen fingen jetzt schon selbst an, das für möglich zu halten.
Hier werden Schleusen in einer Weise geöffnet, deren Konsequenzen für uns noch völlig unabsehbar sind.
Deswegen ist es unbedingt wichtig, an dieser Stelle klar und deutlich Position zu beziehen. Wir müssen sagen: Nein, die Schöpfungsordnung ist eindeutig. Die biblischen Texte lassen hier keine zwei Möglichkeiten offen.
Wer sagt, er will dem Gott dienen, der uns die Bibel offenbart hat – durch Menschen, durch die er sie hat schreiben lassen – wer sagt, er will eintreten für ein christliches Menschenbild und will dem biblischen Wahrheitsverständnis treu sein, der kann nicht gleichzeitig behaupten: „Ja, ich sehe es so, aber man kann es auch mit einer anderen Prägung genauso anders sehen.“
Das ist nicht christlich – das ist nur noch postmodern. Denn die Schöpfungsordnung ist eindeutig. Das ist das Erste, was unserer Antwort zugrunde liegen muss.
Die Schöpfungsordnung als natürliche Normalität
Die Schöpfungsordnung ist natürlich und in diesem Sinne normal. Auf diesen Punkt hat der bekannte katholische Philosoph Robert Spaemann in der Diskussion immer wieder hingewiesen. Er fordert die Rückkehr zu einer normativen Normalität und betont, dass ohne diese Normalität das praktische Leben niemals funktionieren würde. Das sei naturgemäß.
Schon die Normalität führt laut Robert Spaemann den ganzen Genderismus ad absurdum und entlarvt das Genderdenken als widernatürlich. Er betont, dass von uns verlangt werde, uns von unserer eigenen Natur zu emanzipieren. Deshalb sei der Genderismus laut Spaemann widernatürlich und sogar antihuman, denn er beschädige den Menschen. Das sind deutliche Worte, und es gibt auch Belege aus dem Bereich der Naturwissenschaften, die zeigen, dass der Genderismus den Menschen verfehlt.
Es ist nicht verwunderlich, dass es massive Einsprüche und Widersprüche gegen den Genderismus gibt – zum Beispiel aus der Medizin. Wenn man mit Medizinern spricht, was ich von Zeit zu Zeit tue, und ihnen dieses Konzept vorstellt, fassen sie sich in der Regel nur an den Kopf und fragen, wie man im 21. Jahrhundert so etwas glauben kann. Daher stammt auch mein Begriff vom Gendermärchen.
Mediziner weisen darauf hin, dass die physiologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau offenkundig sind und eindeutig nicht nur die Sexualität betreffen. Sprechen Sie zum Beispiel mit einem Neurologen wie Professor Spreng, der sich immer wieder in Veröffentlichungen dazu geäußert hat. Übrigens gibt es von ihm auch eine gute kurze Schrift zur Einführung: Manfred Spreng – „Es trifft Frauen und Kinder zuerst: Wie der Genderismus krank machen kann.“
Oder sprechen Sie mit Embryologen, die Ihnen sagen, dass bereits ab der 26. Schwangerschaftswoche unveränderbare Unterschiede im Aufbau des Gehirns zwischen Jungen und Mädchen bestehen. Bedenken Sie auch die Warnungen vor gesundheitlichen Schäden in der Sprachentwicklung und der sicheren Bindungsfähigkeit, wie sie in Norwegen zu hören sind.
In Norwegen hat die Konfrontation mit den harten Naturwissenschaften dazu geführt, dass die staatliche Finanzierung des Genderprogramms eingestellt wurde, weil es in der Öffentlichkeit keine Akzeptanz mehr dafür gab. Der Soziologe und Komiker Harald Eyer hat Interviews geführt und klassische Naturwissenschaftler zu den Thesen des Genderismus befragt. Anschließend konfrontierte er prominente Gendervertreter in Norwegen vor laufender Kamera mit diesen Einsprüchen. Deren Reaktion war offensichtlich so hilflos, dass es nicht mehr haltbar war, dieses Programm weiterhin staatlich zu finanzieren.
Man wünschte sich, dass man hier in Deutschland auch einmal zu dieser Nüchternheit zurückfinden würde.
Die Entwicklungspsychologen machen immer wieder deutlich, dass Kinder beide Elternteile brauchen – gerade in ihrer Polarität. Die Kinder brauchen den Vater als Vater und die Mutter als Mutter. Natürlich gibt es immer wieder Notsituationen, in denen Menschen, auch wenn sie es nicht wollen, gezwungen sind, die Kinder alleine zu erziehen. Als Christen wissen wir, dass Gott auch in solchen Notsituationen helfen und alles Notvolle zum Guten wenden kann.
Aber es ist ein Unterschied, ob ich sage, das ist eine Notsituation, in der ich mich auf Gottes Hilfe verlasse, oder ob ich das als Idealfall betrachte oder möglicherweise sogar herbeiführe.
Gender verfehlt die Natur des Menschen, und deshalb ist es logisch, dass es zu Konflikten mit soliden naturwissenschaftlichen Befunden kommt.
Ich möchte noch hinzufügen: Sogar im Tierreich ist Homosexualität unnormal. Es gibt immer wieder solche Fälle, aber auch dort ist es unnormal. Dazu gibt es eine interessante Untersuchung von Ford und Beach mit dem Titel „Formen der Sexualität“. Dort kann man sich auch über Homosexualität im Tierreich informieren.
Ein weiterer Aspekt ist, dass der Fortbestand einer Gesellschaft gefährdet wäre. Was antworten die Genderkritiker darauf? Sie antworten im Grunde mit den Instrumenten von Aldous Huxley aus „Brave New World“, nämlich mit Reproduktionsmedizin. Reproduktionsmedizin sei die Antwort – Leihmütter, Samenspenden.
Und wer sind wieder die Leidtragenden? Die Kinder. Die Kinder, deren soziales und biologisches Geschlecht gewissermaßen auseinandergerissen wird und die nicht mehr wissen, wo sie herkommen.
Die Schöpfungsordnung als göttliche Offenbarung
Ein vorletzter Punkt: Die Schöpfungsordnung ist nicht nur eindeutig, sie ist auch natürlich und normal. Das ist gewissermaßen die vorletzte Begründung. So finden wir es etwa auch bei Birgit Kelle in einem Interview aus dem letzten Jahr. Dort sagt sie: Die Familie, die vom Gender Mainstreaming zerstört werden soll, ist die Keimzelle unserer Freiheit.
Eine stabile Familie braucht den Staat nicht, denn die Verbindung von Mann und Frau, aus der ein Kind entsteht, ist die natürlichste Bindung der Welt. Birgit Kelle bringt es sehr schön auf den Punkt: Diese Familie braucht den Staat eigentlich nicht. Der Staat kann hier und da ein bisschen helfen, aber sie ist nicht darauf angewiesen. Gerade das ist es, was dem Staat eigentlich gefallen sollte – was ihm aber offensichtlich nicht gefallen will.
Es gibt jedoch noch eine dritte Begründung der Schöpfungsordnung, die noch einen Schritt weitergeht. Das ist mein letzter Punkt für heute: Die Schöpfungsordnung ist von Gott offenbart.
Man könnte die Begründung der Natürlichkeit, die wir unter Punkt zwei hatten, auch von folgender Seite aus noch einmal in Frage stellen. So könnte man etwa Robert Spähmann vorhalten: Lieber Robert Spähmann, was du für natürlich hältst, ist nur eine Konstruktion von Natur, eine Wertetradition, die du gelernt hast. Wer sagt denn, dass Homosexualität nicht natürlich ist?
Gut, du kannst auf die Frage des Nachwuchses verweisen, da helfen wir uns dann mit der Reproduktionsmedizin. Du kannst das Empfinden ansprechen, und das ist nach meiner Überzeugung ein vollkommen richtiges Argument. Aber da könnten die Genderkritiker auch sagen: Das ist nur deine Prägung, lieber Professor Spähmann. In Deutschland empfinden Rechtsfahrer eben Rechtsfahren als normal, in England empfinden Linksfahrer Linksfahren als normal. Und die Geisterfahrer empfinden auch in Deutschland Linksfahren als normal.
Man könnte noch weiter fragen: Lieber Robert Spähmann, wie willst du zum Beispiel belegen, dass die Monogamie natürlicher ist als die Polygamie? Also die Einehe natürlicher ist als die Situation, dass ein Mann mehrere Frauen haben kann? Wie war es im Alten Testament? Wo ist der letztgültige Maßstab für die Kategorie natürlich und unnatürlich?
Hier schließt sich unser Kreis, und wir fragen am Ende noch einmal: Wer ist der Geisterfahrer? Damit stellt sich unabweisbar die Frage nach der Deutungshoheit. Wer hat die Deutungshoheit?
Das christliche Menschenbild beruft sich am Ende auf mehr als nur die Kategorie des Natürlichen. Es gründet letztlich worauf? Auf der Autorität des Schöpfers und damit auf der Zuverlässigkeit seiner Offenbarung.
Oder anders ausgedrückt: Wir wissen deshalb mit letzter Gewissheit als Christen, dass Ehe im Sinne Gottes die Ehe von einem Mann und einer Frau ist und dass eine Homo-Ehe den Menschen letztlich verfehlt. Wir wissen das als Christen deshalb, weil die Bibel es sagt.
Das ist die letzte Begründung, dort ist der letzte Halt, dort ist das letzte unzerstörbare Fundament der Schöpfungsordnung, wie Bonhoeffer sagen würde. Dort liegt auch die letzte Begründung des biblischen Menschenbildes, und dort liegt im Übrigen auch die letzte Begründung der Menschenwürde.
Das ist wichtig für die Erziehung unserer eigenen Kinder und maßgeblich für unsere ethische Verkündigung in der Gemeinde. Hier stoßen wir auf eine letzte Grenze dieser Naturrechtsbegründung, die ihr relatives Recht hat, aber immer ein vorletztes Argument bleibt.
Das letzte Argument für uns als Christen besteht darin, dass Gott, der die Welt erschaffen hat, in seiner Offenbarung uns verbindlich vergewissert hat, wer wir sind und wie wir leben sollen.
Schlussfolgerung und Ermutigung
Damit kommen wir zu einem vierten und letzten Punkt, den ich hier nur noch erwähnen möchte, weil wir am Ende unserer Zeit angelangt sind.
Die Schöpfungsordnung ist eindeutig, sie ist natürlich und normal, sie ist von Gott offenbart. Deshalb soll sie auch unsere Pädagogik prägen. Sie soll bestimmen, wie wir in unseren Familien, in unseren Gemeinden und in den Schulen unsere Erziehungsaufgabe wahrnehmen. Das sind die Kriterien, vor denen wir uns immer wieder zu verantworten haben.
Wir sind einen weiten Weg miteinander gegangen und haben gesehen, dass der Angriff auf die Familie im Kern ein Angriff auf das gesamte christliche Menschenbild ist. Wir haben uns zwei Ziele vor Augen geführt: den Zutritt des Staates und der Ideologen in den Innenraum unserer Familien und in die Herzen unserer Kinder. Dieses mit dem Ziel, eine Bekehrung hin zu der Weltanschauung des Genderismus zu erreichen. Das hat massive Folgen für das gesamte Selbstverständnis und Verhalten der Einzelnen.
Wir haben gefragt, wie unsere Antwort darauf aussehen kann. Sie muss so aussehen, dass wir uns eindeutig zur Schöpfungsordnung der Bibel bekennen. Wir müssen die Normalität dessen verstehen, die naturwissenschaftlichen Befunde und die entwicklungspsychologischen Erkenntnisse kennen, vertreten und beherzigen in dem, wie wir arbeiten. Das letzte Fundament, der letzte feste Grund für unser Denken und Handeln liegt darin, dass dieses Konzept von dem offenbart ist, der es uns gegeben hat und uns unser Leben gegeben hat. An diesem Maßstab muss sich alle unsere Pädagogik messen lassen.
Ich denke, und damit komme ich zum Schluss, gerade angesichts dieser dramatischen Notsituation, die ich heute Abend versucht habe, Ihnen zu schildern, kann den Christen wieder neu bewusst werden, wie dankbar sie ihrem Herrn dafür sein dürfen, dass er ihnen eine verbindliche Schöpfungsordnung gegeben hat. Was für ein Wert und Privileg es ist, mit diesem Konzept bewusst leben zu dürfen.
Mitten in einer Gesellschaft, die von Verunsicherung und Verwirrung zerrissen wird, dürfen wir wissen, wer wir sind und wie wir leben können. Das ist ein unendlich kostbares Gut. Ich möchte uns alle dazu ermutigen und auch darauf beharren, dass wir dieses Gut sorgsam bewahren. Dass wir in unseren Familien täglich bewusst in dieser Schöpfungsordnung leben. Dass wir diese Schöpfungsordnung treu, differenziert und überzeugt an die nächste Generation weitergeben.
Darüber hinaus sollten wir die christlichen Schulen und pädagogischen Einrichtungen stärken und all denen den Rücken stärken, die sich an dieser zentralen Aufgabe der Zukunftssicherung einsetzen. Ebenso sollten wir die christlichen Lehrer unterstützen, die sich an staatlichen Schulen im Sinne eines christlichen Menschenbildes engagieren und versuchen, den Schülern eine gute Prägung mit auf den Weg zu geben.
Und ich denke, ein Letztes sollten wir bedenken: Hinter den Kampfparolen der Genderlobby dürfen wir nicht die oftmals verzweifelten Herzen und traurigen Biografien übersehen, die dahinterstehen. Viele derjenigen, die sich in diesen, ja teilweise doch abstrusen Konzepten öffentlich geäußert haben und dafür möglicherweise Teile ihrer Lebenskraft eingesetzt haben, würden beim genauen Hinsehen viel eigene Verzweiflung und Traurigkeit erkennen lassen.
Deshalb geht es uns in der Auseinandersetzung mit diesen Konzepten niemals darum, die Menschen, die diese vertreten, fertigzumachen oder abzulehnen. Es ist wichtig, dass wir diesen Blick bekommen: Wie viel Traurigkeit und letztlich auch Hoffnungslosigkeit muss dahinterstecken, sich für solche Konzepte starkzumachen, wie wir sie hier dargestellt haben.
Und ein Letztes: Lasst uns in unseren eigenen Familien treu füreinander sorgen und die Zeit nutzen, die uns Gott miteinander gibt – in unseren Familien und in unseren Gemeinden. Lasst uns gegenüber dieser Gesellschaft, und das gilt hier für Sie in der Riesenstadt Berlin, immer wieder deutlich und klar die Wahrheit bezeugen, die die Kraft hat, sich selbst durchzusetzen.
Ich schließe mit den Worten eines Vaters, der eine große Familie hatte. Als die Kinder dann eins nach dem anderen aus dem Haus gingen, gewann er im Rückblick folgende Erkenntnis, die er vielen anderen Eltern weitergeben wollte. Er sagte:
„Meine Familie ist erwachsen und die Kinder sind alle schon aus dem Haus. Aber wenn ich alles noch einmal machen könnte, dann würde ich Folgendes tun: Ich würde meinen Kindern deutlicher zeigen, dass ich meine Frau lieb habe. Ich würde mehr lachen mit meinen Kindern über unsere Fehler und unsere Freuden. Ich würde mehr zuhören, auch dem allerkleinsten Kind. Ich wäre ehrlicher, was meine Schwächen angeht, und würde niemals Unfehlbarkeit vortäuschen. Ich würde mehr für meine Familie beten. Ich würde mehr mit meinen Kindern gemeinsam unternehmen. Ich würde sie mehr ermutigen und loben. Ich würde auch mehr auf die kleinen Dinge achten – die kleinen Worte und die kleinen Taten.
Und wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich viel mehr und viel intensiver Jesus Christus in das Leben meiner Familie mit einbeziehen. Jede noch so unbedeutende Sache würde ich gebrauchen, um meine Kinder auf Jesus Christus hinzuweisen.“