Es gibt heute Morgen so viel für uns, wo wir Gottes Liebe erfahren und auch sehen können. Dennoch soll in der Mitte stehen: Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder heißen!
Wir wollen miteinander das Lied singen: "Treuer Heiland, wir sind hier." Es ist ein Lied von dem Schwaben Heinrich Zeller, der in der Schweiz eine Anstalt für Arme und Taubstumme in Beugen gegründet hat. Er war ein berühmter Pädagoge. Dieses Lied ist bekannt und soll uns auch heute Morgen einstimmen in das Gotteslob 434, alle fünf Verse.
Wir wollen beten: Herr Jesus Christus, du bist unter uns nach deiner Zusage und Verheißung. Wir wollen jetzt vor dir hören, was du uns sagen willst. Du musst unsere Herzen bewegen, damit wir deine große Liebe entdecken und darin eingehüllt und geborgen sind. Segne uns auch in diesem Gottesdienst.
Doch wenn wir zu dir kommen, empfinden wir immer wieder, wie weit wir von dir entfernt sind. Oft sind wir gar nicht bereit zum Hören. Darum kommen wir zu dir und bitten dich, dass du uns reinigst von aller Schuld, von allem Unrechten, das uns auch in den vergangenen Tagen begleitet hat.
Vergib uns unsere Schuld, wo wir dein Wort gebrochen und dir ungehorsam gewesen sind. Du kannst Neues schaffen. Mache aus uns Menschen, die mit Freude deine Gebote erfüllen. Hilf uns, dass wir neue Menschen werden, zum Lob deiner Herrlichkeit.
Wir wollen dir jetzt in der Stille all das bringen, was uns bedrückt und bewegt. Wir beten in der Stille.
Wir danken dir, dass wir schmecken und sehen dürfen, wie freundlich du bist. Wohl dem, der auf dich traut. Amen!
Jetzt hören wir von Renate Kübler am Klavier zuerst ein Stück aus der Phantasie von Händel.
Die Offenheit Davids im Psalm 32
Lesen wir den Psalm 32 als Schriftlesung:
Der große König David, ein berühmter und befähigter Staatsmann, ein Manager der Macht, spricht so offen von der Sünde seines Lebens. Wir modernen Menschen tun uns so schwer, uns einzugestehen, dass wir vor Gott verlorene Leute sind.
Es scheint bald zum Erkennungszeichen der wahren Christen zu werden, ob wir noch darüber reden können, dass wir vor Gott nicht ein Stück unserer Schuld selbst in Ordnung bringen können, sondern allein von seiner Gnade leben.
Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist, wohl dem Menschen, dem der Herr die Schuld nicht zurechnet, in dessen Geist kein Trug ist.
Denn als ich es wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen. Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir, sodass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer bei Dürre geschieht.
Darum bekannte ich dir meine Sünde, und meine Schuld verhehlte ich nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen, da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde.
Deshalb werden alle Heiligen zu dir beten zur Zeit der Angst. Darum, wenn große Wasserfluten kommen, werden sie nicht an sie gelangen. Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten.
Ich bin errettet und kann gar fröhlich rühmen. Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst.
Das sehen Sie erst, wenn Sie mitlesen: Das ist eine Verheißung Gottes. Ich will dich mit meinen Augen leiten. Seid nicht wie Rosse und Maultiere, die ohne Verstand sind, denen man Zaum und Gebiss anlegen muss. Sonst werden sie nicht zu dir kommen.
Es ist mir oft ein Gebet: Herr, du kannst mich zurückreißen, wie man ein scheues Pferd zurückreißen muss. Bewahre mich auf deinen Wegen, damit du mich lenken und führen kannst.
Der Gottlose hat viel Plage, wer aber auf den Herrn hofft, den wird die Güte umfangen.
Freut euch des Herrn und seid fröhlich, ihr Gerechten, und jauchzt, alle ihr Frommen.
Und wir hören jetzt aus dem ersten Satz der französischen Suite in G-Dur von Johann Sebastian Bach.
Die Einladung zum Lobpreis und zur Buße
Und nun singen wir das Lied „Jesus nimmt die Sünder an“ (268). Wir singen die Verse 1 bis 4 und noch den sechsten Vers.
Das ist ein so großer Trost, dass Jesus uns gerade dort annimmt, wo wir unsere Schuld sehen und bekennen.
268 Das war ein zynisches Spottwort zur Zeit Jesu. Jetzt schlagen Sie bitte Lukas 7, Verse 36-50 auf.
Es wurde Jesus vorgehalten, er habe immer nur mit den gestrandeten Existenzen zu tun. Er habe immer so komische Leute in seiner Nähe, die im Leben versagt haben und viel Unrecht und Schuld aufgehäuft haben.
Wir lesen heute die Geschichte von der Salbung Jesu durch die große Sünderin.
Es bat Jesus aber einer der Pharisäer, bei ihm zu essen. Und Jesus ging hinein in das Haus des Pharisäers und setzte sich zu Tisch.
Und siehe, da war in der Stadt eine Frau, die war eine Sünderin. Als sie vernahm, dass er zu Tisch saß im Haus des Pharisäers, brachte sie ein Glas mit Salböl und trat von hinten zu seinen Füßen.
Sie weinte und fing an, seine Füße mit Tränen zu benetzen und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen. Sie küsste seine Füße und salbte sie mit Salböl.
Als aber der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, sprach er bei sich selbst: „Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er, wer und was für eine Frau das ist, die ihn anrührt, denn sie ist eine Sünderin.“
Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Simon, ich habe dir etwas zu sagen.“ Er aber sprach: „Rabbi“ oder „Meister“, sage es.
Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Der eine war 500 Silbergroschen schuldig, der andere 50. Da sie aber nicht bezahlen konnten, schenkte er es beiden.
Jetzt fragt Jesus nicht, wer der moralisch bessere war, wen man mehr bewundere oder wem man mehr vertraue. Jesus fragt ganz anders: „Wer von ihnen wird ihn am meisten lieben?“
Simon antwortete und sprach: „Ich denke der, dem er am meisten geschenkt hat.“
Er aber sprach zu ihm: „Du hast Recht geurteilt.“ Er wandte sich zu der Frau und sprach zu Simon:
„Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen, du hast mir kein Wasser für meine Füße gegeben. Diese aber hat meine Füße mit Tränen benetzt und mit ihren Haaren getrocknet.
Du hast mir keinen Kuss gegeben, diese aber hat, seit ich hereingekommen bin, nicht abgelassen, meine Füße zu küssen.
Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat meine Füße mit Salböl gesalbt.
Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel Liebe gezeigt. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.“
Und er sprach zu ihr: „Dir sind deine Sünden vergeben.“
Da fingen die an, die mit zu Tisch saßen, und sprachen bei sich selbst: „Wer ist dieser, der auch die Sünden vergibt?“
Müssen Sie immer klar machen – das ist das Schwierigste: Wie sollen längst vergangene Dinge von einem fremden Menschen vergeben werden können? Deshalb das Entsetzen.
Er aber sprach zu der Frau: „Dein Glaube hat dir geholfen. Geh hin in Frieden!“
Die Erfahrung von Gottes Liebe im Alltag
Ich hoffe, liebe Schwestern und Brüder, dass Sie diese Sommertage genauso genießen können wie ich – das wunderbare Wetter. Und wenn es heute regnet, freut man sich ja auch darüber, denn der Boden braucht das dringend.
Wir genießen das doch, und man meint, überall Gottes Liebe spüren zu können, wenn man morgens am Frühstückstisch sitzt. Ich hoffe, dass Sie die Augen haben, zu erkennen, wie Sie überall von der Liebe Gottes umgeben sind. Jetzt sitzen Sie unter lauter lieben Menschen, Zeichen der Güte und Freundlichkeit Gottes.
Doch ich treffe immer wieder Menschen, die sagen, dass sie gerade nicht verstehen, was es mit der Liebe Gottes auf sich hat. Es ist ihnen ein Rätsel. Ich verstehe das, besonders wenn ich Menschen treffe, die sehr schwer krank sind und fragen: Wo ist denn die Liebe Gottes? Mir geht es doch so schlecht!
Wir versuchen dann immer wieder, das ein wenig zu erklären und zusammenzubringen. Wir sagen den Menschen: Nicht im Ablauf deines Lebens liegt Gottes Liebe sichtbar, du musst woanders hinblicken. Wenn wir den Fernseher einschalten und Nachrichten ansehen, sehen wir dort doch keine Liebe Gottes. Wir erleben, wie Terroristen wüten, wie Unrecht geschieht, wie Kriege herrschen, wie Menschen verhungern und Leid geschieht.
Wo ist denn Gottes Liebe?, fragen die Leute. Sie wissen es ja längst, aber manchmal gelingt es uns nicht, es wieder auf den Punkt zu bringen. Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart. Ich sehe Gottes Liebe richtig klar und ungebrochen nur in Jesus.
Habt ihr den Gottesdienst heute begonnen? Seht, welch eine Liebe uns der Vater erwiesen hat, dass wir Gottes Kinder heißen dürfen. Sie können Gottes Liebe erleben und erfahren. Und jetzt, auch wenn Sie in der Dunkelheit sind, auch wenn Sie in der Nacht sind, auch wenn Schweres in Ihrem Leben liegt – da, wo Jesus in Ihr Leben dringt, da gilt: Gott hat die Welt geliebt.
Wie denn? Dass er seinen einzigen Sohn dahingab. Jesus sandte er in diese Welt, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern ewiges Leben haben.
Die Blindheit gegenüber der Liebe Gottes
Aber man kann blind dafür sein – das ist mein erster Punkt. Man kann blind sein für diese Liebe. Es ist gut, dass hier so ausführlich von diesem Pharisäer Simon erzählt wird.
Jetzt nehmen Sie bitte Ihre Klischeebilder von den Pharisäern weg. Das waren tolle Leute, die in der Sozialarbeit und der Nächstenliebe führend waren. Es ist nicht so, dass sie nur Dogmatiker waren. Sie kümmerten sich um Waisen und Witwen. Simon war ein Mann, der in seinem ganzen Lebenswandel wirklich vorbildlich für uns war.
Dieser Simon lädt Jesus zu sich nach Hause ein. Warum? Was will er von Jesus? Vielleicht war es so, wie wir es auch oft wollen: ein wenig Klarheit. Jesus, was bist du? Was lehrst du? Ich möchte dich gern näher kennenlernen. Er öffnet sein Haus. Es ist deutlich beschrieben, dass er Jesus nicht sehr herzlich empfängt. Sie kennen doch die Bräuche der Ostblockvölker: Wenn die Genossen sich um den Hals fallen und küssen – so hat Simon das nicht gemacht. Auch wie man es im Orient bei einer herzlichen Begrüßung tut, hat er sich nicht verhalten. Er blieb eher auf Distanz.
Bei uns in Deutschland ist das ein Augenblick, in dem man nicht genau weiß, ob man die Hand geben oder sich nur leicht verneigen soll. Er lädt Jesus an seinen Tisch ein und sagt: Ich möchte mich einmal mit dir unterhalten, ich möchte mehr über dich wissen.
Warum geht Jesus in dieses Haus Simons? Sieh, Jesus weiß doch, dass der Mann nicht glauben will und auf Distanz bleibt. Mich hat das überwältigt, als ich darüber nachdachte, wie Jesus jede Gelegenheit nutzt, um auf Menschen zuzugehen. Man braucht nie zu sagen: „Ach, Jesus hat sich nicht um mich bemüht.“ Wie hat sich Jesus um sie bemüht? Obwohl er schon vorher weiß, dass oft nur falsche Motive oder äußere Anlässe hinter einer Einladung stehen, nimmt Jesus sie an und geht in das Haus.
Er gibt die Hoffnung nicht auf, dass auch das Herz eines Simons auftauen könnte. Dass dieser kalte Eiszapfen, der nichts von der Liebe Gottes spüren will, die in Jesus offenbart ist, doch etwas merkt.
Dann sitzen sie am Tisch und reden und reden. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen Jesus so gefunden haben. Manche haben die Bibel vielleicht nur durchgelesen, um Argumente gegen den Glauben zu finden – und dabei wurde ihr Herz berührt. Es gibt Leute, die sind durch äußere Anstöße zum Glauben gekommen. Fragen Sie ruhig immer, wenn Sie Christen treffen: Wie sind sie eigentlich zum Glauben gekommen? Das ist hochinteressant.
Da war vielleicht irgendwo nur ein goldenes Wort im Rahmen aufgehängt oder ein kleiner Anstoß, jemand hat einen angetippt und gefragt: „Wie hältst du es mit Jesus?“ Und das kann einem schon zum Heil werden. Darum nutzt Jesus jede Gelegenheit.
Er scheut sich auch nicht, Menschen zu begegnen, wenn falsche Motive offensichtlich sind. Vielleicht war Simon sehr herablassend. Wenn wir ihn mit den anderen Pharisäern vergleichen, könnte er gedacht haben: „Na ja, ich gebe mich mit Jesus ab, obwohl die anderen die Nase rümpfen. Aber ich gebe ihm eine faire Chance. Ich verurteile niemanden nur aufs Hörensagen. Und dann denkt er vielleicht: ‚Jesus soll auch mal etwas Vernünftiges zu essen haben. Bei mir gibt es gute Mahlzeiten. Ich habe ja ein Herz für solche armen Leute, über die die anderen immer schlecht reden.‘“ Das klingt auch in der Einladung Simons an.
Jesus ist so demütig. Er geht in das Haus, er geht zu Sündern. Darum geht er auch zu Pharisäern, zu stolzen Atheisten und zu Menschen, die sagen: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Er geht zu Leuten, die sagen: „Ich lebe jeden Tag richtig und brauche das alles nicht.“ Er geht zu denen ins Haus, wenn sie nur rufen. Er ist da und spricht mit ihnen.
Ich wollte von Jesus lernen, wie demütig und sanftmütig er reden kann. Er klagt nicht an. Er sagt nicht: „Simon, ist das nicht ein wenig kühl? Merkst du nicht, wie du das Wichtigste vergisst?“ Jesus klagt nicht.
Vielleicht merken wir das oft nicht, weil Jesus so demütig und bescheiden ist, wenn er mit uns zusammenkommt. Doch schon die ganze Einladung hat nicht den Rahmen, der Jesus gebührt. Und doch geht Jesus dorthin. Er sucht alle Menschen, will sie erreichen und ihnen seine Liebe schenken. Keiner ist abgeschrieben, keiner ist unwichtig, keiner wird zur Seite gestellt – so geht Jesus uns nach.
Seit Kindertagen klopft er bei uns und sagt: „Simon, was ist mit dir los?“ Er drängt sich niemandem auf. Aber wo jemand ihn einlädt, ist er da. Mach die Tür auf, schiebe den Riegel zurück, dass er hereinkommen kann. Lass ihn kommen, er will zu dir.
Ich darf das für alle sagen, die Klarheit im Glauben suchen: Du musst eine persönliche Einladung an Jesus aussprechen: „Komm, Herr Jesus, zu mir in mein Leben, ich möchte dich kennenlernen.“ Und dann höre hin, was er dir zu sagen hat.
Aber man kann blind sein für Jesus, so wie Simon blind war. Er war blind, weil er auf Abstand blieb. Vielleicht macht er es so wie heute viele: Sie sagen, ich möchte neutral bleiben, ich möchte mein Urteil nicht verlieren, ich will selbst noch sagen können, was da los ist. Nur nicht so nah dabei sein. Ich setze mich mal in die Kirche, gehe in eine Bibelstunde, lese ab und zu in der Bibel – aber richtig ergreifen darf mich das nicht.
Und dann bleibt man blind.
Was ist Jesus? Wie wird Simon bei der Mahlzeit gewesen sein? Er kann einige äußere Gesichtszüge Jesu beschreiben, seine Worte wiedergeben, aber er empfindet nichts, er entdeckt nichts.
Darum schauen wir jetzt auf die Frau.
Die bewegende Kraft der Liebe Jesu bei der Sünderin
Das ist der zweite Punkt, wie jemand von der Liebe Jesu bewegt wird. Was ist denn da anders? Die Frau war überhaupt nicht eingeladen. Nein, sie wohnte auch gar nicht in der Nähe dieses Hauses von Simon. Sie lebte irgendwo am anderen Ende der Stadt.
Es handelt sich um eine merkwürdige Frau. Wir wissen nicht viel von ihr. Wir wissen nicht einmal, welche Art von Sünde ihr Leben prägte. Nun, Sie sagen vielleicht, mit Ihrer Fantasie könnten Sie es deuten, aber lassen Sie es lieber sein. Die Bibel ist gut darin, persönliche Dinge so zu belassen, dass sie allein zwischen Gott und dem Menschen eine Rolle spielen. Es geht die anderen Menschen gar nichts an, welche Sünde das ist.
Aber die Frau litt unter ihrer Sünde. Das war der Unterschied zu Simon. Heute sagen viele, das sei eben ein Zeichen unseres Jahrhunderts, dass die Menschen sich nicht mehr um Sünde kümmern. Ich weiß nicht, ob das an den Jahrhunderten liegt oder ob es nicht zu allen Zeiten Menschen eigen war, dass sie sagen: „Sünde, ich?“ So beschreibt die Bibel schon die ersten Menschen im Paradies, Adam und Eva, wie sie vor Gott leugnen, wo Schuld war.
Das ist ja so typisch, dass wir es nicht zugeben können. Wir können hier vielleicht noch in der Kirche einmal zugeben und sagen: Ja, wir sind alle Sünder. Aber wenn es dann um die konkrete Sünde meines Lebens geht, kannst du es dann wirklich sagen: Es tut mir leid, und es reut mich, und ich will es loslassen und nicht mehr tun? Herr, gib mir deine Vergebung! Ich möchte raus aus dieser grauenhaften Not, die mein Leben bindet und knechtet.
Diese Frau ist umgetrieben von der großen Not der Sünde. Das ist ungewöhnlich. Meistens, wenn wir sündigen, fühlen wir uns pudelwohl. Man kann ungeniert drauflos sündigen. Und brechen Sie nicht zu schnell den Stab über andere Menschen, wenn Sie in der Zeitung lesen, dass manche sagen, es gäbe so etwas gar nicht, dass jemand keine Gewissensbisse fühlt. Man kann sein Gewissen betäuben. Man kann sich sogar glücklich dabei fühlen, wenn wir nur fragen: Wie fühle ich mich?
Aber wenn Gott unser Gewissen berührt und uns Unruhe schafft, sind das heilsame Stunden, in denen plötzlich etwas aufwacht – so wie bei dieser Frau. Sie setzt sich in Bewegung, als sie vernimmt, dass Jesus in das Haus eingekehrt ist. Dann stellt sie plötzlich eine Brücke her in ihrer großen Not: Da muss ich hin!
Ich rätsel natürlich bei dieser Geschichte auch daran herum, wo diese Frau überhaupt diesen Glauben gelernt hat. Den hat sie, denn sie weiß: Gestrandete Menschen, die das ganze Leben verkehrt gelebt haben, dürfen zu Jesus. Das ist ja höchste Theologie. Wo hat sie das gelernt, wo hat sie das erfahren?
Wissen Sie, der Glaube ist ein Werk des Heiligen Geistes. Da können Sie merken, dass Gottes Heiliger Geist in Ihnen wirkt, wenn Sie schon diesen Zug zu Jesus haben. Wenn Sie spüren: Das hilft mir, da geht ein Friede aus in meinem Leben. Irgendwo hat die Frau das nur mitbekommen. Vielleicht waren es Berichte von Freunden, vielleicht war sie irgendwo bei einer Rede Jesu dabei, vielleicht hat sie ihm nur in die Augen gesehen. Und da wuchs dieser Glaube: Ich muss zu Jesus, ich darf zu Jesus.
Da stand sie noch vor der Tür, und drinnen war diese feierliche Versammlung. Sie, die doch eine stadtbekannte Frau war, über die alle nur schlecht gesprochen hatten, durfte doch jetzt nichts stören. Sollte sie nicht warten, bis diese Versammlung zu Ende ist? Nein, da gibt sie sich ein Herz und wagt es. Sie sagt: Ich möchte hinein, ich muss zu Jesus, egal was ist. Ich brauche jetzt ihn, und ich brauche Frieden für mein Leben.
Sie stürmt in diesen Raum und sinkt nieder vor Jesus. Sie berührt nicht seine Hand. Sie leert dieses Salbglas nicht, wie es der Brauch war, über die Haare oder den Kopf Jesu. Sondern sie sinkt nur zu seinen Füßen. Das ist ein Zeichen, wie zitternd ihr Herz war. Sie wagt nicht viel, nur das wagt sie: Ich muss zu Jesus.
Sie nimmt sich kein Recht daraus, aber das weiß sie: Jesus nimmt die Sünder an. Mich hat er auch angenommen. Und seine Liebe gilt mir. Sie weiß auf einmal, wo sie Gottes Liebe findet: in Jesus ist es offenbar. Und das gilt ihr, und davon lebt sie.
Die Tränen sind keine zwangsläufige Voraussetzung zum Glauben, das steht nie so in der Bibel. Aber der Bibelausleger hat doch Recht, wenn er sagt: Es ist noch keiner durch die enge Pforte trockenen Auges gegangen. Das zwingt uns stolze Männer in die Tiefe, wenn wir einmal mit unserer Schuld vor Jesus stehen.
Dann sind auf einmal nicht mehr die Fragen aktuell, wie wird die Welt neu, was ist mit den bösen Menschen, mit dem Unrecht und mit all den schlimmen Dingen. Sondern: Wie wird mein Leben neu? Du musst dein Leben vor Gott in Ordnung bringen. Wer weiß, wie viel Zeit du hast. Ich weiß nicht, wie lang die Spanne ihres Lebens war – bring dein Leben in Ordnung!
Und die Frau prüft sich im Lichte Gottes. Und Jesus lässt sich das gefallen, weil er dazu gekommen ist, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Die Einladung zur persönlichen Erfahrung der Liebe Jesu
Ich möchte im dritten Punkt eine Frage stellen. Zuerst hatte ich meine Predigt anders geschrieben. Eigentlich wollte ich sie so halten, doch heute Morgen habe ich mich noch einmal hingesetzt und gedacht, dass es vielleicht besser ist, eine Gliederung zu machen. So kann man den Inhalt besser behalten. Das geht in diesen drei Schritten.
Jetzt kommt die Frage: Hast du die Liebe Jesu schon so erfahren? Hast du sie schon so erlebt wie diese Frau? Du musst dir noch einmal bewusst machen, wie außergewöhnlich diese große Sünderin war. Sie platzt in diese Party hinein. Das war ja schon ärgerlich genug. Simon behält trotzdem die Fassung. Ich als Hausherr hätte früher eingegriffen und sie rausgeworfen. So etwas geht doch nicht, wenn wir gerade ein Familienfest feiern. Irgendjemand von der Straße kommt herein und belästigt einen Gast. Ich bitte euch!
Simon hält selbst nicht viel von dem, was da geschieht. Trotzdem muss er seine Gäste in Schutz nehmen. Schließlich waren sie doch mitten in der Unterhaltung. Was diese Frau tut, ist wirklich außergewöhnlich. Besser hätte uns Jesus das nicht zeigen können: Es sind immer Einzelne, die es erkennen und durchbrechen, nicht die große Masse.
Du darfst nicht warten, bis irgendetwas anderes geschieht. Du musst den Frieden suchen über der Not deines Lebens. Bring es in Ordnung vor Jesus.
Simon hat etwas in seinen Gedanken. Ihm kommen seine Gedanken, und er schmunzelt. Er denkt: „Na ja, wenn Jesus wirklich ein Prophet wäre – ich will ja nicht hoch greifen, aber manche reden ja noch ganz andere Dinge über Jesus – dann würde er doch gleich diese Frau durchschauen. Das sieht doch wirklich jeder, dass das eine Sünderin ist, wenn man sie nur sieht, in ihrer ganzen Erscheinung.“ Und Jesus spricht ihr die Vergebung zu.
Das ist interessant. Jesus sagt zu Simon: „Du, ich kann Gedanken lesen. Ich kenne deine Gedanken. Simon, du hast gerade diesen Gedanken, und ich will dir darauf antworten. Ich will dir das in einem Gleichnis sagen: Da waren zwei Schuldner.“ Hast du richtig gehört, Simon? Nicht eine Schuldnerin, sondern zwei Schuldner: eine Sünderin und ein Simon.
Der eine merkt gar nicht, dass er Schulden hat, aber er bekommt sie auch geschenkt. Doch er merkt gar nicht, was ihm da widerfährt. Er erkennt die Liebe gar nicht. Das ist wie in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn, wo man merkt, dass da noch ein Sohn verloren ist.
Das Schlimmste, was uns geschehen kann, ist, dass man immer meint, man sei nah beim Vater und hätte das Himmelreich offen über sich. Dabei ist man fern von ihm, weil man das Herz versteckt und nie die Liebe erfahren hat – die brennende Liebe Gottes, die uns lösen will aus aller Selbstsucht und Gebundenheit.
Simon, merkst du nicht, wie ich um dich werbe? Siehst du nicht an dieser Frau, dass du dein Herz jetzt öffnen müsstest?
Die ganze Geschichte ist eigentlich nur eine Evangelisation für diesen stolzen Simon. Er sagt: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich lebe alle Tage richtig, ich beachte die Gebote. Ich habe zwar auch Fehler im Leben, aber ich verstecke mein Herz vor dem lebendigen Gott und will mich nicht beschenken lassen. Ich habe nie erfahren, was Gnade heißt.“ Dabei lebt auch ein Simon nur von Gnade.
Jetzt müssen Sie aufpassen, dass Sie aus der Geschichte nicht die falsche Folgerung ziehen und sagen: So hat Jesus alle menschlichen Gesetze außer Kraft gesetzt. Das ist nicht richtig. Jesus hat die Gesetze nicht außer Kraft gesetzt. Er war gegen jede Form der Sünde: gegen Ehebruch, gegen Lüge, gegen Unrecht, gegen Hass und Lieblosigkeit – und gegen alles, was sich auch in unserem Kopf schon findet.
Am Ende der Predigt darf nicht herauskommen, dass Jesus dagegen ist, klare Maßstäbe zu haben. Nein, die brauchen wir zum Leben. Darüber redet Jesus nicht. Wir sollten uns klare Linien für unser Leben geben. Aber du kannst vor Gott nur bestehen – darum geht es – aus Gnade. Du kannst dein Leben nicht selbst in Ordnung bringen.
Wenn du einmal vor Gott in der Ewigkeit stehst, dann kannst du all das, was aus der Vergangenheit ans Licht kommt, nicht abdecken. Nur das Blut Jesu kann es auslöschen und wegnehmen.
Wohl dem, dem die Sünde bedeckt ist, wohl dem, in des Meeres Tiefe versenkt! Das ist ein Wort aus dem Alten Testament. In der Meerestiefe, wo es niemand mehr hervorholen kann. Wohl dem, der das erlebt hat. Der kann sich preisen und sagen: „Mensch, wie ist das!“ Der kann sich freuen, der hat etwas erlebt und erfahren.
Da muss jeder selbst durch. Wir schrecken immer davor zurück, vor Jesus zu sagen: „Ich habe gesündigt und das war nicht recht in meinem Leben.“ Welche beglückende Erfahrung macht man da! Wie Jesus uns an sich zieht und uns seinen ganzen Frieden schenkt!
Die Liebe Jesu als Schutz und Trost
Wie nimmt Jesus diese Frau in Schutz vor dem stolzen Simon?
Simon, diese Frau hat mehr vom Christentum begriffen als du. Sie hat mir die Füße gewaschen. Was das für einen Sinn hat, ist gar nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass sie es aus Liebe für Jesus getan hat.
Alles, was sie in ihrem Leben tut, geschieht aus Liebe und Dankbarkeit für das, was er ihr geschenkt hat. Der Herr sieht sie gnädig an und freut sich darüber. Simon, du hast mir nichts gegeben, die Frau aber hat mir alles gegeben.
So macht Jesus einen Unterschied zwischen altem und neuem Leben.
„So ist nun keine Verdammnis mehr für die, die in Christus Jesus sind; sie sind frei geworden.“
Frei geworden – das ist der größte Schritt, den wir gehen können.
Heute sagen manche: „Das spielt in meinem Christentum keine große Rolle mehr.“ Oder wie neulich jemand zu mir sagte: „Früher hat man ja immer noch viel von Sünde in den Kirchen gepredigt, aber heute hat man mehr die Welt entdeckt. Das ist doch ein Fortschritt.“
Doch das ist ein Schritt sehr weit weg vom Himmelreich.
Dort, wo Jesus den Finger hinlegt, finden Sie ihn heute noch.
Und dann geschieht das Wunderbare, das Jesus dieser Frau zusagt: „Geh hin in Frieden!“
Haben Sie Frieden!
Es gibt heute so viele friedelose Menschen. Wissen Sie, warum? Weil sie die Liebe Gottes in Jesus nie erfahren haben.
Dann können sie auch in den Ungewittern ihres Lebens fröhlich singen. Sie können auch in der Dunkelheit ihres Lebens geborgen sein. Sie können in kranken Zeiten Gott preisen und ihn rühmen, weil sie in Gottes Frieden sind – angenommen und vergeben, unter dem Schutz Jesu.
„Dein Glaube hat dir geholfen.“
Ja, es war dein Glaube. Du hast Jesus entdeckt, ihm vertraut, ihn über alles geliebt und gesucht.
Suche Jesus und sein Licht. Alles andere wird dir nicht helfen. Amen.
Das Lied von Philipp Friedrich Hiller singen wir: „Mir ist Erbarmung widerfahren“ (Nr. 277).
Wir singen es nicht nach der Melodie im Gesangbuch, sondern nach der bekannteren Melodie.
Gebet um Vergebung und Erneuerung
Wir wollen beten:
Du barmherziger Heiland, du bist der einzig Reine und Gerechte. Niemand konnte dir eine Sünde nachweisen. Du bist nicht in die Welt gekommen, um zu verurteilen und zu richten, sondern um uns zu retten. Verzeihe uns unsere Gleichgültigkeit.
Oft sind wir so oberflächlich und bringen nicht in Ordnung, was in unserem Leben eine so große Not ist. Wir leiden an unserer Schuld, an dem Unrecht, an dem Bösen. Du allein kannst uns freimachen.
Vergib uns unseren Stolz, der uns immer wieder daran hindert, vor dir Sünde zu bekennen, zu bereuen, zu hassen und loszulassen. Hilf uns jetzt, zu dir zu kommen und zu erfahren, wie du beschenkst, wie du deine Liebe denen gibst, die dich suchen. Lass uns ganz neu dein Erbarmen erfahren.
Lass dieses Erbarmen uns auch durchtragen durch so viele bittere Enttäuschungen, durch manches Leid der Welt, ja auch durch die Todesnot heim in deinen Frieden. Herr, mach uns fest in deiner Gnade, unter deinem Kreuz, damit wir das annehmen können: Du bist für unsere Sünden gestorben.
Gib doch auch in unserem Land wieder ein Aufwachen, ein Entdecken, dass Menschen erfahren, wie sie ihr Leben verändern können, wie alles neu werden kann.
Wir möchten dich jetzt auch bitten für alle, die mit ihrem Leben gescheitert sind, für alle zerbrechenden Ehen, für junge Menschen, die gebunden sind an Drogen und Unrecht, für Menschen, die inhaftiert sind. Sie sollen deine Liebe und deine Güte erfahren!
Hilf uns auch, dass wir deine Liebe weitergeben können im Dienst, einladend zu Menschen, damit sie zu dir kommen.
Wir möchten dich auch für unsere Welt in ihrem ganzen Unfrieden bitten: in den Kriegen, im Leid, im Unrecht, das geschieht. Zeig uns, wie wir deine Botschaft von der Versöhnung mit dir in aller Welt kundmachen dürfen – durch Wort und durch Zeichen. Damit viele Menschen deine Liebe erfahren, zu dir kommen und gerettet werden.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Hinweise und Segensworte zum Abschluss
Bleiben Sie noch einen Moment stehen, wir haben nur noch eine wichtige Bekanntgabe.
Es gibt ein Seminar für Krankenpflegekräfte. Dabei handelt es sich nicht um eine Ausbildung, sondern um ein Angebot für diejenigen, die bereits im Dienst sind. Weltweit gibt es die Nurses Christian Fellowship, die auch für Männer geeignet ist, die im Krankenpflegedienst arbeiten. Diese Gemeinschaft überlegt sich besonders, wie sie in ihrem Beruf Jesus dienen können.
Das ist heute nicht leicht für jemanden, der in einem Krankenhaus tätig ist und gleichzeitig in diesem Dienst für Jesus arbeiten möchte. Ich freue mich sehr, dass diese Freizeit Ende September stattfindet.
Unsere Gemeindeschwester, Schwester Marga, steht nachher unter der Empore. Dort liegen auch grüne Prospekte aus. Man kann sie direkt fragen oder sich an sie wenden, wenn man Krankenschwestern oder Krankenpfleger kennt, die in Krankenhäusern arbeiten und als Christen diesen Dienst tun. Das kann eine große Stärkung und Ermutigung für sie sein.
Nehmen Sie bitte den grünen Notizzettel mit, falls Sie ihn noch nicht haben. In 14 Tagen gibt es einen zweiten Gottesdienst, und alle wichtigen Informationen stehen darauf. Für alle, die neu sind, ist das besonders wichtig.
Letzten Sonntag war ich überrascht, wie nach dem Opfer jemand fragte, was das eigentlich ist. Deshalb möchte ich heute noch einmal darauf eingehen. Es liegt mir sehr am Herzen, über die Arbeit zu sprechen, an der ich selbst mitarbeite: christliche Fachkräfte international als Missionare auszusenden. Dabei geht es nicht um eine große theologische Ausbildung, sondern darum, in ihrem Beruf zu helfen.
In den Notständen der Dritten Welt können wir am meisten helfen durch Menschen, die in ihrem Beruf tätig sind – Ärzte, Landwirte, Forstleute, Kraftfahrzeugmechaniker. Sie zeigen den Menschen vor Ort, wie man in dieser Not besser arbeiten kann, und bilden die Einheimischen aus.
Wir freuen uns, dass wir derzeit etwa 40 Personen haben, die diesen wichtigen Dienst mit ihren Opfern unterstützen. Sie kennen sicher manche von ihnen.
Heute möchte ich besonders an Hanne-Rose Bauer erinnern, die hier einmal Konfirmandin war. Sie arbeitet im trostlosesten Zipfel der Sahara, im Sahel, in einem Waisenhaus für Waisenkinder des Bürgerkriegs im Tschad. Das liegt an der Grenze zum Sudan, in einer unvorstellbaren Hitze, 600 Kilometer von der Hauptstadt Jamena entfernt.
Es ist auch wichtig, dass wir an sie denken und sie grüßen. Die meisten hören unsere Gottesdienste über Kassetten. Wir wollen sie an dieser Stelle grüßen und für sie beten, wenn wir unsere Opfer einlegen.
Ganz herzlichen Dank für Ihr treues Mittragen.
Nun wollen wir um den Segen Gottes bitten:
Herr, segne und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
