Einen guten Abend und herzlichen Dank für die Begrüßung!
Wenn man durchs württembergische Land fährt, entdeckt man immer wieder bei Kirchtürmen die Handschrift des königlichen Baumeisters Leins. In Stuttgart hat er den Königsbau und die Villa Berg gebaut, in der heute das Fernsehen untergebracht ist, sowie die Johanneskirche am Feuersee. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die vielen etwas schlichten Kirchtürme in Alt-Württemberg gotisch zu verschönern.
Ich freue mich immer wieder, ob in Böhringen, Dettingen-Ermst, Dettingen-Teck oder Münzingen – diese Handschrift ist quer durch unser württembergisches Land ganz deutlich erkennbar, wo Leins am Werk war.
Lassen Sie mich ein Beispiel aus der Bibel nehmen: Wenn Sie die Bibel aufschlagen, sei es bei Hiskia, Hanna, David, Jerobeam oder Abraham, entdecken Sie überall die Handschrift Gottes. Am deutlichsten wird sie jedoch bei Jesus sichtbar. Deshalb führen so viele Spuren in der Bibel direkt zu Jesus.
Wir haben bei Mose begonnen. Manche werden sich gefragt haben, warum gerade Mose? Ja, es gibt eine ganz besondere Nähe zu Jesus. Wir haben gestern gesehen, dass nicht nur Mose in der Stunde der Verklärung mit dabei war, sondern auch Elia. Sie sprachen mit Jesus über seinen Ausgang.
Dabei hat Gott ein zentrales Wort des Mose zitiert: „Den sollt ihr hören.“
Mose als Prophet und seine Bedeutung im Glauben
Mose war ein großer Prophet, und wir haben gestern darüber gesprochen, dass ein Prophet kein Kaffeesatzleser ist. Ein Prophet ist jemand, der Gottes Majestät kennt, Menschen aufweckt und ihnen deutlich macht, was im Herzen verborgen ist. Er weckt das Gewissen und gibt Gottes Worte weiter.
Mose selbst sagte: „Ich bin gar nicht so wichtig. Einen Propheten wie mich wird Gott erst erwecken, auf den sollt ihr hören.“ Wir haben gestern schon angedeutet, dass wir in einer Welt leben, in der der Islam immer stärker wird. Auch der Islam beruft sich darauf und sagt, derjenige, auf den Mose damals hingewiesen hat – einen Propheten wie mich wird Gott erwecken –, das sei Mohammed.
Was sagen wir darauf? Was sagen wir, wenn Muslime uns sagen: „Was wollt ihr denn? In unserem Koran stehen zwar viele Anweisungen und religiöse Gebote, aber auch unheimlich viele Geschichten über Mose, fast noch mehr als in der Bibel.“ Dann sind wir der Versuchung ausgesetzt zu sagen: „So schlecht sind die ja gar nicht, warum sollte man eigentlich nicht Muslim werden? Die glauben vielleicht dasselbe.“
Was ist der große Unterschied? Der Islam sagt, derjenige, auf den Mose hingewiesen hat, ist Mohammed. Wir haben gestern gehört: „Halt, der Sachgott, den sollt ihr hören.“ Auf Jesus trifft das Siegel Gottes zu. Jesus ist von Gott bestätigt mit diesem Wort. In der Stunde der Verklärung auf dem Berg Tabor trifft das zu.
Und wer sagt: „Na ja, das weiß man nicht genau, ob das passiert ist“, dem sei gesagt: Mose hat das in 5. Mose 18 ausführlich beschrieben. Vielleicht haben wir es gestern noch nicht ausführlich genug gelesen. Am Schluss von 5. Mose 18 heißt es, woran man erkennen soll, dass ein Prophet wirklich von Gott ist: daran, dass eintrifft, was er gesagt hat.
Jesus hat seinen Jüngern lange im Voraus gesagt, dass er nach Jerusalem gehen werde, verachtet und getötet werden würde und am dritten Tag auferstehen werde. Seine Jünger verstanden es nicht, sie begriffen die Rede nicht.
Als Jesus wirklich im wahrsten Sinn aus dem Tod erweckt wurde, zum Leben erweckt, sagte er: „Seht, das sind die Worte, die ich zu euch gesagt habe.“ Ich bin der Prophet.
Mohammed ist erweckt worden? Jesus ist durch den Tod hindurchgegangen und hat dieses verlässliche Siegel. Deshalb ist uns auch das Verständnis wichtig – nicht wegen dem Osterhasen, sondern weil Gott diesen Jesus herausgestellt hat.
Sterben müssen wir alle. Ihr glaubt zwar noch nicht daran, aber es kommt auch mal. Ich glaube es bald. Also sterben wir todsicher – das ist unser Menschenschicksal.
Aus der ganzen Menschheitsgeschichte hat Gott Jesus herausgehoben und ihn vom Tod befreit. Deutlicher kann Gott es gar nicht mehr sagen: Er ist es, auf den es ankommt. Dem sollt ihr gehorchen, auf den sollt ihr hören.
Mose im Judentum und die Erwartung des Messias
Aber es wird höchste Zeit, dass wir zum zweiten Thema heute Abend kommen.
Auch hier muss ich noch einmal betonen: Nicht nur dem Islam ist Mose wichtig, sondern natürlich auch dem Volk Israel, dem Judentum. Wenn sie nicht eine Abneigung gegen Denkmäler hätten, würden sie am liebsten in jedem Dorf ein Moses-Denkmal aufstellen.
Bis heute hofft man in Israel darauf, dass das wahr wird: Ein Prophet wie Mose wird von Gott erst noch erweckt, der große Erlöser, der Messias, der Befreier, der wahre Hirte.
Wo ist der, lieber Gott? Jesaja 63 beschreibt ihn als den Hirten, der unser Volk durchs Meer geführt hat und in die Freiheit hinein – den großen Lehrer.
Verstehen Sie, dass selbst Johannes der Täufer aus dem Gefängnis fragen ließ: „Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Bist du der große Befreier, der Hirte, der große Lehrer, bist du der Erlöser?
Man sieht noch nicht viel davon. Ein paar Wunder und Zeichen genügen nicht. In Israel gibt es eine riesengroße Verehrung für Mose, für den, den Gott geschickt hat, und eine brennende Erwartung: Wann kommt der neue, noch größere Mose?
Herr, wir warten auf dein Heil!
Stephanus’ Verteidigungsrede und die Geschichte des Mose
Und dann hat die erste Christenheit eine ganz andere Rechnung aufgemacht. Ihr nehmt doch den Mose gar nicht so ernst. Wir müssen mal aufschlagen: Apostelgeschichte 7. Das ist heute der Bibeltext, den wir aufschlagen wollen. Es ist die Verteidigungsrede, die der erste Blutzeuge der Christenheit, der erste Märtyrer Stephanus, gehalten hat.
Er war angeklagt, er ist Gotteslästerer, und er hält eine lange Rede. Apostelgeschichte 7: Zwei Drittel der Bibel sind das Alte Testament. Es ist in der Mitte der Bibel, es sind Psalmen, wisst ihr, Konferenz, ehemalige Konferenz, entschuldigt. Das Neue Testament ist bloß ein Drittel. Dort kommen Matthias, Markus, Lukas, Johannes, und dann kommt Apostelgeschichte 7.
Wenn gesagt wird, wir bringen die Bibel mit, sonst kann man keine Bibelabende machen, dann öffnen wir die Bibel an Apostelgeschichte 7.
Ab Vers 20: Zu der Zeit wurde Mose geboren. Er war ein schönes Kind vor Gott und wurde drei Monate im Haus seines Vaters ernährt. Als er aber ausgesetzt wurde, weil die männlichen Kinder alle getötet wurden – Israel brauchte sie nicht. Mädchen brauchte man, es war immer schon eine große Hochachtung vor der Frau dort, Männer nicht.
Als er aber ausgesetzt wurde, nahm ihn die Tochter des Pharao auf – eine Frau. Biblisch brauchen wir keinen Feminismus. Die Bibel redet großartig von den Frauen. Sie nahm ihn auf und zog ihn auf als ihren Sohn.
Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter gelehrt und war mächtig in Worten und Werken. Als er aber vierzig Jahre alt war, dachte er daran, nach seinen Brüdern, den Israeliten, zu sehen. Er sah einen seiner Blutsgenossen Unrecht leiden. Da stand er ihm bei und rächte den, dem Leid geschah, und schlug den Ägypter.
Er meinte aber, seine Brüder sollten verstehen, dass Gott durch seine Hand ihnen Rettung bringe. Aber sie verstanden es nicht. Am nächsten Tag kam er zu ihnen, als sie miteinander stritten, und er mahnte sie, Frieden zu halten. Er sprach: „Liebe Männer, ihr seid doch Brüder. Warum tut einer dem anderen Unrecht?“
Der aber, der seinem Nächsten Unrecht getan hatte, stieß ihn von sich und sprach: „Wer hat dich zum Aufseher und Richter über uns gesetzt? Willst du mich auch töten, wie du gestern den Ägypter getötet hast?“
Mose aber floh wegen dieser Rede und lebte als Fremdling im Land Midian. Dort zeugte er zwei Söhne. Nach vierzig Jahren erschien ihm in der Wüste – wie alt er noch war? 80. Ich werde in diesen Tagen 66 und denke, ich sei schon uralt. Gott hat mit Mose erst mit 80 angefangen, wo andere Leute sagen, mit dem Vater ist nicht mehr viel los. Hat Gott angefangen.
Und dann kommt die Geschichte, und Gott hat ihn geschickt. Kennen Sie, wie es weitergeht? Gott hat ihn geschickt zum Volk Israel. Aber Mose hat gesagt: „Lieber Gott, wenn du mich hinschickst, werden sie mir nicht glauben.“
Gott hat ihm die Gabe gegeben, Wunder zu tun. Da hat Mose gesagt: „Lieber Gott, ich kann so schlecht reden.“ Wir wissen nicht, ob er einen Sprachfehler hatte oder einfach kein großer Redner war.
Und dann wurde er zum Volk Israel geschickt und zum Pharao. Der Pharao sagte: „Nix da, es wird geschafft, keine Feiertage.“ Die Aufseher legten dem Volk Israel noch härtere Tagespensen auf. Die Aufseher stritten mit Mose: „Gott strafe dich“, so steht es in der Bibel. „Dir soll doch Gott den Kopf herunterreißen. Wo machst du uns das Leben bloß noch schwer?“
Israel murrte und haderte mit Mose. Sie haben nicht gesagt: „Halleluja, der Befreier ist da.“
Diese Rechnung macht Stephanus auf und nimmt die Bibel ernst. Er dichtet nichts hinein.
Wie war es denn am Sinai? Gott gab Mose Worte des ewigen Lebens und drei Tage später bauten sie einen Götzendienst für das goldene Kalb.
Dann hört Stephanus seine Rede auf und sagt: „Ihr Halsstarrigen, wem, wie oft habt ihr eigentlich Gott widerstanden?“ Schon in der Geschichte des Mose wird es deutlich.
Gottes Geduld und die Rebellion des Volkes Israel
O liebe Freundinnen und Freunde, wenn Gott einmal seine Rechnung aufmacht, wenn bei uns Schweres passiert, dann frage ich mich: Wie kann Gott das zulassen? Vielleicht hat Gott eine ganz andere Rechnung.
Wie oft habe ich dich bewahrt, als du überhaupt nicht an mich gedacht hast? Wie oft habe ich dir durchgeholfen? Wie oft habe ich dich vor deinen eigenen Dummheiten zurückgehalten? Wenn Gott einmal seine Rechnung aufmacht, zeigt sich, wie oft wir ihn betrübt haben, wie oft er darauf gewartet hat, in unser Leben hineinzukommen, und wir haben gesagt: Heute brauche ich das gerade nicht.
Wir haben ihn behandelt wie einen Hausierer, der mit seinem Körbchen an unsere Tür kommt und sagt, er möchte gern etwas geben, und wir sagen: Nein, Mensch, schon genug Schnürsenkel, Univers auch, brauchen wir halt nichts. Wie oft haben wir Gott so degradiert, wenn er seine Rechnung aufmacht.
Verstehen Sie: Stephanus in der Apostelgeschichte 7 macht die Rechnung auf. Ihr denkt, ihr verehrt Mose, aber wie oft habt ihr Mose vor den Kopf gestoßen? Wir kennen noch mehr Geschichten von Mose.
Als Mose das Volk Israel zur Befreiung führte ans Rote Meer und plötzlich die Armee des Pharao hinterherkam, haderte das Volk mit Mose und sprach: Es wären nicht genug Gräber in Ägypten gewesen, warum müssen wir hier sterben?
Als Gott das Volk herrlich durchs Rote Meer wunderbar geführt hatte und sie ein paar Tage nicht richtig zu trinken hatten, murrten sie gegen Mose und sagten: Jetzt verdursten wir.
Als Gott wunderbares Manna in der Wüste schickte, eine wunderbare Speise, und gesagt hatte, sechs Tage dürft ihr sammeln, und am sechsten Tag werdet ihr genug sammeln, damit ihr am siebten Tag wirklich Ruhe habt, einen Feiertag, da waren trotzdem am siebten Tag ein paar Neider dabei, die sagten: Herr Parkriegel, von dem Manna teilst du mir auch noch gut.
Sie haben permanent gegen Mose gemordet. Es wird sogar berichtet, in 4. Mose, wollen wir jetzt nicht aufschlagen, aber wenn Sie nachlesen wollen, 4. Mose 12.
Aaron, der treue Gefährte von Mose, sein Bruder – unter Brüdern gibt es manchmal Streit, ein bisschen wie Diamanten, die sich gegenseitig reiben. Aaron stand Mose treu zur Seite, aber einmal ist ihm der Gaul durchgegangen. Wahrscheinlich war Mirjam, die Schwester, dahinter.
Aaron und Mirjam sprachen: Es ist doch eigentlich eine Schande, dass Mose als Führer des Volks Gottes mit einer Negerin verheiratet ist, wegen der kuschitischen Frau. Hätte er nicht eigentlich eine Frau bei uns finden können?
Und dann geht es weiter: Redet denn Gott allein durch Mose? Redet er nicht auch durch uns? Rebellion in der eigenen Familie.
Wir wissen, warum der Herr Jesus später sagt: Kein Prophet ist angenehm in seinem Vaterhaus. Schon bei Mose war das vorgebildet. Die, die einen am besten kennen, sagen: Mein lieber Mann, wenn ihr alles erzählen würdet, was wir von dir wissen, dann steht er oben auf der Kanzel und macht fromme Worte. Kein Prophet ist angenehm in seinem Vaterhaus.
Wo es ging, hat Mose Widerstand erlebt. Die Rote Chora. Sie stritten gegen Mose, als die Kundschafter kamen, um zu sagen, das Land, das Gott uns vorbereitet hat, ist ein herrliches Land. Aber es hat natürlich Riesen drin und befestigte Städte. Sie murrten gegen Mose und haderten mit Gott und Mose.
Die ganze Geschichte des Mose ist voll mit Rebellion und Verachtung. Von seiner Jugend an, als er im Leben bedroht war, quer durch sein Leben ist Mose der Inbegriff des Ausgestoßenen, des Verachteten. Den brauchen wir doch nicht, was will der schwätzen?
Gottes Wirken mit Schwachen und Zerbrochenen
Jetzt sind wir an einer wichtigen Stelle. Liebe Freunde, es ist eine Grundlinie der Bibel, dass Gott mit verstoßenden, verachteten und schwachen Menschen arbeitet – auch mit Ihnen.
Gegen die Super-Goliaths dieser Welt schickt Gott nicht einen noch größeren Super-Goliath, sondern das kleine Hirtenbub David im Namen des Herrn Seebauer. So wird deutlich, was Gott vermag. Gott wirkt besonders durch die Elenden und erhöht die Erniedrigten. Das heißt es schon im Lobgesang der Hannah, ganz ähnlich im Lobgesang der Maria.
Jesaja 57 – ich habe es Ihnen schon einmal in der Predigt, als ich hier war, gesagt – enthält eines der zentralen Worte der Bibel: Gott spricht: „Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerbrochene Herzen haben, damit ich die Zerbrochenen erquicke.“ Gott will gerade bei den Zerbrochenen sein, wo immer sie sind, damit deutlich wird, was er kann.
Wenn es später in der Apostelgeschichte heißt, wir müssten durch viel Trübsal ins Reich Gottes kommen, dann deshalb, weil Gott genau dort wirkt, wo wir ganz unten sind. Dort, wo wir sagen: „Ich habe keine Kraft mehr, ich bin fertig, seelisch und körperlich, ich kann nichts mehr.“ Genau dort will Gott zeigen, was er kann.
Die heiligste Stunde in unserem deutschen Volk, die größte Männererweckung gab es 1945 und 1946 in Gefangenenlagern. Und ich sage Ihnen als Seelsorger: Wenn man in Häuser kommt, wo man denkt, die Leute haben mit Kirche und mit Gott überhaupt nichts am Hut, dann hört man oft die Antwort: „Ist Ihnen Gott schon einmal begegnet?“ – „Herr Schiffbruch, natürlich damals im Luftschutzkeller und damals, als wir auf der Flucht waren.“ Gott will gerade den Zerbrochenen nahe sein.
Wichtig ist, dass wir ihn dann ergreifen und sagen: „Jetzt bin ich gespannt, was du tun wirst.“ „Ich kann nichts mehr.“ Das hat auch Mose erlebt.
Der badische Dekan Friedrich Haus hat eine Schrift über die Erweckungsprediger geschrieben, durch die Gott besonders gewirkt hat. Er sagte, er könne nur sagen: Durch seine kirchengeschichtlichen Studien sei er zu der Erkenntnis gekommen, dass Gott diese Prediger gesegnet habe, weil sie durch und durch zerbrochene Menschen waren.
Körperlich war Ludwig Hofacker, der mit 31 Jahren gestorben ist, ein Wrack. Ihm wurden Finger amputiert, und er litt an Wassersucht. Doch gerade durch ihn hat Gott gewirkt.
Der Hennhöfer und Charlotte Reilendienst, die das erste Diakonissenhaus in Württemberg gegründet hat, die erste evangelische Schule in Stuttgart (heute Möhringer Gymnasium, Heidehof-Gymnasium), das Dienstboten-Hospital und den Armen-Unterstützverein ins Leben rief – sie war eine Segensträgerin Gottes. Von früher Jugend an konnte sie nur flüssige Speisen zu sich nehmen, da sie Magen- und Gallenkrankheiten hatte und auch nervlich belastet war.
Ihr Mann, der Fabrikant Friedrich Reilern, sagte einmal zu ihr: „Du bist verrückt und bleibst verrückt, und bei einer Verrückten kann ich nicht aushalten.“ Ein bisschen hatte er vielleicht Recht, denn sie war etwas exaltiert. Er ging nach Amerika, kam nach drei Jahren wieder zurück – Gott hat ihn zurückgeholt.
Gott wirkt mit Menschen, die andere vielleicht als „ein bisschen verrückt“ oder „nicht ganz bei Trost“ ansehen. Er schafft mit Leuten, die für andere oft nur eine kleine Spende wert sind. Sie haben nicht alle Tassen im Schrank, könnte man sagen.
Doch genau mit solchen schwachen Menschen will Gott wirken – nicht mit denen, die alle Tassen im Schrank haben. Dort schafft er, wo andere sagen: „Komm, komm, mit dem will ich nichts zu tun haben.“
Die Verbindung von Mose zu Jesus und die Erhöhung des Erniedrigten
Aber das Allerwichtigste ist noch: Wir wollen ja eine Linie zu Jesus sehen. Eines der großen Kapitel im Alten Testament ist Jesaja 53. Dort wird beschrieben, dass er der allerverachtetste und unwerteste war. Wir haben oft gedacht, Gott habe ihn auf die Seite gestellt. Doch er ist derjenige, durch den Gottes Plan zum Ziel kommt, durch dessen Hand der Plan Gottes weitergeht. Er wird sogar die Starken zum Raub haben und sich durchsetzen – dieser Allerverachtetste und Unwerteste.
Mose war nur ein erster Anfang, ein erstes Bild dessen, von wem wir da sprechen. Die Spur führt zu Jesus. Wissen Sie, wie aktuell das ist? Ich habe hinten ein paar Hefte von unserer Zeitschrift „Lebendige Gemeinde“ ausgelegt. Dort habe ich eine Geschichte gebracht von einem polnischen Rabbiner namens Samuel Stern. Seine ganze Familie ist im Konzentrationslager umgekommen. Erst nach dem Krieg bekam er die Möglichkeit, nach Amerika auszuwandern. Dort kam er mit einer christlichen Gruppe zusammen und sagte, er wolle einmal einen Juden erleben, der bewusst Christ geworden ist.
Man brachte ihm einen Christen, und dieser sagte: „Ich möchte dir einmal ein Gedicht vorlesen.“ Er hatte ein Blatt Papier mit Jesaja 53 dabei und fragte Samuel Stern: „Was meinst du, von wem hier gesprochen wird?“ Der jüdisch Geschulte antwortete: „Das ist der Messias, der Erlöser, den Gott aus seinen Leiden und seiner Armut herausholt und aus ihm etwas macht, wie kein Mensch es machen könnte.“ Daraufhin sagte der andere: „Jesaja 43 steht in der Bibel.“ Juden wissen bis heute nichts von Jesaja 53; dieses Kapitel wird oft übergangen.
Ich habe einmal Herrn Professor Hengel gefragt, warum die Juden das nicht kennen. Er sagte, sie überschlagen das Kapitel, es wird nicht gelehrt. Der Allerverachtetste, der Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit – das war das, was Mose erlebte, noch in Verachtung harmlos dagegen. Denn der ewige Sohn Gottes wurde angespuckt, abgeblockt, verachtet, lächerlich gemacht und ans Kreuz gehängt.
Aber Gott hat ihn erhöht. Gott will aus den Zerbrochenen etwas machen. Lassen Sie sich sagen: Es gibt keinen Augenblick, an dem Sie denken müssen, jetzt bin ich ganz verloren, jetzt hat mich Gott auf die Seite gestellt und vergessen. Gott hilft den Elenden herrlich, ich sage es Ihnen. Unser ganzer Glaube besteht darin, dass wir sagen: „Jetzt, lieber Gott, ich bin gespannt darauf, was du bei mir tust. Ich kann nichts mehr, ich habe nicht einmal Glauben, aber ich bin gespannt darauf, was du tun wirst.“
Noch wichtiger ist zu wissen: Gott hat diesen allerverachtetsten und unwertesten Menschen, der noch viel verachteter war als Mose, erhöht wie keinen anderen. Im Hinterkopf haben wir Philipper 2. Im Konfirmandenunterricht hat man das früher gelernt, sowieso im Religionsunterricht: Jesus erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz. Aber trotzdem hat Gott ihn erhöht. Habe ich richtig zitiert? Nicht „aber trotzdem“, sondern „weil“!
Warum? Weil Gott dort schaffen will, wo nichts mehr ist. Unsere ganze Welt wurde nicht als Verbesserungsmaßnahme geschaffen, sondern da, wo die Erde wüst und leer war – Tohuwabohu. Da hat Gott gesagt: „Es werde!“ Gott greift da ein, wo nichts ist. Und dort, wo der Herr Jesus zerschlagen war, wo selbst seine Freunde sagten: „Es hat keinen Wert mehr, wir laufen weg. Wir hofften, er sollte Israel erlösen, aber jetzt ist es vorbei.“
Da greift Gott ein. Darum hat ihn Gott erhöht, den, der sich erniedrigt hat. Tiefer geht es gar nicht mehr. Und höher geht es auch nicht mehr. Gott hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist.
Der praktische Glaube und das Gebet um Hilfe
Liebe Freunde, unser Christenglaube besteht nicht aus vielen Theorien. Er ist etwas sehr Anschauliches, wie wir es bereits im Leben des Mose sehen können. Gott erhöht die Erniedrigten und lässt die Verachteten nicht im Stich. Doch seine Krönung findet das Ganze in Jesus.
Der gesamte Christenglaube besteht darin, zu sagen: Herr Jesus, du hast unglaubliche Vollmachten. Ich will dir nichts vorschreiben, aber wirke du in mein Leben hinein. „Ich bin unten im Dreck, du bist erhöht zu Gott. Ich bin schwach, du hast Stärke. Ich bin dumm, ich weiß nicht mehr, was ich mir vorstellen soll, ich weiß auch nicht, was ich beten soll – du hast Weisheit.
Herr, in meinem Kopf und meinem Herzen sind so viele dunkle Fantasien, so viele Hassgedanken, so viel Gemeinheit. Du bist der Reine. Jetzt, Herr, halte du mich! „Du hilfst den Elenden herrlich“, so steht es in deinem Wort. Und wie du es bei Mose gemacht hast, mach auch bei mir. Hilf mir in meinem Elend. Darum wollen wir beten: Herr Jesus, hilf du uns Elenden.
Du weißt, dass wir manchmal in Augenblicken, in denen wir ganz ehrlich vor uns selbst und vor dir sind, erschrecken, was in uns steckt. Unsere Ängste sind da – ob wir dieses Leben meistern, was überhaupt aus unserem Leben geworden ist, ob nicht alles bloß scheinheilig war und Routine nach außen hin.
Wir dürfen mit unserer Armut zu dir kommen. Du hilfst den Elenden herrlich. Herr Jesus, du warst selbst noch viel mehr verachtet als Mose und hast erlebt, dass der Vater eingreift, dass Gott der Vater sich nicht geniert an unserer Armut.
Jetzt wollen wir es gelten lassen, dass du dich auch an unserer Armut vor der Gründigkeit nicht genierst, sondern uns herausholen willst. Dazu hilf uns, lieber Herr und Gott. Amen.