Ein neuer Werkraum und Gottes Absicht in der Ehe
Als wir 2014 in unser Haus eingezogen sind, haben wir zunächst jeden Raum angeschaut – eigentlich streng genommen schon vor dem Kauf, als wir das Haus besichtigten. Dabei haben wir festgestellt, dass wir unter der Garage einen relativ großen Werkraum haben. Darüber habe ich mich sehr gefreut, weil der Vorbesitzer sämtliche Materialien, Werkzeuge und Arbeitsbänke dort zurückgelassen hatte.
Ich muss dazu sagen, dass ich überhaupt kein Handwerker bin. Ich bewundere Männer sehr, die handwerklich fit sind, und ich weiß, dass hier in meiner Umgebung viele Handwerker sitzen. Wahrscheinlich bin ich eher Mundwerker als Handwerker. Trotzdem habe ich mich über diesen Raum gefreut, weil man in einem Werkraum vieles Schönes machen kann. Man kann hobeln, sägen – und wie man so schön sagt: Wo gehobelt wird, da fallen auch Späne. Das heißt, in einem Werkraum wird gearbeitet, und dabei entsteht natürlich auch Dreck. Nicht immer wird nur geschliffen.
Aber das Ergebnis, auch wenn zwischendurch mal Dreck entsteht, ist etwas sehr, sehr Schönes.
Irgendwann wurde mir bewusst: Gott hat auch einen Werkraum. Wusstet ihr das? Gottes Werkraum ist deine Ehe. Gottes Werkzeug ist dein Ehepartner. Und das benutzt er in eurem Werkraum, um an dir zu arbeiten.
Das ist eine ganz wichtige Wahrheit, die wir verstehen müssen. Gott hat mit unserem Leben – und damit auch mit unseren Ehen – eine viel höhere Absicht, als dass wir uns pausenlos glücklich fühlen. Das muss in unser Denken eingetrichtert werden. So oft sitzt man vor Paaren, die sagen: „Ich bin nicht mehr glücklich in meiner Ehe, deswegen will ich raus.“ Dabei ist Gottes primäre Absicht gar nicht, dass du dich pausenlos glücklich fühlst. Gott will an dir arbeiten. Gott will, dass du Jesus ähnlich wirst. Und dazu gebraucht er häufig auch schwierige Zeiten in unserem Leben.
Dieses Thema ist ein sehr besonderes. Ich muss sagen, ich bin zum Teil durch das Buch von Gary L. Thomas darauf gekommen: „Der heilige Hafen. Wie uns die Ehe näher zu Gott bringt.“ Ich empfehle euch dieses Buch wärmstens. Ich habe es gemeinsam mit meiner Frau gelesen – wahrscheinlich das einzige Ehebuch, das wir zusammen gelesen haben. Es ist ein sehr, sehr gutes Ehebuch, das ich euch wirklich empfehlen möchte.
Heiligung als Ziel des christlichen Lebens
Zunächst sprechen wir darüber, dass die Heiligung Gottes grundsätzliche Absicht für jeden Christen ist. Gott will, dass jeder Christ in der Heiligung wächst.
Zunächst möchte ich einige theologische Grundsätze erklären, bevor wir in das Thema einsteigen und es auch praktisch betrachten.
Unsere Errettung als Christen besteht im Wesentlichen aus drei Bestandteilen. Zum einen die Rechtfertigungslehre: Gott erklärt uns für gerecht, weil wir auf Jesus Christus vertrauen. Das bedeutet, mit der Rechtfertigungslehre sagt Gott: Du bist nicht mehr schuldig.
Zum anderen gibt es in der Bibel die Lehre von der Kindschaft. Das heißt, Gott nimmt uns in seine Familie auf. Damit wird deutlich, dass wir angenommen sind. Diese beiden Aspekte geschehen bei der Wiedergeburt. Das ist ein punktuelles Ereignis. Wir werden nicht gerecht durch eigene Leistung, sondern Gott erklärt uns von jetzt auf gleich für gerecht und macht uns von jetzt auf gleich zu seinen Kindern.
Der dritte Aspekt unserer Errettung ist die Heiligung. Dieser Prozess zieht sich über längere Zeit hin.
Ein Vergleich zwischen Heiligung und Rechtfertigung verdeutlicht den Unterschied: Bei der Heiligung geht es um Veränderung, bei der Rechtfertigung um unseren Status. Heiligung ist ein Prozess, Rechtfertigung ist eine Proklamation. Gott erklärt uns als Richter für gerecht. Die Rechtfertigung geschieht auf einmal, die Heiligung geschieht Stück für Stück.
Die Rechtfertigung ist abgeschlossen. Wenn du heute an Jesus Christus glaubst, bist du gerecht vor Gott. Die Heiligung jedoch dauert an – und zwar so lange, bis der letzte Nagel in unserem Sarg eingeschlagen ist. Solange befinden wir uns im Prozess unserer Heiligung.
Die Bibel spricht davon im Epheserbrief Kapitel 4, Verse 22 bis 24. Paulus schreibt an die Christen, dass sie den früheren Lebenswandel abgelegt haben sollen, den alten Menschen, der sich durch betrügerische Begierden zugrunde richtet. Stattdessen sollen sie erneuert werden im Geist ihrer Gesinnung und den neuen Menschen anziehen, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.
Hier ist etwas geschehen: Der alte Mensch wurde abgelegt, der neue wurde angezogen. Doch in Vers 23 geht es um Heiligung: Erneuert werden. Jeden Tag möchte Gott unser Denken und unsere Herzenshaltung erneuern. Das nennt die Bibel Heiligung.
Die Heiligung als fortlaufender Prozess – Bild einer Ruine
Ich möchte euch die Geschichte von einem alten Haus erzählen, um das Thema Heiligung besser zu verdeutlichen. Stellt euch eine Ruine vor – eine ganz alte Ruine, die seit Jahrzehnten leersteht. Dieses Haus ist völlig heruntergekommen, es gibt keine Fenster mehr.
Dort, wo noch Fenster vorhanden sind, wurden sie von Jugendlichen eingeschlagen, die an dem Haus vorbeigelaufen sind. Im Inneren ist es sehr schmutzig, und es stinkt bestialisch, weil einige Landstreicher in den Ecken ihre Notdurft verrichten. Auf dem Boden liegen Spritzen, da Junkies diese Ruine nutzen, um dort zu hausen.
Stellt euch dieses Haus vor. Eines Tages kommen zwei Männer: Beide gut gekleidet, schauen sie sich das Haus genau an. Der eine ist ein Makler, der andere ein Kaufinteressent. Der Interessent entscheidet sich, diese Bruchbude zu kaufen. Der Kauf wird notariell festgehalten, und ab diesem Zeitpunkt, ab dem Moment der Unterschrift, hat das Haus einen neuen Besitzer.
Der Mann hat das Haus nicht gekauft, weil es schön war. Er hat es gekauft, weil er es haben wollte. Das Haus musste nicht erst renoviert werden, um Eigentum dieses Mannes zu werden. Mit der Unterschrift und der Überweisung gehört es ihm bereits.
Was aber in den nächsten Wochen sichtbar wird: Maler kommen und beginnen mit den Malerarbeiten. Fenster werden eingesetzt, und Raum für Raum wird das Haus renoviert. Es wird immer schöner. Von einem Moment auf den anderen war es Eigentum des Käufers, aber es war noch eine Bruchbude. Im Laufe der Monate wird es immer schöner.
Genau das, liebe Freunde, ist Heiligung. Wir werden Gottes Kinder nicht, weil wir uns verbessern. Dieses Denken ist sehr verbreitet: Wir müssen besser werden, um Gottes Kinder zu werden. Das ist Leistungsdenken, das ist Werkgerechtigkeit.
Gnade findet dich nicht dort, wo du sein solltest, sondern immer genau dort, wo du bist. Gott nimmt dich so an, wie du bist, aber er lässt dich nicht so, wie du bist. Das ist die wunderbare Nachricht.
Um Kinder Gottes zu werden, braucht es nur das Vertrauen auf Jesus Christus. Wenn du Jesus noch nicht dein Leben anvertraut hast, lade ich dich ein, das heute zu tun. Danach beginnt ein Prozess, in dem Gott an uns arbeitet.
Gottes Züchtigung und das Bild des Töpfers
Ich war so dankbar für dieses wunderbare Lied, das gerade gesungen wurde. Es hätte kein passenderes Lied für dieses Thema geben können. Wie der Töpfer den Ton nimmt, so nimm auch mich in deine Hand, gestalte und forme mich.
Ihr Lieben, Gott eifert so sehr darum, dass wir Jesus ähnlicher werden, jetzt, wo wir seine Kinder geworden sind. Er züchtigt uns. Ich überlege, bald einmal über Hebräer 12 zu predigen, mit dem Titel „Schläge voller Liebe“. Gott arbeitet an uns. Er züchtigt uns nicht, weil er uns loslassen will, sondern gerade weil er uns behalten möchte. Er will uns immer mehr Christusähnlich machen.
Wir sind absolute Ruinen, aber wir sind in der Hand eines Erlösers, der uns formt und verändert. Ruth Graham, die ich gerade schon in Bezug auf die Vergebung zitiert habe, hat auf ihrem Grabstein eine besondere Inschrift. Ihr Grab befindet sich auf ihrem Privatbesitz in North Carolina. Auf dem Grabstein der Frau von Billy Graham, Ruth Graham, steht: „Baustelle beendet. Vielen Dank für Ihre Geduld.“
Ihr Lieben, wir alle sind Baustellen – das dürfen wir nicht vergessen. Gemeinde ist immer Baustelle, weil wir alle Baustellen sind. Wir befinden uns mitten im Prozess unserer eigenen Heiligung. Wir sind noch nicht fertig, wir sind Werke im Werden.
Und was Gott für jeden Christen beabsichtigt, das beabsichtigt er natürlich auch für die Ehe. Deswegen ist die Ehe Gottes Werkraum.
Die Ehe als heiliger Werkraum
Jetzt möchte ich speziell auf den heiligen Aspekt der Ehe eingehen. Zunächst möchte ich die biblische Grundlage legen, bevor wir etwas praktischer werden.
Gibt es Bibelstellen, in denen genau dieser Gedanke geäußert wird, dass Gott die Ehe gebrauchen möchte, um die Ehepartner zu heiligen? Ja, die gibt es. Zum Beispiel in Epheser 5,25 haben wir gerade schon gelesen. Ich lese jetzt noch einmal 25 bis 27:
"Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat. Er hat sie geheiligt, indem er sie reinigte durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen hat, sondern dass sie heilig und tadellos sei."
Hier wird beschrieben, dass sich Christi Liebe darin zeigt, dass er eifert um seine Braut. Jesus gibt sich nicht mit irgendeiner Braut zufrieden. Er möchte seine Gemeinde schön machen, und dafür heiligt er sie.
Nicht wir als Ehemänner – das muss deutlich werden – können unsere Frauen heiligen. Wir können ihr Herz nicht verändern. Christus macht das. Wenn wir jedoch Christi Liebe widerspiegeln sollen, dann zeigt sich das auch darin, dass wir darum bitten: Gott, gebrauche du uns als Werkzeuge, damit du durch uns unsere Frauen in der Ehe heiligst.
Genauso sehen wir aber auch, dass die Frauen einen heiligenden Einfluss auf ihre Ehemänner haben können. In 1. Petrus 3,1-2 heißt es:
"Ebenso ihr Frauen, ordnet euch den eigenen Männern unter, damit sie, wenn auch einige dem Wort nicht gehorchen, ohne Wort durch den Wandel der Frauen gewonnen werden, indem sie euren in Furcht reinen Wandel angeschaut haben."
Es ist nicht ganz klar, aber vermutlich geht es hier um ungläubige Ehemänner, die durch die Lebensweise der Frau gewonnen werden. Das Prinzip, dass die Frau durch ihr Verhalten in der Ehe, also wie sie sich ihrem Ehemann gegenüber verhält, einen heiligenden Einfluss auf ihn hat, wird hier in 1. Petrus 3 ganz deutlich.
Dann gibt es viele andere Bibelstellen, die das Heiligende miteinander beschreiben. Matthäus 18 ist relativ bekannt:
"Wenn aber dein Bruder sündigt, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen."
In einer christlichen Ehe ist der Ehemann auch immer Bruder, richtig? Er ist vor allem dein Ehemann, aber auch Bruder im Herrn. Das heißt, diese Stelle können wir auf die Ehe anwenden: Wenn du siehst, dass dein Ehemann sündigt, geh hin und weise ihn zurecht.
Darf ich als Ehefrau meinen Mann zurechtweisen? Oh ja! Matthäus 18 sagt: "Wenn dein Bruder sündigt, geh hin." Natürlich gilt das auch genau andersherum: Wenn deine Schwester sündigt, denn deine Ehefrau ist auch Schwester.
Dann haben wir die Stelle im Hebräerbrief, auch eine von diesen Einander-Stellen. Hier geht es nicht um Überführung von Sünde, sondern um Motivation, einander zu ermutigen, das Richtige zu tun. Hebräer 10,24:
"Und lasst uns aufeinander Acht haben, um uns zur Liebe und zu guten Werken anzureizen."
Wenn das für die Gemeinde gilt, gilt es doch erst recht für die Ehe, dass man aufeinander achtet. Wie geht es meinem Ehepartner geistlich? Kann ich ihm geistlich helfen? Kann ich ihn anreizen zu Liebe und zu guten Werken?
Ihr Lieben, Gott hat die Ehe nicht gemacht, um uns glücklich zu machen. Gott hat die Ehe gemacht, um uns heilig zu machen. Das ist ganz entscheidend. Gott hat vor allem eine heiligende Absicht.
Ich möchte jetzt praktischer werden und aufzeigen, warum gerade die Ehe so ein effektiver Rahmen für die Heiligung ist.
Warum die Ehe ein besonderer Rahmen für Heiligung ist
Natürlich arbeitet Gott auch an der Heiligung jeder alleinstehenden Person. Er tut das. Es braucht nicht unbedingt die Ehe, um heilig zu werden. Aber gerade die Ehe ist ein sehr effektiver Rahmen für die Heiligung. Warum ist das so?
Einmal zeigt uns die Ehe die Wahrheit über uns selbst. Eine junge Frau, die seit einem Jahr verheiratet war, sagte Folgendes: „Ich hatte mich immer für einen geduldigen, vergebungsbereiten Menschen gehalten. Aber dann fragte ich mich, ob das nicht vielleicht daran lag, dass ich noch nie einem anderen Menschen wirklich nahe gewesen war. Als John und ich anfingen, unsere Meinungsverschiedenheiten zu haben, sah ich, wie kleinlich und nachtragend ich sein konnte. Ich entdeckte in mir eine Härte, von der ich nichts geahnt hatte.“
Jetzt mal ganz ehrlich: Wer kann damit umgehen? Ich ja. Ich dachte immer, ich wäre so selbstdiszipliniert, ich bin so geduldig, ich war nie derjenige, der mit der Faust auf den Tisch haut. Gut, habe ich dank der Gnade Gottes auch noch nie getan in unserer Ehe, aber ich habe meine Ungeduld woanders gesehen. Ich habe gesehen, wie ich in Gedanken Dialoge geführt habe mit meiner Frau. Kennt ihr das? Das und das werde ich ihr sagen, und sie antwortet das, und wir spielen die Dialoge durch, und am Ende will ich der Sieger sein.
Und Gott zeigt mir das. Das hat mir oft gezeigt, gerade auch am Anfang der Ehe, aber bis heute, was die Wahrheit über mich ist. In der Regel denken wir immer besser von uns selbst, als wir es wirklich sind. Und Gott gebraucht die Ehe.
Gary L. Thomas, der Autor dieses Buches, schreibt: „Die Ehe zwingt mich, mich so zu sehen, wie ich bin, mit meinen Charakterschwächen, meinem Egoismus, meinen unchristlichen Einstellungen. Die Ehe ist die Beziehung, in der unsere Verderbtheit am gründlichsten entlarvt wird.“ Das ist ein Satz: Die Ehe ist die Beziehung, in der unsere Verderbtheit am gründlichsten entlarvt wird. Preis den Herrn für die Ehe, auch wenn es oft wehtut, oder?
Warum ist das so? Warum wird gerade in der Ehe unsere Verderbtheit am gründlichsten entlarvt?
Einmal stehen wir in der Ehe 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche unter Beobachtung. Also 24/7, mehr oder weniger. Natürlich nicht absolut, wir sind ja auch auf der Arbeit und so weiter. Aber schaut mal: Als Single – und versteht mich nicht falsch, ich möchte das Single-Dasein nicht als etwas Schlechteres darstellen, Paulus sagt, es hat Vorteile – aber jetzt in puncto Heiligung: Als Single kann man sich viel eher zurückziehen, und niemand bekommt mit, was deine Schwächen sind.
Vor dem Ehepartner kann man sich nicht dauerhaft zurückziehen. Du teilst eine Wohnung oder ein Haus mit ihm, ein Bett teilst du mit ihm. Wenn du deine eigene Wohnung hast, dann bekommt in der Regel niemand mit, dass du gewisse Pflichten immer vor dir herschiebst. Alltagspflichten bekommt keiner mit, wenn du alleine wohnst. In der Ehe bekommt es immer jemand mit.
Niemand bekommt mit, wenn du deinen Wecker zehnmal nachklingen lässt, anstatt direkt aufzustehen – und dann keine Zeit für stille Zeit hast. Wenn du alleine wohnst, bekommt das niemand mit. In der Ehe bekommt dein Ehepartner es mit, wenn der Wecker viel zu häufig nachklingelt.
Niemand bekommt mit, wenn du morgens keine stille Zeit machst, wenn du alleine lebst, oder? Wenn du in einer Ehe lebst, bekommt der Partner mit, wie deine stille Zeit aussieht.
Niemand bekommt mit, wenn du abends als Single eine Serie nach der anderen schaust. Dein Ehepartner bekommt es immer mit, wie dein Medienkonsum aussieht. Zumindest früher oder später. Meine Frau hat mich häufig auf Dinge hingewiesen. Würde ich alleine leben, würde niemand mitbekommen, dass ich häufig an meinem Handy hänge. Wieder eine Nachricht, wieder eine Nachricht. Das ist eine Schwäche bei mir, und meine Frau sagt es mir häufig: „Schatz, Handy weglegen!“ Ja, stimmt.
Und so, wenn du alleine lebst, sagt es dir keiner. Und deswegen will ich die Ehe als etwas so Kostbares darstellen. Das ist der Werkraum Gottes, wo er an uns arbeitet. Aber es tut oft weh.
Der zweite Grund, warum unsere Verderbtheit gerade in der Ehe am gründlichsten entlarvt wird, ist folgender: Die Auswirkungen unserer Sünden und Charakterschwächen auf andere werden in der Ehe viel deutlicher.
Gary Thomas schreibt: „Solange ich meine Sünden nur selber kenne, schockieren sie mich relativ wenig. Wenn ich aber sehe, wie sie auf andere wirken, werden sie zehnmal größer.“
Nehmen wir mal die Sünde der Faulheit. Wenn du alleine lebst, leidet niemand darunter, dass du faul bist – also zumindest nicht so stark. Wenn du als Ehemann faul bist und die Tränen in den Augen deiner Frau siehst, weil sie mit den Kindern überfordert ist und du um dein Nickerchen nach der Arbeit bemüht bist, dann macht das etwas mit dir. Wenn du vor dir deine Frau mit den Tränen sitzen siehst, siehst du plötzlich viel klarer, was deine Sünde mit ihr macht. Und Gott gebraucht das, um uns die Sünde deutlicher vor Augen zu malen, weil wir sehen, was sie für Auswirkungen auf unseren Ehepartner hat.
Zorn – wisst ihr, Zorn zeigt sich nicht nur im Wutausbruch. Zorn zeigt sich auch im stillen Rückzug. Wenn du als Ehefrau zornig bist und dich zurückgezogen hast von deinem Mann, nein, du schreist nicht, aber du hast dich innerlich distanziert, weil dir dein Mann nicht mehr gefällt, weil er nicht auf deine Bedürfnisse eingeht, weil er dir keine Komplimente macht, weil er schwierig ist. Du hast dich innerlich zurückgezogen. Das ist eine Form von Zorn.
Dein Mann leidet darunter und er will wieder an dich rankommen. Er fragt, was los ist, und du sagst: „Ja, alles gut.“ und ziehst dich zurück. Dann wird es durch die Ehe erst richtig deutlich, wie stark eine Person an deiner Sünde leidet.
Deswegen denke ich, dass das eine Riesenchance für unsere Ehen ist: dass Gott gerade dadurch uns aufzeigen will, wie schlimm Sünde ist.
Helen Rowland hat mal gesagt: „Die Ehe ist die Operation, die der Frau den Zahn der Eitelkeit und dem Mann den Zahn der Ichbezogenheit zieht – und das ohne Betäubung.“ Das ist mal eine Definition von Ehe. Wir definieren Ehe so als Garten, als Paradies. Sie sagt: Ehe ist eine Operation, Gott zieht die Zähne ohne Betäubung. Ich finde das eine sehr realistische Beschreibung vom Ehealltag. So kann Ehealltag manchmal sein.
Also halten wir fest: Warum ist die Ehe so ein effektiver Rahmen für unsere Heiligung?
Erstens zeigt die Ehe uns die Wahrheit über uns selbst. Aber auch zweitens: Unser Ehepartner ist ein Spiegel, der uns zeigt, wie wir sind. Das geht in eine ähnliche Richtung, aber hier ist stärker im Fokus, wie Gott den Ehepartner dazu gebraucht.
Der Ehepartner ist in der Regel die Person, die unsere Schwächen am gründlichsten kennt. Oder? Niemand kennt unsere Schwächen so gut wie unser Ehepartner.
Eines der besten Hochzeitsgeschenke, die du von Gott bekommen hast, ist der Wandspiegel, den man Ehepartner nennt. Wenn eine Karte dabei gewesen wäre, hätte draufgestanden: „Wenn du wissen willst, wie du wirklich bist, schau hier rein.“
Wir neigen leider immer wieder dazu, besser über uns zu denken, als wir wirklich sind.
Paul David Tripp, ein Autor, den ich schon einige Male zitiert habe, hatte einmal einen Konflikt mit seiner Frau. Er war Pastor der Gemeinde und hatte einen größeren Konflikt mit seiner Ehefrau. In dieser Rage hat er seiner Frau tatsächlich gesagt: „95 Prozent der Frauen aus unserer Gemeinde wären dankbar, so einen Mann zu haben wie mich.“ Seine Frau hat gesagt: „Da bin ich eine von den anderen fünf Prozent.“
Howard Hendricks, ein Prediger, den ich sehr schätze, erzählte mal, wie nach einer Predigt ein junger Mann zu ihm kam, ganz begeistert, und sagte: „Sie sind ein großer Mann Gottes.“ Howard Hendricks fährt nach dieser Predigt und diesem Eindruck, „er ist ein großer Mann Gottes“, mit seiner Frau im Auto nach Hause. Er sagt: „Ein großer Mann, Schatz, wie viele große Männer kennst du?“ Seine Frau sagt: „Ein weniger als du denkst.“
Wie gut, dass es diese Momente gibt.
Ganz ehrlich, ich rede hier offen. Ich will offen sein. Ich bin einige Male nach Hause gekommen nach einer Bibelwoche. Menschen haben sich bekehrt, Menschenleben wurden verändert, Gemeinden sind so lieb häufig zu dem Gastredner. So viel Lob, und man fährt nach Hause und ist sehr ermutigt. Aber Ermutigung kann manchmal zum Stolz werden, Stichwort: ein großer Mann.
Und ich komme nach Hause und noch im Hinterkopf alle: „Ja, André, danke, so gut, komm wieder, komm wieder.“ Du kommst nach Hause, und zu Hause ist meine Frau völlig unbeeindruckt von mir. „Schatz, kannst du hier mal helfen?“ und „und da“ und ich bin wieder da.
Und ich habe gelernt: Im ersten Moment dachte ich, Mensch, warum behandelst du mich so? In der Gemeinde sind alle so lobend, und ich komme nach Hause, und meine Frau ist gar nicht so lobend.
Ich musste zunehmend feststellen: Gott gebraucht sie so sehr in meinem Leben. Die beste Ehefrau ist völlig unterstützend, aber total unbeeindruckt. Völlig unterstützend, aber total unbeeindruckt von ihm.
Meine Frau ist überhaupt nicht beeindruckt. Sie schätzt mich sehr, sie respektiert mich, sie hilft mir, aber sie kennt mich und meine Schwächen. Und Gott gebraucht sie am meisten in meinem Leben, um meinen Stolz zu brechen.
Gott weiß genau: „Andre ist jetzt wieder ein bisschen abgehoben, jetzt gebrauche ich Caro, um ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen.“
Manchmal hat mich das geärgert. Ich weiß nicht, ob es euch ähnlich geht. Im ersten Moment ärgert man sich. Im ersten Moment denkt man, die Frau ist fleischlich oder der Mann andersherum fleischlich, er schätzt mich nicht. Oh nein, Gott gebraucht ihn gerade als Werkzeug in deinem Leben.
Vor meiner Frau kriege ich das ehrlichste Feedback. Meine Frau kam einmal nach der Predigt zu mir und sagt: „Schatz, du hast versucht, cool zu sein. Mach das nie wieder!“ Ganz ehrlich, das wird mir doch nie ein Gemeindemitglied sagen. Kein einziges Gemeindemitglied aus unserer Gemeinde – so lieb unsere Gemeinde ist – wird zu mir kommen und sagen: „Du hast versucht, cool zu sein, hör auf!“
Gott gebraucht meine Frau so sehr, um mich zu heiligen. Preis dem Herrn, Preis dem Herrn!
Gary Thomas schreibt: „Wenn jemand immer nur bewundert wird, kann ihm nichts Besseres passieren als ein Mensch in seiner Nähe, der durch die Fassade hindurchschaut.“ Und da gebraucht Gott deinen Ehepartner.
Meine Frage heute Abend ist: Hast du dich in letzter Zeit, als dein Ehepartner dir Dinge vorgehalten hat, über ihn aufgeregt oder hast du angefangen, dafür zu danken? In erster Linie dem Herrn, dass er deinen Ehepartner gebraucht, weil er nicht will, dass du stolz wirst.
Wir sind unbrauchbar, wenn wir stolz werden. Wir sind unbrauchbar, wir sind Ruinen. Und Gott braucht gerade unseren Ehepartner.
Mein Anliegen ist, dass du heute Abend nach Hause fährst und deinem Ehepartner sagst, wie sehr du es schätzt, dass er sich von Gott als heiliges Werkzeug gebrauchen lässt, um dich in der Heiligung weiterzubringen.
Ihr Lieben, das ist echte Liebe, oder?
Im Buch der Sprüche heißt es: „Gut gemeint sind die Schläge eines Freundes.“ Gut gemeint ist auch die Kritik deines Ehepartners an dir.
Bitte sag ihm das heute, wie sehr du es schätzt, auch wenn es deinen Stolz bricht. Aber genau das brauchen wir, dass unser Stolz immer gebrochen wird.
Sag es ihm heute, wie sehr du es schätzt, dass er dich immer wieder auf Fehler hinweist. Er ist ein Werkzeug in Gottes Hand.
Praktische Tipps für den Umgang mit Schwächen im Ehepartner
Jetzt möchte ich auf einige praktische Tipps und Ratschläge eingehen.
Wenn du Sünden beziehungsweise Schwächen im Leben deines Ehepartners ansprechen möchtest, gibt es einige Dinge zu beachten. Vielleicht hast du eine Sache bisher nicht angesprochen, weißt aber, dass du es tun solltest, weil du deinem Ehepartner helfen möchtest, in der Heiligung zu wachsen. Es gibt Situationen, in denen du genau weißt, dass du das Thema jetzt ansprechen musst, um eure Ehe zu stärken.
Ein paar praktische Tipps:
Erstens: Warte auf den richtigen Zeitpunkt. Sprich niemals aus einer emotionalen Situation heraus, denn das ist ein häufiger Fehler. Oft passiert es mitten im Konflikt: „Ach übrigens, was ich dir schon immer sagen wollte.“ Aber darum geht es nicht. Solche Momente zerstören die Chance, die du hast. Wenn du etwas im Leben deines Ehepartners siehst, das noch nicht richtig läuft, möchte Gott dich als Werkzeug gebrauchen. Warte deshalb auf einen guten Zeitpunkt. Du kennst deinen Ehepartner am besten und kannst einschätzen, wann dieser Moment ist.
Zweitens: Mach dir bewusst, dass die Sünde deines Ehepartners in erster Linie gegen Gott gerichtet ist, nicht gegen dich. Das größere Problem ist ein vertikales Problem. Diese Erkenntnis kann dir helfen, nicht zu emotional zu reagieren.
Vor einiger Zeit habe ich meiner Frau einen Fehler gestanden, bei dem ich mich versündigt hatte. Ich bin zu ihr gegangen und habe gesagt: „Das und das habe ich falsch gemacht, bitte vergib mir.“ Sie antwortete: „Es tut mir leid für dich.“ Sie machte mir keinen Vorwurf, sondern zeigte Verständnis. Sie erkannte, dass ich ein Problem vor dem Herrn habe. Dann sagte sie: „Natürlich vergebe ich dir, und ich will für dich beten.“ Das ist eine andere Sichtweise – nicht „Er hat es auf mich abgesehen, also verteidige ich mich“, sondern: „Das ist ein vertikales Problem. Du musst mit Gott ins Reine kommen.“
Drittens: Bereite das Gespräch mit viel Gebet vor. Vielleicht beginnst du heute schon, für das Thema zu beten, das du deinem Ehepartner ansprechen möchtest. Bitte Gott, dich zu gebrauchen.
Viertens: Lass dich von Epheser 4,15 leiten – Wahrheit und Liebe. Es geht nicht darum, die Wahrheit wie einen kalten Waschlappen deinem Ehepartner um die Ohren zu hauen. Vielmehr sollst du die Wahrheit wie einen warmen Morgenmantel halten, in den er oder sie hineinschlüpfen kann und die Wahrheit annehmen kann.
Fünftens: Achte auf die Zeit und die Struktur in der Vorgehensweise, wie Paulus sie verwendet. Wie geht Paulus vor, wenn er ein Problem anspricht? Ist es euch schon in der Bibel aufgefallen? Gerade im Korintherbrief beginnt er mit Dank und nennt, was alles gut ist bei den Korinthern. Dann spricht er das Problem an. In Kapitel 4 erklärt er nochmal die Beziehung und sagt: „Ich bin euer Vater.“ Das ist die beste Vorgehensweise.
Wenn du etwas bei deinem Ehepartner ansprechen musst, beginne biblisch damit, wofür du dankbar bist. Dann sprich das Problem an. Am Ende kläre nochmal eure Beziehung. Sag zum Beispiel: „Ich sage dir das, weil ich dich so sehr liebe, mein Schatz. Versteh das nicht falsch – ich liebe dich, deswegen sage ich es dir.“
Das sind praktische Hinweise und Tipps.
Auf der anderen Seite, wenn dein Ehepartner dich mit Sünden oder Schwächen in deinem Leben konfrontiert:
Verteidige dich nicht sofort und werde nicht wütend. Ich habe mich häufig verteidigt. Meine Frau hat mir oft gesagt: „Schatz, du bist stolz geworden.“ Ich dachte immer: „Ich bin doch nicht stolz geworden.“ Das ist das Problem – ein Stolzer erkennt nicht, dass er stolz ist. Sie hat es mir immer wieder gesagt, und ich habe mich immer wieder verteidigt, bis Gott mich gebrochen hat. Sie hatte die ganze Zeit Recht, und ich habe mich verteidigt.
Verteidige dich nicht. Stell dir vielmehr die Frage: Kann es sein, dass Gott meinen Ehepartner gerade gebrauchen möchte, um an mir zu arbeiten?
Wenn du es noch nicht nachvollziehen kannst – manchmal sind es Dinge, die für uns im ersten Moment neu sind oder die wir so noch nicht gesehen haben – bedanke dich trotzdem bei deinem Ehepartner und sage, dass du darüber beten möchtest.
Und zuletzt: Wenn du deine Fehler erkannt hast, bekenne sie Gott und deinem Ehepartner.
Stürme in der Ehe als Mittel zur Heiligung
Wie sieht es mit Stürmen in der Ehe als Gottesmittel zur Heiligung aus?
Ich möchte diesen Punkt kurz ansprechen. In Römer 8,28 und 29 finden wir ein wichtiges Prinzip. Römer 8,28 kennen wir, doch oft verstehen wir es losgelöst von Vers 29.
In Römer 8,28 heißt es: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind.“ Nun stellt sich die Frage: Was ist denn dieses Gute?
Das Gute wird in Vers 29 genannt. Dort steht, was Gott mit all den Dingen, die uns passieren, bezweckt. Sein Ziel ist, dass die, die er vorher erkannt hat, auch vorherbestimmt sind, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein.
Diese Verse sagen also: Alles, was in unserem Leben geschieht, all das, was auf uns zukommt, möchte Gott gebrauchen, damit wir Jesus ähnlicher werden.
Wenn ihr gerade eine schwere Zeit in eurer Ehe durchmacht, möchte Gott diese Zeit nutzen, um euch Christus ähnlicher zu machen. Er arbeitet gerade an euch.
Wenn dein Ehepartner aus deiner Sicht sehr kompliziert ist, wie sollst du sonst Geduld lernen? Es heißt nicht, dass es gut ist, dass er so kompliziert ist. Aber Gott gebraucht auch diesen negativen Umstand, um dir zu helfen, Jesus ähnlicher zu werden und zu lernen, ihn zu ertragen.
Indem du Geduld lernst, selbstlos liebst – auch wenn von deinem Ehepartner scheinbar keine Liebe mehr kommt –, lernst du, einseitig zu lieben, und immer wieder zu lieben.
Gott gebraucht alle Dinge in unserem Leben, um uns heilig zu machen.
Das kann dir Mut geben, gerade wenn deine Ehesituation schwierig erscheint. Gott hat gute Absichten damit. Er möchte vor allem an deinem Charakter arbeiten – und natürlich auch am Charakter deines Ehepartners.
Abschlussgebet und Segenswunsch
Zum Abschluss möchte ich dafür beten, dass wir uns dafür öffnen. Dass wir uns als Werkzeuge der Heiligung zur Verfügung stellen.
Gleichzeitig sollen wir mit einer neuen Dankbarkeit für unseren Ehepartner nach Hause gehen. Wir danken Gott dafür, dass er unseren Ehepartner als Werkzeug der Heiligung gebraucht.
Lasst uns dazu aufstehen, und ich bete zum Abschluss.