Einführung: Geistliche Gefahren und Schutz in der Gemeinschaft
Catherine und ich schauen uns immer wieder viele Dokumentationen über Tiere an. Es ist sehr interessant zu sehen, wie Raubtiere – und zwar nicht nur ein einzelnes, sondern mehrere – ganz besondere Strategien haben, um ihre Beute zu fangen.
In solchen Dokumentationen habt ihr wahrscheinlich oft gesehen, dass die Beute Tiere sind, die sich normalerweise in Herden aufhalten. In der Herde sind sie sicher. Deshalb müssen Raubtiere ein einzelnes Tier isolieren, um es erfolgreich zu fangen.
Das ist auch im geistlichen Sinne ähnlich. Wir stehen in Gefahr, von der Herde – also der Gemeinde – weggezogen zu werden und von geistlichen Raubtieren gefangen zu werden. Die Frage ist: Wie schützen wir uns erfolgreich? Was hält uns zusammen?
Das ist die Wahrheit und die Liebe, wie es im 2. Johannesbrief steht. Wenn Gemeinden und Christen in Wahrheit und Liebe bleiben, sind sie sicher. Das ist die Botschaft, die wir heute anhand des 2. Johannesbriefs betrachten.
Eine Gemeinde soll beides anstreben, wenn sie sicher und gesund sein will. Wir werden lernen, wie Wahrheit und Liebe zusammenwirken, sodass wir eine feste, vereinte Gemeinde sind, die sich nicht verführen lässt.
Vorstellung des Predigttextes und Briefes
Zweiter Johannes ist unsere Predigtstelle heute. Ihr findet sie in euren Bibeln, also der Bibel, die vor euch liegt, auf Seite 261 im hinteren Teil. Sie ist auch in den Predigtblättern abgedruckt, die ihr am Eingang bekommen habt.
Der Brief des Ältesten richtet sich an die auserwählten Herren und ihre Kinder, die er in der Wahrheit liebt. Nicht nur er, sondern auch alle, die die Wahrheit erkannt haben, lieben sie um der Wahrheit willen. Diese Wahrheit bleibt in uns und wird bei uns sein in Ewigkeit.
Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, dem Sohn des Vaters, seien mit uns in Wahrheit und in Liebe.
Ich bin sehr erfreut, dass ich unter deinen Kindern solche gefunden habe, die in der Wahrheit leben, nach dem Gebot, das wir vom Vater empfangen haben. Nun bitte ich dich, Herrin: Ich schreibe dir kein neues Gebot, sondern das, das wir von Anfang an gehabt haben, nämlich dass wir uns untereinander lieben.
Und das ist die Liebe: dass wir nach seinen Geboten leben. Das ist das Gebot, wie ihr es von Anfang an gehört habt, damit ihr darin lebt.
Denn viele Verführer sind in die Welt ausgegangen, die nicht bekennen, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist. Das ist der Verführer und der Antichrist.
Seht euch vor, damit ihr nicht verliert, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangt.
Wer darüber hinausgeht und nicht in der Lehre Christi bleibt, der hat Gott nicht. Wer aber in dieser Lehre bleibt, der hat den Vater und den Sohn.
Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus und grüßt ihn auch nicht. Denn wer ihn grüßt, der hat Anteil an seinen bösen Werken.
Ich hätte euch viel zu schreiben, aber ich wollte es nicht mit Brief und Tinte tun. Ich hoffe, zu euch zu kommen und mündlich mit euch zu reden, damit unsere Freude vollkommen sei.
Es grüßen dich die Kinder deiner Schwester, der Auserwählten.
Hintergrundinformationen zum Brief
Bevor wir richtig einsteigen, möchte ich kurz skizzieren, was wir über die Hintergründe dieses Briefs wissen. Es ist nicht sehr viel, aber einiges können wir herauslesen – nicht nur aus dem Brief selbst, sondern auch aus der Kirchengeschichte gibt es dazu Informationen.
Der Apostel Johannes wird sehr früh und von vielen Traditionen als der Autor dieses Briefs genannt. Davon gehe ich aus und werde es voraussetzen.
Wer sind die Empfänger? Es handelt sich um eine sogenannte „auserwählte Herrin“ und ihre Kinder. Die meisten Ausleger sehen dies als eine Bezeichnung für eine ganze Gemeinde. Die Herrin steht also für die Gemeinde, und die Kinder sind die Gemeindemitglieder.
Im Vergleich mit Vers 13, also ganz unten im Brief, erscheint diese Deutung sehr schlüssig. Dort sendet er Grüße von einer anderen Herrin, also sozusagen von der Schwester. Das scheint dann seine Gemeinde zu sein, deren Mitglieder Grüße senden.
Viel mehr über diese Gemeinde können wir nicht wissen, außer dass sie in Gefahr steht, von Irrlehren beeinflusst zu werden. Diese Irrlehrer scheinen falsche Lehren über Jesus verbreiten zu wollen. In diesem Kontext schreibt Johannes seinen Brief.
Für ihn ist das Festhalten an Wahrheit und Liebe der Schlüssel, um sich vor dieser Gefahr zu schützen. Das wird besonders deutlich durch seine wiederholte Verwendung der Worte „Wahrheit“, „Lehre“ und „Liebe“.
Ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist: Das Wort „Wahrheit“ wird vor allem in den ersten Versen insgesamt fünfmal verwendet. Auch die Begriffe „Lehre“ und „Liebe“ werden immer wieder wiederholt. Diese Worte sind zentrale Themen in dem Brief.
Wahrheit und Liebe als Fundament der Gemeinde
Lassen Sie uns nun die Botschaft dieses Briefs näher betrachten, insbesondere die ersten drei Verse. Dort sehen wir, dass die Gläubigen in Wahrheit und Liebe gegründet sind. Das ist der erste Punkt: in Wahrheit und Liebe gegründet.
Johannes weist darauf hin, dass Wahrheit und Liebe der Grundstein der Gemeinschaft der Gläubigen sind. In Vers 1 drückt er das sehr deutlich aus. Er sagt, er liebt sie in der Wahrheit. Das bedeutet, seine Beziehung zu der Gemeinde, an die er schreibt, ist von Wahrheit und Liebe geprägt.
Und nicht nur über sich selbst schreibt er das, sondern auch über alle anderen, die die Wahrheit erkannt haben. Er sagt: „die ich liebe in der Wahrheit“, und nicht nur er, sondern auch alle, die die Wahrheit erkannt haben.
Also sind Wahrheit und Liebe keine zwei unabhängigen Elemente der christlichen Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Wir neigen oft dazu, sie als getrennte Dinge zu sehen. Manchmal betonen wir entweder das eine oder das andere und meinen, wir fallen mehr oder weniger auf diese oder jene Seite. Manchmal spielen wir sie sogar gegeneinander aus.
Zum Beispiel hört man heute oft Sätze wie „Die Wahrheit trennt, die Liebe vereint.“ Das ist eine Aussage, die wir so oder in abgewandelter Form häufig hören. Johannes zeigt uns jedoch schon in diesen einleitenden Worten, dass diese Denkweise falsch ist.
Schauen wir uns Vers 2 an: Es ist um der Wahrheit willen, dass Johannes sie liebt. Es ist aufgrund der Wahrheit oder wegen der Wahrheit, dass sie in Liebe verbunden sind. Schon am Ende von Vers 1 wird darauf hingewiesen: „Diejenigen, die die Wahrheit kennen, lieben euch.“ Die Wahrheit und die Liebe sind eng miteinander verbunden.
Diese Verse verdeutlichen, dass die Wahrheit die Liebe unter Gläubigen veranlasst. Die Wahrheit führt zur Geschwisterliebe. Außerdem sind Wahrheit und Liebe gemeinsam die Grundlage für die Gemeinschaft, die die Christen in dieser Gemeinde mit Gott und seinem Sohn Jesus Christus haben.
Das sehen wir in Vers 3. Es ist in Wahrheit und in Liebe, dass Gott uns sein kostbares Wohlwollen widerfahren lässt und es immer weiter widerfahren lassen wird. Wahrheit und Liebe sind quasi die Sphäre, innerhalb derer Gott uns zuwendet und immer zuwenden wird.
Wahrheit und Liebe gehören zusammen und hängen eng miteinander zusammen. Wir könnten uns die Frage stellen: Wie?
Durch die Wahrheit Gottes, wie er sie in seinem Wort offenbart, lernen wir erstens, wer Gott ist, wie er ist und was er will. Ja, durch die Wahrheit lernen wir auch, wer wir sind als Geschöpfe und dass wir uns als Sünder vor Gott verantworten müssen.
Durch die Wahrheit Gottes lernen wir über Jesus Christus, den alleinigen Retter der Menschheit. Wir erfahren von der Versöhnung, die Gott in Jesus Christus wirkt, sowohl zwischen Gläubigen und sich selbst als auch untereinander, also zwischen Gläubigen.
Wir lernen durch die Wahrheit Gottes, einander und die Welt anders zu sehen, nämlich richtig und wahrheitsgemäß. So gehen wir miteinander wahrheitsgemäß um, gemäß Gottes Willen, wie dieser auch in Gottes Geboten zum Ausdruck kommt. Und das wiederum drückt sich in Liebe aus, denn Liebe ist die Summe aller Gebote Gottes.
Nicht nur das: In Gottes Wort wird uns auch sein Wesen geschildert, seine Gnade und Barmherzigkeit, wie er mit seinen Kindern umgeht und vieles mehr. Wir lernen von ihm und werden so mehr und mehr in sein Ebenbild verwandelt.
Weil Gläubige all diese Wahrheit gemeinsam haben, besitzen sie ein gemeinsames Fundament. Deshalb sind sie in Liebe verbunden, in Liebe vereint.
Ich hoffe, Sie sehen, wie eng Wahrheit und Liebe zusammenhängen. Die Wahrheit veranlasst beziehungsweise führt zu Liebe unter Gläubigen. Man könnte sagen: Die Wahrheit schafft die Gemeinschaft. Sie schafft die Einheit unter Christen und macht liebevolle Gemeinschaft erst möglich.
Wenn Sie heute hier sind und Teil dieser Gemeinschaft in Christus werden möchten, sprechen Sie jemanden an, der Sie mitgebracht hat. Oder ich werde am Ende des Gottesdienstes auch an der Tür stehen. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie, falls Sie mehr über den christlichen Glauben wissen wollen, auch erfahren, wie man Teil dieser Gemeinschaft werden kann.
Sie können die Wahrheit und Liebe Gottes ganz persönlich kennenlernen. Die meisten von uns hier kennen diese Wahrheit und die Liebe Gottes. Darin seid ihr gegründet, und ich preise den Herrn dafür. Ich hoffe, Sie wissen, was für ein Privileg das ist.
Das ist das Fundament unserer Gemeinschaft: Wer die Wahrheit kennt, liebt die Gläubigen, und wer richtig liebt, liebt gemäß der Wahrheit.
Wenn wir mehr und bessere Gemeinschaft suchen, wenn wir echte Einheit unter uns wollen, brauchen wir eben mehr Wahrheit und Liebe. Das ist es, was die Verse 4 bis 6 lehren.
Leben in Wahrheit und Liebe als Lebensstil
Da kommen wir zu unserem zweiten Punkt: in Wahrheit und Liebe wandeln.
Erstens freut sich Johannes sehr, dass die Gläubigen, an die er schreibt, in der Wahrheit wandeln. Das macht er in Vers 4 deutlich. Dabei sagt er, dass das ein Gebot Gottes ist. Sie tun Recht, wenn sie nach Wahrheit streben; das ist der Wille Gottes. Mit dem Wort „wandeln“ macht Johannes klar, dass es nicht nur um bloßes intellektuelles Wissen geht. Es ist ein Lebensstil. Die Wahrheit ist nicht nur Kopfwissen, sondern prägt auch, wie sie leben.
Johannes stellt fest, dass das bei diesen Christen der Fall ist, und er lobt sie dafür. Doch sie sollen nicht dabei stehen bleiben. Schaut mit mir auf Vers 5: Dem Gebot, nach Wachstum in der Wahrheit zu streben, ist das Gebot beigefügt, in Liebe zu wandeln. Und das ist nichts Neues, was er ihnen gebietet. Es ist eine Erinnerung, sagt er. Eigentlich wissen sie das schon von Anfang an.
Das Gebot zu lieben ist genauso fundamental wie das Gebot, in der Wahrheit zu wandeln. Hier sehen wir, dass Gemeinden und Christen gut daran tun, wenn sie sowohl in Liebe als auch in Wahrheit wachsen. Während wir in den ersten Versen gesehen haben, dass die Wahrheit die Liebe veranlasst, sehen wir hier, dass ein Wandel in der Wahrheit ohne Liebe unvollständig ist.
Ja, da fehlt etwas. Wenn wir meinen, wir kennen die Wahrheit, aber das Liebesgebot vernachlässigen, läuft etwas schief. Dann haben wir die Wahrheit nicht richtig erkannt. Es ist wie bei einem Menschen, der hinkt – da ist etwas Ungesundes.
Man könnte jetzt die Frage stellen: Wie wachsen wir in der Liebe, wenn uns an Liebe mangelt? Schaut auf Vers 6: Hier wird die Liebe definiert. Er sagt, es ist ein Wandeln in Gottes Geboten. Das heißt, sei gegründet in den Geboten, sei gegründet in der Wahrheit.
Wir lieben nicht mehr, indem wir die Wahrheit weniger betonen oder uns weniger mit der Wahrheit Gottes beschäftigen. Wir lieben mehr, indem wir die Wahrheit anhand der Gebote Gottes besser kennen, sie verinnerlichen und danach leben.
Wie funktioniert das? Jesus und auch Paulus lehren, dass das ganze Gesetz in einem Wort zusammengefasst werden kann: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten. Es gibt viele Stellen, die darauf hinweisen; ich habe mindestens drei gefunden. Das heißt, die einzelnen Gebote sind auf dieses Ziel der Liebe gerichtet. Die konkreten Gebote zeigen uns, wie konkrete Liebe aussieht.
Ihr könnt später als Hausaufgabe die zehn Gebote durchlesen und euch vorstellen, wie die Welt aussehen würde, wenn alle danach leben würden. Diese Welt wäre viel besser, viel liebevoller. Die Gebote Gottes fördern die Liebe. Wenn wir die Gebote kennen und danach leben, ist das absolut liebevoll.
Es ist auch absolut liebevoll, wenn wir einander ermutigen, in Gottes Geboten zu wandeln, denn damit wollen wir das Beste füreinander.
Ich möchte euch zwei Beispiele geben:
Beispiel eins: Viele sagen heute, dass die biblische Sexualethik einengend ist. Sie hindert die Menschen, sich sexuell auszudrücken, wie sie wollen. Deshalb sei sie lieblos. Aber tatsächlich will die biblische Sexualethik uns vor viel Schmerz und Leiden schützen, die missbrauchte Sexualität mit sich bringt.
Das ist ein Beispiel.
Ein anderes Beispiel: Manche empfinden es als lieblos, wenn Geschwister sie mit ihren Sünden konfrontieren. Deshalb praktizieren viele Gemeinden keine Gemeindezucht. Nun, es ist mir klar, dass man natürlich auf falsche Weise konfrontieren kann – zum Beispiel mit Stolz, herabwürdigend oder verachtend. Das ist falsch.
Aber eine sanftmütige, demütige Konfrontation, die darauf gerichtet ist, die Person vom falschen Weg zurückzubringen, ist sehr liebevoll. Denn wir wollen das Beste für diese Person.
Die Gebote Gottes sind nicht gegen die Liebe. Sie lehren und ermöglichen uns erst recht zu lieben. Das heißt: Erst wenn wir die Gebote Gottes ernst nehmen, sind wir in der Lage, richtig zu lieben.
Wollen wir also mehr lieben? Dann lerne Gottes Gebote tiefer kennen, lerne Gottes Wahrheit tiefer kennen. Das wird uns zeigen, wie wir Menschen besser lieben können.
Je mehr wir einander lieben, desto mehr werden wir die Wahrheit Gottes weitergeben wollen. Denn wir wissen, dass das das Beste ist, was wir unseren Geschwistern geben können.
Ich hoffe, ihr merkt, wie Wahrheit und Liebe auch hier zusammenhängen, wie das eine das andere fördert und wie eine ohne die andere nicht wirklich möglich ist. Deswegen strebt nach beiden, wachst in beiden und wandelt in Wahrheit und in Liebe.
Schutz vor Irrlehren durch Wahrheit und Liebe
Nun, warum ist es so wichtig, in Wahrheit und Liebe zu wandeln? Verse 7 bis 11 zeigen uns das. Damit kommen wir zu unserem dritten Punkt: geschützt vor Verführung durch Wahrheit und Liebe.
Das Bindewort „denn“ gleich am Anfang von Vers 7 ist sehr wichtig. Es zeigt uns, dass alles, was Johannes bisher gesagt hat, durch das, was folgt, begründet wird. Das ist sozusagen der Anlass, warum er das Ganze schreibt. Die Christen sollen in Wahrheit und Liebe wandeln, weil viele Verführer und viele Irrlehren draußen sind.
In Vers 7 erhalten wir einen Hinweis darauf, was diese Irrlehren gelehrt haben. Sie verneinten scheinbar, dass Jesus Christus ein echter Mensch war, dass Jesus in Fleisch gekommen ist, wie es in der Schrift steht. Das scheint eine Frühform einer Irrlehre gewesen zu sein, die damals gerade ihre Anfänge hatte und später die Kirche wirklich geplagt hat. Es handelt sich um die gnostische Irrlehre. Diese war komplizierter, als man es in einem Wort zusammenfassen könnte, aber sie glaubten teilweise, dass Jesus Christus nicht wirklich in das Fleisch gekommen sei, also dass die Fleischwerdung nicht wirklich real war.
Diese Irrlehre war stark von der griechischen Philosophie beeinflusst, einer zeitgenössischen Philosophie. Die Kirche stand damals in Gefahr, von solchen zeitgenössischen Einflüssen verführt zu werden. Für viele fiel es damals schwer zu glauben, dass ein perfektes Wesen sich mit der materiellen Welt vermischen könnte. Das war das philosophische Denken jener Zeit: die geistige Welt und die materielle Welt galten als so unterschiedlich, dass sie nicht miteinander vermischt werden könnten. Dieses Denken drang in die Gemeinde ein.
Heute sind es nicht mehr diese Denkweisen, die uns prägen – oder zumindest nicht viele. Vielleicht gibt es sie noch, doch ich glaube, es sind andere philosophische Voraussetzungen, die uns heute sehr beeinflussen und auch Wege in die Gemeinde finden können. Heute wird eher von falschen Lehren gelehrt, dass Jesus nur Fleisch war. Damals wurde gelehrt, Jesus könne nicht Fleisch sein; heute wird die Gottheit Christi verleugnet.
Andere falsche Lehren über Jesus sind zum Beispiel, dass Jesus dem Gott des Alten Testaments gegenübergestellt wird, als wären sie nicht einig. Oder Jesus wird Mose und Paulus gegenübergestellt, als würden sie einander widersprechen. Das sind Irrlehren, die wir heute über Jesus hören. Natürlich gibt es noch viele weitere falsche Lehren in anderen Bereichen, aber hier geht es nur um Jesus.
Egal, was sie sein mögen – sie sind da. Diese Irrlehren und falschen Lehren sind sehr aktiv, und für manche wirken sie sehr überzeugend, besonders wenn wir nicht aufpassen und nicht in der Wahrheit gegründet sind. Wir tun gut daran, uns davor zu schützen.
Johannes warnt Christen hier eindringlich davor. In Vers 8 spricht er davon, dass Verführte viel verlieren. Falsche Lehre ist nicht harmlos, sie ist gefährlich. Manche behaupten, es sei nicht schlimm, wenn man nicht alles richtig glaubt, solange man aufrichtig ist. Das hört man immer wieder.
Natürlich kennen wir alle nur Stückwerk und haben nicht die ganze Wahrheit begriffen. Das ist klar, und wir müssen alle in Erkenntnis wachsen. Aber worum es hier geht, ist eine lässige, nonchalante Haltung gegenüber der Lehre, bei der wir meinen, es sei nicht so wichtig, was wir glauben, solange wir ehrlich sind. Wir finden uns damit ab. Diese Haltung ist sehr ungesund für unser geistliches Wohl. Sie öffnet die Tür zur Verführung.
Es ist nämlich nicht egal, was wir glauben. Falsche Lehre ist wie ein Krebs unter Christen in Gemeinden. Sie tötet geistliches Leben. Lassen wir uns also von der Warnung Johannes’ leiten. Er will, dass Christen bestehen. In Vers 8 sagt er, dass sie den vollen Lohn empfangen sollen.
Wie können wir bestehen und diesen vollen Lohn empfangen? Die grundsätzliche Antwort hat er ja schon gegeben: in Wahrheit und Liebe gegründet sein, in Wahrheit und Liebe wandeln. Das haben wir bereits bedacht. Die Wahrheit zu kennen und in ihr zu wandeln bedeutet auch, Lügen zu erkennen und zu verwerfen. In der Liebe zu wandeln heißt, aufeinander zu achten und einander zu ermutigen, Gottes Wege zu gehen, weil wir nicht wollen, dass jemand von uns auf Abwege gerät.
Wahrheit und Liebe sind also die Antwort. In Vers 9 liefert Johannes einen weiteren konkreten Hinweis, wie wir die Verführer und ihre Lehren erkennen können. Es sind diejenigen, die nicht in der überlieferten Lehre Christi bleiben, sondern darüber hinausgehen. Das sind solche, die neue Gedanken über Jesus Christus und sein Evangelium bringen.
Wir sind oft auf Neues gerichtet, und in vielen Bereichen ist das auch völlig in Ordnung. Aber nicht in Bezug auf Gottes Wort, nicht in Bezug auf Christus und sein Evangelium. Da müssen wir beim alten, überlieferten Glauben bleiben.
Ich habe einmal eine Predigt mit anderen gehört, die sehr klar vom biblischen Glauben entfernt war. Der Prediger wollte offensichtlich nicht den eigentlichen Sinn des Textes verstehen, sondern las eine bestimmte zeitgenössische Idee hinein. Ihm schien ganz bewusst zu sein, was er tat. Ich glaube, er hat sogar gesagt, dass es egal sei, was der Text eigentlich sagen wollte – er wollte etwas Neues hineinbringen.
Und ich habe die Befürchtung, dass manche Christen das ganz interessant und attraktiv finden. Doch seid gewarnt! Ich glaube, diese Gefahr ist besonders unter Jugendlichen und Kindern präsent. Ich freue mich sehr, dass Kinder und Jugendliche hier sind, und möchte euch ermutigen: Neues ist oft cool, aber nicht immer gut. Was den Glauben betrifft, bleibt bei dem, was ihr von euren Eltern oder Kindergottesdienstmitarbeitern gehört habt.
Johannes gibt uns hier einen Lackmustest: Wahre Christen und gute Lehre bleiben bei der überlieferten Lehre. Wahre Christen sind, was theologische Wahrheit betrifft, konservativ. Das sehen wir in Vers 9b: Wenn diese Lehre bleibt, hat derjenige den Vater und den Sohn.
Es sind übrigens nicht nur Kinder und Jugendliche, die das hören müssen. Ich glaube, wir alle müssen das hören. Deshalb duldet falsche Lehre nicht! Das sagt Johannes ganz deutlich in Vers 10.
Damals ging es um Gastfreundschaft und wie die Menschen dies handhabten. Er sagt: Nehmt solche Leute nicht auf! Wir können das aber breiter anwenden: Habt keine Gemeinschaft mit solchen Menschen, unterstützt sie nicht! Haltet euch nicht mit ihren Gedanken auf, lasst ihnen keinen Fuß in der Tür!
Denn wir werden zur Verantwortung gezogen, wenn wir falsche Lehre dulden. Schaut Vers 11: Wir müssen nicht selbst falsche Lehre verbreiten. Es reicht, wenn wir diejenigen, die sie verbreiten, unterstützen oder sie bei uns zulassen.
Liebe Gemeinde, das ist nicht nur eine Ermutigung für euer persönliches Leben, von falscher Lehre fernzubleiben. Es ist auch eine Einladung: Wenn ihr merkt, dass eine Lehre – auch in dieser Gemeinde – etwas lehrt, was nicht zu dem passt, was ihr sonst wisst, sprecht es an. Fragt bei dem Lehrer oder Prediger nach, wenn etwas unklar ist.
In den allermeisten Fällen handelt es sich um Dinge, die nicht neu sind, die ihr einfach noch nie gehört habt. Dann habt ihr eine Erkenntnis gewonnen – super, das ist gut. Aber wenn nach diesem ersten Gespräch weiterhin ungewöhnliche, neue Lehren klingen, fragt weiter bei den Pastoren oder Ältesten nach – falls es einen der Pastoren betrifft, denn keiner von uns steht über Gottes Wort.
Gesunde Gemeinden geraten schnell auf Abwege, wenn falsche Lehre und falsche Lehrer von den Mitgliedern geduldet werden. Wir stehen alle in der Verantwortung. Lasst uns, liebe Gemeinde, so fest in der Wahrheit und in der Lehre Christi verwurzelt sein, dass falsche Lehrer niemals Platz unter uns finden.
Das ist ein Liebesdienst an allen, denn ihr schützt einander so vor der Gefahr der Verführung.
Bedeutung persönlicher Begegnungen für Wahrheit und Liebe
Dabei ist eine Sache besonders hilfreich. Kommen wir zu den letzten zwei Versen, 12 und 13: Wahrheit und Liebe in persönlichen Begegnungen weitergeben.
Es wäre leicht, diese letzten zwei Verse einfach zu überfliegen, weil es der Briefschluss ist. Doch ein Aspekt ist hier sehr relevant in Bezug auf Liebe und Wahrheit unter Gläubigen. Schaut, was Johannes in Vers 12 sagt. Er erwähnt, dass er viel mehr zu sagen oder zu schreiben hätte, aber ihm ist es lieber, das in der persönlichen Begegnung zu tun. Das ist seiner Meinung nach besser und bringt ihm auch mehr Freude.
Ich glaube, hier wird der Wert der persönlichen Begegnung unter Gläubigen betont. Die schriftliche Kommunikation war in diesem Fall notwendig, weil er zu dieser Zeit nicht bei ihnen sein konnte. Seine Präferenz ist jedoch, anwesend zu sein und mündlich mit ihnen zu reden.
Obwohl er sich über sie aus der Ferne freuen kann – in Vers 4 hat er schon gesagt, dass er sich freut, zu hören, wie es ihnen geht – sagt er hier, dass er sich noch mehr freut, wenn er die Möglichkeit hat, sie persönlich zu erleben. Damit wäre seine Freude voll, sagt er. Mit anderen Worten: Ihm ist wichtig, Wahrheit und Liebe persönlich weiterzugeben.
Hier können wir sehen, dass es wirklich keinen Ersatz für persönliche Begegnungen gibt. Natürlich geht es manchmal einfach nicht, die Umstände erlauben es nicht. Aber ist es unser Wunsch? Suchen wir die persönliche Begegnung, denn sie macht es einfacher, Wahrheit weiterzugeben und Liebe zu zeigen.
Das kann ich bestätigen: Es ist viel leichter, Menschen etwas Persönliches zu erklären als per E-Mail. Ich habe da immer Schwierigkeiten. Selbst am Telefon ist es nicht ganz ideal. Und was die Liebe betrifft, ist es noch schwieriger, sie aus der Ferne zu zeigen. Wir können nicht für Menschen da sein, wenn wir nicht wirklich da sind.
Also, liebe Geschwister, es ist gut und erstrebenswert, die Begegnung mit euren Glaubensgeschwistern zu suchen. Dadurch könnt ihr wirklich qualitativ besser Wahrheit und Liebe erleben und auch weitergeben.
Viele tun das. Ich spreche hier zu Leuten, die präsent sind. Es freut mich, dass ihr da seid. Und ich freue mich, dass ihr nicht nur sonntags regelmäßig da seid. Ich freue mich, dass so viele von euch Hauskreise haben, so viele von euch in die Bibelstunde kommen – auch ihr Kinder, dass ihr häufig teilnehmt, im Jungschar-, Teamkreis oder biblischen Unterricht. Einige haben sogar Zweierschaften und sind in Jüngerschaftsbeziehungen. Das ist super, das ist wunderschön – bleibt dabei!
So können wir einander konkret lieben. So können wir besser aufeinander achten. So können wir einander in der Wahrheit ermutigen. So können wir als Gemeinde in Wahrheit und Liebe wirklich gefestigt sein.
Schlussgebet
Lass uns beten.
Wir danken dir, Herr, dass wir die Wahrheit und die Liebe von dir empfangen haben. Danke, dass du uns darauf gegründet hast und uns durch deinen Geist darin festigen willst.
Hilf uns, danach zu streben, beständig in der Wahrheit und in der Liebe zu wandeln. In einer Zeit, in der so viele verwirrende Lehren kursieren und viel Verführung vorhanden ist – sei es in der Schule, bei der Arbeit, in den Medien oder leider auch unter Christen –, bitten wir dich, uns fest in der Wahrheit und in der Liebe zu stärken.
Schenke uns die Fähigkeit, zu erkennen, was nicht von dir kommt, und achtsam miteinander umzugehen, weil wir das Beste füreinander wollen.
Bitte hilf uns, in diesem Wachstum zu bleiben und zu deiner Ehre sowie zu unserem Wohl zu wandeln.
Amen.