Ich bin mir sicher, dass wir das in den nächsten Wochen noch weiter einüben werden. Ich hatte vor, heute eine Predigtserie über den ersten Thessalonicherbrief zu beginnen. Das war mein Plan. Über viele Wochen hatte ich das so geplant und Termine bis in den Advent hinein durchgeplant.
Im Ältestenkreis haben wir jedoch darüber gesprochen, dass es vielleicht gut wäre, vor dem Beginn der Serie drei Themenpredigten beziehungsweise Lehrpredigten einzuschieben.
Also schon mal eine herzliche Einladung: Ihr könnt euch anfangen, mit dem ersten Thessalonicherbrief zu beschäftigen und ihn vielleicht schon mal lesen. Ab dem 13. August wird es dann eine Predigtserie dazu geben, die uns direkt bis zum Advent führen wird.
In den nächsten Wochen wollen wir uns in drei Predigten mit dem Thema Gemeinde auseinandersetzen. Dabei geht es konkret um Gemeinde, Gemeindemitgliedschaft und auch um die Ältestenschaft in der Gemeinde.
Zwischen diesen Predigten wird es einen Gottesdienst geben, bei dem ein Gastprediger hier sein wird. An diesem Sonntag feiern wir morgens einen Festgottesdienst zur Entlassung aus dem biblischen Unterricht.
Außerdem wird es noch einen Sonntag geben, an dem einer unserer Missionare predigen wird.
Das nur als Ankündigung, was in den nächsten Wochen geschehen wird.
Einstieg in die Predigtserie: Gemeinde verstehen lernen
Heute beginnt eine dreiteilige Predigtserie zum Thema Gemeinde. Konkret geht es heute um die Frage: Was ist Gemeinde? Wir sind bereits eine Folie weiter als ich bin.
Bevor ich mich den Folien und der Predigt weiter zuwende, möchte ich mit uns beten. Ich bitte Gott, diese Zeit wirklich zu gebrauchen, um uns eine neue Liebe für die Gemeinde zu schenken. Außerdem soll er uns helfen zu verstehen, was sein großes Ziel und der Zweck von Gemeinde ist.
Ich bete mit uns:
Himmlischer Vater, danke, dass du ein gnädiger Gott bist. Wir haben gerade gesungen, dass wir nicht allein sind, weil du für uns bist. Du bist auch durch deinen Heiligen Geist bei uns.
Wir sind auch nicht allein, weil du uns als Christen in die Gemeinschaft gestellt hast. Danke für die Gemeinschaft, die wir hier in dieser Gemeinde haben dürfen.
Wir bitten dich, dass du uns durch diese Predigt neu vor Augen führst, was Gemeinde eigentlich genau ist, was sie ausmacht und was ihr Zweck ist.
Wir bitten dich, dass du uns eine neue Vision für Gemeinde gibst und eine neue Begeisterung für das, was du baust.
So möchte ich dich bitten, dass du mir hilfst, nur das zu sagen, was hilfreich ist, die Gemeinde erbaut und dich ehrt. Amen.
Die scheinbar einfache Frage nach der Gemeinde
Diese Frage: Was ist Gemeinde?
Ich kann mir vorstellen, viele von euch sagen, dazu muss man nicht predigen, das ist doch eigentlich klar.
Vor einigen Wochen habe ich diese Frage mit meiner Tochter diskutiert. Anna Maria, ein ziemlich aufgewecktes Kind, zehn Jahre alt, hat mich gefragt: „Papa, was predigst du eigentlich als Nächstes?“
Da habe ich gesagt, ich werde drei Predigten über Gemeinde halten. Die erste Predigt wird sein: Was ist eine Gemeinde?
Sie guckte mich an und sagte: „Äh, das ist doch ganz klar.“
Dann meinte ich: „Okay, Anna Maria, dann erzähl mal.“
Und sie legte los und erzählte, was sie dachte, was Gemeinde ist. Das war ziemlich gut. Sie war überrascht, will ich nicht sagen, aber ich war stolz auf meine Tochter, dass sie das so gut verstanden hat. So ist das mit Vätern.
Dann habe ich auch ein paar Rückfragen gestellt: Was macht das Gemeinsame aus? Was ist das damit?
Sie hörte mir eine Zeit lang zu und sagte dann einfach nur: „Papa, du stellst echt immer schwierige Fragen.“
Ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht nicht nur meiner Tochter an dem Tag so ging, sondern uns vielleicht allen ein bisschen so geht. Im ersten Moment sagen wir natürlich: Alles klar, wir wissen, was das ist. Und doch ist es vielleicht gar nicht so ganz klar.
Wenn wir uns allein die Frage stellen, was Gemeinde ist, dann gibt es doch unterschiedliche Meinungen.
Da gibt es Leute, die sagen: „Na ja, mein Hauskreis ist meine Gemeinde, ich brauche den Gottesdienst nicht.“ Ist das so? Ist ein Hauskreis eine Gemeinde?
Andere sagen: „Ich bin in der SMD zum Beispiel, eine Studentengruppe, die sich hier in der Gemeinde auch trifft, in diesem Haus hier.“ Ist die SMD eine Gemeinde?
Wieder andere sagen: „Die Gemeinde – das ist das Gebäude.“
Ich war gestern Abend zum Beispiel in der Gemeinde. Einige Musiker haben hier fantastisch musiziert, und ich durfte dabei sein. Einige von euch waren auch mit dabei.
War ich gestern in der Gemeinde oder war ich nur in einem Gebäude, das wir manchmal Gemeinde nennen? Wie viel hat es damit auf sich?
Viele andere denken bei Gemeinde oder auch bei dem anderen Begriff, der eigentlich synonym verwendet wird, Kirche, an eine Institution.
Das ist vor allem geprägt durch die römisch-katholische Kirche, die Kirche und Gemeinde als Institution versteht.
Dann gibt es hier in der Stadt eine große Freikirche, die unter dem Slogan „One Church, Many Locations“ auftritt – eine Gemeinde, viele Orte.
Ist das so? Oder vielleicht auch wir selber: FWG München-Mitte. Trifft sich um zehn und um neunzehn Uhr, und alle zwei Wochen im Münchener Osten auch noch parallel zu dem, was wir uns hier treffen. Ist das eine Gemeinde?
Was macht Gemeinde aus? Ist es das Gebäude, ist es der Prediger, ist es die Predigt, ist es eine Gemeindephilosophie, ist es ein konkretes Glaubensbekenntnis?
Und was ist eigentlich der Zweck von Gemeinde?
Ist Gemeinde die erste Bürgerpflicht eines Christen, so eine Pflichtvorlesung, zu der man dann sonntagmorgens oder abends kommt? Oder ist es ein Ort, wo man auftankt? Ein Ort, wo man Gleichgesinnte trifft? Ein Ort der persönlichen Erbauung durch Lieder, durch die Predigt, vielleicht auch in der Stille oder durch Gemeinschaft?
Nun, diesen Fragen wollen wir weiter nachgehen.
Wir wollen konkret fragen: Was ist eine Gemeinde? Was macht eine Gemeinde konkret aus? Und was ist der Zweck von Gemeinden?
Begriffsklärung: Gemeinde im Neuen Testament
Zuerst einmal zur ersten Frage: Was ist eine Gemeinde? Eigentlich ist das ganz klar. Im Neuen Testament taucht das Wort Gemeinde beziehungsweise die griechische Entsprechung Ekklesia 114 Mal auf. Es ist also kein Randthema, sondern ein durchaus wichtiges Thema.
Ihr werdet euch sicherlich freuen, dass ich nicht alle 114 Bibelstellen heute mit euch betrachten werde. Stattdessen möchte ich die Stellen ein wenig gruppieren und einige Gedanken dazu durchdenken.
Zunächst: Was bedeutet das Wort Ekklesia? Ich habe es bereits hingeschrieben: Versammlung, vielleicht noch genauer die Herausgerufenen oder Zusammengerufenen. Es ist eine Versammlung von Menschen, die von etwas zu etwas anderem hingerufen wurden. Das ist wirklich die Bedeutung des Wortes – also, wenn man so will, die herausgerufene Versammlung.
Das Wort Ekklesia wird im Neuen Testament 114 Mal verwendet, davon zweimal in Bezug auf das Alte Testament. Das bedeutet, es gibt auch im Alten Testament bereits eine Ekklesia. Dort bezieht sich das Wort auf das Volk Israel.
Ich habe nicht die Zeit, hier ausführlich die Gemeinde im Alten Testament zu zeigen, aber ich hoffe, wir verstehen so ein bisschen, wie das zusammenpasst: Das Volk Israel wurde aus allen anderen Völkern von Gott herausgerufen und versammelt. Es war das Volk, das er in besonderer Weise erlöst hat. Dieses Volk hatte einen besonderen Plan Gottes. Die herausgerufene Versammlung war im Alten Testament also das Volk Israel.
In gewisser Weise kann man auch im Hinblick auf die Ekklesia des Neuen Testaments sagen, dass natürlich auch die Gläubigen des Alten Testaments dazugehören, die vorausschauend auf Jesus Christus vertraut haben.
Wie gesagt, kommt das Wort Ekklesia fast immer im Neuen Testament im Hinblick auf Versammlungen in der Zeit des Neuen Testaments vor. Dreimal wird es in Bezug auf einen Mob verwendet, auf Menschen, die sich gegen die Christen versammelt haben.
In Ephesus gab es beispielsweise diesen Aufstand gegen Paulus, der in Apostelgeschichte 19 beschrieben wird. Hier wird dreimal von einer Ekklesia gesprochen – einer zusammengerufenen Versammlung, die jedoch in keiner Weise christlich war, sondern antichristlich.
Diese drei Erwähnungen lassen uns mit 109 weiteren übrig, die die christliche Gemeinde beschreiben. Und mit diesen 109 Versen wollen wir uns teilweise heute Abend beschäftigen.
Erste biblische Erwähnung von Gemeinde bei Jesus
Die allererste Erwähnung von Gemeinde wollen wir uns konkret anschauen. Die erste Erwähnung von Gemeinde kommt aus dem Munde von Jesus Christus selbst. Jesus erwähnt das Wort Gemeinde, Ekklesia, nur dreimal, und zwar an zwei verschiedenen Bibelstellen, wobei an einer Stelle das Wort sogar zweimal hintereinander vorkommt.
Die erste Bibelstelle, in der Gemeinde erwähnt wird, finden wir im Matthäusevangelium, Kapitel 16. Das ist auf Seite 23 im hinteren Teil der ausliegenden Bibel, falls ihr noch auf der Suche seid. Matthäus 16. Dort sehen wir zunächst in Vers 15 die Worte des Apostels Petrus, der auf die Frage, die Jesus seinen Jüngern stellt, antwortet: Wer bist du denn? Was denkt ihr, wer ich bin? Petrus sagt: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn. Petrus bekennt Jesus als den Christus. Er spricht ein Bekenntnis aus.
Dann reagiert Jesus darauf, und wir lesen ab Vers 18 folgende Worte: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben. Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.
Jesus baut also seine Gemeinde. Er ist der Baumeister der Gemeinde und baut sie auf das Bekenntnis des Petrus. Petrus bekennt Jesus als den Christus. Die Gemeinde wird erbaut mit denen, die Petrus in diesem Bekenntnis folgen. Es ist das Christusbekenntnis des Petrus, auf dem Jesus seine Gemeinde erbaut.
Es ist nicht nur irgendeine Gemeinde, die er baut, es ist seine Gemeinde. Deshalb reagiere ich manchmal ein bisschen allergisch, wenn Leute sagen: Die FWG München-Mitte, ist das nicht die Gemeinde von Lohmann? Nein, das ist die Gemeinde von Jesus. Ich darf hier als Pastor dienen, wir sind hier gemeinsam, aber das ist Jesu Gemeinde. Es ist seine Gemeinde, die er durch sein Blut erkauft hat.
So schreibt oder sagt Paulus den Ältesten in der Gemeinde in Ephesus in Apostelgeschichte 20, Vers 28, in einer Abschiedsrede, die Paulus dort hält: Er beschreibt die Gemeinde als die Gemeinde Gottes, die Jesus Christus durch sein Blut erworben hat. Es ist wichtig, dass wir das erkennen: Die Gemeinde ist Jesu Gemeinde, von ihm und durch sein Blut erkauft.
Er baut diese Gemeinde durch Menschen, die er aus dieser Welt herausgerufen hat. Menschen, die er zu sich hingerufen hat. Er hat sie so gerufen, dass sie ein Bekenntnis haben und Jesus als ihren Retter und Herrn, als den Messias, den Christus, bekennen. Das ist Gemeinde: Menschen, die aus dieser Welt herausgerufen sind. Menschen, die einst Teil dieser Welt waren und jetzt zu Jesus gehören. Menschen, die einst unter der Knechtschaft der Sünde standen und nun befreit sind von der Schuld der Sünde, weil Jesus sie bezahlt hat. Sie dürfen nun befreit von aller Schuld bei ihm sein.
Menschen, die einst sich selbst gedient haben und jetzt Jesus dienen. Menschen, die herausgerufen sind und von Jesus gesammelt werden.
Gehörst du zu dieser Gemeinde? Das ist eine wichtige Frage. Es ist überhaupt die grundlegendste Frage, die du dir stellen solltest und die wir uns alle immer wieder stellen sollten. Weißt du dich herausgerufen aus dieser Welt? Weißt du dich aus dem Draußen herausgerufen und versammelt mit anderen, sodass du nun eine neue Identität, eine neue Heimat hast?
Wenn du das noch nicht sicher sagen kannst, möchte ich dich ermutigen, weiter über Gemeinde nachzudenken. Überlege, inwieweit du dazugehörst und was das mit dir zu tun hat. Ich lade dich ein, dich weiter auf die Suche zu machen und zu fragen: Ist das Bekenntnis des Petrus, dass Jesus wirklich der lang verheißene Messias ist, auch dein Bekenntnis? Kannst du bekennen, dass Jesus dich erkauft hat durch sein Blut am Kreuz?
Kannst du bekennen, dass er in diese Welt gekommen ist, um nicht nur so zu leben, wie du hättest leben sollen? Denn wir alle haben nicht so gelebt, wie wir leben sollten. Keiner von uns führt ein vollkommen gutes Leben. Kannst du bekennen, dass Jesus das für dich getan hat? Dass er für deine Schuld, für jedes falsche Wort, für jede falsche Tat und für jeden falschen Gedanken gestorben ist? Kannst du sagen: Er hat mich erkauft, ich bin sein, ich habe eine neue Identität?
Ich hoffe, dass jeder hier heute Abend sagen kann: Ja, das trifft auf mich zu. Ich bin Teil dieser Herausgerufenen.
Wenn du das noch nicht bist, dann lade ich dich ein: Komm mit dem, der dich vielleicht heute mitgebracht hat, noch weiter ins Gespräch. Oder komm mit mir ins Gespräch. Ich stehe nachher hinten an der Tür. Oder geh auf Alex zu, der wird im Foyer sicherlich auch irgendwo sein und sich freuen, mit dir darüber ins Gespräch zu kommen.
Das ist also die erste Erwähnung von Gemeinde durch Jesus. Er baut seine Gemeinde auf dem Bekenntnis des Petrus, und diese Gemeinde wird nicht überwältigt werden. Das ist auch eine großartige Zusage.
Die Pforten der Hölle – eine etwas ungewöhnliche Formulierung – sollen sie nicht überwältigen. Auf gut Deutsch heißt das: Die Gemeinde wird niemanden plattkriegen.
Die Zusage gilt natürlich nicht für jede lokale Gemeinde. Wir wissen, dass es immer wieder vorkommt, dass Gemeinden sterben oder eingehen. Es gibt keine Zusage für jede einzelne Gemeinde. Die FEG München-Mitte wird vielleicht nicht bis zum Ende der Erde existieren. Aber Jesu Gemeinde wird existieren.
Jesus baut seine Gemeinde, und darum geht es hier. Es ist die universelle Gemeinde. Diese universelle Gemeinde wird sich eines Tages versammeln. Ist dir das klar? Es ist eine Versammlung, aber nicht hier, sondern an einem viel besseren Ort, vor dem Thron Gottes.
Wenn die Herausgerufenen aus dieser Schöpfung herausgerufen und transformiert werden, gebracht in eine neue Schöpfung, dann versammelt sich diese universelle Gemeinde aller Christen aus allen Orten und allen Zeiten. Das ist die Versammlung der Herausgerufenen, die Jesus hier in Matthäus 16 erwähnt.
Gemeinde als lokale Versammlung mit Verantwortung
Wenn wir im Matthäus-Evangelium eine Seite weiterblättern, kommen wir zur einzigen anderen Erwähnung von Gemeinde in den Evangelien – dem einzigen weiteren Mal, dass Jesus über Gemeinde spricht. Es ist eine Stelle, die uns im ersten Moment vielleicht etwas befremdlich vorkommen mag. Dort heißt es in Kapitel 18, ab Vers 15:
"Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen bestätigt wird. Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner. Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein; was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein."
Hier sehen wir zum zweiten Mal, wie Jesus das Wort Gemeinde gebraucht. Interessanterweise ist das hier nun eine Gemeinde, die sich lokal versammelt hat. Man kann vor dieser Gemeinde etwas bringen. Es ist eine Gemeinde, die etwas entscheiden soll, die jemanden zur Buße rufen soll und nach Möglichkeit diese Person für sich gewinnen möchte. Unter bestimmten Umständen soll sie aber auch bereit sein, diese Person nach außen wegzutun, also aus der Gemeinde auszuschließen. Das ist eine lokale Versammlung.
So gebraucht die Bibel tatsächlich fast immer das Wort Ekklesia. In einigen wenigen Fällen wird Ekklesia für die universelle Gemeinde verwendet. In den allermeisten Fällen geht es jedoch nicht um eine Versammlung, die eines Tages im Himmel sein wird, sondern um tatsächliche lokale Versammlungen.
Das ist auch das Gemeindeverständnis, das sich durch die ganze Bibel zieht: Die Menschen, die Gott aus dieser Welt herausgerufen hat, sind in lokalen Gemeinden versammelt, wo sie miteinander leben und sich versammeln. Dabei gibt es ein "Drinnen" und ein "Draußen". Das ist vielleicht im ersten Moment auch etwas überraschend – ein exklusives Denken. Aber genau das sehen wir hier ja auch: Die sind drinnen und sollen möglichst drinnen bleiben. Wenn sie aber nicht mit der Gemeinde leben wollen oder nicht Christus-gemäß leben wollen, dann sollen sie raus.
Dieses Prinzip zieht sich durch die ganze Bibel. Es beginnt schon im Garten Eden: Adam und Eva sind am Anfang im Reinen mit Gott, sie sind drinnen im Garten. Dann sündigen sie und rebellieren gegen Gott, und sie sind draußen.
Ein Kapitel weiter, bei der Arche Noah, sehen wir, wie Noah auf Gott vertraut und Gott ihn zusammen mit seiner Familie in die Arche hineinsendet. Diejenigen, die nicht auf Gott vertrauen, Noah auslachen und Gott verspotten, bleiben draußen. Noah wird in der Arche gerettet, die anderen sind draußen.
Später beim Volk Israel sind die einen Teil des Volkes, die anderen draußen im Lager in der Wüste. Man ist entweder drin und gehört dazu, oder man ist unrein und muss raus. Auch später, innerhalb der Grenzen Israels, sieht man: Da ist das Volk, die einen sind drinnen, draußen sind die Heiden, die Ungläubigen.
So wird es auch bei der letzten Versammlung sein, der großen Versammlung vor dem Thron Gottes, wenn alle Gläubigen zusammenkommen und Gott preisen. Sie werden dabei sein, andere nicht. Genau so soll es auch hier auf Erden sein: Die Gemeinde versammelt sich, und manche – die Herausgerufenen aus dieser Welt, die nicht mehr zu dieser Welt gehören, sondern Christus angehören, ihn als ihren Herrn und Retter bekennen – die sind drin, sie gehören dazu. Die anderen sind draußen.
Wenn du heute hier nur als Gast bist, soll das nicht so klingen, als wärst du nicht willkommen. Ganz im Gegenteil: Herzlich willkommen! Wir freuen uns über Gäste, auch über solche, die sich vielleicht noch nicht entschieden haben für Jesus, die sagen: "Ich will mich damit mal auseinandersetzen." Klasse, dass du hier bist! Das ist eine tolle Frage, die du dir stellst, und wir wollen dir gerne helfen, dich zu positionieren.
Vielleicht bist du heute einfach als Gast hier und gehörst woanders zu einer Gemeinde. Dann bist du uns natürlich auch herzlich willkommen. Aber du bist nicht "drin", du bist nicht Teil der Gemeinde, sondern Gast in dieser Gemeinde. Wir sind dankbar für unsere Gäste und hoffen, dass du dich wohlfühlst. Aber du bist nicht Teil der Gemeinde.
Die, die "drin" sind – also herausgerufen aus der Welt und versammelt in einer lokalen Gemeinde – sollen sich wirklich versammeln. Das hören wir im Bibelvers, der uns vorhin vorgelesen wurde: Apostelgeschichte 2,42. Eigentlich können wir schon ab Vers 41 lesen. Dort heißt es:
"Aufgrund der Predigt, die Petrus am Pfingsttag gehalten hatte, nahmen viele sein Wort an und ließen sich taufen. An diesem Tag wurden der Gemeinde etwa dreitausend Menschen hinzugefügt. Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet."
Das heißt: Die aus der Welt Herausgerufenen, die sich zu Christus bekennen und in der Taufe aufgenommen sind, versammeln sich regelmäßig und beständig, um Gottes Wort zu hören, miteinander zu beten und das Brot zu brechen.
Man könnte sagen, das sei nur damals so gewesen und kein Befehl für uns heute. Aber diesen Befehl gibt es auch. Im Hebräerbrief lesen wir zum Beispiel in Kapitel 10, Vers 25:
"Lasst uns unsere Versammlungen nicht versäumen, wie einige es zu tun pflegen, sondern lasst uns einander ermahnen und ermutigen, und das umso mehr, je näher der Tag heranrückt."
Die aus der Welt Herausgerufenen sind also dazu aufgerufen, sich regelmäßig miteinander in lokalen Gemeinden zu versammeln.
Noch einmal zusammengefasst: Die Gemeinde ist eine Versammlung – manchmal universell, meist lokal – in der sich Gläubige regelmäßig treffen, um Gottes Wort zu hören, zu beten, Brot zu brechen und füreinander da zu sein.
Bildhafte Darstellung der Gemeinde als Leib Christi
So besteht die universelle Gemeinde, zu der du hoffentlich schon gehörst, aus denen, die aus der Welt herausgerufen sind. Sie versammeln sich hier auf Erden regelmäßig in lokalen Gemeinden.
Das sieht dann ungefähr so aus wie das Männchen hier: lauter kleine Leute, die zusammen den Leib Christi bilden, so beschreibt die Bibel die Gemeinde. Der Leib Christi hat als Haupt Jesus, den wir hier nicht dargestellt haben.
Richtig wäre eigentlich zu sagen, dass ich das Bild erst noch in anderer Form gemacht hätte. Das hätte ich dann weggemacht, weil es vielleicht nicht so schön ist. Ich hätte noch ein paar Wucherungen daran gemacht. Das sind die, die so tun, als würden sie dazugehören, aber tatsächlich nicht dazugehören. Außerdem hätte ich ein paar Löcher reingemacht. Das sind die freien Stühle von den Leuten, die eigentlich dazugehören, aber nicht kommen. Aber das ist ein anderes Thema – ihr versteht das. Also, das ist ein Idealbild von Gemeinden.
Drei Anwendungsfragen:
Erstens: Bekennt du Jesus Christus als deinen Retter und Herrn? Bist du Teil der Herausgerufenen? Und bist du dann auch Mitglied mit anderen in einer lokalen Gemeinde?
Weißt du, wie gut es ist, nicht mehr draußen zu sein, also nicht mehr Teil der Welt zu sein, nicht mehr unter deiner eigenen Herrschaft zu leben, nicht mehr unter dem Joch der Sünde? Sondern herausgerufen zu sein? Und dann lebe auch so! Lebe in dieser Versammlung der Gläubigen.
Vielleicht können wir uns das so vorstellen: Letztendlich heißt das, wir sind Bürger im Reich Gottes. Und das Reich Gottes ist in einem kosmischen Konflikt mit dieser Welt, mit den Mächten, dem Fürsten dieser Welt.
Jetzt stell dir mal vor, du lebst mitten im feindlichen Territorium. Tagtäglich bist du Gefahren ausgesetzt. Man verspottet dich und sagt: „Du bekennst dich zu Christus? Was für ein Idiot bist du denn? Auf welchem Baum bist du denn aufgewachsen?“ Vielleicht wird es sogar noch kritischer, vielleicht ist dein Leben bedroht, weil es feindlich ist.
Das ist hier in Deutschland nicht der Fall, aber in vielen Ländern dieser Welt ist es so. Ich denke, in manchen Ländern in der Region, wo du einen Dienst tust, ist das so. Dort riskiert man sein Leben, wenn man sich zu Christus bekennt.
Und jetzt stell dir vor, dort gibt es eine Botschaft, ein Botschaftsgebäude deines Landes. Da kannst du reingehen, und dort bist du unter deinen Leuten. Das sind die Menschen, mit denen du alles gemeinsam hast, die dich verstehen. Dort musst du nichts mehr fürchten, dort hört der Feind nicht mit, dort findest du Frieden.
Das möchte dir die Gemeinde sagen und dich ermutigen: Versammle dich mit deinen Geschwistern, mit den anderen Gliedern am Leib.
Das wirft vielleicht auch schon ein bisschen die Frage auf: Ist die Freie Willige Gemeinde Münchenmitte eigentlich eine Gemeinde oder vielleicht sind wir mehr Gemeinden?
Letzten Sonntag waren wir eine Gemeinde. Es gab keinen Abendgottesdienst, wir waren alle in einem Gottesdienst, zumindest alle, die zum Tauftag am Starnberger See gekommen sind.
Nächsten Sonntag, bei der Mitgliederversammlung, sind wir eine Gemeinde. Wir versammeln uns als Mitglieder alle zusammen.
Aber an den meisten Sonntagen gibt es eigentlich zwei Versammlungen. Das ist ein Thema, über das wir sicherlich noch weiter nachdenken können. Ich möchte jetzt nicht weiter darauf eingehen.
Merkmale einer biblischen Gemeinde
Ich möchte nun zur zweiten Frage kommen, nämlich: Was macht eine biblische Gemeinde aus?
Wir haben gerade die Worte aus Apostelgeschichte 2 gehört. Menschen kommen zum Glauben, lassen sich taufen und bekennen damit ihren Glauben in der Taufe. Danach bleiben sie beständig in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet.
Die Frage, was eine Gemeinde ausmacht und wann eine Gemeinde vielleicht aufhört, im biblischen Sinne Gemeinde zu sein, war eine große Frage der Reformation. Die römisch-katholische Kirche beanspruchte für sich, die eine wahre Kirche zu sein. Die Reformatoren stellten jedoch fest, dass dort kein Wort Gottes gepredigt wird und vieles nicht so ist, wie es sein soll.
Daraufhin wurde die Frage gestellt: Wann ist eine Gemeinde Gemeinde und wann ist sie es vielleicht nicht? Diese Frage wurde unter anderem schon früh, im Jahr 1530, im Augsburger Bekenntnis niedergeschrieben. Melanchthon hat es verfasst, während Luther selbst damals nicht mitwirken konnte, da er unter Bann stand.
Im Augsburger Bekenntnis wird zusammengefasst, dass es eine große Gemeinde gibt, die sich aber in Lokalversammlungen, also Versammlungen von Gläubigen, aufteilt. Dort, wo sich die Gläubigen versammeln, müssen zwei Dinge geschehen, damit es eine wirkliche Gemeinde ist: Erstens muss das Evangelium rein gepredigt werden. Zweitens müssen die heiligen Sakramente, Taufe und Abendmahl, gemäß dem Evangelium gereicht werden.
Andere Reformatoren haben dies ganz ähnlich formuliert. Calvin zum Beispiel schreibt in seiner Institutio fast identisch wie Melanchthon im Augsburger Bekenntnis.
Bildbetrachtung: Reformationsaltarbild als Gemeindeverständnis
Um das Ganze einmal bildlich zu machen, habe ich eine kleine Bildbetrachtung mitgebracht. Wer hat so etwas schon einmal live gesehen? Ja, Christine, das wusste ich genau. Esther, einige haben es gesehen.
Es handelt sich um ein beeindruckendes Altarbild in Wittenberg. Wenn ihr im Reformationsjahr einmal nach Wittenberg kommt, verbringt nicht zu viel Zeit in der Schlosskirche, wo angeblich die Thesen angenagelt wurden. Die Schlosskirche ist nämlich längst abgebrannt. Die Kirche, die heute dort steht, ist ein Museum.
Aber die Wittenberger Stadtkirche ist noch die originale Kirche, in der unter anderem auch Martin Luther predigte. Das Altarbild in der Wittenberger Stadtkirche wurde von Lukas Cranach dem Älteren und später auch von seinem Sohn gemalt. Es wurde ein Jahr nach Luthers Tod aufgestellt und bringt sehr gut zum Ausdruck, was Luther und die Reformation als den Kern einer Gemeinde verstanden.
Das passt sehr gut zu dem, was wir gerade gelesen haben. Grundlegend ist das Bild unten, das die Basis für Gemeinde darstellt. Ich habe es uns noch einmal etwas größer gemacht. Dort sehen wir Martin Luther, seine Frau Käthe und den kleinen Hans.
Was sehen wir hier? Luther predigt den gekreuzigten Christus, er predigt das Wort Gottes. Luther hat keine eigene Botschaft, er erzählt keine Geschichten aus seinem Leben. Er sagt, was die Menschen hören müssen: Gott muss zu Wort kommen, Gottes Wort muss gepredigt werden. Er hat Gottes Wort verkündigt – ich glaube, es waren über zweihundert Predigten über das Johannesevangelium, Vers für Vers.
Das Wort Gottes ist das, was die Menschen hören müssen. Im Zentrum des Wortes Gottes steht der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus. Ihm gilt die Verkündigung – die reine Verkündigung des Evangeliums, wie es im Augsburger Bekenntnis heißt. Das ist grundlegend: Nur dort, wo Gottes Wort gepredigt wird, gibt es Gemeinde.
Darüber, im oberen Bereich des Bildes, sehen wir drei weitere Aspekte. Wir sehen die Taufe. Warum dort ein Kind getauft wird, verstehe ich nicht ganz, aber Blanston tauft. Die Taufe ist der Weg in die Gemeinde hinein. Diejenigen, die Christus bekennen, werden getauft und so Teil der Gemeinde.
Dann versammelt sich die Gemeinde um den Tisch des Herrn. Das Abendmahlbild ist wunderbar gestaltet, leicht angepasst an Luther. Im Hintergrund sehen wir die „Feste Burg“ und hier ist Junker Jörg höchstpersönlich dargestellt. Es sind also nicht nur die Jünger, sondern eine Darstellung der Herausgerufenen, die sich um den Tisch des Herrn versammeln.
Das dritte Bild ist etwas überraschend. Es zeigt Bugenhagen, den Pfarrer der Stadtkirche in Wittenberg zur Zeit Luthers. Er hält einen Schlüssel. Damit tut er genau das, was wir zuvor gelesen haben, nämlich das, was in Matthäus 16 und 18 beschrieben wird: Die Schlüsselgewalt.
Dem einen schließt er das Himmelreich auf – das ist der reuige Sünder, der Buße tut. Ihm wird das Reich Gottes geöffnet. Derjenige, der sich selbstgerecht verhält, wird ausgeschlossen und der Zugang verwehrt. Das ist die Schlüsselgewalt der Kirche.
Deshalb wird manchmal als dritter Aspekt des Merkmals einer wahren Kirche auch die gewissenhafte Ausübung der Kirchenzucht genannt. Diese war klassischerweise im Abendmahl enthalten, denn an den Tisch des Herrn kamen nur diejenigen, die wirklich an Jesus glaubten.
Das war damals sehr wichtig, denn in Zeiten, in denen die Gemeinde verfolgt wurde, ging man nur zum Abendmahl, wenn man es wirklich wollte und glaubte.
Das sind also die drei Aspekte, die Gemeinde ausmachen. Ich möchte uns ermutigen, das klar vor Augen zu haben und vielleicht noch einmal dieses Altarbild deutlich vor Augen zu führen.
Wenn du über Gemeinde nachdenkst und was in einer Gemeinde wichtig ist, dann spielt es keine große Rolle, wie der Pastor gekleidet ist oder wie er spricht. Es spielt auch keine Rolle, ob ein Schlagzeug da steht oder nicht und ob jemand darauf spielt.
Ebenso wenig ist es entscheidend, ob die Lieder genau deinem Musikgeschmack entsprechen oder ob der Raum die richtige Temperatur hat – all die anderen Dinge, die uns manchmal so wichtig erscheinen.
Wenn du dir eine Gemeinde suchst, zum Beispiel wenn du von hier wegziehst, dann ist das grundlegend Erste, worauf du achten solltest, dass das Wort Gottes klar verkündigt wird.
Du brauchst keine menschlichen Weisheiten, so praktisch sie auch sein mögen. Du brauchst keine Lebenshilfe und keine drei To-dos für die Woche. Du brauchst Gottes Wort, denn es allein gibt Leben.
Außerdem brauchst du einen Ort, an dem dir in rechter Weise zugesprochen wird: Ja, du bist nun Teil der Gemeinde. So wie wir letzte Woche zwölf Geschwister getauft haben.
Du brauchst einen Ort, an dem du dich mit der Gemeinde versammeln kannst und sehen und schmecken kannst, wie groß die Liebe Gottes für dich ist.
Deshalb möchte ich uns ermutigen, den Gottesdienst auch so anzugehen. Ich möchte dich ermutigen, das, was ich hier gerade tue, nicht einfach abzusitzen.
Ich weiß, die Versuchung ist groß, vor allem am Sonntagabend. Manchmal, wenn ich so Sonntagabend in die Gesichter schaue, denke ich, die meisten fragen sich: Wie lange will er denn noch?
Gut, ich predige vielleicht auch ein bisschen lang für manche und ihr könnt mit mir ein Problem haben. Aber ich hoffe, ihr seid begierig, das Wort Gottes zu hören.
Und wenn wir nachher das Abendmahl feiern, hoffe ich, dass ihr nicht sagt: „Da habe ich heute keine Zeit für, habe ich ja vor zwei Monaten schon mal gemacht, ich weiß ungefähr, wie das läuft.“
Ich hoffe, du sagst: „Das ist so ein Privileg, an diesen Tisch kommen zu können, an dem ich schmecken kann, an dem ich mit meinen Sinnesorganen wahrnehmen kann, wie sehr der Herr mich liebt, wie groß seine Liebe für mich ist.“
Dass er bereit war, sich für mich zu opfern, seinen Leib hinzugeben und sein Blut zu vergießen, damit ich aus dieser sündigen Welt, aus dieser verdammten Welt herausgerufen werde hin in eine himmlische Gemeinschaft.
Deshalb möchte ich ermutigen, vielleicht auch gerade heute noch hier zu bleiben zum Abendmahl. Und wenn du andere Pläne hast und sagst: „Ich muss heute unbedingt weg“, dann plane es dir für den nächsten Monat fest ein.
Was macht Gemeinde aus? Nun, es ist der Ort, an dem sich Christen versammeln, die aus der Welt herausgerufen sind. Sie kommen zusammen, um das Wort Gottes zu hören, die Sakramente zu praktizieren und in gewisser Weise aufeinander Acht zu geben.
Der Zweck der Gemeinde: Gott ehren und Zeugnis sein
Und damit kommen wir zu unserer dritten Frage: Was ist der Zweck von Gemeinde? Wozu hat Gott uns eigentlich aus dieser Welt herausgerufen und zusammengerufen?
Schlagt bitte mit mir den Epheserbrief auf. Vielleicht findet ihr ihn, wenn ihr euch in der Bibel ein bisschen auskennt. Wir hatten Matthäus, wir hatten die Apostelgeschichte, und wenn ihr noch ein bisschen weiterblättert, kommt ihr auf Seite 220 zum Epheserbrief.
Das ist ein Brief, den der Apostel Paulus geschrieben hat. Es ist Wort Gottes, und Paulus erklärt Christen, warum Gott sie eigentlich aus dieser Welt herausgerufen hat. Es gibt ein Echo in diesem Text, das wir zum ersten Mal in Vers 6 sehen. Dort heißt es, dass er uns zu Kindern Gottes gemacht hat, zum Lob seiner herrlichen Gnade.
Und dann in Vers 12 heißt es, dass er das getan hat, damit wir etwas seien, zum Lob seiner Herrlichkeit. In Vers 14 wird das noch einmal aufgegriffen: Wir sollen sein Eigentum werden, zum Lob seiner Herrlichkeit. Hörst du dieses Echo? Wozu sind wir aus dieser Welt herausgerufen worden? Wozu hat Christus uns mit seinem Blut erkauft? Damit wir etwas seien zum Lobpreis seiner Herrlichkeit.
In Kapitel 3, Vers 10 wird das Ganze sogar noch etwas konkreter und vielleicht für manche noch überraschender. Dort geht es darum, warum Gott in seiner Weisheit auch Heiden in die Gemeinde aufgenommen hat. Warum er Juden und Heiden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben wollten, zusammenbringt. Warum Gott eine Gemeinde zusammenstellt mit Leuten, die so unterschiedliche Hintergründe haben und sich vielleicht normalerweise an einem Sonntagabend nicht zusammensetzen würden.
In Vers 10 heißt es: Damit jetzt kund werde die mannigfaltige Weisheit Gottes den Mächten und Gewalten im Himmel durch die Gemeinde. Ist dir das bewusst? Gott hat dich aus dieser Welt herausgerufen, hat dir Glauben geschenkt und dich in eine Gemeinde eingefügt, damit gerade durch unser Miteinander da oben Mächte und Gewalten in Staunen geraten.
Die Welt draußen nimmt uns vielleicht gerade nicht so wahr, aber die da oben, die Mächte und Gewalten im Himmel, die Engel und auch die gefallenen Engel, schauen auf uns. Sie fragen sich: Was machen die da Sonntagabend? Haben die nichts Besseres zu tun? Bestes Biergartenwetter? Ja, vielleicht nicht mehr ganz. Aber sie sehen, dass wir Lieder zu Gott singen, als ob es ihn wirklich gibt. Dass wir uns eine lange Predigt anhören, als wenn Gott uns etwas zu sagen hätte.
Ja, ihr himmlischen Gewalten und Mächte, wir sind hier, um euch ein Zeugnis zu geben von der Weisheit unseres Gottes, der uns zusammengerufen hat, aus dieser Welt herausgerufen hat. Damit wir durch die simple Verkündigung seines Wortes im Glauben erbaut werden, damit wir wachsen in unserer Liebe füreinander und vor allem für ihn.
Wir sollen ein Zeugnis sein für Gott. Und überhaupt soll alles, was wir tun, zu Gottes Ehre sein. Das ist der Auftrag eines Christen aus dem ersten Korintherbrief, Kapitel 10, Vers 31: Was auch immer wir tun, es soll alles zur Ehre Gottes dienen.
Also ist die Gemeinde aus dieser Welt herausgerufen, um Gott zu ehren. Ganz konkret tut die Gemeinde das auf drei verschiedenen Ebenen.
Die erste Ebene ist das Schauen auf Gott selbst. Wenn wir verstehen, dass Gott uns aus dieser Welt herausgerufen hat – wir, die wir einst seine Feinde waren, die nichts mit ihm zu tun haben wollten –, dann hat er uns angenommen. Er hat gesagt: Du bist jetzt mein geliebtes Kind. Ich nehme dich auf in meine Familie. Ich stelle euch zusammen, ich stelle dich zusammen mit anderen als Brüder und Schwestern.
Dann schauen wir jetzt auf unseren Papa, auf unseren Vater. Wir ehren ihn, indem wir sagen: Papa, sprich du mit uns. Und dann wenden wir uns ihm zu und sagen: Papa, darf ich dir sagen, was mich bedrückt? Darf ich Dinge vor dich bringen im Gebet? Wir ehren Gott, indem wir unsere Abhängigkeit offen eingestehen. Wir ehren ihn, indem wir ihm Loblieder singen.
So versammeln wir uns, um Gott in allen Dingen zu ehren. Das ist die erste Ebene. Gemeinde trifft sich, um miteinander auf Gott zu hören, um ihn anzubeten, um durch Taufe und Abendmahl an sein Werk erinnert zu werden und im Glauben an ihn gestärkt zu werden.
Die zweite Beziehungsebene ist das Miteinander der Gemeinde. Wir sind geprägt durch die Liebe Christi, die Gott in alle seine Kinder ausgegossen hat. Wir sind erfüllt von Gottes Liebe, die in uns immer mehr Raum einnehmen sollte. Und wir sind ausgerüstet mit Gaben, die Gott uns durch seinen Geist gegeben hat, zum Nutzen aller.
So heißt es im 1. Korinther 12,7: Die Gaben, die du hast, die Gott dir gegeben hat, hat er dir nicht gegeben, damit du Spaß damit hast, sondern zum Nutzen anderer. Damit du dich einbringst zum Wohle anderer.
Und so dürfen wir nun miteinander Gottes Wort zusprechen. Wir dürfen die Lieder nicht nur Gott zur Ehre singen, wir dürfen sie auch einander zusingen. Wie es im Kolosserbrief 3,16 heißt: Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen, lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit. Mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut, mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.
Aber verstehst du, dass Gott geehrt wird, wenn du deinen Bruder und deine Schwester annimmst? Ich weiß, im Abendgottesdienst gibt es noch nicht so viele Eltern, aber ich kann euch versichern: Christian, Winfried und einige andere, die Kinder haben, werden das bestätigen können. Wir haben einen Wunsch für unsere Kinder: Sie ehren uns dadurch, dass sie sich nicht den ganzen Tag streiten.
Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, Christian. Na ja, ich habe eine gewisse Ahnung, ich weiß, wie es bei mir zu Hause ist. Und ich sage meinen Kindern immer wieder: Könnt ihr euch nicht vertragen? Könnt ihr nicht liebevoll miteinander umgehen? Das machen sie auch häufig, aber immer wieder auch nicht. Dann sage ich: Hab ich euch nicht gesagt, ihr sollt nicht immer streiten? Das nervt. Hört doch auf damit! Könnt ihr nicht euren Vater ehren, indem ihr euch einfach so annehmt, wie ihr seid? Habt euch lieb, seid füreinander da, helft einander!
Oh, wie freue ich mich, wenn ich sehe, wie meine Große der Kleinen hilft, wie die Kleine ihre große Schwester anhimmelt und ihr nette Dinge sagt. So ist das mit unserem Papa im Himmel. Der freut sich daran, wenn wir im Miteinander leben, in herzlicher Liebe miteinander verbunden sind, aufeinander achten, füreinander sorgen und untereinander immer wieder sagen: Weißt du nicht, was unser Papa uns gesagt hat?
So ehren wir Gott. Dafür hat er uns als Gemeinde zusammengestellt, damit wir füreinander da sein können.
Dann gibt es eine dritte Ebene, die Gott angedacht hat und wie wir ihn als Gemeinde ehren sollen. Er hat uns zusammengestellt, damit wir durch unser Miteinander ein Zeugnis sind in dieser Welt.
Johannes 13,35: Dort hat Jesus seinen Jüngern gesagt, dass alle Welt erkennen soll, dass sie seine Jünger sind, daran, dass sie Liebe füreinander haben.
Das ist nicht nur gut für die Gemeinde an sich, sondern auch ein Zeugnis für die Welt.
Heute früh vor dem Abendmahl ist eine ältere Dame aus unserer Gemeinde aufgestanden. Sie ist nicht auf die Bühne gegangen, weil das noch nicht ging aus gesundheitlichen Gründen, und hat bezeugt, wie dankbar sie ist, dass sie mit einer schweren Knieoperation und mit MS, die sie hat, Menschen aus der Gemeinde hat, die für sie sorgen.
Und wie sie sagte: Das ist ja auch ein Zeugnis. Ich sage den Leuten immer, wenn sie fragen: Wer hat dich da schon wieder hingebracht? Wie viele Kinder hast du denn? – Das ist meine Gemeinde.
Dann hat sie noch gesagt: Betet für mich, dass ich noch mutiger werde, Zeugnis davon zu geben, nicht nur zu sagen, das ist meine Gemeinde, sondern zu sagen, was wir glauben.
Ja, genau so soll das sein. Wir sollen ein Zeugnis sein in dieser Welt.
Die Gemeinde ist ein Ort, wo wir im Glauben gestärkt werden, so dass wir dann auch wieder hinausgehen können aus der Botschaft, in der wir uns versammelt haben, zurück ins feindliche Territorium, um den Menschen etwas von der Liebe Gottes weiterzusagen.
Die Gemeinde ist beauftragt, Missionare auszusenden. Wir sehen das in der Apostelgeschichte, wie Missionare ausgesandt werden.
In dieser Weise haben wir Esther ausgesandt, dass sie als Repräsentantin unserer Gemeinde, als jemand aus unserer Mitte, zu Menschen geht, die sonst kein christliches Zeugnis hätten.
Also ehrt die Gemeinde Gott, indem wir der Welt Zeugnis geben von unserem Vater, der uns aus dieser Welt herausgerufen hat und der uns durch seinen Geist verändert.
Dafür ist Gemeinde da. Das ist der Zweck der Gemeinde.
Und ich denke, uns allen ist klar: Das geht nur im Kontext einer lokalen Gemeinde. Das geht nicht in der abstrakten Gemeinschaft einer universellen Gemeinde.
Nein, wir versammeln uns gemeinsam, um gemeinsam auf Gottes Wort zu hören. Wir sind im Miteinander der Gemeinde, wenn wir uns miteinander versammeln. Nicht im Livestream. Schön, dass du da bist, aber du bist für dich. Du wirst uns heute mit deinen Gaben leider nicht bereichern – vielleicht nächste Woche.
Lasst uns die Gemeinschaft leben!
Und so möchte ich auch enden, wirklich diese Predigt nochmal mit der Ermutigung, zu verstehen, was für eine wunderbare Sache Gemeinde ist.
Wir sind herausgerufen und gesammelt: herausgerufen, damit wir uns versammeln; herausgerufen, um von unserem Vater im Himmel zu hören; herausgerufen, um einander zu ermutigen und auch mal zu ermahnen; um füreinander da zu sein; herausgerufen, um uns um den Tisch des Herrn zu versammeln, um miteinander zu schmecken und zu sehen, wie groß die Liebe Gottes für uns ist, dass er seinen eingeborenen Sohn dahingegeben hat, damit wir gerettet werden können.
Ich möchte dich ermutigen: Wenn du noch kein Teil, noch kein wirkliches Bestandteil einer Gemeinde bist, wenn du dich noch nicht klar mit einer Gemeinde identifizierst – und zwar so, dass die anderen das auch wissen –, dann ist Mitgliedschaft wichtig.
Nicht, weil wir so bürokratisch sind als Deutsche, sondern weil wir sagen: So identifizieren wir uns miteinander. So weiß ich, für wen ich als Pastor verantwortlich bin. Ich habe eine Liste, da stehen Namen drauf. Das sind die Leute, für die ich bete. Das sind die Leute, auf die ich Acht habe. Und wenn ich einen lange nicht gesehen habe, dann schicke ich mal eine E-Mail und frage nach: Was ist los? Nicht, weil ich der Oberkontrolleur bin, sondern weil ich eine Verantwortung habe, Acht zu haben und zu schauen, was du brauchst, ob du Hilfe brauchst, was los ist.
Werde Teil einer Gemeinde! Es ist etwas Gutes, es ist etwas Wertvolles.
Wir freuen uns, dass Thorsten heute Teil der Gemeinde geworden ist. Ich freue mich, dass Christian sich zur Gemeinde bekennt und demnächst Teil dieser Gemeinde wird, und manche mehr. Chrissi wird demnächst in die Gemeinde aufgenommen, und noch ein paar andere hier.
Werde Teil einer Gemeinde – und dann lebt das wirklich auch. Mach wirklich den Sonntagabend zu deiner Priorität. Das ist der Tag, an dem wir uns als Gemeinde versammeln sollen.
Ich weiß nicht, wie du sonst so deinen Alltag lebst. Ob du sagst, ich esse alle drei Tage mal oder ich mache alle vier Wochen mal zwei Tage frei. Aber ich glaube, die meisten von uns leben in regulären Rhythmen, Tagesrhythmen und Wochenrhythmen. Und die sind von Gott auch so gedacht. Gott hat die Sieben-Tage-Woche geschaffen und hat uns gesagt: Am ersten Tag der Woche sollt ihr euch versammeln.
Da möchte ich mit euch reden. Da möchte ich, dass ihr mit mir redet. Dass ihr euch versammelt unter meinem Wort, untereinander ermutigt, ermahnt, in Liedern und in der Gemeinschaft.
Vernachlässige das nicht. Kommt zum Tisch des Herrn.
Und bei allem weiß ich wohl, dass Gemeinde auch Ecken und Kanten hat: Prediger, die zu lange predigen oder zu schnell reden oder einem vielleicht einfach so unsympathisch sind. Oder vielleicht andere Leute, mit denen man noch nie etwas anfangen konnte.
Was meinst du, wusste Gott das, als er gesagt hat, dass er seine Gemeinde bauen will? Was meinst du, ist Jesus für jeden gestorben, auch für die schwierigen Typen?
Ich glaube, Jesus wusste ganz genau, dass Gemeinde so sein wird.
Und wisst ihr, Gemeinde soll ein Ort sein, an dem wir einander helfen, unsere Ecken und Kanten ein bisschen abzuschleifen. Auch das funktioniert nur, wenn wir uns treffen, wenn wir uns miteinander versammeln, wenn wir einander anspornen in der Heiligung, aber auch Rücksicht aufeinander nehmen, einander lieb haben, so wie wir sind.
Wenn du bei dir selber anfängst, dich zu versammeln und anderen erlaubst, in dein Leben hineinzusprechen und dir zu helfen auf dem Weg der Heiligung, dann wird die Gemeinde schon ein kleines Stück besser.
Und da können wir alle drei mitwirken.
So möchte ich beten, dass Gott uns hilft, die Gemeinde immer mehr zu lieben – diese oder welche auch immer dann vielleicht deine lokale Versammlung ist.
Und ich möchte mit uns ihm danken dafür, dass er uns herausgerufen hat aus dieser Welt. Was für ein Geschenk!
Ich bete:
Himmlischer Vater, hab ganz herzlichen Dank, dass wir Schafe sein dürfen in deiner Herde, dass wir, so wie Petrus es schreibt, lebendige Steine sein dürfen, die sich gemeinsam erbauen zu einem geistlichen Haus. Danke, dass wir Glieder sein dürfen an einem Leib und du unser Haupt bist.
Danke für all diese wunderbaren Bilder von Gemeinde, die du uns gibst. Danke, dass du Gemeinde so sehr liebst, dass du sie beschreibst als deine Braut.
Herr, vergib uns, dass wir Gemeinde nicht immer so lieben, dass Gemeinde für uns so oft nicht Priorität ist.
Heute möchte ich bitten, dass du uns neu erfüllst mit wirklicher Begeisterung und mit einem wirklichen Verlangen, dich zu ehren, indem wir auf dich hören und dich anbeten – in Liedern, im Gebet und in der Gemeinschaft – und dich bezeugen in dieser Welt.
Herr, wir wollen dich bitten, dass du uns als Gemeinde immer mehr erbaust. Du baust deine Gemeinde, bau auch diese Gemeinde zur Ehre des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.