Einführung in die Thematik des Glücks bei Lukas
Gott wird Mensch
Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 177
„Arm und ausgegrenzt um Jesu Willen, Teil I“
In unserer chronologisch-synoptischen Betrachtung der Evangelien möchte ich heute einen kleinen Sprung machen. Das Thema Glück findet sich nämlich nicht nur bei Matthäus in der Bergpredigt, sondern auch bei Lukas. Dort setzen wir heute an.
Der Text beginnt zunächst ganz merkwürdig. Lukas Kapitel 6, Verse 20 und 21:
„Und er erhob seine Augen zu seinen Jüngern und sprach:
Glückselig ihr Armen, denn euer ist das Reich Gottes.
Glückselig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden.
Glückselig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“
Auf den ersten Blick wirkt der Text etwas merkwürdig. Das liegt daran, dass die Bibel sehr wohl weiß, dass es kein Glück ist, arm zu sein. In den Sprüchen wird deshalb formuliert:
Sprüche 10,15:
„Der Besitz des Reichen ist seine feste Stadt, das Verderben der Geringen ist ihre Armut.“
Oder Sprüche 19,7:
„Alle Brüder des Armen hassen ihn, wie viel mehr entfernen sich von ihm seine Freunde. Er jagt sie mit Worten, aber sie sind nicht erreichbar.“
Armut hat viele Nachteile. Agur formuliert deshalb bewusst als Bitte an Gott:
„Armut gib mir nicht.“
Warum also sagt der Herr Jesus dann:
„Glückselig ihr Armen“?
Die Bedeutung von Armut im Kontext des Evangeliums
Ein erster Gedanke, der mir als Antwort sofort durch den Kopf ging, betrifft die Tatsache, dass arme Menschen es leichter haben, das Evangelium anzunehmen. An anderer Stelle spricht der Herr Jesus nämlich davon, dass es für Reiche sehr schwer ist, ins Reich Gottes zu kommen.
Jakobus formuliert es in Jakobus 2,5: „Hört, meine geliebten Brüder! Hat nicht Gott die vor der Welt Armen auserwählt, reich im Glauben und Erben des Reiches zu sein, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?“
Natürlich ist die Idee dahinter richtig. Wenn es bei der Bekehrung darum geht, die eigene Verlorenheit und Hilflosigkeit einzusehen, an den Herrn Jesus zu glauben und sich bewusst der Herrschaft des Messias als Retter zu unterstellen, dann fällt dieser Schritt denen leichter, die weniger besitzen.
Doch das ist nicht das Thema unseres Textes. Lukas 6 ist keine Bekehrungspredigt, sondern eine Ansprache an Jünger. Es handelt sich genau genommen um einen Vergleich zweier Lebensstile. Der Kern des Textes findet sich in Lukas 6,20-23:
„Und er erhob seine Augen zu seinen Jüngern und sprach: Glückselig ihr Armen, denn euer ist das Reich Gottes. Glückselig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Glückselig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Glückselig seid ihr, wenn die Menschen euch hassen, euch absondern, schmähen und euren Namen als böse verwerfen um des Sohnes des Menschen willen. Freut euch an jenem Tag und hüpft, denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel; denn ebenso taten ihre Väter den Propheten.“
Die Herausforderung der Nachfolge trotz Leid und Ausgrenzung
Ich hatte gesagt, der Clou findet sich in Vers 22, und dort steht: „um des Sohnes des Menschen willen.“ Jesus spricht also zu seinen Jüngern. Normalerweise sind Dinge wie Armut, Hunger, Traurigkeit, Ablehnung oder Verfolgung nichts Positives. Solche Erfahrungen machen nicht glücklich. Glücklich sind diejenigen, die genug haben, die Satten, die Spaß haben, die jeder mag.
Und jetzt kommt Jesus und geht einen Schritt weiter. Er geht weiter, weil er das Glück der Jünger von ihren Lebensumständen abkoppelt. Die Jünger Jesu sind privilegiert, weil sie ihn haben, den Messias, und für ihn leben.
Natürlich können sie Wohlstand, gutes Essen, Fröhlichkeit und Freundschaft genießen. Aber wenn der Wille Gottes es will, wenn sie um ihrer Liebe zum Messias willen Armut, Hunger, Traurigkeit und Verfolgung erfahren, dann ist das nicht das Ende ihres Glücks. Warum? Weil diese Armut, dieser Hunger und dieses Weinen einmal kompensiert werden.
Ausgrenzung um Jesu Willen hat großen Lohn. Es lohnt sich, in diesem Leben auf Annehmlichkeiten und Anerkennung zu verzichten, um Jesus nachzufolgen. Es lohnt sich so sehr, dass der Herr Jesus formulieren kann: „Freut euch an jenem Tag und hüpft, denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel.“
Jünger Jesu, die in diesem Leben Nachteile in Kauf nehmen, um Jesus treu nachzufolgen, sind in allerbester Gesellschaft. Wie geht der Vers weiter? „Denn ebenso taten ihre Väter den Propheten.“ Schon das Alte Testament belegt, dass echte Propheten häufig mit Ablehnung zu kämpfen hatten.
Deshalb diese auf den ersten Blick schräge Aufforderung: freut euch und hüpft!
Die paradoxe Aufforderung zur Freude trotz Leid
Wisst ihr, was das zwingend voraussetzt? Ich meine, stellt euch mal vor, wie verrückt das ist, was Jesus hier fordert.
Stellt euch zum Beispiel eine alleinerziehende Mutter vor, die aufgrund ihres Glaubens ihre Stelle verliert. Dann werden auch noch bewusst Lügen über ihre Arbeitsmoral verbreitet, um ihr als Christin die Arbeitssuche zu erschweren.
Stellt euch vor, wie sie frustriert nach Hause kommt und ihren Kindern erklären muss, dass sie gerade nicht weiß, wovon sie Weihnachtsgeschenke kaufen soll. Und was ist der Rat Jesu? Freue dich, hüpfe vor Freude.
Das ist doch grotesk: Armut und Ausgrenzung, Traurigkeit und Verleumdung – darüber darf man sich doch nicht freuen.
Achtung, das ist nur mein erster Gedanke. Mein zweiter Gedanke ist: Warum denke ich so, wenn Jesus ganz anders argumentiert? Könnte es sein, dass mein Glück viel zu sehr von einer guten Flasche Wein, einem Frühstück mit Brötchen, einem schönen Film, von Anerkennung und all den anderen guten Sachen abhängt, die mir das Leben so zu bieten hat?
Könnte es sein, dass mir die Idee von Armut, Hunger, Traurigkeit oder dass mir Hass und Ausgrenzung entgegenschlagen könnten, deshalb nicht als Glück vorkommt? Dass solche Dinge mir deshalb nicht als Glück erscheinen, weil ich Glück viel, viel, viel zu sehr als ein diesseitiges Glück verstehe?
Die Verheißung ewigen Glücks und die Herausforderung der Erwartung
Ich möchte an dieser Stelle nicht anklagend wirken. Gott verspricht den Hungrigen, dass sie satt werden, den Traurigen, dass sie lachen werden, und den Verfolgten einen großen Lohn.
Er verspricht den Armen das Reich Gottes. Er verspricht ihnen eine Ewigkeit, die an Faszination, Reichtum und Erfüllung nicht zu überbieten sein wird. Diese Ewigkeit wird so herrlich sein, dass – mit den Worten des Apostels Paulus – die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Die Frage, mit der uns dieser Text konfrontiert, lautet: Welche Erwartung habe ich an ein Leben mit Jesus? Natürlich stellt sich auch die Frage, was für mich das Leben eigentlich lebenswert macht. Und eine dritte Frage ist: Welche vor allem emotionale Bedeutung hat die Ewigkeit für mich?
Drei Fragen, auf die ich in der nächsten Episode gerne etwas näher eingehen möchte, wenn wir unser heutiges Thema fortführen.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, was dich im Leben glücklich macht. Wo auf dieser Liste findet sich das Reich Gottes?
Das war's für heute. Wenn dir die Episode gefallen hat, leite sie gern an Freunde weiter. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.