Die Lehre der Apostel – Der zweite Korintherbrief, Vers für Vers
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Heute geht es um den zweiten Korintherbrief, Kapitel 10, Vers 17 bis Kapitel 11, Vers 6.
Paulus beschäftigt sich gerade mit der Angeberei seiner Gegner.
Wahre Quelle des Ruhms
Und so lesen wir als Fazit in 2. Korinther 10,17-18: „Wer sich aber rühmt, der rühme sich des Herrn. Denn nicht der, der sich selbst empfiehlt, ist bewährt, sondern der, den der Herr empfiehlt.“
Wenn die Gegner des Apostels Paulus mit ihren Erfolgen prahlen, macht Paulus hier endgültig klar, worauf es wirklich ankommt. Wenn wir uns als Christen mit etwas rühmen wollen, dann doch bitte mit dem Herrn, den wir haben. Er ist unser Ruhm und verdient es, dass wir ihn feiern. Wir selbst verdienen das nicht.
Wir sind bestenfalls Nutznießer seines Erfolges, geistliche Schmarotzer, mehr nicht. Deshalb sollten wir beim Thema Bewährung nur auf das schauen, was Gott durch uns gewirkt hat. Wo haben wir mit unseren Gaben in seiner Kraft wirklich Neues geschaffen?
Dabei muss es natürlich nicht gleich um Gemeindegründung gehen. Wo schaffen wir Neues? Und wo sonnen wir uns nur im Licht eines bekannten Predigers oder einer coolen Gemeinde, obwohl wir selbst vielleicht nie auch nur einen Finger rühren?
Die Torheit der Angeberei und Paulus’ Eifer
2. Korinther 11,1
Lasst euch doch ein wenig Torheit von mir gefallen, doch ihr ertragt mich ja auch. Paulus sagt hier, dass Angeberei Torheit ist. Aber wenn es sein muss, macht Paulus bei diesem Spiel mit – richtig erst ab Vers 21.
Wenn es hier heißt „doch ihr ertragt mich ja auch“, ist das ein schwierig zu deutender Teil. Vielleicht ist es ironisch gemeint, im Sinne von: „Ach ja, ihr haltet mich ja bereits für einen Dummkopf.“ Oder man übersetzt es als Imperativ: „Ertragt mich darin.“ Paulus möchte also dafür werben, dass sie ihm diese Vorgehensweise durchgehen lassen und weiter zuhören.
2. Korinther 11,2
Denn ich eifere um euch mit Gottes Eifer, denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau vor Christus hinzustellen.
Das ist der Grund dafür, dass sie seine Torheit ertragen sollen: Seine Leidenschaft für ihre geistliche Gesundheit. „Ich eifere um euch mit Gottes Eifer“ – ein Eifer, der Gott entspricht.
Dann folgt ein wichtiges Bild: Damals kam die Verlobung deutlich vor der Heimholung. Mit der Verlobung war die Ehe geschlossen, und doch wohnten die Eheleute noch nicht zusammen. In der Zeit bis zur Hochzeitsfeier war es die Aufgabe des Brautvaters, dafür zu sorgen, dass seine Tochter nicht fremdging.
Dieses Bild vom Brautvater überträgt Paulus auf sich. Er sieht sich als den Vater, der eifersüchtig über die Keuschheit seiner Tochter wacht. Die Tochter ist bereits verlobt, aber die Heimholung ist noch nicht geschehen.
So sind wir noch nicht bei Jesus. Wie ein Vater über die Jungfräulichkeit seiner Tochter wacht, so wacht der Apostel über die geistliche Keuschheit der Gemeinde in Korinth. Irrlehre wird dabei als eine Form der geistlichen Unzucht verstanden.
Warnung vor geistlicher Verführung
2. Korinther 11,3: Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange Eva durch ihre List verführte, so vielleicht euer Sinn von der Einfalt und Lauterkeit Christus gegenüber abgewandt und verdorben wird.
Jetzt wird Paulus sehr deutlich. Er verwendet einen neuen Vergleich: Eva und die Schlange. Genauso, wie der Teufel beim Sündenfall Eva durch List verführte, versucht er jetzt, durch falsche Apostel die Gemeinde in Korinth zu verführen.
Es geht um geistliche Verführung zum Abfall von Gott. Und wie beim Sündenfall alles mit arglistigen Argumenten begann, so ist es auch jetzt. Der Sinn, also das Denken, wird verdorben. Wo ihr Umgang mit Jesus früher von Einfalt und Lauterkeit geprägt war – also von kindlicher Nachfolge und Heiligkeit –, da hält jetzt etwas Neues Einzug. Neue Gedanken, die so gar nicht zu eurem früheren Umgang mit dem Herrn Jesus passen wollen.
Man muss vielleicht sagen, dass die Korinther offen waren für diese neuen Gedanken. Es war ihnen immer schon schwergefallen, Narren um Christi willen zu sein. Aber merken wir uns das gut: Der Angriff auf unser geistliches Leben ist primär ein Angriff auf unser Denken.
Wo vorher eine ernsthafte, aufrichtige und fromme Ausrichtung auf Jesus war, da kommt jetzt ein neues Denken, das einfach nicht zum Evangelium passen will. Und mit diesem Denken kommt noch viel mehr Schlechtes.
Der Vorwurf eines falschen Evangeliums
2. Korinther 11,4: Denn wenn jemand kommt und einen anderen Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, dann ertragt ihr das recht gut.
Das ist ein Vorwurf. Der Vorwurf lautet: Da steht ein anderer Jesus, ein anderer Geist und ein anderes Evangelium im Raum, und ihr habt damit kein Problem? Schämt euch!
Schauen wir uns die drei Punkte genauer an.
Ein anderer Jesus – das meint eine andere Interpretation von Jesus, die mit den überlieferten Fakten nicht übereinstimmt. Der Name Jesus bleibt zwar bestehen, aber er ist nur noch eine Hülle. In diese Hülle legt man dann das hinein, was man selbst für richtig hält. Wie Jesus gelebt hat, wofür er stand und was er gesagt hat, spielt dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Wenn er arm war und wir reich sein wollen, ist das kein Problem. Wenn er etwas Sünde nennt und wir das anders sehen, ist das auch kein Problem.
Man merkt, dass dies ein ganz modernes Phänomen ist, das wir besonders in der progressiven und liberalen Theologie wiederfinden.
Dann heißt es hier: ein anderer Geist. Geist ist hier im Sinne von Haltung und Ausrichtung gemeint. Dahinter stehen aber auch geistliche Mächte, die auf uns Einfluss nehmen wollen. Diese Mächte wollen, dass wir uns nicht mehr vom Heiligen Geist leiten lassen. Sie wollen verhindern, dass wir im Geist wandeln, der Heiligung nachjagen, Gemeinschaft suchen und mit unseren Geistesgaben dienen.
Drittens: ein anderes Evangelium. Das Evangelium ist die Botschaft von Jesus, der – genau wie in den Schriften, also im Alten Testament, vorhergesagt – für unsere Sünden gestorben, begraben und auferweckt worden ist. Er ist Herr, und wir leben als Christen durch ihn, für ihn und nach seinen Regeln.
Das andere Evangelium ist insofern anders, als es einen Lebensstil toleriert, der von – ich greife hier auf 2. Korinther 12,20-21 vor – Streit, Eifersucht, Zorn, Selbstzüchtelien, Verleumdungen, übler Nachrede, Aufgeblasenheit, Unordnungen, Unreinheit, Unzucht, Ausschweifungen und so weiter geprägt ist.
Merkt ihr, es geht um ein Evangelium, das keine oder falsche Auswirkungen auf mein Leben hat. Warum? Weil ihm ein falscher Jesus und ein falscher Geist zugrunde liegen. Ein falscher Jesus, der nicht Herr sein darf und keine absoluten moralischen Ansprüche an mein Leben stellt. Und ein falscher Geist, dem es nicht mehr um Hingabe, Heiligung und Demut geht.
Paulus’ Stellungnahme zu seinen Gegnern
2. Korinther 11,5
Denn ich meine, dass ich den übergroßen Aposteln in nichts nachgestanden habe. Die übergroßen Apostel, das sind die Rivalen des Paulus in Korinth, und natürlich ist das hier Ironie pur. Diejenigen, die sich für die Nummer eins halten und entsprechend auftreten, sind in Wahrheit nicht einmal kleine Lichter, sondern einfach nur falsche Apostel.
2. Korinther 11,6
Wenn ich aber auch ein Unkundiger in der Rede bin, so doch nicht in der Erkenntnis, sondern in jeder Weise, und vor allen haben wir es euch gegenüber offenbar gemacht.
Wenn man die Predigten des Paulus analysiert, dann sind diese durchaus durchdacht und auf das entsprechende Publikum zugeschnitten. Es mag sein, dass Paulus im Vergleich zu seinen Gegnern tatsächlich weniger rhetorisches Geschick besaß. Es könnte aber auch sein, dass der Apostel hier insofern untertreibt, weil er sich bewusst von dem Rhetorikstil, der Mitte des ersten Jahrhunderts angesagt war, abheben wollte.
Dieser sogenannte Asianismus kam aus Pergamon und war im Gegensatz zu dem klaren, einfachen und auf Präzision angelegten Attizismus besonders geprägt von Emotionalität, dem reichen Gebrauch von Metaphern und Bildern, von Extravaganz und komplexen rhetorischen Mitteln. Für Paulus ist es wichtig, dass man ihn nicht unterschätzt, weil er sich nicht dem neuesten Predigttrend unterwirft.
Das hatte er schon im ersten Korintherbrief angerissen. Paulus ist für einen Redner seiner Zeit ganz untypisch. Er hat nur eine Botschaft: Jesus Christus und ihn als gekreuzigt. Seine Zuhörerschaft ist auch nicht sein Richter. Seine Botschaft wird nicht dadurch wahrer, dass sie geglaubt wird.
Es geht ihm nicht darum, Menschen durch rhetorische Tricks zu überzeugen, eben nicht wie es in 1. Korinther 2,4 heißt, in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft. Rettender Glaube kommt nicht aus dem manipulativen Geschick des Predigers, sondern aus der Begegnung des Hörers mit der Kraft Gottes.
Deshalb darf der Prediger zwar Aufmerksamkeit wecken und das Evangelium erklären, aber er muss darauf verzichten, den Moment der Hingabe durch rhetorische oder emotionale Tricks zu forcieren. Paulus geht es nicht darum, seine Zuhörerschaft zu bespaßen oder zu manipulieren, sondern darum, den Tod und die Auferstehung Jesu zu verkünden und damit seine Zuhörer vor eine Entscheidung zu stellen – eine Entscheidung über Leben und Tod.
Aber genau das ist auch eine Entscheidung, die er ihnen nicht abnehmen kann. Wie gesagt, in den Augen der Rhetorik-Kritiker ist Paulus ein hoffnungsloser Fall. Doch wenn es um die Erkenntnis Gottes geht, dann weiß er ganz genau, was er tut, und die Korinther wissen genau, wovon er spricht. Immerhin haben sie sich auf genau die Predigt hin bekehrt, die Paulus ihnen „in seiner ihm eigenen Art gepredigt hat“.
Das war's für heute. Nächste Woche geht es mit dem zweiten Korintherbrief weiter. Das Skript zum Vortrag findest du auf frogwords.de oder in der App. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
