Liebe Geschwister, ich möchte heute eine Predigtreihe abschließen, die sich tatsächlich um dieses Buch hier drehte. Es trägt den Titel „Four verstörende Fragen mit einer einfachen Antwort“ – also vier verstörende Fragen an den christlichen Glauben und eine ganz simple Antwort, nämlich, dass es Gott nicht gibt.
Das Buch wurde von Tim Fletch geschrieben. Tim Fletch war einige Jahrzehnte Pastor und hat dann irgendwann entschieden, dass das alles blöd war. Er hat seinen Glauben, seine Ehe und noch einige andere Dinge an den Nagel gehängt. Damit möglichst viele Leute ihm folgen, hat er dieses Buch geschrieben, damit jeder weiß, warum es viel klüger ist, nicht an Gott zu glauben.
Ich dachte mir, wir sind eine Gemeinde, in der ich mir wünsche, dass jede gute Anfrage an den Glauben gestellt werden darf. Zweifel sind nur dann ein Problem, wenn man sie unter den Teppich kehrt. In dem Moment, in dem man sie anspricht und sagt: „Ja, sag doch mal, was hast du für ein Problem?“, lösen sich viele Dinge fast von ganz alleine. So geht es mir jedenfalls.
Mir macht es total Spaß, so ein Buch zu lesen und zu sagen: „Okay, warum sollte ich eigentlich nicht glauben?“ Ich bin ja nicht der Typ, der mit der Bekehrung seinen Verstand an der Garderobe abgibt. Sondern es wäre ja eher andersherum: Ich glaube, das Klügste, was ein Mensch tun kann, wenn er wirklich intelligent ist, ist zu glauben.
Das muss man natürlich immer mal wieder beweisen. Das habe ich von Anfang an gedacht. Ich bin ja eher Naturwissenschaftler, das heißt, ich kann mit Geisteswissenschaften nur so über Bande etwas anfangen. Aber das war jetzt eine vierteilige Reihe für alle, die sie nachhören wollen. Sie ist auf YouTube, man kann also auch die ersten drei Argumente anschauen.
Ich gebe euch nun das Argument von heute: Die herausfordernde Frage lautet: Warum sollte ein himmlischer Vater die meisten seiner Kinder zu einer ewigen Strafe verdammen, wenn er sie alle gleich in den Himmel hätte schicken können? Das ist die Frage.
Die Herausforderung der Gottesfrage und menschliche Grenzen
Wenn man das Kapitel liest, trifft man auf eine sehr emotionale und fast schon manipulative Argumentation. Sie dreht sich hauptsächlich um die Frage: Warum hat Gott es nicht anders gemacht?
Immer wenn ich auf diese Argumentation stoße, habe ich von Anfang an ein Problem. Dieses Problem heißt Hochmut. Wer bin ich, dass ich mich Gott gegenüber hinstelle und sage: Gott, das hättest du besser machen können?
Nicht falsch verstehen: Ich verstehe nicht alles, was Gott tut. Ich weiß nicht, warum Gott die Heilsgeschichte, also die Geschichte Gottes mit dieser Welt, genau so eingefädelt hat, wie er es tut. Aber ich begreife drei Dinge, die mir relativ wichtig sind.
Der erste Punkt ist Jesaja 55,9: „So viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Gedanken höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ Was ich wirklich verstehe, ist, dass Gott klüger ist. Das muss man einfach mal festhalten.
Der zweite Punkt ist auch sehr wichtig und steht in Prediger 8,17. Er besagt, dass ich die Welt nie vollständig durchschauen werde. Das ist ein bisschen hart, aber es ist die Realität. Dort heißt es: „Da sah ich am Ganzen des Werkes Gottes, dass der Mensch das Werk, das Gott mit dieser Welt tut, nicht ergründen kann, das unter der Sonne geschieht, wie sehr er sich auch abmüht, es zu erforschen. So ergründet er es nicht, und selbst wenn der Weise behauptet, es zu erkennen, er kann es doch nicht ergründen.“
Der erste Punkt ist also: Gott ist klüger. Der zweite Punkt, den die Bibel von vornherein gibt, nimmt dir die Hoffnung, dass du irgendwann den Durchblick haben könntest. Vergiss es, du wirst es nicht durchschauen. Es ist Teil der Nichtigkeit dieser Schöpfung und der Begrenztheit unseres Menschseins. Du stehst vor dieser Welt und hast eigentlich nur ein großes Fragezeichen vor Augen, wenn du ehrlich bist. Du kannst natürlich irgendetwas anderes zusammenphilosophieren, aber wenn man ehrlich ist, steht man da und sagt: Hm, hm, hm.
Der dritte Punkt hat für mich mit der Verlorenheit des Menschen zu tun. Ich glaube, dass der Mensch viel verlorener ist, als wir uns das manchmal vorstellen. Wer meinen Podcast in den letzten Wochen verfolgt hat, weiß, dass wir bei Johannes 9 waren, bei dem Blindgeborenen. Ich mag diese Geschichte, weil die Pharisäer, die größten Kritiker von Jesus, genau das Wunder bekommen, das sie erwarten würden, um den Messias zu erkennen. Endlich einer, der blind geboren wurde und wieder sehen kann. Man würde denken, sie müssten sofort sagen: „Ja, das ist es, wir haben den Messias gefunden!“
Der Punkt ist aber: Sie wollen es nicht. Sie wollen es nicht. Menschen zu retten ist manchmal wie ein Wunder, weil Menschen viel verkorkster, verlorener und komplizierter sind, als wir uns das oft eingestehen.
Deshalb hier drei Vorbemerkungen, die wir immer wieder vor Augen haben sollten: Gott ist wirklich klüger, wir verstehen diese Welt nicht, und der Mensch ist verlorener, als wir uns das vorstellen. Und wir selbst? Wir sind genauso verkorkst, verloren und kompliziert, wie wir es oft nicht zugeben wollen.
Die Argumentationsstruktur von Tim Fletch
Kommen wir zurück zu Tim Fletch. Wie baut er sein Argument auf? Er macht das in drei Schritten.
Erstens sagt er, dass eigentlich nur Kinder an die Bibel glauben können. Dann folgt der zweite Schritt: Gott hat keinen Erfolg, weil die meisten Menschen verloren gehen. Deshalb macht er keinen guten Job. Der dritte Schritt lautet: Wenn Gott wirklich klug wäre, dann hätte er die Menschen von Anfang an so geschaffen, wie wir in der Ewigkeit sein werden – also ohne Sünde und dennoch mit einer Beziehung zu Gott.
Das sind die drei Schritte, die er in seinem Kapitel darlegt. Wir fangen einfach mal vorne an.
Nur Kinder können an die Bibel glauben. Erwachsene können das eigentlich nicht. Ich verstehe ihn an dieser Stelle. Schöpfung in sechs Tagen, Adam und Eva, Paradies, sprechende Schlange, Sintflut, Gott wird Mensch, wird als Schwerverbrecher an einem Kreuz hingerichtet – und genau dieser Tod ist dann die Sühnung für alles Böse in der Welt. Jeder, der diesen gestorbenen und wieder auferstandenen Gottmenschen um Gnade anfleht, ihm vertraut und sein Jünger wird, bekommt ewiges Leben.
Ehrlich? Ihr merkt schon, mit etwas Abstand ist die Geschichte der Bibel – diese Heilsgeschichte, also die Geschichte von der Errettung des Menschen – nun ja, mit etwas Abstand muss man schon sagen, dass sie ein bisschen schräg klingt, oder?
Tim Fletch würde jetzt sagen: Das ist nicht nur schräg, das ist kindisch, unlogisch und auch nicht naturwissenschaftlich. Wer daran glaubt, ist naiv und dumm.
Jetzt stellt sich die Frage: Was macht der Naive und Dumme, wenn er damit konfrontiert wird? Was sagt er dazu?
Zunächst einmal steht das so im Raum. Ganz ehrlich: Ich mache zwei Dinge. Erstens, wenn mir jemand sagt, ich sei doof, dann frage ich gerne zurück: Woran glaubst du eigentlich? Wenn mir jemand sagt, meine Version der Geschichte sei naiv und kindisch, dann möchte ich gerne hören, wie die andere Seite aussieht, wie sie sich anhört. Versteht ihr?
Deshalb habe ich euch die andere Seite mitgebracht. Vielleicht werdet ihr, wenn ihr sie hört, sagen: Diese moderne Version klingt auch ein bisschen schräg. Man bekommt sie nur seltener präsentiert, und sie ist – ich will mal sagen – ein bisschen weniger bunt.
Die moderne atheistische Welterklärung als Gegenentwurf
Aber ich gebe euch mal die moderne Version zu dem, was ich eben gerade als Heilsgeschichte vorgestellt habe. Die moderne Version geht so: Aus dem Nichts, völlig ohne Grund und auch ohne Ziel, entsteht einfach so ein mega großes Universum mit Naturgesetzen, die so fein abgestimmt sind, dass irgendwo mittendrin auf einem Planeten Erde Leben entstehen kann.
Es gibt nur Materie. Alles ist, wenn man so will, eine große Maschine, in der eine unendliche Ursache-Wirkungskette dafür sorgt, dass wir zwar denken, wir hätten einen freien Willen, aber in Wirklichkeit gibt es weder Seele noch Gespenster noch Liebe. Alles nur Einbildung. Und am Ende geht einfach das Licht aus und alles wird eiskalt.
Das ist die moderne Variante. Und ich denke mir, naja, ich war noch nie ein Fan von Determinismus. Ich war noch nie ein Fan davon, dass alles genau vorherbestimmt ist und dass alles einfach so abläuft, wie irgendwie diese Maschine das halt produziert.
Ihr merkt schon, ich könnte jetzt diesen Gegenentwurf nehmen und ich könnte ihn mit einer Radikalität kritisieren, dass von diesem Gegenentwurf auch nicht mehr viel übrig bleibt. Aber das will ich gar nicht tun.
Was ich möchte, ist, euch einen ganz, ganz anderen Punkt zeigen, den ich viel wichtiger finde.
Metageschichten als Grundlage des Glaubens
Wenn wir von dieser biblischen Geschichte, von dieser Heils- oder Rettungsgeschichte Gottes sprechen – und das gilt auch für den modernen Gegenentwurf –, dann sprechen wir von einer sogenannten Metageschichte.
Okay, das ist jetzt ein Wort, das viele von euch vielleicht noch nie gehört haben. Eine Metageschichte ist der große Überentwurf, den ich über mein Leben denke. Es ist der Punkt, an dem ich für mich festlege, wie alles irgendwie zusammenhängt. Jeder hat so eine Metageschichte. Sie definiert nämlich, warum du glaubst, was du über dein Leben glaubst.
Das Spannende an diesen Metageschichten, die so richtig oben drüber sind – für mich ist die Bibel meine Metageschichte, und für den Atheisten ist das, was ich eben skizziert habe, seine Metageschichte – ist, dass sie ein Problem haben.
Das Problem dieser Metageschichten besteht darin, dass man sie nicht nachprüfen kann. Das hat damit zu tun, dass wir uns eben nicht in der Zeit einfach vor- und zurückbewegen können. Wir könnten nicht einfach mal sagen: „So, jetzt gehen wir mal 5000 Jahre zurück und schauen, wie es da wirklich war.“ Das ist das große Problem bei Metageschichten.
Wenn wir uns in der Zeit bewegen könnten, wäre die Sache super einfach. Dann wüsste jeder, wer Recht hat. Aber so ist es nicht.
Und jetzt kommt der nächste Clou: Diese Übergeschichten, also dass Leute irgendwie eine Vorstellung davon haben, wie ihr Leben in einen größeren Kontext eingebunden ist, erfinden sich Menschen nicht selbst. Sie übernehmen sie meistens aus ihrem Umfeld. Meistens lebst du irgendwo, bekommst so etwas erzählt und glaubst dann einfach, dass es so ist, wie es erzählt wird.
Und jetzt wird es spannend. Ich habe gesagt, Metageschichten kann man nicht nachprüfen oder nur in einem kleinen Maß. Deswegen sind sie in letzter Konsequenz eine Sache des Vertrauens – ob man das will oder nicht.
Das gilt für alle, auch für mich. Ich vertraue der Bibel, auch dann, wenn ich sie nicht in allen Dingen beweisen kann.
Natürlich freut man sich, wenn man sieht, dass sich wissenschaftliche Erkenntnisse verändern. Ich gebe es ja offen zu: Im 19. Jahrhundert glaubte man naturwissenschaftlich, Materie sei ewig. Im 20. Jahrhundert gab es dann plötzlich den Big Bang – alles hatte wieder doch einen Anfang. Das ist natürlich dichter an der Bibel dran.
Deswegen denke ich mir: „Hey, ich freue mich schon, wenn das alles so ein bisschen wieder Richtung Bibel rutscht.“ Trotzdem muss ich sagen: In letzter Konsequenz, weil ich nicht alles prüfen kann – auch ich mit meinem naturwissenschaftlichen Vorwissen kann das nicht –, bleibt eine Metageschichte, also ob ich jetzt die atheistische Version glaube oder der Bibel glaube, eine Sache des Vertrauens.
Am Ende geht es um die Frage: Wer lügt? So einfach. Wer lügt? Lügt mich Gott in der Bibel an? Und die Bibel ist erstmal alles, was ich von Gott habe. Oder lügt mich der Zeitgeist an? Das ist die Frage.
Wie gesagt: Keiner von uns kann diese Metageschichte wirklich nachprüfen. Ihr habt sie irgendwo übernommen. Im Kleinen kannst du schon mal schauen, ob das noch passt. Und, wie gesagt, da kann man auch die atheistische Version wunderbar kritisieren. Wir können das bei Paster und Bibel nachher gerne machen.
Aber ich möchte euch diesen Punkt noch einmal deutlich machen: Das, was wir an Geschichte darüber glauben, ist eine Frage des Vertrauens. Wer lügt mich an?
Ein Beispiel für Vertrauen in Wahrheit
Ich mache mal ein ganz einfaches Beispiel. Mein Spitzname ist „der Frosch“. Deshalb firmiert mein Internet- und Social-Media-Auftritt unter dem Namen „Frogwords – die Worte vom Frosch“. Aus diesem Grund bekomme ich auch öfter mal Frösche geschenkt.
Keiner weiß, wie viele Frösche sich in unserer Wohnung befinden – es sind Myriaden. Man kann wirklich aufhören zu zählen, denn in jeder Ecke findet sich irgendetwas mit Frosch. Es ist einfach so.
Jetzt stell dir vor, ich würde eine Behauptung in den Raum stellen: Ich habe eine Pfeife in der Form eines Frosches. Du hast noch nie so eine Pfeife gesehen. Vielleicht bist du ein bisschen informiert, wie Pfeifen normalerweise aussehen. Pfeifen sehen eben so aus – so lautet der wissenschaftliche Konsens zum Thema Pfeifen.
Nun könnte jemand darauf hinweisen und sagen: „Aber Jürgen, es gibt doch Schmuckpfeifen, bei denen ein kleiner Frosch als Verzierung angebracht ist.“ Aber ganz ehrlich, im Internet gibt es niemanden, der eine ganze Pfeife in Form eines Frosches verkaufen würde. So etwas gibt es einfach nicht.
Jetzt die Frage: Was denkst du? Was denkst du? Genau das ist das Problem bei Metageschichten, merkt ihr? Es ist eine Frage des Vertrauens. Wer lügt: Gott oder der Zeitgeist? Jürgen oder das Internet? Du musst eine Entscheidung treffen.
Natürlich weißt du, wer lügt, oder? Ganz einfach deshalb: Wahrheit ist nicht eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Wahrheit ist auch nicht eine Frage des wissenschaftlichen Fortschritts, wohin auch immer der uns führen mag. Wahrheit ist auch nicht eine Frage davon, was alle anderen glauben. Wahrheit ist am Ende eine Frage des Vertrauens.
Und es ist nun mal so: Wenn ich sage, ich habe eine solche Pfeife, dann weißt du, Jürgen lügt nicht, er sagt die Wahrheit. Deshalb gibt es sie dann doch, auch wenn es sie im Internet nicht gibt. Und sie ist sogar noch ein bisschen cooler, weil es dazu noch einen Stopfer gibt. Dieser Stopfer hat dann die Zungenfunktion.
Also: Es gibt sie. Habt ihr verstanden, was ich euch sagen möchte? Bei einer Metageschichte, die ich nicht nachprüfen kann, geht es um die Frage: Wem vertraue ich? Wer sagt die Wahrheit?
Persönliche Erfahrungen als Grundlage des Glaubensvertrauens
Und deswegen: Ich kenne Gott. Ich kenne ihn, weil ich seit Jahrzehnten mit ihm lebe. Ich kenne ihn, weil ich so viele Gebetserhörungen erlebt habe, zum Teil total verrückte. Ich habe so viel übernatürlichen Trost geschenkt bekommen, viele gute Ratschläge erhalten und spannende Gedanken, die mich in einer Tiefe haben erfassen lassen, die diese Welt nicht bieten kann. Großartige Gedanken wurden mir geschenkt. Ich kenne einfach Gott.
Ich bin jetzt noch nicht mal beim Thema Prophezeiungen angekommen. Auch nicht bei dem Thema, wie viel Leid antigöttliche Ideologien allein im letzten Jahrhundert über diese Welt gebracht haben. Versteht ihr, ich könnte ja noch weitergehen.
Aber ich kenne einfach Gott, und ich weiß eines: Gott lügt nicht. Hier Titus 1, Vers 2: „In der Hoffnung auf das ewige Leben, das Gott, der nicht lügt, vor ewigen Zeiten verheißt hat.“ Das weiß ich. Gott lügt nicht.
Deswegen kannst du mir gerne kindische Naivität vorwerfen. Man kann die Bibel von mir aus auch für nicht ganz logisch oder unwissenschaftlich halten. Aber wie gesagt, ich halte die Alternativen, wenn man tiefer darüber nachdenkt, für noch weniger schlüssig.
Ich vertraue Gott. Ich vertraue ihm, dass er mich nicht anlügt. Und wisst ihr, wenn ich mein Leben schon auf eine Karte setzen muss – und das muss ich tun, weil ich jede Minute nur einmal ausgeben kann – dann setze ich es auf die Karte Gott und Bibel.
Kritik an Tim Fletchs Argumentation zur ewigen Strafe
Wenn man das vierte Argument von Tim Sledge betrachtet, in dem er sagt, die ganze Bibelgeschichte ergebe eigentlich keinen Sinn, steht im Hintergrund die Frage: Warum sollte ein himmlischer Vater die meisten seiner Kinder zu einer ewigen Strafe verdammen, wenn er sie alle gleich in den Himmel hätte schicken können?
Ihr merkt schon, ich hatte drei Schritte genannt. Der erste Schritt: An die Bibel zu glauben, ist naiv. Der zweite Schritt: Das, was Gott da tut, zeigt, dass Gott nicht erfolgreich ist; er hat nur sehr wenig Erfolg. Das muss man sich überlegen.
Tim Sledge sagt, Gott stellt sich bei seinen Bemühungen, Menschen für sich zu gewinnen, so dämlich und merkwürdig an, dass er bestenfalls, und das sind schon die guten Zahlen, vielleicht 20 Prozent der Menschheit erreicht. 80 Prozent sind Ausschuss. Und da ist Gott verantwortlich, sagt Sledge.
In seinem Buch macht er das ganz humorvoll: Gott hätte nach der Auferstehung auf eine ganz andere Weise handeln können. Wenn Gott Leute für sich gewinnen will, warum hat er nicht nach der Auferstehung eine „Hey, seht her, ich bin auferstanden“-Tour gemacht? Jesus und dann zwei, drei römische Soldaten, die das bezeugen können, machen eine Tour durch die antiken Metropolen.
Immer wenn man dann irgendwo vor einem Maharadscha, einem Kaiser oder einem König steht, gibt es eine Art Best-of der Wunder: ein bisschen Wasser zu Wein, ein paar Blinde, die sehen, zwei, drei Tote werden auferweckt. So hätte doch jeder gesehen, dass da wirklich etwas dran ist.
Warum macht Gott das nicht? Die Frage ist gut. Warum bindet er sich beim Thema Evangelisation an Menschen wie uns, die nicht einmal bereit sind, heute Abend mit ihm ein paar Flyer zu verteilen? Das ist doch absurd. Es ergibt keinen Sinn.
Gottes Wissen und die Freiheit des Menschen
Jetzt muss ich euch ein Geheimnis verraten: Wenn du mich genau drückst und wissen willst, warum Gott das genau so macht, muss ich sagen, dass ich es auch nicht weiß. Für mich ist die Heilsgeschichte im Detail ein Stück weit ein Mysterium.
Ich bin am Ende tatsächlich sehr gespannt, wer alles dabei sein wird. Ich glaube, es werden ein paar Leute dabei sein, von denen wir es nicht erwartet hätten. Ich denke dabei oft an Matthäus 25. Wer mich kennt, weiß, dass in Matthäus 25 einige Heiden vorkommen, die völlig konsterniert sind, weil Jesus ihnen ewiges Leben gibt – und sie gar nicht wissen, wofür.
Ich denke mir: Warten wir mal ab, wer am Ende wirklich dabei ist. Eines kann ich euch sagen: Es wird gerecht zugehen. Gott wird niemanden verpassen, der dazugehört, aber auch niemanden reinlassen, der nicht dazugehört.
Ihr merkt schon, wenn ich mir diese Argumentation von Sledge anhöre – dieses „Gott macht einen gewaltigen Fehler, weil er es einfach nicht schafft, Leute für sich zu gewinnen“ – dann hoffe ich, dass die meisten von euch den Denkfehler längst erkannt haben. Er ist nämlich nicht schwer zu sehen.
Der Denkfehler geht so: Gott möchte viele für sich gewinnen. Also ist der Denkfehler, dass es Gott nur darum geht, möglichst viele Menschen von sich zu überzeugen.
Jetzt muss ich vielleicht etwas sagen, was sich ein bisschen komisch anhört, aber das ist ein häufiger Denkfehler. Der Punkt ist: Gott weiß von Anfang an, wohin seine Strategie führt. Die Tatsache, dass am Ende nur wenige Menschen bei Gott sein werden, überrascht Gott nicht.
In Matthäus 7,13-14 heißt es: „Geht hinein durch die enge Pforte! Denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind es, die auf ihm hineingehen. Aber eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.“ Gott weiß das.
Macht er also vielleicht doch keinen schlechten Job? Macht er vielleicht nur einen anderen Job?
Nehmen wir noch eine Stelle, die noch etwas brutaler ist: Lukas 13,23-24. Dort fragt jemand: „Herr, sind es wenige, die gerettet werden?“ Er aber antwortet: „Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen! Denn viele, sage ich euch, werden hineingehen wollen und es nicht können.“
Das sind jetzt nicht gerade die typischen evangelistischen Verse, aber Gott hat kein Problem damit, dass Menschen sich gegen ihn entscheiden. Erde 1.0 ist nicht Gottes Sandkasten, in dem er alle Kinder davon überzeugen muss, dass er die größte Sandburg bauen kann.
Wenn er das wollte, wäre das kein Problem. Gott weiß, dass viele ihn ablehnen werden. Klar, er wünscht sich, dass viele ihn annehmen – logisch. Aber das Problem liegt bei uns: „Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen!“
Die Funktion dieser Welt und Gottes Ziel
Kreuz und Auferstehung markieren in der Geschichte einen Wendepunkt. Jeder Mensch muss sich an diesem Wendepunkt, an diesem historischen Ereignis, messen lassen.
Nun stellt sich die Frage: Wozu dann Erde 1.0? Ganz einfach: Diese Erde, auf der wir uns gerade befinden, ist dazu da, die Menschheit zu sortieren. So einfach ist das.
Und zwar nach folgendem Kriterium: Wie gehst du mit dem Licht um, das Gott dir gibt? Wie sehr bist du an Wahrheit, an Nächstenliebe und an Glauben eigentlich interessiert?
Versteht ihr, diese Welt ist dazu da, Menschen zu identifizieren, die es wert sind, weil sie Gott lieben beziehungsweise das lieben, was sie von Gott erkannt haben. Diese Welt ist dazu da, Menschen zu erkennen, die es aufgrund ihres Charakters verdienen, als Braut Christi in Ewigkeit mit dem Herrn Jesus zu leben.
Gott will nicht viele, sondern er will die, die ihn aufrichtig lieben. Und deswegen ist hier auch ein Denkfehler bei Sledge, wenn er sagt: Warum sollte ein himmlischer Vater die meisten seiner Kinder zu einer ewigen Strafe verdammen, wenn er sie alle gleich in den Himmel schicken könnte?
Abgesehen davon, dass das manipulativ formuliert ist – denn Menschen sind erst einmal Geschöpfe Gottes und werden erst durch den Glauben zu Kindern Gottes – ist auch das Thema der ewigen Strafe theologisch etwas komplizierter, als wir uns das manchmal vorstellen. Das meinte ich mit manipulativ.
Der eigentliche Denkfehler hier ist folgender: Natürlich kann Gott ohne Weiteres jeden Menschen dazu bringen, dass er seine Realität anerkennt. Das wäre total einfach. Das ist ein schräger Gedanke über Gott, und man bekommt davon die Migräne seines Lebens.
Mehr bräuchte es doch gar nicht. Wenn Gott wollte, könnte er jeden Menschen auf die Knie zwingen. Das wäre ein Klacks, und er würde es machen. Aber er tut es nicht.
Er tut es nicht, weil das, was Gott sucht, nicht auf diese Weise zu erreichen ist. Hier steht, er hätte das gleich machen können. Nein, kann er nicht.
Gott sucht nämlich nicht die Menschen, die ihm einen Gefallen tun oder die mit ihm einen Deal eingehen wollen. Er sucht auch nicht diejenigen, die vor der schieren Wucht der Begegnung mit ihm auf die Knie gezwungen werden.
Das ist nicht, was er sucht. Gott sucht keine Namenschristen, die ein gutes Leben führen und als Bonus dann noch irgendwie ewiges Leben für treuen Gottesdienstbesuch haben wollen. Das ist nicht, was Gott sucht.
Gott sucht solche Menschen, die mit ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Verstand und aller Kraft ihn lieben. Leute, die Gott haben wollen, und zwar egal, was es sie kostet. Leute, die unbedingt – und wir hatten es ja letzte Woche bei der Predigt – Leute, die unbedingt bei dem Fest dabei sein wollen, die mitfeiern wollen, echte Liebhaber Gottes.
Und versteht ihr, Liebe? Echte Liebe braucht Freiheit, braucht die Möglichkeit zum Nein. Echte Liebe kann ich nicht erzwingen, weil Liebe ein Geschenk ist. Ich verschenke mich an Gott. Ich will Gott lieben.
Und das Schöne ist, dass Gott an dieser Stelle niemanden ausschließt. Er lässt die Entscheidung bei uns. Er nimmt uns die Entscheidung nicht ab, aber er nimmt unsere Entscheidung ernst.
Und ich kann das für dich nicht machen, ob du Gott lieben willst. Du musst wirklich überlegen, was du möchtest. Ich kann dir nur sagen: Es geht in diesem Leben um Liebe, es geht um echten Glauben.
Und deswegen testet Gott unseren Glauben ja auch. Versteht ihr? Da kann man sich die Frage stellen: Warum testet Gott unseren Glauben?
Ganz einfach: Er will wissen, ob das echt ist. Da ist ein Gott, der einhundert Prozent am Kreuz all in geht, um dich zu lieben. Das ist Gott. Und jetzt möchte er von dir in gleicher Weise zurückgeliebt werden.
Was Sledge hier formuliert, ist ganz großer Quatsch, ganz großer Quatsch. Gott gibt dem Menschen Freiheit, weil echte Liebe Freiheit braucht, um echte Liebe zu sein.
Und Gott akzeptiert das Nein von vielen, weil er auf Qualität schaut und eben nicht auf Quantität.
Persönliche Einschätzung zu Tim Fletchs Biografie und Ausblick
Mich hat das letzte Argument hier, beziehungsweise das ganze Buch, ein Stück weit enttäuscht. Am Ende dachte ich mir, Tim Sledge ist ein Mann, der wahrscheinlich seine eigene Biografie nicht wirklich aufgearbeitet hat. Er kommt aus einem Elternhaus mit einem alkoholkranken Vater. Solche Menschen neigen dazu, Leistung erbringen zu wollen.
Jetzt bringt er Leistung als Pastor, doch was passiert ist, dass Gott diese Leistung und seine Erfolge weniger wertschätzt als sein Herz. Dann zerbricht er an einem Gott, der das Herz ansieht und nicht die Leistung will.
Meine Sorge ist, dass Tim Sledge am Ende das Evangelium gar nicht richtig verstanden hat. Mindestens hat er nie gelernt, Gott persönlich zu genießen. Trotzdem hat es mir ein Stück weit Freude bereitet, mit euch diese Predigtreihe zu machen. Deshalb dachte ich mir, wir machen sie weiter.
Ich habe ein neues Buch gekauft: „Zehn Dinge, von denen Christen sich wünschen, dass Jesus sie nie gesagt hätte.“ Das ist von einem Freund von ihm, der auch Pastor ist, aber ebenfalls vom Glauben abgefallen ist. Allerdings hat dieser Freund einen PhD, einen Doktorgrad in Biblical Studies. Ich hoffe, es wird ein bisschen spannender. Damit fangen wir nächstes Jahr an.
Ich möchte, dass wir uns immer wieder mit den Fragen und Herausforderungen an unserem Glauben beschäftigen. Ihr sollt verstehen, dass Glaube kein blinder Sprung ist, sondern etwas, dem man mit dem Intellekt begegnen kann. Am Ende sollt ihr sagen können, dass euch der Glaube viel klüger erscheint als die atheistische Sichtweise.
Denn auch diese ist nicht durchdacht, sondern eher schrecklich. Das wünsche ich mir für euch. Amen.