Johannes 10,27-30
Das Wort des guten Hirten
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie. Sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben. In der Predigtüberschrift habe ich es als das grenzenlose Leben bezeichnet.
Sie werden niemals zugrunde gehen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Der Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus seiner Hand reißen.
Ich und der Vater sind eins.
Herr, gib uns jetzt auch Gewissheit. Amen.
Die menschliche Angst vor dem Tod und das Streben nach Lebenserhaltung
In den letzten Wochen wurde man regelmäßig täglich über die neue Lage beim Sterben des Generalissimus Franco unterrichtet. Es wurde berichtet, welche Pumpe ab- und welche angeschaltet wurde, welches Körperteil entfernt und welches wieder angebracht wurde. Ebenso wurde erklärt, welche Maschine nun in Funktion ist und welche zusätzlich eingeschaltet wurde. Mit wie vielen Operationen man versuchte, einen toten Körper noch am Atmen zu halten, wurde ebenfalls geschildert.
Wenn es nicht trügt, dann ist dies ein Zeichen unserer Zeit, dass Menschen nicht mehr sterben dürfen.
Viele waren erregt, als in der Zeitung berichtet wurde, dass in Amerika ein Mädchen seit Monaten ohne jegliche Gehirnaktivität nur durch eine Pumpe am Leben gehalten wird. Dieser Pumpe wird Sauerstoff in den toten Körper gepumpt, um diesen toten Organismus auf wundersame Weise am Leben zu erhalten.
Warum macht man das?
Man sagt, es geht um das Allergrößte: es geht ums Leben. Das Leben ist so groß, das Leben ist so kostbar, das Leben ist so wichtig. Der Tod ist das Aufhören aller Lebensvorgänge, und deshalb muss man das Leben auf jede nur mögliche Weise erhalten.
Da ist etwas ganz Richtiges daran. Doch es wird zur Karikatur, wenn der Mensch mit einer verrückten Leidenschaft – und anders kann man es nicht mehr nennen – versucht, den Tod unter seine Füße zu kriegen und ihn wegzudrängen.
Das ist ja sicher unser Sehnen: den Tod unter unsere Füße zu bekommen, mit dem Tod auch medizinisch und wissenschaftlich fertig zu werden. Ich verstehe dieses ganz krampfhafte Bemühen.
Aber einer tritt den Tod unter die Füße, und das ist unser Herr Jesus Christus. Anders kriegen wir den Tod nie unter unsere Füße – weder medizinisch noch wissenschaftlich. Aber er tritt ihn unter die Füße.
Und wo Menschen mit Jesus verbunden sind, im Glauben und ihm vertrauen, da können sie sogar, wenn es sein muss, sagen: Jawohl, jetzt lassen wir Menschen im Frieden sterben.
Da brauchen sie nicht bis zur Verzweiflung die letzte Pumpe zu holen, sondern können sagen: Wenn es jetzt sein muss, dann ja, weil Jesus Macht hat – auch über den Tod.
Die Realität des Todes und die Kraft des Glaubens
Wenn ich an ein Grab treten muss, wird mir immer wieder bewusst, wie schwierig diese Situation ist. Viele Menschen hören aus der Predigt, die hier verkündet wird, oft nur einen süßen Traum.
Der Tod ist jedoch so real. Schauen Sie ihn sich an, und nehmen Sie es bitte nicht übel, wenn ich nur ein Wort wie Verwesung erwähne. Das ist doch sichtbar, spürbar und erfahrbar.
Wer gibt uns das Recht, vor dem Tod Trostworte zu sprechen? Nicht nur Trost zu spenden, sondern dem Tod wirklich entgegenzutreten und ihm das Recht abzusprechen? Und das tun wir im Namen Jesu Christi, der den Tod besiegt hat und ihn aus den Angeln gehoben hat.
Dieser Jesus Christus gebietet uns, an den Gräbern und an den Sterbebetten dem Tod Nein zu sagen. Er sagt: Du kannst kommen, du kannst uns mitreißen, du kannst uns auslöschen, aber packen kannst du uns nicht. Denn im Leben und im Sterben hält Jesus uns in seiner Hand.
Darum geht es heute in der Predigt: nicht darum, einen toten Organismus nur noch ein paar Tage länger scheinbar am Leben zu erhalten.
Das bessere Leben heute – eine neue Perspektive auf das Leben
Ich möchte zunächst mit Ihnen über das bessere Leben heute sprechen. Das bessere Leben heute. Unsere jungen Leute sind ganz offen, wenn man sie fragt, welches Leben sie sich wünschen. Dann sagen sie: Soll ich das Leben meines Vaters wählen? Für mich ist das nicht attraktiv, sagen sie. Morgens Arbeit, mittags Arbeit, abends Arbeit, sogar Nachtarbeit – das ist kein Leben.
Wenn man die Mädchen fragt, ob sie das Leben der Mutter wollen, sagen sie: Bloß Hausfrau sein – das ist auch zu wenig. Ja, was dann? Als Gammlerin ins Land der Freiheit ziehen? Das ist auch ein Leben.
Dann sagen wir zu ihnen: Aber Jesus bietet dir auch ein Leben an. Was bietet dir Jesus an? Werden sie zurückfragen. Was kann der bieten? Der kann mich doch nur an die Kette legen, der will doch in meinem Leben bestimmen. Da muss ich mich doch ihm unterordnen. Das ist doch nicht anziehend.
Genau das aber ist es, was Jesus als besseres Leben anbietet: Bindung an ihn, unter seine Autorität, von ihm geführt zu werden. Das, was jeder vernünftig denkende Mensch als Abstoßend empfinden würde, ist das Glück eines reichen Lebens mit Jesus.
Lassen Sie mich nun ausholen und erklären, warum das so ist.
Nicht nur heute war der Traum, das Leben richtig auszukosten, sehr lebendig. Schon zu der Zeit, als Jesus predigte, war das meiner Meinung nach sogar noch ausgeprägter als heute. Es war eine Zeit, in der der Loculus seine großen Schlemmereien ausdachte und verbreitete – wie man essen muss, damit es Spaß macht.
Und da war ein Römer namens Marcus Kaurus. Er ließ ein Stadion für 80.000 Menschen bauen, geschmückt mit großen Kunstwerken. Es waren 3.000 Statuen und aufgerichtete große Bilder. Nur zum Spaß hat er das gemacht. Nach einem Monat ließ er das Ganze wieder abbrechen – wieder nur zum Spaß. Einmal aus Freude am Spaß, das nächste Mal aus Spaß an der Freude das Ganze wieder abbrechen lassen.
Lebenslust haben – das war die Antike.
Als im Mittelalter die Menschen die Antike wiederentdeckten, diese Welt des Altertums, merkten sie: Die von vorgestern waren gar nicht von gestern, sie waren uns weit voraus an Lebensfreude. Diese Wiedergeburt der Antike nannte man Renaissance – Lebensfreude.
Ulrich von Hutten rief in dieser Zeit aus: „O Jahrhundert, o Wissenschaft, es ist eine Lust zu leben. Wir haben die Lebensfreude der Antike, der Umwelt Jesu, wiederentdeckt.“
Der Römer Hirtius ließ sich ein Seeaquarium anlegen. Ich muss das so ausführlich erzählen, damit wir verstehen, in welche Situation Jesu Worte hineingesprochen wurden.
Er baute ein Aquarium, das ihn jährlich Millionen kostete, nur damit er sich die köstlichsten Seefische halten konnte, die er immer frisch zum Essen hatte. So viel wurde in Gaumenfreuden investiert.
Damals wurden alle Tabus gebrochen, alle Moralbegriffe auf den Kopf gestellt. Die extremsten Dinge wurden gelebt, nur um Lebensfreude zu haben. Das war das Rom zur Zeit Jesu.
Man suchte in wildester Sinnenfreude, sein Leben zu erfüllen. Und genau dort sagte Jesus: Was ich am besseren Leben zu bieten habe, sind Schafe und einen guten Hirten.
Die Bedeutung des Hirtenbildes und die Führung durch Jesus
Nun müssen Sie an diesem Bild das Entscheidende verstehen. Jesus meint nicht, dass Christenschafe bloß wären. Er sagt vielmehr, dass alle Menschen Schafe sind.
Das Entscheidende am Bild ist ja nicht das mit den Schafen, denn alle Menschen sind Herdentiere. In der Kunst, wenn einer „Mäh“ macht, schreien hinterdrein Millionen „Mäh“. In der Politik, wenn einer eine neue Idee hat, laufen gleich Tausende hinterdrein. In der Mode, wenn einer etwas Neues macht, machen alle mit.
Der Mensch ist ein Herdentier; sie laufen alle irgendeinem nach. Wenn einer ein Lebensziel verkündet, wenn in unseren Schulen mal wieder der uralte Marx von übergestern ausgegraben wird, dann laufen wieder so viele hinten rein und beten die alten Sprüche nach. Der Mensch ist ein Herdentier – nicht die Christen, sondern das, was Jesus in dieser Welt anbietet, in der so viel von Lebensfreude angeboten wird, ist eine ganz besondere Führung. Nämlich die Führung durch ihn und nicht durch andere Rattenfänger.
Jesus sagt: „Ich bin der gute Hirte.“ Es gibt viele Hirten. Es gibt keinen Menschen, der nicht irgendeinem hinterhertrottet. Aber er ist der gute Hirte. Und das ist das, was er als Leben uns anzubieten hat: dass er jedem von uns vorausgehen will, jedem von uns den Weg weisen will, dass er durch diese Welt führt und dass er einen ganz genauen Lebensplan für mich hat.
Diesen Lebensplan erkenne ich erst, wenn ich mich ihm überschreibe und sage: Jesus, jetzt nehme ich deine Führung an. Lass mich deine Führung erkennen! Bisher habe ich immer gemeint, das wäre dein Plan, aber jetzt merke ich erst, dass das Willkür und Zufall war. Ich möchte deinen Plan haben und dir nachfolgen zur Ewigkeit. Ich möchte das bessere Leben haben. Ich will nicht bloß hin- und hergeworfen sein, sondern ich möchte ein zielgerichtetes Leben führen und dir nachgehen.
Das ist das, was Jesus anbietet als besseres Leben. Und deshalb ist das anziehend, anziehend, weil Jesus sagt: „Ich führe euch, ich bin der gute Hirte, meine Schafe hören meine Stimme.“
Das, was uns mit dem guten Hirten verbindet, ist, dass wir seine Stimme hören können. In der Stille des Tages und heute im Gottesdienst, wenn wir sein Wort vernehmen, bekommen wir in dieser Welt, mit ihren vielen Fragen und Unklarheiten, durch ihn Weisung. Er zeigt uns, wohin es geht, wohin er mich führen will und was der Sinn meines Lebens ist.
Jesus als Führer auch in schweren Zeiten
Der zweite Schritt: Über die Grenze gehen.
Man muss diesen Führer genau ansehen – diesen guten Hirten. Wenn ich ihn malen wollte, würde ich das von manchen Malern übernehmen, die den guten Hirten so darstellen, dass er die Nägelmale trägt. Dieser gute Hirte geht voraus. In unseren Gebeten bitten wir oft, er solle uns hinterdrein laufen, aber das tut er nicht. Manchmal, aus Geduld, tut er es ein Stück weit noch. Doch Jesus sagt: Die Ordnung ist umgekehrt. Ich gehe voraus, und ihr geht hinterdrein.
Dieser Herr führt uns. Und nun muss ich sagen: Er führt uns nicht nur auf großen, wunderbaren, schönen Lebenswegen, zu grünen Wiesen und Quellwasser, wie es im 23. Psalm heißt, sondern er schenkt uns diese Erfahrungen mitten in großen Notzeiten.
David hatte im Psalm 23, in dem so viel vom Hirten die Rede ist – „Der Herr ist mein Hirte“ –, vermutlich in seiner schweren Zeit gedichtet. Damals lebte er in der Wüste, in der Gluthitze, und lief über steile Berghänge, um sein Leben vor Saul zu retten. Dort hat er erfahren: „Mein Gott macht mir mitten in der Wüste ein grünes Weidefeld, und er schafft mir Wasserquellen, wo ich nimmer weiterweiß. Und im Angesicht meiner Feinde bereitest du mir noch einen Vespertisch, wo ich essen kann.“
Das geschieht immer wieder in Augenblicken, in denen wir uns verlassen fühlen. „Ob ich schon wanderte durchs finstere Tal“ – das ist ein Psalm, der in einer ganz großen Not gebetet wurde.
Unser Herr Jesus führt uns an Krankenbetten hin, in lange Leidenszeiten hinein. Er führt uns an Gräber, er führt uns selbst dorthin, bis zu dem Weg, wo wir selbst durch das Todestor hindurchgehen müssen.
Viele Christen werden unzufrieden und quengeln, wenn sie plötzlich merken, dass sie in ihrem Glauben einen Weg geführt werden, auf dem sich das Glück nicht so einstellt, wie sie es sich erträumt haben. Und das ist richtig. Das hat uns Jesus nicht versprochen. Er hat uns nicht die Sinnesfreude und den Taumel versprochen, wie die Römer es lebten.
Er hat uns nur versprochen, dass er in diesen dunklen Augenblicken alles plötzlich hell machen kann. Dass er mit uns an die Gräber geht, voraus. Dass er mitgeht durch traurige Stunden, dass er das mit uns teilt und erfahrbar ist. Es gibt keine Traurigkeit, kein Leid, das er nicht ausräumen will.
Legen wir doch die Illusionen über unser Leben ab.
Die Überwindung des Todes durch Jesus Christus
Der Schritt über die Grenze war Jesus wichtig, denn das Leben auch der Römer mit all ihren jubelnden Sinnesfreuden war durch den Tod eingeengt. Und das ist die Bewährungsprobe all unserer großen Hoffnungen.
Jesus hat dies an sein Ziel gestellt, an das Ziel seines ganzen Wirkens. Er, der uns vorausgeht, ist der, der am Ostermorgen den Tod gesprengt hat. Und das ist die Frage an ihren Glauben: Können sie das Jesus abnehmen, oder sind sie ohne Hoffnung, dass er den Tod wirklich gesprengt hat?
Das ist kein Bild, solange der Tod auch kein Bild ist. Der Tod ist etwas Reales, etwas Wirkliches, etwas Tatsächliches. Die Auferstehung Jesu ist ein Geschehen, von dessen Realität wir wissen. Wenn der Tod einmal aus den Angeln gehoben worden ist, dann kann dieser Herr auch meinen Tod aus den Angeln heben, meine Verwesung aufhalten. Er kann meinen Leib widerrufen, dem das nichts ist, dass es sei. Dann wird er mich zum Leben holen, nach seinem Versprechen.
Der Tod ist deshalb nicht nur schlimm, weil er ein Auslöschen meines Lebens ist, biologisch ein Erlöschen der Lebensflamme. Der Tod hat seine ganz große Not für mich darin, dass er das Gericht Gottes über mein Leben ist. Alles Nichtige, das ich geschaffen habe, wird dadurch bewiesen, denn alles muss vergehen.
Gerade im Grab, wo wir oft noch so dankbar an vieles vom Verstorbenen denken, da bleibt einem oft der Mund verschlossen, wenn man daran denkt: Ich rühme ihn, und der Tod spricht eine ganz andere Sprache. Er sagt: Es muss vergehen.
Was bleibt denn von meinem Leben? Das kann nur bleiben, wenn ich mein Leben in die Hand Jesu legen kann und bei ihm gehalten und geborgen bin, wenn er mir das zuspricht: Ich gebe Ihnen das grenzenlose Leben. Sie werden nimmermehr umkommen. Niemand wird Sie mir aus meiner Hand reißen.
Im Tod rettet mich sonst nichts. Kein Plunder, an den ich mein Herz hängen kann, keine Sache, an die ich mich klammere und die mein Leben füllt, als allein dieser auferstandene Herr, der mir das zusagt. Das ist der Schritt über die Grenze.
Die Gewissheit des Glaubens und die Bestätigung durch den Vater
Und noch ein letztes: die endgültige Gewissheit. Ich habe versucht, es in drei Teile zu untergliedern. Dieses Wort handelt von einem besseren Leben. Das bessere Leben liegt in der Führung durch Jesus. Das unterscheidet es von allem anderen.
Hoffentlich haben Sie kein Christenleben, das nur so ein Gefühl ist, so ein Gefühlst-Christentum. Das Beglückende im Christenleben ist die Bindung an die Autorität Jesu in allen Lebensentscheidungen – in allen Fragen, auch des täglichen Lebens. Das ist das Glück: dass er mich führt.
Das Zweite ist, dass es ein Schritt über die Grenze ist, dass der Tod seine Macht verloren hat.
Jetzt geht es mir um die endgültige Gewissheit, die endgültige Gewissheit. Wenn man an einem Grab steht und einem Menschen etwas zusprechen soll, dann denkt dieser: „Ja nun, das sind seine Spekulationen, er gibt mir dort irgendwo eine Hoffnung.“ Ich muss Ihnen sagen: Sie können gar nicht glauben, wenn Sie wollen. Es ist eine erschütternde Tatsache, die Jesus im Neuen Testament oft erwähnt hat. Es liegt gar nicht in Ihrem Belieben, zu glauben, wenn Sie wollen. Sie können da hinstehen und sagen: „Ich will glauben.“ Nein, nein.
Dass Sie heute hier im Gottesdienst sind, das ist eine Wirkung des auferstandenen Herrn, der Sie zieht. Dass Sie überhaupt in Ihrem Leben für diese Frage ein Ohr haben, ist schon ein Beweis, dass Gott in Ihrem Leben auf ganz große Weise wirkt. Sonst wären Sie taub dafür und würden sich mit irgendetwas Oberflächlichem abgeben. Hinter Ihrem Suchen steht schon das Wirken Gottes.
Es kann niemand zu Jesus kommen, wenn ihn nicht der Vater zieht. Und in Ihrem Leben merken Sie es vielleicht gar nicht: Der Vater zieht schon seit langem und will Sie zu sich ziehen. Jedes Aufwachen, überhaupt jede geistliche Regung, jedes Interesse, nach Gott zu fragen, ist ein Ziehen Gottes.
Jetzt müssen Sie es wissen: Von Ihrem Glauben, von Ihrem Kopf, von Ihren Gedanken, von Ihrer Weisheit und von Ihrem Verstand aus können Sie diese Fragen des ewigen Lebens nie klären. Ich kann vor einem Grab stehen und mich fragen: Wie soll ich begreifen können, dass er meinen nichtigen Leib verklären wird? Wie soll ich das glauben können? Ich kann es nicht fassen, ich kann es nicht begreifen, wie das geht.
Aber er kann mich ziehen und er kann mich festmachen. Besteht darin nicht die Tatsache, dass der Vater die Menschen in die Herde Jesu einverleibt und dass er ihnen diesen Glauben schenkt? Ich bin so froh, dass mein Glaube nicht bloß auf meiner Entscheidung beruht.
Es ist wichtig, dass wir einschlagen und Ja sagen. Aber es ist auch so, dass mein Glaube darin ruht, dass der Vater meinen Glauben besiegelt. Es gibt Augenblicke und Stunden, da ist mir heute schon bang davor, ob ich meinen Glauben durchhalte. In meiner eigenen Sterbestunde, wenn da so rasende Schmerzen sind – ich wollte auch so sterben, nimmer aufwachen, das wäre das Schönste –, aber wer weiß denn, was wir vor uns haben? Ob ich durchhalte, ob ich mich in diesen Augenblicken noch darin trösten kann, dass Jesus mich hält.
Vielleicht habe ich dann auch niemanden mehr zur Seite, der mir hilft, diesen Glauben zu haben. Oder wer sagt denn das? Wenn meine liebsten Menschen weggerissen würden, wer sagt denn, dass ich festbleibe? Wir wollen doch ganz nüchtern sein.
Da darf ich mich darauf verlassen, dass mein Glaube vom Vater bestätigt wird. Und darin ruht die Gewissheit: Der Vater, der mir Sie gegeben hat, ist größer als alles. Deshalb kann niemand die Schafe Jesu aus seiner Hand reißen.
Darum ist es so wichtig, dass wir Ja sagen zu Jesus, dass wir uns ihm überschreiben, damit er meinen Glauben bestätigen kann – in der Anfechtung. Mein Glaube würde nicht halten, wenn der Vater meinen Glauben nicht festhalten würde.
Die Gewissheit des Glaubens ruht auch darin, dass der Vater ihn hält. Und das ist die große Freude der Christen: dass es Glaubensgewissheit gibt, nicht weil meine Entscheidung zu Gott fest ist, sondern weil die Entscheidung Gottes so fest ist, dass er mich hält.
Deshalb muss ich Ja sagen. Deshalb darf ich Gott nicht höhnen mit meiner lang hingezogenen Entscheidung, weil er sie bestätigen und besiegeln will. Niemand kann sie mir aus meiner Hand reißen. Dann kann keine noch so schwere Leidenszeit, keine noch so schwere Prüfung meinen Glauben zerbrechen, weil der Vater ihn besiegelt.
Denn dann gilt: „Niemand reißt meine Schafe aus meiner Hand.“ Ein Prediger ging einmal so weit, dass er sagte: Dann können nicht einmal sie selbst sich aus der Hand des Vaters herausreißen, um das ganz krass zu sagen.
Wo ein Mensch sich Jesus hingegeben hat, da lebt man darin und wird darin fröhlich. So wie es Paulus noch einmal aufgreift: „Ich bin gewiss, ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes.“ (Römer 8,38-39)
Trost und Zuversicht in Leid und Sterben
Wenn wir heute Tränen über den Verlust von lieben Menschen in unserer Nähe vergießen, wenn wir selbst schon sorgenvoll an unser eigenes Sterben denken oder vielleicht gerade mit einer sehr schweren Krankheit umgehen, deren Ausgang ungewiss ist und bei der wir nur ein dumpfes Gefühl haben, dann möchte uns Jesus heute dorthin lenken.
Er sagt: Meine Schafe hören meine Stimme, ich kenne sie. Sie erkennen mich an dem, was sie bewegt, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen das ewige Leben. Sie werden niemals umkommen, niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen.
Ein größeres Leben gibt es heute und in Ewigkeit nicht, als immer bei Jesus zu sein. Amen.
Gebet um Führung, Trost und Zeugnis
Herr Jesus Christus, wir hängen unser Herz so oft an oberflächliche Glanzbilder, an schlichte Träume von Lebenserfüllung und Freude. Doch all das verfliegt vor den Bewährungen des Lebens. Es war nur ein kitschiges Bild.
Herr, wir danken dir, dass dein Wort uns keine solchen Bilder gibt. Du stellst uns nüchtern die Bewährung unseres Lebens vor Augen und gehst mit uns durch die Tiefen dieser Welt. Wir erkennen das als deine Führung, wenn du mit uns durch schwere Stunden gehst. Wir erkennen das als deine Führung, wenn du mit uns durch Kranken- und Leidenszeiten gehst, wenn du uns schweres Erleben durch Mitmenschen zulässt.
Und wir wissen, dass dein Wort dann erfahren werden kann: dass du das Leben gibst und uns in diesem Augenblick mit deiner starken Hand hältst. Herr, wir können jetzt nur unser Leben dir in die Hand geben. Bestätige du das und halte uns so fest, dass uns nichts – keine Anfechtung, kein Zweifel und gar nichts – aus deiner Hand reißen kann. Lass uns darin gewiss werden, dass wir im Leben und im Sterben dein sind.
Herr, lass uns jetzt auch erfahren, wie du unser Leben verwandeln kannst und verwandeln willst. Lass uns erleben, wie wunderbar es sich lebt in deiner Herde, wie du trösten und aufrichten kannst. Wir wollen das auch weitergeben an die Menschen, die um uns herum in schwerem Leid leben. Lass uns ihnen dieses Wort zusprechen, damit auch sie diese Freude erfahren und dich als ihren Herrn und Hirten annehmen.
Wir bitten dich für unsere Mitmenschen, mit denen wir in der kommenden Woche reden wollen. Gib unseren Worten Nachdruck, damit auch sie dieses bessere, grenzenlose Leben bei dir finden. In ihrer großen Suche nach Glück und erfülltem Leben gib uns Geschick, dass wir es recht sagen können. Lass uns nicht nur abstossen, sondern Menschen zu einem lebendigen Glauben führen dürfen.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Herr segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
