Liebe Freunde,
Sie sagen mit Hoffnung: Wir wären nicht Menschen, wenn wir keine Hoffnung hätten. Unser großer Landsmann Friedrich von Schiller hat ein schönes Gedicht geschaffen, in dem es heißt: Von uns Menschen noch am Grabe pflanzt er die Hoffnung auf. Die Hoffnung ist kein leerer Wahn.
„Erzeugt im Gehirne des Toren, im Herzen kündigt es laut sich an, wir sind zu Besserem geboren, im Herzen.“ Das haben Sie gedacht, 1914, als der deutsche Vormarsch durch Belgien ging. Mit Mann und Tross und Wagen hat sie daher geschlagen: Jetzt sind wir Deutschen das Herrenvolk.
Und als die Fackelzüge 1933 am 31. Januar durch Berlin zogen, da kündigte es laut sich im Herzen an bei Millionen von Deutschen: Jetzt wird es wieder anders – nach Weltwirtschaftskrise und nach Arbeitslosigkeit.
Und als drüben im Osten unseres Vaterlandes der Spruch aufkam: „Wir sind ein Volk“ – was war da für eine Hoffnung im Herzen! Jetzt kommt die Zeit der Freiheit und der D-Mark und der Arbeit. Und heute ist die Krise drübergekommen.
Die menschliche Hoffnung und ihre Grenzen
Als Seelsorger bekommt man viel von dem mit, worauf Menschen ihre Hoffnungen setzen. Mich hat es immer berührt, wenn Brautpaare kamen. Es ist ja längst nicht mehr selbstverständlich, dass junge Paare heiraten wollen, geschweige denn, dass sie sich kirchlich trauen lassen möchten.
Wenn sie dann sagten: „Herr Pfarrer, Sie machen das schon richtig. Welches Lied nehmen wir?“ antwortete ich oft: „Oh, das suchen Sie schon selber aus.“ Darauf kam meist die Gegenfrage: „Nein, nein, das suchen wir gemeinsam.“ Und der vertraute Austausch suchte noch einen passenden Titel. „Nein, wir suchen zusammen.“
Ich habe so ein schönes Büchlein, in dem alle schönen Worte stehen – von „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, Gott schuf ihn als Mann und Frau“ bis hin zur Offenbarung. Dort findet man zum Beispiel den schönen Spruch: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen.“ Ich sagte dann: „Wenn ein Spruch passt, dann schauen Sie sich tief in die Augen und sagen: Das ist es.“
Alle schönen Sprüche wie „Befiehl dem Herrn deine Wege“ führten mich oft zielstrebig zum Kolosserbrief 3,12: „Seid miteinander herzlich, freundlich und vergebt einander, so wie Christus euch vergeben hat.“ Das ist es, das ist es! Ich habe wahrscheinlich hunderte Traubotschaften über diesen Vers gehalten.
Es hat mich bewegt, dass Brautpaare so anfangen wollen. So ist es eigentlich gedacht: dass sie miteinander freundlich und herzlich sind und vergeben können. Doch nach einigen Jahren stehen sie oft vor dem Scheidungsrichter, weil sie nicht mehr vergeben können.
Im Herzen war die Hoffnung da: „Wir schaffen es miteinander. Wenn es jemand schafft, dann wir beide.“ Aber es hat nicht ausgereicht, dass es sich im Herzen so angekündigt hatte.
In der Kirche, in den Sozialstationen, Diakoniestationen und diakonischen Bezirksstellen haben wir unheimlich viel zu tun mit Entschuldungsmaßnahmen für Familien, die sich weit über die Ohren verschuldet haben. Oft sagen sie: „Wir schaffen es, meine Frau verdient, und wir sind doch sparsam. Es muss doch möglich sein.“ Doch es ist sehr schwierig, einen Entschuldungsplan aufzustellen.
Im Herzen hat sich die Hoffnung laut angekündigt: „Wir schaffen es.“ Aber, liebe Freunde, es genügt nicht, was unser Herz sagt. Es genügt nicht.
Die menschliche Perspektive auf Hoffnung und Ordnung
Überhaupt dürfen wir bei Dingen der Hoffnung nicht zu sehr von uns Menschen ausgehen. Das ist zwar kreativ, das ist normal, das ist menschlich, dass wir von uns Menschen ausgehen, wenn es um Hoffnung und Zukunft geht.
Also: Hoffentlich bin ich in zehn Jahren noch einigermaßen so fit wie heute. Hoffentlich schafft es der Onkel Doktor, mich wieder voll auf die Beine zu bringen. Und hoffentlich sterbe ich vor meiner Frau, denn es wäre furchtbar, wenn ich an ihrem Grab stehen müsste.
Ich denke immer von mir aus, wenn es um Hoffnung geht. Wir denken von uns Menschen aus: Es muss doch einmal alles Böse, das in dieser Welt geschehen ist, bestraft werden, und es muss doch alles Gute mal belohnt werden, wenn wir an Hoffnung denken. Da ist unser Nachbar, der nie seinen Garten gemäht hat und dessen ganze Löwenzahnsamen nicht zu uns herüberwehen – es muss doch irgendwann mal dem Heim gezahlt werden.
Und all das Gute, das ich den bösen Nachbarskindern getan habe, weil ich ihnen ab und zu Schokolade gegeben habe – ich hätte es überzogen gesagt – muss doch mal belohnt werden, nicht? Wir denken immer von uns aus: Was uns wehgetan hat, muss bestraft werden, wo wir uns gut fühlen, muss doch mal belohnt werden.
Heute lesen wir einen Abschnitt, in dem das Wort „Ordnung“ vorkommt. Das hören viele Deutsche heute nicht gern. Wenn der Innenminister von Ordnung spricht, heißt es sofort in der Zeitung „Law and Order“, das seien harte Polizeimaßnahmen. Aber Ordnung ist etwas Schönes. Wenn ich weiß, dass bei meiner Frau um halb eins das Essen auf dem Tisch steht, muss ich nicht fragen, ob sie heute um dreiviertel zwei oder schon um halb zwölf isst. Ordnung ist schön.
Viel der Not in unseren Familien kommt daher, dass Kinder von Jugend an keine Ordnung haben. Die Erzieherinnen, Lehrerinnen und Lehrer machen sich kaputt, auch die Jugendgruppenleiter, weil Kinder heute nicht mehr an Ordnung gewöhnt sind.
Ordnung ist für sich etwas Schönes. Gott jedenfalls ist für Ordnung. Er sagt nicht: Dieses Jahr machen wir statt dem Frühjahr den Herbst und statt dem Winter den Sommer. Auch wenn wir manchmal meinen, der Winter sei zu warm, kommt es doch auch in Freudenstadt recht kalt.
Gott bleibt in der Ordnung. Er lässt die Sonne aufgehen und wieder untergehen. Manche sagen, lieber wegen ihres Weltbildes, die Sonne rolle oder unsere Erde rolle der Sonne entgegen. Aber in meinem Kalender steht immer noch Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, nicht wahr?
Es gibt eine gewisse Ordnung, die man ganz genau berechnen kann in der Schöpfung Gottes. Zur Ordnung dieser Welt gehört – und das ist der Beitrag der Christen –, dass wir helfen, dass Menschen wieder von der Ordnung Gottes ausgehen.
Sonst, wenn die Ehe zerbricht oder die Schulden steigen, sagen sie: Wo ist denn der liebe Gott? Warum hilft er nicht? Gott fragt zuerst: Was ist meine Ordnung? Ist euch meine Ordnung wichtig? Die Zehn Gebote, die Bergpredigt – Gott gibt uns eine gewisse Ordnung.
Wenn wir uns von dieser Hausordnung abmelden, dürfen wir uns danach nicht beim lieben Gott beklagen, dass nichts mehr stimmt. Ordnung!
Die göttliche Ordnung und der Kampf zwischen Gut und Böse
Und jetzt entschuldigen Sie, wenn ich einen langen Marsch mache. Ich möchte Ihnen einen Eindruck vermitteln, der fast kühn ist. Verstehen Sie: Wenn Norddeutsche da sind, müssen die Schwaben ihnen oft übersetzen.
Die Wirklichkeit Gottes ist keine Weltanschauung. Menschen haben Weltanschauungen, um die Welt zu deuten. Gott aber hat uns in seinem Wort wissen lassen, wie der große Plan mit dieser Welt aussieht. Gott hat die Welt vollkommen geschaffen.
Manchmal ist das auch noch erkennbar. Der Herr Jesus hat gesagt: Seht die Vögel unter dem Himmel, die Lilien auf dem Felde, seht den schönen Herbstwald. Gott hat die Welt vollkommen geschaffen und den Menschen sehr gut.
Doch schon ein paar Seiten später steht in der Bibel, dass das, was der Mensch denkt, plant und wonach er sich sehnt, böse ist. Das Dichten und Trachten des Menschen ist böse von Jugend auf. Die Sünde lauert vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber sollst über sie herrschen.
Ich erschrecke manchmal darüber, wenn der Zorn in mir aufsteigt. Warum kann ich ihn nicht beherrschen? Warum kann ich meine Emotionen nicht kontrollieren? Warum kann ich meine Ungeduld nicht zügeln? Wenn ich meine, ich sei noch ganz ruhig, sagen meine Freunde: „Deine Augen kribbeln schon.“ Warum kann ich das nicht beherrschen?
Warum beherrscht mich das Geld? Wir meinen, wir hätten Geld, aber in Wirklichkeit hat das Geld uns. Vielleicht weiß ich nicht genau, wie viel auf meinem Girokonto ist, aber ich weiß, dass ich eins habe. Und ich ärgere mich darüber, dass die Banken im Augenblick so wenig Zinsen zahlen. Das Geld hat mich. Ich herrsche doch nicht über das Geld, sondern das Geld herrscht über mich.
Die Sünde lauert vor der Tür und herrscht. Jetzt hätte Gott sagen können: „Na ja, das ist danebengegangen, dieser Versuch mit den Menschen. Lass sie!“ Er hat uns große Freiheit gelassen. Viel von dem, wo wir heute mit unserer Welt stehen, kommt daher, dass Gott, wie Paulus sagt (Römer 1), uns dahingegeben hat: „Macht doch, was ihr wollt. Ich strafe euch nicht. Es lohnt sich nicht zu strafen, ihr ändert euch nicht.“
Man kann den Menschen nicht ändern. Aber Gott hat in diese dahingegebene Welt seine Segensträger geschickt. Manche Leute fragen, warum die Bibel Geschichten erzählt. Weil es die ergreifende Geschichte Gottes ist, dass er in unsere verlorene Welt Segensträger gesandt hat: Abraham, Sarah und Joseph, Isaak, Mirjam und Aaron, Jesaja, Deborah und Hiskia – Propheten, Fürbitter und Vorbilder, um die Welt verlockend zu machen. Es wäre doch schön, mit Gott zu leben.
Doch in dem Volk, das Gott sich eigentlich als sein Volk erwählt hat, wurden all die Propheten und Fürbitter wie absorbiert, auf die Seite gestellt, verachtet. Lesen Sie mal die Klage des Jeremia: „Jeder Mann stellt mich auf die Seite, ich verfluche den Tag meiner Geburt, wozu bin ich überhaupt da?“ Er war zum Segensträger berufen und wurde allein gelassen.
Es gibt eine Macht des Bösen mitten in der Kirche, mitten im Volk Israel, mitten im Gottesvolk. Warum sollte es in der Kirche anders sein? Es gibt eine Macht des Bösen mitten in dem Volk, das eigentlich Gott gehören soll.
Verstehen Sie, deshalb hat der Herr Jesus uns gelehrt: „Bewahr uns vor der Versuchung und erlöse uns vom Bösen.“ Und da ist nicht das Böse gemeint, sondern der Böse. Denn dein ist doch das Reich.
Lieber Gott, hilf doch, dass ich nicht hineingezogen werde in die Versuchung, in diese Welt, in der der Fürst dieser Welt herrscht – so hat Jesus den Teufel bezeichnet, den Fürsten der Welt.
Jetzt kommt der Fürst dieser Welt. Für mich hat er keine Macht. Herr Petrus, ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre, dass du nicht überwältigt wirst.
Glauben Sie jetzt, dass das Gebet Jesu nicht nötig ist? Dass der Teufel Sie nicht herumbekommt? Der Teufel möchte dich aussieben, gerade weil du Weizen bist. Die Spreu hat er sowieso schon.
Gerade weil du christlich bist, weil du etwas vom Glauben hältst, von Gott hältst, möchte dich der Teufel heraussieben. Deshalb dieses Gebet: Erlöse uns vom Bösen.
Versuchung, Leiden und der Kampf Jesu
Aber nun hat Gott – wir sind bei der Geschichte der göttlichen Ordnung – nach all dieser Geschichte der Segensträger, die abgeblockt wurden, absorbiert oder hineingezogen wurden, Salomo von Gott erwählt, damit er den Tempel Gottes baut. Doch Salomo gerät in dumme Frauengeschichten und betet Götzen an. Das ist erstaunlich, denn er war einer, der Gott um Weisheit und ein gehorsames Herz gebeten hat.
Sie wissen nicht, wie furchtbar die Versuchung ist. Wir verharmlosen das oft. Ich möchte Ihnen keine Angst machen, denn die Zeit wäre zu schade dafür. Aber Sie müssen die Realität kennen.
Die ganze Bibel beschreibt unsere Welt – auch wenn sie eine schöne Freudenstadt ist – als ein Kampffeld, schlimmer als das von Verdun oder Stalingrad. Dieser Kampf findet zwischen Gott und dem Teufel statt. Der Teufel versucht, die Menschen herumzukriegen. Er hat sogar versucht, den Herrn Jesus herumzukriegen.
Das Erste, was über Jesus im Matthäusevangelium berichtet wird, ist, dass der Teufel zu ihm gesagt hat: „Komm, du kannst die Welt gestalten, musst nur vor mir niederfallen.“ Ja, schön, dann gäbe es keine Kriege mehr. Wenn du die Welt gestaltest, dann gibt es keinen Hunger mehr, bitte. Aber es wäre ein Reich unter der Gnade des Teufels gewesen.
Bis hin zum Kreuz hat der Teufel versucht, Jesus durch das Leiden herumzukriegen. Das Leiden ist oft die schlimmste Versuchung. Es kommt der Fürst dieser Welt, aber Jesus sagt: „Er hat keine Macht über mich. Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Der ganze Kampf Jesu, das ganze Ringen in seinen Erdentagen war ein Ringen mit dämonischen Mächten. Die Frage war: Gibt es neben diesen starken Mächten einen noch Stärkeren? Jesus.
Der Teufel hat nochmals versucht, diesen Jesus abzustossen. Sehen Sie, wenn bei einem Menschen beide Nieren versagen, versucht der Operateur durch eine Organverpflanzung eine gesunde Niere einzupflanzen. Doch oft passiert das Furchtbare: Der Körper stößt diese gesunde und gesund machende Niere als Fremdgewebe ab.
Daran denke ich immer, wenn ich vom Leiden Jesu höre. Gott hat ihn in unsere gottlose Welt hineingegeben als ein gesundes und gesund machendes Organ. Doch die Welt – Römer, Juden, fromme Pharisäer, Gottlose – hat ihn abgestoßen: „Wir wollen ihn nicht haben.“
Die Auferstehung als Beginn der neuen göttlichen Ordnung
Und was ist jetzt die Ordnung Gottes? Er hätte sagen können: Jetzt ist endgültig Schluss. Ich habe Segensträger hineingegeben, zuletzt sogar meinen Sohn. Und jetzt beginnt die Zukunft unserer Welt – sie hat mit Jesus begonnen.
Lesen wir dazu 1. Korinther 15,19. Entschuldigen Sie, wenn ich zwischendurch ein wenig kommentiere. Vers 19: Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, dann ist das wenig. Wenn man krank wird, ruft man: „Lieber Heiland, hilf geschwind!“ Wenn man Prüfungen hat, betet man zu Gott, dass man sie besteht. Dann gleichen wir einem Studenten, der nach bestandener Prüfung heimtelegraphiert: „Gebet einstellen, Prüfung bestanden!“ Hoffen wir nur gelegentlich hier auf Jesus, dann sind wir die Elendsten unter den Menschen.
Wenn wir nicht in eine ganz große, neue Ordnung Gottes hineingestellt werden, in einen umfassenden Plan, dann bleibt alles beim Alten. Nun aber ist Christus – ich lese weiter bei Vers 20: „Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling, als Prototyp unter denen, die entschlafen sind.“
Denn durch einen Menschen ist der Tod gekommen, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Damit wir nicht sagen: Was soll der eine Jesus? Die Weltgeschichte hat mit dem einen Menschen begonnen, mit Adam. Manche sagen mit dem Neandertaler, das ist mir egal. Mit einem Menschen hat Gott angefangen. Und seitdem ist das Geschick der Menschen so, dass wir sagen: Es bleibt nicht beim alten Adam. Entschuldigen Sie, ich bin auch nicht anders. Manchmal bleibt es auch bei der alten Eva, aber meist beim Adam.
So hat die neue Ordnung Gottes mit diesem Jesus begonnen. Durch einen Menschen ist der Tod gekommen, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht – aber jeder in seiner Ordnung.
Jetzt kommt das Wort „Tagma“ wieder, ein fast militärisches Wort, das bedeutet: Kompanie aufstellen. Als Erstling Christus, als Vorausabteilung, danach – wenn er wiederkommt – die, die Christus angehören. Danach das Ende, man kann auch sagen: der Rest, das Übrige, die Vollendung, das Ziel.
Nämlich wenn Jesus das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft, alle Macht und Gewalt vernichtet hat. Denn er muss herrschen, bis Gott ihm alle seine Feinde unter seine Füße legt. Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn alles hat er unter seine Füße getan.
Wenn aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.
Die Herrschaft Jesu und ihre Bedeutung
Manche könnten sagen, das ist aber eine sehr militärische, ja kriegerische Sprache: Unterwerfung, Macht, Gewalt, Herrschaft, Vernichtung, Feinde unter die Füße legen. Doch der Apostel Paulus zitiert im Vers 25 ganz klar Psalm 110. Dieser Psalm ist das am häufigsten im Neuen Testament zitierte alttestamentliche Wort.
Dort heißt es: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“ Du sollst herrschen über deine Feinde! „Ich habe dich zum Priester gesetzt, ewiglich.“ Es geht darum, das zu suchen, was droben ist, wo Christus sitzt zur Rechten Gottes.
Noch viel wichtiger ist das im Prozess Jesu: „Bist du Christus, bist du der Messias?“ – „Ja, und von nun an werdet ihr mich sitzen sehen zur Rechten Gottes.“ Deshalb haben die Apostel und Evangelisten des Neuen Testaments dieses Wort zitiert. Es ist das, was unser Herr Jesus noch im Angesicht seiner Feinde gesagt hat. Nicht nur, dass er auferstehen werde, sondern dass er dort sein werde, wo Gott regiert.
Jesus nimmt jetzt die Zügel der Weltgeschichte in die Hand. Die ganze Auferstehung hat diesen Sinn: Jetzt regiert Jesus. Ein einfaches Beispiel, das vielleicht anschaulich wird: Wir waren auf einer wunderbaren Mittelmeerkreuzfahrt. Der britische Hafenlotse kam uns vor Gibraltar entgegengefahren und hat uns ins Hafenbecken von Gibraltar hineingeschleust.
Das Schiff kann man ja nicht einfach bremsen, es fuhr auf die Mauer des Hafenbeckens zu. Der italienische Kapitän stand daneben und sah, was der Lotse für einen Fehler machte. Dann habe ich mich immer noch gefreut, das zu hören: Der Kapitän sagte „Basta“, schob den Lotsen beiseite und nahm selbst das Steuerrad in die Hand. Dann klappte das Anlegemanöver.
Mit der Auferstehung Jesu hat Gott in unsere durcheinandergeratene Weltgeschichte gesagt: „Basta, jetzt ist genug, jetzt übernehme ich das Kommando.“ Es geht nicht nur darum, dass Jesus wieder zum Leben gekommen ist, sondern dass er auf dem Thron Gottes sitzt, zur Rechten Gottes.
Ja, aber man merkt doch gar nicht viel davon, dass Jesus regiert. Es ist so viel Böses in der Welt. Ich habe das hier in Freudenstadt schon einmal erzählt, oder? Drüben in Lossburg bei dem Hofacker-Treffen, das in wenigen Tagen wieder stattfinden wird, saßen wir mit der Kirchenleitung zusammen mit Managern von Mercedes-Benz. Wir wollten ihnen nahebringen, wie man heute sozial einen Betrieb leitet.
Sie sagten: „Das wissen wir schon selbst.“ Aber wenn wir mit Kirchenleuten zusammen sind, bewegt uns eine Sache: In der Welt ist der Teufel los. Es war zur Zeit des Golfkriegs. Sie haben nicht gesagt, dass es drunter und drüber geht, sondern: „Der Teufel ist los.“ Und nicht nur am Golf, sondern auch bei uns in der Firma und zu Hause.
Wo merke ich etwas von der Herrschaft Jesu? Der Teufel ist doch los!
Der Sieg über den Tod und die Macht Jesu
Alles in seiner Ordnung. Zuerst hat Gott das Gefängnis des Todes aufgebrochen und Jesus herausgelassen. Seit den Tagen des ersten Menschen hat der Tod einen Weg gehabt, hineinzugehen – doch keiner ist wieder herausgekommen. Lazarus, der Jüngling von Nain und das Töchterlein des Jairus erhielten nur eine begrenzte Gnadenfrist von einigen Jahren, dann mussten auch sie wieder sterben.
Jetzt aber muss der Tod den Ersten hergeben. O Tod, wo ist dein Stachel? Der Tod ist besiegt, und seine ganze Schwäche zeigt sich darin – zuerst bei Jesus. Darin offenbart sich das Herrentum Jesu.
Im Übrigen sollten wir nicht so tun, als ob man sonst nichts merkt. Vielleicht sind wir ein bisschen hartfühlig oder hartherzig geworden. Wo sind sie denn geblieben – die Nietzsches, die Hitlers, die Maros, die Ceausescus und die Honeggers? Gott hat sie doch scheitern lassen.
Mein Vater schrieb in seinem letzten Abschiedsbrief an unsere Familie: Der stärkste Beweis, dass Jesus in der Macht ist, habe ich erlebt, als nach zwölf Jahren das tausendjährige Reich zerbrochen ist. Für ihn war das eine Glaubensstärkung. Jesus regiert. Er lässt sich die Fäden der Weltgeschichte nicht aus der Hand nehmen. Und Jesus regiert auch darin.
Lesen Sie die zweite Hälfte von Vers 23: „... wenn er kommen wird, die, die Christus angehören.“ Heute, mitten in einer teuflischen Welt, können Menschen Jesus angehören. Normalerweise zieht es uns wie mit tausend Stricken von Gott weg.
Der Apostel Paulus, der uns diesen 1. Korintherbrief Kapitel 15 geschrieben hat, schrieb einmal im Epheserbrief: „Die ihr glaubt, weil die Macht der Auferstehung in eurem Leben wirksam wurde.“ Die ganze Auferstehungsmacht Jesu hat uns in den Glauben gezogen – nicht weil wir fromm sind, sondern weil der Vater uns ruft. Wenn Sie glauben, ist das ein Wunder Gottes, eine Regierungsgewalt Gottes.
Es bleibt bei dem Regierungsstil Jesu, wie ihn Matthäus, Markus, Lukas und Johannes berichten. In einer teuflischen Welt wird einzelnen Menschen gesagt: „Komm zu mir, folge mir nach!“ Petrus, ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört. Und wenn du dich einst bekehrst, stärke deine Brüder.
Das Neue Testament erzählt von der Bergpredigt und der Speisung der Fünftausend, aber sonst vor allem von Einzelbegegnungen: der Hauptmann von Kapernaum, der reiche Jüngling, die blutflüssige Frau, die Frau vom Brunnen in Samarien, der Bettler am Stadttor von Jericho – so könnten Sie weitermachen. Nathanael, der eine Samariter, der Jesus dankt. Der Regierungsstil Jesu ist, dass einzelne gerufen werden und von ihm gezogen werden.
Man marschiert nicht in Kompaniestärke ins Reich Gottes ein, auch nicht in Konfirmandenjahrgängen oder mit den Seiten unserer Taufregister im Kirchenamt. Das macht es noch nicht! Sondern die Regierung Jesu übt sich darin aus, nach der Ordnung Jesu. Das ist jetzt im Augenblick Tagesbefehl, auch für Freudenstadt und Umgebung: Folge du mir nach! Ich suche dich, ich brauche dich, mein Herz brennt für dich – komm zu mir!
So sollen Menschen Jesus angehören, damit es wahr wird, was vorher in Vers 18 steht: dass man in Christus entschlafen kann. Nehmen Sie jedes Wörtchen ernst – nicht im Tod entschlafen, sondern in Christus, der um mich her ist und mich birgt. Ich gehöre nicht meinem zerfallenden Körper, ich gehöre nicht dem Tod, ich gehöre nicht der Krankheit – ich gehöre ihm.
Das ist Tagesordnung Jesu, Tagesbefehl für die Zeit bis er wiederkommt: dass einzelne berufen werden und nicht anders können, als zu sagen: Herr Jesus, dir möchte ich gehören.
Ich wünsche mir, dass Sie es in diesen Tagen neu hören – nicht von mir, sondern vom Auferstandenen: „Ich rufe dich, ich suche dich!“ Er, der alle Gewalt hat auf dem Thron des Vaters im Himmel, dem geht es um dich!
Die Vollendung der göttlichen Ordnung und die Hoffnung auf das ewige Reich
Dritte Stufe: Alles geschieht nach seiner Ordnung. Zuerst der Erste, der Christus, danach die, die Christus angehören. Und die in ihm entschlafen sind? Wenn er kommt, werden sie mit ihm vereint sein. Danach folgt das Ende, der Rest, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergibt. Denn er muss herrschen, bis alle Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt und besiegt sind.
So war es auch in der Antike: Die Feinde mussten sich als Zeichen der Unterwerfung auf den Boden legen. Mit uns ist es ähnlich. Wir können uns kaum vorstellen, wie es sein wird, wenn das wahr wird, was im Schlussvers 28 steht: „Damit sei Gott alles in allem“, also alles voll Gottes Gegenwart und Herrlichkeit.
Es ist schon großartig, wenn uns manchmal ein Bibelwort trifft, als wäre es nur für uns gesagt oder geschrieben. Oder wenn eine Zeile aus dem Gesangbuch tröstlich mit uns geht. Aber das wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn Jesus uns in den Arm nimmt und sagt: „Meine Tochter, mein Sohn, jetzt bist du daheim.“
Es ist tröstlich, wenn wir hier erleben, dass Krankheit gelindert wird. Ich sehe hier im Saal auch Gesichter, die furchtbare Krankheitsnöte erlebt haben und denen Gott noch einmal Bewahrung geschenkt hat. Aber es wird etwas ganz anderes sein, wenn wir den neuen Leib haben – ohne Hüftschmerzen, ohne Beklemmungen, ohne Spuren von Verkalkung, ohne Brille, wenn wir ihn dann körperlich sehen werden.
Es ist schon groß, wenn wir bei einer Beichte oder beim Abendmahl erfahren: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Aber es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn wir vor ihm stehen, ohne auch nur die kleinste Narbe der Sünde.
Gott sei alles in allem. Es ist schon groß, wenn wir hier erleben, wie bei Landesbosaunentagen oder Jugendtreffen: Wir sind auf dem Weg mit Christus, wir sind nicht allein. Aber es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn die Schar aus allen Nationen, Völkern und Zungen nur noch Jesus dankt für das, was er getan hat.
Es ist schon groß, wenn uns hier manchmal Durchblicke geschenkt werden und wir plötzlich neue Erkenntnisse in der Bibel haben. Aber es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn es heißt: „Ihr werdet mich an jenem Tag nichts mehr fragen“, weil dann alles klar ist.
Es ist schon groß, wenn wir hier mitarbeiten – das ist etwas Schönes im Reich Gottes. Ich bin froh, dass ich nach vierzig Jahren Dienst wieder ehrenamtlicher Mitarbeiter bin. Mitarbeit ist wunderbar im Reich Gottes. Aber es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn es heißt: „Seine Knechte und Mägde werden ihm dienen.“ Nicht sechsunddreißig Stunden in der Woche, sondern Tag und Nacht. Denn es gibt keine größere Freude, als ihm zu dienen.
Im Himmel werden wir nicht nur Psalmen singen und Palmen schwingen, sondern eine neue Welt mitgestalten dürfen. Es ist schon großartig, wenn wir hier die Herrlichkeit der Schöpfung Gottes sehen, auch in einer dahingegebenen Welt. Aber es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn wir die vollendete Welt sehen, die vollendete Schöpfung, voller Gottesherrlichkeit.
Alles geschieht in seiner Ordnung: Jesus herrscht, er bleibt beim Plan. Zuerst Christus, jetzt sorgt er dafür, dass Menschen ihm angehören. Dann kommt das Ende, an dem die, die ihm gehören, in seiner vollendeten Welt sein dürfen.
Diese Zukunft hat begonnen. Jetzt ist es wichtig, dass wir wach bleiben, vital und nicht schläfrig. Die Korntaler, die 1817 dort, wo ich heute leben darf, Korntal, gegründet haben, rechneten damit, dass der Herr Jesus vielleicht schon 1836 kommt. Sie bauten ihre Hütten ganz primitiv aus Lehm. Deshalb wird heute halb Korntal abgerissen, weil die Hütten nicht mehr stehen. Aber sie wollten Geld übrig haben für die 27 diakonischen Einrichtungen, die sie gründeten – für arme Leute.
Wir wollen doch nicht bloß für uns leben. Damit setzten sie Maßstäbe für ganz Württemberg. So sagt Herr Leibinger, Chef der Industrie- und Handelskammer in Württemberg: Von diesen Pietisten ist ein neuer Impuls für Industrie, Handel, Wandel und Denken ausgegangen.
Als wir im Februar dieses Jahres auf dem Killesberg waren – es war bitterkalt – nahmen dreitausend junge Menschen an der Jugendkonferenz für Weltmission teil. Siebenzig von ihnen ließen sich aussenden, junge Leute, die ihre Berufe hier aufgaben: Saatfachleute, Ärzte, Hebammen, Lehrlingsberater. Sie verließen ihre guten Berufe und gingen hinaus in die Welt. Für mich fühlte es sich an, als würde ein Neubau geplant.
Im Stadtrat wird gesagt: „Verschandelt der nicht die ganze Aussicht von Freudenstadt?“ Dann werden ein paar Stangen aufgestellt, Gerüste errichtet. Die Stadtväter und Architekten sagen: „Aha, das Dach läuft hier entlang, und hier kommen die Balkone.“ Das ist wie bei „Kaisers neue Kleider“: Dort sind überhaupt keine Balkone, man sieht kein Dach, und doch soll es so sein.
Wir können die Welt nicht verändern, aber wir können Zeichen setzen, damit deutlich wird, wie es in der Welt Gottes sein wird. Christen müssen der Welt immer einige Nasenlängen voraus sein – einer Welt, die nur das erhofft, was zufällig im Herzen ist.
Wir kennen den Tag Jesu, die Ordnung Jesu, dass einmal sein vollendetes Reich kommen wird. Jetzt sind wir noch armselig dran. Philipp Friedrich Hiller hat gesagt: „Ich bin auch auf der tiefsten Stufe. Mir tun die Menschen weh, die von mir genommen wurden. Der Tod und seine vorauslaufenden Boten meiner Schwäche setzen mir zu.“
Ich sehe die Not dieser Welt um mich herum. Ich leide unter dem Sterben in Bosnien, der Idiotie auf den Autobahnen, dem Massenmord an Kindern, Ungeborenen. Ich bin auf der tiefsten Stufe, ganz unten.
Ich will glauben, reden, rufen, auch wenn ich jetzt schon Marschierer und Pilgerin bin: Jesus Christus herrscht als König. Er ist in seiner Ordnung, er ist noch im Plan, er ist nicht im Verzug.
Jesus Christus herrscht als König. Alles wird ihm untertan sein, alles ehrt, liebt und lobt ihn. In dieser Gewissheit wollen wir in diesen Abend hineingehen und in den Rest unseres Lebens.
Er macht’s!
Die Hoffnung als Antrieb zum Handeln
Ein letztes Beispiel: Wir waren im Hochland von Tansania, eine Gruppe von Synodalen, und sind in dieser sehr armen Gegend, auf zweitausend Meter Höhe im Hochland von Gairo, dem Bischof Chitemo begegnet. Er ist heute der Leiter der afrikanischen Evangelisationsbewegung. Er hat gezeigt, was er für seine arme Bevölkerung tut.
Da sind ein paar Bienenstöcke, einige Hühnerhöfe, und von den neu ausgeschlüpften Küken müssen diejenigen, die Hühner bekommen haben, wieder einige an ihre Nachbarn abgeben. Außerdem gibt es ein paar Zitrusplantagen, damit die Leute ein bisschen Widerstandskraft in diesem Hochland aufbauen können.
Wir haben gesagt: „Herr Bischof, das ist ja kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Das lohnt sich doch kaum. Wie können Sie da durchhalten?“ Da hat er gesagt: „Ich kann durchhalten, weil ich weiß, dass Jesus kommt und diese Welt verändert. Und er soll mich bei seiner Rückkehr an der Arbeit finden.“
Die Zukunft hat begonnen – die Sache mit der Hoffnung. Der Herr Jesus soll uns bei der Arbeit finden, nicht als hoffnungslose Menschen. Wir sind gespannt, was er noch mit uns und mit dieser Welt tun wird.
Wir wollen mit diesem Jesus, der regiert, beten: Herr, Dir müssen wir gar nicht sagen, wie es in unserer Welt aussieht, auch nicht, wie es in unserem Herzen aussieht. Aber Dich dürfen wir bitten: Lass Du nicht ab, um uns zu werben, bis wir Dir wirklich angehören wollen und auch angehören.
Lass uns bei Dir bleiben, dem treuen Heiland, und gib, dass nichts uns von Dir wegtrennen darf. Du hast große Pläne, Du, der Du auf dem Thron des Vaters sitzt. Lass uns wissen, dass wir zu denen gehören, die nicht bloß auf die Stimme ihres Herzens hören müssen, wenn sie an Hoffnung denken, sondern dass wir teilhaben können an den Reichshoffnungen, die durch Dein Wirken bestehen.
Lob sei Dir. Amen.