Ein Bild der Angst und der Rettung
Stell dir vor, es ist schon dunkel, ein Abend relativ spät, und du bist auf dem Weg nach Hause. Es ist kalt, es regnet, und überall lungern finstere Menschen herum – Menschen, die dir Angst machen. Wahrscheinlich sind sie angetrunken, sie pöbeln, sie pöbeln, sie pöbeln. Vielleicht werfen sie sogar mit Bierflaschen nach dem einen oder anderen.
Du siehst, wie Passanten angegriffen werden. Immer wieder hörst du, dass es gefährlich ist, diesen Weg zu gehen. Doch es gibt keinen anderen Weg nach Hause, du musst an ihnen vorbei. Du bist voller Angst.
Plötzlich hört der Regen auf, und es wird hell. Du siehst Scheinwerfer leuchten, Polizeieskorten, die hineinkommen und den Pöbel verhaften, wegbringen. Auf einmal hast du den Eindruck: Jetzt kann ich mich entspannen, jetzt ist Zeit, jetzt ist es sicher, jetzt kann ich getrost nach Hause gehen.
In dem Moment kommt einer der Polizisten auf dich zu, und dir wird klar, dass das vielleicht nicht nur eine gute Nachricht ist. Plötzlich fällt dir all das ein, das in deinem Leben nicht ganz in Ordnung war. Tatsächlich siehst du im Streifenwagen neben dir auf dem Rücksitz eine Akte liegen – mit deinem Namen darauf.
Eine Akte, in der alles aufgelistet ist, was du jemals falsch getan hast: das Mal, wo du schwarz gefahren bist, weil du deine Fahrkarte vergessen hattest und keine Lust hattest, nochmal raufzugehen und eine zu kaufen; die Dinge in der Steuererklärung, die nicht so ganz sauber waren, wo du etwas kreativ geworden bist; Verkehrsdelikte, Lügen und manches mehr.
Auf einmal merkst du, die Angst ist wieder da. Sie ist vielleicht größer als zuvor.
Doch der Polizist kommt auf dich zu, lächelt dich an und sagt: „Ach, keine Sorge, die Akte wollte ich gerade wegschmeißen. Die Anklagen sind alle fallen gelassen worden, deine Strafen sind bezahlt. Du hast nichts mehr zu befürchten. Wir bringen dich jetzt nach Hause.“
Sie fahren dich nach Hause, und du kommst zu deinem Haus. Doch du erkennst es kaum wieder, weil es frisch renoviert ist. Der Garten sieht besser aus als je zuvor. Die Haustür öffnet sich, und dir kommt ein wunderbarer Geruch eines leckeren Abendessens entgegen.
Du sagst: Das ist ja zu gut, um wahr zu sein. Alle Angst hat ein Ende. Es ist atemberaubend.
Was würdest du in einem solchen Moment sagen?
Jesajas Botschaft der Hoffnung und des Dankes
Nun, ich gebe zu, die Geschichte klingt vielleicht relativ fiktiv, aber sie beschreibt eigentlich ziemlich genau die Situation, die unser Predigttext behandelt: das zwölfte Kapitel des Buchs des Propheten Jesaja.
Die Situation eines Volkes, das in der Finsternis gelebt hat, wo Böses überall war, und ein Volk, das das Kommen von Gott fürchten musste, weil Gott Klagen gegen das Volk hatte. Wir sehen hier, dass diesem Volk Gutes widerfährt, dass es keine Angst mehr haben muss. So gibt Jesaja zwölf diesen Menschen Worte, in denen sie ihre große Freude, ihre große Erleichterung, das Wegfallen aller Ängste und diese neue Freude zum Ausdruck bringen können.
Ich möchte uns diese Worte lesen, die unseren heutigen Predigttext bilden. Das ist der letzte Abschnitt, den wir in dieser Serie zum ersten Abschnitt aus dem Jesajabuch bedenken wollen. Ich hoffe, ihr erinnert euch an die bisherigen Predigten, die so durchdrungen waren von Anklagen, von Bösem und von Irrwegen, auf denen das Volk Juda unterwegs war.
Letzte Woche kam ein Hoffnungsschimmer: die Ankündigung, dass der Messias kommen würde, ein Reis, der aus dem Stamm Isais hervorgehen würde. Und jetzt ist er gekommen. Wir hören Worte, die das Volk Juda und alle, die mit ihnen diese frohe Kunde hören und erleben, dann sagen werden:
„Zu der Zeit wirst du sagen: Ich danke dir, Herr, dass du zornig gewesen bist über mich und dein Zorn sich gewendet hat und du mich tröstest. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht. Denn Gott, der Herr, ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil. Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen, und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem Herrn, rufet an seinen Namen, macht kund unter den Völkern sein Tun, verkündigt, wie sein Name so hoch ist, lobet den Herrn, denn er hat sich herrlich bewiesen, solches sei kund in allen Landen. Jauchze und rühme, du Tochter Zion, denn der Heilige Israels ist groß bei dir.“
Was für ein großartiges Loblied! Dieses Danklied besteht, wie wir sicher erkannt haben, aus zwei Strophen. Das sind die beiden Strophen, die wir hier jetzt nacheinander bedenken wollen. Sie beginnen jeweils mit der Aussage in Vers 1 und Vers 4: „Zu der Zeit wirst du sagen“ beziehungsweise „Und ihr werdet sagen zu der Zeit“.
Die Bedeutung der Zeit „Zu der Zeit“
Nun, um welche Zeit handelt es sich hier? Worum geht es? Es ist offensichtlich nicht die Zeit, in der Jesaja lebte und seinen Dienst tat. Denn zu jener Zeit war alles schlecht.
Jesaja sprach im Auftrag Gottes zum Volk Juda. Es war eine schlimme Zeit, und Gott machte das sehr deutlich, indem er all die Bosheit, all das Schlimme, die Gier, den Zorn, den Stolz, die Ungerechtigkeit, die Gottlosigkeit und alles Falsche im Volk Juda offenbarte. Das Böse schien keine Grenzen zu kennen.
Gott spielte keine wirkliche Rolle mehr in diesem Volk, obwohl es so viel Gutes von Gott empfangen hatte. Stattdessen vertraute man lieber auf sich selbst und meinte, alles im Griff zu haben. Als dann die Feinde anrückten – darüber haben wir in den letzten Wochen nachgedacht –, wandte man sich in der Not nicht zu Gott im Gebet. Stattdessen schloss man unheilige Allianzen mit Völkern, mit denen Gott eigentlich gesagt hatte, man solle nicht zusammenarbeiten, weil sie gegen ihn sind.
Das war die Situation, in die Jesaja sprach. Doch wenn er hier von der Zeit redet, schaut er in die Zukunft. Er blickt aus dieser finsteren, düsteren Zeit, die von Gottes Zorn geprägt ist, hin zu einer besseren Zeit. Einer Zeit, in der Juda wieder mit Gott versöhnt leben würde. Einer Zeit, in der das Volk Gott danken und loben würde für das Heil, das von ihm kam – nicht von irgendwelchen anderen Mächten, mit denen man sich hatte verbünden müssen.
Es ist ein Blick voraus, ein Blick auf die Zeit, die auch in der Predigt letzte Woche Thema war: die Zeit, wenn der Messias kommt und sein Reich aufrichtet. Wir haben darüber in Kapitel 11 nachgedacht. In Kapitel 11, Verse 10 und 11 finden wir schon diese Aussage: „Zu der Zeit, zu der Zeit“ – das ist die Zeit, die auch in Kapitel 12, Vers 1 angesprochen wird.
Diese Zeitspanne reicht vom ersten Kommen des Messias bis zu der Zeit, in der er sein Friedensreich vollständig errichtet haben wird. „Zu der Zeit“ beschreibt also eine Zeitspanne. Wir befinden uns mittendrin: von dem Moment, in dem der Messias kommt, bis zu dem Tag, an dem er wiederkommt.
Und zu der Zeit wird das Volk etwas sagen: Es wird Gott danken. Das ist erstaunlich, denn wenn wir uns noch einmal in die Situation von Jesaja zurückversetzen, wird klar, dass der Gedanke an das Kommen des Herrn für das Volk kein guter Gedanke war.
Jesaja machte immer wieder deutlich, dass der Herr zornig ist. Sein gerechter Zorn kommt über dieses Volk. Vielleicht erinnert ihr euch an die Predigt von vor einigen Wochen, als wir in Kapitel 9 und 10 viermal das Echo hörten, dass der Arm des Herrn noch ausgereckt ist und sein Zorn weiterbesteht. Er hatte gerade erst begonnen, seinen Zorn durch Züchtigung über das Volk zu bringen, und es würde weitergehen.
Juda hatte also jeden Grund, das Kommen des Herrn zu fürchten. Jesaja hatte das ganz deutlich gemacht. Diesem Volk, den gleichen Menschen, hatte Jesaja immer wieder gesagt: „Passt bloß auf, wenn ihr so weitermacht!“ Das kennt ihr doch, Eltern, wenn ihr zu euren Kindern sagt: „Wenn du so weitermachst…“
Genau das sagte Gott, der Vater, zu seinem auserwählten Volk Juda: „Wenn ihr so weitermacht, passt bloß auf, ich komme, und das wird euch nicht gut ausgehen.“ Das ist die Situation, die Warnung, die Gott durch Jesaja an das Volk richtete.
Und jetzt sagt er: „Und zu der Zeit werdet ihr danken.“ Versteht ihr, wie absurd dieser Gedanke eigentlich sein muss? Nicht: „Keine Angst“, nicht: „Wir werden flüchten“, nicht: „Wir werden versuchen, uns zu verbergen, aber keinen Ort finden, an dem wir sicher sind.“ Vielleicht erinnert ihr euch auch daran, dass Jesaja das angekündigt hat.
Nein, es kommt eine Zeit, in der der Gedanke an die Gegenwart Gottes keine Angst mehr macht. Eine Zeit, in der wir den Zorn Gottes nicht mehr fürchten, sondern in der Dankbarkeit unsere Herzen erfüllt.
Jesajas persönliche Erfahrung mit Gottes Heiligkeit und Vergebung
Jesaja weiß, wovon er spricht. Anders als das Volk Juda hatte Jesaja diese Erfahrung gemacht. Vielleicht erinnert ihr euch daran: In Kapitel 6 hatte Jesaja im Auftrag Gottes dem Volk Juda all ihr Böses vorgehalten. Er war der Treue, der für Gott sprach.
Dann erschien ihm der Herr in seiner ganzen Heiligkeit: heilig, heilig, heilig. Erinnert ihr euch, wie Jesaja darauf reagierte? Er rief: „Weh mir!“ Dabei sagte er nicht nur, dass er unter einem Volk mit unreinen Lippen und unreinen Herzen lebt, sondern auch von sich selbst.
Plötzlich erkannte er in der Heiligkeit Gottes, dass er selbst viel mehr so ist wie das Volk, das er im Namen Gottes anklagte, als wie der Gott, in dessen Namen er das Volk anklagte. Er sah, dass er selbst Gott zu fürchten hat und vor ihm nicht bestehen kann. „Weh mir!“ Was war geschehen?
Gott hatte ihn berührt. Er hatte ihn durch einen Boten angerührt, den er zu ihm sandte. Dieser Bote sprach zu ihm, dass all seine Sünden vergeben seien und seine Schuld gesühnt worden sei.
Versteht, wie Jesaja selbst erlebt hatte, dass das Kommen Gottes im ersten Moment Angst machte, weil er zu Recht erkannte, dass er vor diesem Gott nicht bestehen kann. Doch auf einmal wurde dieses Erleben zu etwas Befreiendem und Fröhlichem. Deshalb war Jesaja bereit zu sagen: „Herr, hier bin ich, sende mich!“ Er war bereit, alles zu tun, was auch immer kommen sollte, weil er erlebt hatte, wie Gott seinen Zorn von ihm abgewandt und ihm alle Schuld vergeben hatte.
Jesaja kündigt nun prophetisch in Kapitel 12 an, dass das ganze Volk Juda, dass viele Menschen das erleben werden, was er einst erlebt hatte. Sie würden erfahren, wie Gott eingreift und wie sich Gottes Zorn von den Menschen abwenden wird – zu der Zeit, wenn der Messias kommt.
Und genau so war es: Gott kam in Jesus Christus, gut siebenhundert Jahre nachdem der Prophet Jesaja das verheißene hatte. Der Apostel Paulus schaut dann zurück auf diese Zeit, auf dieses erste Kommen, und sagt in Römer 5,8: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind!“
Ich hoffe, ihr versteht: Wir sind Teil dieses Chores und können mit einstimmen.
Die Bedeutung von Palmsonntag und Karfreitag im Licht des Zorns Gottes
Am heutigen Palmsonntag denken wir darüber nach, wie die Menschen Jesus zugejubelt haben und wie dankbar sie für ihn waren. Wir haben die einleitenden Worte gehört, die die Menschen riefen, als sie Jesus in der Stadt Jerusalem willkommen hießen – in der Woche, in der er später gekreuzigt werden sollte.
Dabei haben wir gehört, wie sie Worte aus Psalm 118 riefen, den uns Michael auch vorgelesen hat. Sie jubelten ihm zu, weil sie erkannten: Hier kommt jemand, der Wunder tut, jemand, der voller Weisheit und Liebe ist. Die meisten Menschen waren begeistert von ihm.
Aber wisst ihr, dass Palmsonntag gar kein so guter Tag war? Wisst ihr, dass Karfreitag ein viel besserer Tag war? Manchmal verstehen wir die ganze Osterwoche falsch. Wir denken, Palmsonntag ist der fröhliche, glückliche Jesustag, und dann kommt der traurige Karfreitag. Tatsächlich ist es genau andersherum.
Denn wisst ihr, was zwischen Palmsonntag und Karfreitag passiert? Wisst ihr, was an Palmsonntag geschieht, wenn die Menschen jubeln? Wisst ihr, auf wem der Zorn Gottes liegt? Auf den Menschen, die jubeln. Der Zorn Gottes ist noch nicht abgewandt.
Dann kommt Karfreitag, und Jesus wird ans Kreuz geschlagen. Der Zorn Gottes kommt auf ihn, und er ist von uns abgewandt. Jesus am Kreuz bedeutet: Gottes Zorn ist ausgeschüttet, die Strafe ist bezahlt. Der Polizist nimmt die Akte mit all deinen Fehlern und wirft sie weg, weil die Strafe bezahlt ist.
Versteht ihr, dass kein Freitag der Anfang des wirklichen Jubelns sein müsste? Das hatten die Menschen damals noch nicht verstanden. Erstaunlicherweise haben sie beim Zitieren von Psalm 118 Worte aus unserem Predigttext verwendet.
Ich weiß nicht, ob euch das aufgefallen ist: Psalm 118, Vers 14 enthält genau die gleichen Worte, die wir hier am Ende von Vers 2 finden, wenn es heißt: „Denn Gott, der Herr, ist meine Stärke und mein Psalm und mein Heil.“
Jesus Christus kommt und wendet den Zorn Gottes ab, sodass jeder, der das erlebt, mit einstimmen und sagen kann: Ich danke dir, Herr. Ich erkenne an, dass du zornig warst – und deinen Zorn hätten wir alle verdient gehabt. Du warst zornig über uns.
Ich hoffe, wir alle wissen das, denn wir haben nicht so gelebt, wie wir hätten leben sollen. Auch heute leben wir noch nicht so, wie wir leben sollten. Gott hätte jedes Recht, zornig zu sein. Du warst zornig über mich, und dein Zorn hat sich gewendet.
Du tröstest mich: „Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht, denn Gott, der Herr, ist meine Stärke.“ Mein Lobgesang ist vielleicht besser mein Psalm – und mein Heil.
Kannst du damit einstimmen? Sind das die Worte aus den ersten beiden Versen unseres Predigttextes? Die Worte, die wir in der Zeit, in der wir leben, sagen werden – sind das deine Worte?
Einladung zum schöpfen aus dem Heilsbrunnen
Wenn das noch nicht deine Worte sind, wenn du noch gar nicht verstehst, warum du ohne Jesus zu kommen, ohne sein Sterben, noch unter göttlichem Zorn stündest, möchte ich dich ermutigen, dich selbst ehrlicher anzuschauen. Du ahnst gar nicht, wie finster es um dich herum und in dir ist. Vielleicht ahnst du es doch. Vielleicht fängst du an zu erkennen, dass viel Finsternis in dieser Welt und in deinem Herzen ist.
Ich kann dir einen Ort nennen, an dem du Trost findest, an dem du Sicherheit findest und an dem du Freude finden kannst: bei Jesus. Und weißt du, bei ihm kannst du immer wieder neu schöpfen, damit deine Freude immer wieder neu kommt. Denn sie lässt nach – das kennen wir.
Aber hier in Vers 3 heißt es: „Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus dem Heilsbrunnen.“ Das klingt ein bisschen komisch, nicht? Der Heilsbrunnen und der Gedanke, Wasser aus einem Brunnen zu schöpfen, sind für uns vielleicht etwas weit weg. Doch wenn wir verstehen, dass Juda die Situation mit Wüstenwanderung, Dürre und der Frage, wo man Erfrischung bekommt, noch kennt, wird der Brunnen zu einem frohen Ort. Wassertrinken war erfrischend und lebendig machend. So ging man von Brunnen zu Brunnen, und wir sind aufgerufen, immer wieder zu schöpfen und zum Brunnen zu kommen.
Jesus selbst beschreibt der Samariterin am Jakobsbrunnen in Johannes 4, dass er ein Brunnen ist, aus dem lebendiges Wasser kommt. In Johannes 7 wird gesagt: „Wer da dürstet, der komme zu mir und trinke.“ Er lädt ein: Komm, erfrisch dich bei mir.
Ich weiß nicht, wie es dir geht und wie es um deine Freude am Herrn bestellt ist. Aber wenn du ähnlich tickst wie ich, dann lebst du wahrscheinlich nicht in einem kontinuierlichen Hochgefühl. Vielleicht kennst du Phasen, in denen dein Herz höher schlägt und du dich sehr an Jesus freust – ich hoffe, du kennst diese Phasen. Aber du kennst wahrscheinlich auch Phasen, in denen du eher traurig bist, in denen die Freude am Herrn dein Herz nicht erfüllt und der Herr weit weg erscheint.
Das ist normal, denn wir leben zwar schon in dieser Zeit, aber wir sind noch nicht am Ende angekommen. Wir sind noch nicht im ewigen Friedensreich, wo es keine Trauer, keine Tränen, keinen Schmerz und kein Leid mehr geben wird. Wir leben in der Zwischenzeit zwischen dem ersten und zweiten Kommen Jesu. Deshalb sind wir manchmal traurig, niedergeschlagen oder leidend. Und wir brauchen Erfrischung.
Brauchst du Erfrischung? Dann komm zum Heilsbrunnen und schöpfe daraus das Wasser, das dir zur Freude führt – das lebendige Wasser. Gib dem Geist Gottes Raum in dir, indem du dir immer wieder zusprechen lässt, was der Herr für dich getan hat. Lass dir immer wieder verheißen: „Ich bringe dich sicher nach Hause. Ich bringe dich an einen Ort, der besser sein wird als alles, was du dir jemals vorstellen kannst. Ich bin bei dir. Du musst mich nicht mehr fürchten. Ich bin für dich, ich bin dein Lobgesang, dein Heil.“
Wir schöpfen aus diesem Heilsbrunnen, indem wir uns dem Wort Gottes aussetzen, indem wir unter sein Wort kommen. Ich hoffe, dass ihr gerade anfangt zu trinken. Ich hoffe, dass ihr die Freude einsaugt, dass sie euch mehr erfüllt und ihr sagt: Ja, ich habe Grund, dankbar und froh zu sein. Ich dachte, meine größten Probleme wären die Rechnung, die noch nicht bezahlt ist, oder der Krankenbericht. Aber ich verstehe: Mein größtes Problem war eigentlich der Zorn Gottes, den ich verdient hätte. Ewiges Heulen und Zähneklappern – das wäre mein größtes Problem gewesen. Und es ist weg.
Das, was mich erwartet, ist nicht schlimmer als das, was ich jetzt erlebe, sondern viel, viel besser. Und der Herr steht mir bei, er tröstet mich und trägt mich durch, bis ich dort ankomme.
Diese Woche bieten sich Gelegenheiten zu trinken: Donnerstagabend Gottesdienst, und es wird ausgeschenkt – frisches Wasser. Freitag Gottesdienst, frisches Wasser kostenlos zu haben. Sonntag um zehn, zwölf und neunzehn Uhr frisches Wasser. Und wenn du früh aufstehen magst und schon früh einen Schluck Wasser haben möchtest: 6:30 Uhr auf dem Olympiaberg – frisches Wasser frei Haus.
Bibel aufmachen, einfach zuhause lesen und sagen: Herr, ich brauche deine Verheißung, ich brauche deinen Zuspruch, ich brauche neue Freude. Herr, sprich zu mir, tröste mich, sprich mir dein Heil zu. Das ist der einzige Weg, wie wir immer wieder zurückkommen zu Freude und Dankbarkeit inmitten eines manchmal finsteren Alltags.
Gemeinschaftliches Loben und Verkündigen
Ab Vers vier in der zweiten Strophe sehen wir nun, wie das Loblied der Erlösten weitergeht. Nachdem wir in der ersten Strophe gehört haben, wie sie dem Herrn danken und ihn loben für das Heil, das sie bei ihm empfangen haben, lesen wir nun zu Beginn in Vers vier, dass jetzt ein ganzer Chor mitsingt.
Bis hierhin war es individuell: „Ich danke dir, Herr“, dann in Vers drei schon im Plural: „Wir sollen gemeinsam schöpfen“. Aber jetzt, ab Vers vier, lesen wir, wie das, was wir erlebt haben, wie das, was die Menschen erlebt haben, die auf Gott vertrauen, die erfahren haben, wie sie Gottes Zorn abwenden, was sie auch einander zusprechen sollen:
„Ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem Herrn, ruft an seinen Namen, macht kund unter den Völkern sein Tun, verkündet, wie sein Name so hoch ist, lobt, singet dem Herrn. Denn er hat sich herrlich bewiesen, solches sei kund in allen Landen. Jauchze und rühme du Tochter Zion, denn der heilige Israels ist groß bei dir.“
Also kündigt Jesaja jetzt dem Volk Juda an, dass sie dem Herrn nicht nur danken und ihn loben werden, sondern dass sie das auch einander verkünden werden. So wird ihr Zeugnis weitergehen bis an die Enden der Erde, zu den Völkern, zu allen Völkern, zu allen Landen. Und genauso ist es gekommen.
Uns ist klar: Wir waren nicht in Zion, wir waren nicht in Juda. Die Botschaft, die Jesaja Juda zuspricht, gilt erst einmal Juda, denn dieser Messias, dieser Nachkomme Davids oder Isais, ist zum Volk Juda gekommen. Er ist gekommen und hat seine frohe Botschaft dem Volk Israel kundgetan.
Und was hat das Volk Israel getan? Das Volk Israel hat nicht nur gesagt: „Ich danke dir, Herr“, und ist nach Hause gegangen, hat sich gefreut und aus dem Heilsbrunnen getrunken. Was haben die ersten Christen getan, die allesamt aus dem Volk Juda waren, allesamt aus dem Volk Israel? Was haben sie getan?
Sie haben getrunken, sie hatten so viel Freude in sich, dass es herausgesprudelt ist. Und dann haben sie gesagt: „Wir gehen weiter, sagen es allen Menschen.“ Das haben sie gemacht. Das ist verrückt, oder? Sie sind gar nicht zuhause geblieben, hätten sich ja auch zuhause bequem machen können, den Fernseher anschalten können, das Bayernspiel gucken – naja, das gab es damals noch nicht.
Aber nein, sie sind hinausgegangen und haben den Menschen von dem Frohen, was Gott getan hat, verkündet. Sie waren so erfüllt von dieser Freude, weil sie immer wieder aus dem Heilsbrunnen tranken. Sie wollten mehr hören. Täglich trafen sie sich in Jerusalem im Tempel, ließen sich von den Aposteln lehren und waren erfüllt voller Freude.
So zogen sie dann aus von dort und sagten es weiter. Erst begann es in Jerusalem, und mehr Menschen fingen an zu glauben und erkannten ihr Heil in Jesus. Dann ging es weiter in ganz Judäa. Von Judäa aus ging es weiter bis nach Samarien, und dann weiter bis an die Enden der Erde.
Es ging weiter von Generation zu Generation, von Land zu Land, bis ins einundzwanzigste Jahrhundert. Hier im heidnischen München versammeln sich Menschen und was tun sie? Sie feiern einen Gottesdienst und singen: „Ich danke dir, Herr“, haben wir gesungen, oder?
Wow, Jesaja kündigt uns das an und merkt, wie wir so Teil werden dieses Chores, der hier beschrieben wird. Wir können natürlich sagen: Wir sind dann eben Zuschauer davon, sagen: „Das ist super, da freue ich mich, danke Herr“, und gehen nach Hause, setzen uns ins Wohnzimmer und gucken später das Bayernspiel – und alles ist gut.
Oder wir fügen uns ein in diesen Chor und tragen diese frohe Botschaft weiter. Das ist genau das, was Jesaja hier verkündigt. Ich hoffe, dass wir der Erfüllung dieser weiteren Erfüllung der Prophetie nicht im Wege stehen, sondern Teil davon sind.
Die Herausforderung, die Freude am Evangelium zu leben und zu teilen
Ich kann wirklich sagen: Wenn ich manchmal so unter Gottes Wort sitze und höre, was der Herr für mich getan hat, wenn ich verstehe, wie real der Zorn Gottes über alle Sünde ist, dann fängt in mir immer wieder mein Herz an zu brennen. Dann nehme ich mir vor, wem ich alles das Evangelium weitersagen will.
Kennst du das? Kannst du dir gerade jemanden vorstellen, bei dem du sagst: Dem muss ich unbedingt diese frohe Botschaft weitersagen, weil der Zorn Gottes real ist und das Heil auch? Gibt es jemanden?
Ich mache mir das regelmäßig so: Ich sitze im Gottesdienst und denke, bei der Person ist eine Gelegenheit, die will ich nutzen. Und wisst ihr, was dann passiert? Gottesdienst ist vorbei, wir reden, und dann kommt das Gespräch: „Wo guckst du nachher das Bayernspiel? Gibt es noch was Geiles?“ Naja, gucken wir wieder nicht, aber wenn die gewinnen, dann werden die ja vielleicht Deutscher Meister. Cool, oder? Ja, super, ja. Und wir reden über Belanglosigkeiten, über Nebensächlichkeiten – so, als wäre unsere größte Freude, dass irgendwann im Sommer am Marienplatz wieder die Bayernhymne ertönt und zum xten Mal da irgendeine Salatschüssel hochgehalten wird. Als wäre das unsere größte Freude. Oder was auch immer sonst das Mittagessen ist. Was gibt es bei euch heute?
Jesaja hilft uns, denn Jesaja sagt: Schaut, Leute, das eine, was ihr braucht, ist Trinken aus dem Heißbrunnen. Ihr müsst immer wieder den Fokus bekommen, damit ihr euch erinnert an das, was Gott für euch getan hat. Und zum anderen müssen und dürfen wir einander dabei anspornen.
Seht ihr, das ist ja kein bloßer Ruf, interessant, was er sagt. Er spricht die Leute an und sagt: Das werdet ihr einander sagen. Also nicht nur „sagt das“, sondern sprecht das zueinander. Ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem Herrn, ruft seinen Namen an. Macht kund unter den Völkern sein Tun, verkündigt, wie hoch sein Name ist. Lobet den Herrn, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Ländern.
Aber wisst ihr, das Erstaunliche ist: Andere Dinge, die uns wirklich mit Freude erfüllen, die vergessen wir nicht, oder? Also ich will mir sicher Gideon und Boba mit ihrem kleinen Noah merken. Die muss ich – also Gideon ist erstaunlich. Der spielt heute im Mittagsgottesdienst sogar noch Musik. Ich glaube, ich muss Gideon nach dem Gottesdienst nicht mehr daran erinnern. Gideon, wenn du nach Hause gehst, hast du ein Kind. Der wird wahrscheinlich allen erzählen, wenn er kommt, die wollen eigentlich Musikproben, der wird den Leuten noch erzählen, wie das ist mit dem Kleinen und so. Und die Freude erfüllt ihn, und er kann gar nicht aufhören, davon zu erzählen.
Kennt man solche Sachen? Warum ist das beim Evangelium so anders? Warum werden wir so schnell stumm? Wisst ihr, es gibt niemanden, der versucht, uns die Freude zu nehmen an der Geburt unseres Kindes. Da kämpft keiner dagegen an. Es gibt niemanden, der dagegen ankämpft, dass die Freude an der Beförderung schnell nachlässt. Gibt es keinen, der ein Interesse daran hat, das aufzuhalten? Nein, freut euch daran! Es gibt sogar einen, der sagt: Ja, freut euch über diese Dinge, dass sie euer ganzes Denken erfüllen.
Das ist der Widersacher, und er hat nur ein Ziel: Er will uns die Freude am Herrn rauben. Jesaja spricht hier im Namen Gottes und sagt deswegen: Sprecht das einander zu, ermutigt euch immer wieder. Wir brauchen, dass wir uns gegenseitig zusprechen, damit die Freude nicht nachlässt. Lasst uns einander zu trinken geben.
Lasst uns bewusst nach dem Gottesdienst nicht über Belanglosigkeiten reden. Lasst uns, wenn wir uns als Christen treffen, nicht nur nächsten Sonntag sagen: „Der Herr ist auferstanden.“ „Ja, er ist wahrhaftig auferstanden.“ Und dann freuen wir uns für einen kurzen Moment. Warum sagen wir das nicht jedes Mal, wenn wir uns sehen? Ich meine, gilt das nur nächsten Sonntag? Also ich glaube, er ist heute schon auferstanden. Warum sprechen wir einander diese frohen Dinge nicht tagtäglich zu? Warum ermutigen wir einander nicht mehr mit dem Evangelium, damit wir diese Freude nicht so schnell aus dem Blick verlieren?
Aber ich möchte uns da Mut machen. Ich bin dankbar für unser Gemeindeverständnis, in dem wir uns genau das vorgenommen haben. Da heißt es in einem Abschnitt: Wir wollen einander mit dem Wort Gottes ermutigen. Und dann im nächsten Abschnitt, unter der dritten Kategorie: Wir wollen einander dabei unterstützen, mutiger unseren Glauben mit Worten und praktischer Nächstenliebe zu bekennen.
Ja, lasst uns das tun! Lasst uns einander dabei unterstützen, damit die Freude nicht nachlässt, sondern hinaussprudelt in diese Welt. Lasst uns einander dabei helfen, indem wir Gebetspartnerschaften bilden und sagen: „Okay, an wen hast du vorhin gedacht? An wen willst du das Evangelium sagen? Sag mir das, und ich bete mit dir darüber. Und dann reden wir nächste Woche: Hattest du schon Gelegenheit, mit dem zu reden? Bist du immer noch froh am Evangelium? Glaubst du immer noch, dass der Zorn Gottes real ist? Glaubst du immer noch, dass wir bei Jesus Heil und Schutz davor finden?“ „Ja, tu ich immer noch.“ „Okay, wann redest du mit ihm? Ich bete für dich.“
Das ändert was, oder? Könnt ihr euch vorstellen, wie das hilft? Das ist genau das, wozu Jesaja uns hier aufruft.
Strategisch: Essenseinladung zu Ostern – wen ladet ihr ein? Ladet ihr jemanden ein? Ladet ein paar Leute aus der Gemeinde ein, aber ladet doch auch noch Nichtchristen ein, aus der Nachbarschaft oder Kollegen oder Freunde, die das Evangelium noch nicht wirklich kennen. Damit sie mit dabei sitzen können und wenn ihr über eure Osterfreude redet, sie anfangen sich zu wundern und ihr ihnen erklären könnt, warum ihr so froh seid über Ostern und dass es nicht nur gut ist, weil Montag Feiertag ist.
Und wisst ihr, es ist nicht nur so, dass wir einander dabei helfen können. Wir dürfen wissen: Der Herr ist dabei. Der Herr gibt diesen Auftrag, diesen Aufruf. Er verkündet dieses Danklied, weil er selber durch uns sprechen möchte zu den Menschen.
Er ist dabei, dass der letzte Vers unseres Lobliedes – Vers 6 – gilt: „Jauchzt und rühmt die Tochter Zion, denn der Heilige Israels ist groß bei dir, er ist bei dir.“ Ja, das galt ursprünglich den Menschen in Juda, das ist klar. Jesus war bei ihnen, und doch wissen wir, dass Jesus angekündigt hat, dass er bei allen ist, die an ihn glauben, bis ans Ende der Welt.
Durch seinen Heiligen Geist ist der Heilige Israels groß auch in uns, er ist bei uns. Gott ist bei dir mit seinem Trost. Er ist bei dir, um dich zu ermutigen. Er ist bei dir, um dir zuzusprechen, dass es keine Verdammnis mehr gibt für dich, wenn du in Christus Jesus bist.
Er ist bei dir, damit deine Freude immer mehr zunimmt. Er ist bei dir, damit diese Freude hinaussprudeln kann und er durch dich noch andere Menschen hineinrufen kann in diesen großen Chor.
Die Zusage eines sicheren Zuhauses und der Aufruf zum Lobpreis
Vielleicht ist es gut, wenn wir uns am Ende der Predigt noch einmal darauf besinnen, wo wir ohne Gott wären. Wir wären auf dem Weg nach Hause, ohne zu wissen, wo das ist. Wir wären mitten in der Finsternis, es wäre kalt und es würde regnen. Wir würden erleben, dass das Böse überall um uns herum ist. Und wenn wir auch nur einen ersten Blick auf Gott bekämen, dann würden wir erleben, dass Gottes Gegenwart auch für uns ein Problem ist.
Aber wir durften erleben, dass der Schuldschein zerrissen ist. Wir durften wissen, dass Gott gesagt hat: Steig bei mir mit ein, ich bring dich sicher nach Hause. Und wir dürfen wissen, dass wir eines Tages ankommen werden bei einem Zuhause, das so viel besser sein wird als alles, was wir uns jemals vorstellen können.
Versteht ihr, dass die Eingangsgeschichte etwas mit uns zu tun hat? Dass das deine Geschichte ist, wenn du auf Jesus vertraust? Nur dass die Realität noch viel besser sein wird.
Deshalb lasst uns sagen: Ich danke dir, Herr, dass du zornig gewesen bist über mich, und dein Zorn sich gewendet hat und du mich tröstest. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht, denn Gott, der Herr, ist meine Stärke und mein Psalm und mein Heil. Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus dem Heilsbrunnen.
Und lasst uns sagen: Danket dem Herrn, ruft an seinen Namen, macht kund unter den Völkern sein Tun, verkündigt, wie sein Name so hoch ist. Lob singet dem Herrn, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Landen. Jauchze und rühme, du Tochter Zion, denn der Heilige Israels ist groß bei dir.
Lasst uns das tun. Lasst uns dem Herrn Lob singen mit frohem und dankbarem Herzen.
Himmlischer Vater, das ist unser Gebet: Schenke, dass wir das immer mehr erleben, dass deine Rettung, das Heil, das du uns geschenkt hast, uns zu frohen und dankbaren Menschen macht. Hilf uns, immer mehr zu erleben, dass du wirklich bei uns bist, dass wir bei dir sicher sind und Trost finden.
Und so wollen wir beten, dass wir, wenn wir dich jetzt loben, das nicht tun, weil man das einfach Sonntagfrüh im Gottesdienst tut, sondern dass es Ausdruck tiefer Dankbarkeit in unseren Herzen ist. Hilf uns, einander dabei zu ermutigen, weiter froh diese großen Wahrheiten zu verkünden, auf dass noch viele Menschen mit einstimmen können in diesen Freudenchor.
Das erbitten wir in Jesu Namen. Amen.