Wir haben heute unseren ersten – nein, ich habe meinen ersten – Alten Testament Kursvortrag hier in diesen Räumlichkeiten. Toll, oder? Die Einführung in Jeremia wird aus zwei Vorträgen bestehen: Der erste Vortrag findet heute Abend statt, der nächste in zwei Wochen.
Heute geht es um Jeremia, seine Zeit und seine Person. Beim nächsten Mal wird es um eine Gliederung des Buches Jeremia gehen beziehungsweise um ein Thema, das ich angesichts der aktuellen politischen Großwetterlage recht spannend finde: Gott, ein Gott aller Völker.
Ich weiß nicht, wie weit ihr schon Jeremia gelesen habt oder ob ihr überhaupt darin lest. Aber ihr werdet am Ende des Buches feststellen, dass das, was am Anfang steht, stimmt: Jeremia ist ein Prophet nicht nur für sein eigenes Volk, sondern auch für die Heiden, also die nicht-israelitischen Völker. Am Ende des Buches gibt es mehrere Kapitel mit Prophezeiungen über andere Völker und deren Einordnung. Darum soll es dann im zweiten Vortrag gehen.
Heute also Vortrag eins: Jeremia – seine Zeit und die Person des Jeremia. Ich habe euch eine Zeittafel mitgebracht, auf der man sehen kann, welche Könige und Statthalter – ja genau, mach das mal aus – Jeremia erlebt hat. Das ist richtig genial hier. Stark! Unten seht ihr auch den Statthalter Gedalja, den Jeremia erlebt hat.
Wir schlagen nun das Buch Jeremia auf und lesen Jeremia Kapitel 1, Verse 1 bis 5. Die Bibeln liegen hinten im offenen Schrank unten. Anne hätte mehr mitbringen können.
Jeremia 1,1: „Worte Jeremias, des Sohnes Hilkias, von den Priestern in Anatot im Land Benjamin; zu dem das Wort des Herrn geschah in den Tagen Josias, des Sohnes Ammons, des Königs von Juda, im dreizehnten Jahr seiner Regierung. Und es geschah auch in den Tagen Jojakims, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, bis zum Ende des elften Jahres Zedekias, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, bis zur Wegführung Jerusalems im fünften Monat.“
Jeremia 1,4-5: „Und das Wort des Herrn geschah zu mir: Ehe ich dich im Mutterschoss bildete, habe ich dich erkannt, und ehe du aus dem Mutterleib hervorkamst, habe ich dich geheiligt; zum Propheten für die Nationen habe ich dich eingesetzt.“
Jeremia wurde um das Jahr 647 v. Chr. geboren. Zum König Manasse werde ich später noch etwas sagen. Jeremia wurde in Anatot geboren, einer Priesterstadt etwa fünf Kilometer nordöstlich von Jerusalem.
Wir haben gelesen, dass Jeremia schon vor seiner Geburt zum Propheten geheiligt wurde. Was bedeutet „heiligen“? Es heißt absondern, beiseite setzen. Gott hatte also schon vor der Geburt gesagt: Dieses Kind bekommt von mir einen besonderen Auftrag, den ich zu einem besonderen Dienst berufe.
Im dreizehnten Regierungsjahr Josias, also als etwa Zwanzigjähriger, wurde Jeremia berufen. Ich habe das hier auf 627 v. Chr. gesetzt. Unter König Josia findet die Berufung statt. Dann wirkt Jeremia von 627 v. Chr. bis etwa 580 v. Chr. – also eine ziemlich lange Zeit.
Wenn ihr euch vorstellt, von 627 bis etwa 580 v. Chr., das sind 27 plus 20 Jahre – also viel Zeit, die vergeht. Er wirkt in Jerusalem unter all diesen Königen: Josia, Joahas, Jojakim, Jojachin und Zedekia. Außerdem gibt es den Statthalter Gedalja, der ebenfalls in Jerusalem tätig war.
Am Ende steht die Flucht des Überrestes mit Jeremia nach Ägypten. Dort wirkt er weitere etwa fünf Jahre unter diesem Überrest.
Die meiste Zeit seines Wirkens verbringt Jeremia also in Jerusalem – etwa 40 Jahre – und danach noch etwa fünf Jahre in Ägypten.
Um das Buch Jeremia richtig einzuführen, muss ich zunächst über diesen König sprechen. Ich habe die Folie so aufgebaut, dass ihr in der ersten Spalte den Namen habt und in der zweiten Spalte das Urteil über den König. Dabei habe ich zwei lachende Männchen verwendet. Das erste steht für den Beginn des Königs, das zweite für sein Ende.
Manasse beginnt nicht gut, denn am Anfang weint unser Lachmännchen. Dazu wollen wir einen Text aus 2. Könige 21 lesen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, was für ein Mensch Manasse war.
2. Könige 21,1-7: Manasse war zwölf Jahre alt, als er König wurde, also quasi ein Teenager. Er regierte fünfundfünfzig Jahre in Jerusalem. Der Name seiner Mutter war Hefzibar. Er tat, was böse war in den Augen des Herrn, und zwar nach den Gräueln der Nationen, die der Herr vor den Söhnen Israels vertrieben hatte. Das klingt schon nicht gut.
Jetzt folgt eine Aufzählung all der bösen Dinge, die er getan hat: Er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia vernichtet hatte. Er richtete Altäre für den Baal ein und machte eine Aschera, wie es Ahab, der König von Israel, getan hatte. Er warf sich nieder vor dem ganzen Heer des Himmels und diente ihnen. Hier klingt etwas von der traurigen Familiensituation an. Manasse hatte einen gläubigen Vater, doch er verwirft alles, was er von seinem Vater hätte mitbekommen können. Er geht konsequent in die andere Richtung. Er verlässt nicht nur den einen Gott, sondern holt sich ganz bewusst die ganzen Götzen der Umgebung ins Land.
In Vers 4 heißt es: Er baute Altäre im Haus des Herrn, von dem der Herr gesagt hatte: „In Jerusalem will ich meinen Namen niederlegen.“ Er baute für das ganze Heer des Himmels Altäre in den beiden Vorhöfen des Hauses des Herrn.
Jetzt kommt etwas, das ich persönlich für grausam halte: Er ließ seinen Sohn durchs Feuer gehen. Er trieb Zauberei und Beschwörung und ließ sich mit toten Geistern und Wahrsagegeistern ein. Er tat vieles, was böse war in den Augen des Herrn, um ihn zu reizen.
Wurden die Tiere nicht getötet? Ja, sie wurden getötet. Man nimmt an, dass es eine Figur des Götzen gab, meistens den Moloch, der ausgebreitete Arme hatte. Diese wurde entweder zum Glühen gebracht oder sehr heiß gemacht, und dann legte man die Kinder in seine Arme. Das ist das Bild vom „Durchs Feuer gehen lassen“. Am Ende kamen die Kinder nicht lebendig heraus. „Durchs Feuer gehen lassen“ bedeutet also, dass die Kinder geopfert wurden.
Umgekehrt gesagt: Wenn man fragt, was das Höchste ist, was man geben kann, dann sind es die Kinder. In der damaligen Zeit waren die Kinder für einen König, der eine Dynastie errichten will, womöglich der erstgeborene Sohn der Stammhalter. Du gibst das Beste, was du hast. Mehr als ich selbst weiß, weiß ich nicht. Aber wenn du dich selbst nicht umbringen willst, hast du wenig, was du geben kannst.
Das ist Manasse. In Vers 8 oder 9 heißt es: „Und Manasse verführte sie, mehr Böses zu tun, als die Nationen, die der Herr vor den Söhnen Israel ausgerottet hatte.“ Die Nationen ringsherum haben schon viel Böses getan, aber Manasse sorgte dafür, dass Israel noch viel mehr Böses tut.
In Vers 16 steht: „Manasse vergoss auch sehr viel unschuldiges Blut, bis er Jerusalem damit anfüllte, von einem Ende bis zum anderen, abgesehen von seiner Sünde, mit der er Juda zur Sünde verführte, zu tun, was böse war in den Augen des Herrn.“ Ein böser, götzendienerischer, gewalttätiger Herrscher.
Jetzt fragt ihr euch vielleicht, warum hier ein weinendes Gesicht ist, aber daneben ein lachendes? Das geht, weil Gott tatsächlich im Leben dieses Mannes Umkehr und echte Buße bewirkt hat.
Wenn jemand Probleme hat und denkt, er sei so weit weg von Gott, dass er nicht mehr umkehren kann, gibt es zwei hervorragende Beispiele. Eines ist Paulus, der von sich sagt, er sei der größte der Sünder gewesen. Das ist verständlich, denn im 1. Timotheusbrief beschreibt er, wie er die Pflänzchengemeinden in einer kritischen Situation radikal verfolgt hat.
Wenn ihr aber anschaulich zeigen wollt, was ein Mensch alles anstellen kann, ohne dass Gott ihn endgültig verwirft, nehmt Manasse. Der Mann war wirklich grausam und unmenschlich.
Nun kommen wir zu einer wichtigen Situation, die wir im Buch 2. Chronik lesen, Kapitel 33, Verse 10-16. Zuerst lesen wir 10-13, dann 14-16.
In den Versen 10-13 zeigt sich das Handeln Gottes: Der Herr redete zu Manasse und seinem Volk, aber sie achteten nicht darauf. Da ließ der Herr die Obersten des Königs von Assur über sie kommen. Sie nahmen Manasse gefangen, banden ihn mit eisernen Fesseln und führten ihn nach Babel.
In dieser Zeit sind die Assyrer die Weltmacht. Ihr erinnert euch vielleicht, dass 722 v. Chr. das Nordreich deportiert wurde. Wir befinden uns jetzt im Südreich, und Manasse ist König. In der Zeit von 698 bis 643 v. Chr., in der Manasse regiert, sind die Assyrer noch Weltmacht. Sie kommen, schnappen sich Manasse und bringen ihn nach Babel.
In dieser Situation, in der er keinen Ausweg mehr sieht, heißt es in Vers 12: „Als er so bedrängt war, flehte er den Herrn, seinen Gott, an, demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter und betete zu ihm.“ Er ließ sich von Gott erbitten, und Gott hörte sein Flehen. Er brachte ihn zurück nach Jerusalem in seine Königsherrschaft.
Da erkannte Manasse, dass der Herr der wahre Gott ist. Ist es schlimm, wenn ich mich in einer Notlage bekehre? Gilt diese Bekehrung nicht? Doch, sie gilt. Andersherum wird ein Schuh daraus: Kann es sein, dass Gott eine Notlage verwendet, um dir zu zeigen, dass du alleine, wenn du den Weg weitergehst, nur in der Hölle landest?
Manasse hat es verstanden. Er merkte, dass all seine Sicherheiten und Götzen ihn nicht retten konnten. Er war ganz allein. Vielleicht kann ihm doch der Gott seiner Väter helfen. Er betete, und Gott griff ein. Gott brachte ihn zurück, und plötzlich war er wieder König.
War die Umkehr, diese Buße von Manasse, echt? In so einer Situation kann man viel beten. Woran sieht man, ob Buße echt ist? Am Leben.
Nun schauen wir uns an, wie er lebt. Die Verse 14-16 berichten: Er baute die äußere Mauer für die Stadt Davids, westlich vom Gihon im Tal bis zum Fischtor und umschloss den Ofel. Er baute sie sehr hoch und legte Heeroberste in alle befestigten Städte in Juda.
Man könnte sagen, die Assyrer hatten die Befestigungsanlagen zerstört. Nun kommt Manasse zurück und baut sie wieder auf. Ist das ein Zeichen für Buße? Nein, das zeigt erst einmal nur, dass er weiß, was ein König zu tun hat.
Im nächsten Vers heißt es: Er tat die fremden Götter weg, das Götzenbild aus dem Haus des Herrn und alle Altäre, die er auf dem Berg des Hauses des Herrn und in Jerusalem gebaut hatte. Er warf sie vor die Stadt hinaus. Dann baute er den Altar des Herrn wieder auf, opferte Heilsopfer und Dankopfer und befahl Juda, dem Herrn, dem Gott Israels, zu dienen.
Ist das ein Zeichen für Buße? Ja, denn vorher hatte er alle Götzen hereingeholt und die Menschen davon abgehalten, den Gott Israels anzubeten. Jetzt wirft er die Götzen hinaus, weil er erkannt hat, dass der Herr der wahre Gott ist (Vers 13b). Er war zu diesem Gott umgekehrt.
Echte Buße bringt echte Lebensveränderung hervor. Doch das wird auch deutlich: Diese Reformen, die Manasse einführt, dringen nicht bis ins Herz des Volkes vor. Er selbst hat seine Lektion gelernt, aber das Volk als Ganzes nicht.
Man merkt das schon an seinem Sohn Amon, der nur von 643 bis 641 v. Chr. regierte. Was bei Manasse anfängt, dieser positive Aufbruch, wird von seinem Sohn überhaupt nicht fortgeführt. Die zwei weinenden Männchen zeigen: Amon fängt schlecht an und hört schlecht auf.
Man merkt auch, dass Gott mit einem Volk nur bis zu einem bestimmten Punkt die Schlechtigkeit erträgt. Dann sagt er: Jetzt kommt Gericht.
Schauen wir dazu 2. Könige 24,4. Dort sind wir schon weiter in der Beschreibung, nämlich in der Regierungszeit Joachims (609 bis 598 v. Chr.).
Joachim erlebt die erste Eroberung Jerusalems im Jahr 605 v. Chr. Diese Eroberung ist bekannt, weil Daniel und seine Freunde deportiert wurden. Jerusalem wird hier dreimal erobert oder eingenommen.
In 2. Könige 24,3 heißt es: „Nach dem Befehl des Herrn geschah das gegen Juda, um es von seinem Angesicht zu entfernen, wegen der Sünden Manasses, nach allem, was er getan hatte, auch wegen des unschuldigen Blutes, das er vergossen hatte, so dass er Jerusalem damit anfüllte.“ Das wollte der Herr nicht vergeben.
Zur Zeit Joachims wird also Gericht über das Volk vollzogen. Gott sagt, unter Manasse seien Dinge passiert, die die Schuld des Volkes vollgemacht haben. Das Gericht kommt. Es kam nicht unter Manasse, denn Manasse hat Buße getan. Es dauerte noch bis zu Amons Zeit, und dann erleben wir Josia, der ein strahlendes Vorbild im Glauben ist. Auch bei ihm kommt das Gericht nicht. Gott hat Geduld und ist nicht ungerecht.
Wenn man sich fragt, warum das Gericht unter Joachim kommt und warum Gott das zulässt, dann sagt er: Es gab Sünden, die zu weit gegangen sind, und sie begannen bereits bei Manasse.
Josia – das habe ich gerade gesagt – regierte von 641 bis 609 vor Christus. Unter seiner Herrschaft beginnt im Jahr 627 der Dienst Jeremias. Josia ist einfach beeindruckend und eignet sich hervorragend für jede Jugendandacht. Kaspar, wenn du deine erste Jugendandacht hältst, nimm Josia als Thema.
Josia wird König, als er noch ein kleines Kind ist, gerade einmal acht Jahre alt. In mehreren Etappen führt er das Volk Israel aus der Unwissenheit heraus, möchte ich fast sagen. Das beginnt im Jahr 632 v. Chr., als er 15 Jahre alt ist und beginnt, Gott zu suchen. Und ihr wisst, wenn jemand aufrichtig Gott sucht, dann wird er ihn auch finden – das steht in der Bibel. So findet Josia Gott.
Im Jahr 629 v. Chr., mit 19 Jahren, beginnt er damit, Jerusalem und Juda vom Götzendienst zu reinigen. Unter König Ammon hatte sich wieder einiges an Götzendienst festgesetzt. Das Volk war eigentlich von den Sünden und vom Götzendienst nie richtig weggekommen. Josia setzt jetzt Reformen durch, zerschlägt die Götzenbilder und sorgt dafür, dass Gott, dem er dient, auch Anbetung erhält – soweit sein Einfluss reicht.
Dann, im Jahr 622 v. Chr., ein ganz wichtiges Datum: Der Hohepriester Hilkia findet ein Buch, nämlich das Buch des Gesetzes. Was ist das? Es sind die ersten fünf Bücher Mose. Josia kannte diese Bücher nicht. Beim Aufräumen im Tempel wird dieses Buch gefunden. Interessant ist, dass die Bücher anders genannt wurden, zum Beispiel Erstes Mose, Zweites Mose, aber hier heißt es „Buch des Gesetzes“. Man fragt eine Prophetin namens Hulda, die erklärt, was das bedeutet und was darin steht. Josia versteht sofort, was das heißt und erkennt, wie weit sich das Volk von dem Standard entfernt hatte, der in diesen Büchern beschrieben ist.
Daraufhin versammelt Josia alle Ältesten und schließt einen Bund zwischen dem Volk auf der einen Seite und Gott auf der anderen Seite. Er feiert das größte Passafest seit den Zeiten Samuels. Die Erweckung und Buße unter Josia sind ernst gemeint.
Trotzdem schlägt man einmal Jeremia 3 auf, Vers 10. Dort beschreibt Jeremia die Haltung des Volkes in dieser Angelegenheit: „Und selbst bei alledem ist ihr Schwester Juda, die Treulose, nicht mit ihrem ganzen Herzen zu mir zurückgekehrt, sondern nur zum Schein“, spricht der Herr.
Man kann Josia nicht vorwerfen, dass er es nicht persönlich ernst gemeint hätte. Aber im Blick auf das Volk sieht es anders aus. Die meisten – auch die Verantwortungsträger – waren bei den Erweckungen, Befreiungen und der Rückkehr zur Anbetung Gottes nicht mit ganzem Herzen dabei. Das merkt man auch daran, dass Josia im Jahr 609 v. Chr. in der Schlacht bei Megiddo stirbt. Danach geht alles ganz schnell. Das ganze Volk kehrt unter den Königen Joachim und Zedekia gleich wieder zum Götzendienst zurück, als hätten sie nichts gelernt.
Man schüttelt den Kopf – das ist einfach verrückt. Du hast einen König wie Josia, der über 30 Jahre regiert, viel tut und man denkt, wow, uns geht es gut, die Anbetung funktioniert. Aber das Volk lernt nichts. Manasse erlebt Umkehr, das Volk lernt nichts. Josia bringt noch mehr Umkehr, doch das Volk lernt nichts.
Und jetzt kommt das Gericht näher. Das Maß ist schon voll, sagt die Bibel. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann es umgesetzt wird. Hier müssen wir zwischen dem Handeln Gottes mit einem ganzen Volk und der Sünde des Einzelnen unterscheiden. Das möchte ich im nächsten Vortrag näher erläutern, wenn ich über das Handeln Gottes mit Völkern sprechen werde.
Ja, aber wenn man so will: Ein Jeremia, der durch dieses Gerichtshandeln Gottes geht, begleitet sein Volk in die Gefangenschaft. Ein Hesekiel lebt in der Gefangenschaft, nicht weil er dort leben will, nicht weil er ungerecht ist oder Sünde begangen hat, sondern weil an dem Volk das Gerichtshandeln Gottes deutlich wird.
Und machen wir es noch deutlicher: Wenn Deutschland von Gott gerichtet wird – und wir müssen damit rechnen, dass das geschieht –, dann liegt das daran, dass Deutschland sich zwar nach dem Krieg sehr sorgfältig um den Staat Israel gekümmert hat. Ich persönlich denke, dass dies auch ein Grund dafür ist, warum sich Deutschland sehr schnell entwickelt hat. Doch in den letzten zwei, drei Jahrzehnten ist Deutschland immer weiter vom Maßstab Gottes abgekommen, und die Gebote Gottes spielen eine immer kleinere Rolle.
Es würde mich nicht wundern, wenn Gott dieses Volk irgendwann richtet. Ich weiß nicht, wann das sein wird – kein Prophet kann das sagen, nur so viel: Wenn Gericht kommt, zum Beispiel infolge von Krieg, dann trifft es uns mit. Ja, da gibt es eine Korrelation, aber die können wir vielleicht beim nächsten Mal noch etwas weiter ausführen.
Was ist wichtig? Was ist die Aufgabe, die Jeremia hat? Jeremia hat die Aufgabe, sein Volk zu warnen. Es scheint so, als wäre Jeremia die letzte warnende Stimme, die Gott erhebt. Wir sehen, wie der Verfall des Volkes unaufhörlich voranschreitet und wie sie nicht auf Jeremia hören werden. Das ist die traurige Botschaft von Jeremia.
So unterscheidet sich die Botschaft Jeremias ganz gewaltig von der Botschaft eines Jesaja. Erinnert euch: Die Feinde stehen vor den Toren Jerusalems. Was predigt Jesaja? Nein, was predigt Jesaja unter Hiskia? Sagt er, wir sollen umkehren? Und wenn sie nicht umkehren? Nein, er redet nicht von Umkehr, weil unter Hiskia ein gläubiger Mann an der Macht ist.
Was predigt Jesaja? Was ist die Botschaft Jesajas, wenn die Truppen des Rapschake auftreten und alles verhöhnen? Sollen die Waffen weggelegt werden? Nein, sollen sie nicht. Nein, was predigt Jesaja? Das ist so die Kernbotschaft Jesajas an dieser Stelle: Er sagt, setzt euer ganzes Vertrauen auf den Herrn, bleibt beim Herrn, vergesst, was der Feind erzählt. Wenn ihr auf den Herrn vertraut, dann muss diese Armee umkehren – egal wie stark sie sich gebärdet, egal wie viele Könige sie vor euch schon geschlagen hat, wie viele Städte sie eingenommen hat. Das spielt alles keine Rolle.
Und Hiskia geht dann mit dem Brief in den Tempel und sagt: Hier, Gott, so sieht es aus, das sagen sie. Er setzt sein Vertrauen darauf.
Jetzt hat Jeremia die gleiche Situation, aber er wird nicht predigen: Vertraut auf den Herrn und die Feinde werden abziehen. Nein, er wird etwas ganz anderes predigen. Er wird sagen: Ich werfe euch unter das Gericht Gottes.
Für Jeremia ist klar: Das Gericht wird kommen, du kannst es nicht mehr abwenden. Das Einzige, was dieses Volk noch tun kann, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, ist zu sagen: Okay, wir haben Gericht verdient, wir nehmen das Gericht an und beugen uns unter das Gericht Gottes. Nur so würden Stadt und Volk vor der vollkommenen Zerstörung, vor der vollkommenen Vernichtung verschont bleiben.
Ja, das sind mir die liebsten Prediger: Du hast gerade eine Belagerung vor der Stadt, und die feindlichen Soldaten stehen da. Dann ist einer bei dir und sagt: Ergebt euch, es hat eh alles keinen Sinn, wenn ihr jetzt weitermacht und kämpft. Na, das ist etwas, worüber sich jeder Oberste so richtig freut.
Jeremia wurde entsprechend auch verachtet und verfolgt. Man hielt ihn für einen Verräter. Und man muss annehmen, dass sich in seinem vierzigjährigen Dienst in Jerusalem eigentlich so gut wie niemand bekehrt hat. Wow! Gott setzt einen Propheten in eine Situation, in der er eine Botschaft bringt, die heißt: Ergebt euch, das Gericht wird kommen, ihr werdet dem Gericht nicht entgehen.
Er ruft auch zur Buße auf, das werden wir gleich noch sehen. Und niemand reagiert.
Gott sagt ihm von vornherein: Dein Dienst wird ein harter Dienst sein. Wir schauen uns nachher noch an, was Gott ihm im Einzelnen schon prophezeit hat.
Mir verbinden sich zwei Dinge miteinander: Auf der einen Seite ist Jeremia ein sehr sensibler Mensch, der viel Mitgefühl mit seinem Volk hat. Auf der anderen Seite bringt er eine Botschaft, die ziemlich hart ist – eigentlich eine gnadenlose Gerichtsbotschaft.
Diese Botschaft geht so weit, dass Gott ihm sagt – schlagen wir auf Jeremia 7,16 nach – dass er nicht für das Volk bitten soll: "Du aber bitte nicht für dieses Volk und erhebe weder Flehen noch Gebet für sie und dringe nicht in mich; denn ich werde nicht auf dich hören." So kam er in diese Situation, dass Gott ihm sagt: Du brauchst jetzt nicht dafür zu beten, ich werde das Gericht nicht abwenden.
Dreimal lesen wir so etwas bei Jeremia.
In Jeremia 8,21 heißt es, damit wir ein bisschen sehen, wie es Jeremia ging – es gibt ja so knallharte Typen, Männer aus Eisen und Stahl, die da stehen und sagen: Ich bringe dir das Gericht, und es berührt mich überhaupt nicht. Aber so war Jeremia nicht.
Jeremia 8,21: "Über dem Zusammenbruch der Tochter meines Volkes bin ich zerbrochen, ich trauere, Entsetzen hat mich ergriffen. Ist denn kein Balsam in Gilead oder kein Arzt dort?"
Da ist ein Mann, der seine Botschaft bringt, und merkt, wie sich nichts tut. Er sieht, wie dieses Volk kaputtgeht, und das lässt ihn nicht kalt. Er weint, er ist entsetzt.
Diese Spannung, in der er steht, zeigt sich auch in Jeremia 26. Wenn wir so hin und her springen – denn der Aufbau des Buches Jeremia ist nicht unbedingt chronologisch – heißt es in Jeremia 26,12-13:
"Jeremia aber sagte zu den Obersten und zum ganzen Volk: Der Herr hat mich gesandt gegen dieses Haus und gegen diese Stadt, all die Worte zu weissagen, die ihr gehört habt. Und nun bessert eure Wege und Taten und hört auf die Stimme des Herrn, eures Gottes, dann wird der Herr sich des Unheils gereuen lassen, das er über euch geredet hat."
Hier ist also noch ein Schuss Hoffnung drin: Ihr könnt noch umkehren. Das Unheil muss nicht in all seiner Radikalität zuschlagen.
Gleichzeitig merken wir in Kapitel 15, Vers 1: "Obwohl es noch diesen Hoffnungsschimmer gibt, sprach der Herr zu mir: Selbst wenn Mose und Samuel vor mir stünden, würde sich meine Seele nicht zu diesem Volk wenden."
Das Gericht bleibt also beschlossene Sache. Ein Stück weit ist noch die Möglichkeit da, das Unheil – also die völlige Vernichtung der Stadt zum Beispiel – abzuwenden. Es muss nicht alles drunter und drüber gehen. Trotzdem wird Gott sich nicht erweichen lassen.
Ein Mann, der in Zeiten des totalen Abfalls das Gericht Gottes predigt und dabei wenig Sympathie erntet.
Ich habe ein paar Gedanken zum Thema erfolgreicher Dienst aufgeschrieben. Ich halte Jeremia für jemanden, der seinen Dienst sehr treu und gut getan hat. Wir können einiges von ihm lernen, wie erfolgreicher Dienst aussieht.
Eine Sache ist zum Beispiel Jeremia 1, Vers 6: Gott beruft ihn, und der Prophet ist Feuer und Flamme. Er sagt: „Super, das wollte ich immer schon werden, Prophet! Toll, dass ich auch mitmachen darf, das finde ich klasse, und ich bin noch gar nicht so alt. Ich habe noch ein ganzes prophetisches Leben vor mir, super!“ Doch Jeremia antwortet: „Ach Herr, ich verstehe nicht zu reden, denn ich bin zu jung.“
Gott klopft an, und Jeremia sagt, dass er eigentlich noch zu jung sei und sich für den falschen hält. Vielleicht hat Jeremia Recht, aber Gott lässt diesen Einwand nicht zu. Er gibt Antworten darauf, dass Jeremia zu jung sei. Solche Einwände merkt man sich, wenn man Leute motivieren will zum Dienst, die sagen: „Ich bin noch gar nicht so lange gläubig, das kann ich noch gar nicht machen, das ist viel zu groß für mich, das geht doch gar nicht.“
Ich gebe euch ein paar Antworten, die Gott Jeremia gibt. Wenn ihr diese Antworten zufällig mal irgendwo hört, wisst ihr, woher sie stammen.
In Vers 7 und 8 lautet die erste Antwort: Furcht ist nicht nötig, weil Gott dabei ist und retten kann. Ich lese vor:
Da sprach der Herr zu mir: „Sage nicht, ich bin zu jung, denn zu allen, zu denen ich dich sende, sollst du gehen, und alles, was ich dir gebiete, sollst du reden. Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich bin mit dir, um dich zu erretten, spricht der Herr.“
Mag ja sein, dass du jung bist, Jeremia, aber du musst keine Angst haben, weil Gott auf deiner Seite ist.
Noch etwas: Jeremia, du hast vielleicht Angst, dass du Dinge sagen sollst, die du dir selbst noch nicht erarbeitet hast. Dass man von dir Dinge verlangt, die du einfach nicht kannst. Keine Sorge, Vers 9:
„Und der Herr streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an, und der Herr sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.“
In Vers 10 beauftragt Gott Jeremia:
„Siehe, ich bestelle dich an diesem Tag über die Nationen und über die Königreiche, um auszureißen und niederzureißen, zugrunde zu richten und abzubrechen, um zu bauen und zu pflanzen.“
Der eine Punkt ist also, dass Jeremia nichts Eigenes produzieren soll. Er soll das Sprachrohr Gottes sein. In diesem Sinn können auch wir dienen.
Wenn wir Sprachrohr Gottes sind, wenn wir das nehmen, was Gott gesagt hat, und uns darauf verlassen, dann produzieren wir nicht unsere eigenen Philosophien. Wir müssen nicht ein Leben vorweisen und sagen: „Ja, ich habe da ein Leben lang darüber nachgedacht, und als Quintessenz meiner langen Lebenserfahrung präsentiere ich euch jetzt mein Lebenskonzept.“ Das kann man tatsächlich erst am Ende eines Lebens bringen.
Aber wenn du sagst: „Nein, ich sage dir einfach, was Gott sagt“, dann kannst du das auch tun, wenn du jung bist. Vor allem dann, wenn du weißt, dass Gott dich an die Stelle gesetzt hat, Gott dich beauftragt hat, jetzt in dieser Situation zu dienen. Im 1. Korintherbrief heißt es mal, jeder bleibe in der Stelle, wo er berufen worden ist. Wenn sich jemand bekehrt, dann ist das eine Beauftragung, erst mal an der Stelle, wo ich gerade lebe, meinen Glauben zu leben und zu bezeugen.
Man muss sich da gar keinen Kopf machen, egal wie alt man ist.
Dann gibt es noch etwas Schönes, wenn man sagt: „Aber ich habe Angst, ich traue mich nicht.“ In Vers 18 und 19 sagt Gott: Keine Sorge, ich werde dich schützen.
Vers 18:
„Siehe, ich mache dich heute zu einer befestigten Stadt und zu einer eisernen Säule und zu einer ehrenden Mauer gegen das ganze Land, sowohl gegen die Könige von Juda als auch seine Obersten, seine Priester und das Volk des Landes. Sie werden gegen dich kämpfen, dich aber nicht überwältigen, denn ich bin mit dir, spricht der Herr, um dich zu retten.“
Das ist der letzte Punkt, den Gott klar macht: Ich will dich retten. Du hast Sorge, dass jemand dich überwältigen könnte? Keine Sorge, ich bin da.
Es gilt also nicht die Ausrede „Ich bin zu jung“. Man kann erfolgreich sein, obwohl man jung ist im Dienst, wenn man an der Stelle dient, wo Gott einen hinberuft, mit dem, was Gott einem gibt, sich darauf verlässt, dass Gott einen beschützt, und sich einfach nicht fürchtet.
Aber wird der Dienst immer einfach sein? Kann da irgendwann mal etwas passieren, können Schwierigkeiten kommen? Ja, die kann es geben. Wir haben es gerade gelesen: „Sie werden gegen dich kämpfen.“
Das ist ja klasse. Jeremia, ich verheiß dir keine glorreiche Zukunft ohne Widerstand. Du gehst in die Stadt und predigst das Evangelium. Sie werden jedes Mal mit faulen Eiern, schimmligen Tomaten, Pflastersteinen und was sie sonst finden, werfen und versuchen, dich irgendwie zu vertreiben. Sie werden alles anstellen, dass dein Ruf ruiniert wird und niemand die Botschaft hört, die du sagst.
Sie werden falsche Propheten gegen dich aufstellen, die das Gegenteil von dem behaupten, was du sagst. Sie werden alles, was du sagst, verdrehen und gegen dich verwenden. Aber ich habe eine gute Botschaft für dich: Sie werden dich nicht überwältigen.
Klaus, du hast vor, Straßenpredigten zu machen. Ich verheiß dir, ich tue es jetzt nicht, aber wenn du diesen Dienst annimmst, dann wirst du jedes Mal, wenn du dort stehst, Leute haben, die dagegen schreien, die dich anspucken und Wasserbomben werfen, die alles umkippen. Aber ich sage dir eins: Sie werden dich nicht überwältigen.
Was machen wir damit? Im ganzen Buch Jeremia findet sich keine einzige Stelle, wo Dankbarkeit vom Volk kommt. Der Mann predigt und predigt, und das Volk ist immer gegen ihn. Es will es eigentlich nicht hören.
Selbst an einer Stelle, wo sie sagen: „Du musst uns jetzt helfen, du musst uns unbedingt den Willen Gottes verkündigen, und wenn du es tust, werden wir uns danach richten.“ Da predigt er und sagt: „Nein, das machen wir nicht, das kann doch nicht wahr sein.“ Sein Schicksal ist Verachtung, Verfolgung und Ablehnung seiner Botschaft.
Stellt euch vor, uns würde das begegnen. Wie würden wir damit umgehen? Würden wir einfach alles hinwerfen? Jeremia hat das nicht locker genommen. Ich habe vorhin gesagt, Jeremia war ein Mann, der durchaus sensibel war.
Schlagen wir mal auf Jeremia 15, Vers 10 auf, in eine Situation hinein, wo er einen Anfall von Niedergeschlagenheit hat:
„Wehe mir, meine Mutter, dass du mich geboren hast, ein Mann des Streites und ein Mann des Zankes für das ganze Land! Ich habe weder verliehen noch hat man mir geliehen, dennoch fluchen mir alle.“
Vers 15:
„Herr, du weißt ja, denk an mich und nimm dich meiner an und räche mich an meinen Verfolgern. Raffe mich nicht weg nach deiner Langmut, erkenne, dass ich um deinetwillen Schmach trage. Deinen herrlichen Vers: Fanden sich Worte von dir, dann habe ich sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens, denn dein Name ist über mir ausgerufen, Herrgott der Heerscharen. Nie saß ich im Kreis der Scherzenden und war fröhlich, wegen deiner Hand saß ich allein, weil du mich mit deinem Grimm erfüllt hast.“
Ein Mann mit Nöten im Dienst, dem man flucht, der Schmach trägt, der das Wort Gottes sucht und aufnimmt, der aufgrund seiner Gerichtsbotschaft auch in seinen normalen sozialen Kontakten eingeschränkt war?
In Vers 20 lesen wir wieder, was wir schon vom Anfang der Berufung kennen:
„Da gibt Gott ihm diese Zusage: Ich werde dich für dieses Volk zu einer festen Ehrenmauer machen, und sie werden gegen dich kämpfen, aber dich nicht überwältigen, denn ich bin mit dir, um dich zu retten und dich zu befreien, spricht der Herr.“
Gott bleibt dabei: Ich werde mit dir weitermachen, ich werde dich benutzen. Jeremia steckt mitten in diesem Kampf. Er geht nicht einfach locker durch und sagt: „Na ja, gut, das wird sich keiner bekehren, aber ich mache einfach mal vierzig Jahre meinen Dienst und irgendwann sehe ich hier vorbei.“ So nicht.
Er reagiert sehr sensibel. Wenn man so will, ist er ein Stück weit der Spiegel Gottes. Gott muss Gericht üben, und es tut ihm in der Seele weh, dass er es tut. Er will es eigentlich nicht. Aber das Gericht kommt, und das Verhalten des Volkes provoziert Gott immer wieder.
Gott stellt nicht einen Hardliner vor das Volk. Wer die Offenbarung kennt, weiß, dass es dort zwei Zeugen gibt, die eher hart auftreten. „Bist du nicht für uns, kommt Feuer gegen dich.“ Die sind eher so „husch“, ein Elija ist auch eher ein harter Kämpfer. Er hat auch depressive Phasen, aber er kann ziemlich heftig sein.
Jeremia war dagegen ein Sensibelchen, der unter seiner Botschaft leidet. Er bringt dem Volk nahe, wie Gott leidet, wie Gott es einfach nicht ertragen kann, dass das Volk so gegen ihn ist. Jeremia kämpft mit sich.
Das geht noch weiter, zum Beispiel in Kapitel 16, Vers 1:
„Und das Wort des Herrn geschah zu mir: Du sollst dir keine Frau nehmen und weder Söhne noch Töchter haben an diesem Ort.“
Das ist die einzige Ehelosigkeit, die in der ganzen Bibel verordnet wird. Das heißt, dieser Mann ist allein und kann seine Botschaft auch mit niemandem teilen.
Können wir irgendetwas daraus lernen? Gibt es etwas für unser Leben mitzunehmen? Ja, ich glaube schon. Schlagt mal auf Jakobus 5 auf. Jakobus 5, Vers 10 – das ist das, was uns Jeremia bringt.
Und wenn ihr noch mitten im Lesen seid, was ihr einfach aus Jeremia mitnehmen könnt: Jakobus 5, Vers 10 sagt: „Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben.“ Jeremia ist ein Prophet, und er ist ein Vorbild im Leiden und in der Geduld – oder wie es unten in der Anmerkung heißt, im Ausharren. Er kann uns immer wieder helfen.
Es ist wirklich so: Jeremia ist für mich manches Mal schon auch ein Vorbild gewesen. Wenn ich durch so eine Tiefphase gehe und mir denke, im Moment klappt gerade gar nichts, dann denke ich an ihn. Ich weiß nicht, wie es euch geht, wenn ihr im Dienst Dinge tut, die nicht funktionieren. Wie schnell kommt da der Gedanke: „Sollte ich nicht alles hinschmeißen?“ Bei dem einen kommt der Gedanke früher, bei dem anderen etwas später. Aber es kann passieren, dass dieser Gedanke kommt: Macht das eigentlich alles noch Sinn?
An so einer Stelle denke ich dann: Ja, ich habe da jemanden, der hat das länger ausgehalten. Und wenn Jeremia das vierzig Jahre mitmacht und vierzig Jahre treu bleibt, warum sollte ich jetzt alles hinschmeißen? Vielleicht ist es gut, noch ein halbes Jahr weiterzumachen. Vielleicht ist es gut, das nochmal mit der Mannschaft und dem Projekt zu probieren.
Also, wenn ihr an den Punkt kommt, an dem ihr merkt: „Jetzt habe ich keine Lust mehr.“ Das kann zum Beispiel ein Sommerlager sein oder eine Kindergruppe, die nicht funktioniert. Oder irgendetwas, wo du sagst: „Jetzt schmeiß ich alles hin.“ Vielleicht ist Jeremia ein gutes Beispiel dafür, doch nochmal über eine Verlängerung nachzudenken, doch nochmal einen Schritt weiterzugehen.
Klar, man muss auch Dinge abbrechen. Aber wenn man für Geduld und Ausharren im Leid ein super Vorbild braucht, dann ist das, was Jeremia uns hier vormacht, wirklich toll.
Wir lernen den dritten Punkt. Der erste war, dass die Ausrede „Ich bin zu jung“ nicht gilt. Der zweite war, dass man treu sein soll, auch in Belastungen. Und der dritte Punkt ist: Gott beurteilt die Qualität unseres Dienstes nicht nach dem sichtbaren Erfolg.
Ich weiß, das hören wir nicht gerne. Aber Gott schätzt einen treuen Dienst an der Stelle, wo er ihn haben will. Ein treuer Wächterdienst eines Jeremia, der unterm Strich das Volk nicht zur Umkehr bringt, ist genauso wertvoll wie ein Dienst, der an anderer Stelle in gleicher Treue geteilt wird und bei dem Menschen umkehren.
Gott hat ein Interesse daran, dass wir dort dienen, wo er uns hinstellt – mit Treue. Er hat ein Interesse an uns, an meiner Einstellung. Er will, dass ich nicht faul bin, er will, dass ich meinen Dienst tue, und er will, dass ich das Ergebnis des Dienstes ihm überlasse.
Das heißt nicht, dass wir einfach nur drauflos dienen sollen, irgendwo, ohne uns Gedanken zu machen, was wir tun. Darum geht es nicht. Aber wenn du sagst: „Hier bin ich hingestellt, und das weiß ich ganz genau, hier will Gott, dass ich wirke.“ Ich denke an einen Missionar in Spanien. Dort ist in den letzten Jahren sehr wenig passiert. Er ist da, und eigentlich könnte man sagen: In der gleichen Zeit sind an anderen Stellen in Europa 40 Gemeinden entstanden, und bei ihm sind vielleicht vier Leute zum Glauben gekommen.
Man könnte sagen: „Na ja, das ist wenig.“ Und ich will einfach nur zur Vorsicht mahnen, wenn wir vorschnell den sichtbaren Erfolg einer Sache als Ausdruck für die Qualität des Dienstes heranziehen.
Das will ich einfach nur ein bisschen betonen. Wir sollen klug sein und nachdenken. Wir brauchen nicht die Evangelisationsmethoden von vorgestern anwenden, die heutzutage niemanden mehr erreichen. Darum geht es mir auch nicht.
Es geht nicht darum zu sagen: „Wir sind doch treu. Na ja, wir machen zwar Sachen, bei denen noch nie jemand zum Glauben gekommen ist, aber wir sind treu und machen weiter.“ Und du steckst immer noch die ewig alten, abgegriffenen Traktate irgendwo rein, wo du weißt, dass keiner sie liest.
Das brauchen wir nicht zu tun. Wir können uns anstrengen und auch neue Ideen umsetzen. Aber lasst uns vorsichtig sein zu denken, dass dort, wo am meisten herauskommt, Gott auch das Liebste hat. Das weiß ich nicht.
Fazit
Jeremia zeigt, wie Gott ein letztes Mal sein Volk erreichen will und zugleich bereit ist, das Gericht zu vollziehen. Gleichzeitig ist Jeremia als Mensch ein großes Vorbild im Leiden und in der Geduld.
In der Botschaft von Jeremia steckt Hoffnung. Ihr kennt das vielleicht schon: Wenn Gott Gericht ankündigt, gibt es immer auch Hoffnungsschimmer. Gott straft nicht, ohne gleichzeitig Hoffnung zu geben. Das ist ein schönes Erziehungsprinzip, das ich auch in der Kindererziehung schätze. Wenn man bestraft, sollte man immer auch wieder sagen: „Hey, es geht weiter mit uns.“ Und genau das tut Gott in ganz besonderer Weise.
So dunkel wie seine Botschaft ist, so hell strahlen manche positive Kapitel. Das Volk hat den Bund mit Gott zerbrochen, und es bleibt dabei: Es wird nicht mehr lange dauern. Ihr seht es kommen: Die Babylonier unter König Nebukadnezar werden tatsächlich Jerusalem einnehmen. Bis dahin, im Jahr 586 vor Christus, fällt Jerusalem endgültig, wird zerstört, der Tempel wird zerstört, und das Volk wird abschließend in die Verbannung nach Babylon geführt.
Jetzt müsst ihr euch Folgendes vorstellen: Wir haben ein Volk, das von seinem Gott nichts wissen will. Und Gott sagt: „Ich werde euch richten, und ich werde euch in das Land Babylon bringen.“ Aber er sagt auch: „Ich hole euch wieder. Es ist nicht das Aus.“ Ja, er wird strafen, aber er sagt gleich dazu: „Es wird eine Rückkehr in das Land geben.“
Schlagt mal Jeremia 23 auf, Jeremia 23,3-6:
„Und ich selbst werde den Überrest meiner Schafe sammeln aus all den Ländern, wohin ich sie vertrieben habe, und ich werde sie auf ihre Weideplätze zurückbringen, da werden sie fruchtbar sein und sich mehren.
Und ich werde Hirten über sie erwecken, die werden sie weiden, und sie sollen sich nicht mehr fürchten und nicht erschrecken noch vermisst werden, spricht der Herr.
Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da werde ich dem David einen gerechten Spross erwecken, der wird als König regieren und verständig handeln und Recht und Gerechtigkeit im Land üben.
In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, und Israel wird in Sicherheit wohnen, und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: Der Herr, unsere Gerechtigkeit.
Darum siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da wird man nicht mehr sagen: So war der Herr leb, der die Söhne Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat, sondern so wird man sagen: So war der Herr leb, der die Nachkommen des Hauses Israel heraufgeführt und sie gebracht hat aus dem Land des Nordens und aus allen Ländern, wohin ich sie vertrieben hatte, und sie sollen in ihrem Land wohnen.“
Gott sagt also: Ich werde euch vertreiben, aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich werde euch wiederholen. Ihr werdet wieder hier wohnen. Und noch etwas viel Besseres: Ihr habt meinen Bund gebrochen, und ich werde einen neuen Bund mit euch schließen.
Das soll der letzte Gedanke für heute Abend sein – Jeremia 31,31-34:
Ihr kennt den alten Bund. Der alte Bund hatte einen Gesetzestext zur Grundlage. Wenn du diese Gesetze hältst, dann ist der Bund in Ordnung. Du hältst deine Gesetze, und ich halte meine Verheißungen, dir das Land zu geben.
Und jetzt schaut euch mal unter diesem Vorzeichen den neuen Bund an:
„Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da schließe ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund, nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe, an dem Tag, als ich sie bei der Hand fasste, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen. Diesen meinen Bund haben sie gebrochen, obwohl ich doch ihr Herr war, spricht der Herr.
Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, spricht der Herr:
Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.
Dann wird nicht mehr einer seinen Nächsten oder einer seinen Bruder lehren und sagen: Erkennt den Herrn!
Denn sie alle werden mich erkennen, vom Kleinsten bis zum Größten, spricht der Herr.
Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken.“
Habt ihr es bemerkt? Der Unterschied zum alten Bund liegt darin, dass jetzt eine innere, persönliche Führung an die Stelle eines Gesetzestextes tritt. Wie es hier heißt: „Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und es auf ihr Herz schreiben.“ Nicht mehr: „Ich habe einen Gesetzestext vor mir liegen“, sondern: „Ich trage das Gesetz die ganze Zeit mit mir herum.“ Es ist in meinem Inneren, es gehört zu meinem Herzen. Gott schreibt seine Gebote auf mein Herz.
Wenn man so will, was sind die Bedingungen, die Voraussetzungen dafür, dass jemand in dem neuen Bund leben kann? Dass er bereit ist, Gott schreiben zu lassen. Dass er sagt: Ja, gerne, hier ist mein Herz, nimm es und schreib deine Gebote darauf. Ich habe nichts dagegen.
Der Hebräerbrief greift genau diesen neuen Bund auf und erklärt, dass der Hinweis hier im Alten Testament auf einen neuen Bund beweist, dass der alte Bund vergänglich ist. Jesus selbst wird dann bezeichnet als der Mittler und der Hohepriester des neuen Bundes. Und weil der neue Bund nur ein Opfer kennt, nämlich das Opfer Christi, das ein für alle Mal reinigt, fällt das gesamte alttestamentliche Opfersystem weg.
Wenn hier steht: „Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken“, dann zeigt das, dass Gott einen ganz neuen Umgang mit Sünde schaffen wird.
Das ist der Gedanke des Hebräerbriefs: Früher hatten wir das Opfersystem, und wenn jemand sündigte, musste er ein Opfer bringen. Aber wenn im neuen Bund Gott überhaupt nicht mehr an die Sünde denken wird, wenn sie vergeben sein wird – einfach so –, dann muss es da ein Äquivalent geben. Und zwar ein ganz kräftiges Äquivalent zu meinen Opfern. Da müsste es ein Opfer geben, das ein für alle Mal reinigt. Und genau das ist das Opfer Christi als Grundlage für den neuen Bund.
Ihr merkt: Die Gerichtsbotschaft ist deutlich, aber die Hoffnung, die hier herauskommt, ist genauso hell.
Merken wir uns das und sind wir an dieser Stelle einfach begeistert über Gott, dass er immer wieder beides bringt: Er ist heilig und gerecht, und er meint Gericht ernst. Und er ist gnädig und barmherzig und lässt einfach nicht von seinem Volk.
Bis dahin heute.
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