Vertrauen auf Gottes Versorgung und Priorität des Königreichs
Ich habe hier noch Groß D. Wir sind immer noch bei Römer 4, Groß D. Das war jetzt C – war das unser Vater? Und Groß C: bitten, suchen, anklopfen. Es geht ja dann weiter in Matthäus 6 beziehungsweise in Matthäus 7.
In Matthäus 6 spricht Jesus auch noch indirekt über das Gebet, wenn er dann in Matthäus 6 fortfährt, über das Geld zu sprechen. Es hängt alles irgendwie zusammen. Er zeigt, dass die Diener Gottes dem Herrn vertrauen dürfen, weil er sie versorgen wird. „Trachtet zuerst nach dem Königreich Gottes.“ Was hat er gerade vorher gesagt? Das erste Anliegen ist der Name Gottes und das Königreich Gottes.
Da sagt er: „Trachtet zuerst nach dem Königreich Gottes und nach der Gerechtigkeit dieses Königreiches.“ Das ist die Gerechtigkeit, die in dem Königreich gelebt wird, der Wandel, der gerechte Wandel. Nach diesen beiden Dingen sollen sie trachten: nach dem Königreich, das bedeutet, dass das Königreich vermehrt und verkündigt wird, und dass die Gerechtigkeit dieses Königreiches im eigenen Leben und im Leben anderer Menschen aufgerichtet wird.
Dann wird der Herr für sie sorgen und ihnen dieses Trachten nach dem täglichen Brot abnehmen. Der Herr hat ja ein Interesse daran, dass seine Jünger am Leben erhalten bleiben. Das, was der Herr Jesus zu den Jüngern hier sagt, gilt natürlich allgemein, nicht nur für die Zwölf. Sie lebten so, dass sie nicht mehr in ihren Beruf zurückgingen, um ihren Broterwerb zu sichern, sondern ihre ganze Zeit für Gebet und Verkündigung des Wortes verwendeten.
Nicht jeder hat natürlich denselben Auftrag. Nicht jeder Christ, der gläubig wurde, gab den Broterwerb auf. Aber es ist interessant: Der Broterwerb war nicht das Wichtigste. Wenn man die Apostelgeschichte liest, sieht man, dass sie das so nebenbei machten. Paulus arbeitete zeitweise auch mit seinen eigenen Händen. Er wollte nicht abhängig sein und auch nicht, dass gewisse Christen ihn versorgen müssten – schon gar nicht in Korinth, wo viel Gegenwind und viel Fleischlichkeit herrschte. Dort hielt er sich besonders selbständig.
Das Prinzip gibt er klar vor, auch im Korintherbrief legt er es dar: Der Arbeiter lebt von der Frucht seiner Arbeit (1. Korinther 9). Dort gibt es ein ganzes Kapitel über dieses Thema.
Jesus spricht hier sehr offen über Geld. Er sagt: „Trachtet nicht zuerst nach diesen irdischen Dingen, nach dem Geld.“ Ihr könnt nicht dem Geld, dem Mammon, und zugleich dem Herrn dienen. Dann seid ihr zerrissen. Einerseits seid ihr wie ein Sklave für zwei Herren – das geht nicht. Also muss der Broterwerb immer eine untergeordnete Rolle spielen.
Hier gibt er ihnen konkret die Weisung: Sie sollen auf den Herrn vertrauen, denn er wird für sie sorgen. Jeder Tag hat seine eigene Plage, seine eigene Mühe. Für das Heute muss man oft sorgen, aber man muss sich nicht für die Zukunft sorgen. Man darf dem Herrn vertrauen.
Natürlich heißt das nicht, dass der Erntearbeiter im Sommer schlafen und dann im Winter hungern soll. Das ist auch in den Sprüchen klar, und der Faule wird nicht belohnt. Aber hier geht es um Prioritäten: Trachtet zuerst nach dem Königreich Gottes. Das ist die Priorität. Das andere ist nachrangig, je nachdem, wie der Herr führt.
Mancher wurde so geführt, dass er sich eine gewisse Zeit gar nicht um den Broterwerb kümmern musste, und der Herr versorgte ihn dennoch. Auch dafür gibt es viele Beispiele, die sich bewährt haben.
Man muss also nicht fragen: „Ich muss ja von irgendwas leben, was gebt ihr mir?“ Ich habe auch solche Leute kennengelernt, die das an der Gemeinde vorlegten: „Ich werde jetzt vollzeitlich arbeiten, und ihr versorgt mich.“ So geht das nicht, und so wird es auch nicht in der Bibel empfohlen.
Grundsätzlich steht der Diener selbst vor dem Herrn und fragt, was dran ist. Wenn der Herr ihn so führen sollte, wird er ihn so führen. Wenn die Gemeinde einen Auftrag sieht, jemanden zu versorgen, ist das wunderbar. Natürlich wird die Gemeindeleitung das prüfen.
Oft geschieht es so, dass die Gemeindeleitung erkennt: „Ja, hier wollen wir jemanden unterstützen.“ Gut, wenn die Gemeindeleitung das tut, ist das wunderbar. Wenn nicht, kann es dennoch sein, dass sich jemand geführt sieht, vollzeitlich zu arbeiten. Er muss dann dem Herrn vertrauen. Wenn er nichts zu essen bekommt und am Verhungern ist, muss er wieder arbeiten. Dann regelt sich das von selbst.
Das ist schön im Reich Gottes. Und wenn der Herr mit dem Dienst nicht mehr zufrieden ist, dreht er auch den Hahn ab. So ist das wunderbar: Der Herr bleibt am Ruder. Aber dafür muss man auch beten.
Gebet als beständiges Anliegen und Gottes Antwort
Matthäus 6 behandelt unter anderem das Gebet. Besonders relevant sind dabei die Verse 24 bis zum Schluss des Kapitels. In Matthäus 7 finden wir ab Vers 7 ein kurzes Wort über das Gebet: das Bitten, Suchen und Anklopfen.
Im griechischen Text heißt es hier „bittet stets“. Das Wort „stets“ steht nicht direkt im Text, sondern muss ergänzt werden, um den Sinn zu verdeutlichen. Das Wort „bittet“ ist im Griechischen in einer besonderen Zeitform geschrieben, dem Imperativ Präsens. Dieser Imperativ drückt eine beständige oder immer wiederkehrende Handlung aus. Es handelt sich nicht um den Imperativ Aorist, der eine einmalige Handlung bezeichnen würde, sondern um den Imperativ Präsens, der bedeutet: „bittet immer wieder“, „bittet fortwährend“ oder „bittet ständig“.
Genauso verhält es sich mit „suchet“ und „klopft“. Es heißt also: „Bittet immer wieder, suchet fortwährend und klopft stets aufs Neue an“. Und es wird euch gegeben werden, ihr werdet finden und es wird euch geöffnet werden. Denn jeder, der so bittet, empfängt; der so sucht, der findet; und der so anklopft, dem wird geöffnet.
Diese Bedeutung sollte idealerweise in einer Fußnote der Bibelübersetzung vermerkt werden, damit der Leser sie versteht. „Bittet, und euch wird gegeben“ – natürlich ist jede Gebetsverheißung an eine Bedingung geknüpft. Diese Bedingung wird hier nicht explizit genannt, ist aber implizit vorhanden.
Es wird nicht um einen Stein gebeten. Wenn jemand um Brot bittet, bekommt er Brot, nicht einen Stein. Brot ist das, was er wirklich braucht, einen Stein braucht er nicht. Wenn jemand um einen Rolls Royce oder einen Hubschrauber bittet – was er vielleicht nicht wirklich braucht –, entscheidet der Herr, ob er das nötig hat. Es kann durchaus sein, dass jemand einen Hubschrauber braucht, beispielsweise im Rahmen einer Vision. Doch der Herr erkennt, was wirklich notwendig ist.
Wenn jemand um einen Fisch bittet, wird ihm keine Schlange gegeben. Natürlich nicht. Jesus sagt: „Wenn ihr böse seid, wisst ihr doch, wie ihr euren Kindern gute Gaben geben könnt. Wie viel mehr wird dann euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!“ Wenn Gott seinen Kindern nicht gibt, worum sie bitten, dann deshalb, weil er weiß, dass sie es nicht brauchen und es ihnen nicht gut tun würde. Als guter Vater gibt er nur das, was wirklich nötig ist.
Wesentliche Gebetseinstellungen und innere Haltung
Das nur kurz hier noch angeschlossen: Hier, das war Groß D, jetzt Groß E. Ich habe hier nun ein paar Bibelstellen angefügt, die von der rechten Gebetseinstellung sprechen. Dabei werde ich mich nicht lange aufhalten. Ich habe sie nur der Vollständigkeit halber aufgeführt, weil ja auch andere Texte von der Einstellung sprechen, die man beim Gebet haben soll.
Erstens: wahrhaftig. Wir sollen wahrhaftig sein, das heißt auch aufrichtig. Zweitens: ernst, innig und gewissenhaft. In Psalm 63 heißt es: „Früher und mit Ernst suche ich dich.“ Das kommt allerdings nicht in jeder Übersetzung zum Ausdruck. Oft heißt es nur „früher suche ich dich“, aber das hebräische Wort kann auch „früher und mit Ernst, mit Innigkeit“ bedeuten. Es ist mir sehr ernst damit, ein großes Anliegen. Also die Ähnlichkeit, die Gewissenhaftigkeit, der Ernst sind wichtig beim Gebet. Auch Psalm 145, Vers 18.
Drittens: flehend. Dieses Wort „flehen“ kommt öfter vor in Verbindung mit Gebet. Flehen ist eine Verstärkung und drückt ganz besonders die Abhängigkeit aus: „Herr, ich kann ohne dich nicht“, die starke Abhängigkeit. Epheser 6,18 oder Philipper 4,6: „Macht durch Gebet und Flehen eure Bitten kund.“
Viertens: ringend. Das hatten wir schon: Das Gebet als Kampf, als Ringen verstanden. Es muss ein großes Anliegen sein, eine Intensität.
Fünftens: wachend. „Seid wachsam mit Danksagung“, sagt Kolosser 4,2. „Wacht mit mir“, sagt der Herr Jesus den Jüngern, und er meint, dass sie mit ihm beten. Gebet hängt also mit Wachsamkeit zusammen. Man betet mit – ich setze das jetzt in Anführungszeichen – mit offenen Augen, nämlich mit offenen Augen auf das, was los ist, geistlich gesehen. Während man die physischen Augen vielleicht geschlossen hält oder nach oben richtet.
Bezüglich der Augen gilt: Die Augen müssen irgendwo hin. Damit sie nicht verräumen, schließen wir sie oder heben sie zum Himmel auf, weil wir sonst abgelenkt werden. Das könnte man Kindern auch beibringen, aber besser ist wahrscheinlich, die Augen zu schließen. Denn Kinder, die nach oben schauen, schauen oft auch herum und suchen irgendwas, dann werden sie abgelenkt. Wenn sie dann erwachsen sind, lernen sie vielleicht, nach oben zu schauen, ohne sich ablenken zu lassen.
Sechstens: beständig, beharrlich. Das hatten wir alles schon, ich habe es nur der Vollständigkeit halber noch angeführt. Die Haltung muss also beständig und beharrlich sein. Jesaja 40,31 sagt: „Denn die, die auf den Herrn harren…“ Das bedeutet warten. Es hat also damit zu tun, dass man nicht alles gleich bekommt. Gott hat es so gewollt, dass wir nicht alles sofort erhalten. Er will, dass wir verharren und dass es uns ein Anliegen wird. Auch unsere Kinder bekommen nicht gleich alles, wenn sie etwas möchten. Das gehört zur Erziehung Gottes, wie er uns erzieht.
Siebtens: Freimütigkeit im Gebet. Wir haben Freimütigkeit und Zutritt in Zuversicht, siehe Epheser 3,12, Hebräer 4,16 und Hebräer 10,19-20.
Dann: mit Dankbarkeit. Es wird oft erwähnt, dass beim Gebet die Dankbarkeit dazugehört. „Betet und dankt in allem“, „seid dankbar in allem“, „seid wachsam und mit Danksagung“, Kolosser 4,2. Das könnte man hier noch hinzufügen, ebenso Philipper 4,6 und 1. Thessalonicher 5,17-18.
Neuntens: mit vergebendem Herzen, nicht nachtragend. Das haben wir schon gehabt, siehe Markus 11,24-25 und Matthäus 6,14-15.
Hilfen für unser Beten: Der Heilige Geist als Beistand
Römer Gross F, Hilfen für unser Beten. Einige haben das nicht in der Gliederung, kann das sein? Gross F, Hilfen für unser Beten. Jedenfalls könnte es sein, dass das in der Gliederung nicht enthalten ist. Ich habe hier noch etwas eingefügt, nachdem ich die Gliederung bereits ausgedruckt hatte, weil ich im Nachhinein noch weiter daran gearbeitet habe.
Also möchte ich hier noch "Hilfen für unser Beten" einfügen und danach das Fasten. Es geht immer noch um das richtige Beten. Beim richtigen Beten brauchen wir Hilfen – und der Heilige Geist ist die erste Hilfe für unser Beten.
Römer 8,26-27: Ich lese: „Aber ebenso nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheiten mit an.“ Das bedeutet, er nimmt sich unserer Schwachheiten mit an. Das „mit“ darf nicht fehlen. Der Geist nimmt sich nicht einfach unserer Schwachheiten an, sondern er hilft uns beim Tragen. Wenn wir zum Beispiel einen Tisch tragen wollen, kann ich ihn nicht allein tragen. Das geht nicht. Der Geist hilft mit beim Tragen, aber er trägt den Tisch nicht für mich. Er hilft mir mit.
Ebenso nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheiten mit an. Denn was wir beten sollten, nach dem, was erforderlich wäre, wissen wir nicht. Der Geist selbst jedoch verwendet sich für uns in ungesprochenen oder unaussprechbaren Seufzern – beide Übersetzungen sind möglich.
„Aber der, der die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist, weil er sich gottgemäß für die Heiligen verwendet.“ Der Geist behebt unsere Schwachheit nicht immer, er behebt sie nicht, sondern er hilft uns mitten in unserer Schwachheit. Er hilft uns mit ungesprochenen oder unaussprechbaren Seufzern. Das heißt, wenn sie ungesprochen oder unaussprechbar sind, hört man sie nicht. Einen Seufzer kann man nicht hören, wenn er ungesprochen oder unaussprechbar ist. Aber er seufzt dennoch mit.
Indem er uns da mit hineinnimmt – wir sind es, die seufzen. Wir sind es, die seufzen, und er nimmt uns nicht das Seufzen ab, aber er nimmt uns mit hinein und seufzt auf ungesprochene Weise mit. Also macht der Heilige Geist hier mit, während wir beten. Wir beten, wir sind es, die beten, und der Heilige Geist betet mit. Wir seufzen, und der Heilige Geist seufzt mit. Er hilft uns.
Er betet nicht an unserer Stelle. Manche meinen, der Heilige Geist betet an unserer Stelle. Wir stehen daneben, und der Heilige Geist betet inzwischen. So sagt es der Text aber nicht. Er sagt, dass er in unserem Seufzen uns aufhilft und mitträgt.
Wie hilft er? Manchmal können wir gar nicht beten, wir seufzen nur, wir sprechen es nicht aus. Es gibt solche Situationen, zum Beispiel bei Burnout oder Depression, wo man nicht mehr beten kann. Ich selbst habe das nicht erlebt, aber meine Frau hat das erlebt. Dennoch dürfen wir vertrauen. Wir vertrauen darauf, dass der Heilige Geist weiß, was wir mit diesen ungesprochenen Seufzen meinen. Er kennt die Sprache, die wir verwenden würden, wenn wir es jetzt in Worten ausdrücken könnten, und er hilft uns dabei.
Gott, der mein Herz erforscht, weiß, was der Sinn meines Geistes ist, was der Sinn des Heiligen Geistes in mir ist. Der Heilige Geist wohnt in mir, und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist. Der Heilige Geist drückt sich zusammen mit meinem Geist aus. Der Vater weiß, was der Geist, der sich zusammen mit meinem Geist ausdrückt, sagt und will. Dann wird mein Seufzen aufgenommen.
Dann bekommen wir Hilfe, irgendeine Art von Hilfe. Entweder hilft er uns heraus oder er hilft uns hindurch. Aber er hilft uns. Entweder nimmt er das Problem weg oder er hilft uns im Problem, lässt es bestehen, aber stärkt uns dabei.
Der Heilige Geist ist auf alle Fälle eine große Hilfe in unserem Gebet. Er erinnert uns auch an Gott selbst und motiviert uns, dass wir beten.
Die Gemeinschaft der Gläubigen als Unterstützung im Gebet
Hier sind die Schwachheiten, die erwähnt werden, in Verbindung mit der Schöpfung zu sehen. Wir leiden alle unter den Folgen des Sündenfalls in dieser Schöpfung. Die Schöpfung selbst ist nicht gefallen, sondern sie leidet. Sie ist in Leidenschaft gezogen, leidet mit, ist aber nicht gefallen.
Wir leben also nicht in einer gefallenen Schöpfung, sondern in einer mitleidenden Schöpfung, die unter den Folgen des Sündenfalls leidet. Und auch wir leiden darunter. Unser Körper leidet unter Müdigkeit, Kopfschmerzen, Ohnmacht und so weiter. Hinzu kommen Kleinmütigkeit und Frustration.
Der Heilige Geist erinnert uns jedenfalls daran, dass wir beten sollen. Er hilft uns und betet mit uns, aber er betet nicht an unserer Stelle. Das sagt der Text nicht. Was wir beten sollen, wissen wir oft nicht. Wir beten, aber wir wissen nicht genau, was. Wir wissen nicht, wie stark das Maß ist, vieles ist uns unbekannt: wie lange, wie intensiv, oder ob wir in dieser oder jener Richtung beten sollen. Manchmal wissen wir das nicht.
Wenn sich der Geist Gottes in uns und für uns verwendet, bewirkt er in unseren Herzen das ungesprochene Seufzen. Das geschieht in unseren Gedanken, ist aber nicht ausgesprochen. Wir seufzen, weil wir in Schwachheit sind. Vielleicht haben wir gesündigt oder wir seufzen einfach so, weil wir schwach sind.
Der Heilige Geist seufzt nicht, denn er hat nicht gesündigt und ist auch nicht schwach. Aber er hilft uns in unserem Seufzen, er trägt mit, während wir seufzen. Er hilft uns in unserem ungesprochenen Seufzen. Manche Seufzer sprechen wir aus, manche nicht. Doch der Heilige Geist hilft mit.
Es ist also eigentlich nicht sein Seufzen, sondern mein Seufzen, in dem er mich unterstützt – und zwar ein ungesprochenes oder unaussprechliches Seufzen. Der Heilige Geist ist jedenfalls da und hilft uns. Er ist ein Geist des Gebets, der uns motiviert.
Zweitens ist da der Leib Christi. Die zweite Hilfe beim Beten sind die anderen Geschwister. Die Bibel nennt das die sogenannte Bruderschaft – das heißt auch Schwesternschaft oder Geschwisterschaft. Die Bruderschaft in der Welt umfasst alle Geschwister, Brüder und Schwestern in Christus. Sie beten mit.
Ich soll darauf achten, dass sie mitbeten. Ich soll sie ermutigen. Wir sollen nicht so sein, dass wir denken: „Nein, das sind ja nur private Sachen, da will ich die anderen nicht belasten.“ Es ist gut, wenn wir Gebetsanliegen mitteilen. Das ist ein wichtiger Teil in dem ganzen Kampf, in dem wir stehen: dass wir gemeinsam Lasten tragen.
Wir haben also Freimütigkeit, zu Geschwistern zu sagen: „Bete für mich.“ Natürlich kann man nicht jedes Gebetsanliegen jedem sagen, das ist keine Frage. Aber es gibt Geschwister, denen man vertraut, bei denen man auch vertrauliche Dinge mitteilen kann, und sie beten dafür. Das darf man nicht missbrauchen.
Das hängt auch mit der Übersetzung zusammen, speziell mit Vers 26. Dort heißt es: „Ebenso nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheiten mit an.“ Das ist zu ungenau. Er hilft unserer Schwachheit. Ja, das ist nicht falsch, aber zu ungenau.
Es ist nicht so, als ob ich sage: „Ich kann den Tisch nicht tragen, komm, trag du ihn für mich.“ Nein, ich plage mich ab, und er packt hinten mit an und hebt mit. Er hilft. Es ist das Seufzen.
In Römer 8 wird das im Zusammenhang beschrieben. Schauen wir uns den Zusammenhang an: In Römer 8 geht es um ein Seufzen. Römer 8,21 sagt: „Denn die Schöpfung wird einmal befreit werden von der Versklavung und der Verderblichkeit.“ Vers 22 heißt es: „Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis jetzt zusammen seufzt und zusammen in Wehen liegt.“
Die ganze Schöpfung ist in Mitleidenschaft gezogen. Aber nicht nur das, auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe, nämlich den Heiligen Geist, haben, seufzen in uns selbst, während wir auf die Sohnestellung warten. Das heißt die zukünftige Sohnestellung, wenn unser Leib erlöst sein wird – die Erlösung des Leibes. Wir warten darauf, denn wir wurden auf Hoffnung gerettet.
Die Rettung ist noch nicht vollendet, sie steht noch aus. Wir sind noch mittendrin. Also seufzen auch wir selbst. Ebenso nimmt sich der Geist unserer Schwachheiten mit an. Wir wissen nicht, was wir beten sollen, so wie es erforderlich wäre.
Wir warten auf den Zeitpunkt, an dem das Heil vollendet sein wird. Aber den Geist erleben wir heute schon als Hilfe, damit wir durchhalten können. Wir haben Schwachheiten, auch in Verbindung mit der Schöpfung, und die Schöpfung leidet darunter. Dazu gehört auch unser Körper, unsere Müdigkeit und vieles andere sowie unser Nichtwissen.
Jetzt erinnert uns der Heilige Geist zum Beispiel daran, dass wir beten sollen. Er motiviert uns, drängt uns und führt uns. Er betet mit uns. Aber es ist nicht so, dass wir nicht beten und er betet für uns.
Ich sage: „Ja, ich kann jetzt nicht beten, aber der Heilige Geist soll inzwischen beten.“ So ist es nicht gemeint. Der Heilige Geist hilft uns, er packt mit an. Er nimmt sich unserer Schwachheit mit an.
Ich möchte nicht sagen, dass die Übersetzung falsch ist. In der Lutherübersetzung heißt es so. Es wäre nur genauer zu sagen, er nimmt sich unserer Schwachheit mit. Er kommt dazu, ist selbst nicht schwach, verwendet sich für uns in ungesprochenem Seufzen.
Nicht an unserer Stelle verwendet er sich, sondern er betet mit uns mit. Der Geist verwendet sich für uns – das heißt nicht an unserer Stelle. Soweit ich weiß, gibt es keine Übersetzung, die sagt, er betet an unserer Stelle.
Er trägt uns. Wie geht es dann weiter am Ende von Vers 26? „Der Geist verwendet sich für uns.“ Nicht an unserer Stelle, sondern für uns – das ist gut, das ist richtig.
Der Geist setzt sich zu unseren Gunsten ein, mit ungesprochenen Seufzern. Er verwendet sich für uns in ungesprochenen oder unaussprechlichen Seufzern. Er setzt sich für uns ein, das heißt, er verwendet sich für uns.
Jetzt stellt sich die Frage: Sind es seine Seufzer oder meine ungesprochenen Seufzer? Setzt er sich in meinen ungesprochenen Seufzern ein oder in seinen eigenen? Das war die Frage.
Im Vers 27 steht nicht, dass er seufzt. Aber der, der die Herzen erforscht, Gott, weiß, was das Sinnenden des Geistes ist, was das Denken des Geistes ist. Denn der Geist verwendet sich gottgemäß für die Heiligen.
Der Geist verwendet sich, aber er betet nicht anstelle von uns, sondern mit uns, während wir beten. Gottgemäß, entsprechend Gott, hilft er uns und verwendet sich für uns.
Ich weiß nicht, ob man sagen kann, er formt unsere Gebete. Jedenfalls setzt er sich so ein, wie es Gott entspricht. Er betet nicht an unserer Stelle, wir schauen nicht zu, wie er für uns betet. Das ist nicht der Text.
Wir sind dran, es betrifft uns, die Not. Wir seufzen, und in unserem Seufzen haben wir den Heiligen Geist, der sich gottgemäß für uns verwendet, während wir beten. Da hilft er mit. Er nimmt sich unserer Schwachheiten mit an.
So weit würde ich den Text auslegen: Der Geist verwendet sich in ungesprochenen Seufzern. Es gibt Zeiten, in denen wir ungesprochen seufzen, unausgesprochen seufzen. Das heißt, wir reden nicht mehr.
Ob der Heilige Geist uns dann auch das Gebet vertritt, wissen wir nicht. Aus der Schrift kenne ich keine Stelle, die sagt, dass der Heilige Geist für uns betet, während wir gar nicht beten.
Das ist aber nicht das Thema in diesem Abschnitt. Hier geht es um die Not, in der wir sind, um die Schwierigkeit, die uns zum Beten treibt. Die Schöpfung ist in Mitleidenschaft gezogen durch die Sünde, und das belastet uns. Das treibt uns ins Beten.
Ganz verschiedene Nöte können das mit sich bringen. Das wissen wir auch: Krankheitsnöte, aber auch andere Nöte. Und das bringt uns zum Beten.
Im Beten verwendet sich der Geist für uns. Er ist eine Hilfe im Gebet. Er hilft uns, durchzuhalten, am Wort Gottes zu bleiben und nicht aufzuhören mit Beten. Er drängt uns so weit.
Das wäre eine Exegese für schwierige Stellen. Es wäre auch interessant, was andere Ausleger dazu schreiben und sich dazu vertiefen. Diese Stelle gehört zu den schwierigen. Das gebe ich zu. Ich bin mir auch nicht sicher, ob alles, was ich gesagt habe, befriedigend ist. Für mich persönlich ist es inzwischen mal so, aber ich bin gerne bereit, weiterzulernen.
Zurück zum Leib Christi: Die zweite Hilfe ist die Bruderschaft. Wir brauchen Mitbeter.
Matthäus 18,19-20 sagt: „Wenn zwei oder drei zu meinem Namen versammelt sind, bin ich in ihrer Mitte.“ Dort heißt es auch: „Was ihr auf Erden bittet, wird euch widerfahren.“ Wir kommen noch auf diese Stelle zurück, wenn zwei oder drei eins werden auf Erden und für eine Sache bitten, dass Gott es ihnen gewährt.
Praktische Hilfen für das Gebet
Drittens einige praktische Hilfen, die ich hier zusammengestellt habe. Es sind einige Punkte, die man natürlich ergänzen kann.
Erstens: Gebet als Priorität. Das sehen wir auch in der Schrift. Das Erste am Morgen sollte Gebet sein. Der erste Mensch, mit dem ich am Morgen spreche, sollte Gott sein. Und das Letzte am Abend ebenfalls. Dazwischen beten wir auch!
Zweitens: Gebetsliste oder Gebetskärtchen. Manche haben viele Kärtchen, auf denen sie zu den Namen weitere Anliegen notieren. Das ist eine sehr gute Art. Wichtig ist, die Kärtchen bei sich zu haben oder mitzunehmen, zum Beispiel in der Tasche. Ebenso wichtig ist, die Listen regelmäßig zu wiederholen. Wenn man sie nicht repetiert, vergisst man sie, und dann hat das Ganze keinen Sinn.
Drittens: Hilfe für Menschen, die beim Beten leicht einschlafen. Wir haben letztes Mal schon gesagt: Hinknien und die Hände hochheben. Ich habe das mal ausprobiert. Nach fünf Minuten Hände hochheben fangen die Arme schon an zu schmerzen. Ich weiß nicht, wie lange andere das machen, aber unangenehme Haltungen helfen oft, nicht einzuschlafen.
Wenn man sich zum Beispiel übers Bett legt und so betet, schläft man sehr schnell ein. Eine andere Möglichkeit ist, Achter zu gehen, also im Zimmer in der Form einer Acht zu gehen. Dazu habe ich keine direkte Bibelstelle, aber der Herr ging oft hinaus in die frische Luft. An einem dunkelöden Ort nur zu knien, ist vielleicht nicht so hilfreich. Wichtig ist, sich bewusst zu bewegen. Achter gehen ist deshalb sinnvoll, weil man bei Kreisen schwindelig wird. Bei der Acht wechselt man immer die Richtung. Das habe ich bei Herbert Janssen gelernt. Ich habe mich immer gewundert, warum er Achter geht, und er hat es mir erklärt.
Viertens: Knien habe ich schon erwähnt. Dabei kann man die Handflächen zu Gott hin ausbreiten.
Fünftens: Aufschreiben oder Notieren. Gedanken oder Ablenkungen kann man schnell notieren. So sind sie aus dem Kopf und stören nicht mehr. Später kann man sich dann wieder damit beschäftigen.
Sechstens: Buch führen. Das hat Georg Müller getan, und ich habe es bereut, dass ich das nicht gemacht habe. Ich habe oft großartige Gebetserhörungen erlebt, aber nicht notiert. Es wäre gut, erstens die Gebete aufzuschreiben, wofür man betet, und zweitens die Erhörungen dazu festzuhalten. Georg Müller führte genau Buch und erlebte großartige Dinge. Er betete mit Ziel, notierte, wann er begonnen hatte zu beten, und wann der Herr erhört hat. Das ermutigt später, wenn man sich daran erinnert, und ermutigt auch andere Christen.
Siebtens: Gottes Verheißungen ins Gedächtnis rufen kann eine große Hilfe sein, besonders wenn man sie nicht schon auswendig kennt.
Fasten: Bedeutung, Praxis und biblische Beispiele
Wir kommen zu Groß G, Fasten, bei Ihnen ist es vielleicht Groß F, Fasten. Was ist Fasten nicht? Zunächst die Definition: Was ist Fasten nicht?
Fasten ist keine Kur und kein Hungern. Paulus unterscheidet in 2. Korinther 6,5-6 ganz klar zwischen Fasten und Hungern. Das eine ist freiwillig, das andere unfreiwillig.
Fasten ist kein Werk, mit dem man Gott beeindrucken möchte. Es ist keine Zurschaustellung, um andere Menschen zu beeindrucken, wie es die Pharisäer taten. Fasten ist auch keine Methode, um Gott zu schmeicheln oder ihn unter Druck zu setzen. Es ist keine Garantie für eine Erhöhung der Gebete und auch keine sichere Art, Gottes Führung zu erfragen oder zu erfahren.
Das mag alles hilfreich sein, aber Fasten ist kein Sakrament, kein geheimes Mittel, das man unbedingt so anwenden muss, damit es wirkt.
Was ist also Fasten?
Im Hebräischen gibt es zwei Wörter: Das eine bedeutet, den Mund zu bedecken, also einfach den Mund zu schließen und nichts hineinzutun. Das andere heißt „anna“ und bedeutet, sich selbst zu demütigen oder zu quälen. Beide Wörter werden im Hebräischen verwendet.
Das bedeutet, dass man sich durch den Verzicht auf Essen vor dem Herrn demütigt. Man versagt sich etwas, obwohl man eigentlich essen könnte, denn es wäre genug da. Durch den Verzicht demütigt man sich vor Gott. Nach einer gewissen Zeit spürt man Schwäche, und das demütigt einen ebenfalls. Es erinnert an die Schwachheit des menschlichen Körpers und an die große Abhängigkeit von Gott. Das hilft, sich bewusster zu machen, wie sehr man auf Gottes Barmherzigkeit angewiesen ist, und so demütigt man seine Seele vor Gott.
Fasten wird oft mit Demut verbunden, gerade durch diese Bedeutung. Es wird auch mehrmals in der Bibel so formuliert: Wir demütigen uns vor dem Herrn und fasten.
Fasten kann auch ausgeweitet werden. Man kann auf Schlaf verzichten, auf sonstige Unterhaltung, fröhliche Unterhaltung und sogar auf geschlechtliche Gemeinschaft.
Ein Beispiel dafür ist Daniel. Ich denke, es ist Daniel 6,16? Nein, eher Daniel 6,19. Dort heißt es: „Hierauf ging der König in seinen Palast und übernachtete fastend.“ Er ließ keine... Hier gibt es Uneinigkeit bei den Übersetzern. Einige sagen, er ließ keine Konkubinen zu sich kommen, andere meinen, es seien keine Musikinstrumente gewesen. Die Übersetzer sind sich nicht einig.
Ich schaue gerade im Hebräischen nach. Das Wort, das hier verwendet wird, ist unklar. Manche schlagen Konkubinen vor, andere Nahrung oder Musikinstrumente. Das Lexikon sagt, es sei unsicher. Wir sind also nicht klüger geworden. Jedenfalls enthält sich der König von etwas.
Das entspricht 1. Korinther 7,5, Daniel 6,19 und 2. Samuel 12,16, wo Verzicht auf Schlaf erwähnt wird.
David suchte Gott um des Knaben willen. Er fastete und lag über Nacht auf der Erde. Er verband das Fasten mit dem nächtlichen Liegen auf der Erde, ohne zu schlafen. 2. Samuel 12,16 berichtet, dass er sich auf den Boden legte und so die Nacht verbrachte. Die Zürcher Übersetzung sagt, er legte sich auf den Boden. Ob er wach blieb oder schlief, ist unklar. Es scheint, als habe er die ganze Nacht über auf der Erde gelegen und den Herrn angefleht, vielleicht auch die ganze Nacht hindurch. Jedenfalls war es sehr intensiv.
Die Vorbilder des Fastens brauche ich nicht ausführlich zu nennen: Der Herr Jesus, die dienende Witwe im Tempel (Lukas 2,37), die Pharisäer, die kein Vorbild sind, Cornelius, der als Ungläubiger viel fastete (Apostelgeschichte 10), die Propheten und Lehrer (Apostelgeschichte 13 in Antiochien) und die Gemeinde, die fastete, als die Geschwister losgelassen wurden (Apostelgeschichte 14,23).
Paulus und die Ältesten fasteten bei der Einsetzung der Ältesten in Ikonion, Lystra und Derbe. Auch Paulus fastete oft, wie es in 2. Korinther 6,5 erwähnt wird.
Gründe und Formen des Fastens
Die Gründe für das Fasten
In der Bibel finden wir mehrere Gründe für das Fasten. Einer davon ist Trauer. Als zum Beispiel König Saul gestorben war, fasteten die Menschen (2. Samuel 1,11-12). Auch Nehemia fastete, als er erfuhr, wie schlecht es Jerusalem ging. Er trauerte (Nehemia 1,4). Ebenso fastete Daniel (Daniel 9,3).
Fasten kann auch ein Zeichen der Buße sein. So lesen wir in Joel 2,12 und Jona 3,5, dass die Leute von Ninive fasteten. Ebenso wird in 1. Könige 21,27 von Ahab berichtet, der sich vor Gott demütigte. Diese Stellen zeigen, dass Fasten als Ausdruck von Buße verstanden wird.
Ein weiterer Grund für das Fasten ist die Intensivierung des Gebets. Das ist auch das Thema, warum wir uns damit beschäftigen. Im Buch Esther fasteten die Menschen drei Tage für sie (Esther 4,16). Übrigens bedeutet „drei Tage“ bei den Juden oft zweieinhalb oder zweieinviertel Tage. Der dritte Tag wird dabei „angerissen“, also begonnen. In diesem Fall fasteten sie zwei volle Tage und am dritten Tag bis zu dem Zeitpunkt, an dem Esther zum König ging. Danach hörten sie auf zu fasten.
Fasten als Intensivierung des Gebets finden wir auch in 2. Chronik 20,3, wo gebetet und gefastet wurde. David fastete und betete sieben Tage wegen des kranken Kindes (2. Samuel 12,16-23). Im Neuen Testament gibt es ebenfalls Beispiele: Matthäus 17,21 (im traditionellen Text) erwähnt das Fasten, ebenso Apostelgeschichte 13,1-3 und 14,23 bei der Aussendung und Einsetzung von Ältesten.
Fasten dient auch als Vorbereitung für besondere Aufgaben. Wenn jemand vor einer neuen Aufgabe steht, fastet er, um den Segen Gottes zu erbitten, sich zu prüfen und sich vor Gott zu demütigen. Jesus fastete beispielsweise vor Beginn seines Dienstes (Matthäus 4,1-11). Auch in Apostelgeschichte 13,1-3 und 14,23 wird das Fasten als Vorbereitung erwähnt.
Fasten wird nirgends ausdrücklich geboten, aber es wird vorgelebt, erlaubt und empfohlen. So finden wir in 1. Korinther 7,5 eine Empfehlung zum Fasten und Beten. Jesus selbst spricht in Lukas 5,35 davon, dass die Jünger fasten werden, wenn der Bräutigam weggenommen ist. Das ist ein Hinweis auf das Fasten der Jünger nach Pfingsten.
In Lukas 5,35 heißt es: „Es werden Tage kommen, in denen der Bräutigam von ihnen weggenommen sein wird; dann werden sie fasten.“ Hier ist das Fasten eine zukünftige Handlung, die sicher eintreten wird. Während Jesus zwischen Tod und Auferstehung war, haben sich die Jünger zurückgezogen. Ob sie in dieser Zeit gefastet haben, ist nicht eindeutig, aber später fasteten sie auf jeden Fall.
Fasten ist also zu empfehlen, wie auch 1. Korinther 7,5 zeigt: „Damit ihr Zeit habt zum Fasten und Beten.“ Fasten als Anordnung oder Gemeindeordnung ist wahrscheinlich zu streng formuliert. Dennoch kann zum Fasten aufgerufen werden, besonders in großer Not. Wenn die Ältesten sagen, wir müssen uns zum Herrn wenden und flehen, dann kann ein Fasttag ausgerufen werden, um für diese Sache zu beten.
Ein regelmäßiger Fasttag ist möglich. In Russland und der Ukraine gibt es zum Beispiel den Freitag als Fasttag. Allerdings kann das Fasten dann zur bloßen Tradition werden, ohne dass die Menschen im Herzen dabei sind. So verliert das Fasten seinen Sinn, ähnlich wie in der katholischen Kirche, wo es oft nur als Tradition gelebt wird.
Wenn das Fasten jedoch ein echtes Anliegen ist und mit Gebet verbunden wird, hat es großen Wert. Fasten ohne Gebet hingegen ist sinnlos.
Dauer, Häufigkeit und Wirkungen des Fastens
Die Zeit, viertens die Zeit – wie lange wird gefastet? Das ist sehr interessant. Ich war erstaunt, wie lange gefastet wird.
Bei den Juden wurde regelmäßig am Versöhnungstag gefastet, zum Beispiel in 3. Mose 16,29-30 und Richter 20,26. Dort fasteten sie bis zum Abend, auch in 1. Samuel 7,6 wird erwähnt, dass bis zum Abend gefastet wurde. Das bedeutet, dass sie am Abend nach Sonnenuntergang vielleicht noch gegessen haben, ähnlich wie es die Moslems tun. Beim Versöhnungstag ist es jedenfalls sicher, dass bis zum Abend gefastet wurde.
Drei Tage Fasten finden wir in Apostelgeschichte 9,9, wo Paulus, damals noch Saulus, drei Tage fastete. Eine andere Stelle, die vier Tage nennt, habe ich hier nicht parat. Weiß jemand schnell, wo genau die drei Tage Fasten erwähnt werden? Leider fällt mir das gerade nicht ein. Ah, Esther vielleicht? Nein, das wäre Kapitel 3. Danke, Esther 4,16.
Interessanterweise finden wir sieben Tage Fasten in 1. Samuel 31,13. Dort wird von einem schrecklichen Ereignis berichtet: der Tod Sauls und seiner Söhne. Die Gebeine wurden von der Mauer genommen und unter der Tamariske bei Jabisch begraben. Das Volk fastete sieben Tage – ein Trauerfasten.
David fastete sieben Tage für seinen Sohn, wie in 2. Samuel 12,16-18 beschrieben. Das bedeutet eigentlich sechs volle Tage plus ein Stück vom siebten Tag, denn das Kind starb am siebten Tag, an dem das Fasten beendet wurde.
Dann haben wir drei Wochen Fasten, allerdings kein strenges Fasten, sondern eine Zeit der kargen Kost, wie in Daniel 10,3 beschrieben. Daniel aß wohl nur Brot und trank Wasser, aber das Wort „Fasten“ wird hier nicht verwendet. Er enthielt sich der köstlichen Speisen und widmete sich intensiv dem Gebet. Diese Zeit dauerte drei Wochen.
Außerdem gibt es 40 Tage Fasten. Das bekannteste Beispiel ist das Fasten Jesu in Matthäus 4. Mose fastete ebenfalls zweimal 40 Tage auf dem Berg Sinai, einmal in 2. Mose 34,28, die andere Stelle habe ich gerade nicht parat. Elija fastete ebenfalls 40 Tage, wie in 1. Könige 19,8 beschrieben. Interessanterweise waren Jesus, Mose und Elija die drei, die am Berg der Verklärung waren – und alle drei fasteten 40 Tage.
Bei Mose und Elija wird erwähnt, dass sie kein Wasser tranken. Bei Mose steht ausdrücklich, dass er kein Wasser zu sich nahm. Bei Elija wird das vermutlich vorausgesetzt. Er wurde durch eine Engelsspeise gestärkt und konnte so 40 Tage wandern und kam zum Sinai. Das scheint ein übernatürliches Wunder zu sein, ähnlich wie bei Mose.
Beim Herrn Jesus ist nicht ausdrücklich erwähnt, ob er Wasser trank. Wenn er kein Wasser getrunken hat, wäre das ebenfalls ein Wunder. Andernfalls hätte er in der Wüste irgendwo Wasser gefunden, was möglich ist, da es in Israel Wüsten mit Wasserstellen gibt. Das steht aber nicht im Text. 40 Tage ohne Wasser sind für einen Menschen normalerweise nicht möglich.
In der Regel fastet man einen Tag, selten drei Tage und ganz selten sieben Tage. Die erste Stelle mit sieben Tagen Fasten bei David ist 1. Samuel 31,13, bei Sauls Tod. Das war nicht nur David, sondern das ganze Volk.
Eine weitere Stelle bei Mose ist 5. Mose 9,9. Das ist interessant. Ein Tag Fasten ist also üblich. Am Versöhnungstag wurde, soweit ich weiß, auch nicht getrunken. Es war also ein Ganzfasten bis zum Abend.
Ob man beim Fasten immer auf Wasser verzichten muss, steht nicht fest. Es gibt keine festen Regeln dazu. Das wäre auch ein falsches Denken. Wer Wasser trinken möchte oder muss, soll es tun. Manche können aus gesundheitlichen Gründen nicht ohne Wasser fasten.
Man darf keine festen Vorschriften aufstellen, die die Schrift nicht vorgibt.
Wie oft wurde gefastet? Dann, wenn Gott eine Last auferlegte. Im Alten Testament gab es bestimmte Tage, wie den Tag der Demütigung, Jom Kippur, den Tag der Versöhnung. Diese Tage des Fastens sind in Apostelgeschichte 27 erwähnt, oder? Das ist der Jom Kippur, der Tag der Versöhnung, der im Oktober liegt.
Fasten geschah vor großen Entscheidungen oder bei besonderer Last, Dringlichkeit und wichtigen Aufgaben. Es gibt keine Vorschriften, wie oft gefastet werden soll.
Wann nicht gefastet wird, steht nicht explizit in der Bibel. Aber eine Stelle ist wichtig: Bei der Hochzeit wird nicht gefastet – das ist klar.
Eine weitere wichtige Stelle ist 1. Samuel 14,24. Saul war unweise und befahl seinen Leuten im Krieg zu fasten. Das war völlig falsch. Im Krieg braucht man Kraft zum Kämpfen, da ist Fasten nicht sinnvoll.
Das bedeutet zum Beispiel, wenn man ein Bauprojekt in der Gemeinde hat, ist Fasten nicht zwingend nötig, weil Kraft gebraucht wird. Es ist unweise, in solchen Situationen zu fasten.
Herr Goll erzählte, dass es früher bei der Arbeit viele Probleme gab. Die Leute fasteten, weil die Lage schwierig war. Doch dann sagte der Meister, sie sollten lieber handeln, also „springen“, statt zu fasten.
Wirkungen und äußere Zeichen des Fastens
Wirkungen des Fastens
Ja, eine vermehrte Konzentration auf Gott und das Abschalten von Ablenkungen sind wichtige Wirkungen des Fastens. Demütigung, Selbstprüfung und Vorbereitung habe ich bereits erwähnt.
Sechstens: Äußere Begleiterscheinungen. Im Alten Testament findet man Sacktuch und Asche als Zeichen des Fastens. Die entsprechenden Bibelstellen werde ich jetzt nicht vorlesen, das kann man sich selbst heraussuchen. Sacktuch und Asche waren schmutzige oder dunkle, unbequeme Kleidungsstücke, die man trug, um Demut auszudrücken. Zum Beispiel lesen wir in Jona 3,5, dass der König Sacktuch anzog, um sich zu demütigen. Auch Asche war ein Zeichen der Demütigung. Sie symbolisierte, dass man die Vernichtung oder Verbrennung verdient habe und nichts wert sei, weshalb man Asche auf den Kopf streute. Es gibt dazu noch weitere Stellen, auf die ich jetzt nicht eingehe.
Im Neuen Testament hingegen finden wir weder Sacktuch noch Asche. Im Gegenteil: Dort heißt es, man solle sein Angesicht salben und sich schön machen, damit die Leute nicht merken, dass man fastet. Das Fasten soll also verborgen bleiben.
Siebtens: Die innere und äußere Haltung. Beim Fasten kommt es auf die innere und äußere Haltung an. In Matthäus 6,16-18 heißt es: „Wenn du fastest, dann sei nicht wie die Heuchler, sondern salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht.“ Religiöses Fasten soll nicht dazu dienen, sich hervorzuheben oder von anderen bemerkt zu werden.
Fasten ist eine Erniedrigung der Seele. Hier ist die Bibelstelle, die ich gesucht habe: Psalm 35,13. Dort steht: „Ich kasteite mit Fasten meine Seele und mein Gebet.“ Das Wort „kasteiten“ bedeutet hier „beugen“. Die Übersetzung von Schlachter lautet: „Ich beugte meine Seele mit Fasten.“ Das beschreibt sehr gut, was Fasten bedeutet: die Seele zu beugen oder zu erniedrigen. Heute versteht man „kasteiten“ oft nicht mehr, deshalb ist diese Erklärung wichtig.
Achtens: Aktualität heute. In vielen Gemeinden ist das Fasten heute völlig in Vergessenheit geraten. Das gehört zu den modernen Erscheinungen. Man sitzt beim Beten zusammen, aber fastet nicht mehr. Diese Bequemlichkeit hat sich scheinbar von selbst eingeschlichen.
Früher war das auch in der katholischen Kirche nicht so verbreitet, aber vielleicht hat sich das inzwischen geändert. Fasten ist aktuell und sollte wiederentdeckt werden.
Charles Finney, ein Erweckungsprediger, schrieb über sich selbst, dass er immer wieder Tage des Fastens einlegte, um nicht lau im Beten zu werden und sich nicht von weltlichen Dingen ablenken zu lassen. Das war schon im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert so.
Übrigens habe ich gestern einen Fehler gemacht: Die Herrnhuter und Zinzendorf waren im achtzehnten Jahrhundert, genauer 1760, nicht im siebzehnten. Das möchte ich hiermit korrigieren.
Zum Fasten habe ich noch eine wichtige Bibelstelle vergessen: Jesaja 58. Dort wird beschrieben, dass äußeres Fasten nichts nützt, wenn man Sünde duldet. In Jesaja 58,4 heißt es zum Beispiel: „Siehe, zu Streit und Zank fastet ihr, um zu schlagen, und mit boshafter Faust.“ Heutzutage fastet man nicht, um Gottes Stimme zu hören.
Jesaja 58,5 fragt: „Ist dergleichen ein Fasten, an dem ich wohlgefallen habe, ein Tag, an dem der Mensch seine Seele kasteit, seinen Kopf zu beugen wie eine Binse und Sacktuch und Asche unter sich zu betten?“ Nein, das ist kein Fasten, das Gott gefällt.
Vielmehr heißt es in Jesaja 58,6-7: „Ist nicht dieses ein Fasten, an dem ich Wohlgefallen habe: die Schlingen der Bosheit zu lösen, die Knoten des Joches zu zerreißen, die Unterdrückten freizulassen und jedes Joch zu zerbrechen?“
Das bedeutet: Räume zuerst deine Sünden aus und ändere dein Leben. Erst dann hat das Fasten auch einen Sinn. Es macht keinen Sinn zu fasten, wenn das Leben nicht stimmt.
Das als Nachtrag.
Wir machen hier eine Pause und können um Viertel nach elf weitermachen.
