Eröffnung und Einführung in die Psalmenstudie
Danke, Herr Jesus Christus, für diesen neuen Tag, an dem wir wieder das Neueste aufnehmen können. Bitte schenke Gnade auf unsere Herzen und gib uns viel Aufmerksamkeit für die Vorbereitung. Danke für die Segnung, die du für uns bereithältst. Amen!
Gestern haben wir uns mit dem Aufbau des Psalters und dem Aufbau einzelner Psalmen beschäftigt. Heute Morgen möchte ich ein wenig auf die Psalmen 1 und 2 eingehen. Später werde ich dann wieder etwas zum Aufbau sagen.
Ich denke, wir haben uns inzwischen schon ein wenig mit Psalm 1 und 2 beschäftigt. Diese Psalmen sind jetzt noch frisch in unseren Gedanken. So können wir uns jetzt etwas näher mit diesen beiden Psalmen befassen.
Aufbau und Struktur von Psalm 1
Zum Aufbau des Psalm I habe ich gestern bereits etwas gesagt. Man kann noch hinzufügen, dass Psalm I aus 67 hebräischen Wörtern besteht. In der Mitte befinden sich 15 Wörter, die sehr sinnvoll angeordnet sind. Es gibt eine klare Mitte, und diese umfasst fast den gesamten Vers 3.
Was hier auf der Folie rosarot markiert ist, sind genau diese 15 Wörter, die fast ganz Vers 3 ausmachen. Wir haben außerdem festgestellt, dass die mittlere Strophe ohnehin Vers 3 ist und somit das Zentrum bildet. Interessanterweise sind diese 15 Wörter in der Mitte von jeweils 26 Wörtern umrahmt – 26 Wörter vor den 15 und 26 Wörter danach.
Die Verse 4 bis 6 enthalten genau 26 Wörter, und die Verse 1 und 2 sowie die ersten Wörter von Vers 3 ebenfalls 26 Wörter. Hinzu kommt, dass der Name Yahweh zweimal vorkommt, einmal am Anfang und einmal am Ende. So gehen die Zahl 26 und der Name Yahweh hier Hand in Hand.
Der Dichter hat Yahweh bewusst zweimal verwendet, zusammen mit zweimal 26 Wörtern und einer sinnvollen Mitte – nämlich genau diesen entscheidenden Worten: „an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, dessen Blätter nicht verwelken und alles, was er tut, gelingt“. Mir scheint, das ist kein Zufall, sondern eine Absicht des Dichters.
Exakt in der Mitte dieser 15 Wörter kann man eine Aufteilung vornehmen: sieben plus eins plus sieben Wörter. Dann ergibt sich ein Mittelwort und somit eine exakte Mitte. Dieses Mittelwort im Vers 3 ist „zu seiner Zeit“ – also „die Frucht kommt zu seiner Zeit“.
Wenn man die Mitte anders aufteilen möchte, etwa mit sieben Mittelwörtern statt fünfzehn, dann wären es genau die Wörter in Vers 3b und 3c – also „der seine Frucht bringt zu seiner Zeit“ und „dessen Blätter nicht verwelken“. Nimmt man nur ein Mittelwort, ist es „zu seiner Zeit“. Das ist ein interessantes Mittelwort, weil betont wird, dass die Frucht eben zu seiner Zeit kommt und nicht sofort. Im natürlichen Leben ist es ja auch so, dass ein Baum nur zu seiner Zeit Frucht trägt.
Das etwas zum Aufbau. Man kann noch ergänzen: Da dieser Psalm aus drei Strophen besteht – Strophe A umfasst Verse 1 und 2, Strophe B Vers 3 und Strophe C Verse 4 bis 6 – kann man fast erwarten, dass hier eine chiastische Struktur vorliegt. Das heißt, es gibt Parallelen oder Entsprechungen zwischen Anfang und Ende.
Tatsächlich findet man solche Entsprechungen, wenn man genauer hinschaut. Ich habe hier ein wenig mit Farben gearbeitet. Ganz vorne steht: „Selig der Mann, der nicht wandelt nach dem Rat der Ehrfurchtslosen“. Ganz hinten, in Vers 6, kommen die Ehrfurchtslosen wieder vor: „Denn Yahweh kennt den Weg der Gerechten, aber der Weg der Ehrfurchtslosen vergeht“. Das Wort „Ehrfurchtslose“ taucht insgesamt viermal auf, und es steht sowohl am Anfang als auch am Ende.
Übrigens ist das Wort „Ehrfurchtslose“ dasselbe wie „Frevler“ – im Hebräischen „rascha“. „Rascha“ heißt also „Frevler“, aber wir haben hier die Übersetzung „Ehrfurchtsloser“ gewählt. Das liegt daran, dass im Neuen Testament, wenn das Wort „Frevler“ zitiert wird, zum Beispiel in Psalm 34 und 1. Petrus 3, es mit „Ehrfurchtsloser“ übersetzt wird.
„A-Sebes“ bedeutet „Ehrfurchtsloser“, während „Sebes“ der Ehrfürchtige oder Gottesfürchtige ist. Petrus übersetzt also das hebräische Wort „rascha“ mit „Ehrfurchtsloser“. Im Lexikon kann man das so oder so sehen. Der Frevler ist nicht einfach Gottlos, denn die Ehrfurchtslosen sind nicht los von Gott oder ohne Gott. Oft sind sie sogar sehr religiös. Sie verhalten sich ehrfurchtslos durch ihr Handeln, sie freveln gegen Gott, obwohl sie häufig religiös sind.
Das Wort „Ehrfurchtslose“ kommt in diesem Psalm viermal vor, beziehungsweise „die Ehrfurchtslosen“. Außerdem tauchen noch die Wörter „Sünder“ und „Spötter“ auf – zweimal „Sünder“ und einmal „Spötter“. Insgesamt gibt es also siebenmal böse Leute in diesem Psalm: vier Ehrfurchtslose, zwei Sünder und ein Spötter. Dabei sind natürlich immer dieselben Gruppen gemeint, die vorne und hinten erwähnt werden.
Nun schauen wir uns den Weg an: In Vers 1 kommt der „Weg“ vor, und in Vers 6 sogar zweimal. Der Psalm beginnt also mit dem Thema „Weg“ – es geht um zwei Wege, zwei Menschen, zwei Ziele und zwei Schicksale. Der Weg in Vers 1c und der Weg in Vers 6a und 6b entsprechen einander.
Der „Kreis der Spötter“ am Ende von Vers 1 steht dem „Gemeinde der Gerechten“ am Ende von Vers 5 gegenüber. Auch hier zeigt sich eine chiastische Struktur, also eine Entsprechung.
Das Wort „nicht“ kommt in Vers 1 dreimal vor: „Selig, der nicht wandelt, nicht betritt und sich nicht setzt“. In Vers 5 kommt „nicht“ zweimal vor: „Deshalb bestehen die Ehrfurchtslosen nicht im Gericht und nicht die Sünder in der Gemeinde der Gerechten“. In Vers 4 gibt es ebenfalls ein drittes „nicht“. Insgesamt also drei „nicht“ in Vers 1 und zwei „nicht“ in Vers 5.
Man erkennt also auch hier Entsprechungen. Wenn man einen Psalm auswendig lernt, ist das eine große Hilfe. Solche Strukturen sind Stützen, um sich den Text besser einzuprägen. Wer das einmal gemacht hat, tut sich viel leichter beim Auswendiglernen.
Das macht den Psalm einprägsamer. Das ist auch eine Lehrmethode, die im Alten Testament oft verwendet wird: Wiederholung und Strukturierung. Es kommt etwas Neues, dann A, dann etwas Neues, B, und dann wieder A. Das machen wir ja auch oft im Gespräch.
Zum Schluss noch zwei Verben: „nicht wandelt“, „nicht betritt“ und „nicht setzt“ in Vers 1 entsprechen in Vers 5 dem Nicht-Bestehen, also dem Nicht-Stehenbleiben. Die Ehrfurchtslosen sollen nicht stehen bleiben, denn sie vergehen. Die Ehrfurchtslosen stehen dem Gerechten gegenüber, der zweimal erwähnt wird – einmal in Vers 5 und einmal in Vers 6.
Der „Mann“, der ein Gerechter ist, wird in Vers 1 als „selig der Mann“ bezeichnet. Dabei bedeutet „Mann“ hier „Mensch“ und schließt Frauen nicht aus, denn das Wort wird oft so verwendet.
Das war noch zum Aufbau, zur Struktur und zum Inhalt des Psalms.
Thema und Gliederung von Psalm 1
Wichtig ist zunächst, ob Vers 1 bedeutend ist oder nicht. Zum Inhalt: Wir wollen jetzt den Text gliedern, und zwar nach seinem Inhalt. Zuerst überlegen wir uns, was die Überschrift oder das Thema dieses Psalms ist.
Das Thema ist eigentlich nicht schwer zu erkennen. Es handelt sich um einen Weisheitspsalm, und man merkt, dass es um die Tora geht. „Selig ist der Mann, der seine Lust hat an der Tora“, an der Weisung Jachwes. Es geht also um das Verhalten gegenüber der Tora.
Es gibt Menschen, die kümmern sich nicht um die Tora. Sie haben ihren eigenen Rat, ihren eigenen Weg und ihren eigenen Kreis. Sie wandeln im Rat der Ehrfurchtslosen, treten einen Weg und sitzen in einem Kreis. Aber sie kümmern sich nicht um die Tora, das Wort Gottes, die Weisung Jachwes.
Der andere, der Selige, der Glückselige, hat seine Lust an der Weisung Jachwes und sinnt darüber Tag und Nacht. Er beschäftigt sich damit. Das ist sein Rat, sein Weg und sein Kreis. Dort wandelt er, dort betritt er den Weg und dort sitzt er in der Gemeinde der Gerechten. Er sinnt nach, murmelt das Wort, sinnt über die Weisung, die Tora Jachwes nach.
Dieser Mensch wird glücklich und bleibt ewig glücklich. Man fragt sich natürlich: Wer kann denn so leben? Die Antwort gibt Psalm 2. Dort erfahren wir, dass Gott seinen König auf dem Zion eingesetzt hat. Dieser König ist wunderbar. Man kann sich bei ihm bergen, Zuflucht suchen.
Wenn man bei ihm Zuflucht sucht, ist man am Ziel. Er ist derjenige, der wirklich so wandelt. Er ist der Mann nach dem Herzen Gottes. Dieser König, der Mann nach dem Herzen Gottes, hat das absolut gelebt. Er ist nicht nach dem Rat der Ehrfurchtslosen gewandelt, hat nicht den Weg der Sünder betreten und nicht im Kreis der Spötter gesessen. Stattdessen hatte er seine Lust an der Weisung Jachwes.
Der zweite Psalm spricht von diesem Sohn. Und der vorletzte Psalm im Buch, der 40. Psalm, spricht ebenfalls davon: „An deiner Weisung habe ich meine Lust.“ Dort heißt es, Psalm 40, Vers 7: „An Opfern und Speisopfern hattest du nicht Lust. Ohren hast du mir gegraben. Brandopfer und Sündopfer hast du nicht gefordert oder erbeten. Denn dann sagte ich: Siehe, ich komme; im Buch steht von mir geschrieben: Deinen Willen, mein Gott, zu tun, ist meine Lust.“
Hier haben wir den Mann nach dem Herzen Gottes, der den Willen Jachwes sucht und das als seine Lust empfindet. „Deine Weisung ist in meinem Inneren“, heißt es in Psalm 40, Vers 9. Das ist der Mann, auf den diese Worte in vollkommener Weise zutreffen.
Wie kann man so ein Mann oder eine so eine Frau werden? Indem man bei diesem Mann Zuflucht sucht. „Selig der, der sich bei ihm birgt und seine Zuflucht nimmt.“ Er ist das Vorbild und der Mann nach dem Herzen Gottes. Der König hat manchmal versagt, und man merkt, es ist nicht der vollkommene König. Aber es ist doch ein Mann nach dem Herzen Gottes, wie es in Apostelgeschichte 13 heißt: der Mensch nach dem Herzen des Herrn. Der vollkommene war der Sohn Davids, auf den Psalm 2 letztlich hinweist.
Ihn zu lieben heißt auch, das Gesetz zu lieben.
Nun schauen wir noch etwas genauer hin. Wenn wir hier einen Titel für den Psalm wählen wollten, könnte man sagen: Ein Weisheitspsalm über das rechte Verhalten gegenüber der Tora, der Weisung Jachwes, oder: Das Glück dessen, der aus Gottes Wort lebt, im Gegensatz zum Los des Sünders.
Daraus ergeben sich drei Teile:
a) Die Verse 1 und 2 beschreiben den Mann des Wortes Gottes, der seine Lust an der Weisung hat. Er ist selig. Die Aussage von Vers 1 und 2 lautet: Selig ist der Mann, der seine Lust hat an dem Wort Gottes oder an der Weisung Jachwes.
Das ist unser erster Punkt in dieser dreigliedrigen Botschaft des ersten Psalms: Der Mann Gottes, der Mann des Wortes Gottes, der seine Lust an dem Wort Gottes hat, ist selig.
Wie sieht das aus? Wie lebt er? Was macht er?
Erstens sondert er sich ab vom Weg der Ehrfurchtslosen, das ist Vers 1. Er wandelt nicht auf dem Rat der Ehrfurchtslosen, betritt nicht ihren Weg und setzt sich nicht in ihren Kreis. Er sondert sich innerlich ab. Äußerlich kann man sich nicht immer absondern, aber manchmal ist auch äußere Absonderung nötig.
Der Herr Jesus war äußerlich abgesondert, aber nicht immer. Manchmal saß er mit ihnen, um ihnen das Wort Gottes zu bringen, den Zöllnern und Sündern. Aber dort hat er nicht mit ihnen gemeinsam gesündigt, sondern um ihnen das Evangelium zu bringen.
Für uns ist wichtig: Welche Ratschläge nehme ich für mein Leben an? Nach welchem Rat wandle ich? Welchen Weg schlage ich ein? In welchem Kreis halte ich mich auf? Das ist schon praktische Anwendung.
Je nachdem, welchem Rat ich folge, wird mein Weg sein. Und das führt mich in einen Kreis, in dem ich mich aufhalte – also Gemeinschaft.
Dreimal Nein! Das soll man nicht tun: nicht wandeln im Rat der Ehrfurchtslosen, nicht auf dem Weg der Sünder treten und nicht im Kreis der Spötter sitzen. Gottes Weg beginnt hier mit einem dreifachen Nein: nicht wandeln im Rat, nicht betreten den Weg und nicht sitzen im Kreis.
Zweitens: Er hat seine Lust an der Weisung Jachwes, das ist Vers 2.
Wir sind so geschaffen, dass uns Lust antreibt. Das gehört zur Schöpfung. Lust treibt uns. Die Frage ist: Welche Lust? Von welcher Lust lasse ich mich treiben?
Ich muss Lust haben, aber welche Lust? Es gibt geschlechtliche Lust, die zur Fortpflanzung beiträgt, Esslust, die zur Lebenserhaltung beiträgt. Wenn wir keine Esslust hätten, würden wir nichts essen und verhungern. Schlaflust ist ebenfalls wichtig, denn ohne Schlaflust würden wir krank werden.
Zum Glück haben wir Schlaflust. Heute Abend habt ihr ganz sicher wieder Lust zu schlafen. Die Lust auf das Richtige muss gepflegt werden, und die wichtigste Lust ist die Lust auf Gottes Wort.
Diese Lust muss man pflegen. Wenn man die falsche Lust pflegt, die nicht erlaubt ist, dann läuft der Mensch Gefahr, sich selbst zu zerstören, sagt die Schrift.
Epheser 4 spricht vom Betrug der Sünde. Dort heißt es, dass der Mensch, der nach seinen fleischlichen Begierden lebt, zugrunde geht. Epheser 4, Vers 22: „Der alte Mensch wird zugrunde gehen infolge der trügerischen Lüste.“
Wer nach trügerischen Lüsten geht, geht zugrunde. Die Lust muss gepflegt werden.
Einem kleinen Kind bringt man bei, Lust auf gesundes Essen zu haben. Zuerst spuckt es die Karotten aus, beim Entwöhnen, aber später merkt es, dass das gesund ist, und isst sie dann. Man bringt es auf den Geschmack.
Wir müssen auch auf den richtigen Geschmack gebracht werden – auf das Wort Gottes, auf Gott selbst.
Psalm 119 enthält viele Verse, die von Lust sprechen. Hier einige Beispiele:
Psalm 119, Vers 16: „An deinen Satzungen habe ich meine Wonne; dein Wort will ich nicht vergessen.“
Vers 20: „Meine Seele zermürbt sich vor Verlangen nach deinen Verordnungen allezeit.“
Vers 24: „Auch sind deine Zeugnisse meine Wonne; sie sind meine Ratgeber.“
Vers 35: „Lass mich wandeln auf dem Pfad deiner Gebote, denn an ihnen habe ich Lust.“
Vers 47: „Und ich habe Wonne an deinen Geboten, die ich liebe; ich will meine Hände zu deinen Geboten erheben, die ich liebe, und sinnen über deine Satzungen.“
Vers 70: „Stumpf wie Fett ist ihr Herz; ich aber habe Wonne an deiner Weisung.“
Vers 77: „Lass deine Erbarmung über mich kommen, dass ich lebe; denn deine Weisung ist meine Wonne.“
Vers 92: „Wäre nicht deine Weisung meine Wonne gewesen, wäre ich umgekommen in meinem Elend.“
Vers 143: „Angst und Bedrängnis haben mich erreicht; deine Gebote sind meine Wonne.“
Vers 174: „Ich sehne mich nach deinem Heil, Yahweh, und deine Weisung ist meine Wonne.“
Es gibt viele Verse, etwa dreißig, die von der Liebe zum Wort Gottes sprechen.
Wir müssen uns auf den Geschmack bringen lassen. Wenn wir keine Lust am Wort Gottes und an geistlichen Dingen haben, stehen wir in Gefahr, Lust an den Dingen des Fleisches zu bekommen.
Lust hat man sowieso nach irgendetwas. Wichtig ist, dass man die richtige Lust nährt.
Lust wächst mit Beschäftigung. Womit man sich viel beschäftigt, daran wächst die Lust – vorausgesetzt, es ist begehrenswert. Fleischliche Dinge sind begehrenswert, die Welt beweist das.
Aber es gibt etwas, das noch viel begehrenswerter ist.
Wenn wir keine Lust an der Gemeinschaft mit dem Herrn haben, stehen wir in Gefahr, Lust an der Gemeinschaft mit Sündern zu haben.
Was tun, wenn wir keine Lust haben? Buße tun. Sagen: Herr, ich habe keine Lust an dir. Ich bin ein schlimmer Mensch. Kannst du mich verändern? Der Herr sagt: Ja, mache ich.
Beschäftige dich mit mir, ich zeige dir, wie herrlich ich bin, wie herrlich mein Wort ist.
Es geht also um Geschmacksbildung. Diese Lust am Wort Gottes schützt.
Als Nächstes heißt es: „Und er sinnt über sie nach Tag und Nacht.“ Das steht im nächsten Halbsatz von Vers 2.
Wir haben schon gesagt: Es ist ein Nachsinnen mit bewegten Lippen. Man nimmt sich Zeit, denkt nach, spricht nach.
Worüber denkt der Ehrfurchtslose nach? Über seine eigenen Vorteile, seine Karriere, wie er vor anderen dasteht und was andere von ihm denken. Er denkt daran, Lust an irdischen, fleischlichen Dingen zu gewinnen. Ihr Gott ist ihr Bauch, sagt Paulus in Philipper 3.
Das beschäftigt den Frevler, die fleischliche Gesinnung.
Der geistliche Mensch dagegen wird von geistlichen Dingen bewegt: von Gott selbst und seiner Welt.
Das ist wichtig für die praktische Anwendung: Worüber denke ich nach? Was beschäftigt meine Gedanken?
Gedanken kann man steuern. Gedanken muss man steuern, sonst wird man von ihnen gesteuert.
Worüber denke ich nach, wenn ich nachts aufwache und nicht schlafen kann?
David sagt: „Ich denke über dein Wort nach, wenn ich nicht schlafen kann.“ Siebenmal stehe ich nachts auf, um über dein Wort nachzusinnen, heißt es in Psalm 119.
Das Nachsinnen Tag und Nacht, also zu Tages- und Nachtzeiten, prägt den Menschen.
Wer wirklich Lust an der Weisung, Unterweisung und Lehre des Herrn und an seinem Wort hat, der hat auch Lust, es zu tun, wie wir heute schon in der Andacht gehört haben.
Vergleich und Bedeutung des Gerechten mit einem Baum
Zweite Strophe B, großes B
Und er ist wie ein Baum. Er ist selig – das ist das Eine – und er ist wie ein Baum. Manche Übersetzungen verwenden „aber“, doch im Hebräischen steht „und“. Damit wird deutlich, dass der erste Satz lautet: Der Selige ist der Mann. Zweitens folgt der Satz: Er ist wie ein Baum. Jetzt kommt also die zweite Sache, der zweite Satz. Was ist noch mit ihm? Ja, er ist wie ein Baum.
Hier handelt es sich um einen Vergleich. Was ist mit dem Baum gemeint? Ein Baum lebt aus der Quelle. Hier liegt ein Fehler vor: Es heißt nicht „Er lebt aus der Quelle, der ist wie ein Baum“, sondern „Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen“. Wasser ist für den Baum wichtig, denn seine Wurzeln müssen tief hineingehen. Ein Baum, der am Wasser wächst, hat viel Wasser. Das Wasser kommt dahin, während andere Bäume leicht vertrocknen.
Wir müssen unsere Wurzeln tief in die Dinge Jesu Christi hinein graben. Das Erste ist also: Aus der Quelle leben bedeutet auch, seine Wurzeln ins Wort Gottes hineinzubringen. Wir müssen verwurzelt sein im Wort Gottes, in der Weisung des Herrn. Darum geht es hier. Keine Frucht ohne gute Wurzeln. Wenn die Wurzeln nicht taugen, taugt der Baum nicht. Die Wurzeln müssen also dorthin.
Kümmern wir uns nicht so sehr um die Blätter und die Frucht, sondern vielmehr darum, dass die Wurzeln gutes Wasser bekommen. Dann werden die Blätter kommen und auch die Frucht. Dabei muss man dem Heiligen Geist erlauben, sich zu nähren. Das ist die praktische Anwendung für uns: Wir müssen unsere Wurzeln vom Heiligen Geist nähren lassen.
Wenn ein Christ aufhört, Frucht zu bringen, dann stimmt etwas nicht mit seinen Wurzeln. Er lebt aus der Quelle und bringt zweitens zu seiner Zeit Frucht. Jetzt sind wir im Zentrum des Psalms: Er bringt seine Frucht zu seiner Zeit.
Die Beständigkeit in der Frucht hat ihre Ursache in der Beständigkeit der Wasserversorgung. Wenn der Baum beständig Wasser hat, wird er auch beständig Frucht tragen – das heißt beständig im Sinne von jedes Jahr. Er wird also nicht kaputtgehen.
Wer das Wort Gottes vernachlässigt, wird innerlich vertrocknen, fällt leicht in alte Charakterfehler zurück, und dann drohen Gefahren.
Um welche Frucht geht es? Gott hat den Menschen für etwas geschaffen. Gott hat ein Ziel und einen Zweck mit dem Menschen. Das Wichtigste ist die Charakterveränderung in Christi Bild. Gott möchte das Bild Gottes im Menschen wiederherstellen. Folglich ist die wichtigste Frucht die Charakterveränderung.
Das geschieht nicht sofort, das ist klar. Es ist ein Wachstum, aber es kommt zu seiner Zeit. Die Ehrfurchtslosen haben keine Frucht. Vielleicht haben sie äußerlichen Erfolg, aber auf das Ende gesehen vergehen sie.
Oft kommen Ehrfurchtslose schneller ans Ziel, meint man. Sie vertrauen auf sich selbst, sind schneller, während der Gläubige langsamer erscheint. Der Gläubige scheint ein bisschen hart auf den Herrn zu sein, wartet, und alles geht langsamer. Das Wachstum ist langsam, aber sicher, unscheinbar wie ein Baum. Auch beim Baum schießen nicht sofort die Äste heraus. Das braucht alles seine Zeit, beim Gläubigen ebenso. Langsam, aber stetig bringt er seine Frucht.
Und seine Blätter verwelken nicht. Er bleibt frisch. Das nächste: Seine Blätter verwelken nicht. Übrigens zur Frucht: Was ich noch sagen möchte, ist, dass das, was du bist, wichtiger ist als das, was du tust. Frucht, also Charakter, ist wichtiger als das, was du gerade tust.
Charakter ist das Beständige. Das, was du gerade tust, soll natürlich etwas Gutes sein, aber wir schauen oft zu sehr auf Taten. Wir sollten aber mehr auf den Charakter achten.
Wenn wir einen Menschen prüfen, schauen wir auf den Charakter, nicht nur auf das, was ins Auge sticht.
Ich komme gleich darauf, komme gleich. Ich spreche jetzt zuerst vom Charakter.
Der Charakter wirkt sich natürlich in Werken aus, aber diese Werke sind Frucht. Das ist ein Garten, keine Fabrik. Die Frucht des Geistes ist ein Garten, die Werke des Fleisches eine Fabrik. Das eine wächst, das andere wird eigenmächtig hergestellt.
Seine Blätter verwelken nicht, sein Laub fällt nicht ab. Das heißt, er bleibt frisch. Das ist schön, frisch, er quickt, lebendig. Da ist Leben vorhanden. Und alles, was er tut, gelingt ihm.
Jetzt kommt das Nächste: Er ist erfolgreich in allem, was er tut. Weil er aus der Quelle lebt.
Jetzt stellt sich die Frage: Was tut er denn? Ja, alles. Was tut der Gerechte? Er hat seine Lust am Wort des Herrn. Folglich will er die Unterweisung Jachwes befolgen.
Und in dem Befolgen der Unterweisung Jachwes hat er in allem Gelingen. Also das, was er tut, steht im Zusammenhang mit der Weisung Jachwes.
Was tut er? Zuerst hat er gelesen, jetzt setzt er um. Er dient, er hilft, er gibt, er setzt seine Gaben ein, er lehrt, er spricht mit Menschen, er geht auf andere zu. Er gibt Zeugnis, er versucht, andere Menschen den Herrn großzumachen.
Das sind viele Werke, die getan werden. Das sind jetzt die Taten, die aus dem Charakter folgen. Zuerst der Charakter, dann kommen Taten, und zwar ein Tun für den Herrn. Das ist gemeint mit „in allem, was er tut“. Sonst würde das ja nicht stimmen.
In allem, was er tut – nicht im Sündigen, hat er Gelingen usw. Nein, das ist nicht das Thema. Sündigen ist ja nicht sein Ziel, das wollte er ja nicht tun. Er sinnt über das Gesetz des Herrn nach, Tag und Nacht.
Also in dem Tun ist er erfolgreich, in dem Tun für den Herrn.
Gegenüberstellung: Die Ehrfurchtslosen als Spreu
Das Nächste ist dann die dritte Strophe. Sie handelt von den Frevlern, die wie Spreu sind. Die zweite Strophe beschreibt den Gerechten als einen Baum. Die Frevler hingegen sind wie Spreu – das ist das andere Bild.
Was bedeutet Spreu? Spreu ist das, was übrig bleibt, wenn man den Weizen drescht. Es ist die leere Hülle, die Hülse. Erstens wird diese Spreu verweht. Früher ließ man nach dem Dreschen den Wind blasen, damit die Körner auf den Boden fielen und der Wind die Spreu davontrieb. Das bedeutet übersetzt: Von dem Wesen und Wirken der Frevler bleibt letztlich nichts übrig. Für die Ewigkeit bleibt gar nichts von dem Wirken dessen, der ehrfurchtslos lebt.
Sie werden verweht und bestehen deshalb nicht im Gericht. Gott wird ihre Werke ins Gericht bringen, und sie werden nicht bestehen. Die Sünder bleiben nicht mit den Gerechten am Leben. Das ist das, was in den Versen beschrieben wird: Vers 4, Vers 5 und Vers 6.
Vers 6 bringt noch einen Zusatz: Yahweh kennt den Weg der Gerechten, aber der Weg der Frevler vergeht. Also sind Vers 4 und Vers 5 die ersten beiden Punkte, Vers 6 ist der dritte.
Die Frevler werden verweht, die Stürme kommen. Bei den Gläubigen können die Stürme ruhig kommen, sie werden nicht verweht. Aber die Ehrfurchtslosen werden verweht und von jedem Wind der Lehre getrieben (vgl. Epheser 4,15). Sie werden getrieben vom eigenen Fleisch und fleischlichen Verlangen, von bösen Geistern und Dämonen (vgl. 1. Korinther 12,1-3), vom Ehrgeiz, von Selbstsucht und Egoismus.
Die Winde, die Gott schickt, zeigen, wo wir stehen: Gehören wir zur Spreu oder sind wir ein Baum, der stehen bleibt? Haben wir tiefe Wurzeln in Christus oder sind wir leere Hülsen, die davon geweht werden? Die Frevler sind wie Spreu – ohne Wurzeln, ohne Frucht, ohne geistliche Kraft, ohne geistliche Frische, ohne Fundament und ohne Orientierung. Sie bestehen nicht im Gericht.
In Prediger 12,14 heißt es: Gott wird jedes Werk, sei es gut oder böse, in ein Gericht über alles Verborgene bringen. Das ist der letzte Vers im Predigerbuch.
Diese Gegenüberstellung findet sich noch im gleichen Abschnitt. Manche trennen Vers 6 ab und machen daraus eine eigene Strophe oder einen großen Punkt. Aber eigentlich geht es immer noch um die Ehrfurchtslosen. Es ist nur eine Gegenüberstellung, um zu zeigen, wie krass der Unterschied ist.
Yahwe kennt den Weg der Gerechten, aber der Weg der Ehrfurchtslosen vergeht.
Übrigens: Zum dritten Punkt habe ich vergessen zu erwähnen, dass sie nicht mit den Gerechten in der Gemeinde bleiben. Sie bleiben nicht in der Gemeinde der Gerechten. Gemeinde ist hier einfach die Gruppe, die das Ziel erreicht. Gehören wir zu dieser Gruppe nur äußerlich oder auch wirklich innerlich?
Vers 6 ist auch eine Begründung, ein Schlusswort: Der Herr kennt den Weg der Gerechten, aber der Weg der Ehrfurchtslosen vergeht. Dabei muss man auf das Ende der beiden Wege achten, nicht nur auf die gegenwärtige Situation.
Das Wort „kennen“ bedeutet hier nicht nur, etwas zu wissen. In der Bibel hat „kennen“ oft eine tiefere Bedeutung. Wenn Yahweh den Gerechten kennt oder sagt: „Ich kenne meine Schafe“, dann meint er eine liebende Beziehung. Es ist ein liebendes Kennen.
Der Herr kennt den Weg in dem Sinne, dass er nicht nur davon weiß, sondern in einer Liebesbeziehung mit uns steht. Er nimmt uns an der Hand und sagt: „Komm, ich führe dich diesen Weg. Ich liebe dich. Ich weiß genau, wie es dir geht und welchen Weg du zu gehen hast.“ So kennt Yahweh den Weg der Gerechten.
Zum Vergleich: Adam kannte Eva – das heißt, es war eine Beziehung da, nicht nur Wissen.
Der Weg der Frevler vergeht, auch wenn sie gegenwärtig grinsen. Man muss auf das Ende schauen.
Selig ist der, wirklich selig ist der Mann nach dem Herzen Gottes.
Der Text ist sehr einfach, leicht zu gliedern und in seiner ganzen Anwendung auch klar. Man geht von Vers zu Vers. Das will er ja: Er beginnt mit einem einfachen Lied. Es ist kein kompliziertes Lied, aber es geht tief hinein.
Gliederung und Aufbau von Psalm 2
Ja, dann noch Vers zwei. Ah, Psalm zwei – was ist jetzt hier mit Psalm zwei? Wir hatten ja den Psalm schon vor Augen. Jetzt hier noch einmal. Ich habe mich jetzt nicht so in eine Spalte gebracht, deshalb sieht es nicht so schön aus, aber man sieht, man kann schon feststellen, hier sind eins, zwei, drei, vier Strophen. Vielleicht könnte man sogar fünf machen, aber schauen wir uns das mal an.
Wir haben hier Vers eins: Warum tosen die Völker und sinnen vergebliches? Die Volksscharen, Könige der Erde, stellen sich auf, und Fürsten haben sich zusammengesetzt gegen Yahweh und seinen Gesalbten: „Lasst uns abstreifen ihre Fesseln und von uns werfen ihre Seile.“ Dieser Teil gehört zusammen sinngemäß, also es geht hier um das Treiben dieser Völker.
Dann kommt eine Reaktion, dann spricht jemand anderes. Also da sprachen die Völker und die Völkerschaft und die Könige der Erde. Jetzt spricht der andere, Vers 4: Der, der im Himmel sitzt, lacht; mein Herr spottet ihrer. Dann redet er zu ihnen: „In seinem Grimm und in der Glut seines Zornes schreckte er sie.“ Und ich, ich habe meinen König eingesetzt auf Zion, meinen heiligen Berg.
Das ist sein Sprechen. Ich gebe Bericht von einer Festsetzung: Der Herr sagte zu mir: „Du bist mein Sohn, ich habe dich heute geboren. Bitte von mir, und ich gebe dir Völker zum Erbe und dir zum Besitz die Enden der Erde. Du wirst regieren mit eisernem Stabe und zerbrechen sie wie Töpfergeschirr.“
Und nun, Könige, handelt klug, lasst euch unterweisen, Richter der Erde! Dient dem Herrn mit Furcht und freut euch mit Zittern. Also ab Vers 10 ist eindeutig ein neuer Abschnitt: „Und nun, Könige, handelt klug.“ Also ein Aufruf an die Könige, weise zu werden, sich unterweisen zu lassen und klug zu handeln.
Dient dem Herrn mit Freude, freut euch mit Zittern, küsst den Sohn, damit er nicht zürnend euch umbringt auf dem Weg! Denn leicht entbrennt sein Zorn. Selig sind alle, die Zuflucht bei ihm nehmen.
Worum geht es? Thema: Es ist ein Weisheitspsalm. Worum? Das eine war das richtige Verhalten gegenüber der Thora, und hier, was ist das Thema? Ja, hier geht es um diesen König und unser Verhalten zu ihm. Die einen haben sich falsch verhalten, die ersten Verse, und dann kommt die Antwort Gottes darauf. Zum Schluss kommt ab Vers 10 die Anweisung, wie man sich gegenüber diesem König zu verhalten hat. Das ist das Thema.
Also, wir können sagen: Eine Möglichkeit, ein Weisheitsverfahren über das rechte Verhalten gegenüber dem erwählten Gesalbten Jachwes. Es ist sicher, dass die ersten drei Verse eine eigene Strophe bilden, da sind sich auch alle einig.
Also die erste Strophe, Strophe A: Diese Rebellion der Völker beziehungsweise der Stämme, Volksstämme. Das eine dürfte Heiden sein, das andere könnten Juden sein, sowie die Könige des Landes oder der Erde. Man weiß nicht genau, wie man das übersetzen soll – heißt es Erde oder Land? So oder so, gegen Yahweh und seinen Gesalbten: der Aufstand der Völker, der Stämme und der Könige gegen Yahweh und seinen Gesalbten.
Zuerst, was sie tun, Vers 1 und 2: Ihr toben oder sie toben, sie sinnen, sie treten auf, sie empören sich, sie denken, sie treten an – was sinnen sie? Was empören sie sich? Was sinnen sie? Und es treten an die Könige der Erde. Und auch noch ihre Rede: „Lasst uns abstreifen ihre Fesseln.“ Ihr Tun und ihre Rede: Ihr Tun in Vers 1 und 2 ist Empörung, ihr Sinnen, ihr Denken, ihre Gesinnung und ihr Auftreten oder Antreten. Und dann ihre Rede in Vers 3: „Lasst uns abstreifen ihre Fesseln.“
Zweite Strophe, Vers 4 bis 6: Nicht so arg wichtig, denn das ist ein Handeln in der Vergangenheit, das bis auf die Gegenwart andauert. Das ist ganz schwierig, die Zeit zu übersetzen, hier ist es ganz schwierig. Warum? Hier haben wir Poesie, und wer Hebräisch lernt, weiß, dass in der hebräischen Poesie die Vergangenheitsform zur Gegenwartsform werden kann. Da tun sich die Übersetzungen schwer, die sind ganz unterschiedlich. Man kann sie in Vergleichsübersetzungen sehen.
Wir haben uns deshalb gedacht, es ist wohl Vergangenheit hier, weil die Übersetzung ins Griechische im Neuen Testament auch Vergangenheit ist. Dort, wo das zitiert wird im Griechischen, in Apostelgeschichte 4, wird auch mit Vergangenheit übersetzt. Und da haben wir gesagt, wenn die das so aufgefasst haben als Vergangenheit, dann werden wir das auch so auffassen. So oder so. Es ist nicht falsch, wenn hier Gegenwart steht. Also kamen wir darauf wegen des neutestamentlichen Zitats.
In dem Fall aber nicht so, weil sie sich empört haben, und das hält ja noch an bis in die Gegenwart, also bis in die Gegenwart des Sprechers jedenfalls.
Strophe B ist also Vers 4 bis 6. Da haben wir die Antwort Gottes auf ihr Tun und auf ihr Reden, sein Tun und sein Reden. Was tut er und was sagt er? Nun, was tut er? Er lacht. Er lacht und er fängt eher zu spotten an. Also Gott, das ist natürlich ein Gerichtslachen. Das freut ihn nicht, so zu lachen. Das ist ein Lachen mit Schmerz. Er lacht, er spottet, weil er sagt: „Wenn ihr meint, ihr seid so gescheit und so und so, ihr tut so sicher, da kann ich nur lachen darüber. Wenn ich auf den Plan trete, seid ihr nichts.“
Er sitzt im Himmel, er lässt sich da gar nicht so draus bringen, er hat alles in der Hand, alles im Griff. Er ist nicht irritiert. Und er redet zu ihnen in seinem Grimm. Hier haben wir es: Es ist eben ein grimmiges Lachen, ein Zorn, ein Gerichtslachen. Er redet zu ihnen in seinem Grimm und in der Glut seines Zorns schreckt er sie.
Dann kommt Vers 7 bis 9, das meine ich ist wohl auch eine eigene Strophe. Denn hier spricht er von einer Kundgebung. Wer ist der, der hier eigentlich spricht? Zuerst, in Vers 6 ist es klar, Yahweh spricht und sagt: „Ich habe meinen König eingesetzt auf Zion, meinen heiligen Berg.“ Aber dann spricht jemand, der sagt: „Ich gebe Bericht von einer Kundgebung. Der Herr sagte zu mir: Du bist mein Sohn, ich habe dich geboren.“
Hier spricht der Sohn, nicht mehr Yahweh, denn hier spricht der Sohn dieses Yahweh, der König. In Vers 8 zitiert dieser Sohn den Yahweh, dass er zu ihm gesagt hat: „Bitte von mir, und ich werde dir die Völker zum Erbe geben.“ Oder: „Fordere von mir, und ich werde dir die Völker zum Erbe geben und dir zum Besitz die Enden der Erde.“ Du wirst sie regieren mit Eisen im Stab und zerbrechen sie wie Töpfergeschirr.
Das heißt, der Gesalbte, der König, spricht jetzt selber. Vers 6 spricht Gott Yahweh, Vers 7 bis 9 ist die Rede des Königs, und er zitiert in Vers 8 und 9, dass Gott ihn doch aufgefordert hat zu fordern, zu bitten. Dann wird Gott ihm die Völker zum Erbteil geben.
Zur Erklärung noch Vers 6: „Ich habe meinen König eingesetzt auf Zion“ bezieht sich zuerst einmal auf den irdischen Zion. Das ist der Berg in Jerusalem, wo König David regiert, ganz klar. Das kann man gar nicht anders verstehen.
Aber wenn wir dann ins Neue Testament gehen und den Sohn Davids kennenlernen, merken wir, dass dieser Thron Davids, der immer auf dem irdischen Zion war, gewechselt wird. Der bekommt eine Ortsveränderung. Der Thron Davids: Als der Messias, der letzte, wirklich wahre Messias, Jesus Christus, kam, hat er sich auf den himmlischen Zion gesetzt, auf den himmlischen Thron Davids, also auf den himmlischen Thron zur Rechten Gottes. Und das ist der Thron Davids, kein anderer.
Aber das wissen wir erst durch das Neue Testament. Wenn wir jetzt nur beim Psalm bleiben, müssen wir natürlich an den irdischen Zion denken und an nichts anderes. Erst im Neuen Testament erfahren wir, dass hier eine Veränderung stattfindet, eine Verwandlung des Thrones und übrigens auch eine Verwandlung des Reiches. Das Reich wird von der Erde in den geistlichen Bereich verlegt.
Der Herr Jesus hat ja sehr, sehr viel darüber gelehrt. Wie viel Zeit hat er sich genommen? Was war das Thema? Was war das größte, das meiste Thema, das er mit den Jüngern besprochen hat? Das Reich Gottes. Warum? Weil ihr Verständnis ja fast nicht anders sein konnte als irdisch. Wenn man die Psalmen liest, wenn man die Propheten liest, geht das gar nicht anders. Da steht nichts von einem himmlischen Königreich.
Und jetzt kommt der Herr und erklärt ihnen: Das Königreich ist anderer Art, als ihr euch vorstellt, weil es nämlich ein ewiges ist. Und wenn es ewig ist, muss es ja anderer Art sein, denn das Königreich ist nicht von dieser Welt.
Aber das ist Neues Testament. Wir sind ja jetzt im Alten Testament, also bleiben wir hier bei David, der sitzt auf dem Zionsberg und regiert. Aber es ist hier natürlich schon mehr als David, denn David hat nicht alle Völker zum Erbe bekommen und nicht die Enden der Erde zum Erbe bekommen.
Das heißt, auch schon hier ist ganz deutlich: Man könnte zwar meinen, dass man gedacht hat, ja, sie haben sich das so vorgestellt, eines Tages wird Davids Königreich immer größer, und die Söhne des Königs Davids werden noch mehr erobern, und Salomo bekommt noch mehr, und dann vielleicht noch jemand noch mehr. Ja, so haben sie sich das auch vorgestellt.
Erst das Neue Testament gibt uns die Antwort. Der Gesalbte weist sich hier aus. Jetzt spricht er, dieser Gesalbte, und er berichtet von einem Wort, das Yahweh an ihn gerichtet hatte: „Yahweh sagte zu mir: Du bist mein Sohn, ich habe dich heute geboren.“
Yahwes Wort an ihn bezüglich seiner Inthronisation als König. Er weist sich aus, dass Yahweh zu ihm das gesagt hat: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich geboren.“ Übrigens ist das Wort „Zeugen“ oder „Gebären“ im Hebräischen exakt dasselbe Wort. Der Zusammenhang muss klar machen, was gemeint ist: Ob hier „zeugen“ oder „geboren“ gemeint ist.
Hier ist geboren gemeint, denn es ist nicht die Zeit gemeint der Schwangerschaft, zwischen Zeugung und Geburt, sondern hier ist die Zeit, wo das Kind schon da ist. Das ist das Bild, das er hier gebraucht. Also muss es sich um eine Geburt handeln, nicht um eine Zeugung.
„Ich habe dich heute geboren“ müsste man übersetzen. Geboren ist hier natürlich im Sinne des Königs: Er hat ihn als König geboren. Gott ist jetzt der Vater, und der König ist der Sohn.
Yahwes Wort an ihn bezüglich seiner Königsherrschaft, Vers 8 und 9, hatte ihn nämlich aufgefordert: „Komm, du darfst jetzt was fordern, komm schon, fordere alles, was du willst! Nicht bis zur Hälfte des Königreiches, das ganze Königreich werde ich dir geben!“ Ja, der eine hat mal gesagt: „Bis zur Hälfte des Königreiches, alles werde ich dir geben.“ Nein, hier sagt er: „Alles werde ich dir geben, nicht bis zur Hälfte.“
Fordere von mir, und ich werde dir die Völker geben zum Erbe, nämlich dass du über sie regierst. Das ist sein Erbteil, ein riesengroßes Königreich, in dem alle Völker untertan sein müssen diesem König.
Parallelstelle ist Sacharja 9, Vers 10. Wenn jemand das vorlesen möchte oder könnte: Sacharja 9, Vers 10: „Und der Kriegsbogen soll sein Volk haben, und er wird den Völkern Kriege geben, und seine Herrschaft wird reichen von einem Ende zum anderen und vom Strom bis an die Erde her.“ Seine Herrschaft wird reichen von einer Grenze, von einem Ende bis zum anderen, bis zum Ende der Erde, also die ganze Welt umspannend. Eine Universalherrschaft.
Es wird also aufgefordert, es wird ihm gesagt, sein Reich wird sich ausdehnen – Verheißung der Ausdehnung des Reiches, Vers 8 – und Verheißung des Gerichts über die Völker, Vers 9.
Vers 9 ist ein Gerichtswort: Er wird sie zertreten wie Töpfergeschirr. Das ist bezogen auf ihn als den Richter über die Völker. Das heißt, er wird die Feinde niederschlagen.
„Du wirst sie regieren mit eisernem Stabe.“ Der eiserne Stab ist der Stab, der nicht zerbrochen werden kann. Das heißt, dass er ewig regiert, aber er ist auch hart. Dieser Stab ist hart, und wer sich nicht beugen will, wird von diesem Stab gebeugt, zerbrochen.
Wie Töpfergeschirr zerschlägt er sie. Wie er mit einem eisernen Stab mal ein Tongefäß zerschlägt, genauso zerschlägt er die Völker. Das bezieht sich auf die Vollendung des Reiches. Dann gibt es keine Feinde mehr, sozusagen in seinem Reich. Sie sind alle untergeordnet.
Das ist jetzt Vers 9.
Dann gibt es noch die letzte Strophe, das wäre dann D, groß D, Verse 10 bis 12. Aufforderungen an die Könige als Antwort auf das Reden Gottes.
Jetzt kommt also die praktische Anwendung, die Aufforderung: Was sollen jetzt die Könige tun? Die Könige, die sich vorher so rebellisch benommen hatten, was sollen sie tun?
Zuerst die Aufforderungen in Vers 10, Vers 11 und Vers 12a – lauter Aufforderungen.
Also hier ist zuerst die eine Aufforderung: Seid weise und lasst euch unterweisen als Einleitung. Hört mal her, bitte nehmt doch Vernunft an, lasst euch belehren, hört zu. Wisst ihr, was ihr tun sollt?
Und jetzt kommt die Aufforderung: Dient Yahweh mit Furcht und jauchzt ihm zu mit Zittern.
Also das ist jetzt verselbt: Dient Yahweh mit Furcht, jauchzt ihm zu mit Zittern, freut euch – heißt das einfach oder jauchzt ihm zu? Das ist so oder so. Freut euch im Sinne von einem fröhlichen Sich-Unterwerfen: Gott, du bist es, du bist der wahre König, König, König Davids Sohn, du Davids Sohn, du bist es, du bist der Gesalbte. Und dir wollen wir dienen.
Da ist Freude dabei, aber es ist auch Zittern, weil man weiß, das ist nicht einfach so ein Kollege und ein Kumpel oder irgendwer, sondern das ist der Herr der Herrlichkeit. Das ist der Ewige, dem ewige Anbetung und ewige Autorität gebührt. Das ist nicht irgendwer.
Zittern ist hier ein positives Zittern, nicht Angst. Das ist mehr, das ist Furcht. Es gibt einen Unterschied. Im Deutschen haben wir zwei Wörter: Furcht und Angst. Die Angst ist etwas Ungewisses, da ist Dunkelheit, da weiß man nicht, was einem geschieht. Und Furcht ist eine Haltung der Unterordnung und dass man sich ausrichtet an den, den man fürchtet. Den kann man gleichzeitig lieben. Man liebt den, den man fürchtet. Gottes Furcht und Gottes Liebe gehen zusammen.
Und zum Schluss, fast zum Schluss, hier die dritte Aufforderung: Unterwerft euch dem Sohn und entgeht so dem Zorngericht! „Küsst den Sohn“ – ich habe schon gesagt, das ist dasselbe Wort wie in 1. Mose 41, Vers 40: „Küsst den Josef.“ Fügt euch ihm, huldigt ihm, werft euch nieder, werft euch huldigend ihm nieder und küsst ihm die Füße.
„Unterwerft euch dem Sohn also, und auf diese Weise entgeht ihr dem Zorn, also damit er nicht zürnt und ihr dann umkommt auf dem Weg, denn gar leicht entbrennt sein Zorn.“
Und als Verheißung zum Schluss ein Zuspruch, eine Verheißung: „Glücklich ist der, der sich bei ihm, der bei ihm die Zuflucht nimmt, der sich bei ihm versteckt, verbirgt vor dem Zorngericht.“
Yes. Eine sehr, sehr schöne Einleitung in den Psalter. Ich habe die Zeit ein bisschen überzogen, aber ich konnte nicht abbrechen bei diesen herrlichen Worten.
Wir werden jetzt eine Pause machen. Wir schließen wieder ab mit Gebet. Wenn einige von uns oder jemand von uns uns leitet im Gebet, stehen wir dazu auf.
Ergänzungen zur Struktur von Psalm 2
Wir möchten noch kurz etwas zur Struktur des Psalms 2 ergänzen. Dieser Psalm besteht aus vier Strophen, wenn man ihn vor sich liegen hat. Die Aufteilung ist wie folgt: Vers 1-3, Vers 4-6, Vers 7-9 und Vers 10-12. Es sind also vier Abschnitte mit jeweils drei Versen, was sehr regelmäßig ist.
Außerdem haben wir einen Zentrumsvers, der besonders deutlich hervorsticht. Das ist Vers 7. Dies wird klar, wenn man die Zeilen zählt: Vor Vers 7 liegen dreizehn Zeilen, und nach Vers 7 ebenfalls dreizehn Zeilen. Dreizehn plus dreizehn ergibt 26 – eine Zahl, die hier eine besondere Rolle spielt.
Der Name JHWH erscheint in diesem Psalm zweimal im ersten Teil, also in den 13 Zeilen vor Vers 7, und einmal in den 13 Zeilen nach Vers 7. In Vers 7 selbst, exakt in der Mitte, kommt JHWH noch einmal vor. Der Mittelvers 7 wird somit von JHWH umrahmt, und zwar doppelt: durch die Zahl 13, die zusammen 26 ergibt, und durch das Wort selbst.
Darüber hinaus gibt es sogar ein Zentrumswort im Vers 7. Es lautet: „JHWH sagte zu mir“. Dieses Wort ist zwar nicht das wichtigste, aber es markiert den Mittelpunkt. Der Vers enthält auch Aussagen wie „Du bist mein Sohn“ oder „Ich habe dich geliebt“. Insgesamt hat der Psalm 92 Wörter. Wenn man die zwei mittleren Wörter als Zentrum nimmt, teilt sich der Psalm in 45 Wörter vor und 45 Wörter nach dem Zentrum.
Im Hebräischen besteht der Satz „JHWH sagte zu mir: Du bist mein Sohn“ aus fünf Wörtern. Diese lassen sich nicht sinnvoll aufteilen, um eine andere Wortverteilung zu erhalten. Deshalb bleibt Vers 7 eindeutig der Mittelpunkt des Psalms.
Weiterhin zeigen sich Entsprechungen zwischen dem Anfang und dem Ende des Psalms. Die vier Teile lassen sich als A B B A oder A B B' A' bezeichnen. In Vers 2 wird JHWH erwähnt, ebenso wie sein Gesalbter. Im letzten Teil, in den Versen 11 und 12, tauchen JHWH und sein Sohn wieder auf. So dominieren der erste und der letzte Teil, also A und A', die Erwähnung von JHWH und seinem Sohn.
Im zweiten Abschnitt, Vers 4-6, gibt es einen Hinweis auf den Zorn JHWHs. Dort heißt es, er rede zu den Königen in seinem Grimm und schrecke sie in der Glut seines Zorns (Vers 5). Im dritten Abschnitt, Vers 7-9, steht in Vers 9: „Du wirst sie regieren mit eisernem Stab und zerbrechen wie Töpfergeschirr.“ Dies weist auf das Zorngericht des Königs hin, der die Könige und Völker zerschlagen wird, die sich nicht dem Gesalbten beugen.
Besonders auffällig sind in Vers 6 und Vers 9 die Aussagen „Ich habe meinen König eingesetzt“ und „Du wirst regieren“. Das Wort „regieren“ wird zweimal verwendet, was das Königtum betont. Hier zeigt sich eine weitere formelle Entsprechung, die auch beim Auswendiglernen hilft.
Ein weiterer Bezug besteht zu den Königen, die in Vers 2 als „Könige der Erde“ genannt werden. In Vers 10 heißt es „Könige, Richter der Erde“ und im letzten Teil wird die Aufforderung an die Könige und Richter der Erde gerichtet, sich unterweisen zu lassen. So kehrt der Bezug auf die Könige vom Anfang im Schluss wieder zurück. Auch das unterstreicht die formelle Struktur des Psalms.
Dies ist der Aufbau des Psalms 2.
Nachtrag zu Psalm 121 und Zahlen als Stilmittel
Jetzt gehen wir ein Stück zurück zu dem Punkt, an dem wir gestern aufgehört haben. Wir hatten gestern über Zahlen als Stilmittel gesprochen und mehrere Stilmittel erwähnt, die der Dichter für diese Psalmen verwendet. Eines davon war das Zentrum des Psalms, also dass es immer ein Zentrum gibt. Das zweite war der Chiasmus, zum Beispiel in der Form A B C C B A. Das dritte war, dass er mit Zahlen spielt.
Zu diesen Zahlen habe ich hier noch einen Nachtrag über Psalm 121, den ich euch zeigen wollte. Psalm 121 ist ein sehr regelmäßiger Psalm. Hier haben wir ihn:
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher wird meine Hilfe kommen?
Meine Hilfe ist von Yahweh, der Himmel und Erde gemacht hat.
Er lässt nicht zu, dass sein Fuß wankt.
Ein Hüter schlummert nicht, siehe, er schlummert nicht, noch schläft er, der Hüter Israels.
Yahweh ist dein Hüter, Yahweh ist dein Schatten über deiner rechten Hand.
Des Tages sticht die Sonne dich nicht, noch der Mond des Nachts.
Yahweh behütet dich vor allem Übel, behütet deine Seele.
Yahweh behütet deinen Ausgang und deinen Eingang von nun an bis in Ewigkeit.
Hier haben wir zwei exakt gleich große und gleich aufgebaute Teile, wie das in einigen anderen Psalmen auch der Fall ist, zum Beispiel Psalm 6, Psalm 20 und Psalm 79. Wenn man die Wörter zählt, umfasst der erste Teil die Verse 1 bis 4. Dort gibt es siebenundzwanzig Wörter, verteilt auf vier Verse und acht Zeilen.
Interessant ist auch, dass ich von den sogenannten Teilern gesprochen habe, diesen Versteilern. Hier ist der Verteiler Adnach der wichtige und entscheidende, der andere Verteiler kommt nicht vor. Der Versteiler Adnach teilt jeden Vers in zwei Hälften.
Jemand hat die Mühe gemacht, immer die Wörter vor und nach dem Adnach zu zählen. Bei den 27 Wörtern im ersten Teil sind diese aufgeteilt in 16 plus 11. Im zweiten Teil, den Versen 5 bis 8, ist es ebenfalls 16 plus 11. Der Dichter hat ganz bewusst und sehr regelmäßig gedichtet. Alles ist am Platz, alles gehört dorthin, alles ist schön und regelmäßig, so wie es sich für Gottes Wort oder für schöne Dichtung gehört.
Wir haben vier Strophen. Jeder Teil wird in zwei Strophen eingeteilt, und jede Strophe hat zwei Verse. Die erste Strophe, also Vers 1 und 2, hat dreizehn Wörter. Die zweite Strophe, Vers 3 und 4, hat vierzehn Wörter. Die dritte Strophe, Vers 5 und 6, hat wieder dreizehn Wörter, und die vierte Strophe, Vers 7 und 8, hat vierzehn Wörter. Auch hier zeigt sich eine ganz regelmäßige Struktur: 13, 14, 13, 14.
Insgesamt enthält dieser Psalm 54 Wörter. Interessant ist, dass das Wort „Hüter“ beziehungsweise „behüte dich“ sechsmal vorkommt. Dieses Wort hat im Hebräischen den Zahlenwert vierundfünfzig. Das ist das Schlüsselwort des Psalms, und es wird durch die Anzahl der Wörter, die verwendet werden, gleich verstärkt.
„Hüten“ und „Hüter“ sind im Hebräischen dasselbe Wort mit demselben Zahlenwert von vierundfünfzig. Im Zentrum stehen die Verse 4 und 5. Man kann das im Hebräischen so sehen. Wenn ich das vielleicht noch zeigen darf: Hier ist die regelmäßige Struktur. Man kann die Wörter mitzählen.
Der erste Vers hat vier plus drei Wörter, der zweite Vers drei plus drei, der dritte Vers vier plus drei und der vierte Vers fünf plus zwei. Der fünfte Vers hat zwei plus fünf, der sechste Vers vier plus zwei. Der siebte Vers wieder drei plus drei, und der achte Vers vier plus drei. Das stimmt so.
Die dritte Strophe, also die Verse 5 und 6, hat dreizehn Wörter, die vierte Strophe, Verse 7 und 8, hat vierzehn Wörter. Die zweite Strophe, Verse 3 und 4, hat ebenfalls vierzehn Wörter, und die erste Strophe, Verse 1 und 2, hat dreizehn Wörter. Das passt genau.
Das Zentrum bilden die gelb markierten Verse 4 und 5. Diese vier Zentrumszeilen bilden einen Chiasmus. Die Anzahl der Wörter in diesen Zeilen ist 5, 2, 2, 5 – sehr interessant. Fünf plus zwei ergibt sieben, und zwei plus fünf ergibt ebenfalls sieben.
Hier hat der Dichter nicht drei plus vier oder vier plus drei, sondern fünf plus zwei und zwei plus fünf gewählt. Das zeigt wieder eine bewusste Komposition.
Natürlich fragt man sich, wie er auf das alles kommt. Das hat er sich nicht vorher genau überlegt. Er hat gedichtet, dann geschaut und gesehen, dass man es so oder so arrangieren kann. Dann hat er ein paar Wörter umgestellt und dieses Muster geschaffen.
Er hätte auch andere Muster wählen können, zum Beispiel sechs plus eins in der Mitte und eins plus sechs oder drei plus vier und vier plus drei. Aber er hat sich für fünf plus zwei und zwei plus fünf entschieden, weil es besser zum Inhalt passt.
Zurück zu den Zentrumsversen 4 und 5: „Siehe, er schlummert nicht, noch schläft er, der Hüter Israels. Yahweh ist dein Hüter, Yahweh ist dein Schatten über deiner rechten Hand.“
Diese zentralen Verse 4 und 5 bestehen aus vierzehn Wörtern, also zweimal sieben.
Interessant ist noch Folgendes: Nimmt man die vierzehn Wörter der Mitte und zählt sie zum ersten Teil hinzu, kommt man auf zwanzig plus vierzehn, das ergibt vierunddreißig. Zählt man die mittleren Wörter zum zweiten Teil, ergibt das ebenfalls vierunddreißig.
Vierunddreißig ist zweimal siebzehn. Ist das Zufall? Ich weiß es nicht, ich denke nicht. Die Siebzehner hat er hier ebenfalls eingewebt.
Die vierzehn Zentrumswörter der Verse 4 und 5 bestehen insgesamt aus neunundvierzig Buchstaben, also sieben mal sieben.
Yahweh kommt fünfmal vor. Wenn man den Parallelpsalm, der inhaltlich mit Psalm 121 zusammengehört, nämlich Psalm 120, dazunimmt, hätte man siebenmal Yahweh in Psalm 121. Das ist nur ein Nebengedanke. Es betrifft den Inhalt, nicht die Form.
Die Form ist schön und unterstreicht den Inhalt: Der Herr schläft nicht, er behütet.
Wenn man behütet, hat man alles in Ordnung und passt auf. Da herrscht kein Durcheinander.
Deshalb darf der Psalm auch kein Durcheinander sein, er muss auch mit Worten geordnet sein.
Der Herr schläft nicht, er ist fleißig und lässt nicht zu, dass Unordnung entsteht. Er passt auf seine Seinen auf.
Das war ein Nachtrag zu den Zahlen.
Parallelismen in den Psalmen
Wir kommen zurück zu den Stilmitteln und beschäftigen uns weiterhin mit den Parallelismen in den Psalmen. Dabei geht es um den Aufbau der einzelnen Psalmen und insbesondere um den Parallelismus innerhalb der Psalmen.
Was ist Parallelismus? In den Psalmen gibt es viele Zweizeiler, also Verse, die aus zwei Zeilen bestehen. Diese Zeilen stehen oft parallel zueinander. Ein Beispiel dafür ist der synonyme Parallelismus. Das bedeutet, dass ein gleicher oder ähnlicher Gedanke in der zweiten Zeile wiederholt wird, so wie in der ersten Zeile.
Ein Beispiel finden wir in Psalm 51, Vers 4: "Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit, und von meiner Sünde reinige mich." Die erste Aussage lautet: "Wasche mich völlig." Die zweite Aussage ist: "Reinige mich." Waschen und Reinigen sind hier synonym. Auch "Ungerechtigkeit" und "Sünde" sind in diesem Zusammenhang synonym. Der gleiche Gedanke wird also zweimal mit unterschiedlichen Worten ausgedrückt: "Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit, und von meiner Sünde reinige mich."
Hinzu kommt, dass dieser Vers chiastisch aufgebaut ist, das heißt in der Form A B B A. Zuerst steht das Verb, dann das Hauptwort: "Wasche mich von der Ungerechtigkeit", dann zuerst das Hauptwort und dann das Verb: "von meiner Sünde reinige mich." Dieses Muster ABBA ist typisch für Parallelismen. Der ähnliche Gedanke in der zweiten Zeile ist umgestellt, so dass in der Mitte "Ungerechtigkeit" und "Sünde" stehen, und außen "wasche mich" und "reinige mich". Das bedeutet, dass das, was zuerst gesagt wird und was zuletzt nachklingt, wichtiger ist. Hier will der Psalmist betonen: "Wasche mich, reinige mich." Das ist ein ganz normaler synonymer Parallelismus.
Solche Parallelismen findet man nicht nur in den Psalmen, sondern auch bei den Propheten. Zum Beispiel in Jesaja 1, Vers 3: "Der Ochse kennt seinen Besitzer, und der Esel die Krippe seines Herrn." Der Ochse kennt seinen Besitzer ist synonym oder ähnlich zu "Der Esel kennt die Krippe seines Herrn." Das Wort "kennt" wird nicht wiederholt, obwohl es möglich wäre. Der Ochse und der Besitzer sowie der Esel und der Herr sind fast synonym. Der Ochse und der Esel sind Haustiere, der Besitzer und der Herr sind dieselbe Person.
Im nächsten Halbvers heißt es: "Israel hat keine Erkenntnis, und mein Volk hat kein Verständnis." Vers 3a war das Bild, und jetzt folgt der Klartext: Der Ochse steht für Israel. So wie der Ochse seinen Besitzer kennt und der Esel die Krippe seines Herrn, so hat Israel keine Erkenntnis und mein Volk kein Verständnis. Die zweite Zeile ist wieder ein synonymer Parallelismus, und diese beiden Parallelismen werden gegeneinander gesetzt.
Wir haben hier also in Jesaja 1, Vers 3 zwei synonymen Parallelismen: 3a und 3b sowie 3c und 3d. Diese stehen einander konträr gegenüber, sind also gegensätzlich. Das ist Poesie, ganz typisch hebräische Poesie. Das hilft uns auch bei der Auslegung. So wissen wir, dass "Israel" und "mein Volk" dasselbe bedeuten und dass "keine Erkenntnis" und "kein Verständnis" ebenfalls dasselbe ausdrücken. Das ist für uns nicht schwer, aber in manchen Fällen kann es eine große Hilfe sein, wenn ein Text schwieriger wird. Dann kann es nützlich sein, daran zu denken, dass es sich um Parallelismus handelt – dieselbe Aussage wird wiederholt.
Zweitens gibt es den gegensätzlichen Parallelismus. Ein Beispiel haben wir gerade im Psalm 1, Vers 6: "Yahweh kennt den Weg der Gerechten, aber der Weg der Ehrfurchtslosen vergeht." Yahweh kennt, liebt, bewahrt und behütet den guten Weg. Dagegen vergeht der Weg der Ehrfurchtslosen. Das ist ein Gegensatz. Auch hier ist der Vers chiastisch aufgebaut, also ABBA. Das Wort "Weg" steht in Vers 6a hinten und in Vers 6b vorne. "Yahweh kennt" steht vorne, und "die Ehrfurchtslosen vergehen" hinten. Auch das ist typisch chiastisch.
Ein weiteres Beispiel für den gegensätzlichen Parallelismus findet sich in Psalm 20, Vers 8: "Diese denken an Wagen und jene an Rosse, aber wir denken an den Namen des Herrn, unseres Gottes." Wagen und Rosse, diese und jene – das sind im ersten Teil Vers 8a. Im Vers 8b steht "wir" im Gegensatz zu "diese" und "jene". "Wir denken an den Namen des Herrn." Der Name des Herrn steht im Gegensatz zu Wagen und Rosse. Die anderen sind mit irdischen Dingen beschäftigt, mit starken Kriegsgeräten, mit denen sie Krieg führen. Wir aber haben den Herrn, die Person des Herrn, unseres Gottes. Sie vertrauen auf Dinge, wir vertrauen auf eine Person – und zwar die beste Person im Universum. Das ist ein klarer Gegensatz, ein gegensätzlicher Parallelismus.
Drittens gibt es den sogenannten synthetischen Parallelismus, auch ergänzender Parallelismus genannt. Hier wird der Gedanke der ersten Zeile in der zweiten ergänzt, also ein Zusatz. Das Wort "synthetisch" kommt von "syn" (zusammen mit) und "thesis" (Satz). Es handelt sich um einen Satz, der mit dem ersten Satz noch hinzugefügt wird.
Ein Beispiel dafür ist Psalm 104, Vers 5: "Er hat die Erde gegründet auf ihre Grundfesten, sie wird nicht wanken, immer und ewiglich." "Er hat die Erde gegründet" ist der Grundgedanke. "Auf Grundfesten gegründet" ist eine nähere Bestimmung. Und jetzt folgt ein Zusatz: Wenn sie gegründet ist, wird die Erde nicht wanken, und zwar für immer und ewig. Das ist eine Ergänzung, die das Verständnis von "gegründet auf Fundamenten" vertieft. Es bedeutet, dass die Erde bleibt und nicht wankt, und zwar ewig.
Die zweite Zeile kann auch die erste begründen, also nicht nur ergänzen, sondern auch erklären. Ein weiteres Beispiel: "Dankt dem Herrn, denn er ist gut, denn seine Gnade währt ewiglich." "Dankt dem Herrn, denn er ist gut" ist die Grundaussage. Jetzt wird diese Aussage ergänzt mit "denn seine Gnade währt ewiglich." Das bedeutet, dass Gottes Güte nicht nur gut ist, sondern ewig währt. Die Gnade ist gut, aber dass sie ewig ist, wird hinzugefügt.
Besser ist übrigens "Güte" als "Gnade", weil das hebräische Wort "Chesed" hier verwendet wird. Dieses Wort bedeutet eigentlich Huld, Freundlichkeit oder Güte. Das Wort "Gnade" wäre "Chen". Yahweh ist gnädig, "Chen" steht für Gnade. Hier wird jedoch "Chesed" benutzt, was eher Güte bedeutet. Die Übersetzungen sind sich oft uneinig. Einige übersetzen mit "Güte", andere mit "Gnade". In der dritten Auflage unserer Übersetzung haben wir uns für "Güte" entschieden. In der zweiten Auflage stand noch überall "Gnade". Nur nebenbei erwähnt.
Das war der synthetische, also ergänzende Parallelismus.
Viertens gibt es den steigernden Parallelismus. Dabei fügt die zweite Zeile etwas Neues hinzu, das eine Steigerung darstellt. Es ist nicht nur eine Ergänzung mit ähnlicher Bedeutung, sondern ein Mehr an Aussage.
Ein Beispiel ist Psalm 145, Vers 18: "Nahe ist der Herr allen, die ihn anrufen." Die zweite Zeile wiederholt "allen, die ihn anrufen" und fügt hinzu: "in Wahrheit." Hier wird also die Aussage gesteigert, indem die zweite Zeile das Wort "in Wahrheit" hinzufügt. Das ist ein steigernder Parallelismus und kommt oft vor. Die zweite Zeile fügt ein neues Wort zu demselben Satz oder Halbsatz hinzu.
Dann gibt es noch den transformierten Parallelismus, auch Übertragungsparallelismus genannt. Hier ist die eine Zeile wörtlich zu verstehen, die andere im übertragenen Sinn.
Ein Beispiel ist Psalm 42, Vers 2: "Wie der Hirsch lechzt nach Wasserbächen, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir." Zuerst steht der wörtliche Satz: Die Hirschkuh lechzt nach Wasserbächen, sie hat Durst. Dann folgt die Übertragung: Die Seele lechzt nach Gott. Eine Seele kann natürlich nicht wörtlich Durst haben; das ist bildhafte Sprache. Der erste Teil erklärt das Lechzen der Seele, indem er es mit dem Lechzen der Hirschkuh vergleicht. Das Bild wird also ausgelegt.
Ein weiteres Beispiel findet sich in Jesaja 46, Vers 11: "Ich, der einen Raubvogel rufe vom Osten her aus dem fernen Land, den Mann meines Ratschlusses." Gott ruft einen Raubvogel aus dem Osten. Die Raubvögel kamen aus dem Osten und stürzten sich auf Kadaver. Das ist die wörtliche Bedeutung. Die Übertragung lautet: "Ich rufe aus dem fernen Land den Mann meines Ratschlusses." Der Mann des Ratschlusses kommt wie ein Raubvogel, oder umgekehrt: Der Mann des Ratschlusses ist der Mann, den Gott als Gerichtsrute für sein Volk verwendet. Er kommt ebenfalls vom Osten, in dem Fall aus dem fernen Land. Das war, soweit ich weiß, Nebukadnezar, der aus Babylon kam. Babylon lag östlich von Israel. Sein Kommen ist wie das eines Raubvogels, der sich auf einen Kadaver stürzt – hier Israel. Das ist ein transformierter, also übertragener Parallelismus.
Ich habe das Beispiel aus den Propheten gewählt, um zu zeigen, dass auch die Propheten solche Stilmittel verwenden. Warum? Die Propheten sprechen oft poetisch, besonders wenn sie über die Zukunft reden. Wenn die Propheten über die Zukunft sprechen, werden sie sehr poetisch, bildhaft und verwenden auch Formen wie den Chiasmus.
Hier ist übrigens ein Chiasmus in Jesaja 46, Vers 11: Der Raubvogel ist A, Osten ist B, fernes Land ist B, der Mann ist A. Also wieder ABBA. Auch hier wird der Parallelismus chiastisch angewandt.
Die Propheten sprechen also an vielen Stellen poetisch, nicht immer, aber häufig. Das ist besonders wichtig in der Eschatologie, also der Lehre über die Endzeit. Wenn man die Propheten liest und weiß, dass Prophetie oft Poesie ist, merkt man, dass man nicht alles eins zu eins nehmen darf. Oft ist bildhafte Sprache im Spiel, zum Beispiel das Friedensreich, in dem der Knabe am Loch der Otter spielt und der Löwe mit dem Lamm zusammenlebt. Das ist ein schönes Bild für Frieden.
Das waren die Parallelismen. Gibt es dazu Fragen? Danach kommen wir zu weiteren Dichtern und bleiben bei den Stilmitteln, also weiteren dichterischen Ausdrucksweisen.
Weitere dichterische Ausdrucksweisen in den Psalmen
Erstens: der Vergleich.
Ein Beispiel dafür ist: „Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen.“ Das ist ein Vergleich. Der Gerechte oder der Mensch, der seine Freude hat am Wort des Herrn, wird mit einem Baum verglichen. Das Wort „wie“ deutet den Vergleich an. Das verstehen wir auch sehr gut, hier gibt es keine Probleme bei der Auslegung.
Beim zweiten Bild gibt es dann schon Schwierigkeiten. Das zweite Bild ist die Metapher. Eine Metapher ist ein Bild. Zum Beispiel sagt der Beter in Psalm 22: „Ich aber bin ein Wurm.“ Dort steht nicht „Ich bin wie ein Wurm“, sondern „Ich bin ein Wurm“. Er ist aber kein Wurm, sondern ein Mensch. Trotzdem sagt er „Ich bin ein Wurm“, das heißt, er spricht hier in Metaphern.
Das machen wir ja auch im Alltag. Wir sagen zum Beispiel: „Wir waren den ganzen Tag an den Stuhl gefesselt. Der Lehrer hat uns nie aufstehen lassen.“ Oder: „Ich bin ein Wurm.“
Ein weiteres Beispiel ist: „Yahweh ist Sonne und Schild.“ Natürlich ist Yahweh nicht wirklich Sonne und auch nicht Schild, aber hier wird Yahweh mit Sonne und Schild in einer Metapher beschrieben.
Das bedeutet, ich muss mir Gedanken machen, was hier ausgesagt wird. Die Sonne gibt Leben, wärmt und ist die Quelle allen Lebens auf der Erde, zum Beispiel für Vitamin D und vieles mehr. So ist Gott meine Lebensquelle, meine Wärme und der Lebensschaffende. Und er ist Schild, ein Schild, der sonst vor Pfeilen schützt. Das ist Yahweh.
Das nächste Bild ist sehr wichtig: die Übertreibung. Das finden wir oft, sogar Jesus hat das verwendet. Manche Christen haben Schwierigkeiten, weil sie nicht verstehen, dass Jesus hier mit einer Hyperbel spricht. Hyperbel ist das Fremdwort für Übertreibung.
Ein Beispiel: „Jede Nacht schwemme ich mein Bett, zur Tränenflut mache ich mein Lager.“ Stellen Sie sich das bitte wörtlich vor: Er geht in seinem Zimmer in einer Tränenflut unter. Das steht in Psalm 6, Vers 7.
Üblicherweise weiß jeder, wenn man so spricht, dass das eine Übertreibung ist, ein Bildwort. Aber manchmal hat man Schwierigkeiten in der Bibel, wenn man nicht erkennt, dass hier eine Übertreibung vorliegt.
Wenn Jesus sagt: „Wenn dein Auge dich zur Sünde verleitet, dann reiß es aus“, möchte ich fragen: Hilft das wirklich? Wenn mich das Auge zur Sünde verleitet und ich reiße es aus, bin ich blind und werde nicht mehr durch das Auge verleitet. Dann reiße ich auch das andere aus, und dann habe ich keine Augen mehr.
Meint Jesus das buchstäblich? Nein. So ernst ist es mit der Sünde: Sei radikal und entferne alles aus deinem Leben, was dich zur Sünde verleitet.
Es gibt Menschen, die übertreiben maßlos. Wenn die Übertreibung so deutlich ist, dass man merkt, das kann er gar nicht so meinen, dann ist es offensichtlich ein stilistisches Mittel.
Wenn es aber eine Übertreibung ist, bei der man nicht genau weiß, ob der Fisch so groß war oder nur so groß, dann ist das schwieriger zu erkennen.
Ein gutes Beispiel aus unserer Sprache ist: „Ich habe stundenlang auf dich gewartet.“ Dabei hat es vielleicht nur wenige Minuten gedauert. Das ist eine Übertreibung, die jeder versteht.
Im Zweiten Petrusbrief steht: „Der sündigt pausenlos.“ Das ist eine Übertreibung, die Petrus selbst verwendet. Niemand sündigt wirklich ohne Pause, denn irgendwann muss man schlafen.
Allerdings heißt das nicht, dass wir nicht genau mit der Wahrheit umgehen sollten oder dass es erlaubt ist, es nicht ernst zu nehmen. Das darf nicht sein. Wenn ich einen falschen Eindruck durch das, was ich sage, erwecke, dann ist das Lüge.
Unsere Rede muss klar sein: Ja heißt ja, und nein heißt nein. Ich darf nicht zweideutig oder halbherzig sprechen. Wir müssen klare Worte finden.
Wenn ich sage: „Die sündigen pausenlos“, dann ist das eine klare Aussage. Es ist keine schwammige Rede, sondern eine starke Übertreibung, die jeder versteht.
Nun zurück zur Struktur des Psalters.
Was wir jetzt machen – nein, wir machen jetzt eine Pause. Wir haben noch eine Stunde, oder? Dann machen wir eine kurze Pause. Danach möchte ich noch etwas zur Struktur des Psalters zeigen.
Wir werden in der nächsten Stunde den ganzen Psalter überfliegen.
Gut, dann beten wir noch kurz zu Beginn der fünf Bücher in den Psalmen.
Die fünf Bücher des Psalters und ihre Bedeutung
Die Frage ist nun, wie sich die fünf Bücher verhalten und warum es überhaupt fünf Bücher sind. Ganz sicher liegt der Grund darin, dass wir in der Tora, dem Gesetzbuch des Mose, fünf Bücher haben. Man könnte fast sagen, dass das Psalmenbuch ebenfalls wie fünf Bücher der Bibel gilt.
Das würde bedeuten: Wie viele Bücher haben wir denn in der Bibel? Sechsundsechzig, richtig? Wie viele hätten wir, wenn wir jedes Buch der Psalmen einzeln zählen würden? Siebzig. Das ist eine interessante Zahl, oder? Die Sieben, zehnmal die Sieben. Das würde man sich leichter merken, jedenfalls.
Wir haben also fünf Bücher. Wie verhalten sie sich zueinander? Manche Ausleger meinen, die fünf Bücher verhalten sich so wie die fünf Gesetzbücher Mose. Sie sagen: So wie das erste Buch der Psalmen ist, so ist es wie die Genesis; das zweite wie der Exodus; das dritte wie Levitikus; das vierte wie Numeri; und das fünfte wie Deuteronomium.
Aber ich habe ehrlich gesagt meine Mühe damit. Man gerät dabei in große Schwierigkeiten. Meistens sagt man, im dritten Buch sei das Heiligtum. Da sage ich: Moment, das Heiligtum ist eigentlich im Exodus, nicht im Levitikus. Außerdem kommt das Heiligtum im Buch der Psalmen auch an anderen Stellen vor, nicht nur im dritten Buch.
Nur weil Psalm 106 von der Geschichte Israels und der Wüstenwanderung spricht, muss man deshalb nicht sagen, dass das vierte Buch jetzt das Buch der Wüstenwanderung ist. Es gibt viele andere Themen im vierten Buch, die nicht über die Wüstenwanderung sprechen. Das ist also sehr künstlich und aufgedrückt. So kann es nicht sein.
Versuchen wir, aus dem Text selbst ein bisschen mehr herauszulesen. Vor etwa 15 Jahren gehörte ich in Basel zu einer Gruppe, die von einem Mann namens Doktor Corevar geleitet wurde. Er hat eine Woche lang mit uns über die Psalmen gearbeitet. Eigentlich war es nur eine Auslegung von Psalm 82, aber ausgehend von diesem Psalm hat er uns einige Gedanken zum dritten Psalmbuch mitgeteilt.
Wir haben dabei viele schöne Dinge über das ganze Psalmenbuch erfahren. Ich habe so viel mitgeschrieben, dass meine Hände schmerzten. Es waren auch Studenten dabei, die unter der Bank irgendetwas anderes lasen. Ich dachte mir: Mensch, seid ihr töricht! Euch entgeht das Wichtigste. Hier ist jemand, der uns Einblick gibt in Gottes herrliches Wort.
Das waren so schöne Gedanken, ich war so begeistert, und ich konnte nicht verstehen, warum manche Studenten das überhaupt nicht bemerkten. Einige dieser Gedanken möchte ich hier weitergeben.
Buch 1: Das Elend des davidischen Königtums
Buch 1 beginnt, wie bereits erwähnt, mit einem Doppelselig: Psalm 1 und Psalm 2. Das hatten wir schon notiert. Es endet ebenfalls mit einem Doppelselig. Der erste Vers beginnt mit „Selig“, und sogar im vorletzten Psalm, Psalm 40, Vers 5, findet sich das Wort „selig“. Das muss nicht unbedingt etwas Besonderes bedeuten, aber sicher ist, dass der erste Vers und auch der Beginn von Psalm 41 mit „selig“ anfangen. Das hat eine gewisse Bedeutung.
Wichtiger ist jedoch Psalm 3. Psalm 3 beginnt so krass und schockierend, dass man sich fragt: Warum? Was ist denn überhaupt los? Psalm 3 ist ein Psalm von David, als er vor Absalom, seinem Sohn, floh. Dort heißt es: „Jahwe, wie zahlreich sind meine Bedränger geworden! Viele erheben sich gegen mich, viele sagen von meiner Seele: Es ist keine Rettung für ihn bei Gott.“
Was ist mit dem König los? Der eigene Sohn des Königs, Absalom, rebelliert und vertreibt den König vom Thron. Der König flieht barfuß vor seinem Sohn. Viele bedrängen ihn, und alle sagen, er habe keine Chance mehr, keine Rettung und keine Hilfe mehr. Das Königtum Davids ist von außen bedroht.
Das steht in großem Kontrast zu dem, was in Psalm 2 gesagt wurde. Psalm 2 begann mit der herrlichen Inthronisation dieses Königs David. Gott sagt dort: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich zum König gemacht, heute habe ich dich geboren als König.“ Natürlich wissen wir, dass es hier noch weitergeht auf einen weiteren Davidssohn, der viel größer ist als David. Aber in erster Linie geht es im Psalm 2 um David. Er war der Gesalbte, der auf Gottes heiligem Zionsberg eingesetzt wurde.
In Vers 12 wird gesagt, dass dieser Sohn zu küssen ist, dass er zu huldigen ist, dass man sich bei ihm bergen und Zuflucht nehmen soll. Er ist gerettet vor dem Zorn des Königs. Wir waren so hoch oben in unseren Gedanken und kamen schon zu Gedanken an das Ende, an ein Königreich, das bis ans Ende der Erde reicht, wo der König mit eisernem Stab regiert. Man merkt, es geht über David hinaus.
Und jetzt, in Psalm 3, dieser schreckliche Schock, der Tiefpunkt des davidischen Königtums. Dann lesen wir im ersten Buch nacheinander Psalmen von David, lauter Psalmen von David. Es endet mit Psalm 41, der eine große Not beschreibt. Dazwischen gibt es viele Klagepsalmen. Wir haben schon festgestellt, dass viele Psalmen im ersten Buch Klagepsalmen sind. Viele drücken ein Gebet aus, viele sind Gebete um Befreiung. Sie zeigen den Glauben des Beters, des Königs David, der glaubt, dass Gott ihn befreien wird.
Ein einziger Psalm, Psalm 18, bildet einen Höhepunkt. Dort berichtet David von der Befreiung durch den Herrn, wie der Herr ihn von seinen Feinden befreit hat. Doch danach lesen wir wieder von Bedrückung und Elend. Das Buch endet mit großer Not in Psalm 41.
Psalm 41 ist nicht besser als Psalm 3. Wir sind immer noch am gleichen Punkt. Psalm 41, Vers 1: „Ein Psalm von David. Selig ist, der Acht hat auf den Geringen; am Tage des Übels lässt Jahwe ihn entkommen. Jahwe bewahrt ihn und hält ihn am Leben. Ein Selig ist er auf Erden, im Lande. Du gibst ihn nicht preis der Gier seiner Feinde. Jahwe wird ihn stützen am Siegbett, sein ganzes Lager wandelst du um, wenn er krank ist.“
Es geht um den König. Der Geringe ist der König, der Geringe, der sein Vertrauen auf Jahwe setzt. Jahwe wird ihn bewahren und nicht der Gier seiner Feinde preisgeben.
David sagt: „Herr König, ich sage: Jahwe, sei mir gnädig, heile meine Seele, denn an dir habe ich gesündigt. Meine Feinde wünschen mir Böses: Wann wird er sterben und sein Name vergehen? Wenn einer kommt, mich zu sehen, redet er Falschheit. Sein Herz sammelt sich Übles, er geht hinaus und redet es weiter. Vereint tuscheln alle meine Hasser gegen mich, gegen mich ersinnen sie Böses. Ein heilloses Übel ist über ihn ausgegossen. Der, der da liegt, steht nicht wieder auf. Selbst der Mann meiner Freundschaft, auf den ich vertraute, der mein Brot isst, hat die Ferse gegen mich erhoben.“
Von wem spricht der König David? Wer war der Vertraute des Königs, der seine Ferse gegen ihn erhoben hat? Ein hinterlistiger Verräter, sein engster Vertrauensmann. Wer war dieser engste Vertraute? Achitophel. Achitophel war dieser Vertraute. Wenn der König sich berät, spricht er mit seinem Freund über seine Pläne, mit Achitophel.
Dann kam Absalom und vertrieb den König, der fliehen musste. Was tat Achitophel? Er ging zu Absalom und blieb auf dessen Seite. Der andere, der Huscher, half David, aber Achitophel nicht. Achitophel wurde der Ratgeber Absaloms. Er dachte sich: „Jetzt, wo es mir bei David nicht mehr gut geht, bleibe ich beim neuen König Absalom und habe auch dort einen guten Platz.“ Er war der Vertraute Absaloms, der Verräter.
Dieser Vers wird auch von Jesus im Johannes-Evangelium, Kapitel 13, verwendet, wenn er von Judas spricht. Einer aus dem vertrautesten, engsten Kreis verrät den Sohn Davids. Sehr passend für Judas, aber ursprünglich ist hier Achitophel gemeint.
Wir sind also immer noch in der gleichen Situation: Psalm 3 beschreibt die Lage mit Absalom, der den König verfolgt. Psalm 41 beschreibt dieselbe Situation. Das Königtum liegt am Boden. Große Not. Davids Königtum wird von innen bedroht durch den Ratgeber Achitophel, der nun Absalom berät.
Zum Glück hat König David noch den Huschei, der gegen Achitophel spricht. Wie endet Achitophel? Er erhängt sich, genau wie Judas. Das passt gut zusammen.
Wir sind hier an dem Punkt, an dem der König verworfen und verraten wird. Das Königtum Davids, von dem in der Einleitung so herrlich gesprochen wurde, beginnt so schrecklich und tief. Die Psalmen tragen dieses Gepräge.
Sie stammen nicht alle aus derselben Zeit, bitte verstehen Sie mich richtig. Die Psalmen wurden geordnet und gesammelt, und einige stammen aus verschiedenen Zeiten. Trotzdem wurden sie in das erste Buch eingeordnet, weil sie thematisch zu diesem Buch gehören. Es ist das Buch der Erniedrigung des Königtums Davids, wo er um Befreiung betet und sein Vertrauen ausdrückt, dass Jahwe ihn befreien wird. Das sagt er auch im letzten Psalm noch einmal. Er vertraut, dass Jahwe ihn nicht der Gier seiner Feinde preisgeben wird.
Das Thema des ersten Buches ist das Elend und die Bedrückung des davidischen Königtums. Alle benannten Psalmen sind von David, und die wenigen, die nicht benannt sind, stammen wahrscheinlich auch von ihm. Psalm 2 ist sicher von David, ebenso Psalm 10, der noch übrig bleibt, ist wahrscheinlich auch von David.
Nun werden wir ins Buch 2 geschickt, mit dieser deprimierenden Ausgangslage. Es beginnt nicht mit David, sondern mit den Söhnen Korachs. Eine ganze Reihe von sieben Psalmen von den Söhnen Korachs sind Unterweisungspsalmen, eingeleitet durch den Doppelpsalm 42 und 43, die eigentlich zusammengehören. Danach folgen Psalm 44, 45, 46, 47, 48 und 49. Das sind sieben Psalmen, wenn wir Psalm 43 zu Psalm 42 zählen.
Im Psalm 49 gibt es dann eine Änderung. Diese Korachpsalmen sprechen noch von einem Tiefpunkt: „Was bist du so aufgelöst, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Warte auf Gott, harre auf ihn, denn ich werde ihm noch danken für das Heil seines Angesichts.“ So geht es weiter bis Psalm 50.
Psalm 50 ist ein Psalm von Asaf. Danach folgen 21 Psalmen von David, beziehungsweise drei davon sind nicht benannt, aber wahrscheinlich auch von David.
Wir haben also eine Reihe von sieben Psalmen der Söhne Korachs, dann einen Einzelpsalm von Asaf, das ist Psalm 50, und dann ab Psalm 51 21 Psalmen von David, von denen drei nicht benannt sind. Zum Schluss kommt ein Psalm von Salomo.
Das ergibt eine Struktur von sieben, eins, einundzwanzig und eins. Das ist auffällig, schon wieder die Sieben. Insgesamt sind das 30 Psalmen: sieben plus eins plus einundzwanzig plus eins.
Psalm 43 gehört zu Psalm 42, daher zählt man sie zusammen. Im ersten Buch haben wir 41 Psalmen minus einen, da Psalm 9 und 10 zusammen ein Psalm sind. Im zweiten Buch sind es 31 minus einen, ebenfalls wegen Psalm 42 und 43. Zusammen ergeben sie 70 Psalmen.
Am Ende von Psalm 72 steht: „Zu Ende sind die Gebete Davids.“ Die Zahl 70 ist die Zahl der Vollendung. Hier ist eine Sammlung abgeschlossen. Es sind nicht alle Psalmen von David, natürlich nicht. Die Psalmen der Söhne Korachs und der von Asaf sind nicht von David, aber sie wurden in die Sammlung aufgenommen. Es ist dennoch eine Davidsammlung, und hier ist ein Ende gesetzt.
Das erste Buch ist voller Davidspsalmen, das zweite Buch enthält sehr viele Davidspsalmen, fast dreimal sieben, weil drei nicht benannte Psalmen wahrscheinlich auch von David sind. Insgesamt also 70 Psalmen.
Im zweiten Buch sind folgende Psalmen wichtig: sieben Korachpsalmen, ein Psalm von Asaf, dreimal sieben von David und ein Psalm von Salomo. Warum ist nur ein Psalm von Asaf und nur einer von Salomo dabei? Das fällt auf. Wenn in einer Sammlung nur ein Psalm von Asaf ist, möchte man wissen, was dieser Psalm sagt. Er steht mittendrin, eingebettet zwischen den sieben Korachpsalmen und den drei Siebenerreihen von David.
Schauen wir uns diesen Asaphpsalm an, Psalm 50. Er hat einen besonderen Platz.
Wir haben also 30 Psalmen: sieben von den Söhnen Korachs, dann den einzelnen Psalm 50 von Asaf, danach 21 von David, wobei drei unbenannt sind, und schließlich einen von Salomo. Diese beiden Psalmen von Asaf und Salomo gliedern das Buch in zwei Teile: sieben plus eins auf der einen Seite und dreimal sieben plus eins auf der anderen.
Wir haben also eine Zweiteilung. Für uns ist jetzt interessant und wichtig: Was hat es mit Psalm 50 und Psalm 72 auf sich?
Psalm 50: Gottes Gericht und wahre Anbetung
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Mal schauen, ob es jetzt stimmt. Drei – es müsste stimmen, oder? Haben wir wieder? Stimmt’s? Einundfünfzig bis fünfundsechzig sind fünfzehn, und drei sind achtzehn. Einundzwanzig, wenn man die anderen drei noch hinzuzählt, sechsundsechzig, siebenundsechzig, einundsiebzig – jetzt stimmt’s.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Von dem ersten Teil und der Schlussstellung des zweiten Teils: Wir lesen Psalm 50, Vers 1, einen Psalm von Asaph. Der mächtige Gott Yahweh hat gesprochen und ruft der Erde oder dem Land zu, vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang, also von einem Horizont zum anderen.
Aus Zion, der Schönheitvollendung, strahlt Gott im Lichtglanz hervor. Unser Gott kommt und er wird nicht schweigen. Feuer frisst vor ihm her, und rings um ihn stürmt es sehr. Er ruft dem Himmel droben zu und der Erde, um sein Volk zu richten: „Versammelt zu mir meine Frommen, die meinen Bund mit mir geschlossen haben über dem Opfer.“ Die Himmel verkünden seine Gerechtigkeit, denn Gott selbst steht im Begriff zu richten.
Wen will er richten? Die Philister, die Amalekiter? Nein, sein Volk – es geht um das Gericht über Israel. „Höre, mein Volk, und ich will reden; Israel, und ich will gegen dich zeugen: Ich bin dein Gott, ich bin Gott, dein Gott. Nicht wegen deiner Schlachtopfer tade ich dich, und deine Brandopfer sind ständig vor mir. Nicht werde ich einen Stier nehmen aus deinem Hause, noch Böcke von deinen Hürden, denn mein ist alles Wild des Waldes und das Vieh auf tausend Bergen. Ich kenne alle Vögel der Berge, und das Getier des Feldes ist mir bekannt.“
„Hungerte mich, ich würde es dir nicht sagen, denn mein ist die Welt und ihre Fülle. Sollte ich Fleisch von Stieren essen und Blut von Böcken trinken? Opfere Gott Dank oder Lob und bezahle dem Höchsten deine Gelübde. Rufe mich an am Tage der Not, so werde ich dich retten, und du wirst mich ehren.“
Und zum Ehrfurchtslosen sagt Gott: „Was hast du, meine Satzungen aufzuzählen, und nimmst meinen Bund auf die Lippen, und du selbst hasst Zucht und wirfst meine Worte hinter dich? Siehst du einen Dieb, so gefällt es dir bei ihm, und mit Ehebrechern ist dein Teil. Deinen Mund schickst du aus zum Bösen, und deine Zunge knüpft Betrug. Du sitzt da und redest gegen deinen Bruder, gegen den Sohn deiner Mutter stößt du Schmähworte aus.“
Das hast du getan, und ich schwieg. Da hast du gedacht, ich wäre gleich wie du. Ich will dich rügen und es dir vor Augen stellen. Merkt doch dieses, die ihr Gott vergesst, damit ich nicht zerreiße und kein Befreier da ist. Wer Dank opfert, ehrt mich und erbahnt einen Weg, und ich lasse ihn sehen das Heil Gottes.
Worum geht es hier? Asaph beschreibt ein Gespräch Gottes mit seinem Volk. Gott kommt, um sie zu richten, und zwar diese Leute, mit denen er den Bund geschlossen hat: „Versammelt zu mir meine Frommen, die meinen Bund mit mir geschlossen haben über dem Opfer.“ Es geht um das Bundesvolk.
Er stellt sie jetzt zur Rede und sagt: „Nicht wegen deiner Schlachtopfer tade ich dich. Du bringst mir brav deine Schlachtopfer, dein Gottesdienst ist wunderbar, aber ich brauche den nicht, ich pfeife drauf. Ich habe genug zu essen. Wenn du mir was zu essen geben möchtest, es gehört alles mir. Wenn ich Hunger hätte, würde ich dir nicht sagen, ich bin hungrig, du könntest mir bitte was zu essen geben. Nein, ich brauche das nicht.“
Das, was ich haben will, ist echtes Lob, echtes Lob aus deinem Munde. Lob und Dank – opfere deinem Gott Lob und Dank! Opfere Gott Dank, das Wort Dank heißt übrigens auch Lob, das kann man so oder so übersetzen. Bezahle dem Höchsten deine Gelübde, deine Versprechungen, die du ihm gegeben hast, deine Gelübdeopfer, und rufe mich an. Das heißt, das, was ich will von dir, ist echte Bekehrung, eine echte Beziehung zu mir, nicht deine Schlachtopfer und deine Brandopfer, deine religiösen Dinge.
Dann heißt es in Vers 16: Zum Ehrfurchtslosen sagt Gott, also zum Frevler. Da ist ein Frevler, aber das ist nicht irgendein Philister oder ein Goliath oder sonst irgendeiner. Nein, das sind Israeliten. Unter den Israeliten gibt es offensichtlich einen Ehrfurchtslosen, mindestens einen – es gibt viele. Aber er spricht hier exemplarisch:
„Was hast du, meine Satzungen aufzuzählen und nimmst meinen Bund auf die Lippen? Ja, mit dem Mund fromm reden, mit dem Mund Gottes Wort verkündigen, mit dem Mund alles Mögliche von Gott her reden. Und du selbst hasst die Zucht. Selbst Zucht hast du nicht, das heißt, du lebst nach deinen Lüsten.“
„Wirfst meine Worte hinter dich.“ Dann spricht er von einem Dieb: Mit Dieben lässt du dich ein, bist auch ein Dieb. Mit Ehebrechern lässt du dich ein, bist auch einer. Deinen Mund schickst du aus zum Bösen, Lügner bist du auch. Deine Zunge knüpft Betrug, betrügerisch redest du und redest nicht gegen die Fremden, gegen die Philister, nicht gegen die Amalekiter, nein, gegen deinen Bruder, gegen die Israeliten.
„Und ich habe die ganze Zeit zugeschaut, und ich warte, und ich schaue zu, und ich schweige. Und du denkst, ich wäre wie du, ich würde auch so lässig umgehen mit Sünde, wie du lässig mit Sünde umgehst, nur weil ich geschwiegen habe bisher und nichts getan habe. Ich will dich rügen.“
Und wenn du jetzt, pass auf, Vers 22, passt auf: „Merkt doch dieses, Leben, die ihr Gott vergesst, damit ich nicht zerreiße und ohne Rettung.“ Hier ist die Rede von Sünden, die das Volk Israel sich aufgeladen hat, offensichtlich. Dieb, also stehlen, Ehebrechen, lügen, betrügen.
Und schrecklich schlimm ist es, wenn der König vorangeht, oder? Wenn der König vorangeht, macht das Volk es nach. Das Volk ist in seinem König, das Volk ist ganz eng mit seinem König verbunden.
Welcher König denn? Was hat er denn gemacht, der König? Dieb, Ehebruch, den Bruder betrügen. Was hat der König getan? Psalm 51. Der nächste Psalm gibt die Antwort auf Psalm 50. Der erste Davidpsalm in der ganzen Reihe gibt die Antwort, worum es eigentlich hier geht: Das Volk ist sündig geworden, weil der König gesündigt hat.
Das Volk ist diebisch, ehebrecherisch und lügnerisch, weil der König Uriah die Frau gestohlen hat, Ehebruch begangen hat, und dann hat er gelogen und betrogen, bis er gegen seinen eigenen Bruder Uriah vorgegangen ist – Bruder im Sinne von Volksgenossen.
Uriah war zwar ein Hethiter, aber er war ein Eingeleibter, ein Proselyt, das heißt, er galt als Israelit. Er ist also gegen den eigenen Volksgenossen vorgegangen, bis er tot war. Und dann hat er verschwiegen, und er hat nichts gemacht, und Gott hat auch geschwiegen. Und er hat dafür gedacht, wenn Gott schweigt, wunderbar.
Also hier ist die Antwort für das Elend des Königtums, hier ist die Antwort für die ganze Geschichte mit Absalom. Warum lag denn das Königtum am Boden? Warum hat sich Absalom rebelliert? Was ist die Ursache?
Hatte nicht der König dann selber gesagt, als Nathan zu ihm kam: „Vierfach soll er es erstatten“? Vierfach – das ist die Geschichte mit dem Lamm, oder? Vierfach.
Der erste Sohn, den David verlor, war das Kind, das Bathseba erwartete. Der zweite Sohn, den er verlor, war Amnon, der mit der Tammara geschlafen hat. Der wurde von Absalom getötet, das war der zweite Sohn, den er verlor. Der dritte Sohn, den er verlor, war schließlich Absalom selber, um den er gesagt hat: „Verschont ihn, verschont ihn!“ Ja, den Absalom.
Und der vierte Sohn war Adonja. Er hat vierfach bezahlt für seine Sünde.
Also der Grund für die Tiefe des Königtums, für das Elend und für das, was wir in Psalm 1 gemerkt haben: Der Grund dafür wird im Psalmbuch 2 sehr deutlich gemacht.
In Psalm 51 kommt jetzt die Antwort Davids auf Psalm 50. Der Esra oder wer auch immer das zusammengestellt hat, wurde vom Heiligen Geist inspiriert, und der Heilige Geist hat ihm gelehrt, Psalm 51 und all die anderen Asaph-Psalmen jetzt hintendran nach den Asaph-Psalmen zu stellen. So passt das jetzt inhaltlich und thematisch exakt dazu.
Das Königtum steht in Gefahr, weil der König gesündigt hat, und das Königtum steht in Gefahr, ganz kaputtzugehen. Die Verheißung steht in Gefahr. Vers 22: „Merkt doch dieses, Leben, die ihr Gott vergesst, damit ich nicht zerreiße und kein Befreier da ist.“ Gott würde mit Gericht eintreten und ohne Rettung.
Und jetzt kommt Davids Bußpsalm, als der Prophet Nathan zu ihm kam, nachdem er zu Bathseba eingegangen war, ein Jahr später:
„Sei mir gnädig, Gott, nach deiner Güte, und nach der Menge deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen. Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit und von meiner Sünde. Reinige mich, denn ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist stets vor mir. Gegen dich, dich allein habe ich gesündigt, und das Böse in deinen Augen habe ich getan, auf dass du gerecht seist.“
Also er bekennt jetzt seine Sünde, damit die Gerechtigkeit Gottes wiederhergestellt wird, dass klar wird: Gott ist gerecht in seinem Reden und rein in deinem Reden und rein in deinem Richten.
Vers 7: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde empfing mich meine Mutter. Siehe, du hast Lust an Wahrheit im Inneren, und im Verborgenen tust du mir Weisheit kund.“ Gott hat nicht Lust an Brandopfer und Schlachtopfer, er hat Lust an Wahrheit im Inneren.
„Entzündige mich mit Isop und so weiter.“ Vers 12: „Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz und einen gefestigten Geist, erneuere in meinem Inneren.“
Und es geht dann zu Vers 17: „Mein Herr, tue meine Lippen auf, und mein Mund soll ein Lob verkünden, denn du hast nicht Lust an Schlachtopfern.“ Ah, jetzt haben wir die Verbindung zu Psalm 50.
„Du hast nicht Lust an Schlachtopfern“, was Gott gerade vorher gesagt hat. „Ich gebe sie, an Brandopfern hast du kein Gefallen. Die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.“
Vers 17: „Mein Mund soll das Lob Gottes verkündigen“, genau das, was Gott gesagt hat: „Opfere Gott Lob, opfere Gott Dank!“ Aber aus einem zerbrochenen Herzen heraus.
Und dann wird die Bitte in Vers 20: „Tue, ziehe und gute Taten einer Gunst. Baue die Mauern Jerusalems, dann wirst du Lust haben an Gerechtigkeitsopfern, an Brandopfern und Ganzopfern.“
Wenn es innerlich stimmt, wenn das alles wieder in Ordnung gebracht ist mit Gott, dann wird Gott gerne wieder die Opfer annehmen. Dann wird man Stiere opfern auf deinem Altar.
Also wir haben hier den Bußpsalm, und alle Psalme, die jetzt folgen, sind Davidspsalmen, mit Ausnahme dieser drei unbenannten, die wahrscheinlich auch Davidspsalmen sind. Und jetzt geht es aufwärts, und es endet mit einem großartigen Hoffnungsschimmer: Psalm 72, wie eine Antwort Gottes auf das Bußgebet Davids, Psalm 72 von Salomo:
„Gib deine Rechtssprüche dem König und deine Gerechtigkeit dem Sohn des Königs. Er richte dein Volk in Gerechtigkeit und deine Gebeugten mit Recht. Friede mögen die Berge tragen dem Volk und auch die Hügel in Gerechtigkeit. Er schaffe Recht den Gebeugten des Volkes, er rette die Söhne des Armen und zertrete den Bedrücker.“
„Man fürchte dich mit dem Sonnenschein, also vom Osten an, und angesichts des Mondes von Geschlecht zu Geschlecht.“ Also überall im Lande, so weit nur die Sonne und der Mond gehen, soll Gott gefürchtet werden.
„Er komme herab wie ein Regen auf die Flur, wie Regenschauer“, nämlich der Segen, „wie Regenschauer, Regengüsse aufs Land.“
In seinen Tagen, in den Tagen dieses Königs, sprosse der Gerechte und fülle von Frieden, bis der Mond nicht mehr ist. Er herrsche von Meer zu Meer und vom Strom bis an die Enden der Erde.
Vor ihm sollen sich niederbeugen die Wüstenvölker, und seine Feinde leckenden Staub. Die Könige von Tarsis, die Küstenländer entrichten Geschenke, die Könige von Sheba und Seba bringen Abgaben dar. Also unter Salomo kam die Königin von Seba, von Arabien, und alle Könige fallen vor ihm nieder. Alle Völker werden ihm dienen oder sollen ihm dienen.
Hier geht es vom Sollen zum Werden, hier geht es vom Wunsch zum Sicheren – so wird es sein.
Denn er befreit den Armen, der um Hilfe ruft, und den Gebeugten, der keinen Helfer hat. Er erbarmt sich des Geringen und des Armen, und die Seelen des Armen rettet er. Er erlöst aus Bedrückung und Gewalt. Hat ihre Seele, kostbar ist in seinen Augen ihr Blut.
„Er lebe!“ Es geht immer noch um den König. Und man gebe ihm vom Gold Sebas, und man soll stets für ihn beten im Sinne von: Gott möge ihn segnen. Man soll stets für ihn beten, ihn den ganzen Tag segnen. Überfluss von Getreide sei im Lande bis auf die Gipfel der Berge, seine Frucht rausche wie der Libanon und es blühe hervor aus den Städten wie das grüne Gewächs der Erde.
Sein Name sei ewig. Also der Name dieses Königs sei ewig vor der Sonne. Sprosse sein Name, und in ihm werden sie sich segnen, und alle Völker sollen ihn selig preisen.
Bis hierher der Psalm, der Rest ist ja nur der Abschluss des zweiten Buches. Siebzehn Verse – siebzehn übrigens. Merken Sie die Zahl? Siebzehn. Kennen wir die nicht von irgendwo? Siebzehn, 17. Natürlich ist der Name Yahweh hier verborgen, aber siebzehn Verse, die den König beschreiben. Den König. Es gibt Hoffnung, es gibt Hoffnung für dieses Königreich.
Ich muss hier, Entschuldigung, ich muss hier die richtige Folie suchen, damit…
Wir haben also hier das Thema: Die Ursache für das Elend des davidischen Königtums – die Sünde des Königs und damit auch des Volkes. Das ist natürlich: Wenn der König sündig wird, dann folgt das Volk auch der Sünde des Königs. Und des Volkes als Ursache für das Elend des davidischen Königtums.
Der Ausblick: Wenn der König zerbricht, wenn sein Herz sich vor dem Herrn demütigt, dann wendet Gott sich wieder dem Volk zu. Dann wird auch das Volk sich demütigen, und dann geht es aufwärts mit dem Königreich.
Eine sehr wichtige Lektion für das Volk in der damaligen Zeit.
Denken wir immer daran: Wann sind die Psalmen gesammelt worden? In welcher Situation war das Volk Israel, als sie diese Psalmen so gelesen haben in dieser Ordnung? Es war genau die Zeit, als sie zurückgekommen waren aus der babylonischen Gefangenschaft mit riesengroßen Hoffnungen für die Zukunft.
Die große Frage war: Wann kommt jetzt das Königreich? Gott hat versprochen: Ich werde euch zurückführen aus den Ländern, ich werde den zweiten David schicken und den ewigen Bund und das ewige Heiligtum. Ich werde in eurer Mitte wohnen und den Thron Davids.
Und sie erwarteten große Hoffnung.
In dieser Situation sind diese Lieder geschrieben, eine große Mahnung für das Volk: Wenn man in Sünde geht, dann kommt das Elend. Wenn der König sündigt, dann kommt das Elend. Wenn er aber Buße tut von ganzem Herzen, dann werde ich mich finden lassen von euch. Dann wird das Königtum groß werden, und Yahweh selber wird groß werden.
Das Buch drei ist das Mittelbuch von fünf. Es ist das dritte Buch im Zentrum. Wir dürfen erwarten, dass das dritte Buch uns Wichtiges, sehr Wichtiges mitzuteilen hat in diesem ganzen Thema.
Es geht immer um das Thema Gottes Bund mit David, Gottes Verheißung des ewigen Thrones Davids.
Drittes Buch: Wie viele habe ich schon gezeigt? Zu spät, habe ich schon gezeigt. Wie viele Psalmen sind es, bitte? Siebzehn – schon wieder die Zahl siebzehn. Siebzehn Psalmen.
Hier hast du dich aufgebaut: Elf Asaph-Psalmen, die erste Gruppe, Psalm 73 bis 83. Zwei Korach-Psalmen, die zweite Gruppe, Psalm 84, 85. Und was ist in der Mitte? Na klar, David, natürlich. David ist in der Mitte, der einzige David-Psalm, Psalm 86, in der Mitte. Zwei Korach-Psalmen in der Folge und der Abschlusspsalm, der Höhepunkt, der wichtigste von allen: der Psalm Ethans des Esrachiters, Psalm 89.
Mit dieser schönen Gliederung gehen wir in die Mittagspause. Können jetzt nachdenken, warum diese Gliederung, was hat dieses dritte Buch zu sagen, und was hat Psalm 89 zu sagen? Und was hat Psalm 86 zu sagen? Offensichtlich wichtige Psalmen.
Psalm 86 hat eine einzigartige Stellung, und Psalm 89 hat einen Höhepunkt, einen Schlusspunkt.
Ja, wollen wir hier schließen. Seid noch nicht fertig. Stehen wir auf zum Gebet.
