Erfahrungen mit dem Weltgebetstag in der lutherischen Kirche
Ich habe in Amerika erlebt, wie viele Teile der lutherischen Kirche nie daran denken, beim Weltgebetstag mitzumachen. Es gibt ganze Bereiche der Weltchristenheit, die sagen: Das ist nichts für uns.
Das war ja noch in den Jahren 1960, 1965 selbstverständlich so. Damals haben das nur einige wenige Kreise gemacht. Plötzlich kam bei uns die Idee auf, dass eigentlich der letzte Frauenkreis mitmachen sollte. Es wurde fast zum Vorwurf, wenn man nicht mitmacht. Besonders die Süddeutschen machen nicht mit; sie halten sich scheinbar für etwas Besseres und beteiligen sich nicht.
Das ist in der ganzen Welt nicht so, nur in Deutschland. Wir Deutschen kennen eben nur das Kommando: entweder alles oder nichts. Wir sagen doch auch nicht bei der Allianz-Gebetswoche, dass alle mitmachen müssen. Sondern wer Lust hat, kommt. Ebenso sagen wir nicht bei der CVJM-Gebetswoche, dass alle kommen müssen. Was Jugendarbeit betrifft, macht der EC nicht mit, warum auch? CVJM-Gebetswoche.
Ich habe den entscheidenden Fehler in dieser Propaganda gesehen, die heimlich verbreitet wurde: Es müssten eigentlich alle mitmachen, und es sei so schön, liebe Brüder und Schwestern. Schön waren auch die deutschen Christen im Dritten Reich. Das ist überhaupt kein Gesichtspunkt. Jede Irrlehre war schön. Schönsein ist kein Kriterium im geistlichen Leben.
Bei uns sind die Seelen der Neuapostolischen und der Zeugen Jehovas sehr schön. Auch die Gottesdienste der Zeugen Jehovas sind sehr schön. Wenn ich all das tun müsste, was schön und religiös ist, könnte ich nur noch ziellos umherirren.
Der Einfluss der Ökumene auf den Weltgebetstag
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass das Instrument des Weltgebetstags, das laut den Aussagen der verantwortlichen Komiteemitglieder ein Instrument der Ökumene und des Weltrats der Kirchen ist, immer mehr dazu genutzt wird, den Geist der Ökumene bis in den letzten Frauenkreis auszubreiten.
Das können sie machen, wenn sie Vorträge halten. Doch man ist sehr hilflos, wenn man eine Gebetsordnung nachbeten soll, die genau dafür da ist, diesen Geist zu vermitteln. Manche Jahre sind weniger problematisch, im Jahr 1975 war es jedoch besonders schlimm. Damals wurde behauptet, die Gebetsordnung käme von mexikanischen Frauen. Später stellte sich heraus, dass von Mexiko nur fünf Zeilen stammten. Die Gebetsordnung selbst war von einer amerikanischen weißen Frau verfasst, die einige Jahre in Südamerika gelebt hatte – nicht von einer mexikanischen Frau.
So wird der Geist der Ökumene bis in unsere Kreise hineingepumpt. Es heißt dann: Beten ist doch schön. Natürlich ist Beten schön. Damals haben sich einige geirrt. Einige Male war die Gebetsordnung wieder akzeptabel. Im letzten Jahr hat Frau Professor Scholler, die Ehefrau eines Medizinprofessors, eine Gebetsordnung herausgegeben, die sich an der letztjährigen orientierte, aber dort, wo es biblisch nicht haltbar war, Veränderungen vornahm.
Wir haben diese Ordnung bei einem verantwortlichen Treffen der Ludwig-Hofacker-Vereinigung vorgestellt. Die Exemplare wurden uns regelrecht aus der Hand gerissen. Es wurde ein Antrag gestellt – von Frauen, Männer hatten nicht mitgesprochen –, dass man diese veränderte Ordnung von 1980 an unsere Frauenarbeit schicken solle. Gleichzeitig wurde gefordert, uns rechtzeitig vor 1981 die internationale Vorlage zuzusenden. Diese Vorlage hat immer ein bestimmtes Thema, mal sind es Flüchtlinge, mal die Verseuchung der Erde oder Ähnliches.
Man möchte die Vorlage erhalten, um auf Grundlage dieser vorgegebenen Themen biblisch saubere Gebetsbitten formulieren zu können. Diese sollten dann nicht unseren Gruppen angeboten werden, sondern von Stuttgart aus gemeinsam mit der offiziellen Ordnung versendet werden. Dieser Antrag wurde abgelehnt.
Uns wird heute gesagt, wir hätten keine Mitarbeit gewollt. Doch das stimmt nicht. Natürlich wollten wir auf Grundlage der internationalen Ordnung eine hilfreiche Gebetsordnung schaffen. Die Leiterin der deutschen Frauenarbeit und auch die Leiterin des Weltgebetstagskomitees sagten, dass die Ordnung des letzten Jahres gut gewesen sei. Wir wollten nichts anderes, als dass wieder eine gereinigte, biblisch verantwortbare Ordnung entsteht.
Doch man hat Frau Scholler und der Ludwig-Hofacker-Vereinigung diese Mitarbeit verweigert. Die internationale Ordnung wurde abgelehnt. Als dann die diesjährige Gebetsordnung im November letzten Jahres gedruckt herauskam, hat Frau Scholler sie erneut überarbeitet. Dabei stellte sie fest, dass viele Inhalte biblisch unverantwortlich sind.
Kritik an der aktuellen Gebetsordnung
Wenn einfach ein entscheidender Satz aus der Schöpfungsgeschichte gleich am Anfang herausgeschnitten wird, stellt sich die Frage: Wer sind wir, dass wir Herren über die Bibel sind? Auch wenn das Indianer so tun, bedeutet das nicht, dass wir das übernehmen müssen.
Bis hin zu dem letzten Satz, den Frau Scholler gesagt hat: Das Gebet zur Mutter Erde sei noch gar nicht schlimm. Man kann darüber nachdenken, ob das nicht die Indianer machen müssen, da sie so in ihren Vorstellungen denken.
Am Schluss steht jedoch ein Satz im Schlusssegen: „Wenn ich denke, Gott, so denkt dein Geist, wenn ich spreche, so spricht deine Stimme.“ In der Bibel steht es genau anders herum: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, meine Wege sind nicht eure Wege.“ Jesus sagt, was bei euch aus dem Herzen kommt, sind nicht Gottes Gedanken, sondern Mord, Ehebruch, Unzucht.
Diesen Satz hat Frau Scholler angemahnt. Stattdessen wurde vom großen Geist und von der Erde gesprochen, und wir müssten uns den Herausforderungen der Indianer und allen Techtelmächten stellen.
Ein paar Tage vor dem Weltgebetstag gab es eine zweistündige Diskussion im Rundfunk. Dabei merkte man immer, dass Gerhard Rhein nicht auf die Sätze losgehen wollte, sondern eher bei der großen Erde blieb.
Jetzt stellt sich heraus, dass dieser Satz in der indianischen Liturgie ganz anders stand, nämlich biblisch richtig. Dort stand: „Gott, wenn du sprichst, dann sprichst du zu mir. Gott, wenn du denkst, dann denkst du für mich.“
Im deutschen Weltgebetstagskomitee wurde das geändert. Sie haben sich nicht den Herausforderungen der Indianer gestellt, sondern den Satz mit folgender Begründung abgeändert: Frau Professor Dr. Tött schrieb, es dürfe nicht so klingen, als müssten wir uns vor Gott ducken.
„Wenn du denkst, denkst du für mich, wenn du redest, redest du zu mir“ – ich muss mich nicht vor Gott ducken. Doch Mose hat sich geduckt, Jesaja hat sich geduckt, und wir alle werden uns einmal ducken müssen.
Wir können froh sein, wenn Gott für uns denkt und zu uns redet. Ich bin dankbar für alle Frauen, die empfunden haben, dass hier ein Mischgeist wirkt.
Warnung vor einem vermischten Geist
Im Bekenntniskampf des Dritten Reiches wurden ebenfalls fromme und schöne Dinge gesagt. Problematisch ist jedoch immer der Mischgeist, wenn unterschiedliche Elemente vermischt werden. So heißt es beispielsweise in der Ordnung plötzlich „auf das alle Dinge zusammengefasst werden, zur Mitte hin“. Darunter steht dann „nach Epheser 1“.
Der erste Epheserbrief Kapitel eins richtet sich jedoch „zu Christus hin“. Warum heißt es dann in der Ordnung „zur Mitte hin“? Dieses Spiel wird mit der Vorstellung erklärt, dass die Indianer zur Mitte gehen.
Deshalb haben wir von der Ludwig-Hofager-Vereinigung in der Vorbereitung für den Weltgebetstag 1981 Frau Scholler ermutigt, die Themen „Unsere bedrohte Schöpfung“ und „Fürbitte für Indianer“ aufzunehmen. Allerdings haben wir in der kürzeren Zeit mehr Informationen aus Südamerika erhalten, was ich für noch viel wichtiger halte. Dort leben heute viele Stämme unter Unterdrückung. Es wird höchste Zeit, dass wir das Bewusstsein dafür schärfen.
Wir wollten kein neues Thema einführen, sondern eine Ordnung für geschlossene Gemeinden wie Hülben oder Gommeringen schaffen. Diese Gemeinden möchten den Weltgebetstag nicht ausfallen lassen, sind aber mit der bestehenden Ordnung unzufrieden. Deshalb nehmen sie eine andere Ordnung.
Wir wollten keinen Streit in jeder Gemeinde entfachen, indem abgestimmt wird, welche Ordnung man verwendet. Es gibt Gemeinden, in denen das klar geregelt ist. In manchen Gemeinden sagt die Pfarrfrau, man solle die offizielle Ordnung nehmen, in anderen wiederum, die andere.
Der demokratische Prozess ist nicht überall ausgeprägt. Stattdessen gibt es auch ein Vertrauen in die Verantwortlichen.
Schwierigkeiten bei der Verbreitung der Gebetsordnung
Für die Gemeinden wollten wir es anbieten. Zuerst wurden 3.000 Exemplare aufgelegt. Wenn man denkt, in einer Gemeinde werden hundert Stück gebraucht, dann wären das gar nicht so viele Gemeinden – so war unsere Vorstellung.
Dann wurde uns die Ordnung aus der Hand gerissen. Insgesamt wurden bald hunderttausend dieser neuen Ordnungen verbreitet. Oft haben sie Frauen vor Ort in große Schwierigkeiten gebracht.
Denn plötzlich gab es Argumente: Wenn Frau Pfarr gesagt hat, die eine Ordnung komme vom Oberkirchenrat, was sollte man da noch sagen? Natürlich kommt sie überhaupt nicht vom Oberkirchenrat. Der Oberkirchenrat hat mit der Sache überhaupt nichts zu tun.
Aber ich merke jetzt, wenn man so einer Gemeinde nacharbeitet und sieht, was da alles in der Diskussion gesprochen wurde, dann sagt man: Oh, liebe Leute, es stimmt hinten und vorne nicht – dafür und dagegen.
Deshalb meine ich, der Kampf müsste gar nicht jetzt in den Gemeinden weiter ausgefochten werden. Es wäre gut, wenn gesagt würde: Es wäre schön, wenn das nächste Mal die Weltgebetstagsordnung so wäre, dass alle mit gutem Gewissen vor der Bibel mitbeten können.
Wir sind doch nicht für Spaltung, sondern dafür, dass keine Bibelzitate entstellt werden. Wir sind dafür, dass Steinliche Zitate, die von anderen Völkern kommen, nicht verdreht und unbiblisch dargestellt werden. Wir sind dafür, dass wir alle miteinander eine gute Ordnung beten können.
Aber wir werden uns auch angewöhnen müssen, wenn der Herr Jesus uns sagt, dass wir in Zeiten hineinkommen, in denen der Mischgeist und die Verführung groß wird. Die Verführung wird nicht darin bestehen, dass gesagt wird: Wir sind gegen Christus – wer will sich schon gegen Christus auflehnen?
Die Verführung wird sein: Hier ist Christus und dort auch, und das sei außerdem schön biblisch und wunderbar.
Ermahnung zum Standhalten im Glauben
Wir dürfen nicht einfach immer nachgeben und nur sagen, es sei schade, dass man jetzt gespalten ist. Dann hätte Niemöller nicht ins Konzentrationslager müssen, und Bonhoeffer hätte sich nicht aufhängen lassen müssen.
Bonhoeffer musste deshalb sogar ein eigenes Predigerseminar mit sieben Leuten gründen. Es gab zwar ein Predigerseminar der Berlin-Brandenburgischen Kirche, aber das war unbiblisch. Deshalb hat er sich losgelöst und ist seinen eigenen Weg gegangen – um der Wahrheit des Evangeliums willen.
Heute dürfen wir nicht nur die Gräber der Propheten besuchen und ständig Bonhoeffer, Bonhoeffer, Bonhoeffer oder Niemöller, Niemöller, Niemöller zitieren. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass auch uns heute ein ähnlich harter, knochenharter Kampf auferlegt sein könnte.
Die Leitlinie muss doch sein, dass wir beim nächsten Mal eine Ordnung schaffen, die auf der Bibel basiert. Das ist gar nicht so schwer. Dann könnten wir alle fröhlich mitbeten.
Das würde ich empfehlen. Natürlich wird sofort der Vorwurf kommen, dass uns unterstellt wird, wir seien unbiblisch. Nein, aber die Ordnung war unbiblisch – in einer entscheidenden Stelle.
Es wird immer sofort personalisiert, und es wird weinerlich gesagt, ihr seid Glaubensrichter und schließt uns aus dem Glauben aus. Nein, aber die Ordnung sollte einfach ein bisschen biblischer sein.
Einblick in die spirituelle Sichtweise der Indianer
Vielleicht sollte ich noch etwas hinzufügen. Heute habe ich in einer großen Zeitung vom Bodensee einen Artikel gelesen, den man mir zugeschickt hat. Darin geht es um zwei amerikanische Indianer, die in Zusammenhang mit dem Weltgebetstag erwähnt werden.
Es wird über das Gezänk um die Liturgie beim Weltgebetstag berichtet. Einer dieser Indianer hat eine Botschaft übermittelt: In diesen zehn Tagen, den zehn Tagen der Reinigung, haben wir das große Geheimnis entdeckt. Wir sind zusammengekommen, um den Geist zu erfrischen. Es ist eine Art spirituellen Weg, zu dem wir hier erwacht sind.
Angesichts des großen Geistes wird etwas Entscheidendes geschehen. Ich glaube, es wird in diesen Achtzigerjahren geschehen. Aber wir werden entscheidende Dinge tun müssen, um zu diesem großen Geheimnis zu gelangen. Wir müssen uns unter den Schutz der großen Macht begeben, unter den Schutz der Bäume.
Es gibt nur eine Möglichkeit zu überleben: Wir müssen mit dem Wind in Verbindung bleiben. Nur dann werden wir den Atomkrieg überstehen. Der große Geist hat dem roten Mann offenbart, was die Wahrheit ist. Wenn wir in Verbindung treten mit den Bäumen, mit dem Wind und mit den Tieren, dann werden wir überleben.
Sie sind hier gewesen, haben gehört, was geschehen ist. Sie haben an einer spirituellen Vereinigung teilgenommen und unsere Medizin angenommen. Daher sind Sie gesegnet. Sie werden gesegnet bleiben, denn das große Geheimnis hat sie in seine spirituelle Macht eingeschlossen.
Die ökumenische Bewegung und ihre Herausforderungen
Natürlich merkt man in Unterjesingen beim Weltgebetstag vielleicht nicht die großen Zusammenhänge. Aber hier geht es ganz bewusst um die ökumenische Bewegung. Ich spreche bewusst nur von der ökumenischen Bewegung, weil man weiß, wie die Indianer dazu stehen und dass sie mit einbezogen wurden.
Im Moment geht es bei der Ökumene darum, dass alle Religionen zusammenarbeiten, um diese geplagte Welt zu heilen. Die Welt ist tatsächlich geplagt. Doch wenn wir mit allen Religionen zusammenarbeiten, können wir nicht mehr missionieren. Dann sagt der Hindu: „Entschuldigung, aber du wirbst mir niemanden mehr ab.“ Und auch der Buddhist sagt: „Dann wollen wir zusammenarbeiten.“
Es stellt sich die Frage, was der Missionsbefehl eigentlich bedeutet und ob wir uns so verkaufen dürfen. Hinter dieser Frage stecken große Hintergründe. Deshalb wird kein bekehrter Christ solche Sätze schreiben. In jedem religionswissenschaftlichen Lehrbuch steht, dass die Indianer Anstoß daran nehmen, dass in der Bibel der Satz steht: „Macht euch die Erde untertan“ (1. Mose 1,28). Aber nicht wiedergeborene Indianer verstehen das so.
Gerade das ist doch meine Würde: dass mir die Erde untertan ist. Es geht nicht darum, sie auszubeuten, sondern im Geist Gottes zu versuchen, sie zu heilen. Aber das ist nicht unsere Hauptkampffront. Es ist nur symptomatisch für den heutigen Stand der Dinge. Es ist ein Beispiel.
Ermutigung zum geistlichen Wachstum und Zusammenhalt
Und jetzt lasst euch nicht so leicht aus der Ruhe bringen, sondern wachst, wie Petrus am Ende seines zweiten Briefes sagt: Wachst in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus.
Lasst euch nicht von verwirrenden Menschen so schnell aus eurem festen Stand herausreißen. Das sollen die Tage sein, in denen ihr standhaft bleibt. Es geht nicht darum, uns mit Indianern oder Liturgie zu beschäftigen – das ist an diesem Ort schwierig.
Sagen Sie auch einmal Ihrer Pfarrfrau, dass Sie verstehen, wie schwer es für sie ist, wenn jetzt alles auseinanderbricht. Aber im nächsten Jahr werden wir darauf achten, eine Ordnung zu schaffen, mit der wir wieder alle gemeinsam beten können. Es geht nicht darum, den Ball immer nur nach vorne zu spielen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag!