Eröffnung und Gebet
Schön, lassen wir uns jetzt still werden und zu unserem Herrn beten.
Lieber Vater, danke, dass wir zu Dir kommen können. Danke, dass wir Dich loben und preisen dürfen mit Deinem Lied. Danke, dass Du uns Dein Wort gibst.
Du weißt, woher wir kommen, Du weißt, was wir brauchen, und Du weißt auch, was uns belastet. Deshalb sprich Du persönlich zu uns und gib uns ein Wort, das uns trägt.
Herr, wir bitten Dich um Deinen Geist. Amen.
Einführung in das Thema und Lesung aus Josua Kapitel 2
Wir kommen heute zu Josua Kapitel 2. Nach diesem etwas längeren Kapitel, das ich jetzt lesen werde, wollen wir noch einmal gemeinsam ein Lied singen.
Wir erinnern uns: Die Israeliten, das Volk Gottes, stehen am Jordan. Sie haben den klaren Befehl erhalten, hinüberzugehen. Heute hören wir nun die frohe Botschaft.
Ich lese ab Vers 1:
Josua, der Sohn Nuns, sandte von Schittim zwei Männer heimlich als Kundschafter aus. Er sagte zu ihnen: Geht hin, seht das Land ein, besonders auch Jericho. Die Männer gingen hin und kamen in das Haus einer Hure, die Rahab hieß, und kehrten dort ein.
Dem König von Jericho wurde gemeldet: Siehe, in dieser Nacht sind Männer von Israel hereingekommen, um das Land zu erkunden. Daraufhin sandte der König von Jericho zu Rahab und ließ ihr sagen: Gib die Männer heraus, die zu dir in dein Haus gekommen sind, denn sie sind gekommen, um das ganze Land auszukundschaften.
Doch die Frau verbarg die beiden Männer und sprach: Ja, es sind Männer zu mir hereingekommen, aber ich wusste nicht, wo sie waren. Als man die Stadttore schließen wollte, als es dunkel wurde, sind sie hinausgegangen. Ich weiß nicht, wohin sie gegangen sind. Jagt ihnen nach, dann wird man sie ergreifen.
Sie hatte die Männer jedoch auf das Dach steigen lassen und unter den Flachsstängeln versteckt, die sie dort ausgebreitet hatte.
Die Verfolger jagten den Männern nach, auf dem Weg zum Jordan bis an die Fuchten. Nun schloss sich das Stadttor, als die Männer draußen waren, die ihnen nachjagten.
Bevor sich die Männer schlafen legten, stieg Rahab zu ihnen hinauf auf das Dach und sprach: Ich weiß, dass der Herr euch das Land gegeben hat. Ein Schrecken ist über uns gefallen, und alle Bewohner des Landes sind vor euch feige geworden.
Wir haben gehört, wie der Herr das Wasser im Schilfmeer vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten gezogen seid. Und was ihr den beiden Königen der Amoriter, Sihon und Og, jenseits des Jordan getan habt, wie ihr sie dem Bann unterworfen habt.
Seitdem wir das gehört haben, ist unser Herz verzagt, und niemand atmet mehr vor Angst vor euch, denn der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde.
So schwört mir nun bei dem Herrn, weil ich an euch Barmherzigkeit getan habe, dass auch ihr an meines Vaters Haus Barmherzigkeit zeigt. Gebt mir ein sicheres Zeichen, dass ihr mein Leben und das Leben meines Vaters, meiner Mutter, meiner Brüder und Schwestern sowie alles, was sie haben, verschont und uns vom Tod errettet.
Die Männer antworteten: Tun wir nicht Barmherzigkeit und Treue an dir, wenn uns der Herr das Land gibt? So wollen wir selbst des Todes sein, sofern du unsere Sache nicht verrätst.
Darauf ließ Rahab sie an einem Seil durchs Fenster hernieder, denn ihr Haus war an der Stadtmauer und lag direkt an der Mauer.
Sie sprach zu ihnen: Geht auf das Gebirge, wo euch die Verfolger nicht finden, und verbergt euch dort drei Tage, bis sie zurückkommen, die euch nachjagen. Danach könnt ihr euren Weg fortsetzen.
Die Männer erwiderten: Wir wollen den Eid halten, den du uns hast schwören lassen. Wenn wir ins Land kommen, sollst du dieses rote Seil in das Fenster knüpfen, durch das du uns herabgelassen hast.
Auch sollen dein Vater, deine Mutter, deine Brüder und das ganze Haus deines Vaters zu dir ins Haus versammelt sein. Wer zur Tür deines Hauses hinausgeht, dessen Blut komme über ihm, aber wir seien unschuldig. Doch das Blut aller, die in deinem Haus sind, soll über uns kommen, wenn Hand an sie gelegt wird.
Wenn du aber etwas von unserer Sache verrätst, sind wir des Eides los, den du uns hast schwören lassen.
Sie sprach: Es sei, wie ihr sagt.
Dann ließ sie sie gehen, und sie gingen fort. Rahab knüpfte das rote Seil ins Fenster.
Die Männer gingen weg, kamen aufs Gebirge und blieben dort drei Tage, bis die Verfolger zurückgekehrt waren. Denn diese hatten sie auf allen Straßen gesucht, aber nicht gefunden.
Da kehrten die beiden Männer um, gingen vom Gebirge herab, setzten über den Jordan und kamen zu Josua, dem Sohn Nuns.
Sie erzählten ihm alles, was ihnen begegnet war, und sprachen zu Josua: Der Herr hat uns das ganze Land in unsere Hände gegeben, und alle Bewohner des Landes sind vor uns feige geworden.
Soweit dieser Bericht.
Die frohe Kunde und die doppelte Seite eines Marschbefehls
Und nun heute zum Thema: Die frohe Kunde, die frohe Kunde. Haben wir gehört? Joshua gebot: Gehet hin! Nun soll es also endlich losgehen, über den Jordan hinein ins neue Land.
Ein Marschbefehl hat immer zwei Seiten. Das hört man auch aus Feldpostbriefen heraus. Ich habe die Zusammenstellung von Feldpostbriefen von Fritz Busch gelesen. Fritz Busch war der Bruder von Wilhelm und Johannes Busch sowie von Doktor Friedrich Busch, der in Banau bei Königsberg Lehrer war. Das war die Schule, bevor sie vertrieben wurden, und zwar in Unterweissach. Sie kamen von Banau nach Unterweissach mit dem Pfarrer Fischer. Dort war einer dieser Brüder Busch, und er wurde eingezogen, als der Krieg begann. Später fiel er im Krieg.
In diesen Briefen schreibt Fritz Busch immer wieder von diesen beiden Seiten, wenn ein Marschbefehl kam: einmal die Freude, dass es endlich losgeht – endlich kommen wir heraus aus diesen schlimmen Sümpfen, endlich geht es weiter und nicht immer nur dieses Biwak. Aber gleichzeitig spürt man in den Zeilen auch die Angst: Was kommt? Wie werden wir weitergeführt? Kommt der Krieg noch näher, die Kämpfe noch näher auf uns zu? Er gehörte zu einem Bataillon, das dort die Wege baute. Beim Marschbefehl gab es also einmal die Freude, dass es losgeht, und gleichzeitig die Angst, was kommt.
Das Gleiche gilt für den Schüler, der versetzt wird. Er gehört nicht zur Flagge am Schulschiff, sondern mehr zum Kiel. Aber auch der Kiel beim Schulschiff ist wichtig, nicht wahr? Wenn er in die nächste Klasse versetzt wird, ist er unheimlich dankbar, dass er es geschafft hat und weiterkommt. Aber gleichzeitig hat er Angst: Schaffe ich die nächste Klasse? Packe ich es? Komme ich ans Klassenziel?
Dasselbe beobachten wir beim Studenten, der froh ist, einen Studienplatz zu bekommen. Doch er fragt sich: Werde ich dieses Studium auch bewältigen? Ebenso der Berufsanfänger, der sich freut über die offene Stelle, aber unsicher ist, ob er diese Stelle ausfüllen kann.
Ruheständler unter uns kennen das ähnlich. Da tritt man in den Ruhestand ein. Man hat ja eigentlich schon lange darauf gewartet, endlich alle großen Pflichten abgelegt zu haben. Endlich morgens nicht mehr antreten um dreiviertel acht – endlich! Aber wird man auch diese Zeit bewältigen können? Wird man all den Anforderungen, die jetzt plötzlich von der Frau an einen gestellt werden, gerecht werden können?
Ich bin so froh über die Größe der Küche in dem Haus, in das ich eingezogen bin. Dort war es ganz auffallend eine unglaublich kleine Küche. Das ist keine Ein-Mann-Frau-Küche, sondern eine Ein-Frau-Küche. Da hat ein Mann überhaupt keinen Platz. Ich würde ja gerne helfen, aber es geht gar nicht. Es ist eine Ein-Frau-Küche, verstehen Sie? Ich bin unendlich dankbar über diese Größe der Küche.
Der Hitschmerlet, wissen Sie, der Doktor Rothe, ein alter Gemeindemitglied wie die Schiffsgemeinde, sprach immer so, als er in den Dates Club eintrat. Tatsächlich tat er auch viel für seine Frau. Kann man denn das alles schaffen? Wie ist es dann auf einmal? Auch der Ruhestand hat diese beiden Seiten: Dankbarkeit und Angst, was kommt.
Genau diese beiden Seiten treten auch hier in diesem Text auf: Dank, dass es losgeht, aber auch Angst, was jetzt kommt, wenn wir über den Jordan gehen.
Deshalb der Grund, warum Joshua die Kundschafter losschickt. Wissen Sie, das ist keine militärische Aktion. Das ist kein gefährliches Spähtruppunternehmen, keine ausgeklügelte Spionageaktion, keine geheimdienstliche Kommandosache. Solche Soldaten, die eine Spionage ausführen müssen, bekommen doch den Auftrag, Überblick über die Gesamtlage zu bekommen, auszukundschaften, wo die schwachen Stellen der feindlichen Front liegen, eventuell geheime Abmachungen mit Kollaborateuren zu treffen.
Deshalb hier nur: Geht und seht. Nicht Kundschaft aus, sondern Geht und seht. Und dann gewinnen sie statt eines Überblicks einen Einblick in ein sehr anrüchiges Haus.
So ist es also keine Aktion Josuas gegen den Feind, was Sie gerade gehört haben. Das ist keine Aktion gegen den Feind, sondern eine Reaktion Josuas auf die Furcht in den eigenen Reihen.
Wohl haben seine Leute gehört: „Sei getrost und fürchte dich nicht, sei getrost und unverzagt.“ So wie wir es jetzt unzählige Male gehört haben: Fürchtet euch nicht! Und trotzdem zitterte ihr Herz, und trotzdem zittert unser Herz.
Da hört man: Sei getrost und unverzagt! Und trotzdem ist man verzagt und hat seine Ängste.
Es ist eben bei der Furchtlosigkeit nicht wie bei den grauen Haaren, die man eben hat, die man bekommt, auch wenn man sie einfärbt oder verdeckt. Die grauen Haare bekommt man. Furchtlosigkeit, liebe Freunde, ist keine Eigenschaft, die man sich aneignen könnte wie Höflichkeit oder Gelehrsamkeit.
Furchtlosigkeit ist keine Eigenschaft, sondern geradezu eine Aussenschaft. Ich kann mir nicht vornehmen: Ich gehe jetzt nach Hause und fürchte mich nicht mehr. Nein, es ist eine Aussenschaft. Ich habe sie nur in Beziehung zu einem anderen, der sie mir ständig zusprechen muss.
Das Herz ist ein trotziges und verzagtes Ding. Das ändert sich nicht bis zum Tage, an dem wir ein neues Herz bekommen – bis zu dem Tage, an dem er uns ein neues Herz geben will, das nicht mehr zittert und bebt.
Jesus hat gesagt: „In der Welt habt ihr Angst.“ Warten Sie nicht auf den Tag, an dem Sie keine Angst mehr haben. Warten Sie nicht auf Zeiten, in denen Furcht keine Rolle mehr spielt. Diese Zeiten wird es nicht mehr geben.
„In der Welt habt ihr Angst.“ Solange wir auf dieser Erde leben, die von den Folgen des Sündenfalls gezeichnet ist, wird uns diese Angst wie ein Schatten folgen. Angst ist nicht das Außergewöhnliche, sondern das Normale.
Unter dem Zuspruch dieses Herrn – und ich hoffe, dass wir ihn in diesen Tagen hören – kann ich immer wieder ruhig werden und trotz allem weitermachen.
Diesen Zuspruch will Joshua laut werden lassen. Deshalb schickt er zwei Kundschafter los, zwei Spione. Also nicht, um die Front auszukundschaften, sondern um eine Botschaft zu bekommen. Damit seine Leute sehen: Das ist nicht nur ein Wort, sondern das ist Tatsache. Seid getrost und unverzagt!
Also deshalb dieses Kundschafterunternehmen. Er will frohe Kunden ins Lager bringen. Darauf hoffe ich, dass immer wieder frohe Kunden ins Lager kommen, frohe Kunden in unsere Gemeinschaften, frohe Kunden in unser Herz.
Frohe Kunde für das Haus Israel
Frohe Kunde zuerst für das Haus Israel, dann für das Haus Rahel und schließlich für alle Häuser. Das sind meine Gedanken heute Morgen.
Zuerst die frohe Kunde für das Haus Israel. Joshua wusste genau, wie solch ein Unternehmen abläuft, wie man es gut, aber auch falsch machen kann. Sie erinnern sich: In der Wüste Paran wurde Joshua damals auserwählt, zusammen mit einigen anderen das Land Kanaan zu erkunden. Das war ein regelrechtes Spionageunternehmen (4. Mose 13). Vierzig Tage durchstreiften sie das Land, schnitten Trauben ab und kehrten schließlich ins Lager zurück.
Dann wurde eine Gemeindeveranstaltung, eine Gemeindeversammlung einberufen. Alle strömten herbei. Vorne standen die Männer mit ihren Stangen, an denen die wunderschönen Trauben hingen. Die Leute sagten: Diese Trauben wachsen dort. Doch dann fügten sie hinzu: „Mann! Wir haben Enaksöhne gesehen, Riesen, Amalekiter im Südland, Hethiter, Jebusiter und Amoriter im Gebirge sowie Kaniter am Meer und am Jordan. Das Land ist voll besetzt.“ Die Trauben symbolisierten das Land, doch es war voll besetzt mit lauter Riesen und mächtigen Soldaten.
Das war eine schreckliche Kunde, die von den Kundschaftern kam. So eine wollte Joshua auf keinen Fall mehr hören. Er sagte: „Geht hin und seht!“ und betete darum, dass solche schlimme Nachrichten nicht wieder ins Lager gelangen. Er bot um eine frohe Kunde, doch wie diese aussehen könnte, wusste allein Gott.
Er sagte: „Seht euch die Leute an, sprecht mit ihnen, bringt heraus, was sie denken, bringt heraus, was diese Menschen, auf die wir zugehen, denken.“ So zogen sie los.
Die alte feste Kirche – heute steht sie in palästinensischer Hand. Leider kann man diese Stadt in den letzten Jahren kaum noch besuchen. Ich hatte einmal die Möglichkeit, dort hineinzugehen, aber die heutige Kirche ist nicht mehr dieselbe alte Kirche. Man muss aus der Stadt hinausgehen, und außerhalb trifft man auf große Ausgrabungen und verschiedene Städte, die auf diesem Hügel standen. Dort muss es gewesen sein, dort stand die älteste Stadt, vermutlich Jericho, die älteste Stadt der Welt überhaupt.
Dort kommen sie an und schauen hinauf auf die Feste. Sie hat eine Mauer, und oben auf der Stadtmauer steht das anrüchige Häuschen der Rahab. Dieses Häuschen hätte heute wohl eine rote Laterne am Eingang. Man geht nicht dorthin, um schmutzige Bekanntschaften zu machen, sondern weil es der einzige öffentliche Platz ist, an dem man ankommen kann, ohne sofort als Verräter gesucht zu werden.
Deshalb gehen sie in dieses öffentliche Haus, um nicht gleich als Feinde erkannt zu werden. In jedem anderen Haus wären sie gezwungen gewesen, Auskunft zu geben über Herkunft und Ziel. Dass sie dennoch auch im Haus der Rahab nicht untertauchen können, zeigen die folgenden Verse.
Der König von Jericho scheint ein überlegener und selbstsicherer Mann zu sein. Als er die Nachricht erhält, dass zwei fremde Männer in die Stadt gekommen sind, in das Haus der Rahab gegangen sind, löst das bei ihm eine Polizeiaktion aus, eine Ringfahndung. Sofort wird die Stadt umstellt und das Haus bewacht.
Die beiden Männer sitzen in der Falle, wie Mäuse in einer Falle. Die Hintertür ist besetzt, vorne die Stadtmauer, und auf der anderen Seite geht es direkt in den Abgrund. Ein Entrinnen ist nicht mehr möglich. Es wird sogar eine Hausdurchsuchung angeordnet, und eine anschließende Jagd beginnt.
Doch das bringt nichts. Die Männer sind nicht mehr da, Fehlanzeige. Dem König muss gemeldet werden: „Sie sind uns durch die Lappen gegangen, die beiden sind weg, nichts mehr los.“ Die beiden Gesuchten liegen derweil zwar nicht auf Daunen, aber unter Flachs – und Rahab hatte gut Flachs.
Sie sagt: „Die Männer sind abgehauen, und ich weiß nicht wohin. Jagt ihnen nach!“ Doch oben auf dem Dach, wo sie liegen, unter dem Flachs, wird nicht gefaxt, dort wird geredet.
Dann sagt Rahab ihnen: „Ein Schrecken vor euch ist über uns gefallen, und alle Bewohner des Landes sind vor euch feige geworden. Im ganzen Land herrscht Furcht vor euch. Wir sind erschrocken, wir sind starr vor Schrecken über das, was über uns kommt.“
Die Nachricht vom Durchzug durchs Schlachtfeld und die Niederlage der Könige der Amoriter, Sihon und Og, die bis Jericho durchgesickert ist, hat Wirkung gezeigt. Diese Frau weiß es. Diese zwielichtige Frau sagt: „Der Herr hat euch das Land gegeben.“ Das ist ihre Botschaft: Der Herr hat euch das Land gegeben.
Wie ist es denen zumute, die mit einigem Schrecken unter dem Flachs lagen und sich dort Mäuschen still verhielten, nun aber erfahren, dass nicht sie Angst vor den Leuten haben, sondern die Leute Angst vor ihnen. Das ist eine verkehrte Welt: Das Land ist unser, der Sieg ist gewiss.
Das erfahren sie in diesem Haus unter dem Flachs: Das Land ist unser, der Sieg ist gewiss. Noch liegen sie auf dem Dach, noch werden sie verfolgt, noch sind sie ihres Lebens nicht sicher, noch stehen sie in Todesgefahr. Aber die frohe Kunde ist klar und muss jeder in Israel hören: Das Land ist unser, der Sieg ist gewiss.
Parallelen zu neutestamentlichen Botschaften der Hoffnung
Diese beiden Männer erinnern mich an zwei andere Kundschafter, von denen das Neue Testament berichtet. Es sind die traurigen Kundschafter, die von Jerusalem nach Jericho hinuntergegangen sind. Ähnlich wie die beiden Wanderer von Emmaus, die nach Jerusalem zurückkehrten und sagten: „Jesus ist tot.“ Sie bringen die traurige Nachricht von der Katastrophe am Karfreitag.
Die beiden sitzen nicht unter einem Dach, sondern in einem Gasthaus. Dort erfahren sie von einem unbekannten Wanderer, dass Jesus nicht im Grabe geblieben ist. Er ist auferstanden. Jesus lebt, das Land gehört uns, der Sieg ist gewiss.
So sind die zwei Wanderer von Jerusalem nach Emmaus, genauso wie die zwei Kundschafter im Häuschen auf der Mauer von Jericho. Der Sieg ist gewiss. Deshalb stürmen sie damals als Botschafter der frohen Kunde für das Volk Israel durch das Land und verkünden es weiter: Gott sei Dank, uns ist der Sieg gegeben durch unseren Herrn Jesus Christus.
Noch hängen die beiden Mörder an den Pfählen, noch herrscht in Jerusalem Stille und Unsicherheit. Noch patrouillieren römische Milizen und halten das aufgescheuchte Volk in Schach. Noch sieht alles anders aus. Aber trotz allem steht damals fest: Die gute Kunde, der Sieg ist gewiss.
Nichts anderes wollten Paulus und Silas weitersagen, als sie sich nicht versteckten, sondern im Gefängnis saßen – wahrlich hinter Schloss und Riegel. Die Türen waren dicht, aber nicht schalldicht. Sie sangen, und die Botschaft ging durch die Gefängnistüren: die frohe Kunde, der Sieg ist gewiss.
Denken Sie auch an Johannes auf Patmos und seine Freunde. Sie waren verfolgt und gejagt. Patmos war eine Todeszelle, keine Mausefalle, aus der man sich vielleicht wieder befreien konnte. Wer nach Patmos verfrachtet wurde, fuhr nur eine Fahrt, keine Rückfahrt. Man kam von dort nicht wieder zurück aufs Land.
Doch die frohe Kunde von Patmos verbreitete sich durchs ganze Land: Halleluja, denn Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen. Das Land ist unser, der Sieg ist gewiss.
Das Dach auf dem Freudenhaus, die Kneipe von Emmaus, der Kerker von Philippi, die Todeszelle auf Patmos – das sind missliche Lagen, oft viel misslicher als die, in der wir uns befinden oder in die wir geworfen werden. Aber von dort kommt die Nachricht: Zwar werden noch Schlachten geschlagen, und sogar Schlachten verloren, aber der Sieg des Siegers Jesu Christi ist niemandem mehr zu nehmen.
Ich erinnere mich als Junge an ein Spruchband am Bahnhof, wo die Dampfloks das Neckertal hinaufschnauften und mächtig Dampf abließen. Dort stand: „Die Älteren wissen das noch: Räder müssen rollen für den Sieg.“ Sie wussten es noch. Und dann sind sie alle miteinander in die Niederlage hineingedampft, alle miteinander in die Niederlage hineingerollt – weil einer für diesen Satz stand, der sich als Übermensch bezeichnete, aber doch nur ein ganz erbärmlicher Verführer war.
Doch hier rollt alles auf den Sieg Jesu Christi zu, alles auf den Sieg Jesu Christi.
Noch einmal diese Szene damals: Frankreich war gefallen im Krieg, und England stand kurz vor der Invasion der deutschen Truppen. Eine ganz schwierige Lage für die Engländer. Premierminister Churchill erkannte den Ernst der Lage und rief sein Kabinett zusammen. Die Herren mit ihren Zylindern versammelten sich in der Downingstraße, um von Churchill zu hören: „Wir sind am Ende, wir werden kapitulieren müssen.“
Doch dann nahm Churchill das Wort. Er sagte nicht: „Wie hätte Peter Peckin, wir packen am besten ein.“ Sondern: „Ich glaube an den Sieg Englands.“ Geschichtsschreiber meinen, dass dies der Augenblick war, in dem sie den Krieg gewonnen hätten.
Wir denken oft: „Wie hätte Peter Peckin, wir packen am besten ein.“ So ist es auch in der Familie, wenn die Ehe nicht mehr funktioniert: „Wir packen ein bisschen ein.“ Und dann schauen wir auf die Welt und denken: „Ach, we had better begin, wir packen ein bisschen ein.“
Doch die frohe Kunde ist eine andere. Trotz allem, was geschieht, glauben wir nicht nur an den Sieg, wir wissen um den Sieg. Den Sieg, der am Ostermorgen erfochten wurde und auf den wir letztlich zugehen werden. Wir werden mit eigenen Augen sehen, dass dies wahr ist.
Nicht nur glauben wir an den Sieg, wir wissen um den Sieg. Das ist unsere frohe Kunde in all dem, was um uns herum zusammenstürzt. Alles rollt auf den Sieg Jesu Christi zu.
Dahinter steht der, der sich schon als Sieger an Ostern erwiesen hat. Und der bei seiner Wiederkunft allen – auch den Skeptikern und Atheisten – unüberhörbar vor Augen und Ohren führen wird, dass der Sieg Jesu Christi endgültig ist.
Frohe Kunde für das Haus Rahab
Frohe Kunde für das Haus Israel – das ist das eine. Und das andere ist frohe Kunde für das Haus Rahab.
Vers 14: „Tun wir nicht Barmherzigkeit und Treue an dir, an deinem Vater und deiner Mutter und deinen Brüdern und Schwestern, so wollen wir des Todes sein“, sagen die beiden Dankbaren, die dort von ihr versteckt wurden. „Tun wir nicht Barmherzigkeit und Treue an dir, so wollen wir des Todes sein.“ Kurz gesagt: Das Haus Rahab soll leben.
Nun gab es wahrlich andere Häuser in Jericho, die diese frohe Kunde verdient hätten. Ich kenne Jericho nicht, aber dort gab es sicher ein Backhaus, ein Schlachthaus, ein Kaufhaus und ein Wohnhaus, in dem die Gerechten wohnten – aber doch nicht ausgerechnet das Freudenhaus, das Dirnenhaus, das Dreifarbenhaus von Jericho. Doch nicht ausgerechnet dort! Hier haben sich die beiden Männer gründlich getäuscht, hier wurden sie gründlich übers Ohr gehauen.
Blind vor Liebe beziehungsweise Liebeleien und betäubt vom Parfum der zwiesichtigen, zwielichtigen Halbwelt waren sie nicht mehr ganz bei Sinnen. Frohe Kunde in Jericho – ja, aber bitte nicht im Haus Rahab. Frohe Kunde in dieser Stadt – ja, aber bitte nicht an diesem Häuschen auf der Mauer.
Und nun blenden wir 1200 Jahre aus. Gehen wir vom Jahr 1200 vor Christus in das Jahr 30 nach Christus, zur Wiederkunft. Es gibt dort ein Gotteshaus, eine Synagoge, eine Judenschule, ein Rathaus mit einem Ortsvorsteher. Und es gibt dort ein ganz verruchtes und verfluchtes Zollhaus, das Übelste vom Üblen.
Ein fieser Kerl namens Zachäus sitzt dort am Schlagbaum und nimmt den Leuten das Geld aus der Tasche. Ohne Skrupel erhöht er die üblichen Wege- und Zollgebühren und steckt die Mehreinnahmen in die eigene Tasche, in den eigenen Sack. Man wäre ihm ja schon längst an den Karren gefahren, wenn er nicht Beamter der römischen Besatzungsmacht wäre, die ihre starke Hand über diesen Burschen der untersten Schublade hält – ein Gauner, wirklich ein Gauner von ganz unten!
Und dann kommt Jesus in die Stadt. Die Menschen stehen wie Mauern. Auch dieser Kleine will ganz groß sein, auch er. Und weil er zu klein ist, klettert er auf einen Baum. Dann stehen die Menschen da, und jeder will diesen Wanderprediger sehen. Und wo sitzt Jesus schließlich in Jericho? Er sitzt im Zollhaus. Ausgerechnet im Zollhaus sagt er: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.“
Er sagt es nicht dem Gotteshaus, dem Schulhaus, dem Rathaus, dem Backhaus oder dem Kaufhaus, sondern dem Zollhaus, dem verfluchten Ort von Jericho. Heute ist diesem Hause Heil widerfahren. Bei einem Sünder ist er eingekehrt, einem Freund der Zöllner und Sünder. Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. Jesus sagt: „Ihr habt Recht, ich bin gekommen, Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.“ Das steht schon im Neuen Testament, ganz vorne im Buch Josua.
Ich bin gekommen, die Sünder zu retten und nicht die Gerechten. Die Sünder – stellen Sie sich vor, noch einmal: Ein reißender Fluss geht durch die Stadt, und plötzlich fällt einer hinein und droht zu versinken. Auf der darüberführenden Brücke steht jemand und sieht das. Was wird derjenige tun? Wird er zu einem vorübergehenden Raucher gehen und sagen: „Rauchen verkürzt das Leben“? Oder wird er den vorbeieilenden Geschäftsmann mahnen, weniger Stress zu haben? Ruft er den vorbeifahrenden Motorradfahrer zu mehr Rücksicht im Straßenverkehr auf?
Er hat kein Auge für all das. Stattdessen läuft er die Böschung hinunter, springt in die Fluten, um den Versinkenden zu retten. Seit dem Sündenfall fließt ein reißender Strom durch diese Welt. Wir sind hineingefallen und werden weiter fortgetrieben. Jesus sieht das. Und dann kommt er nicht mit Moral, ein paar guten Ratschlägen oder einer Portion Weltweisheit. Er kommt an den Strom der Sünde heran, springt hinein und rettet den, der sich retten lässt.
„Ich bin gekommen, suchen und zu retten, was verloren ist.“ Wer meint, er stehe oben auf der Brücke, habe die Höhe über dem Sündenstrom, sei weder gefallen noch hineingefallen, der gehe seines Weges. Er versteht nicht die frohe Kunde für Rahab. Sie ist eine Hineingefallene und Untergegangene.
Und wenn Sie meinen, Sie stünden höher als diese Frau, dann erinnern Sie sich an jene Szene im Jerusalemer Tempel. Eines Tages entsteht Aufruhr, weil eine Frau zu Jesus gebracht wird. Sie ernennen ihn zum Richter, aus welchen Gründen auch immer. Dann sagen sie: „Herr, diese Frau ist auf frischer Tat ertappt – Ehebruch. Darauf steht doch Steinigung.“ Jesus schaut hinunter in die Stille. Als er aufschaut, sagt er: „Wer unter euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein.“
Er schaut wieder hinunter, und in diese Stille hinein hört man das Getrappel der fortlaufenden Leute. Als er wieder aufsieht, war niemand mehr da außer dieser Frau. Warum? Da war niemand, der im Angesicht dieses Herrn seine Weste ohne Flecken sah. Da war niemand, der sein Leben ohne Schuld sah, niemand, der Gutes tat – auch nicht einer.
Ich frage: Ist heute jemand hier im Schönblick, der von sich sagen könnte: „Herr, ich werfe den ersten Stein“? Ist jemand hier, der sagen könnte: „Herr, ich habe eine weiße, fleckenlose Weste“? Können Sie an alles denken, ohne rot zu werden? Können Sie das? Das ist die Auferstehung der Schuld, unsere unbewältigte Vergangenheit. Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leib dieses Todes?
Wir alle sind die Hineingefallenen und Hinuntergefallenen. Deshalb gilt auch für uns diese frohe Kunde für Rahab. Natürlich arbeitet dieser Jesus nicht wie ein Fischer, der mit seinem Netz alles herausholt, ob sie zappeln oder nicht, ob sie wollen oder nicht. Es sind die, die sich zu ihm hinwenden, die den Begriff annehmen, den die Bibel Glauben nennt. Die sagen: „Herr, sei mir Sünder gnädig.“
Hören wir noch einmal nach Jericho hinein: Rahab berichtet: „Wir haben in der Stadt gehört, wie der Herr das Schilfmeer austrocknete, wie er den Königen getan hat. An diesem Sieg ist nicht zu rütteln.“ Alle haben das gehört, vom Bäcker bis zum Kaufmann. Nur die Dirne folgerte daraus: „Ich weiß, dass der Herr euch das Land geben wird.“
Eine richtige Wendung vom Wir zum Ich. Sie zweifelt nicht mehr, dass eine neue Lage geschaffen ist. Sie ist zur neuen Zuversicht geführt worden. Im Hebräerbrief Kapitel 11 wird das Glauben genannt. Durch den Glauben wurde Rahab gerechtfertigt.
Hören haben alle, aber zum Wort Gottes wurde das Gehörte nur für Rahab. Hören haben sie alle, aber zum Glauben wurde es nur mit Rahab. Sehen Sie, der Glaube kommt aus dem Hören, aber nicht alles Hören von Gott ist bereits Glauben. Man kann jahrzehntelang Gottes Wort hören und nie zu dem kommen: „Ich weiß, ich verstehe es, ich glaube es.“
Man kann jahrelang zum Schönblick gehen, jahrelang Bibelarbeiten hören, sich hier jahrelang wohlfühlen und doch nicht zur Gewissheit kommen: „Ich glaube es, ich glaube die frohe Kunde auch für mich.“ „Jahwe ist ein Gott droben im Himmel und auf Erden“, sagt die Hure. Es ist ein echtes Glaubensbekenntnis, das hier vorne in der Bibel steht.
Rahab glaubte, so wie später Zachäus, der sagte: „Ich will in deinem Hause einkehren.“ Und dann kehrte er ein, deckte den Tisch und bewirtete ihn. Frohe Kunde für das Haus Rahab, für das Haus Zachäus, für das Haus der großen Sünderin, für das Haus der Ehebrecherin, für das Haus Augustins. Frohe Kunde für uns!
Wer nicht dazugehört zu den Sündern, möge dieses Kapitel überspringen, möge sich die Nase rümpfen über solche Verse, die in der Bibel stehen. Sie knüpft das rote Seil ins Fenster – es wird sie vor den heranrückenden Soldaten bewahren.
Wissen Sie, in 2. Mose 12 war es rotes Blut auf den Türpfosten, auch rot, das vor dem würgenden Engel schützte. Ist dies hier schon ein Hinweis auf das rote Blut Jesu Christi (Hebräer 10), weil wir durch das Blut Jesu Christi Freiheit und Bewahrung haben? Das rote Seil im Fenster – hoffentlich hängt es bei mir auch.
Frohe Kunde für alle Häuser und die universelle Erbarmung Gottes
Drittens noch und zuletzt: frohe Kunde für alle Häuser. Die beiden Losgeschickten, nachdem sie sich aus dem Haus Rahabs abseilen konnten und drei Tage im Gebirge versteckt hatten, kamen gesund und munter im Lager an. Schnell wurde das Volk zusammengerufen und die Nachricht verbreitet: Der Herr hat das ganze Land in unsere Hand gegeben, und alle Bewohner sind feige geworden.
Was sie damals nicht annehmen konnten, ist uns heute klar: die frohe Kunde ist für alle Häuser. Weit über Israel hinaus, schon so früh in der Bibel, wird der absolute Erwählungsanspruch Israels gesprengt. Das dauernde Erbarmen Gottes, das Grenzen überschreitet, wird deutlich. Auch Nichtjuden haben eine Chance.
Im Himmel werden wir uns einmal über drei Dinge wundern: Erstens, Menschen zu treffen, die wir dort nicht vermutet hätten. Zweitens, Menschen nicht zu treffen, die wir dort erwartet hätten. Und drittens, uns selbst doch zu treffen. Das ist es.
Deshalb bekommen wir hier diese Chance, um an dieses Ziel zu gelangen. Rahab – und das ist das ganz Großartige – ist in Gottes Plan eingebaut. Die Dirne wird in den Stammbaum Jesu, des kommenden Messias, aufgenommen. Kennen Sie das? Die Dirne kommt in den Stammbaum des Messias.
In Matthäus 1 wird Rahab später die Mutter des Boas genannt. Von Boas stammen Salomo, David, Salomo und schließlich Jesus ab. Rahab ist im Königsstammbaum Jesu vertreten. Nein, der König aller Könige hat keinen reinen Stammbaum. Er hat nicht nur Adlige in seiner Abstammung. Er entäußerte sich selbst, nahm Nichtsgestalt an und erniedrigte sich selbst. Wenn das keine Erniedrigung ist: zur Dirne im Stammbaum Ja zu sagen.
Sich als Sünder heilend zu bezeichnen und immer wieder zu rufen: Keiner ist so weit weg, dass er nicht gerufen werden könnte. Keiner ist zu tief gefallen, dass er nicht zu dieser Familie gehören dürfte oder zählen könnte. Keiner ist unwürdig. Also: Ich darf auch dazugehören. Ich gehöre auch dazu.
Wenn Rahab dort hineingenommen wurde, dann haben auch wir eine Chance. Frohe Kunde für alle Häuser! Keiner soll sagen: Bei mir ist Tropfen Malz verloren. Auf dass alle, alle, alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Alle! Wir gehören hinein zu dieser Familie.
