Wir wollen beten. Lieber Herr, heute Morgen danken wir dir für all das Gute, das du uns schenkst. Wir wollen dich preisen und rühmen für all deine Liebe, die wir im Lauf unseres Lebens erfahren haben.
Es bewegt uns, dass alle Menschen auf dieser Welt deine Liebe erfahren. Dass alle Völker und Nationen in dir fröhlich werden. Darum möchten wir dich heute ganz besonders bitten, dass unser Blick dorthin geht, wo deine suchende Liebe schon lange weilt – bei den Millionen Menschen in allen Teilen der Welt, besonders in Ostasien.
Herr, verzeih uns, wenn wir bisher nur Gefallen an dir für uns selbst gefunden haben. Wenn wir nur Genießende im Glauben und beim Bibellesen waren und es uns nie angetrieben hat, unsere Füße zu bewegen und die Hände zum Dienen tätig zu machen.
Herr, erwecke in uns deine Liebe, damit wir alles tun, damit Menschen zu dir finden, das neue Leben entdecken, gerettet werden und das ewige Leben haben.
Wir wollen nun in der Stille weiterbeten. Du, Herr, bist nahe allen, die dich anrufen, allen, die dich mit Ernst anrufen. Amen.
Einführung in den Predigttext und die biblische Vorgeschichte
Zweiten Mose 33, dort steht der Predigttext für den heutigen Sonntag. Ich möchte die Verse davor, vor dem Predigttext, hier lesen: Zweiten Mose 33, ab Vers 12 überschrieben „Mose begehrt, des Herrn Herrlichkeit zu schauen“.
Es ist vorher beschrieben worden, wie das Volk das goldene Kalb errichtet, darum herumtanzt und sagt: „Das ist unser Gott, der uns aus Ägypten geführt hat.“ Wie Mose vom Berg herunterkommt und die Tafeln zertrümmert, und wie Gott mit Mose Umgang hat im Zelt, wie Gott mit Mose redet wie mit einem Freund.
Mose sprach zu dem Herrn: „Siehe, du sprichst zu mir: Führe das Volk hinauf und lässt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst, wo du doch gesagt hast: Ich kenne dich mit Namen und du hast Gnade gefunden vor meinen Augen. Habe ich denn Gnade vor deinen Augen gefunden, so lass mich deinen Weg wissen, damit ich dich erkenne und Gnade vor deinen Augen finde. Und sieh doch, dass dies Volk dein Volk ist.“
Der Herr sprach: „Mein Angesicht soll vorangehen, ich will dich zur Ruhe leiten.“
Mose aber sprach zu ihm: „Wenn nicht dein Angesicht vorangeht, so führe uns nicht von hier hinauf. Denn woran soll erkannt werden, dass ich und dein Volk vor deinen Augen Gnade gefunden haben, wenn nicht daran, dass du mit uns gehst? So sollen ich und dein Volk erhoben werden vor allen Völkern, die auf dem Erdboden sind.“
Der Herr sprach zu Mose: „Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun, denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden und ich kenne dich mit Namen.“
Wir vertrauen unserem Gott, wir vertrauen unserem Gott, wir vertrauen unserem Gott!
Wer ist der Herrlichgeist? Wir verbrauchen Gott zum Gold, wir verbrauchen Gott zum Gold.
Und das reiche Leben schenkt – und aus unserem Liedheft ist es das Lied Nummer 66: „Du gibst das Leben, das sich wirklich lohnt.“
Haben Sie überall diese roten Liedhefte? Fehlen sie noch wo? 66.
Der zentrale Predigttext: Mose bittet um die Herrlichkeit Gottes
Wir lesen weiter in diesem Kapitel 2. Mose 33, nun ab Vers 18, den Predigttext, über den heute überall in unserem Land gepredigt wird.
Mose sprach: „Lass mich deine Herrlichkeit sehen!“
Und Gott antwortete: „Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des Herrn. Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig – das ist der Name Gottes – und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.“
Er sprach weiter: „Mein Angesicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.“
Der Herr sagte außerdem: „Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Felsen stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felsnische stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir nehmen, und du darfst hinter mir hersehen. Aber mein Angesicht kann man nicht sehen.“
Mose als Vorbild in Glaubensstärke und Demut
Liebe Schwestern und Brüder,
ich schaue oft zu Mose hinauf und denke dabei: „Das war ein Mann! Wenn ich nur mehr von der Festigkeit des Mose hätte.“ Besonders in traurigen, müden oder schwermütigen Stunden denkt man: „Ach, hatte Mose es leicht! Gott hat ihm so eine starke Natur gegeben. Er war ein Gigant, ein Held, ein großer und gewaltiger Mann. Wie hat er nur das Volk führen können? So etwas gibt es doch heute nicht mehr! Er sprach, und Hunderttausende zogen mit ihm. Er hatte Autorität! Wir müssen schon kämpfen, bis eine Jungschargruppe ruhig wird. Und Mose konnte die Menschen zum Glauben an Gott führen.“
Ich staune über den Mut des Mose. Ich bekomme Herzklopfen, Angstschweiß und schlotternde Knie. Mose zog zum Pharao von Ägypten. Wissen Sie, was das bedeutete? Ägypten war damals die Großmacht, und Mose ging zum obersten Herrscher und sagte im Namen Gottes: „Lass mein Volk ziehen!“ Der Pharao lachte nur und fragte: „Wer ist Gott?“ Aber Mose bekam keine schlotternden Knie, er fürchtete sich nicht vor dem König. „Ach, wenn ich nur solche Nerven hätte wie er“, denke ich.
Dann stand Mose, nachdem er das Volk aus Ägypten geführt hatte, in der Wüste am Ufer des Schilfmeers. Dort sah man schon die schnelle Armee des Pharao mit ihren Streitwagen heranrücken. Vor ihnen war Wasser, und das Volk geriet in Panik, verlor die Nerven und schrie. Doch Mose sagte in seiner Glaubensgewissheit und Ruhe: „Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, welches Heil der Herr heute an euch tun wird.“
Mose war ein Mann, der einen Namen verdient hat, ein Kerl, der steht wie ein Fels in der Brandung. Aber die Bibel erzählt nicht nur das über Mose. Dort steht ein ganz anderer Satz, der sein Leben zusammenfasst: Mose war ein sehr geplagter Mann. In den neuen Bibelübersetzungen wird für „geplagt“ ganz richtig „demütig“ übersetzt.
Was bedeutet demütig? Sie sagen doch auch oft: „Ja, ich kann das nicht so gut.“ Aber das ist nicht wirklich Demut, sondern eher Hochmut, weil man sich dabei immer noch ein bisschen als „Ich kann es ja schon“ sieht.
Mose war in der Tiefe seiner Persönlichkeit ein gebrochener Mann. Ich glaube, solche Tiefen hat man noch nie richtig betrachtet, durch die Mose hindurch musste. Es begann schon am Anfang seines Lebens, als er einen ägyptischen Frohnaufseher mit einem Faustschlag niederschlug. Er war schon ein Kerl, aber dann merkte er, dass das falsch war und nicht von Gott.
Danach versuchte er, den Weg Gottes zu lernen. Und dieser Weg führt immer nur durch persönlichen Zerbruch hindurch, durch das Scheitern an sich selbst.
Die Herausforderung des Volkes Israel und Mose’ Vertrauen auf Gott
Lassen Sie mich noch einmal dort ansetzen, wo unsere Geschichte heute beginnt. Mose hatte ein gewaltiges Werk vollbracht: Er führte das Volk aus der Zwangsherrschaft heraus. Wir würden heute sagen, er befreite sie aus Sibirien, aus den Straflagern. So war es damals aus Ägypten. Er brachte sie bis vor den Sinai. Das Werk stand kurz vor der Vollendung.
Doch dann muss Mose erleben, dass das Volk sich die Ohrringe herunterreißt, sich ein Götzenbild bastelt und um dieses Götzenbild herumrennt. Sie sagen: „Das ist unser Gott, dem wollen wir dienen.“ Sie fallen vom lebendigen Gott ab. Das ganze Werk des Mose schien gescheitert zu sein. Es war ein Fiasko, es schien am Ende.
Mose steht da und fragt: „Was soll ich tun?“ Sie haben sich am heiligen Gott versündigt. Ich kann ja nicht einmal mehr für dieses Volk flehen. Was soll ich vor Gott argumentieren? Was hat dieses Volk noch verdient? Der ganze Erlösungsplan Gottes scheint gescheitert zu sein. Der Auszug war umsonst, die Durchquerung des Schilfmeeres ebenfalls. Es war alles umsonst.
An dieser Stelle steht Mose und erlebt, was Sünde ist. Vielleicht denken Sie oft gar nicht daran, was Sünde bedeutet: dass sie alles zerstört, was Gott in unserem Leben an wunderbaren, guten, neuen Wegen begonnen hat. Sünde macht diese Wege unwirksam. Sie trennt uns von Gott, stellt uns unter den Fluch und entfernt uns von Gott.
Da steht Mose und fragt: „Was soll ich tun, wenn das Menschenherz so ein wankelmütiges Ding ist? Ein Organ, das man so leicht täuschen und irreführen kann?“ Da hat es ja überhaupt keinen Wert mehr, dieses Volk zu leiten.
Und trotzdem gibt Mose nicht auf. Das unterscheidet ihn von uns. Wir sagen oft so schnell: „Es hat doch alles keinen Wert“, nur weil wir an uns verzweifeln. Weil wir an dem wankelmütigen Menschen verzweifeln. Weil wir enttäuscht sind von Erlebnissen mit schlechten Menschen oder mit uns selbst, die wir doch auch schlechte Menschen sind.
Jetzt muss ich Ihnen sagen, was das Große bei Mose war: Er hat Gott vertraut, sonst nichts. Dieses Wort „Vertrauen“ klingt so schwach, als würde jemand einfach nur zu Gott aufschauen. Aber Mose hat sich an Gott festgekrallt. So wie Sie es neulich in Puerto Rico gesehen haben, als ein Hochhaus brannte und ein Hubschrauber kam, um Menschen zu retten. Die Menschen, die sich dort festhielten, sagten: Der einzige Weg, dem Flammentod zu entkommen, ist, sich mit aller Kraft an den Hubschrauber zu hängen und festzuhalten, bis man an einem sicheren Ort abgesetzt wird.
Auf Gott zu vertrauen, sich in Gott festzuhalten, auf Gott zu schauen – das ist es. Und tatsächlich stellt es der Hebräerbrief im 11. Kapitel dar, in dem Kapitel von den Zeugen des Glaubens: Mose hielt sich an den, den er nicht sah, als sähe er ihn. Darum schlottern ihm die Knie nicht. Darum gibt er nicht auf, auch in ausweglosen Stunden. Darum hat er Autorität. Darum hat sein Weg, den er geht, eine klare Verheißung.
Das ist das Große bei Mose.
Die Bitte um Gottes Herrlichkeit als Ausdruck tiefen Glaubens
Und nun möchte ich nur aus diesem großen Abschnitt drei kleine Satzteile unterstreichen. In den letzten Tagen habe ich oft bei der Vorbereitung gedacht, es eignet sich nicht zum Drüberpredigen. Ich wollte mich eigentlich einschließen und auf den Spuren des Mose dies mir zum Gebet machen und dies mir von Gott zurufen lassen.
Das gilt für Sibylle und Alek für die ganzen kommenden Jahre, aber für Sie alle ganz gleich, wo Sie stehen. Und doch möchte ich nun den Versuch machen, an ein paar Stellen meine ganz einfachen Anmerkungen zu machen.
Lass mich Deine Herrlichkeit sehen! Lass mich Deine Herrlichkeit sehen! Wir begegnen heute vielen Menschen, die sagen: Ich brauche das alles nicht, was für dich eine große Rolle spielt. Ich brauche keinen Gott, ich brauche kein Gebet, ich brauche keinen Glauben. Sicher, es gibt Gott, und ich will ihm auch nichts Böses tun. Aber heute in meinem Berufsleben muss ich mich ganz in Zaum halten, da muss ich topfit sein und da muss ich etwas leisten, und ich habe so etwas gebracht.
Keine Frage, wir werden vielen solchen Erfolgsmenschen begegnen, die sagen, das ist heute wichtig, dass man Selbstvertrauen hat. Und es kann passieren, dass vielleicht jetzt der eine oder andere unter Ihnen sagt: Ich verstehe gar nicht, wovon die reden. Ich habe doch mein Vertrauen zu mir selber, ich kenne meine Fähigkeiten, meine Gaben, meine Möglichkeiten.
Und dann mutet uns die Bibel immer wieder zu, dass wir das wahre Gesicht unserer menschlichen Existenz kennenlernen. Und da steht ja, dass selbst das fromme Volk Israel, die Gläubigen des alten Bundes, die übrigens kein bisschen schlechter waren als wir – ich meine immer, sie sind uns haushoch überlegen – solche schwachen Menschen waren.
Verstehen Sie, was das heißt? Wenn wir jetzt nur sagen würden: Wir kennen die Sibylle und wir kennen ja auch den Alex, sie waren ja da, und wir trauen denen schon einiges zu, darum senden wir sie, dann hätten wir auf Sand gebaut.
Wenn wir nur mit dem menschlichen Können und Vermögen, mit dem menschlichen Willen rechnen, hat es überhaupt keinen Wert. Und das ist dem Mose spätestens in dieser Stunde dort am Fuße Sinai vergangen, als er merkt, wie selbst gläubige Leute, die Gott dienen wollten mit ganzer Hingabe, plötzlich von einer Stunde zur anderen zu Abtrünnigen, Gottesverächtern, zu Götzendienern werden.
Wenn das so gefährlich ist, wenn wir solche schwankenden Grashalme sind, worauf kann man denn da noch bauen? Und da hat Mose auch kein Selbstvertrauen mehr. Ich warne Sie vor diesem Weg. Ich weiß, Sie hätten gerne mehr Selbstvertrauen – nicht das Selbstvertrauen, wo Sie auf sich blicken, ist der Ausweg, sondern das, was Mose sagt: Lass mich Deine Herrlichkeit sehen.
Wir können mit diesem Satz gar nichts anfangen. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal so gebetet haben: Lass mich Deine Herrlichkeit schauen? Der Mose sagt: An mir und meinem Leben ist nichts, und da ist um und um nur Enttäuschung. Und es war ja auch so, dass er nicht einmal in das verheißene Land hineindarf, weil er selber Gott untreu wurde.
Herr, lass mich in dieser Welt der Enttäuschung, in dieser Welt der Entmutigung, in dieser Welt des Versagens und der Untreue, lass mich Deine Herrlichkeit sehen! Was meint er denn?
Wir haben immer vielleicht manchmal beim Bibellesen hier so den Eindruck, als ob Mose irgendetwas Verbotenes sich wünscht. Dabei ist das nur bei uns so. Wir haben ja manchmal diese Neugier, dass wir etwas bei Gott ergründen wollten, etwas von diesem heimlichen Wissen.
Wenn ich daran denke, wie in den Hauskreisen und in den Jugendgruppen manchmal bis tief in die Nacht diskutiert wird, wo man meint, mit Gedankendiskussionen das Wesen Gottes ergründen zu können, da will man wie durch ein Guckloch hineinspähen.
Aber das wusste Mose: „Kopf wie ein Gehirn, wie ein Ozean, ich könnte die Geheimnisse Gottes nicht fassen.“ Er will nicht Gott fassen, er will nicht Gott verstehen. Was will er denn? Er will seine Herrlichkeit sehen.
Was ist die Herrlichkeit Gottes? Dies: dass Gott ihn, den Mose, und dieses Volk geschaffen hat, dass Gott in seiner Treue zu seinem Volk steht, dass es ein liebender und ein erbarmender Gott ist.
Herr, lass mich Deine Liebe sehen, Deine Güte, Deine Freundlichkeit, sonst nichts. Und das ist etwas völlig anderes als unsere wundervitzigen Gottesdiskussionen, die wir haben.
Lass mich doch in dieser Welt wieder einmal erquickt werden, dass ich weiß: Herr, Du gibst mich nicht auf! Und das ist tatsächlich bei uns heute so selten geworden in unserer Welt, dass da Menschen nicht bloß sich in Gott versenken und die noch wissen, da ist irgendeine Gotteskraft.
Ich muss wissen, was hat Gott mit mir vor. Wissen Sie das? Sie müssen das doch wissen, nicht bloß wenn Sie vor einer schweren Krankheitsperiode stehen, vor einer Operation, Sie müssen das doch wissen, nicht bloß wenn es zum Sterben geht.
Sie müssen das doch wissen mitten im Gedränge Ihres Berufstages, wo die Sorgen über Sie hineinstürmen. Sie müssen doch wissen: Was hat Gott mit mir vor?
Lass mich Deine Herrlichkeit sehen! Ich will doch nicht große, lange Erörterungen über das Wesen Gottes, im Besonderen seine Existenz, sein So-Sein und Dasein hören. Ich will wissen, was Gott mit mir macht. Trägt er mich, hält er mich, geht er mir voran, führt er mich, leitet er mich?
Und da spitzt sich doch die ganze Existenzfrage des Mose dort am Sinai darauf zu: Was passiert jetzt mit dem Volk? Herrlichkeit sehen – also das gleiche Wort, das da steht in der Weihnachtsgeschichte: Die Klarheit des Herrn leuchtete um sie.
Da geht es nicht bloß um einen Lichtglanz. Herr, Deine Güte, Deine Größe, Deine Liebe, die mich umfängt. Und ich wollte, dass die Herrlichkeit Gottes Ihnen leuchtet.
Lass leuchten Dein Angesicht! So lassen wir Sie nachher aus dem Gottesdienst weggehen: Lass leuchten Dein Angesicht vor ihnen her, dass sie nicht hinstarren dort, wo ihr Leben so traurig und so mutlos dahingeht, sondern ich schaue die Herrlichkeit Gottes, und ich weiß, er zieht mir voran und er führt mich.
Gottes Schutz und die Hoffnung auf das zukünftige Angesicht Gottes
Zweitens, was ich unterstreichen möchte: Es ist Raum bei mir auf dem Felsen. Gott hat diese Bitte abgeschlagen, denn man darf seine Herrlichkeit nicht sehen. Gott wohnt in einem Licht, zu dem niemand kommen kann.
Doch das stimmt nicht ganz. Glaubende dürfen in der Stunde ihres Sterbens die Herrlichkeit Gottes schauen, wie sie sie in dieser Welt nie gesehen haben. Sie werden ihn sehen, wie er ist, von Angesicht zu Angesicht. Deshalb machen gläubige Christen die Todesstunde nicht zur Trauer, sondern zur Freudenstunde, wenn jemand vollendet zu seines Herrn Freude eingeht.
Ich darf ihn schauen. Es gibt eine Sehnsucht, die wir immer wieder bei gläubigen Christen erkennen: „Ich möchte, nachdem ich die ganze Not dieser zerstrittenen Welt erlebt habe – dieses Zerstören und Enttäuschtwerden und bei mir selbst dieses Immer-wieder-Fallen, Versäumen, Fehler tun und Ungehorsam sein – lass mich deine Herrlichkeit sehen. Lass mich verwandelt werden in dein neues Bild hinein. Sogar möchte ich gleich sein deinem verklärten Leibe.“
Aber in dieser Welt dürfen wir das Angesicht Gottes nicht schauen. Jesaja hat ja nur einmal den Saum des Gewandes Gottes gesehen – nur den Saum. Und er schrie auf: „Herr, jetzt musst du meine Lippen reinigen!“ Es war ihm plötzlich so bewusst geworden, wie viel Unnötiges, Blödes und Unfug er mit seinen Lippen geredet hatte. „Herr, vergib mir, reinige meine Lippen!“
Ich darf die Herrlichkeit Gottes nicht sehen. Wir sind ja Augenmenschen, wir wollen alles mit den Augen erfassen. Darum verwehrt uns das Gott. Aber dann sagt er zu Mose: „Da ist ein Plätzlein.“ Und er nimmt ihn hinauf, stellt ihn mitten im Sinai in eine Felsspalte hinein und sagt: „Da ist ein Plätzlein, da darfst du stehen.“
Ist das bloß bei Mose so oder ist das wirklich so? Gläubige Christen haben immer wieder dieses Bild aufgenommen und schöne Lieder darüber gedichtet:
In der Felsenluft geborgen,
sicher vor des Sturms Gebrauch,
wenn die Sonnenhitze brennt,
mir ist genug, dass ich ein Plätzlein
ganz nah bei Gott habe,
wo er seine Hand über mir hält
und wo er mir einen Felsenboden gibt,
auf dem ich feststehen kann.
Ob das in der Angst ist, in den Kämpfen dieser Welt, in den Unruhen, die geschehen mögen – ich bin ganz sicher und fest, weil Gott mich birgt unter seinem großen Schutz.
Ich meine auch, dass das Lied, das manche von Ihnen kennen, darauf zurückgeht: „Fels des Heils geöffnet mir, du Jesus, gibst mir auch in all der Unruhe der Welt diesen Platz in der Felsenluft, wo ich sicher und geborgen stehen kann.“ Und das genügt. Das macht mich sicher, ruhig, geborgen und mutig.
Noch das Dritte: Du darfst hinter mir hersehen. Gott hat den Blick verwehrt, Auge in Auge, aber du darfst mir nachsehen.
Und Gott ruft Mose noch einmal zu, dass er auch in den kommenden Wüstentagen, die voll sind von schwierigen Proben, Kämpfen und Ringen, erfahren wird: „Ich bin ein gnädiger Gott.“
Es ist gleichsam ein Seismometer, ein Messgerät für die Erschütterungen, dass Christen nicht mehr wissen, was Gnade ist. Das ist schlimm, wenn man nicht mehr weiß, wie diese überwältigende Güte und Liebe Gottes gerade da erfahren wird. Kein Mensch handelt so wie der erbarmende Gott. Das ist sein Name, sein Firmenschild:
„Ich will mich erbarmen eines Volkes, das meiner nicht wert ist, das Gott mit Füßen tritt. Ich erbarme mich eurer.“
Uns wird da immer wieder klar, was wir der Welt und der Welt der Religionen zu predigen haben: Nicht das Nirwana, sondern Gott kennt dich, Gott sucht dich. Gott liebt dich. Du darfst mir hinten nachsehen.
Wenn wir einmal von Mose her die Geschichte weiterverfolgen – über David und die Könige, über Hiskia und wie sie alle hießen – und dann im Neuen Testament die Jünger dastehen und sagen: „Wir sahen seine Herrlichkeit, wir haben sie gesehen!“ – dann nicht im Lichtglanz auf dem Hirtenfeld, sondern im Angesicht Jesu von Nazareth.
Da war die ganze Fülle Gottes drin, dort, wo er sich zu den Müden herunterbeugte, wie er die große Sünderin annahm und ihr die Schuld vergab, wo er neben sich dem Dieb zusprach: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“
Da wird die Herrlichkeit Gottes für uns sichtbar. So ist Gott. Wir sehen sie im Angesicht Jesu Christi. So sagt später Paulus im Korintherbrief: die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu. Und wir dürfen sie sehen.
Jetzt blicken sie auf aus den Stunden der Entmutigung und der Traurigkeit. Blicken Sie auf ins Angesicht Jesu!
Das haben Christen immer so gemacht, dass sie Jesus gern in der Dornenkrone angeschaut haben, mit den Spuren seines Leidens. Das ist ja nicht erquickend und schön. Es erinnert uns daran, wie Gott herrlich ist, dass er sich der Gescheiterten erbarmt. Dass er mich nicht verstößt, auch wenn meine Schuld den Himmel schreit. Dass er sich mit unendlicher Barmherzigkeit meiner erbarmt.
Und nun geht es noch viel wunderbarer weiter: Paulus sagt dann, dass sich nun die Herrlichkeit Gottes in unserem Leben spiegelt und wir immer mehr verwandelt werden in dieses Bild, in den strahlenden Glanz Gottes hinein.
Wenn ich mein Leben ansehe, bekomme ich Abscheu. Was da alles kommt, angefangen von der Phantasie bis in mein Herz hinein! Vielleicht kommt es daher, dass wir immer diese schrecklichen Dinge der Welt in uns hineinsaugen – die kräftezehrenden Dinge, das, was uns verbittert und uns auch im Hass so eifernd macht.
Liebe Schwestern und Brüder, lasst uns das aufnehmen: die Herrlichkeit Gottes!
Gott, der da hieß, das Licht aus der Finsternis hervorleuchten zu lassen, hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben. Einen Schein, durch den die Erkenntnis Gottes im Angesicht Jesu Christi entsteht. Dass Menschen durch uns hindurch die Herrlichkeit Gottes schauen, obwohl unser Leben voll ist von Versäumnis, Schuld und Schmutz.
Aber weil etwas von der Herrlichkeit Gottes widerstrahlt, die wir im Glauben geschaut haben. Mose hat es an sich gar nicht gemerkt, als er hinunterging. Und das Volk sagt: „Ich kann in dein Gesicht nichts sehen.“
Da spiegelt sich etwas von der Größe Gottes wider, wenn wir euch senden, Sibylle und Alek – nicht wegen euch, sondern weil Gott treu ist und weil ihr berufen seid, die Herrlichkeit Gottes zu schauen und dann Menschen davon zu erzählen.
Liebe Schwestern und Brüder, das ist das, was wir vor uns haben. Und dann war der Weg frei für Mose: „Du kannst gehen durch die Wüste, fürchte dich nicht. Mehr brauchst du nicht für den Weg deines Lebens.“
Amen.
Aussendung von Sibylle und Alek in den Missionsdienst
Und nun singen wir das Lied 412, die Verse fünf bis acht.
Vorhin habe ich noch nicht begrüßt: Wolfger Mertes, Leiter der Überseeischen Missionsgemeinschaft, der früheren China Inland Mission, ist heute mit seiner Frau hier dabei und wird die Aussendung vornehmen.
Zuerst wollen wir, dass er uns etwas von seinem Weg in den Missionsdienst erzählt.
Ja, ich wollte damit anfangen, dass ich als Ludwig-Hofacker-Kindergartenkind da draußen verbotenerweise Schneebälle an die Fensterscheiben warf. Als Hofacker-Waldheimkind warf ich Spüllappen quer über den Tisch und ins Müsli eines anderen Kindes. Als ich im Heidelbeerwäldchen Verstecken spielte und mich natürlich direkt in die Heidelbeeren setzte, dachte ich noch nicht daran, dass ich einmal in dieser Kirche stehen würde, um nach Japan als Missionarin ausgesendet zu werden.
Mein Traum war – wie der von vielen kleinen Mädchen – ein Häuschen zu haben, eine Familie und ein schönes, ruhiges Leben hier. Aber Gott hat es in seiner Weisheit ganz anders geplant.
Ich bin überzeugt, dass die Gebete meiner Großtante Anna, die gläubig war und sehr viel für mich und die ganze Familie gebetet hat, daran schuld waren, dass ich mit siebzehn Jahren auf einer Gemeindefreizeit in Gommadingen zum Glauben kam und mein Leben Jesus übergab.
Ich hatte viel zu lernen, vor allem, dass wenn Jesus mein Leben übernehmen und leiten soll, ich ihn auch leiten lassen muss. Das hatte zur Folge, dass ich in vielen Bereichen immer wieder eine erneute Übergabe verschiedener Lebensbereiche vornehmen musste.
Außerdem erforderte dies immer wieder Glaubensschritte, denn es war nicht einfach, vieles loszulassen, was mir zuvor sehr wichtig erschien.
Ich lernte vor allem, dass Jesus mir stets zeigte, was er von mir wollte. Und er ließ mich vor allem nicht im Zweifel darüber, was ich nach meiner vierjährigen Krankenpflegeausbildung, dreijährigen Krankenpflegeausbildung und vierjähriger Arbeitszeit im Bethesda-Krankenhaus tun sollte.
Aus eigenen Stücken hätte ich nie die vollzeitliche Missionsarbeit gewählt – ich hatte immer große Angst davor. Doch aus Gottes Gnade und Liebe war eine lange Vorbereitungszeit in mir geschehen. Über Jahre hinweg konnte ich dann sehen, dass es sein Ruf war, in die Mission zu gehen.
Ich gehorche seinem Ruf, weil ich weiß und erfahren habe, dass er in seiner göttlichen Weisheit nie einen Fehler macht in seiner Planung für unser Leben – gar nie.
Deshalb kann ich mich ganz getrost ihm anvertrauen und mich mit Freude und Zuversicht ihm zur Verfügung stellen.
Ich muss dieses Leben hier in Deutschland und auch in England verlassen, weil Gott mein Herz für die Menschen in Japan bewegt hat.
Ich weiß, ich muss hingehen, und ich will hingehen, weil ich ihnen von der Liebe, der Größe und der Errettung Gottes sagen will und sagen muss.
Ich habe einfach auch gemerkt, dass Gott seine Leute überall auf der Welt ruft und sie überall hinsendet, wie er sagt: „Geht hin in alle Welt und macht zu Jüngern alle Völker.“
Das zeigt mir auch, dass seine Liebe und seine Vergebung keine Grenzen kennt – weder menschliche noch Landesgrenzen.
Er liebt die Welt und will sie erretten.
Offizielle Aufnahme in die Missionsgemeinschaft und Segensworte
Darf ich Wolfgang Mertes bitten?
Liebe Sibylle und lieber Alec,
ich freue mich sehr, euch im Namen der Überseeischen Missionsgemeinschaft hier in eurer Heimatgemeinde, der Hofacker Gemeinde, willkommen zu heißen. Ihr werdet Teil unserer internationalen Missionsgemeinschaft, der ÜMG, der Overseas Missionary Fellowship.
In dieser Gemeinde habt ihr euren gemeinsamen Lebensweg begonnen. Ihr habt hier geheiratet und dürft nun von hier aus zu einem Dienst mit der Missionsgemeinschaft in Asien ausgesendet werden.
Auf den Mitgliedskarten, die wir neuen Missionaren geben, steht ein Wort, das ich euch auch persönlich mit auf euren gemeinsamen Weg im Dienst des Herrn in Japan geben möchte. Es stammt aus Johannes 15,5:
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
Ich wünsche euch gottesreichen Segen und dass ihr euch von Gott zum Segen gebrauchen lasst – besonders für viele Japaner.
Für die Jugend unserer Gemeinde spricht Frau Angela Werner. Sie war viele Jahre, auch in der Zeit, als Sibylle hier war, für die Jugendarbeit verantwortlich. Frau Werner ist jetzt gerade drüben und leitet die Kinderkirche, deshalb kann sie heute nicht unter uns sein.
Wir möchten euch, Sibylle und Alec, kein Menschenwort mitgeben und auch keine menschlichen Ratschläge, sondern ein Wort, das gewiss ist und trägt: Johannes 15,16.
Jesus sagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er es euch gebe.“
Nun wollen wir uns erheben. Wir wollen euch nicht nur schicken, weil ihr selber den Ruf habt, sondern weil wir euch als Gemeinde senden wollen.
Der Gott, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit, wird euch vollbereiten, stärken, kräftigen und auf einen festen Grund stellen. Ihm sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Wir senden euch zu dem Werk, zu dem euch Gott berufen hat.
Gebet und Fürbitte für die Missionare und die Gemeinde
Vater im Himmel, wir danken dir von ganzem Herzen dafür, dass du Sibylle und Alek in deinen Dienst gerufen hast. Du hast sie nicht nur gerufen, sondern auch ausgerüstet und für diese Aufgabe vorbereitet.
Wir danken dir, dass sie nun in deinem Namen und in deinem Auftrag gehen dürfen. Ebenso danken wir dir für ihre Angehörigen in England und hier in Deutschland. Wir danken dir für die Gemeinde hier und für manche Missionsfreunde, die hinter ihnen stehen.
Wir wollen dich auch für sie bitten, dass du sie hier in der Heimat segnest. Besonders danken wir dir, dass wir wissen dürfen, dass du vor Sibylle und Alek hergehen wirst – jetzt bei der Ausreise, dann im Sprachstudium und schließlich im Dienst in Japan für dich.
Herr, wir danken dir, dass sie nicht in ihrem eigenen Namen gehen, sondern in deinem Namen. Sie wollen sich nicht einen Namen machen, sondern etwas von deiner Herrlichkeit weitergeben. Schenke du, dass viele Japaner deine Herrlichkeit sehen und in deine Nachfolge treten!
Wir bringen dir auch unser eigenes Leben. Du weißt um unsere Enttäuschungen, Fragen und Nöte. Wir wollen aufblicken, dir vertrauen und dir glauben.
Nun geh mit uns, Herr, in diese Woche und in diese Aufgaben. So wie du mit Sibylle und Alek hinausgehst in die Welt, so geh auch mit uns. Lass uns erleben, wie bei dir Raum ist, wo du die Hand über uns hältst, wo wir geborgen sein können und deinen Wundern nachschauen dürfen.
Wir möchten dich besonders heute auch für die bitten, die nicht unter uns sein können: die Schwermütigen, die Kranken, die Pflegebedürftigen und die Alten. Lass sie deine Herrlichkeit schauen! Und für die, die durchs Todestal gehen, sei ihnen besonders nahe mit deinem Frieden.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Einladung zur Abschiedsfeier und Gebetswoche
Wenn Sie noch einen Moment stehen bleiben, darf ich Sie einladen: Gleich geht es drüben im großen Saal mit einer Abschiedsfeier weiter. Wenn Sie dabei sein könnten, wäre das schön. Die Feier dauert etwa bis 11.30 Uhr oder 11.45 Uhr.
Es freut uns, wenn Sie noch ein wenig zuhören, auch zum Aufgabenfeld. Ich möchte Sie einfach ermutigen, hinüberzugehen.
Heute geben wir unser Opfer für diese Aussendung. Wir haben als Gemeinde übernommen, den Unterhalt der beiden in Japan zu gewährleisten. Das ist nicht nur eine finanzielle Angelegenheit, sondern auch eine Sache der Fürbitte.
Ich möchte Sie bitten, an die beiden zu denken und für sie zu beten.
Außerdem lade ich heute zur Allianz-Gebetswoche ein. Der Abschluss ist um 18.30 Uhr im Saal des CVJM. Es war so schön, dass wir die ganze Woche zum Gebet zusammenkamen, in dieser Gemeinschaft aus verschiedenen Gemeinschaften und Freikirchen.
Heute um 18.30 Uhr lade ich Sie noch einmal ins CVJM-Haus ein. Um 20.00 Uhr ist dann die Mannschaft.
Schlusssegen
Und nun wollen wir um den Segen Gottes bitten. Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.