Ihr seht hinter mir, womit wir uns heute Morgen beschäftigen: mit den Zielen, die Gott uns als Gemeinde aufs Herz gelegt hat. Dabei hilft uns das Akronym EHRE weiter. Der Willi hat es eben schon erwähnt. Heute Morgen sind wir beim zweiten Buchstaben, dem H. Dieser steht für Heimat.
Hier habt ihr noch einmal die Übersichtsgrafik, die ich schon letzten Sonntag gezeigt habe. Wir wollen Gott ehren, indem wir als Gemeinde eine geistliche Heimat für Christen sind. Das ist unser Auftrag. Ich glaube, dass dies in Zukunft noch viel mehr unser Auftrag sein wird.
Denn wir nehmen mit Sorge wahr, dass Entertainment in der Gemeinde Jesu immer mehr das Evangelium verdrängt. Das gemeinsame Hören auf das Wort Gottes wird durch das gemeinsame Hören auf andere Dinge zurückgedrängt. Man sieht das ganz praktisch daran: Die Predigt wird kürzer, die Showeinlagen werden länger, und die musikalischen Elemente dominieren zeitlich den Gottesdienst.
Ich sprach vor einiger Zeit mit einem Bibelschulkollegen, der noch im Lipperland lebt. Als ich damals auf der Bibelschule war, hatten wir in einem Umkreis von fünfzig Kilometern vierzig Gemeinden. Jede dieser vierzig Gemeinden hätte für mich geistliche Heimat werden können. Das war dann eine Frage des Geschmacks oder auch der Entfernung, welcher Gemeinde man sich anschloss.
Er sagte mir, dass das heute bei weitem nicht mehr so sei. Diese Entwicklung habe sich in etwa in den letzten zwanzig Jahren vollzogen. Er meinte, man könne heute nicht mehr sagen, dass jede dieser Gemeinden geistliche Heimat sein könnte.
Deshalb ist es wichtig, dass wir darüber nachdenken, wie wir als Gemeinde eine geistliche Heimat für Christen sein können. Denn nur für Christen können wir letztendlich Heimat bieten. Diejenigen, die noch nicht Christen sind, müssen sich die Predigt über das Erreichen anhören, die wir letzten Sonntag behandelt haben.
Ich glaube, die Formel „Wir achten einfach darauf, dass wir den biblischen Text auslegen und dass keine Predigt unter 45 Minuten dauert“ greift zu kurz. Es ist zwar wichtig, gemeinsam auf das Wort Gottes zu hören und ihm einen großen Raum zu geben, aber das allein schafft noch keine geistliche Heimat.
Wir haben kürzlich im Kreis junger Erwachsener darüber nachgedacht, was es für uns bedeutet, geistliche Heimat zu sein. Dabei ist es wichtig, dass jede Gruppe sich diese Frage für sich selbst beantwortet. Das sind die großen Ziele, aber ich muss sie auf die Gruppe herunterbrechen, in der ich gerade unterwegs bin.
Heimat zu sein bedeutet für eine Kindergruppe etwas ganz anderes als für Senioren. Es ist dasselbe Ziel, aber die Umsetzung ist unterschiedlich. Als wir in der KJE-Gruppe darüber sprachen, wählte Daniel einen Text aus, der meiner Meinung nach sehr gut deutlich macht, was die Grundlage biblischer Heimat ist. Diesen Text möchte ich im ersten Teil der Predigt behandeln. Im zweiten Teil werde ich dann Möglichkeiten zeigen, wie wir als Gemeinde geistliche Heimat sein können.
Der Text steht im ersten Johannesbrief, Kapitel 1, Verse 5 bis 9, und dient als Grundlage für geistliche Heimat:
„Und dies ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben und in der Finsternis wandeln, lügen wir und tun nicht die Wahrheit. Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde. Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.“
In diesem Text wird die Gemeinschaft mit Gott betont. Das ist so wichtig, weil sie die geistliche Grundlage jeder geistlichen Gemeinschaft ist. Wenn Gott nicht der Mittelpunkt unserer Gemeinde ist, können wir niemals geistliche Heimat sein.
Wie wollen wir das leisten? Geistliche Heimat kann nur dann entstehen, wenn sich der Geist Gottes in der Gemeinde zu Hause fühlt. Der Geist Gottes wird immer Jesus in den Mittelpunkt stellen. Er wird nicht müde, mir zu sagen, dass Jesus mich aus Liebe und Gnade gerettet hat. Zu meiner Rettung kann ich nichts hinzufügen, außer Jesus die Hand entgegenzustrecken und zu sagen: Herr, hilf mir, ohne dich bin ich verloren.
Jesus ist aber auch die Grundlage meiner Heiligung, also meiner Veränderung durch Gott. Auch hier kann ich nur beten: Herr, verändere mich! Und dann gehorsam die Dinge tun, die er mir zeigt und die in meinem Leben dran sind – zu denen er mich aber auch befähigt.
Gottes Antwort auf meine großen, zentralen Lebensfragen drückt Paulus sehr gut in seinen Gebeten aus, zum Beispiel im Epheserbrief und im Kolosserbrief. Er macht immer wieder deutlich, dass es darum geht, zu erkennen, was ich in Jesus schon alles habe. Und es geht nicht nur darum, es zu erkennen, sondern es auch persönlich in Anspruch zu nehmen.
Der Heilige Geist führt mich immer zu Jesus. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Orientierungslosigkeit in meinem Leben daherkommt, dass ich nach anderen Quellen suche oder etwas anderes in meinem Leben zum Mittelpunkt mache.
So kann Gemeinde Jesu leider zum Schaulaufen der eigenen Leistung werden. Ich messe meinen geistlichen Wert daran, was ich tue, und will dafür bewundert werden. Ich tue Gutes und rede darüber.
Auch die Gemeinschaft selbst kann zum Mittelpunkt einer Gemeinde werden. Man versteht sich, man mag sich, man verbringt Zeit miteinander – das ist ja alles gut. Aber bei genauerem Hinsehen merkt man, dass man sich an der Gemeinschaft freut, nicht aber gemeinsam am Herrn.
Es ist nicht der Herr, der mich verbindet, sondern unsere gemeinsamen Hobbys und Interessen. Da muss ich manchmal zweimal hinschauen, um zu merken: Die Aussage von Maria Magdalena trifft auch auf uns zu: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“
Johannes betont in unseren Versen zuerst die persönliche Gemeinschaft mit Gott. Er sagt: Gottes Licht – und in ihm ist keine Finsternis. Das ist so, wie wenn die Morgensonne durch ein Fenster scheint. Dann sieht man jedes Staubkorn.
So ist es auch, wenn Gottes Licht in mein Leben hineinkommt. Dann wird sehr deutlich, dass ich nicht zu ihm passe. Dann wird sehr deutlich, dass in meinem Leben eine Menge Dreck herumliegt.
Wenn ich Dinge vor Gott verstecke, wenn ich Dinge in der Dunkelheit lasse und sage, ich habe Gemeinschaft mit Gott, dann sagt Johannes hier: Dann lügst du, dann belügst du dich selbst.
Wenn man so einen Text liest, muss man sich natürlich fragen: Welche Leichen habe ich eigentlich im Keller, von denen niemand wissen darf? Es kostet viel Energie, Dinge in der Dunkelheit meines Lebens zu verstecken. Und es unterbricht die Gemeinschaft mit Gott.
Warum bin ich eigentlich nicht bereit, auszupacken und Gottes Licht in die dunklen Ecken meines Lebens scheinen zu lassen?
Nach dem Gottesdienst gibt es hier vorne immer die Möglichkeit, Geschwister zu treffen, die zusammen mit jemandem beten. Man kann sie an ihren Schildern erkennen. So kann man sagen: Ich möchte ganz bewusst einen Schritt auf Gott zugehen.
Warum lasse ich mir eigentlich von meinem Stolz den Mund verbieten? Das ist der häufigste Grund, warum ich Dinge nicht anspreche, von denen Johannes hier spricht.
Warum sage ich nicht, was wirklich in meinem Leben los ist, was tatsächlich in unserer Ehe abgeht, was mich festhält in Süchten und anderen Dingen?
Natürlich kann ich frommes Theater spielen, aber das bringt mich nicht weiter. Wie lange will ich noch gute Miene zum bösen Spiel machen?
Ich werde nie eine tiefe geistliche Gemeinschaft erleben können, wenn meine Beziehung zu Gott nicht stimmt. Das sagt dieser Text sehr deutlich.
Vers 7 macht das hier auch deutlich: Wenn ich im Licht lebe – das heißt, ich bin ehrlich Gott gegenüber und ehrlich mir selbst gegenüber – dann habe ich Gemeinschaft mit Gott. Und das Interessante an diesem Vers ist, dass ich automatisch auch Gemeinschaft untereinander habe.
Deshalb ist das für mich ein sehr zentraler Vers, wenn es um Gemeinschaft geht, um geistliche Gemeinschaft, die ja die Voraussetzung für geistliche Heimat ist.
Das Besondere an diesem Vers ist: Ich konzentriere mich nicht auf Gemeinschaft, sondern darauf, im Licht zu wandeln. Die Konzentration liegt darauf, ehrlich vor Gott und mir selbst zu sein.
Die tiefe Gemeinschaft ist dann die Folge meiner Beziehung zu Gott. Wenn du ehrlich mit Gott lebst und ich ehrlich mit Gott lebe, dann haben wir Gemeinschaft. Das ist, was Johannes hier sagt, weil uns der Herr Jesus miteinander verbindet.
Natürlich wird es auch in dieser Gemeinschaft Stress geben – wahrscheinlich nicht mit dir, weil du so ein freundlicher Zeitgenosse bist –, aber manchmal schon.
Dann ist es gut, dass in diesem Text steht: Für diese Stresssituationen reinigt das Blut Jesu, seines Sohnes, uns von jeder Sünde.
Das heißt, jede geistliche Gemeinschaft lebt von Vergebung – gegenseitiger Vergebung, aber auch von der Vergebung, die ich immer wieder von Gott her brauche.
Das ist nur möglich, weil der Herr Jesus sein Leben für mich gegeben hat. Hier stehen wir an den Fundamenten geistlicher Gemeinschaft.
Meine Sehnsucht ist, in Gottes Licht zu leben. Das bedeutet auch, dass er seinen Finger auf bestimmte Bereiche in meinem Leben legen darf, die vielleicht berührungsempfindlich sind.
Meine Hoffnung ist aber: Ich muss bei der Sünde nicht stehenbleiben, weil Jesus sein Leben für mich gab. Er gibt mir seine Vergebung, und ich darf seine Vergebung erleben.
Mein Weg ist, ich spreche meine Sünde Gott gegenüber an und bitte ihn um Vergebung. Dort, wo meine Sünde Menschen betrifft, bitte ich auch Menschen um Vergebung.
Ich nehme Sünde ernst, aber ich nehme auch Vergebung ernst. Das wird in Vers 9 besonders deutlich.
Das muss die Grundlage unserer geistlichen Gemeinschaft sein: dass wir Sünde ernst nehmen und sie nicht kleinreden, aber auch Vergebung glauben und leben.
Um das zuerst Gesagte nicht zu vergessen: Jesus muss unser Thema bleiben. Nichts anderes darf unser Thema werden, so wie es auch auf unserem Claim, in unserem Logo steht: „Jesus ist unser Thema.“
Das ist eine gute Grundlage, um für andere wirklich geistliche Heimat zu werden.
Wie das praktisch aussehen kann, Gott dadurch zu ehren, dass wir als Gemeinde für andere geistliche Heimat werden, habe ich einmal an vier Gs deutlich gemacht. Man kann sicher auch ganz andere Begriffe wählen, aber ich habe gedacht, es ist gut, wenn sie immer gleich anfangen. Also: Glaube, Gespräche, Gruppen, Gastfreundschaft. Das sind die vier Punkte. Und wenn ich bei Gastfreundschaft bin, dann weißt du, dass die Predigt bald zu Ende ist.
Zunächst einmal erlebe ich geistliche Heimat durch den Glauben. Ich suche mir eine Gemeinde nicht mit der Frage aus: Wo fühle ich mich denn am wohlsten? Wer hat das größte Gemeindehaus? Wer hat die angenehmsten Stühle, auf die ich mich setzen kann? Das spielt natürlich auch immer eine Rolle. Da müssen wir uns gar nichts vormachen, das ist kein Kriterium, das man einfach ignorieren kann. Aber es darf nicht das erste Kriterium sein.
Das erste Kriterium muss sein: Steht Jesus im Mittelpunkt? Geht es wirklich um sein Wort? Geht es auch darum, Jesus praktisch nachzufolgen? Oder werden da nur Weisheiten weitergegeben, die ich in meinem Leben nicht anwenden kann? Oder wird viel Praktisches gesagt, aber wenn ich mich umschaue, wird es überhaupt nicht gelebt? Das sind Kriterien, mit denen man sich beschäftigen sollte.
Ein weiteres Kriterium ist: Kann ich die Gaben, die Gott mir gegeben hat, in dieser Gemeinde einsetzen? Denn da gehören sie hin – nicht an den Küchentisch und nicht in die Vitrine.
Ein weiteres Kriterium ist auch: Wenn ich mich geistlich verirre, hat die Gemeinde dann den Mut, mir auf die Füße zu treten und zu sagen: Das ist falsch, was du tust? Oder stehen sie nur achselzuckend dabei und sagen: Na ja, jeder macht es irgendwie so, wie er denkt?
Das sind Fragen, die Christen bewegen, die zu uns kommen. In der Gemeinde zu Hause zu sein heißt, ich bin mit Menschen unterwegs, die Jesus nachfolgen. Das heißt, wir sind nicht alle einer Meinung, aber wir haben ein großes Ziel: Wir wollen für Jesus leben. Um es mit dem Text von letztem Sonntag zu sagen: Wir wollen alles bewahren, was er uns zu tun geboten hat.
Als Christ, der biblisch denkt, ist mir wichtig: Wovon ist die Gemeinde überzeugt? Wie lebt sie ihren Glauben? Deshalb müssen wir als Gemeinde – das ist uns sehr wichtig – für klare biblische Positionen stehen, egal ob Leute uns zustimmen oder nicht. Es wird sogar in Zukunft wahrscheinlich immer weniger so sein, dass Leute uns applaudieren und sagen: Das hast du gut gesagt.
Ich habe einfach mal einen Text aus der neuen Genfer Übersetzung herausgeholt, der für mich deutlich macht, was es heißt, auch Positionen zu vertreten. Paulus sagt in 1. Korinther 6, ab Vers 9:
„Muss ich euch daran erinnern, dass die, die Unrecht tun, keinen Anteil am Reich Gottes bekommen, dem Erbe, das Gott für uns bereithält? Macht euch nichts vor: Keiner, der ein unmoralisches Leben führt, Götzen anbetet, die Ehe bricht, homosexuelle Beziehungen eingeht, stiehlt, geldgierig ist, trinkt, Verleumdungen verbreitet oder andere beraubt, wird an Gottes Reich teilhaben.“
Paulus redet bis hierhin erst einmal Klartext. Ich wünsche mir, dass wir als Gemeinde ein ganz, ganz ungemütliches Pflaster für Menschen werden, die an ihrer Sünde festhalten wollen. Und auch für Christen, die sagen: Wir haben Gemeinschaft mit Gott, aber leben in der Finsternis, so wie wir es im ersten Johannesbrief gelesen haben.
Aber die Verse in 1. Korinther gehen ja weiter. Paulus sagt: „Auch ihr gehörtet zu denen, die so leben und sich so verhalten, zumindest einige von euch, aber das ist Vergangenheit. Der Schmutz eurer Verfehlungen ist von euch abgewaschen, ihr gehört jetzt zu Gottes heiligem Volk, ihr seid von aller Schuld freigesprochen, und zwar durch den Namen von Jesus Christus, dem Herrn, und den Geist unseres Gottes.“
Ist das nicht super? Das bedeutet: Meine Vergangenheit darf meine Zukunft nicht mehr bestimmen. Mein Leben ist nicht einfach determiniert, wie man so schön sagt: Ich kann ja gar nicht anders. Nein, Gottes Gnade ist da.
Paulus sagt: Das, was ich vorher aufgezählt habe, das haben viele von euch gelebt, dafür wart ihr bekannt. Aber das müsst ihr jetzt nicht mehr leben, weil Gottes Kraft euer Leben verändert.
Ich wünsche mir, dass viele von uns sagen können: Diese Gemeinde ist meine geistliche Heimat, weil ich hier erlebt habe, dass Gott mir die tiefen Abgründe meines Herzens gezeigt hat. Aber ich habe auch erlebt, was Paulus in Römer 5, Vers 20 sagt: „Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden.“
Das sind Erlebnisse, die man hat, Erlebnisse, die einen mit einer Gemeinde verbinden. Dort, wo ich Gottes Wirken in meinem Leben erfahren habe.
Es sind also zuerst die Glaubensüberzeugungen und auch die Glaubenserfahrungen, die eine Gemeinde zu einer geistlichen Heimat werden lassen.
Dadurch, dass ich mit Menschen spreche in einer Gemeinde, die geistlich ungefähr so ticken wie ich, erlebe ich Gemeinde als geistliche Heimat.
Also erlebe ich geistliche Heimat durch Gespräche. Das ist mein zweiter Punkt, den ihr euch schon gedacht habt.
Ich komme in eine Gemeinde, weil die vertikale Ausrichtung, die Ausrichtung auf Gott, mir sehr, sehr wichtig ist. Aber wenn ich mit der Zeit keine horizontale Verbindung zu den Menschen bekomme, die links und rechts neben mir im Gottesdienst sitzen, wenn ich nicht mit ihnen spreche, dann bleibe ich allein in der Masse. Erfahrungsgemäß ist es so, dass ich dann irgendwann wieder gehen werde – leider.
Es ist so wichtig, wenn wir hier über Heimat reden, dass wir miteinander sprechen und nicht achtlos aneinander vorbeilaufen.
Ich freue mich über das Willkommensteam an der Tür. Ich freue mich über den Infopunkt. Wenn ich in fremden Gemeinden zu Gast bin, starte ich fast immer ein Experiment. Und dieses Experiment ist: Wenn ich der Redner bin, dann erkennen die Leute mich natürlich. Ich versuche dann, in den Gottesdienstraum zu kommen, ohne dass mich jemand begrüßt. Und in der Regel gelingt mir das. Es gibt ganz wenige Ausnahmen.
Ich glaube, dass das bei uns vielleicht möglich ist, aber es ist schwer. Unbegrüßt am Dietmar vorbeizukommen, unbegrüßt am Infopunkt vorbeizukommen – das ist schwer. Da musst du schon eine Taktik entwickeln.
Ist das nicht super? Das macht Gemeinde zur Heimat, dass Leute mir die Hand geben, mit mir sprechen und auf mich zugehen.
Und auch, glaube ich, wenn das mit unserem Willkommensteam gut ist, dann können wir das nicht an das Willkommensteam delegieren und sagen: Die machen das schon, ich brauche das nicht zu machen.
Das Leben von Heimat kann zum Beispiel ganz praktisch bedeuten, dass ich sage: Ich will heute in der Gemeinde mit jemandem sprechen, mit dem ich noch nie gesprochen habe.
Deshalb musst du nicht auf jemanden zugehen und sagen: „Ach, sind Sie neu in der Gemeinde?“ – „Ja, danke, ich komme schon eineinhalb Jahre.“ – „Oh, schade, wieder vorbei.“ Nein, du kannst einfach sagen: „Wir beide haben auch noch nicht miteinander gesprochen.“ Deshalb habe ich verraten, wie ich Gespräche beginne, weil ich das weiß.
So kann man mit Leuten einfach sprechen, ins Gespräch kommen – so ehre ich Gott.
Bitte habt nicht nur das einzelne Gespräch vor Augen, sondern das große Ziel: Es geht darum, zu Gottes Ehre zu leben und als Gemeinde Heimat zu sein.
Wir haben manche Möglichkeiten geschaffen, um einen guten Rahmen für solche Gespräche zu geben. Ich denke da an das Sonntagskaffee, an das Picknick, das nachher stattfinden wird, wo man einfach hinkommen kann.
Nimm dir die Zeit, sag: „Da will ich auf jeden Fall dabei sein!“ Nutze diese Angebote, bleib dabei, sprich mit anderen Christen. Geistliche Gemeinschaft braucht körperliche Begegnung. Das kannst du vielleicht auch über Skype machen, aber das ist nicht das Gleiche. Du brauchst wirklich körperliche Begegnung.
Gespräch ist ein Schlüssel, wie eine Gemeinde zu einer geistlichen Heimat für jemanden wird.
Zu Gespräch gehört auch das seelsorgerliche Gespräch. Wenn ich vom seelsorgerlichen Gespräch rede, dann verstehe ich darunter nicht, dass du in mein Büro kommst und erzählst, was dich zurzeit bewegt und wie man das lösen könnte. Das darfst du gerne tun. Aber das ist nicht das Gros der Gespräche in einer Gemeinde.
Wenn du einen Rat weitergegeben hast, wenn du jemanden aus dem Wort Gottes motiviert hast, dann ist das ein seelsorgerliches Gespräch. Was ist es sonst?
So dürfen wir miteinander reden. Wir müssen uns nicht oberflächlich unterhalten – das dürfen wir auch. Aber unsere Unterhaltung muss sich darin nicht erschöpfen.
Bei uns muss es nicht nur um Fußballergebnisse und die letzten Schlagzeilen gehen. Wir können offen von unseren Zweifeln reden, von unseren Kämpfen, von unseren Fragen, die wir haben, aber auch von unseren Siegen.
Von denen darfst du auch reden, wo du sagst: „Da habe ich einfach erlebt, dass der Herr da war, und ich musste nicht das tun, was die Versuchung eigentlich von mir wollte.“
Auch beim Sonntagskaffee darf ich die Zeit wirklich nutzen, aber ich darf sie vor allem in Gesprächen in Gruppen nutzen. Und das ist dann mein dritter Punkt: Ich erlebe geistliche Gemeinschaft in Gruppen.
Gerade wenn man in einer größeren Gemeinde unterwegs ist, ist es nicht mehr möglich, alle Gottesdienstbesucher zu kennen. Es geht einfach nicht mehr.
Deshalb gibt es Kleingruppen, wie zum Beispiel Hauskreise, verschiedene Gebetsgruppen, den Kreis junger Erwachsener und verschiedene Gruppen für Jugendliche und Kinder.
Die eigentliche geistliche Gemeinschaft findet in diesen Gruppen statt, nicht so sehr im Gottesdienst. Dort habe ich Begegnung, aber dieses tiefe Miteinander leistet vielmehr die Gemeinschaft in der Gruppe.
Denn in dieser Gruppe bekommen die Leute mit, mit welchen Herausforderungen ich zu kämpfen habe, wo ich Siege erlebt habe, was meine großen Gebetsanliegen sind.
Ich gehe ja nicht nur in eine Gruppe, um zu profitieren, sondern auch, um mich selbst einzubringen, um andere zu unterstützen und zu ermahnen. Das gehört auch dazu.
Wie soll ich mich denn positiv weiterentwickeln, wenn ich jeden Fehler, den ich mache, selbst entdecken muss? Meine Herren, das Leben ist viel zu kurz!
Jemand hat gesagt: Das Leben ist viel zu kurz, um jeden Fehler selbst entdecken und machen zu müssen. Ich darf doch von den anderen lernen.
Ich glaube, es war Wilder Smith, der gesagt hat: Intelligenz heißt, von den Fehlern der anderen zu lernen. Wow, dann bin ich sehr intelligent, wenn ich in so einer Gruppe unterwegs bin.
Das ist Seelsorge in der Gruppe. Dort geschieht die eigentliche Seelsorge.
Wer hier zu Hause ist, braucht sehr oft – nicht immer, aber sehr oft – gar keine strukturierte Seelsorge.
Wenn kleine Schneebälle zu großen Lawinen werden, dann braucht man natürlich strukturierte Seelsorge. Aber die Gruppe fängt oft Dinge ab, die als kleine Schneebälle beginnen.
Wenn wir als Gemeinde unseren Auftrag, geistliche Heimat zu werden, ernst nehmen, dann kommen wir an Kleingruppen nicht vorbei.
Übrigens, wenn ihr die Bibel lest, dann seht ihr, dass das genau das Prinzip der ersten Gemeinde war.
Sie haben sich im Tempel getroffen, das waren ihre großen Gottesdienste. Dann haben sie sich in den Häusern in Gruppen getroffen, das war der Ort, wo sie geistliche Gemeinschaft lebten.
Wir in der Gemeinde haben das ja aufgeteilt. Ihr seht jetzt wieder mal so einen Chart, wie ich es in der Gemeindeversammlung schon angesprochen habe. Das sind die Zellen.
Ich bin so dankbar für jedes Zellen-Ehepaar, das gesagt hat: Wir bringen uns an diesem Punkt ein, wir sind bereit, uns mit einem Team zusammen um die Zellgruppe zu kümmern. Das ist ein so wichtiger Dienst.
Damit fülle ich diesen Wunsch, geistliche Heimat zu sein und Gott zu ehren, mit Leben.
Da wird es natürlich einfacher, da kann ich auch Leute kennenlernen, die zum Beispiel in der Nähe wohnen, mit denen ich geistliche Gemeinschaft habe.
Auch unsere Fotowand – übrigens heute letzter Termin, glaube ich, um ein Foto machen zu lassen, ja, nach dem Gottesdienst, wer es noch nicht hat – da oben hilft sie uns, einander besser zu kennen, zu wissen, wer in der Nähe in meiner Gruppe ist.
Dort sollen Beziehungen entstehen, die mir helfen auf meinem Weg mit Jesus.
Meine Frau und ich waren vor kurzer Zeit auf einem Kongress, und auf diesem Kongress ging es um Seelsorge.
Jemand erzählte: Für die Leute, die Gemeindeglieder sind und nicht in einer Kleingruppe, gibt es ein Kontingent von drei Stunden Seelsorge.
In dieser Gemeinde machen sie ziemlich professionelle Seelsorge – drei Stunden mehr nicht, es sei denn, jemand ist in einer Kleingruppe.
Denn sie sagen: Dann fixiert sich derjenige auf die Seelsorgeperson, aber es ist die Kleingruppe, die das Wesentliche an Seelsorge leistet.
Es ist nicht die strukturierte Seelsorge.
Und wenn jemand sagt: „Da gehe ich nicht hin,“ dann sagen sie: „Dann machen wir auch nicht mehr als drei Stunden überhaupt.“
Diesen Anspruch geben wir dir gerne, und vielleicht werden wir in den drei Stunden versuchen, dir deutlich zu machen, warum die Kleingruppe so wichtig ist.
Der Redner erzählte, seitdem sie so starken Wert auf Kleingruppen legen – sie sind ein bisschen größer als wir, sie sind siebentausend – seitdem haben sich die Schlangen vor den Zimmern der Seelsorger halbiert.
Die Leute müssen also nicht hingehen, das ist geklärt. Das glaube ich sofort.
Ich bin davon überzeugt, dass es Gottes Wunsch ist, ihn dadurch zu ehren, dass wir Gemeinde als geistliche Heimat leben – über eine Kleingruppe.
Das kann nur dort Wirklichkeit werden. Wo sonst sollte es Wirklichkeit werden?
Deshalb sind wir zum Beispiel auch dabei, Hauskreise und Gebetskreise zusammenzuführen, damit wir nicht nur die Bibel miteinander lesen, sondern mehr voneinander wissen und auch geistliche Gemeinschaft haben und füreinander beten.
Es ist die Kleingruppe, in der ich meinen geistlichen Rückhalt finde.
Ich habe auf einem anderen Treffen von einer ganz besonderen Kleingruppe gehört.
Dort haben sich drei Männer jede Woche getroffen, um sich sehr persönliche Fragen zu stellen.
Parallel haben sie gewisse Kapitel aus der Bibel gelesen – ich weiß nicht, vielleicht zehn, zwölf Kapitel pro Woche.
Wenn einer die nicht gelesen hatte, haben sie alle noch einmal die gleiche Anzahl gelesen.
Sie haben sich immer die gleichen Fragen gestellt, die auf einem Zettel aufgeschrieben waren.
Das waren sehr persönliche Fragen, und sie haben gefragt: Wie ist es dir in dieser Woche damit gegangen?
Es waren drei Leute. Wenn der Vierte dazukommen wollte, dann hat man das in zwei und zwei aufgeteilt.
Dann konnte das wieder drei werden, und wenn wieder Leute dazukommen wollten, dann hatte man entsprechend mehr.
Er sagt, es hat den Leuten unheimlich geholfen, in dieser intensiven Beziehung zu sein.
Sie nannten das Minigruppe. Es ist eigentlich das gleiche Prinzip, nur sehr viel persönlicher noch.
Aber auch dort ist geistliche Gemeinschaft möglich.
So, jetzt bin ich beim letzten Punkt: Gastfreundschaft.
Ich erlebe geistliche Heimat durch Gastfreundschaft.
Es ist so einfach, Leute zu mir nach Hause einzuladen, und da ergeben sich sehr oft gute Kontakte.
Als ich mich mit diesem Punkt beschäftigt habe, fiel mir wieder neu auf: Gastfreundschaft ist für mich als Christ keine Option, sie ist obligatorisch.
In Römer 12, Vers 13 ermahnt Paulus uns: „Nehmt teil an den Bedürfnissen der Heiligen, nach Gastfreundschaft trachtet.“
Das soll mir also wichtig sein.
Jemand hat mal gesagt: Das ist aller Gastfreundschaft Sinn, dass einer dem anderen Rast gibt auf dem Weg nach dem ewigen Zuhause.
Auch ein spannender Satz.
Ich glaube, dass wir das in Deutschland lernen müssen: Es geht um Gemeinschaft und nicht zuerst um ein perfektes Essen.
Als ich noch ledig war, habe ich meine ersten Einladungen hier in Stuttgart ausgesprochen. Da habe ich teilweise bis nachts in der Küche gestanden, um das Essen vorzubereiten.
Irgendwann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich dachte, Mensch, wie dumm bin ich denn eigentlich?
Es geht doch zunächst mal darum, die Leute am Tisch zusammenzubringen.
Von da an habe ich nur noch die Zutaten geplant und gekauft.
Habt ihr das Essen dann geplant? Nein.
Wenn die Leute da waren, konnten sie miteinander kochen. Da hatten sie gleich Gemeinschaft.
Dann haben wir miteinander gegessen. War doch super.
Und ich konnte schlafen und musste nachts nicht in der Küche stehen.
Es gibt super Kochbücher mit einfachstem Essen. Das ist Literatur, die uns vielleicht hilft, gastfreundlich zu sein.
In der Bibel lesen wir vom Hochzeitsmahl des Lammes. Wir werden also selbst im Himmel miteinander essen.
Gott ist gastfreundlich, und deswegen sollten wir es auch sein – sowohl dass wir es geben als auch dass wir uns einladen lassen.
Von den Ältesten sagt Paulus im Timotheusbrief und genauso auch im Titusbrief: Sie sollen gastfrei sein.
Sagst du: „Na super, da hat er sich ja selber gepredigt.“ Aber wenn du das Neue Testament liest, dann siehst du: Das gilt allen Christen.
So kann ich Heimat wirklich leben – ob ich das nur weiß oder ob ich es lebe, das kannst du ganz einfach feststellen.
Du fragst dich einfach: Wann habe ich eigentlich das letzte Mal jemanden zu mir eingeladen?
Dann weißt du, ob du es lebst oder nicht, ob du es verändern kannst oder verändern musst.
Warum fange ich nicht eigentlich an, Gottes Wunsch in meinem Leben Wirklichkeit werden zu lassen?
Du kannst schon für nächste Woche Leute fragen und sagen: „Hey, kommt ihr am nächsten Sonntag zu uns?“
Manchmal muss man auch planen, ja, nicht alle Leute sind so spontan.
Aber es ist relativ einfach, Gott auf diese Weise zu ehren.
Nicht nur, dass wir aktiv mitarbeiten, dass Gott die Ehre bekommt, sondern dass Christen – es gehört ja zusammen – in der Gemeinde wirklich auch Heimat erleben.
Es ist doch noch besser, wenn Nichtchristen sich fragen: „Hey, warum laden die uns ein? Warum machen die sich die Mühe, dass wir ihren Tisch leer essen sollen?“
Gerade in unserer Kultur ist Gastfreundschaft nicht selbstverständlich. Da können wir das trainieren. Es braucht gar nicht viel, auch als Gemeinde.
Hebräer 13, Vers 2 habe ich einen ganz coolen Satz gelesen: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn dadurch haben einige, ohne es zu wissen, Engel beherbergt.“
Hey, wie cool ist das? Da hat Gott bestimmten Christen Engel vorbeigeschickt und einfach mal geschaut: Werden die Christen diese Engel wohl einladen oder nicht?
Vielleicht hast du ja auch schon Engel bei dir gehabt und weißt es gar nicht.
Wobei 1. Petrus 4,9 da sehr hilfreich ist. Dort heißt es: „Seid gastfrei gegeneinander ohne Murren.“
Es gab Christen, die haben diesen Spruch zersägt und eins davon in den Flur gehängt – ja, „Seid gastfrei“ – und auf der Innenseite der Küche „ohne Murren“.
Es soll mich daran erinnern: Ich tue es ja für Jesus.
Und wer weiß, vielleicht sind diese Fremden ja wirklich Engel.
Wir wollen als Gemeinde Gott ehren, indem wir Heimatlosen wirklich Heimat bieten.
Das heißt, indem wir selbst im Licht der Gemeinschaft mit Gott leben und das Hassen in der Finsternis unterwegs zu sein.
Das war der erste Teil der Predigt, das war 1. Johannes 1, eine ganz wesentliche Grundlage.
Dann haben wir uns mit dem ersten G beschäftigt, das war der Glaube.
Andere sollen bei uns den Glauben sehen. Sie sollen sehen: Da ist jemand, der Gottes Wort ernst nimmt und gehorcht. Der Jesus liebt, der ihn in den Mittelpunkt stellt.
Das zweite G waren die Gespräche.
Andere können und sollen Gemeinde als geistliche Heimat erleben, indem wir mit ihnen sprechen – Gespräche, die weiterhelfen, nicht nur über belanglose Themen. Dazu kann jeder beitragen.
Die dritte Gruppe war dann – oder das dritte G muss man sagen – die Gruppe.
Andere können Gemeinschaft erleben, geistliche Gemeinschaft und geistliche Heimat durch eine Gruppe.
Die Kleingruppe ist das Herz der geistlichen Gemeinschaft.
Wenn ich Gemeinde als Heimat erleben will, dann komme ich an einer Kleingruppe nicht vorbei. Das ist einfach so.
Schließlich Gastfreundschaft als viertes G.
Das ist Gottes Gebot an uns. Das wiederholt er im Neuen Testament immer wieder.
Gastfreundschaft steckt jedenfalls in unseren nordeuropäischen Genen nicht.
Aber sie ist so wichtig, dass Gemeinde zur geistlichen Heimat wird.
Dabei sollten wir nicht auf den anderen warten, sondern selbst aktiv werden und Gastfreundschaft leben.
Amen!
Wir machen es so, dass ihr auf euren Plätzen dem Herrn Antwort geben könnt im Gebet, jeder für sich in der Stille. Der Willi schließt den Gottesdienst nachher ab.
Dadurch, dass ich mit Menschen in einer Gemeinde spreche, die geistlich ungefähr so ticken wie ich, erlebe ich Gemeinde als geistliche Heimat. Ich erlebe geistliche Heimat durch Gespräche – das ist mein zweiter Punkt, den ihr euch schon gedacht habt.
Ich komme in eine Gemeinde, weil mir die vertikale Ausrichtung, also die Ausrichtung auf Gott, sehr, sehr wichtig ist. Aber wenn ich mit der Zeit keine horizontale Verbindung zu den Menschen bekomme, die links und rechts neben mir im Gottesdienst sitzen, wenn ich nicht mit ihnen spreche, dann bleibe ich allein in der Masse. Erfahrungsgemäß ist es so, dass ich dann irgendwann wieder gehen werde, leider.
Es ist so wichtig, wenn wir hier über Heimat reden, dass wir miteinander sprechen und nicht achtlos aneinander vorbeilaufen. Ich freue mich über das Willkommensteam an der Tür. Ich freue mich über den Infopunkt. Wenn ich in fremden Gemeinden zu Gast bin, starte ich fast immer ein Experiment. Dieses Experiment besteht darin, als Redner zu versuchen, in den Gottesdienstraum zu kommen, ohne dass mich jemand begrüßt.
In der Regel gelingt mir das. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen. Ich glaube, dass das bei uns vielleicht möglich wäre, aber es ist schwer. Unbegrüßt am Dietmar vorbeizukommen oder unbegrüßt am Infopunkt – das ist schwer. Da muss man schon eine richtige Taktik entwickeln. Ist das nicht super? Das macht Gemeinde zur Heimat: Wenn Leute mir die Hand geben, mit mir sprechen und auf mich zugehen.
Und auch wenn unser Willkommensteam gut ist, können wir das nicht allein an das Team delegieren und sagen: „Die machen das schon, deswegen muss ich es nicht tun.“ Heimat zu leben kann zum Beispiel ganz praktisch bedeuten, dass ich sage: „Ich will heute in der Gemeinde mit jemandem sprechen, mit dem ich noch nie gesprochen habe.“
Dabei musst du nicht unbedingt auf jemanden zugehen und fragen: „Sind Sie neu in der Gemeinde?“ – „Ja, danke, ich komme schon eineinhalb Jahre.“ – „Oh, schade, dann wieder vorbei.“ Nein, du kannst einfach sagen: „Wir beide haben auch noch nicht miteinander gesprochen.“ Deshalb habe ich verraten, wie ich Gespräche beginne, weil ich das weiß. So kann man mit Leuten einfach ins Gespräch kommen. So ehre ich Gott.
Bitte habt nicht nur das einzelne Gespräch vor Augen, sondern das große Ziel. Es geht darum, zu Gottes Ehre zu leben und als Gemeinde Heimat zu sein. Wir haben manche Möglichkeiten geschaffen, um einen guten Rahmen für solche Gespräche zu bieten. Ich denke da an das Sonntagskaffee und an das Picknick, das nachher stattfinden wird, wo man einfach hinkommen kann.
Nimm dir die Zeit und sag: „Da will ich auf jeden Fall dabei sein.“ Nutze diese Angebote, bleib dabei und sprich mit anderen Christen. Geistliche Gemeinschaft braucht körperliche Begegnung. Das kannst du vielleicht auch über Skype machen, aber das ist nicht dasselbe. Du brauchst wirklich körperliche Begegnung.
Gespräch ist ein Schlüssel, wie eine Gemeinde für jemanden zu einer geistlichen Heimat wird. Zu Gespräch gehört auch das seelsorgerliche Gespräch. Wenn ich davon spreche, verstehe ich darunter nicht, dass du in mein Büro kommst und mir erzählst, was dich zurzeit bewegt und wie man das lösen könnte. Das darfst du gerne tun, aber das ist nicht der Großteil der Gespräche in einer Gemeinde.
Wenn du einen Rat weitergegeben hast oder jemanden durch das Wort Gottes motiviert hast, dann ist das bereits ein seelsorgerliches Gespräch. Was sonst? So dürfen wir miteinander reden. Wir müssen uns nicht nur oberflächlich unterhalten – das dürfen wir auch – aber unsere Unterhaltung muss sich nicht darin erschöpfen.
Bei uns muss es nicht nur um Fußballergebnisse oder die letzten Schlagzeilen gehen. Wir können offen von unseren Zweifeln, von unseren Kämpfen und von unseren Fragen reden. Aber auch von unseren Siegen darfst du sprechen, von denen, bei denen du erlebt hast, dass der Herr da war und du nicht das tun musstest, was die Versuchung von dir wollte.
Auch beim Sonntagskaffee darf ich die Zeit wirklich nutzen. Vor allem in Gesprächen in Gruppen. Das ist dann mein dritter Punkt.
Ich erlebe geistliche Gemeinschaft besonders in Gruppen. Gerade in größeren Gemeinden ist es oft nicht mehr möglich, alle Gottesdienstbesucher persönlich zu kennen. Das geht einfach nicht mehr. Deshalb gibt es Kleingruppen.
Zum Beispiel Hauskreise, verschiedene Gebetsgruppen, den Kreis junger Erwachsener sowie unterschiedliche Gruppen für Jugendliche und Kinder. Die eigentliche geistliche Gemeinschaft findet vor allem in diesen Gruppen statt, weniger im Gottesdienst. Im Gottesdienst gibt es Begegnungen, aber das tiefe Miteinander entsteht vor allem in der Gemeinschaft innerhalb der Gruppe.
In solchen Gruppen erfahren die Menschen, mit welchen Herausforderungen ich zu kämpfen habe, wo ich Siege erlebt habe und was meine großen Gebetsanliegen sind. Ich gehe nicht nur in eine Gruppe, um zu profitieren, sondern auch, um mich selbst einzubringen, andere zu unterstützen und zu ermahnen – das gehört ebenfalls dazu.
Wie soll ich mich positiv weiterentwickeln, wenn ich jeden Fehler, den ich mache, selbst entdecken muss? Das Leben ist viel zu kurz, um jeden Fehler alleine machen zu müssen! Jemand hat einmal gesagt: Das Leben ist zu kurz, um jeden Fehler selbst zu entdecken und zu machen. Ich darf von den anderen lernen.
Ich glaube, es war Wilder Smith, der gesagt hat: Intelligenz heißt, von den Fehlern der anderen zu lernen. Wenn das stimmt, bin ich sehr intelligent, wenn ich in so einer Gruppe unterwegs bin. Das ist Seelsorge in der Gruppe. Hier geschieht die eigentliche Seelsorge.
Wer in einer solchen Gruppe zu Hause ist, braucht oft keine strukturierte Seelsorge. Natürlich, wenn kleine Schneebälle zu großen Lawinen werden, dann ist strukturierte Seelsorge notwendig. Aber die Gruppe fängt oft Dinge ab, die als kleine Schneebälle beginnen.
Wenn wir als Gemeinde unseren Auftrag ernst nehmen, geistliche Heimat zu sein, kommen wir an Kleingruppen nicht vorbei. Übrigens sieht man beim Lesen der Bibel, dass genau dieses Prinzip in der ersten Gemeinde galt. Sie trafen sich im Tempel zu großen Gottesdiensten. Daneben trafen sie sich in Häusern in kleinen Gruppen, wo sie geistliche Gemeinschaft lebten.
Wir in der Gemeinde haben das heute aufgeteilt. Ihr seht jetzt wieder so einen Chart, den ich bereits in der Gemeindeversammlung vorgestellt habe. Das sind die Zellen. Ich bin sehr dankbar für jedes Zellen-Ehepaar, das gesagt hat: Wir bringen uns an diesem Punkt ein und sind bereit, uns mit einem Team um die Zellgruppe zu kümmern. Das ist ein sehr wichtiger Dienst.
Damit erfülle ich den Wunsch, geistliche Heimat zu sein und Gott zu ehren, mit Leben. In solchen Gruppen wird es einfacher, Menschen kennenzulernen, die beispielsweise in der Nähe wohnen und mit denen ich geistliche Gemeinschaft habe.
Auch unsere Fotowand – heute ist, glaube ich, der letzte Termin, um ein Foto machen zu lassen, und zwar nach dem Gottesdienst – hilft uns, einander besser kennenzulernen. So weiß ich, wer in meiner Nähe in der Gruppe ist. Dort sollen Beziehungen entstehen, die mir auf meinem Weg mit Jesus helfen.
Meine Frau und ich waren vor kurzem auf einem Kongress, bei dem es um Seelsorge ging. Dort erzählte jemand: Für Gemeindeglieder, die nicht in einer Kleingruppe sind, gibt es ein Kontingent von drei Stunden Seelsorge. In dieser Gemeinde wird sehr professionelle Seelsorge angeboten, aber nur drei Stunden – mehr nicht.
Es sei denn, jemand ist in einer Kleingruppe. Denn dann fixiert sich derjenige nicht auf die Seelsorgeperson. Die Kleingruppe leistet das Wesentliche an Seelsorge, nicht die strukturierte Seelsorge. Wenn jemand sagt, er gehe nicht in eine Kleingruppe, dann bekommt er eben nur diese drei Stunden Seelsorge.
Diesen Anspruch geben sie gerne, und vielleicht wird in den drei Stunden versucht, deutlich zu machen, warum Kleingruppe so wichtig ist. Der Redner berichtete, dass seitdem sie so großen Wert auf Kleingruppen legen – sie sind etwas größer als wir, etwa siebentausend Mitglieder – sich die Schlangen vor den Seelsorgerzimmern halbiert haben.
Die Leute müssen also nicht unbedingt zu den Seelsorgern gehen. Das glaube ich sofort. Ich bin überzeugt, dass es Gottes Wunsch ist, ihn dadurch zu ehren, dass wir Gemeinde als geistliche Heimat leben – durch Kleingruppen. Dort kann geistliche Heimat Wirklichkeit werden. Wo sonst sollte das geschehen?
Deshalb sind wir zum Beispiel auch dabei, Hauskreise und Gebetskreise zusammenzuführen. So lesen wir nicht nur gemeinsam die Bibel, sondern erfahren mehr voneinander und haben geistliche Gemeinschaft. Wir beten füreinander.
In der Kleingruppe finde ich meinen geistlichen Rückhalt. Auf einem anderen Treffen hörte ich von einer ganz besonderen Kleingruppe: Drei Männer trafen sich jede Woche, um sich sehr persönliche Fragen zu stellen. Parallel lasen sie bestimmte Kapitel aus der Bibel – vielleicht zehn bis zwölf pro Woche.
Wenn einer die Kapitel nicht gelesen hatte, lasen alle noch einmal dieselbe Anzahl. Sie stellten sich immer dieselben Fragen, die auf einem Zettel standen. Es waren sehr persönliche Fragen, zum Beispiel: Wie ist es dir in dieser Woche damit ergangen?
Es waren drei Personen. Wenn ein Vierter dazukommen wollte, wurde die Gruppe in zwei Zweiergruppen aufgeteilt. So konnte es wieder drei und dann wieder drei sein. Wenn weitere Leute dazukommen wollten, wurde entsprechend aufgeteilt.
Der Berichtende sagte, dass es den Leuten unheimlich geholfen hat, in dieser intensiven Beziehung zu sein. Sie nannten das eine Minigruppe. Das ist eigentlich das gleiche Prinzip, nur noch viel persönlicher. Auch dort ist geistliche Gemeinschaft möglich.
So, jetzt komme ich zum letzten Punkt: Gastfreundschaft. Ich erlebe geistliche Heimat durch Gastfreundschaft. Es ist so einfach, Leute zu mir nach Hause einzuladen, und daraus entstehen sehr oft gute Kontakte.
Als ich mich mit diesem Thema beschäftigt habe, wurde mir wieder neu bewusst, dass Gastfreundschaft für mich als Christ keine Option ist. Sie ist obligatorisch. In Römer 12,13 ermahnt Paulus uns: „Nehmt teil an den Bedürfnissen der Heiligen, trachtet nach Gastfreundschaft.“ Das soll mir also wichtig sein.
Jemand hat einmal gesagt: „Das ist aller Gastfreundschaft Sinn, dass einer dem anderen Rast gibt auf dem Weg nach dem ewigen Zuhause.“ Auch ein spannender Satz. Ich glaube, dass wir in Deutschland lernen müssen, dass es bei Gastfreundschaft um Gemeinschaft geht und nicht zuerst um ein perfektes Essen.
Als ich noch ledig war, habe ich meine ersten Einladungen in Stuttgart ausgesprochen. Dabei stand ich teilweise bis spät in die Nacht in der Küche, um das Essen vorzubereiten. Irgendwann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich dachte: „Mensch, wie dumm bin ich eigentlich? Es geht doch zunächst darum, die Leute am Tisch zusammenzubringen.“
Von da an habe ich nur noch die Zutaten geplant und eingekauft. Das Essen selbst wurde von den Gästen gemeinsam zubereitet. So hatten sie gleich Gemeinschaft, und danach haben wir zusammen gegessen. Das war doch super! Ich konnte schlafen und musste nachts nicht mehr in der Küche stehen.
Es gibt tolle Kochbücher mit einfachen Rezepten. Solche Literatur kann uns helfen, gastfreundlich zu sein. In der Bibel lesen wir vom Hochzeitsmahl des Lammes. Wir werden also selbst im Himmel miteinander essen. Gott ist gastfreundlich, und deswegen sollten wir es auch sein – sowohl indem wir einladen als auch indem wir uns einladen lassen.
Von den Ältesten sagt Paulus im Timotheusbrief und ebenso im Titusbrief, dass sie gastfrei sein sollen. Du denkst vielleicht: „Na super, da hat er sich ja selber gepredigt.“ Aber wenn du das Neue Testament liest, siehst du, dass das für alle Christen gilt.
So kann ich Heimat wirklich leben – ob ich das nur weiß oder ob ich es auch lebe. Das kannst du ganz einfach feststellen, indem du dich fragst: Wann habe ich eigentlich das letzte Mal jemanden zu mir eingeladen? Dann weißt du, ob du es lebst oder nicht. Und du erkennst, ob du es verändern kannst oder sogar verändern musst.
Warum fange ich nicht einfach an, Gottes Wunsch in meinem Leben Wirklichkeit werden zu lassen? Du kannst schon für nächste Woche Leute fragen und sagen: „Kommt ihr am nächsten Sonntag zu uns?“ Manchmal muss man auch planen, denn nicht alle sind so spontan. Aber es ist relativ einfach, Gott auf diese Weise zu ehren.
Es geht nicht nur darum, aktiv daran mitzuwirken, dass Gott die Ehre bekommt, sondern auch darum, dass Christen in der Gemeinde wirklich Heimat erleben. Noch besser ist es, wenn Nichtchristen sich fragen: „Warum laden die uns ein? Warum machen sie sich die Mühe, dass wir ihren Tisch leer essen sollen?“
Gerade in unserer Kultur ist Gastfreundschaft nicht selbstverständlich. Da können wir üben und trainieren, und das braucht gar nicht viel – auch als Gemeinde.
In Hebräer 13,2 habe ich einen ganz coolen Satz gelesen: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn dadurch haben einige, ohne es zu wissen, Engel beherbergt.“ Wie cool ist das? Gott hat bestimmten Christen Engel vorbeigeschickt und einfach mal geschaut: „Werden die Christen diese Engel wohl einladen oder nicht?“ Vielleicht hast du ja auch schon Engel bei dir gehabt, ohne es zu wissen.
1. Petrus 4,9 ist da sehr hilfreich. Dort heißt es: „Seid gastfrei gegeneinander ohne Murren.“ Manche Christen haben diesen Spruch zersägt. Einen Teil haben sie in den Flur gehängt mit der Aufschrift: „Seid gastfrei“ – und auf der Rückseite, also auf der Innenseite der Küche, steht „ohne Murren“. Das soll mich daran erinnern: Ich tue es ja für Jesus. Und wer weiß, vielleicht sind diese Fremden ja wirklich Engel.
Wir wollen als Gemeinde Gott ehren, indem wir Heimatlosen wirklich Heimat bieten. Das bedeutet, dass wir selbst im Licht der Gemeinschaft mit Gott leben und es ablehnen, in der Finsternis unterwegs zu sein.
Das war der erste Teil der Predigt und die wesentliche Grundlage aus 1. Johannes 1.
Dann haben wir uns mit dem ersten „G“ beschäftigt, dem Glaube. Andere sollen bei uns den Glauben sehen. Sie sollen erkennen, dass hier jemand ist, der Gottes Wort ernst nimmt und diesem Wort gehorcht. Jemand, der Jesus liebt und ihn in den Mittelpunkt stellt.
Das zweite „G“ waren die Gespräche. Andere können und sollen Gemeinde als geistliche Heimat erleben, indem wir mit ihnen sprechen. Es geht um Gespräche, die weiterhelfen – nicht nur über belanglose Themen. Dazu kann jeder beitragen.
Die dritte Gruppe war dann oder besser gesagt das dritte „G“ ist die Gruppe. Andere können Gemeinschaft erleben, geistliche Gemeinschaft und geistliche Heimat durch eine Gruppe. Die Kleingruppe ist das Herz der geistlichen Gemeinschaft. Wenn ich Gemeinde als Heimat erleben will, komme ich an einer Kleingruppe nicht vorbei. Das ist einfach so.
Schließlich gibt es noch das vierte „G“: die Gastfreundschaft. Sie ist Gottes Gebot an uns. Das wird im Neuen Testament immer wieder betont, weil Gastfreundschaft in unseren nordeuropäischen Genen nicht besonders verwurzelt ist. Dennoch ist sie so wichtig, damit Gemeinde zur geistlichen Heimat wird. Dabei sollten wir nicht auf den anderen warten, sondern selbst aktiv werden und Gastfreundschaft leben. Amen!
Wir machen es so, dass ihr auf euren Plätzen dem Herrn im Gebet antworten könnt – jeder für sich in der Stille. Danach schließt Willi den Gottesdienst ab.