Einleitung: Jesus im Mittelpunkt des Gebets
Jesus, wir sehen auf dich – das war das Lied, das wir gerade gesungen haben. So wollen wir es auch heute Morgen im Gottesdienst machen: Wir wollen auf Jesus schauen und ihm zuhören. Darum geht es mir heute Morgen.
Wir haben heute Morgen die Gelegenheit, dem Herrn Jesus beim Beten zuzuhören, in den letzten Stunden, die er auf dieser Erde verbringt. Der Apostel Johannes hat, geleitet durch den Heiligen Geist, das letzte größere oder längere Gebet des Herrn mitgeschrieben. In Johannes 17 können wir es lesen.
In diesem Gebet geht es um drei große Themen. Am Anfang des Gebetes redet der Herr Jesus mit seinem Vater über sich selbst. Er spricht darüber, wie durch seinen Tod der Vater großgemacht werden kann. Am Ende des Gebetes redet der Herr Jesus mit seinem Vater über diejenigen, die im Laufe der Jahrhunderte durch das Zeugnis derer, die am Anfang mit Jesus unterwegs waren, glauben würden. Er spricht darüber, wie es mit ihnen weitergehen soll.
In der Mitte des Gebetes geht es dann um seine Jünger, also um Menschen, die mit Jesus unterwegs sind – so wie die meisten von uns. Und das wird eben interessant: Was betet Jesus für uns? Das ist die Frage, die sich hier stellt. Was ist ihm wichtig für mein Leben? Und...
Das Gebet Jesu für seine Jünger: Bewahrung und Einheit
Jetzt wollen wir das Gebet anhören, das ihr hinter mir schon seht: Johannes 17, ab Vers 11 bis Vers 19. Dort betet der Herr Jesus:
„Und ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt, und ich komme zu dir, heiliger Vater. Bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins seien wie wir. Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt werde.
Jetzt aber komme ich zu dir, und dies rede ich in der Welt, damit sie meine Freude völlig in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie ich nicht von der Welt bin.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin. Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit.
Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt seien durch die Wahrheit.“
Es ist klar, dass ich heute Morgen nicht auf jeden einzelnen Vers aus diesem großen zweiten Teil von Johannes 17 eingehen kann. Aber es geht hier um zwei ganz große Themen, die der Herr Jesus für mich betet. Deshalb habe ich diese Verse überschrieben mit den Worten: „Bleibt bei Jesus und bleibt beieinander.“
Das sind die beiden großen Themen, die ihn hier bewegen, in seinen letzten Stunden. Er weiß, dass wir als Jünger immer in der Gefahr sind, nur für uns selbst zu leben. Wir sind in der Gefahr, diese Welt zu unserem Zuhause zu machen und zu vergessen, dass wir doch für den Himmel geschaffen sind, für die Beziehung mit Gott.
Wir sind auch in der Gefahr, Sünde – also das, was unsere Beziehung zu Gott belastet – wieder in unser Lebenshaus zu lassen, damit sie sich irgendwo einnistet. Und...
Bewahrung in Gottes Namen: Zwei Auslegungen
Deshalb ist es für mich sehr wichtig, für den Herrn Jesus zu beten: „Vater, bewahre ihn“ oder „bewahre sie in deinem Namen“. Aber was bedeutet das konkret?
Vater, bewahre Thomas oder Daniel oder Joseph oder wen auch immer – zum Beispiel Christina – in deinem Namen. Hier gibt es zwei Auslegungen. Das ist in der Theologie manchmal so: Man hat zwei unterschiedliche Deutungen. Diese beiden Auslegungen kann ich sehr gut an verschiedenen Bibelübersetzungen verdeutlichen.
Die Neue Genfer Übersetzung gibt „Bewahre sie durch die Macht deines Namens“ wieder. Man könnte auch sagen: „Bewahre sie durch deinen mächtigen Namen“. Das heißt, wenn jemand seine Hand schützend über mich hält, können manche Feinde mir nicht schaden. Sie wissen, wenn sie mich angreifen, bekommen sie es mit dem Beschützer zu tun. Das wollen sie lieber nicht, denn sie haben keine Chance.
Dieser Gedanke wird in verschiedenen Psalmen aufgegriffen, zum Beispiel im Psalm 20 oder im Psalm 54. Dort wird dieser Gedanke betont, etwa so: „Der Name des Gottes Jakobs mache dich unangreifbar.“ Hier steht also ein Name über mir. Oder: „Gott, durch deinen Namen rette mich und schaffe mir Recht durch deine Macht.“ Das ist genau der gleiche Gedanke. Also bewahrt mich dieser Name – das ist die erste Auslegung.
Die zweite Auslegung zu „Bewahre sie in deinem Namen“ findet sich in der Gute Nachricht Bibel. Dort heißt es: „Vater, bewahre sie in deiner göttlichen Gegenwart, die ich ihnen vermitteln durfte.“ So wird es dort übersetzt: „Bewahre sie in deiner göttlichen Gegenwart, die ich ihnen vermitteln durfte.“ Mit anderen Worten: „Vater, bewahre sie darin“, im Sinne der Gottesdienstleitung, bei dir zu bleiben.
Der Gedanke der ersten Auslegung ist also: Wenn du mir etwas tust, dann bekommst du es mit meinem Gott zu tun, der meine Schutzmacht ist. Die zweite Auslegung legt den Schwerpunkt mehr darauf, dass es sein kann, dass du als mein Feind in meinem Leben über mich triumphierst. Aber mein Gott ist so groß, dass er mich trotz dieser Nöte in seiner göttlichen Gegenwart halten kann.
Wenn ich persönlich wählen müsste zwischen der ersten und der zweiten Auslegung, würde ich mich eher für die zweite entscheiden. Sie passt besser zum Kontext und zum Gedanken des Bleibens in Johannes 15, der in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Text steht. Allerdings erinnert mich die erste Auslegung zugegebenermaßen intensiver daran, wie groß dieser Gott ist, dem ich folgen darf.
Diese beiden Auslegungen gibt es also. Das habe ich jetzt bewusst dargestellt, um einen kleinen Exkurs anzuschließen. Man sieht an dieser Bibelstelle, dass Bibelübersetzungen sich entscheiden müssen. Sie müssen sagen: „Entweder übersetze ich das so oder so.“ Es geht nicht anders, deshalb sind sie Übertragungen.
Übertragungen sind stellenweise wie Bibelkommentare, die helfen können, die Bedeutung eines Verses besser zu verstehen. Aber eine Sache sagen sie nicht: Sie sagen nicht, dass es eigentlich auch noch eine andere Auslegung gibt.
Das begreife ich eher, wenn ich wörtliche Übersetzungen in die Hand nehme, wie die revidierte Elberfelder, die Schlachter oder die Lutherübersetzung. Dann stehe ich manchmal vor einem Vers und frage mich: „Hm, was bedeutet das jetzt?“ Aber ich erkenne, dass es mehrere Auslegungsmöglichkeiten gibt. Dort steht eben keine Interpretation.
Deshalb ermutige ich dazu, eine wortgetreue Übersetzung zu lesen und gerne eine Übertragung als eine Art Bibelkommentar zu nehmen. So kann man schauen: Was steht dort? Wie könnte man diese Verse verstehen? Was sind die Auslegungstraditionen zu diesem Vers?
Die Kraft des Gebets Jesu für uns
Dem Herrn Jesus ist es wichtig, dass ich in seiner göttlichen Gegenwart bleibe. Bleibt bei mir, bleibt bei Jesus – das ist die eindringliche Botschaft, die hier vermittelt wird.
Ich bleibe beim Herrn Jesus nicht, weil ich so stark bin, sondern weil er mir die Kraft dazu schenkt. Das hören wir hier, denn er betet für mich. Er sagt: „Bewahre sie.“ Das ist nicht die einzige Stelle, an der der Herr Jesus für mich betet. Solche Aussagen finden sich mehrfach im Neuen Testament.
Zum Beispiel in Römer 8 heißt es, der Herr Jesus sitzt zur Rechten Gottes und verwendet sich für mich. So steht es dort. Ja, er verwendet sich für sie. Auch im Hebräerbrief, Kapitel 7, lesen wir, dass Jesus immer lebt und sich für mich verwendet.
Besonders deutlich wird das in 1. Johannes 2: Er ist mein Beistand, mein Fürsprecher beim Vater. Um nur drei Stellen aus dem Neuen Testament herauszugreifen, die zeigen, dass Jesus für mich betet.
Jesus betet für mich, damit ich ganz nah bei ihm bleibe. Es ist gut, dass ich das ganz sicher weiß. Deshalb brauche ich auf dem Weg mit Jesus keine Angst zu haben. Seine Gebete sind der starke Rückenwind, mit dem ich durch mein Leben segeln kann.
Die Realität des Gegenwinds: Ablehnung durch die Welt
Aber da, wo es Rückenwind gibt, da gibt es manchmal auch Gegenwind. Von diesem Gegenwind spricht der Herr Jesus hier ebenfalls. Ab Vers 14 redet er „von der Welt, die mich hasst, weil ich nicht von der Welt bin“. So könnt ihr es dort lesen.
Unter „Welt“ versteht der Herr Jesus nicht einen Ort oder eine Landschaft, die man betrachtet. Vielmehr meint er hier eine Denk- und Lebensweise, die ihm feindlich gegenübersteht. Diese Haltung schreit: „Wir wollen nicht, dass Jesus in meinem Leben irgendetwas zu sagen hat.“ Das ist, was der Herr Jesus meint, wenn er von der Welt spricht.
In diesem Umfeld haben Christen schon immer gelebt. Wenn ich mit Jesus unterwegs bin, steht mein Leben im Widerspruch zum nichtchristlichen Umfeld. Im Grunde genommen ist es der Herr Jesus in mir, der meine Zeitgenossen irritiert. Sie merken, dass ich an der eigentlichen Bestimmung meines Lebens nicht vorbeigehe.
Ich finde, dass Petrus das sehr treffend ausdrückt in 1. Petrus 4,4. Dort sagt er, es befremdet sie, dass ihr nicht mehr im gleichen Strom der Heillosigkeit mitlauft. Das bedeutet, dass ich mein Heil eben nicht in Beziehungen, Macht, Geld oder Ähnlichem suche, sondern in Jesus. Und genau das ist das, was nervt. Das sagt Petrus in 1. Petrus 4.
Darüber können Nichtchristen nur den Kopf schütteln und fragen sich: „Kann man so dumm sein?“ Petrus schreibt sogar, deshalb lästern sie. Sie nutzen jede Gelegenheit, um Jesus schlechtzumachen. Weil du aber zu Jesus gehörst, bist du Zielscheibe.
Das ist es, was der Herr Jesus hier in Johannes 17 ausdrückt. Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Christentum einst eine tragende Säule war. Das ist schon lange nicht mehr so. Christlicher Glaube ist im besten Fall an den Rand gedrängt.
Ich bin überzeugt, wir werden noch erleben, dass Christen aktiv bekämpft werden. Und ich glaube, es ist gut, sich darauf einzustellen. Denn Jesus bereitet uns durch sein Gebet darauf vor. Er sagt: Die Welt hat sie gehasst.
An anderer Stelle formuliert er es etwas anders. Er sagt: Die Welt wird euch hassen. Warum? Weil ihr nicht von der Welt seid. Deshalb hasst sie euch. So weit reicht die Toleranz dann doch nicht.
Bewahrung vor dem Bösen: Schutz vor Versuchung und Sünde
Aber gerade in solchen Situationen betet der Herr Jesus für mich. So können wir es hier auch lesen: „Bitte bewahre du ihn oder sie vor dem Bösen.“
Auch hier gibt es natürlich zwei Auslegungen. „Vor dem Bösen“ kann einmal bedeuten: „Der Böse“, also der Vater soll sie vor dem Teufel bewahren. Oder es kann heißen: „Das Böse“, also bewahre sie davor, dass die Sünde in ihrem Leben wieder Macht gewinnt.
Deshalb vergiss es nicht: Wenn die Sünde in dein Leben einbrechen will, hast du einen mächtigen Herrn an deiner Seite. Er weiß, dass es dir schwerfällt, aber er betet für dich und will dich bewahren. Darum bleibe bei Jesus.
Übrigens: Die Formulierung „bewahre sie vor“ in Vers 15 gibt es nur noch einmal in der Bibel. Und zwar vom selben Autor. Johannes schreibt in Offenbarung 3,10 an die Gemeinde in Philadelphia: „Ich werde dich bewahren vor der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird.“
Wir legen das ja gerne so aus, dass es die Entrückung meint. Die Bewahrung der Gemeinde ist ganz klar die Entrückung. Als ich jetzt diesen Text hier in Johannes 17 las, habe ich mich gefragt: Stimmt das auch? Oder lese ich nicht etwas in den Text hinein, was in Offenbarung 3 gar nicht steht? Denn hier haben wir genau dieselbe Satzkonstruktion, dasselbe Thema, und der Herr Jesus betet hier: „Vater, bewahre sie“ – und sagt aber auch: „Nimm sie nicht aus der Welt.“ Das betont er hier noch einmal extra.
Egal, wie du Offenbarung 3,10 auslegst – eines kann ich dir ganz sicher sagen: Der Herr Jesus nimmt dich heute nicht aus dem Konflikt mit dieser Welt. Das ist mal ganz sicher. Im Gegenteil, der Herr Jesus stellt dich bewusst in diesen Konflikt hinein.
Wenn ich Christ bin, dann wird es Konflikte mit dieser Welt geben. Das ist völlig normal. Es gibt Konflikte, die von außen an mich herangetragen werden, und es gibt Konflikte, die von innen heraus kommen. Für beide Konflikte gilt Vers 14, einer der zentralen Verse in diesem Text. Jesus sagt: „Ich habe ihnen dein Wort gegeben.“ Vielleicht ergänzend auch Vers 17: „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit.“
Die Bedeutung des Wortes Gottes als Grundlage
Das ist eine Grundsatzentscheidung: Lebe ich nach dem Wort Gottes oder nicht? Soll Gottes Wort die Grundlage für alle meine Entscheidungen sein, oder worauf basiere ich meine Entscheidungen? Glaube ich, dass dieses Wort irrtumslos ist? Das bedeutet, kann ich diesem Wort vorbehaltlos vertrauen?
Natürlich gibt es viele Bibelstellen, die ich nicht verstehe und die für mich dunkel sind. Die Frage ist dann: Muss ich diese Bibelstellen zurechtdrehen, oder darf ich mir eingestehen, dass sie für mich dunkel sind? Vielleicht liegt das daran, dass ich über meinen Verstand eine Sonnenbrille aufgesetzt habe und diese Stellen einfach nicht richtig sehen kann – in dem Licht, in dem Gott sie mir eigentlich geben möchte. Der Fehler liegt also bei mir und nicht in diesem irrtumslosen Wort.
Um bei Jesus zu bleiben – das ist die zentrale Aussage des ersten Teils dieses Textes – ist es wichtig, in seinem Wort zu bleiben. Deshalb hat der Herr Jesus mir auch sein Wort zurückgelassen. So weiß ich, was der Herr von mir will und was er nicht will, völlig unabhängig davon, was ich mir wünsche oder denke. Das gibt es ja auch noch. Aber ich bin abhängig von seinem Wort.
Die Welt habe ich schon erwähnt, ist nicht nur draußen, sondern auch hier drinnen. Ich habe kürzlich mit jemandem gesprochen, der wirklich von ganzem Herzen mit Jesus lebt. Er sagte: „Weißt du was, Thomas, wenn ich tun würde, was in meinem Kopf ist, dann würde ich in ein bestimmtes Bordell gehen.“ Ich fand es super, dass er so ehrlich war. Aber auch für ihn betet der Herr Jesus. Er sagt: „Ich habe dir mein Wort gegeben, und in diesem Wort steht: Fliehe die Unzucht, und wer sich nicht enthalten kann, der soll heiraten.“
Das ist es, was er tut und lebt, aber er steht im Kampf. Diese Worte, die Jesus hier spricht, helfen mir, nahe bei Jesus zu bleiben. Heilige sie durch die Wahrheit – das heißt, lebe so, wie es Gott gefällt.
Herausforderungen im Alltag: Entscheidungen und Versuchungen
Als Single-Frau kennst du vielleicht die folgenden Gedanken: Warum soll ich mich zum Beispiel nicht mit einem Arbeitskollegen einlassen, bei dem ich sicher offene Türen hätte, auch wenn er Jesus nicht kennt? In der Gemeinde wird sich wahrscheinlich nichts ergeben, und du kommst vielleicht jeden Tag.
Gottes Wort macht deutlich: Wenn du mit jemandem zusammenlebst, der Jesus nicht kennt, ist das wie ein Treuebruch gegenüber Jesus. Du schiebst sein Wort und ihn selbst auf die Seite. So eine Ehe wird die Beziehung zu Jesus garantiert nicht fördern, das weißt du. Deshalb kämpfst du.
So sehr ich dir von Herzen einen Partner wünsche, bleibe bei Jesus, indem du auf sein Wort achtest und das tust, was er sagt – auch wenn es dir schwerfällt. Gerade weil du bei ihm wirklich Erfüllung findest. Vergiss nie Epheser 5,1: "Seid daher Nachahmer Gottes als geliebte Kinder."
Das ist auch sein Wort: Du bist Gottes geliebtes Kind, und das macht dich wertvoll, egal in welchem Stand du stehst. Es geht darum, dass du dich fest an sein Wort hältst.
Was mache ich, wenn mein Egoismus mein Leben bestimmen will nach dem Motto: "Lebe für dich! Schau, dass es dir gut geht. Hey, wie doof bist du denn, dass du dich in der Gemeinde und in deiner Freizeit einsetzt und dir Stress machst in deiner Gruppe? Leb doch für dich selbst!"
Das sind Gedanken, die man haben kann. Dann schaue ich ins Wort und frage: Herr, was denkst du über diese Frage? Und dann sehe ich, dass Jesus sagt: "Ich bin nicht gekommen, dass man mir dient, sondern dass ich diene."
Dann sage ich: Herr, danke, es hilft mir, neu zu begreifen, was deine Gedanken sind. Jesus ist in der Versuchung, als der lebendige Teufel ihm entgegengetreten ist, immer wieder auf das Wort zurückgekommen und hat gesagt: "Es steht geschrieben."
Und genau so darf ich es auch machen. Genau das darf ich tun: immer wieder neu deutlich machen: "Es steht geschrieben." Ich habe keine andere Waffe gegen die Welt in mir.
Umgang mit der Gesellschaft und Nichtchristen
Dann gibt es ja noch die Welt, die außerhalb von mir ist. Ich habe schon eben gesagt: Als Nichtchrist werde ich angegriffen, weil ich als Christ lebe.
Deshalb finde ich es ganz wichtig, mit denen, die mich angreifen, zu sprechen. Einfach mal zu hören, wie sie denken. Timothy Keller hat mir hier sehr geholfen. In einem seiner Bücher, das demnächst auf Deutsch übersetzt wird, macht er deutlich: Wenn Leute sagen, sie glauben an nichts, dann stimmt das nicht.
Er hat fünf Bereiche, in denen er versucht klarzumachen, dass Menschen, die nicht an Gott glauben, im Zentrum ihres Lebens von fünf Grundsätzen ausgehen, an denen sie festhalten. Das ist ihr Glaubensbekenntnis!
Und er sagt: Rede einfach mal mit den Leuten über das Glaubensbekenntnis, das sie ganz fundamental in ihrem Leben haben. Denn dieses Glaubensbekenntnis ist teilweise auch widersprüchlich. Jedenfalls ist das Evangelium nachvollziehbarer.
Das kann ich natürlich versuchen. Ich kann Nichtchristen deutlich machen, was sie eigentlich glauben. Und ich kann ihnen sagen – und das ist meine tiefe Überzeugung –, dass Jesus mir viel mehr gibt.
Vielleicht werden sie durch diese Gespräche nachdenklicher. Aber es kann auch sein, dass sie viel ablehnender sind, rein aus Protest. Weil sie sagen: „Ich will dir kein Recht geben, deswegen muss ich dagegenhalten.“
In letzter Konsequenz werde ich immer sagen müssen – ihr ahnt es schon: Ich glaube diesem Wort, und ich folge Gottes Wort. Dazu hat der Herr Jesus mir sein Wort gegeben.
Gesellschaftliche Veränderungen und die Bedeutung der biblischen Ethik
Wir merken sehr deutlich, dass viele Dinge, die in unserer Gesellschaft bisher klar waren, beginnen wegzubrechen. Viele Christen sind darüber erschrocken. Vielleicht deshalb, weil wir uns in ethischen Fragen so sehr auf die Gesellschaft verlassen haben, dass wir manche Dinge aus der Bibel gar nicht gründlich durchdacht haben.
Ein gutes Beispiel dafür ist für mich eine ältere Stellungnahme der Deutschen Evangelischen Allianz:
„Wir wenden uns außerdem gegen Versuche, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften der im Grundgesetz herausgehobenen klassischen Ehe gleichzustellen.“
Diesen Satz kann ich voll unterschreiben. Vielleicht muss man ihn in einem öffentlichen Papier auch so formulieren. Vorher war sogar von einer maßgeblichen Ethik für unseren christlichen Glauben die Rede. Trotzdem finde ich es schwierig, wie es hier formuliert ist. Denn ihr habt gemerkt, es wird festgemacht am Grundgesetz. Und das Grundgesetz – das dürfen wir auch noch lernen – kann man mit einer Zweidrittelmehrheit ändern, ganz einfach. Dann stimmt dieser Satz schon nicht mehr.
Woran mache ich meine Ethik fest? Mache ich meine Ethik an dem fest, was die Gesellschaft denkt? Jesus geht hier einen anderen Weg. Er sagt: „Ich habe ihnen dein Wort gegeben.“ Deshalb bleib bei dem Wort, bleib bei Jesus. Was erwarte ich denn von der Gesellschaft? Erwarte ich etwa, dass sie nach christlichen Maßstäben lebt? Dass sie zu christlichen Maßstäben zurückkehrt?
Ich habe im neuen Ehremagazin ein paar Stellungnahmen zusammengeschrieben, die zeigen sollen: Die Ehe für alle ist der Anfang einer ethischen Abwärtsbewegung. Das ist nicht das Ende, da kommt noch eine ganze Menge mehr. Das könnt ihr schon im Internet nachlesen. Also lest das Ehremagazin, das spart euch manches Nachlesen.
Es gibt natürlich ein paar Argumente, warum es nicht sinnvoll ist, in ständig wechselnden Beziehungen zu leben oder zu lügen oder anderes zu tun. Aber es gibt auch genug Gegenargumente. Wenn für mich nicht klar ist: Gott hat das gesagt, also ist es wahr, also lebe ich es so, weil Jesus mein Herr ist und seine Gedanken gut sind, dann werde ich so wischiwaschi unterwegs sein wie die Gemeinden im ersten Kapitel der Offenbarung. Deshalb bleib bei Jesus. Er hat dir sein Wort gegeben. Nimm es ernst und fange nicht an, es zu relativieren und irgendwann zu revidieren.
Das zweite große Thema in unserem Abschnitt ist „Bleibt beieinander!“ Vers 11 lesen wir: „Wir sollen eins sein.“ Das betete Herr Jesus in seinen letzten Stunden. Das ist ihm wichtig, weil er weiß: Gemeinde Jesu ist nicht nur ein Klub der Friedfertigen. Er will, dass seine Kinder nicht im Streit miteinander leben, sondern dass sie auch innerlich beieinander bleiben. Das ist noch mehr – also nicht nur, dass ich dein Hemd ganz lasse und dich nicht anbürge, sondern dass ich sage: Okay, auch wenn ich vielleicht ganz anders bin als du, wir haben einen Herrn und wir gehen miteinander. Also wir dürfen einander auch vertrauen.
Wenn ich solche Sätze lese wie „Ihr sollt eins sein“, dann ist es ganz wichtig, den Zusammenhang zu beachten. Ich möchte jetzt bei Einheit mal nicht so sehr vom Persönlichen ausgehen. Das haben wir in einem Lied, das wir gesungen haben, „Ich möchte bei dir bleiben“, schon in verschiedenen Bereichen abgedeckt. Sondern ich möchte jetzt einfach mal von uns als Gemeinde ausgehen. „Sie sollen eins sein“ – das ist immer wieder so ein Satz, der zitiert wird, und wo jeder mit bösen Blicken gestraft wird, wenn er sagt: Nein, bei dieser Sache mache ich zum Beispiel nicht mit.
Hat der Herr Jesus, wenn er hier von Einheit spricht, gemeint, such einfach den kleinsten gemeinsamen Nenner mit anderen Gemeinden? Versuche auch die in der katholischen Kirche zum Beispiel zu gewinnen, die mit Jesus leben? Warum sind wir als Gemeinde so zurückhaltend, mit anderen Gemeinden zusammenzuarbeiten? Denken wir etwa, wir sind besser als die Leute? Oder sind wir nur übervorsichtig? Warum machen wir das so?
Der Jesus betet – das wollen wir festhalten – in den letzten Stunden um Einheit. Das heißt, das ist ihm sehr wichtig, und das ist auch uns als Gemeinde sehr wichtig. Wir arbeiten durchaus mit manchen anderen Gemeinden zusammen, vor allem mit Gemeinden aus dem Netzwerk Evangelium für alle, auch mit Gemeinden, die gar nicht in diesem Netzwerk sind, wie die Gemeinde für Christus, auch Gemeinden, die noch ganz woanders stehen und sich in Kreisen treffen, wie zum Beispiel die Malachi-Kreise oder die Konferenz für Gemeindegründung.
Aber wenn der Herr Jesus hier von Einheit redet, dann nennt er Kriterien für die Einheit, und das ist mir sehr wichtig. Das wird nämlich oft klein geredet, und es ist eine sehr zentrale Aussage dieses Textes. Er nennt hier vier Kriterien, wie Einheit möglich ist.
Kriterium Nummer eins, Vers 11: Die Grundlage ist Gottes Name. Wofür steht dieser Name? Gottes Name steht dafür, dass Gott über jeden zornig sein muss und auch wird, der nicht an seinen Sohn glaubt. Aber Gottes Name steht auch für Rettung und Hoffnung, wenn ich an diesen Sohn glaube. Das heißt, die Grundlage jeder geistlichen Gemeinschaft ist, den Heiligen Geist zu haben, also wiedergeboren zu sein. Denn wer Gottes Geist nicht hat, der gehört nicht zu ihm, drückt Paulus zum Beispiel in Römer 8 aus.
Natürlich gibt es auch – um das Beispiel aufzugreifen – in der katholischen Kirche Menschen, die mit Jesus wirklich unterwegs sind. Aber dann sind sie im eigentlichen Sinn nicht mehr katholisch, und sie werden auch über kurz oder lang wahrscheinlich ihren Weg aus dieser Organisation herausfinden, weil sie einfach merken, dass das in zu großer Spannung steht. Die Lehre und die Bibel sind nicht wirklich miteinander harmonierbar.
Schon in unserem Abschnitt wird das deutlich: So fängt Jesus hier an: „Heiliger Vater.“ Ihr wisst, wer sonst noch als heiliger Vater angesprochen wird? In der Bibel wird nur Gott als heiliger Vater angesprochen. Und derjenige, der sich als heiliger Vater ansprechen lässt, sagt auch noch: „Ich bin Stellvertreter Christi auf Erden.“ Und in seiner Krone steht, er sei der große Brückenbauer – ein Bild, das du gut für den Heiligen Geist verwenden kannst. Also hier lässt sich jemand so platzieren, dass er sich mit Titeln ansprechen lässt, die nur dem dreieinigen Gott gebühren und nicht ihm selbst.
Wenn ich also mit jemandem zusammenarbeiten möchte, dann muss geklärt sein: Ist er jemand, der begriffen hat, dass er von Gott getrennt ist, zu Jesus umgekehrt, und ist Jesus wirklich der Herr in seinem Leben?
Zweites Kriterium, Vers 14: „Ich bin nicht mehr in der Welt zu Hause.“ Darüber habe ich schon manches gesagt: Wovon lasse ich mein Denken prägen? Lasse ich es von dieser Welt prägen oder vom Wort Gottes? Wenn ich mit jemandem zusammenarbeite, dann ist es ganz wesentlich, dass wir immer wieder in der Bibel nachschauen und sagen: Wie ist das? Was denkt der Herr Jesus über diese Frage? Wie wäre es, wenn Jesus in unserem Leitungskreis wäre? Würde er uns widersprechen und sagen: Stopp, das sind Methoden, da gehe ich nicht mit?
Natürlich gibt es Methoden, die es in dieser Welt gibt, die einfach nur aus der Bibel entnommen sind. Zum Beispiel jemandem im Gespräch zuzuhören, nachzufragen – darauf kommst du, wenn du die Sprüche liest. Das ist etwas Gutes, das kannst du übernehmen. Aber es gibt auch Methoden, die kannst du nicht übernehmen. Wenn du zum Beispiel sagst: „Big is beautiful“, wir wollen möglichst viele Leute in der Gemeinde haben, also werden wir den Maßstab ganz stark absenken und sagen, ob du Christ bist oder nicht, ist ziemlich egal. Hauptsache, du bist da und füllst einen Stuhl aus. Dann kannst du Mitglied der Gemeinde werden.
Das ist eine Methode, bei der der Herr Jesus nicht mitgehen würde. Er senkt die Preise nicht. Also muss ich immer wieder schauen, wovon ich mich prägen lasse, auch wenn ich mit jemand anderem zusammenarbeite.
Ein drittes Kriterium für Einheit trenne ich ganz klar von der Sünde, so haben wir es in Vers 15 gelesen. Denn wenn es mein Gebet ist und das Gebet des Herrn Jesus: „Bewahre sie vor dem Bösen“, kann es ja nicht sein, dass ich da mit dem Bösen zusammenarbeite. Genau davor soll ich ja bewahrt werden, das soll nicht Teil meines Lebens sein.
Und wenn es dann mehr und mehr und zunehmend Gang und Gebe ist, dass man auch in evangelikalen Gemeinden unverheiratet zusammenlebt, dass man Notlügen gebrauchen darf, dass man jahrelang im Streit unterwegs sein kann und das nur mit Achselzucken zur Kenntnis genommen wird, dann ist das keine Basis für eine Zusammenarbeit. Da muss erst einmal aufgeräumt werden. Das ist es, was der Herr Jesus hier betet.
Und das letzte Kriterium des Textes: Christen können auf dieser Basis zusammenarbeiten, wenn sie sich von Gott verändern und heiligen lassen wollen, so lesen wir es in Vers 17. Wenn jemand damit beschäftigt ist, dass Gott ihn verändert, dann ist das eine super Basis, um zusammenzuarbeiten.
Johannes sagt das einmal in seinem Brief: Er sagt, wenn wir im Licht wandeln, dann haben wir Gemeinschaft untereinander. Wir müssen diese Gemeinschaft nicht schaffen, sie ist Ergebnis dessen, dass wir im Licht leben, jeder für sich, und dann haben wir Gemeinschaft miteinander.
Ich weiß von jemandem in einer Gemeinde, der seinen Mitchristen immer wieder sagt: „Wisst ihr was, der Herr ist so sehr mit mir beschäftigt, dass er für euch gar keine Zeit hat.“ Da sieht jemand so stark seinen Veränderungsbedarf, so stark seine Fehler, dass er gar keine Zeit hat, sich mit den Fehlern der anderen zu beschäftigen. Das fand ich richtig spannend.
Es war ihm wichtig, was der Herr Jesus hier betet: „Herr Jesus, heilige du mich durch dein Wort, und dein Wort ist die Wahrheit.“ Es ist mir klar, dass ich hier nicht die Zusammenarbeit und Einheit unter evangelikalen Gemeinden erschöpfend behandeln kann. Aber ich wollte die Gelegenheit nutzen, um ein paar Kriterien aus diesem Text zu zeigen, die für eine Zusammenarbeit entscheidend sind und die vielleicht auch erklären, warum wir gerade durch diese Kriterien zunächst einmal zurückhaltend sind. Grundsätzlich sind wir offen, aber wir fragen uns: Ist das die Basis, auf der wir zusammenarbeiten können?
Man muss lernen, rein vom Bibellesen her, Dinge immer in ihrem Zusammenhang zu lesen. Man darf nicht nur einen Vers herausziehen und den ganzen Rahmen übersehen.
Wichtiger ist mir aber noch: Was für die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden gilt, gilt natürlich erst recht in der Gemeinde selbst. Das heißt, die Kriterien sind: wiedergeboren zu sein, nicht mehr in der Welt zu Hause zu sein, sich aktiv vom Bösen zu trennen und sich durch Gottes Wort verändern lassen zu wollen. Das ist die Basis.
Und wenn das wirklich das Ziel ist, dann kann Zusammenarbeit geschehen. Dem Herrn Jesus ist nicht nur wichtig: Bleibt bei Jesus. Ihm ist genauso wichtig: Bleibt beieinander!
Klar, nicht jede Beziehung in der Gemeinde wird eine tiefe Freundschaft sein. Das muss sie auch gar nicht. Wir sind sehr verschieden. Aber was es sein muss, ist, dass die Beziehung zum anderen geprägt ist von einer wohlwollenden Haltung ihm gegenüber und dem Wunsch: Ich möchte ein Ermutiger für den anderen sein.
Ich frage mich: Wie kann ich den anderen heute konkret ermutigen? Vielleicht durch ein mutmachendes Wort, durch einen Dank, durch eine Karte, ein kleines Geschenk oder indem ich ihm praktisch helfe.
Geistliche Gemeinschaft lebt aber nicht nur von der Ermutigung, sondern auch von der Ermahnung – obwohl es im Grunde genommen das Gleiche ist. Ermahnung heißt, Ermutigung in eine bestimmte Richtung zu gehen, etwas anderes zu tun, als man gerade zurzeit tut.
Dabei ist ganz wichtig: Es muss mir nicht gefallen, was der andere tut. Die Frage ist: Hätte ich es lieber? Oder: Wie sieht Herr Jesus das eigentlich? Und wenn der Herr Jesus das anders sieht, dann darf ich dem anderen sagen: „Du, vielleicht solltest du es einfach mal anders machen.“ Aber ganz bestimmt solltest du es anders machen.
Es gibt genug Dinge, die ich vielleicht nicht so gerne hätte, wo Jesus sagt: Er darf das, sie darf das – und darauf komme ich, wenn ich das Wort Gottes lese.
Wenn meine Grundhaltung ist: Mensch, ich möchte, dass du dem Herrn Jesus gefällst, und wenn ich dann zu dem anderen gehe und sage: „Das ist ein Punkt, den sagt Gottes Wort anders, und er gibt dir die Kraft dazu, es anders zu leben“, dann glaube ich, dass das auch ankommt.
Dann merkt der andere: Hey, es geht ihm nicht darum, seinen Kopf durchzusetzen, sondern es geht ihm wirklich darum, dass ich Jesus gefalle. Und dann wird er merken, dass ich es aus Liebe gesagt habe, auch wenn es mich etwas gekostet hat.
Das ist nicht immer so, dass Leute, die andere ermahnen, das locker aus dem Ärmel schütteln. Manchmal braucht es wirklich Anlauf, es kostet etwas, und derjenige, der es hört, muss erst einmal schlucken.
Aber wenn ich das begreife, dass es darum geht, Jesus zu gefallen, dann geht es gemeinsam weiter.
Einheit heißt nicht, ich bin immer derselben Meinung, muss immer dasselbe denken, was du meinst, oder du musst immer die Klamotten tragen, die ich trage – bloß nicht. Es muss keine Uniformität sein, es darf verschieden sein. Aber ich habe denselben Herrn, dasselbe Wort, dasselbe Ziel. Und zu diesem Ziel hin ermutige ich den anderen, und er hoffentlich auch mich.
Deshalb sind wir gemeinsam unterwegs, auf dem Weg zum Himmel mit der Sehnsucht, uns durch Gottes Geist verändern zu lassen.
Ich wünsche uns, dass auch in dieser Woche das Gebet des Herrn Jesus Auswirkungen in unserem persönlichen Leben und in unserem Leben als Gemeinde, also in unserem gemeinsamen Leben, hat: Bleibt bei Jesus und bleibt beieinander. Amen.
2. Geistliche Prägung: Nicht mehr in der Welt zu Hause sein
Zweites Kriterium Vers 14: Ich bin nicht mehr in der Welt zu Hause. Darüber habe ich schon manches gesagt.
Wovon lasse ich mein Denken prägen? Lasse ich es von dieser Welt prägen oder vom Wort Gottes?
Wenn ich mit jemandem zusammenarbeite, ist es ganz wesentlich, dass wir immer wieder in der Bibel nachschauen. Wir sollten uns fragen: Wie ist das? Was denkt der Herr Jesus über diese Frage? Wie wäre es, wenn Jesus in unserem Leitungskreis wäre? Würde er uns widersprechen und sagen: Stopp, das sind Methoden, bei denen ich nicht mitgehe?
Natürlich gibt es Methoden, die es in dieser Welt gibt, die aber einfach nur aus der Bibel entnommen sind. Zum Beispiel jemandem im Gespräch zuzuhören oder nachzufragen – darauf kommt man, wenn man die Sprüche liest. Das ist etwas Gutes, das kann man übernehmen.
Aber es gibt auch Methoden, die man nicht übernehmen kann. Wenn man zum Beispiel sagt: "Big is beautiful", wir wollen möglichst viele Leute in der Gemeinde haben, also senken wir den Maßstab ganz stark ab und sagen: Ob du Christ bist oder nicht, ist ziemlich egal. Hauptsache, du bist da und füllst einen Stuhl aus, dann kannst du Mitglied der Gemeinde werden.
Das ist eine Methode, bei der der Herr Jesus nicht mitgehen würde. Er senkt die Preise nicht.
Also muss ich immer wieder schauen, wovon ich mich prägen lasse, auch wenn ich mit jemand anderem zusammenarbeite.
3. Trennung von der Sünde
Ein drittes Kriterium für Einheit trenne ich ganz klar von der Sünde, wie wir es in Vers 15 gelesen haben. Wenn es mein Gebet ist und das Gebet des Herrn Jesus: „Bewahre sie vor dem Bösen“, dann kann es nicht sein, dass ich mit dem Bösen zusammenarbeite. Genau davor soll ich ja bewahrt werden. Das Böse soll nicht Teil meines Lebens sein.
Wenn es jedoch immer mehr zur Gewohnheit wird, dass man auch in evangelikalen Gemeinden unverheiratet zusammenlebt, dass man Notlügen benutzt, jahrelang im Streit lebt und dies nur mit Achselzucken zur Kenntnis genommen wird, dann ist das keine Grundlage für Zusammenarbeit.
In solchen Fällen muss erst einmal aufgeräumt werden. Genau das ist es, was der Herr Jesus hier betet.
4. Bereitschaft zur Heiligung und Veränderung
Und das letzte Kriterium des Textes ist: Christen können auf der Basis zusammenarbeiten, dass sie sich von Gott verändern und heiligen lassen wollen. So lesen wir es in Vers 17. Wenn jemand damit beschäftigt ist, dass Gott ihn verändert, dann ist das eine hervorragende Grundlage, um zusammenzuarbeiten.
Johannes sagt das einmal in seinem Brief. Er schreibt: Wenn wir im Licht wandeln, dann haben wir Gemeinschaft untereinander. Diese Gemeinschaft müssen wir nicht selbst schaffen; sie ist das Ergebnis davon, dass jeder für sich im Licht lebt. So entsteht Gemeinschaft miteinander.
Ich kenne jemanden aus einer Gemeinde, der seinen Mitchristen immer wieder sagt: „Wisst ihr was, der Herr ist so sehr mit mir beschäftigt, dass er für euch gar keine Zeit hat.“ Hier sieht jemand seinen eigenen Veränderungsbedarf und seine Fehler so deutlich, dass er keine Zeit hat, sich mit den Fehlern der anderen zu beschäftigen. Das fand ich richtig spannend.
Es war ihm wichtig, was der Herr Jesus hier betet: „Herr Jesus, heilige du mich durch dein Wort, und dein Wort ist die Wahrheit.“
Mir ist klar, dass ich hier natürlich nicht die Zusammenarbeit und Einheit unter evangelikalen Gemeinden erschöpfend behandeln kann. Aber ich wollte die Gelegenheit nutzen, um ein paar Kriterien aus diesem Text zu zeigen, die für eine Zusammenarbeit entscheidend sind. Diese Kriterien erklären vielleicht auch, warum wir gerade durch diese Maßstäbe zunächst zurückhaltend sind. Grundsätzlich sind wir offen, aber wir fragen uns: Ist das die Basis, auf der wir zusammenarbeiten können?
Man muss lernen, beim Bibellesen Dinge immer im Zusammenhang zu lesen. Man darf nicht nur einen Vers herausziehen und dabei den gesamten Rahmen übersehen.
Einheit in der Gemeinde: Wohlwollen und Ermutigung
Wichtiger ist mir jedoch noch: Was für die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden untereinander gilt, gilt natürlich erst recht innerhalb der Gemeinde.
Die Kriterien sind dabei klar: Wiedergeboren zu sein, wenn jemand zur Gemeinde gehören will, bedeutet, nicht mehr in der Welt zu Hause zu sein, sich aktiv vom Bösen zu trennen und sich durch Gottes Wort verändern lassen zu wollen. Das ist die Basis.
Wenn das wirklich das Ziel ist, dann kann Zusammenarbeit geschehen. Dem Herrn Jesus ist nicht nur wichtig, dass wir bei ihm bleiben, sondern ihm ist genauso wichtig, dass wir beieinander bleiben!
Klar, nicht jede Beziehung in der Gemeinde wird eine tiefe Freundschaft sein. Das muss es auch gar nicht, denn wir sind da sehr verschieden. Aber was es sein muss, ist, dass die Beziehung zum anderen von einer wohlwollenden Haltung geprägt ist und dem Wunsch, ein Ermutiger für den anderen zu sein.
Ich frage mich also: Wie kann ich den anderen heute konkret ermutigen? Vielleicht durch ein mutmachendes Wort, durch einen Dank, durch eine Karte, ein kleines Geschenk oder indem ich ihm praktisch helfe. Geistliche Gemeinschaft lebt aber nicht nur von der Ermutigung, sondern auch von der Ermahnung – obwohl es im Grunde genommen dasselbe ist.
Ermahnung bedeutet, jemanden zu ermutigen, in eine bestimmte Richtung zu gehen, etwas anderes zu tun als das, was er gerade tut. Dabei ist ganz wichtig: Es muss nicht mir gefallen, was der andere tut. Die Frage ist vielmehr: Hätte ich es lieber? Oder: Wie sieht Herr Jesus das eigentlich?
Wenn der Herr Jesus es anders sieht, dann darf ich dem anderen sagen: „Du, vielleicht solltest du es einfach mal anders machen.“ Aber ich sollte nicht sagen: „Du musst es ganz bestimmt anders machen.“ Es gibt genug Dinge, die ich vielleicht nicht so gerne hätte, bei denen Jesus aber sagt: „Er darf das, sie darf das.“ Das erkenne ich, wenn ich Gottes Wort lese.
Wenn meine Grundhaltung ist: „Mensch, ich möchte, dass du dem Herrn Jesus gefällst“, und ich dann zu dem anderen gehe und sage: „Du, das ist ein Punkt, den Gottes Wort anders sieht, und er gibt dir die Kraft, es anders zu leben“, dann glaube ich, dass das auch ankommt.
Der andere merkt dann: Es geht nicht darum, den eigenen Kopf durchzusetzen, sondern wirklich darum, Jesus zu gefallen. Und er wird spüren, dass ich es aus Liebe gesagt habe – auch wenn es mich etwas gekostet hat.
Das ist nicht immer so, dass Leute, die andere ermahnen, das locker aus dem Ärmel schütteln. Manchmal braucht es wirklich Anlauf, es kostet etwas, und derjenige, der es hört, muss erst einmal schlucken.
Aber wenn ich begreife, dass es darum geht, Jesus zu gefallen, dann geht es gemeinsam weiter. Einheit heißt nicht, dass ich immer derselben Meinung sein muss, dass ich immer dasselbe denken muss wie du oder dass du immer die Klamotten tragen musst, die ich trage – bloß nicht!
Es muss keine Uniformität sein, es darf verschieden sein. Aber ich habe denselben Herrn, dasselbe Wort, dasselbe Ziel. Und zu diesem Ziel hin ermutige ich den anderen, und hoffentlich ermutigt er mich auch.
Deshalb sind wir gemeinsam unterwegs, auf dem Weg zum Himmel, mit der Sehnsucht, uns durch Gottes Geist verändern zu lassen.
Schlusswunsch: Das Gebet Jesu als Leitmotiv
Ich wünsche uns, dass auch in dieser Woche das Gebet des Herrn Jesus Auswirkungen in unserem persönlichen Leben und in unserem Leben als Gemeinde hat, also in unserem gemeinsamen Leben. Bleibt bei Jesus und bleibt beieinander. Amen.