Einführung in das Thema Zorn und Gericht
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 188: Du sollst nicht töten – Teil zwei
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt wurde: „Du sollst nicht töten.“ Wer aber tötet, wird dem Gericht verfallen sein.
Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder zürnt, wird dem Gericht verfallen sein. Wer aber zu seinem Bruder sagt: „Raka“, der wird dem Hohen Rat verfallen sein. Und wer sagt: „Du Narr“, der wird der Hölle des Feuers verfallen sein.
Jesu Kritik an der oberflächlichen Gesetzeserfüllung
Ich hoffe, wir verstehen inzwischen, was der Herr Jesus meint. Auf der einen Seite steht die Lehre der Rabbis. Ihnen geht es um eine äußerliche Erfüllung des Gesetzes. Beim Thema Mord ist für sie klar: Solange du keinen umgebracht hast, kommst du auch nicht ins Gericht.
Dem hält Jesus nun entgegen: „Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird.“
Achtung, das ist eine bildhafte Beschreibung für den Ernst einer Sache, für den Ernst eines Vergehens. Jesus will hier nicht die gültige Rechtsordnung umstoßen, aber er möchte deutlich machen, wie schlimm ungerechtfertigter Zorn ist. Aus Gottes Perspektive gehört so jemand ins Gericht.
Die Eskalation des Zorns und seine Konsequenzen
Und wenn ich den Text richtig verstehe, eskaliert Jesus die zornige Situation jetzt weiter.
Für Zorn verdiene ich das Gericht. Dann geht es weiter: Wer aber zu seinem Bruder sagt, „Raka“, dem wird der Hohe Rat verfallen sein.
Wir wissen nicht genau, was das Wort „Raka“ bedeutet. Ich persönlich bezweifle, dass man das genau sagen kann. Ich denke, dass der Herr Jesus einfach dem Weg des Zorns folgt. Zuerst ist es nur ein Groll im Bauch, dann wird es ein Knurren, eben ein „Raka“. Und dann folgt der verbale Wutausbruch.
Mein Groll verdient das Gericht, mein Knurren verdient den Hohen Rat, also das höchste Gericht, und meine verbalen Wutausbrüche verdienen die Hölle.
Matthäus 5,22: Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird. Wer aber zu seinem Bruder sagt: „Raka!“, dem wird der Hohe Rat verfallen sein. Wer aber sagt: „Du Narr!“, der wird der Hölle des Feuers verfallen sein.
Gottes Maßstab für Gerechtigkeit im Umgang mit Zorn
So denkt Gott über Mord: Das ist sein Maßstab von Gerechtigkeit, wenn es darum geht, „Du sollst nicht töten“ einzuhalten.
Aber Jürgen, das kann doch niemand einhalten. Dann ist doch jeder ein Mörder, und manche von uns sind es jeden Tag.
Stimmt, genau das ist das Problem. Jedes Mal, wenn ich einfach nur so zornig bin, wenn die Wut in mir aufsteigt und sich entlädt, jedes Mal, wenn mein Zorn eine Beziehung belastet, dann darf ich wissen: Ich habe ein Problem. Ein Problem, um das ich mich ganz dringend kümmern muss.
Zorn ist keine Bagatellsünde. Der Zornige ist in Gottes Augen ein Mörder. Er zerstört, was Gott heilig ist: das Leben und das Miteinander von Menschen.
Die Seltenheit des gerechten Zorns
Aber Jürgen, es gibt doch auch gerechtfertigten heiligen Zorn. Stimmt, aber dieser ist viel seltener, als man oft denkt.
Wir hatten das Thema bereits in Episode 160. Hier, in der Bergpredigt, geht es Jesus um Zorn als Ausdruck einer mörderischen Gesinnung. Der Zornige ist jemand, der aufhört, Liebe zu leben. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich meinen Zorn mit bösen Blicken, Kopfschütteln, Grummeln, Seufzen, Schweigen oder mit einem Schwall böser Worte ausdrücke.
Die Gerechtigkeit der Jünger Jesu ist deshalb besser als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, weil sie sich dem stellt, was in ihrem Herzen ist.
Die Bedeutung von Gnade und ehrlicher Selbstreflexion
Und ich kann das nur deshalb tun, weil ich aus Gnade lebe. Jeder, der noch Reste von Selbstgerechtigkeit in sich trägt, verzweifelt. Das zeigt sich zum Beispiel in Matthäus 5,22.
Deshalb möchte ich es so ausdrücken: Wer in sich den Impuls verspürt, Sünde verstecken oder kleinreden zu müssen, hat zwei Dinge noch nicht ganz verstanden.
Erstens, wie verloren er wirklich ist. Ohne Gott gibt es für uns keine Hoffnung.
Zweitens hat er nicht verstanden, dass Gott uns die Abgründe unseres Herzens zeigt. Das tut er, weil er uns jeden Tag zum Bekennen führen will. Durch seinen Heiligen Geist möchte er uns jeden Tag ein wenig mehr ins Loslassen führen.
Bekennen und Lassen als Weg der Heiligung
Bekennen und Lassen – dieser alte Zweiklang stammt aus Sprüche 28,13: „Wer seine Verbrechen zudeckt, wird keinen Erfolg haben. Wer sie aber bekennt und lässt, wird Erbarmen finden.“
Diese Aussage gilt schon immer und auch heute noch. Heiligung ist ein Prozess, den Gott mit uns gehen möchte.
Im neuen Bund sind wir besonders privilegiert, denn wir haben den Heiligen Geist. Außerdem stehen uns die Gemeinde, die Bibel und eine Vielzahl guter weiterer Literatur zur Verfügung.
Persönliche Erfahrung im Umgang mit Zorn
Als ein ehemalig jähzorniger Mensch, der fast zwei Jahrzehnte lang mit Gottes Hilfe gegen tief sitzenden Groll kämpfen durfte und schließlich den Zorn überwunden hat, kann ich nur sagen: Es lohnt sich, den Kampf aufzunehmen. Es lohnt sich, aus Gnade zu leben, täglich das eigene Versagen zu bekennen und um Vergebung zu bitten bei denen, denen ich schuldig geworden bin.
Es lohnt sich, die Hoffnung nicht aufzugeben, denn Gott wird zu seiner Zeit Veränderung wirken. Leben aus Gnade bedeutet, aus der Freude an der Vergebung zu leben. Es bedeutet aber auch, bewusst Nein zu den Sünden zu sagen, die sich in meinem Herzen finden und mir täglich einreden wollen, dass ich nicht genüge und dass Gott so einen wie mich nicht lieben kann.
Doch das kann er. Er tut es. Er hat es am Kreuz getan und tut es jeden Tag. Gleichzeitig erwartet er aber auch, dass ich mich seiner Gerechtigkeit stelle. Dass ich ehrlich bin und mich nicht wegducke, wenn er sein Urteil über meine Sünde spricht.
Gottes Maßstab für Jünger Jesu
Matthäus 5,22: Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka, der wird dem Hohen Rat verfallen sein. Wer aber sagt: Du Narr, der wird der Hölle des Feuers verfallen sein.
So hört sich Wahrheit an. Das ist Gottes Maßstab in puncto Gerechtigkeit – und zwar für die Jünger Jesu. Das ist Gottes Gerechtigkeit für diejenigen, die in Gott ihren Vater und ihr Vorbild gefunden haben.
Beides ist wichtig: Vater und Vorbild.
Gott als Vater und Vorbild für ein heiliges Leben
Vater, nur wer sich bedingungslos geliebt weiß, kann sich seinen eigenen Abgründen stellen. Es ist Gottes einhundertprozentiges Ja zu mir, das mich ermutigt, einen ehrlichen Blick auf meine dunklen Seiten zu werfen.
Ich weiß, dass er da ist, wenn ich anfange, mich vor mir selbst zu fürchten. Er ist mein Vater und Vorbild.
Ich möchte so werden, wie Gott ist. Ich will lieben, wie er liebt. Ich will Sünde hassen, wie er Sünde hasst. Ich will heilig werden, wie er heilig ist.
Die Herausforderung, Jesu Worte ernst zu nehmen
Darf ich am Ende ein ehrliches Wort aus über dreißig Jahren Gemeindeerfahrung anhängen? Meine Sorge ist, dass viele Christen den Herrn Jesus nicht ernst nehmen, wenn er so deutlich Stellung gegen Zorn, Grummeln und böse Worte bezieht.
Mir fehlt manchmal das heilige Erschrecken vor dem, was wir tun, wenn wir zornig werden. Wir betreten den Weg der Sünde, und diese lauert vor der Tür. Jesus warnt uns, aber wir zucken nur mit den Schultern. „Ich bin halt etwas aufbrausend“, ist dann die Ausrede. Nein, bist du nicht.
Du bist dazu berufen, so wie Jesus zu sein: liebevoll, langmütig, geduldig, freundlich, selbstbeherrscht und verständnisvoll. Deshalb wünsche ich mir, dass wir damit anfangen, jedes Zornigsein zu bekennen, zu ächten und zu lassen, bis es unsere Leben und unsere Gemeinden nicht länger vergiftet.
Abschluss und Ermutigung zum Nachdenken
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wie du über dich selbst denkst, wenn du zornig wirst. Spürst du in dir etwas von dem heiligen Erschrecken vor dem Mörder?
Das war es für heute. Du kannst noch viel mehr an Input aus den Episoden mitnehmen, wenn du sie dir erst anhörst und danach in Ruhe das Skript liest.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
