Einführung in die Verpflichtung zur Evangeliumsverkündigung
Es gibt eine religiöse Organisation, die auch in Deutschland aktiv ist. Die Mitglieder dieser Organisation sind verpflichtet, einen sogenannten Missionsdienst auszuüben. Das bedeutet, sie gehen zu zweit von Haus zu Haus oder stellen sich mit religiösen Schriften auf die Straße. Es ist ein fester Bestandteil ihrer Religion, dies zu tun.
Für die meisten von ihnen ist das Wichtigste nicht, was dabei herauskommt, sondern dass sie diese Tätigkeit ausführen.
Die Frage für uns lautet: Gibt es für Christen ebenfalls eine Verpflichtung, das Evangelium zu verbreiten? Die kurze Antwort darauf ist eindeutig: Ja.
Heute möchte ich jedoch mit euch etwas genauer anschauen, was das eigentlich bedeutet und vielleicht auch, was es nicht bedeutet.
Die Missionsreise von Paulus, Silas und Timotheus
Paulus, Silas und Timotheus waren als Missionsteam unterwegs. Es handelt sich um die sogenannte zweite Missionsreise von Paulus. Die erste Missionsreise führte ihn zusammen mit Barnabas nach Zypern und in die südliche Türkei. Bei der zweiten Missionsreise war er nun mit Silas und Timotheus unterwegs.
Nachdem Gott sie durch die Provinzen in der Westtürkei geführt und nach Griechenland gelenkt hatte, kamen sie in den Norden Griechenlands. Zuerst besuchten sie Philippi und dann Thessalonich.
Durch dieses Team – Paulus, Silas und Timotheus – wurden in Thessalonich Menschen gläubig an den Herrn. Sie gründeten eine Gemeinde, die hauptsächlich aus jungen, gläubigen Menschen bestand. Von diesen Missionaren lernten sie sozusagen das ABC des Christentums. Dort wurden die Grundlagen gelegt.
Einige Wochen später mussten die Missionare jedoch abreisen. Wie in den meisten Städten, in die sie kamen, wurden sie nicht lange geduldet, sondern schließlich aus der Stadt vertrieben.
Wenige Monate später schrieben sie als Team einen Brief an diese junge Gemeinde, die zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nur wenige Monate existierte. Diesen Brief finden wir im Neuen Testament. Er heißt der erste Thessalonicherbrief (1. Thessalonicher 1,1 – 5,28).
Da es einen ersten Thessalonicherbrief gibt, wissen wir, dass es auch einen zweiten Thessalonicherbrief gibt, der einige Monate später verfasst wurde.
Der erste Thessalonische Brief: Ein Rückblick auf die Missionsarbeit
Ich lese den ersten Vers aus dem Ersten Thessalonicherbrief vor. Dort steht: Paulus und Silvanus – Silvanus ist der römisch-griechische Name von Silas – und Timotheus, also das ganze Missionsteam, das unterwegs war: Paulus, Silas und Timotheus. Sie schreiben an die Gemeinde der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus: Gnade euch und Friede.
Das ist der Briefkopf, der angibt, an wen dieser Brief geschrieben ist und von wem er stammt. Er wurde von diesem Missionsteam verfasst, das vor ein paar Monaten die Gemeinde gegründet hat. Durch dieses Team sind die meisten in der Gemeinde überhaupt erst gläubig geworden. Sie haben durch das Missionsteam die ersten Schritte im Glauben gelernt, die ersten Schritte mit Jesus.
Ich möchte heute einen Blick in die Zeit werfen, wie Paulus das aus seiner Sicht beschreibt, wie das Team es aus ihrer Sicht schildert – wie es war, als sie nach Thessalonich kamen. Wie sie sich dort verhalten haben, wie sie das Evangelium dorthin brachten und was in ihnen zu dieser Zeit vorging.
Um das chronologisch zu gestalten, schauen wir uns heute die erste Hälfte von Kapitel 2 aus dem Ersten Thessalonicherbrief an: 1. Thessalonicher 2,1-12. Vielleicht werden wir, wenn wir Gelegenheit haben, in ein oder zwei Monaten auch einmal in Kapitel 1 hineinschauen. Chronologisch beginnt es aber eigentlich im zweiten Kapitel.
Hier blickt Paulus zurück: Wie war es, als wir bei euch waren? Wie war es vor ein paar Monaten bei euch?
Die Bedeutung und das Gewicht der Missionsarbeit in Thessalonich
Ich lese ein bisschen vom Anfang von Kapitel zwei, Vers eins: „Den ihr selbst kennt, Geschwister, unsere Anfänge bei euch“ – oder wörtlich: „unseren Eingang bei euch“. Paulus betont, dass dieser Anfang nicht leer oder hohl war. Wörtlich steht hier das Wort „leer“ oder „hohl“. In vielen Übersetzungen wird es mit „vergeblich“ wiedergegeben, aber eigentlich meint es „leer“ oder „hohl“. Er sagt also, als wir bei euch waren, war das nicht hohl.
Das kann zwei Bedeutungen haben. Die eine ist, dass es nicht hohl im Sinne von vorübergehend oder vergeblich war. Es ist etwas dabei herausgekommen. Das ist das, was viele Übersetzungen mit „vergeblich“ wiedergeben wollen. Es gab Ergebnisse, denn ihr seht es: Ihr seid eine Gemeinde, viele in Thessalonich sind gläubig. Es hatte also Wirkung.
Die andere Bedeutung von „leer“ oder „hohl“ ist: Das, was passiert ist, als wir zu euch kamen, hatte Gewicht. Da steckte etwas dahinter. Jetzt möchte ich kurz anschauen, warum das Gewicht hatte, warum das kein bloßer Lehrerauftritt war. Paulus sagt, das war keine Show. Es war für uns nicht nur ein Auftrag, wir haben nicht einfach irgendetwas erzählt, sondern offensichtlich steckte eine Kraft dahinter. Deshalb ist ja auch etwas dabei herausgekommen.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns vor Augen führen, was Paulus meint: Dass euer Aufenthalt damals in Thessalonich Gewicht hatte.
Vers 2: „Sondern er war nicht leer und nicht hohl, sondern nachdem wir in Philippi zuvor gelitten und misshandelt worden waren, wie ihr wisst, wurden wir freimütig in unserem Gott, das Evangelium Gottes zu euch zu reden, unter großem Kampf.“
Das Erste, was Paulus sagt, warum das Gewicht hatte, was wir getan haben, wie wir aufgetreten sind und wie wir das Evangelium zu euch gebracht haben, ist: Es ist uns nicht leichtgefallen. Für uns war das nicht locker, als wir nach Thessalonich kamen. Das hatte für uns Gewicht. Es hat uns Überwindung gekostet, uns bei euch in die Synagoge zu stellen, uns auf die Straße zu stellen und das Evangelium zu verkünden.
Paulus, Silas und Timotheus waren erfahrene, gestandene Christen, die das schon oft gemacht hatten. Aber Paulus sagt: Schätzt das nicht falsch ein, das war für uns nicht locker. Es hat uns wirklich Überwindung gekostet, weil ihr wisst, wo wir herkamen und was wir gerade erlebt hatten.
Wir kamen gerade aus Philippi. Dort hatten wir, so sagt Paulus, zuvor gelitten. Das war das, was direkt davor war. Direkt bevor wir zu euch kamen, hatten wir in Philippi gelitten. Dort waren wir mit einer ziemlich dummen Anklage konfrontiert worden. Wir wurden vor eine große Volksversammlung gezerrt und öffentlich diffamiert.
Damals, im Römischen Reich in Griechenland, war es üblich, Menschen, gegen die man etwas hatte, öffentlich verbal zu diffamieren und herabzusetzen. Paulus sagt, wir wurden angeklagt und ohne irgendein Gerichtsverfahren wurde verfügt, dass wir öffentlich ausgepeitscht wurden – mit Stöcken.
Er sagt, es war für uns eine extrem schmerzhafte und demütigende Erfahrung, die wir in Philippi durchmachen mussten. Das ist nicht einfach eine Geschichte. Stell dir vor, das würde dir passieren: Du wirst herausgeholt, auf einen großen Platz gebracht, wo gerade ein Volksfest ist und die halbe Stadt zusammen ist. Dort schreien sie dich nieder, sagen dir, was für ein mieser Typ du bist, was für Unfrieden du in die Stadt bringst. Sie reißen dir deinen Pullover und dein Hemd vom Leib und schlagen dich blutig.
Danach werfen sie dich ins Gefängnis und klemmen deine Füße in ein Holzinstrument ein, sodass du nicht schlafen kannst – abgesehen davon, dass dein Rücken so weh tut, dass du wahrscheinlich sowieso nicht schlafen kannst.
Paulus sagt, das sind die Erfahrungen, die wir nicht einfach so weggesteckt haben. Mit diesen Erfahrungen sind wir nach Thessalonich gekommen. Das hat uns in den Knochen gesteckt.
Und trotzdem, sagt Paulus, hat uns unser Gott Freimütigkeit gegeben, euch das Evangelium zu bringen, euch das Evangelium zu verkünden. Oder er sagt: „unter großem Kampf“. Es war für uns eine Überwindung. Hier steht ein Wort für Wettkampf. Es war diese Anfangs-Überwindung, überhaupt anzufangen.
Wir wussten auch, dass die Atmosphäre hier feindselig war. Es war für uns ständig unter Anspannung, dass wir bei euch waren. Und dass wir euch das Evangelium trotzdem gebracht haben, dass wir uns trotzdem freimütig hingestellt haben – das hat unserem Wort Gewicht gegeben.
Es war für uns nicht locker, sondern es wurde sehr deutlich, dass das, was wir zu sagen hatten, uns wichtig war.
Die Reinheit der Motive und die göttliche Prüfung
Der zweite Grund, warum es Gewicht hatte, was sie zu sagen hatten, steht im nächsten Vers, Vers 3. Unser Rat kam nicht aus Betrug, noch aus Unreinigkeit, noch mit List, sondern so, wie wir von Gott geprüft worden sind – mit positivem Ergebnis geprüft worden sind –, um mit dem Evangelium betraut zu werden.
So reden wir nicht, um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft. Er sagt, der zweite Grund, warum das, was wir gesagt haben, Gewicht hat, war nicht nur, dass es uns Überwindung gekostet hat, uns wieder dahin zu stellen, sondern dass Gott hinter uns stand. Gott hat uns geprüft, er hat unsere Motive geprüft, warum wir das machen, und er hat gesagt: Zu diesen Leuten stelle ich mich, zu ihrem Wort stelle ich mich.
Das hat unseren Worten Gewicht gegeben. Gott hat unsere Herzen geprüft, schreibt Paulus hier, und er hat gesagt: Diese Boten will ich gebrauchen. Gott legt oft nicht nur Wert darauf, was gesagt wird, sondern überlegt sehr gut, wem er seine Botschaft anvertraut und vor allem, wem er Menschen anvertraut.
Ich meine, durch diese Botschaft sind Menschen gläubig geworden. Es war die Aufgabe dieser Missionare, sie auch die ersten Schritte zu führen. Wem würde Gott seine neugeborenen Kinder gerne anvertrauen? Paulus sagt, Gott hat uns geprüft, und Gott hat gesagt: Diesen Leuten vertraue ich meine Kinder an, diesen Leuten vertraue ich sie an, damit sie die ersten Schritte führen.
Das, was sie gesagt haben, das, was sie getan haben in diesen Wochen in Thessalonich, war in keiner Weise leer und hohl. Es hat sie etwas gekostet, und es wurde deutlich, dass Gott hinter ihnen stand.
In Kapitel 1, Vers 5 steht: "Als wir bei euch waren, da waren wir bei euch in Kraft und im Heiligen Geist und mit einer wirklich großen Überzeugung." Es wurde deutlich, dass die Kraft Gottes durch uns wirksam geworden ist. Es wurde deutlich, dass der Heilige Geist gewirkt hat in dem, was wir geredet haben, und in dem, wie ihr gehört habt. Und wir hatten die absolute Überzeugung, dass wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind.
Die göttliche Führung bei der Missionsplanung
Als das Missionsteam aus dem Osten kam, also aus der mittleren Türkei, hatten sie dort Gemeinden besucht, die auf der ersten Missionsreise gegründet worden waren. Danach überlegten sie, wohin sie als Nächstes gehen sollten. Was ist der nächste Schritt? Welche Provinz ist die nächste, in die wir gehen sollen?
Das Naheliegende war, an die türkische Westküste zu gehen, in die römische Provinz, die damals Asia hieß, mit der Hauptstadt Ephesus. Ich weiß nicht, wer von euch schon einmal in Ephesus war? Wenn ihr mal wieder in der Gegend seid, macht unbedingt einen Abstecher dorthin. Von allen griechischen Städten ist das wirklich die größte Ruinenstadt, die ausgegraben ist. Oft ist es in Athen so, dass es zwar ein paar alte Gebäude gibt, aber das meiste ist zugebaut, weil es heute noch Athen gibt. Ephesus gibt es in dem Sinne heute nicht mehr, und man konnte dort verschiedene Schichten von Besiedlung ausgraben.
Man kann Gebäude sehen aus der Zeit, als Paulus dort war. Man sieht die Kanalisation und auch, wo früher der Hafen war. Es lohnt sich wirklich, wenn jemand in der Gegend ist, einen Abstecher nach Ephesus zu machen.
Ephesus war damals die Hauptstadt der zweitdichtbesiedelsten römischen Provinz. Die Provinz mit den meisten Einwohnern war damals Nordafrika, die Kornkammer des Römischen Reiches. Aber die zweitmeisten Leute lebten in der Provinz Asia im nördlichen Mittelmeerraum. Dort wollte Paulus hin, doch der Heilige Geist sagte Nein. Ich weiß nicht, wie genau das gesagt wurde, aber die Türen waren verschlossen.
Paulus und Silas überlegten, wohin sie jetzt gehen sollten. Das Naheliegende war ihnen von Gott versperrt worden. Sie gingen nach Norden, Richtung Schwarzes Meer, wo heute Istanbul liegt. Der Heilige Geist sagte auch dort Nein. Nun waren sie völlig verwirrt und bogen ab ins Mittelmeer, in eine Hafenstadt. Sie fragten sich: Sollen wir nach Hause fahren? Sollen wir irgendwo mit dem Schiff im Mittelmeerraum hinfahren?
Dann hatte Paulus nachts einen Traum. Er sah einen mazedonischen Mann, der sagte: „Komm herüber und hilf uns.“ Ein Mann aus Nordgriechenland, aus Mazedonien. Am Morgen besprach Paulus das mit seinen Missionskollegen, Silas, Timotheus und wahrscheinlich auch Lukas, der vermutlich zu dieser Zeit dabei war. Sie beschlossen, dass das wirklich ein Traum von Gott war, und beschlossen, nach Mazedonien zu fahren.
Ein paar Jahre später kam Paulus dann tatsächlich nach Ephesus. Gott hatte nicht gesagt, dass Ephesus nicht sein Auftrag sei, sondern dass Ephesus jetzt nicht dran sei. Paulus musste zuerst nach Mazedonien, weil es die richtige Zeit für Mazedonien war.
Paulus sagte: „Wir waren hier mit großer Gewissheit, dass wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind. Nicht nur, weil ihr so offen wart oder weil sich so viele Leute bekehrt haben, sondern weil Gott uns so eindeutig hierher geführt hat.“
Die erste Stadt, in der sie in Mazedonien waren, war Philippi. Philippi war keine mazedonische Stadt, sondern eine römische Kolonie, in der hauptsächlich römische Veteranen lebten, die früher in der römischen Armee gewesen waren. Thessalonich war die erste wirklich mazedonische Stadt, in die sie kamen. Dort konnten sie einem mazedonischen Mann begegnen, wie Paulus ihn im Traum gesehen hatte. Thessalonich war damals die Hauptstadt Mazedoniens.
Paulus sagt, sie waren dort mit Kraft, mit dem Heiligen Geist und in großer Gewissheit, dass sie genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren.
Die Selbstlosigkeit und Reinheit der Missionsmotivation
Paulus sagt, dass der Schlüssel dafür, warum Gott sich zu uns stellen konnte und warum er uns geprüft hat, darin lag, dass es uns nie um unsere eigenen Interessen ging. Er erklärt, warum Gott gesagt hat: „Das sind die richtigen Leute, denen vertraue ich meine Botschaft an, denen vertraue ich Menschen an.“
Paulus sagt in Vers 3, und wir haben das schon gelesen – ich lese es noch einmal vor: „Denn unser Rat steht hier eigentlich.“ Es ist interessant, dass er sagt, wir haben euch das Evangelium verkündigt, nicht indem wir Druck gemacht haben, sondern wie Menschen, die kommen und euch einen Rat geben. „Wisst ihr, zu Gott zu kommen, zu Jesus zu kommen, das wäre wirklich das Beste für euch.“
Ich finde es bemerkenswert, dass Paulus hier einen so freundlichen Begriff verwendet. Unser Rat kam nicht aus Betrug, noch aus Unreinheit, noch mit List. Paulus verwendet hier drei Begriffe, und der zentrale Begriff ist Unreinheit. Er sagt, wir hatten keine unreinen Motive, wir hatten keine unreinen Ziele, als wir zu euch kamen. Es ging uns nicht um unsere Interessen. Es ging uns weder um materielle Interessen – wir wollten nicht euer Geld.
Er sagt, so viele sind heute unterwegs, griechische Philosophen, die wollen letzten Endes euer Geld. Wir wollten keinen sexuellen Vorteil. Das war damals üblich. Wenn ein bekannter griechischer Philosoph in eine Stadt kam, wurde er vorher angekündigt, und es wurde ein ziemlich gutes Gehalt für seinen Aufenthalt in dieser Stadt und für seine Vorträge ausgehandelt. Bevor er in die Stadt kam, wurde ihm eine Auswahl von jungen Männern und jungen Frauen aus der Stadt entgegengeschickt, damit er sich den geeigneten Sexualpartner aussuchen konnte. Das war damals gerade im griechischen Teil des Römischen Reiches gängige Praxis bei berühmten Rednern.
Paulus sagt, wir hatten keine unreinen Motive. Wir wollten nicht euer Geld, wir wollten keinen Sex mit euren jungen Leuten, wir wollten nicht einmal möglichst viele Anhänger sammeln, damit wir wichtig sind. Das ist alles nicht das, was uns angetrieben hat.
Er fasst es noch einmal zusammen in Vers 10 von Kapitel 2, wo er sagt: „Ihr seid Zeugen und Gott, wie heilig und gerecht und untadelig wir gegenüber euch, den Glaubenden, waren.“ Gerade diese materiellen Interessen wollte er wirklich entkräften, sodass niemand denken kann, sie hätten materielle Interessen gehabt.
Wenn wir Vers 5 lesen, schreibt er: „Niemals sind wir mit schmeichelnder Rede aufgetreten, wie ihr wisst, noch mit einem Vorwand für Habsucht. Gott ist Zeuge.“ Wir haben nie irgendwelche Tricks angewandt, um euch doch noch irgendwie euer Geld aus der Tasche zu ziehen – und wenn es erst im Nachhinein ist. Gott ist Zeuge.
Wir suchten nicht Ehre, und Ehre war oft verbunden mit materieller Anerkennung. Wir suchten nicht Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen, obwohl wir euch als Christi Apostel zur Last sein konnten. Er sagt, wir hätten als Apostel Gottes sogar das Recht darauf gehabt, in dem Augenblick, wo ihr euch zu Gott wendet, dass ihr uns materiell unterstützt. Aber wir wollten das nicht.
Wir haben nicht einmal das in Anspruch genommen, was unser Recht gewesen wäre, von euch versorgt zu werden. Wir wollten auf keinen Fall, dass der Verdacht aufkommt, es ginge uns um Geld. Wir hatten völlig andere Motive.
Eigeninteressen machen jede Autorität letzten Endes zunichte. Wenn Menschen predigen, weil sie Geld dafür bekommen, verliert ihre Autorität letzten Endes an Bedeutung. Denn niemand weiß dann mehr, warum sie das tun. Machen sie das, weil sie wirklich einen Auftrag von Gott haben? Weil sie wirklich ein Anliegen für die Botschaft Gottes haben? Oder machen sie das, weil das ihr Beruf ist?
Paulus sagt, wir wollten nie, dass irgendjemand in Zweifel ziehen kann, warum wir das tun. Darum haben wir in dieser Zeit nicht euer Geld genommen, obwohl wir sogar ein Recht darauf gehabt hätten. Er sagt, unser Rat bei euch kam nicht aus Unreinheit, nicht aus unechten Motiven.
Dieses Wort „Unreinheit“, das wir gelesen haben, ist von zwei anderen Worten eingerahmt, die sehr ähnlich sind. Er sagt: Unser Wort bei euch, unser Rat zu euch, kam nicht durch Betrug, nicht durch Unreinheit und nicht durch List.
Betrug und List klingen ja schon sehr ähnlich. Schauen wir uns kurz zunächst den Begriff List an. Bei List geht es, glaube ich, hier um die Methode. Er sagt, wir haben nicht getrickst mit unseren Methoden. Wir haben euch nicht in die Irre geführt. Wir haben keine zweifelhaften Methoden bei unserer Evangeliumsverkündigung angewandt.
Wir haben euch keine falschen Versprechungen gemacht. Wir haben euch nicht mit irgendeinem Vorwand eingeladen, um euch etwas ganz anderes zu vermitteln. Wir haben euch nicht für eine Fußballübertragung eingeladen und euch vorher nicht verraten, dass wir euch noch etwas Religiöses vermitteln wollen – dabei in der Pause. Wir waren transparent. Wir haben gesagt, warum wir hier sind. Wir haben gesagt, was unsere Botschaft ist. Wir haben keine List angewandt, um euch irgendwie zu fangen.
Wir haben euch nicht zum Beispiel Wichtigkeit versprochen. Weißt du, wenn du unserer neuen Gemeinde beitrittst, dann brauchen wir genau dich mit deinen Gaben und Fähigkeiten. Uns fehlt jemand, der so musikalisch ist wie du. Paulus sagt, dass wir nie mit schmeichelnder Rede unterwegs gewesen sind. Wir haben ein klares Evangelium verkündet: Nicht „Wir brauchen dich“, nicht „Gott braucht dich“, nicht „Wäre es nicht attraktiv, eine führende Rolle in dieser neuen Gruppe zu bekommen?“ Sondern: „Du brauchst Gott, du brauchst das Evangelium. Nicht Gott braucht dich, du brauchst Gott.“ Das war unsere Botschaft.
Wir haben nicht versucht, euch mit List zu fangen. Also bei List geht es ein bisschen um die Methoden.
Bei Betrug geht es um die Inhalte. Ihr könnt im Nachhinein eindeutig sehen, dass wir euch nicht betrogen haben. Wir haben euch gesagt, was wahr ist. Wir haben euch keine falschen Inhalte vermittelt oder falsche Ziele vor Augen gestellt.
Wie gesagt, wir haben keine falschen Versprechungen gemacht. Wenn du zu Jesus kommst, werden sich alle deine Probleme lösen, du wirst reich und gesund. Er sagt, wir haben euch nicht betrogen. Ihr habt an uns gesehen, dass man nicht reich und gesund wird, wenn man Jesus folgt. Ihr habt gesehen, dass wir aus Leiden und Verfolgung aus Philippi kamen. Ihr habt gesehen, dass wir von vornherein Druck hatten, als wir nach Thessalonich kamen.
Wir haben euch nicht irgendetwas versprochen, dass es schön wird, wenn ihr Jesus nachfolgt. Wir haben euch die ehrliche Botschaft gesagt, und wir haben euch auch gesagt und gezeigt, was es bedeutet, ein konsequenter Nachfolger Jesu zu sein: Dass sich nicht alle Probleme lösen, dass ihr vielleicht sogar das eine oder andere Problem habt, das ihr vorher nicht hattet.
Ihr wisst, wir haben nichts verbreitet, von dem wir selbst nicht hundertprozentig überzeugt gewesen wären. Als wir zu euch kamen mit dem Evangelium, haben wir das nicht mit falschen Inhalten und falschen Versprechungen gemacht. Wir haben es nicht mit falschen Motiven gemacht, und wir haben es nicht einmal mit falschen Methoden versucht, euch zu gewinnen.
Wir hatten nie ein anderes Ziel, als dass Menschen wirklich Menschen Gottes werden. Und ich sage euch das noch einmal, sagt Paulus, und eigentlich wisst ihr das, wenn ihr zurückdenkt an die Zeit, wie wir bei euch waren. Ihr wisst, wie das war.
Die persönliche Hingabe und das Leben als Teil der Mission
Leute, sagt er, wir haben viel, viel mehr gegeben als nur das Evangelium.
In Vers 8 heißt es: „Es gefiel uns wohl, euch nicht nur das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen.“ In meiner Übersetzung steht „mitteilen“. Das ist im Deutschen ein etwas zwiespältiges Wort. Ich meine, „ich teile dir was mit“ bedeutet oft, dass ich dir etwas erzähle, was ich erfahren habe. Aber hier ist das nicht gemeint.
Er sagt nicht, dass wir nur von uns selbst geredet haben. Er sagt, wir haben unser eigenes Leben mit euch geteilt, wir haben es investiert. Denn ihr erinnert euch, Geschwister, an unsere Mühe und Beschwerde: Nacht und Tag arbeiteten wir, damit wir niemandem von euch zur Last fielen, und predigten euch das Evangelium Gottes.
Wisst ihr, für uns war es nicht so, dass wir einfach zu euch kamen, ein paar nette Vorträge hielten und dann einen gemütlichen Abend verbrachten. Nein, unsere Missionskasse war leer. Wir bekamen ein wenig Unterstützung aus Philippi, aber letzten Endes mussten wir selbst schauen, wie wir über die Runden kommen.
Wir haben gearbeitet und uns Arbeit gesucht, um unseren Lebensunterhalt zu sichern. So mussten wir nichts von euch annehmen. Zusätzlich haben wir viel Zeit in euch, in das Evangelium und in persönliche Begegnungen investiert. Nacht und Tag haben wir auf die eine oder andere Weise gearbeitet.
Wir haben nicht nur Worte gemacht und ansonsten ein gemütliches Leben geführt. Wir haben unsere Kraft und unser Leben in euch investiert. Erinnert euch daran.
Die emotionale Bindung an die Gemeinde
Und vielleicht sind die zentralen Verse in diesem Abschnitt die Verse sieben und acht. Paulus sagt: „Wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine stillende Frau ihre eigenen Kinder pflegt. So da wir ein sehnliches Verlangen nach euch haben, gefiel es uns, euch nicht allein das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden wart.“
Er sagt, es ist etwas passiert, das vielleicht nicht immer geschieht und auch nicht selbstverständlich ist. Schon ganz schnell, als wir da waren, sind viele von euch uns ans Herz gewachsen. Manche waren offen fürs Evangelium, manche hatten sich vielleicht sogar schnell bekehrt. Es ist eine tiefe Verbindung zwischen euch und uns entstanden. Ihr seid uns lieb geworden, ganz persönlich. Ihr wart nicht nur Missionsobjekte. Ihr wart nicht nur Zahlen, über die wir später berichten, etwa: „Wow, in Thessaloniki haben sich 143 Leute bekehrt.“ Ihr wart für uns keine Zahlen, sondern Menschen, die uns persönlich ans Herz gewachsen sind.
Paulus schreibt, wir waren in eurer Mitte wie eine stillende Frau, die ihre eigenen Kinder pflegt. Das ist ein spannender Ausdruck, denn eigentlich wird hier nicht das Wort für Mutter verwendet, sondern das Wort für Amme. Damals, in den hochstehenden adeligen Kreisen, bekam eine Frau zwar Kinder, stillte sie aber nicht selbst. Das hätte ihrer Schönheit abträglich sein können und war auch zu mühsam. Stattdessen wurde eine Frau aus dem einfachen Volk verpflichtet, die selbst gerade ein Kind hatte. Sie wurde angestellt, um das hochwohlgeborene Kind zu stillen und sich um das Kind zu kümmern – quasi als Kindermädchen.
Die hochwohlgeborene Dame hatte zwar ein Kind bekommen, doch dieses kam ab der dritten Woche, damals oft sogar noch früher, in die Obhut der Amme. Sie hatte wenig Kontakt zu ihrem Kind. Diejenige, die wirklich Kontakt zum Kind hatte, es prägte und liebte, war die Amme.
Paulus sagt: So waren wir bei euch – nicht wie Menschen, die ein Kind bekommen und es dann anderen überlassen, sondern wie eine Frau, die sich um ihr eigenes Kind kümmert. Und jetzt setzt er noch eins drauf: Wir waren nicht wie eine Amme, die sich um fremde Kinder kümmert, sondern wie eine Amme, die sich um ihre eigenen Kinder kümmert. So seid ihr für uns geworden, und so sind wir mit euch umgegangen, weil ihr uns lieb geworden wart.
Darum haben wir so viel investiert. Darum haben wir das Risiko auf uns genommen, erneut verfolgt zu werden. Darum haben wir hart gearbeitet, obwohl wir das Recht gehabt hätten, finanziell versorgt zu werden. Wir haben euch innerlich adoptiert. Ihr seid wie unsere eigenen Säuglinge für uns geworden.
Wir haben jede professionelle Distanz aufgegeben. Wir sind das Risiko eingegangen, uns emotional an euch zu binden, obwohl wir wussten, wie stark man verletzt werden kann, wenn man sich öffnet und verletzlich macht. Wenn derjenige, für den man sich so öffnet und in den man so viel investiert, einen irgendwann ablehnt. Wir sind dieses Risiko eingegangen. Wir haben uns als Personen emotional für euch geöffnet. Wir haben uns investiert, ohne Rückhalt – wie eine Mutter, die sich in ihre eigenen Kinder investiert.
Die väterliche Fürsorge und Lebensperspektive
Wenn wir uns zum Abschluss dieses Abschnitts Kapitel 2, Verse 11 und 12 anschauen, sehen wir, dass Paulus ein zweites Bild zu dem zentralen Bild der Mutter ergänzt, die sich um ihre eigenen Säuglinge kümmert.
Vers 11 lautet: "Ebenso wie ihr wisst, wie wir jeden einzelnen von euch wie ein Vater seine eigenen Kinder ermahnt und überzeugt und gedrängt haben, würdig des Gottes zu wandeln, der es zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit beruft."
Paulus sagt hier, dass wir nicht nur wie aufopferungsvolle Mütter waren, sondern auch wie weitsichtige Väter. Das mag etwas klischeehaft und übertrieben klingen. Jemand hat einmal gesagt: Die Mutter eines Säuglings überlegt sich, welchen Brei er braucht, was seine erste Nahrung sein soll, wenn sie ihn nicht mehr vollständig stillt, und welche Windelgröße gerade passend ist. Der Vater hingegen denkt schon daran, auf welche Universität der Junge später einmal gehen soll.
Paulus betont jedoch, dass ihr für uns auch wie Väter wart – Väter, die euch Perspektiven fürs Leben geben wollten. Ihr solltet nicht nur für den Moment versorgt werden, sondern eine Lebensperspektive erhalten. Ihr wart für uns wie eigene Kinder. Zum zweiten Mal wird in diesem Abschnitt das Wort „eigene“ verwendet.
Die Frau, die ihre eigenen Kinder pflegt, der Vater, der für seine Kinder Perspektiven hat – ebenso wart ihr für uns in jeder Hinsicht wie eigene Kinder. Wir legten großen Wert darauf, euch eine umfassende Sicht von Gott zu vermitteln, wie Gott wirklich ist. Ja, der Gott, der euch liebt, aber auch der heilige Gott.
Es war uns wichtig, dass ihr Gott so seht, wie er wirklich ist – auch in seiner Würde und Heiligkeit. Wir versuchten euch zu zeigen, welche Ehre und Würde darin steckt, zu diesem Gott berufen zu sein und zu ihm zu gehören.
Paulus schreibt: Gott hat euch berufen, und das haben wir versucht, euch schon damals zu vermitteln. Gott hat euch berufen zu seinem eigenen Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit.
Ihr wart für uns nicht nur unsere eigenen Kinder in unserer Rolle als Mütter und Väter, sondern wir haben euch auch vermittelt, dass Gott euch zu seinem eigenen Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit berufen hat. Ihr seid seine eigenen Leute. Das ist noch eine größere Würde, sagt Paulus, als unsere eigenen Kinder zu sein.
Würdig des Gottes zu leben und sich dieser Berufung würdig zu erweisen – das ist wirklich ein hohes Ziel. Aber diese Väter, diese Missionare, hatten genau dieses Ziel: dass die Menschen, die durch sie zum Glauben kommen, sich dieses Gottes würdig erweisen.
Die Herausforderung der persönlichen Investition in Menschen
Ja, müssen Christen evangelisieren? Nun, es geht dabei nicht nur darum, eine Pflicht zu erfüllen. Es geht natürlich schon gar nicht darum, sich einen persönlichen Vorteil zu verschaffen.
In meinen vielen christlichen Kreisen wird es sehr hoch angesehen, wenn ich Beziehungen zu Menschen aufbaue, die noch nicht gläubig sind, und wenn ich viel in diese Beziehungen investiere. Manche schauen bewundernd auf mich, wenn ich das tue, wenn ich das kann, wenn ich es immer wieder schaffe. Doch es geht nicht einmal um diese Ehre.
Es geht vielmehr darum, das Risiko einzugehen, sich wirklich in Menschen zu investieren. Heute haben wir meistens nicht das Risiko von Verfolgung hier in unserem Land. Aber es ist ein Risiko, sich in Menschen zu investieren, sich emotional zu öffnen und sich verletzlich zu machen. Das kann immer wieder wehtun.
Jedes Mal, wenn man so einen Schmerz erfahren hat, weil man enttäuscht worden ist, ist es eine neue Überwindung, es noch einmal zu tun. Noch einmal einen Menschen so nah an sich heranzulassen. Paulus hat gesagt, dass es für uns ein wesentlicher Teil davon war, das Evangelium zu jemandem zu bringen: Menschen an uns heranzulassen.
Das betrifft die Evangelisation, aber auch die Begleitung von Menschen, die vielleicht schon gläubig geworden sind, vielleicht noch nicht so lange. Wenn wir versuchen, ihnen die ersten Schritte beizubringen, ist es immer auch ein Investieren. Es ist immer auch ein Risiko. Es ist immer etwas, bei dem wir uns verletzlich machen, wenn wir uns wirklich in Menschen investieren.
Paulus beschreibt in diesen zwölf Versen, wie sie das als Missionsteam damals getan haben, wie auf diesem Weg die Gemeinde in Thessalonich entstanden ist. Vielleicht ist es eine Frage, die nicht nur für die Thessalonicher gilt, sondern auch für uns: Gibt es jemanden in deinem Leben – vielleicht abgesehen von deinen eigenen Kindern oder deinem Ehepartner – in den du dich gerade investierst?
Investierst du dich in jemanden, damit er den Herrn kennenlernen kann, damit er die ersten Schritte mit dem Herrn geht oder weil er aus irgendeinem Grund gerade deine Hilfe, deine Unterstützung oder dein Vorbild braucht? Paulus sagt: „Wir haben euch nicht nur Worte gesagt, wir haben unser Leben in euch investiert.“
Und was würdest du sagen: Gibt es jemanden in deinem Leben, in den du gerade dein Leben investierst? Denn darum steht dieser Abschnitt da – um die Thessalonicher daran zu erinnern, aber auch um uns ein Beispiel, ein Vorbild und eine Herausforderung zu sein. Gibt es jemanden, in den du gerade dein Leben investierst oder vielleicht investieren solltest?