
So, ja, es geht weiter – weiter mit der Dynamik geistlichen Lebens. Achtet auf neun Predigten, ihr habt es fast geschafft. Im Januar machen wir Schluss, so der Herr will und wir leben. Aber bis dahin schauen wir uns noch einmal unseren Text an.
Frank, darf ich die erste Folie haben? Danach bitte mit dem Text. Oh, das ist lieb.
2. Petrus 1,5-8 – das ist unser Leittext zu dieser ganzen Predigtreihe. Eben deshalb wendet allen Fleiß auf und reicht in eurem Glauben die Tugend, in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottesfurcht, in der Gottesfurcht aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe. Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und zunehmen, lassen sie euch im Hinblick auf die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus nicht träge und nicht fruchtlos sein.
Schön, oder? Also so simpel. Du sagst, hey, ich möchte den Herrn Jesus erkennen, ich möchte mit ihm leben, das soll klappen. Und Petrus sagt: Kein Ding, hier acht Punkte, kannst du dir merken, brauchst du irgendwie fünf Minuten, hast du den Vers auswendig gelernt und fang an. Es ist nicht kompliziert.
Lasst uns geistliches Leben wirklich nie kompliziert machen. Das ist einfach nur lang, das ist schwierig, aber es ist nicht kompliziert. Acht Sachen mal zu durchdenken und mal zu überlegen, was das heißt, und einfach ein klein bisschen weiterzukommen, ist nicht kompliziert.
Ihr habt alle irgendwo Schule, Ausbildung, Uni oder Arbeit schon Dinge gemeistert, die deutlich schwerer sind. Also eine Einkommensteuererklärung sauber auszufüllen, wenn du keine Ahnung hast – so von Null auf Einkommensteuererklärung – ist schwieriger als dieser Text.
Und von daher: Die Verheißung ist aber größer. Ja, die Verheißung bei einer Einkommensteuererklärung ist eine Rückzahlung. Hier geht es darum, dass wir den Herrn Jesus kennenlernen, dass wir ihn verstehen, indem wir ihm ähnlicher werden. Ist das cool?
Na ja, okay, also wir haben schon einige Punkte. Letztes Mal haben wir Punkt ausharren besprochen. Heute geht es um Gottesfurcht. Und der Begriff hat es in sich.
Wenn man mal in unterschiedliche Bibelübersetzungen reinschaut, stellt man fest, dass er ganz unterschiedlich übersetzt wird – also einfach nur vom Wort her. Hier steht in der Elberfelder Bibel „Gottesfurcht“, früher stand dort „Gottseligkeit“. Ich habe den Vers noch früher auswendig gelernt, von daher lerne ich ihn immer noch mit „Gottseligkeit“ und muss, wenn ich frei zitiere, immer überlegen, dass ich nicht das falsche Wort sage.
Lieste man Luther oder die Gute Nachricht, steht dort „Frömmigkeit“, ein ganz anderer Begriff. Die Hoffnung für alle macht daraus „wahre Liebe zu Gott“, und die Neue Genfer Übersetzung verwendet „Ehrfurcht vor Gott“.
Wenn ich nun einen Begriff habe, der in unterschiedlichen, durchaus guten Übersetzungen unterschiedlich wiedergegeben wird, dann hat das damit zu tun, dass es manchmal im Griechischen Begriffe gibt, die nicht so einfach eins zu eins zu übertragen sind. Das ist typisch für Übersetzungen.
Wenn du eine Übersetzung machst, von einer Sprache in eine andere, dann hast du ein Wort in der einen Sprache. Hinter diesem Wort steht ein Wortfeld, also ein Bedeutungsspektrum, das dieses Wort umfasst. Wenn du jetzt in der Zielsprache, in diesem Fall Deutsch, nicht genau so ein Wort mit einem ähnlichen Wortfeld hast, dann wird es einfach schwierig.
Ihr habt das alle mit Sicherheit schon bei dem Wort Parakaleo erlebt. Das Wort kann man übersetzen mit ermahnen, ermuntern und trösten. Da denkt man sich: „Hä, ja, was denn jetzt?“ Es ist doch ein deutlicher Unterschied, ob ich jemanden ermahne, ermuntere oder tröste.
Na ja, Parakaleo bedeutet so viel wie „Wir geben anderen den Tritt, den sie brauchen.“ Das kann ermahnen sein, es kann ermuntern sein, es kann trösten sein. Jetzt haben wir aber kein Wort, das dafür steht, dass man einander den nötigen Tritt gibt. Wir haben halt nur unterschiedliche Worte, und deswegen muss ich bei der Übersetzung überlegen, wie ich es übersetze. Und das ist dann vom Zusammenhang abhängig.
Hier heißt das Wort Eusebeia. Ich zeige euch mal, wie unterschiedlich dieser Begriff formuliert wird. Nächste Folie bitte.
Eusebeja kann als Begriff zunächst tatsächlich für „fromm sein“ stehen, also für mein Leben mit Gott – ich bin ein Frommer.
So heißt es in Apostelgeschichte 3,12: „Als aber Petrus es sah, sprach er zum Volk: Männer von Israel, was verwundert ihr euch hierüber? Oder was seht ihr so gespannt auf uns, als hätten wir aus eigener Kraft oder Frömmigkeit bewirkt, dass er gehen kann?“ Das ist ein Gelähmter, der gehen kann, und Petrus sagt, das ist nicht unser Frommsein, unsere Frömmigkeit. Versteht ihr?
Oder in 1. Timotheus 2,2: „Wir sollen beten für Könige und alle, die in Hoheit sind.“ Ich hoffe, ihr habt eure Gebetslisten aktualisiert. Falls nicht, ist jetzt dringend Zeit, denn es gibt neue Könige. Ich weiß zwar nicht, wann ihr angefangen habt zu beten, aber die Riege hat sich ausgetauscht. Also betet für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen in aller Gottesfurcht. Auch hier ist die Frömmigkeit einfach dieses Frommsein, dieses mein Leben mit Gott, so ganz einfach in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. So kann man das Wort Frömmigkeit verwenden.
Aber auf der nächsten Folie sehen wir, dass dasselbe Wort auch einen Standard rechten Verhaltens beschreibt. Dabei geht es mehr um die Gebote.
In 1. Timotheus 6,3 heißt es: „Wenn jemand anders lehrt und sich nicht zuwendet den gesunden Worten unseres Herrn Jesus Christus und der Lehre, die gemäß der Gottesfurcht ist.“ Versteht ihr? Da ist ein Standard. Wenn ich etwas gemäß einer Sache mache, dann ist dieses gemäß dessen, wie ich es tue, der Standard. Die Lehre ist also gemäß der Gottesfurcht.
Oh, spannend! Einmal bedeutet es nur fromm sein, mein Leben mit Gott, und jetzt plötzlich ist es ein Begriff für den Standard.
Oder Titus 1,1: „Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die gemäß der Gottesfurcht ist.“ Wieder dieser Gedanke: Gottesfurcht als ein Standard, nach dem ich lebe.
So, machen wir es noch ein bisschen komplizierter.
Auf der nächsten Folie hatten wir einmal die Frömmigkeit, einmal den Standard. Jetzt kann das Ganze aber auch mein praktisches Leben mit Gott bedeuten. Eine ganz bekannte Stelle ist 1. Timotheus 4,7-8: „Die unheiligen und altweiberhaften Fabeln aber weise ab, übe dich aber zur Gottseligkeit!“ Oder hier steht Gottesfurcht. Ihr merkt, ich habe es auswendig gelernt – ich rutsche dann immer in meine Gottseligkeit rein. Ich kann da gar nicht anders. Das ist richtig blöd, aber gut.
„Übe dich aber zur Gottseligkeit.“ Hier kann man etwas trainieren. Und dann der Vergleich: „Denn die leibliche Übung ist zu wenig nütze.“ Da merkt ihr schon, das ist wie so ein praktisches Leben. Die Gottesfurcht aber ist zu allen Dingen nütze, weil sie die Verheißung des Lebens hat, des jetzigen und des zukünftigen.
Also hier dasselbe Wort: Eben war es noch gemäß der Gottesfurcht der Standard, jetzt geht es ganz praktisch: „Übe dich aber zur Gottseligkeit.“
Machen wir noch den letzten Aspekt.
Eusebeja kann auch einfach Furcht Gottes beschreiben. Das kommt sehr schön in 2. Petrus 3,11 heraus und auch in ein paar Stellen in der Septuaginta.
„Da dies alles so aufgelöst wird, was für Leute müsst ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottesfurcht?“ Ich rutsche immer wieder da rein, vergebt mir das nicht. Das sind so Standardverse, die lernt man irgendwann auswendig. Wenn man sie dann vorliest, rutscht man automatisch in das rein: „in heiligem Wandel und Gottesfurcht.“
Hier geht es um die Zerstörung der Welt. Petrus sagt: Überlegt mal, wenn Gott kommt und diesen Kosmos schnipp, in Feuer aufgehen lässt – was für Leute müsst ihr da sein? In heiligem Wandel, das ist das Praktische, aber eben auch, wie wir zu Gott stehen. Hier ist Gottesfurcht wirklich Furcht.
So, vier Aspekte.
Ihr könnt jetzt sagen: Das ist mir zu schematisch, das verstehe ich. Es ist auch ein bisschen willkürlich. Das ist aber nicht schlimm, denn mir geht es erst einmal nur darum: Ich hatte gesagt, unterschiedliche Bibelübersetzungen tun sich ein bisschen schwer, diesen Begriff zu übersetzen. Und jetzt merken wir: Na klar, wenn ich so einen Begriff habe mit so unterschiedlichen Bedeutungen, ist das einfach nicht leicht. Zumal dann, wenn der Zusammenhang, ich will mal sagen, an unserer Stelle halt erst einmal nicht vorgibt, worum es geht.
Außerdem müsste man ja sagen: Wenn ich über jemanden sage, dass er fromm ist, oder wenn ich zu dir sage, du bist eine Fromme – was heißt das eigentlich? Dabei fließen verschiedene Aspekte zusammen.
Der Begriff Eusebeya, wenn man ihn in der antiken Literatur verfolgt, bezeichnet zunächst das, was man einem Gott entgegenbringt. Es ist kein typischer Begriff für eine Eigenschaft einer Person. Vielmehr geht es darum, dass ich einen Gott habe und mein Umgang mit diesem Gott Eusebeya ist – also das, was ich tue, um diesem Gott zu gefallen.
Wenn ich mir überlege, was es bedeutet, fromm zu sein, dann merken wir logisch: Ein Frommer hat einen Standard im Leben. Das ist völlig logisch, denn du kannst nicht fromm sein ohne einen Standard. Gott gibt den moralischen Kompass eines Frommen vor. Für einen Frommen ist das Leben nicht beliebig, da gibt es Regeln.
Mein Umgang mit Gott hat also einen starken Regelcharakter. Es geht darum: Was will Gott von mir?
Ein zweiter Punkt: Es bleibt natürlich nicht bei den Regeln. Einfach nur zu sagen, ich habe einen Standard, macht mich noch lange nicht fromm. Ich muss auch nach diesem Standard leben. Ein Frommer, der nur sagt: „Ich weiß, was richtig ist, aber ich tue es nicht“, den würden wir niemals als fromm bezeichnen.
Frömmigkeit hat also damit zu tun, dass ich das, was ich weiß, im Leben auch praktiziere. Wenn jemand ungerecht lebt, dann ist völlig klar, wie die Bibel den Begriff Eusebeya verwendet: Ungerechtigkeit und Gottesfurcht schließen sich einfach aus. Das ist so.
Deshalb ist klar: Gottesfurcht hat, wenn ich sie umsetze, also wenn der Standard nicht nur Theorie bleibt, sondern zur Praxis wird, eine besondere Bedeutung. Deshalb kannst du auch sagen: Übe dich in der Gottesfurcht. Hinter dem Wort „üben“ steckt das griechische Wort Gymnazo. Das klingt nach Gymnastik, nach Sport, nach schweißtreibendem Trainingsplan. Stimmt.
Im geistlichen Leben gibt es also einen Aspekt, wo ich mich anstrenge und überlege, wie ich das, was Gott will, in meinem Leben umsetzen kann. Logisch.
Dazu kommt natürlich immer beim Frommen auch die Gottesfurcht im Herzen. Die Frage ist: Mit welcher Haltung tust du das? Du bist nämlich nicht fromm, wenn du dich an die Gebote Gottes hältst, weil du denkst: „Das mache ich mal, dann mögen mich alle in der Gemeinde.“ Das ist nicht fromm sein, das ist vielleicht einfach nur schlau, so bauernschlau. Aber es ist nicht fromm, wenn du dich an Dinge hältst, weil du denkst, das bringt mir etwas. Da stimmt etwas nicht.
Der wirklich Fromme hat den Standard, versucht diesen Standard umzusetzen, und in seinem Herzen ist echte Gottesfurcht. Er fürchtet Gott, weiß, mit wem er es zu tun hat, und das flößt ihm eine ordentliche Portion Respekt ein. Vielleicht sogar noch mehr.
Für alle Jungen unter euch: Es gibt ein neues Buch auf dem Markt, „Überrascht von Furcht“. Ihr kennt es vielleicht schon. Gut, also man kann es mal lesen.
Für alle über 40: Ihr braucht es nicht zu lesen, weil es nicht für euch geschrieben ist. Es ist zu modern für Leute über 40, habe ich den Eindruck. Ich habe versucht, es zu lesen, aber es hat mich nicht angesprochen. Aus meiner Jugendgruppe höre ich dagegen: „Wah, tolles Buch!“ Ich merke: Na ja, ich lese andere Bücher, aber wenn du jung und klein bist, ist „Überrascht von Furcht“ ein tolles Buch, um sich mit dem Thema Gottesfurcht zu beschäftigen.
Ich weiß, dass das Thema Gottesfurcht eines ist, mit dem man sich nicht gern beschäftigt. Dennoch bin ich immer wieder erstaunt, wie präsent dieses Thema auch im Neuen Testament ist. Zum Beispiel heißt es im Hebräerbrief Kapitel 12, Vers 28: „Da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns dankbar sein und Gott wohlgefällig dienen mit Scheu und Furcht.“
Hier sehen wir also, dass wir das Reich Gottes empfangen. Das führt uns zur Dankbarkeit, aber auch dazu, zu begreifen, wer Gott ist. An dieser Stelle wird das Wort „Furcht“ verwendet, das im Griechischen das normale Wort für Furcht ist. Es geht mir darum zu zeigen, dass Furcht ein wichtiger Aspekt für Menschen ist, die mit Gott leben. Also für diejenigen, die sagen: „Ich bin dankbar, ich gehöre zu diesem Reich Gottes.“
Dazu kommt noch etwas, worauf ich mich freue: Wenn wir Gott begegnen, dann darf das immer wieder mit Scheu und Furcht geschehen. Das ist nichts Verkehrtes. Sogar der Herr Jesus spricht mit seinen Jüngern darüber, dass sie sich vor Gott fürchten sollen. Ich lese euch das aus Lukas 12, Vers 4 vor: „Ich sage euch aber, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts weiter zu tun vermögen. Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt.“
Hier sagt Jesus also, dass es jemanden gibt, den es zu fürchten gilt. Er beschreibt Gott und sagt: „Fürchtet den, der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen.“ Er betont: „Ich sage euch, diesen fürchtet.“
Es ist also nichts Falsches daran, Gott zu fürchten. Ich glaube sogar, dass es in unserer heutigen Zeit noch wichtiger ist. Denn ich sehe viele Menschen in unserer Gesellschaft, die von Ängsten beherrscht werden. Diese Ängste können verschieden sein: die Angst, dass die Wirtschaft zusammenbricht, die Angst vor Krankheit oder Tod, oder die Angst, von einem tyrannischen System beherrscht zu werden. Das sind die drei großen Ängste, die derzeit durch die Gesellschaft schweben.
Der Clou in der Bibel ist: Wenn wir Gott mehr fürchten als alles andere, dann nimmt uns das die Furcht vor dieser Welt. Jesus sagt: „In der Welt habt ihr Angst.“ Das ist zwar nicht unser Hauptthema heute, aber denkt ruhig in diese Richtung weiter.
Wer Gott fürchtet, fürchtet nichts anderes mehr. Und wenn du merkst, dass du dich vor etwas in dieser Welt fürchtest, dann ist die Antwort oft: Fang an, Gott mehr zu fürchten. Mach dir mehr Gedanken darüber, wie du Gott gefallen kannst, wie du ihm zeigen kannst, dass er deine Nummer eins ist. Setz dich mehr dafür ein, ihn nicht zu enttäuschen, und lass dich nicht von den Versuchen der Welt beeinflussen, in dein Leben und deine Emotionen hineinzuwirken.
Wenn ich sehe, wie die Streitigkeiten in der evangelikalen Welt rund um Covid verlaufen, habe ich den Eindruck, dass man sich zu wenig vor Gott fürchtet und viel zu viel vor den Pseudoproblemen dieser Welt.
Ich möchte nicht über Covid sprechen. Was ich sagen will, ist: Es gibt eine gesunde Furcht vor Gott, die mehr ist als nur Respekt. Deshalb möchte ich mit euch etwas ganz Einfaches machen und etwas wiederholen.
Petrus sagt ja, es ist nicht schlimm, Dinge zu wiederholen. Vor sechs Jahren habe ich bei euch eine Predigt über konstruktive Furcht gehalten. Ich werde jetzt etwa anderthalb Seiten aus diesem Predigtskript wiederholen, einfach weil es guter Stoff ist. Ich möchte nicht mit neuen Worten sagen, was ich damals schon gesagt habe. Außerdem gehe ich davon aus, dass ihr euch nicht mehr Wort für Wort daran erinnert.
Was habe ich damals zum Thema Gottesfurcht gesagt? Konstruktive Furcht war das Thema. Es gibt auch destruktive Furcht. Wenn ihr darauf eingehen wollt, hört euch am besten die beiden Predigten dazu an.
Wir hatten eine destruktive Furcht und eine konstruktive Furcht. In der Predigt über konstruktive Furcht habe ich gesagt, dass es gut ist, wenn wir vor Gott erschaudern. Gott ist tatsächlich der schreckliche, unaufhaltsame und unparteiische Vergelter alles Bösen.
Wisst ihr, wenn Gott einmal zum Gegenschlag ausholt, wenn die Zeit der Gnade vorbei ist, wenn Gott dem Sünder die Sünde heimzahlt und abrechnet, dann bleibt am Ende nur Weinen und Zähneknirschen. Da bleibt nichts weiter.
Manche denken vielleicht, dass diese Vorstellung von einem Gott, der richtet, nur alttestamentlich sei. Sie glauben, im Neuen Testament fänden wir nur einen Gott reiner, ausschließlicher Liebe und müssten den zornigen Gott hinter uns lassen. Das ist aber eine absolute Fehlanzeige!
Ich habe euch die entsprechenden Stellen gezeigt. Ich weiß, dass die liberale Theologie das anders sieht. Aber das ist eine Theologie, die sowieso nicht an die Auferstehung Jesu glaubt, nicht ans ewige Gericht und nicht daran, dass Gott Mensch geworden ist. Ich weiß, dass man uns das verkaufen will, aber ich möchte dringend bitten und ein Stück weit warnen: Glaubt nicht diesen Unsinn!
Lest lieber C. S. Lewis’ Narnia-Bücher. Falls ihr sie nicht kennt: Das ist eine Geschichte mit Kindern, die in ein Märchenreich kommen. Im zweiten Band, „Der König von Narnia“, ist der König immer ein Löwe. Neben diesem Löwen Aslan gibt es noch ein kleines Mädchen namens Lucy.
In Band zwei kommt Lucy nach Narnia und trifft auf Familie Biber. Frau Biber erzählt Lucy, dass der Retter aller, der große Retter, ein Löwe ist. Lucy, das kleine Mädchen, erschrickt und fragt: „Dann ist man also nicht sicher vor ihm?“
„Sicher?“, wiederholt der Biber. „Ja, hast du denn nicht zugehört, was meine Frau gesagt hat? Wer hat denn von sicher geredet? Natürlich ist man nicht sicher vor ihm. Aber er ist gut, und er ist der König.“
Manchmal muss man eben Kinderbücher lesen, wenn man gute Theologie bekommen möchte. Das war aus Band zwei, „Der König von Narnia“.
Wer Gott fürchtet, der hat einfach nur realisiert, wer Gott ist. Und wenn Gott nicht gut wäre, dann könnten wir alle einpacken. Deswegen hat, wer Gott fürchtet, zutiefst verstanden, dass jede Sünde, die wir tun, ein Schritt weg von Gott, weg vom Leben ist – Richtung Hölle, Richtung absolute Finsternis und Verlorenheit.
Wer Gott fürchtet, steht sprachlos vor dem Kreuz und erschrickt. Er erschrickt über den unaussprechlichen Zorn, mit dem der Vater den Sohn verurteilt. Er erschrickt, wenn er sich vorstellt, wie ewige Liebe in unsagbaren Schmerz verwandelt wird.
Wer Gott fürchtet, ist begierig danach, diesem Gott zu gefallen, in seiner Nähe zu leben und ihn zu genießen. Wer Gott fürchtet, hat mehr Angst davor, Gott zu enttäuschen, als sein Leben zu verlieren.
Der kennt das Schaudern eines David, der sagt: „Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht, und deinen Heiligen Geist nimm nicht von mir.“
Mir geht es dabei nicht darum zu sagen: Ich habe Angst vor der Hölle. Darum geht es überhaupt nicht. Mir geht es darum, dass in der Gegenwart eines Gottes, den ich fürchte, den ich liebe, dem ich diene, dem ich folge und dem ich gehorche, die Lebensangst eben gerade nicht weg von Gott zu mir selbst hin treibt.
Wenn ich bei mir feststelle, dass ich bei mir keine Kraft finde, sondern wenn ich wirklich Gott finde, passiert Folgendes: Wenn ich wirklich Gott fürchte, dann treibt mich meine Lebensangst zu ihm hin.
Ich weiß, dass er gut ist. Ich weiß, dass das, was er angefangen hat, er vollenden wird. Und ich weiß, es gibt genau einen Ort im Universum, wo es überhaupt so etwas wie Sicherheit gibt – und das ist an seiner Seite.
Deswegen: Erst wenn Gottesfurcht Lebensangst überwindet, erst in diesem Moment werden wir in die Lage versetzt, produktiv mit unseren Ängsten umzugehen. Das kanntet ihr alle schon.
Okay, das habe ich jetzt nur noch einmal wiederholt. Wir kommen ja eigentlich von Eusebeya.
Bei Eusebeya ist es so, dass sich die Gottesfurcht aus dem Ausharren entwickelt. Ausharren bedeutet, unter Druck zu stehen. Es bedeutet auch, eine Entscheidung treffen zu müssen. Dabei stellt sich die Frage: Was fürchte ich mehr?
Ausharren heißt, Druck von außen zu spüren. Plötzlich stehe ich vor der Frage: Was mache ich jetzt in diesem Moment? Fürchte ich das, was mir gerade zusetzt, oder fürchte ich den, der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen? Welche Entscheidung treffe ich?
Wenn ich über den Begriff Eusebeya nachdenke, fällt mir auf, dass mir immer mehr Begriffe und Parallelen zu einem alttestamentlichen Begriff einfallen – nämlich der „Furcht des Herrn“. Wenn man dem nachgeht, findet man diese Mehrdeutigkeit im Alten Testament. Auch der Begriff „Furcht des Herrn“ beschreibt den Standard, das Leben mit Gott und meine innere Einstellung.
So ist es auch bei Eusebeya. Wenn ich den Begriff erklären müsste, merke ich, dass das nicht einfach in einer einzigen Predigt möglich ist. Wenn mich jemand bittet, diesen vielgestaltigen Begriff zu erklären, sage ich oft: Eusebeya ist das, was übrig bleibt, wenn man das Leben eines Heiden vom Leben eines Christen abzieht.
Es ist also eine einfache Subtraktion: Du stehst oben, der Heide steht unten, Strich drunter, Minus. Was bleibt übrig? Der Unterschied. Das ist Eusebeya – das, was du tust, was du denkst und welche Prioritäten du hast, die du im Leben eines Heiden nicht findest.
Frühstücken ist nicht Eusebeya, denn das macht der Heide auch. Den Gottesdienst besuchen? Da wird es schon anders. Ihr seid ja hier, das ist eher schon Eusebeya. Mit dem Auto fahren? Wahrscheinlich nicht Eusebeya. In der Bibel lesen? Wahrscheinlich schon.
So kannst du einfach abziehen, und was dann übrig bleibt, ist Gottseligkeit, Gottesfurcht, Ehrfurcht vor Gott – wie auch immer man es nennt. Es ist das, was man nicht ganz genau greifen kann, wo man einmal sagen kann: Achte darauf, dass deine innere Einstellung stimmt. Aber genauso muss man sagen: Achte darauf, dass deine Zeiteinteilung stimmt. Ebenso aber auch: Achte darauf, dass deine Ethik stimmt, dass deine Theologie stimmt.
All das gehört irgendwie zusammen, weil ich als ganzer Mensch Gott begegne. Gottesfurcht ist der Aspekt, der zum Ausdruck bringt, dass ich wirklich Christ bin.
Frömmigkeit hat eine intellektuelle, eine emotionale und eine sehr praktische Seite. Intellektuell beschäftige ich mich mit Gottes Wort. Emotional versuche ich, Gott zu fürchten. Praktisch lerne ich zu beten, bringe mich in der Gemeinde ein, faste, missioniere, spende und baue das Reich Gottes.
Merkt euch diese drei Seiten: Hirn, Herz und Hand. Alle drei gehören zusammen, damit Eusebeya wirklich Gottesfurcht wird.
Jetzt haben wir ja bei diesen Begriffen immer gefragt: Was ist das Gegenteil in diesem Kreislauf? Was wäre das Gegenteil von Gottesfurcht?
Hier ist das, glaube ich, recht einfach. Wenn Frömmigkeit oder Gottesfurcht meine Beziehung zu Gott beschreibt, meine echte Beziehung zu Gott, dann ist das Gegenteil von Eusebeia Heuchelei, Scheinheiligkeit, die fromme Schau. Das ist ein bisschen so wie „Keinleben“. Kein baut auch, er will auch Opfer bringen, aber er meint das alles nicht so ernst und macht es einfach nur, weil man es halt macht. Von daher ist das Gegenteil von Gottesfurcht Scheinheiligkeit.
Nächste Frage: Kann man denn zu fromm sein? Das ist spannend, weil natürlich würde jeder sagen, du kannst doch nicht zu viel Leben mit Gott haben. Aber jetzt schauen wir nochmal genauer hin.
Ich hatte gesagt, der Begriff als solcher, Eusebeia, beschreibt den Standard, meinen Umgang mit dem Standard und meine Haltung zu Gott. Wenn wir uns jetzt den Zyklus anschauen, dann taucht der Begriff an einer Stelle auf, wo wir das Thema Standard eigentlich schon abgehakt haben, denn den Standard haben wir schon beim Begriff Erkenntnis drin.
Das heißt, wenn Petrus in diesem Zyklus den Begriff Gottesfurcht verwendet, dann legt er den Schwerpunkt an eine bestimmte Stelle: nämlich dort, wo es um meine innere Einstellung geht und dorthin, wo es um das praktische Ausleben dieser inneren Einstellung geht. Also: Ich fürchte Gott und ich tue das, was er sagt.
Es geht in unserem Zyklus etwas weniger um Wissen, was man tun soll, weil das eher im Begriff Erkenntnis steckt. Jeder Begriff kann je nach Kontext unterschiedlich gebraucht werden. Hier an der Stelle ist der Schwerpunkt das praktische Tun und das innere Mitgehen dabei.
Wenn das stimmt, also wenn der Schwerpunkt mehr auf Furcht vor Gott und praktisches Leben mit Gott liegt und weniger auf Bibellesen, Predigt hören, Dazulernen, dann kann man sagen: etwas mehr Hand und Herz und etwas weniger Hirn.
Dann gibt es tatsächlich so etwas wie ein Zuviel an Frömmigkeit. Und damit meine ich Folgendes: Es gibt in der Kirchengeschichte immer wieder Entwicklungen, wo Menschen auf das Thema „Wie lebe ich mit Gott?“ einen ungesunden Schwerpunkt legen. Das geht dann hin in Richtung überzogener Frömmigkeitsübungen.
Ich mache euch mal aus der Kirchengeschichte ein extremes Beispiel: Es gibt da im vierten, fünften Jahrhundert die sogenannten Wüstenväter. Das sind Mönche, die lebten in der ägyptischen Wüste, hatten dort ihre Einsiedelei und waren tief versunken in Dinge wie Askese, Schweigen, Armut, Beten und führten eine zutiefst, in meinen Augen, weltfremde Beziehung mit ihrem Gott. Sie haben zum Beispiel stundenlang gebetet, indem sie einen Bibelvers immer und immer wieder aufsagten.
Das kannst du machen, so kannst du quasi mit dem Atmen einen Bibelvers aufsagen. Und wenn du das ein paar Stunden lang über Wochen und Monate machst, dann verselbstständigt sich das auch ein bisschen.
Wenn ich solche Entwicklungen sehe in der Kirchengeschichte, wo Leute das Thema „Ich will fromm sein, ich will hier meine Frömmigkeitsübung, ich will mein Alleinsein mit Gott“ auf eine ganz ungesunde Weise leben, so dass da eigentlich gar kein Platz mehr bleibt für irgendetwas anderes, einfach nur, weil ja auch sonst keiner mehr da ist, und du dann so halb verhungert in deiner Zelle auf die Wand starrst und deinen Bibelvers wiederholst, dann würde ich sagen, das geht mir tatsächlich zu weit.
Ich glaube nicht, dass wir heutzutage auf der Seite der Frömmigkeitsübungen vom Pferd fallen. Ich glaube, dass wir mehr beten können, mehr fasten können, dass wir uns mehr mit Gott beschäftigen dürfen und eher in einer Welt leben, die uns mit den falschen Sachen zumüht. Aber es gibt so etwas, und deswegen ja, ich glaube, man kann zu fromm sein.
Obwohl ich, wie gesagt, nicht denke, dass hier im Raum jemand groß in der Gefahr steht.
Viel interessanter ist, wie sich der Mangel anfühlt. Das ist deshalb spannend, weil ich oft auf Leute treffe, die mir in diese Richtung Fragen stellen: Wie sieht ein Mangel aus? Wie erlebt man einen Mangel an Frömmigkeit und Gottesfurcht oder Gottseligkeit? Welche Symptome finde ich im Leben von Menschen, die das haben?
Das Hauptsymptom, wenn es um den Mangel an Gottesfurcht, also Mangel an gelebter Beziehung mit Gott geht, ist, dass Menschen in Zeiten von Krisen keine Ruhe finden. Da kommt die Krise, und du merkst: Die Krise offenbart, ob Gott in deinem Leben wirklich Schild, Burg, Zufluchtsort ist oder nicht.
Diese Beziehung zu Gott muss da sein, wenn die Krise kommt. Und deswegen, wenn Menschen in Krisensituationen merken, dass sie so vor sich hin schwimmen, dass plötzlich Angst und Sorgen überhandnehmen, dass sie nicht mehr an die bedingungslose Liebe eines Vatergottes glauben können, dass sie vielleicht nicht mehr glauben können, dass Gott über sie jubelt, nicht mehr glauben können, dass Gott es gut meint in der Situation, die so unverständlich für sie ist, dann ist das das größte Problem nicht, dass du Angst und Sorgen hast, sondern das ist ein Symptom. Ein Symptom dafür, dass in der Beziehung mit Gott etwas ganz grundsätzlich falsch ist, dass da etwas noch nicht tief genug ist, noch nicht reif genug geworden ist.
Ich wünsche dir von Herzen, weil ich das selbst so wirklich positiv erlebt habe, als ich nach meiner Herzoperation wach wurde und feststellte, dass alles schiefgelaufen oder fast alles schiefgelaufen war, dass du dann dastehst: Es sind diese unglaublichen Krisen, wo du merkst, wie wirklich meine Beziehung zu Gott ist.
Lebe eine tiefe geistliche Beziehung, bevor die Krise kommt. Dann kommt die Krise, und sie überrascht dich nicht mehr. Sie treibt dich nur noch mehr in die Arme dessen, in dessen Armen du sowieso schon liegst.
Versteht ihr? Das ist dann einfach nur: Okay, jetzt kommt eine Krise, jetzt gibt es eine Stunde mehr. Ja, aber es ist nicht dieses grundsätzliche „Was mache ich jetzt?“. Das ist ein Riesenunterschied.
Also, ein Symptom in puncto Gottesfurcht, was dieses praktische und auch dieses emotionale Mit-Gott-Leben angeht, ist in Krisen Angst und Sorgen. Da ist dann so eine Unruhe im Leben von Menschen.
Es geht weiter: Ein zweites Symptom wäre, wenn Menschen nicht im Leben angekommen sind, wenn Menschen immer noch denken, sie müssten noch etwas erreichen, sie müssten noch irgendetwas leisten – so eine innere Unruhe der Seele.
Da kommt der Herr Jesus auf die Welt und sagt zu einer Frau: Wenn du das Wasser trinken würdest, das ich für dich habe, dann würdest du nie wieder dürsten in Ewigkeit. Also da kommt Gott und sagt: Ich gebe deiner Seele Wasser, das wird, wenn du es getrunken hast, dafür sorgen, dass dein Lebensdurst ein für allemal gestillt ist.
Und wenn ich auf Leute treffe, die mir sagen: „Ich weiß gar nicht so, ich bin so unzufrieden mit dem Leben und möchte irgendwie noch so viel mehr erreichen“, und wenn ich merke, dass Leute dann, als Folge dieses Denkens, sich verlieren in Dinge wie ihren Job, ihr Hobby, irgendwelche Freundschaften, Sport, Reisen – du merkst einfach, ihr ganzes Leben ist ein Gejage danach, endlich dem Ganzen ein bisschen Sinn und Erfüllung abzugewinnen – wenn ich das spüre, dann sage ich meistens: Weißt du was? Was du brauchst, ist eine tiefere Beziehung mit Gott. Du brauchst nicht noch ein Hobby, du brauchst nicht mehr Zeit für Urlaub.
Was du brauchst, ist wahrscheinlich mal zu erleben, wie es ist, wenn deine Seele eine Stunde Fürbitte für Leute tut. Das ist mein Lieblingsvorschlag, wenn Leute so kommen.
Ich sage immer: Tu mal eine Stunde Fürbitte für andere Menschen. Geh mal in den Wald und bete mal einfach eine Stunde für Leute, einfach nur Fürbitte, eine Stunde. Nimm dir einfach nur die Probleme der anderen Leute vor und bete dich einfach mal in Ruhe durch.
Das wäre sowieso dein Job, aber jetzt machst du es mal. Das ist Gottesfurcht.
Versteht ihr? Die Jünger kommen zu Jesus, irgendwann soll man beten, ganz einfach, fangt mit Anbetung an, und dann kommt Fürbitte. Ballereien.
Schnapp dir hundert Leute, und dann ist die Stunde schnell vorbei. Du wirst merken: Eine Stunde beten, wenn du für hundert Leute betest, ist schnipp, hast du gar nicht viel gesagt und hast auch noch nicht angefangen, Gebetsanliegen aufzuschreiben und mal vernünftig zu beten. Du hast einfach nur angefangen.
Aber was du erleben musst, ist: Du musst erleben, wenn die Stunde rum ist, also du musst an den Punkt mal kommen, wo du in deiner Beziehung zu Gott dich leer gebetet hast, wo deine Seele einfach mal so atmet und sagt: Boah, das war mal gut.
Und das ist eben nicht so, wenn du fünf Minuten dein Kalenderblatt runterwurschtelst, da wirst du das nie erleben. Du musst diese Momente erleben.
Deswegen heißt es: Übe dich aber in Gottseligkeit.
Und wenn ich jetzt ein Beispiel aus dem Sport bringen würde, ist es doch völlig logisch: Wenn der einzige Sport darin besteht, die drei Treppen zur Wohnung hochzulaufen, das wird keinen Spaß machen, das bringt dich nirgendwo hin.
Aber dann fang mal richtig an, also so richtig, wo du mal sagst: So, jetzt wird mal was gemacht, ich schwitze, ja, und ich habe Muskelkater, juhu, versteht ihr? Dann geht was los.
Nur im geistlichen Leben ist das anscheinend anders.
Aber es ist halt so: Wie wenn du keinen Sport machst und allmählich verfettest, so ist es auch, dass wenn du in der Gottseligkeit, in dieser ganz praktischen Beziehung, nicht investierst, dann wirst du feststellen, dass Unruhe zunimmt, Angst zunimmt, Getriebensein zunimmt.
Und ich wollte euch einfach nur mal sagen: Das ist nicht gut.
Und deswegen beenden wir das Ganze hier mit sieben abschließenden Fragen, die ihr euch einfach mitnehmen könnt. Noch einmal: Es geht mir überhaupt nicht darum, hier mit dem erhobenen Zeigefinger zu zeigen, wie blöd ihr alle seid und dass ihr endlich mal etwas tun sollt. Mir geht es darum, dass wir erleben, wie es sich anfühlt, wenn wir bei Gott angekommen sind.
Ich hatte letzte Woche wieder ein Telefonat mit einem Bruder, der ganz woanders herkommt, und genau dieses Getriebensein zeigt. Da habe ich gesagt: „Weißt du was, warum willst du denn immer noch mehr? Du bist doch schon am Ziel.“ Dann habe ich ihm die Geschichte erzählt von den Jüngern im Boot mit dem Sturm, und wie Jesus kommt. Was steht dann in Johannes 6? Jesus steigt ins Boot, und in dem Moment sind sie am Ziel. Das ist der Schwerpunkt von Johannes, das ist das, was er rüberbringen will: Wenn Jesus in deinem Boot sitzt, ist es völlig schnurzpiep, ob gerade ein Sturm ringsum tobt. Du bist am Ziel.
Hör auf, dir den Stress zu machen. Cool, wenn ich das sage, oder? Ich sage es nochmal: Hör auf, dir den Stress zu machen. Sei angekommen! Der Wandel im Geist ist nicht so, dass Gott hinter mir steht mit einer Knute und mir ständig eines drüber gibt. Es ist ein Wandel im Geist, ein Angekommensein in einer geistlichen Beziehung mit Gott. Natürlich darf ich fleißig sein, meine Berufung leben und die paar Stunden, die ich am Tag habe, nutzen, damit das Reich Gottes wächst. Ja, Amen! Aber doch nicht, um irgendwem irgendetwas zu beweisen, am wenigsten mir selbst.
Ich muss mir doch nicht beweisen, dass ich es wert bin, geliebt zu werden. Entschuldigung, das weiß ich doch schon. Wenn ich es vergesse, schaue ich zum Kreuz oder nehme am Abendmahl teil.
So, hier sind sieben Reflexionsfragen:
Habe ich genug Zeit mit Gott allein?
Das ist eine irre Herausforderung in der heutigen Zeit: Alleine Zeit mit Gott zu verbringen – auf eine Weise, die meine Seele befriedigt.
Empfinde ich mein Bibellesen, Beten und mein Nachdenken über geistliche Themen als tief und erfüllend?
Und wenn nein, warum nicht? Was mache ich dann falsch? Also falsch im Sinne von: Du musst für dich einen Weg finden. Du musst für dich feststellen, was es heißt, Umgang mit dem Wort Gottes zu haben, sodass du rausgehst und sagst: Ja! Und das kann total unterschiedlich sein. Meine Frau würde morgens einfach ihre Bibel lesen, okay? Ich bin null der Typ dafür. Ich weiß, das hört sich schräg an, aber gib mir einen Kommentar. Ich wiederhole lieber Bibelverse und denke über einzelne Verse nach – das bringt mir viel mehr. Vielleicht lese ich auch mal wieder die Bibel ganz durch, aber im Moment nicht. Ich tue das, was meine Seele braucht, und Bärbel tut das, was ihre Seele braucht, und du tust das, was deine Seele braucht. Aber ist das noch erfüllend? Oder bist du so ein Häkchenmacher? „Ich lese halt, ja, muss man halt machen, guter Christ macht das halt.“
Ist mein geistliches Leben vernünftig geordnet und entspricht es meinem Alter?
Das Gegenteil wäre dann so der kindische Glaube der Korinther. Die sind eigentlich schon eine Weile dabei, verstehen aber eigentlich noch nichts. Wenn du dir dein geistliches Leben anschaust, entspricht das, was du lebst, praktisch deinem geistlichen Alter? Ist da genügend Ordnung, Tiefgang und Klarheit drin? Sind die Dinge durchdacht? Werden sie so gemacht, wie es in der Bibel steht? Wird überhaupt etwas gemacht?
Komme ich vor Gott zur Ruhe? Wird mein Durst auf Leben gestillt?
Wenn du heute abtreten müsstest – und wir haben gehört, wie schnell das gehen kann – kannst du heute sagen: Es war gut. Punkt. Ich will damit nicht sagen, dass man nicht das eine oder andere Ziel noch hat. Aber bin ich grundsätzlich an dem Punkt, dass ich sagen kann: Wenn Gott mich heute abberuft, schade, ich hätte gern meinen Podcast noch ein bisschen weitergemacht? Ja, bei Jesu Leben und Lehre fehlen noch ungefähr sechshundert Lektionen, aber hey, was soll's, ist halt vorbei, ist gut so. Gott weiß, was er tut, er macht keinen Fehler. Bist du an der Stelle?
Was läuft schon gut?
Gibt es Dinge, bei denen du sagst: Yeah, das geht gut? Ich habe heute Morgen beim Beten von meiner langen Sündenliste zwei gestrichen, weil ich denke: Für die brauche ich nicht mehr beten, die sind jetzt wirklich erledigt. Die mache ich schon fünf Jahre nicht mehr, können weg. Ist doch schön, da kann man sich doch mal freuen, es geht voran.
An wem könnte ich mich orientieren?
Orientieren, nicht nachahmen! Du bist du. Aber wo könnte jemand sein, gerade wenn ich noch jung bin oder wenn ich mal aus dem Tritt geraten bin, der mir ein Stück Orientierung geben könnte?
Bitte nehmt diese Fragen mit, einfach in die nächste Woche. Denn in der Bibel heißt es: „Übe dich aber zur Gottseligkeit!“ Für alle, die das jetzt nicht mitschreiben wollen: Das Skript werdet ihr auf Rockworks finden.
Dieses Übe dich aber zur Gottseligkeit gehört in meinen Augen zu den interessantesten Herausforderungen des Christseins. Es geht darum, eine intime Beziehung mit Gott aufzubauen, in der weder Spontaneität noch Stetigkeit fehlen. Das ist die Herausforderung.
Eine Beziehung ist wie die zu einem guten Freund oder einem Ehepartner. Es ist genau dasselbe: Du brauchst Spontaneität, damit Lebendigkeit vorhanden ist. Gleichzeitig brauchst du Stetigkeit und eine gewisse Routine. Die Routine darf das Spontane nicht erdrücken, sonst wird es langweilig. Aber du darfst auch nicht darauf warten, dass immer nur das Spontane gilt und die Routine keinen Platz in deinem Leben findet. Du brauchst immer beides.
In jeder Beziehung, die du pflegst, wirst du merken, dass Spontaneität und Stetigkeit die beiden Seiten sind. In einer Beziehung mit Gott aufzubauen und zu sagen: "Hey, ich lasse das wachsen. Ich will wirklich tiefer in diese Beziehung hinein." Und ich sorge dafür, dass ich mehr und mehr Intimität genieße – das ist eine der Herausforderungen im geistlichen Leben, die ich total spannend finde.
Als letzten Tipp habe ich mir vorgenommen, dreimal im Jahr über diesen Punkt nachzudenken. Ich habe ein Dokument, das heißt Visionen und Ziele. Dreimal im Jahr schaue ich dort hinein, und dort stehen zwar nicht genau diese Fragen, aber Fragen dieser Art. Ich schreibe auf: Wie geht es mir gerade mit Gott? Versteht ihr, wie es mir dieses Mal wirklich geht? Was könnte ich tun, damit die Beziehung wieder tiefer, intimer und lebendiger wird? Woran mangelt es mir gerade? Was läuft gerade nicht so gut?
Dreimal im Jahr denke ich darüber nach, damit ich an dieser Stelle nicht langsam, aber sicher auf Distanz gehe. Denn der Teufel möchte, dass ihr zu Gott auf Distanz geht, dass ihr gleichgültig werdet oder – schlimmer noch – dass sich ein Groll im Leben gegen Gott einschleicht. Damit das nicht passiert, müssen wir aktiv gegensteuern und üben, uns zur Gottseligkeit zu bewegen.
Das braucht ein bisschen Grips. Ich wünsche euch von ganzem Herzen, dass ihr diesen Grips entwickelt. Der Aspekt hinter diesem Grips heißt Gottesfurcht. Amen.
Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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