Einführung in das dreifache Zeugnis Gottes
Kapitel 5, Vers 6 ist unser nächster Punkt in der Gliederung. Dort geht es um das "Arabisch 2". Zuvor hatten wir "Arabisch 1", das die Bedeutung des Glaubens an Jesus Christus in den Versen 1 bis 5 behandelt hat. Jetzt folgt "Arabisch 2" über das dreifache Zeugnis Gottes von Jesus, dem Sohn Gottes.
Vers 6 lautet: "Dieser ist der, der durch Wasser und Blut kam, Jesus der Gesalbte, nicht in dem Wasser allein, sondern in dem Wasser und dem Blut, und der Geist ist der Bezeugende, weil der Geist die Wahrheit ist."
Dies ist einer der rätselhaften Verse im Brief, bei dem nicht ganz klar ist, was genau gemeint ist. Wenn man jedoch den Zusammenhang mit der Irrlehre in Korinth beachtet, ergibt sich eine sehr einfache Lösung.
Der Herr Jesus kam "via Wasser und Blut", also durch Wasser und Blut. Mit "durch das Wasser" ist hier gemeint – man könnte auch sagen "per Wasser" oder "via Wasser". Das entspricht genau dem lateinischen Gebrauch, wie wenn man sagt, man fährt "via Mannheim" nach Zürich. So kam Jesus durch zwei Ereignisse.
Das eine Ereignis ist das Wasser, bei dem der Geist Zeugnis ablegte, das andere Ereignis ist das Blut. Beide Ereignisse erwähnt Johannes auch in seinem Evangelium.
In Johannes 1, Vers 29 beschreibt Johannes der Täufer: Am folgenden Tag sieht er Jesus auf sich zukommen und sagt: "Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt."
Und in Vers 32-34 legt Johannes Zeugnis ab und sagt: "Ich sah den Geist wie eine Taube vom Himmel herniederkommen und auf ihm bleiben. Ich kannte ihn vorher nicht wirklich. Der jedoch, der mich sandte, um mit Wasser zu taufen, sagte zu mir: 'Auf wen du sehen wirst, dass der Geist herniederkommt und auf ihm bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft.' Und ich habe gesehen und Zeugnis gegeben, dass dieser der Sohn Gottes ist."
Hier haben wir ein klares Zeugnis anlässlich der Taufe des Herrn Jesus, als der Heilige Geist auf ihn kam und Johannes bestätigte, dass er der Sohn Gottes ist.
Das andere Ereignis ist das in Vers 29 erwähnte "Lamm Gottes". Johannes spricht vom Sohn Gottes als dem Lamm, das sein Blut geben sollte und das mit dem Heiligen Geist begabt wurde, als es sich taufen ließ.
Dies könnte also ein Hinweis auf die Taufe und die Kreuzigung sein – die zwei großen, wichtigen Ereignisse. Der öffentliche Beginn von Jesu Dienst war die Taufe, und das öffentliche Ende seines Dienstes war der Tod am Kreuz.
Der Geist bestätigte, dass der Herr Jesus, das lebendig gewordene Wort Gottes, sichtbar als Sohn kam. Als er sich opferte, tat er dies auch durch den ewigen Geist, wie es in Hebräer 9, Vers 14 heißt: "Herr Jesus hat sich durch den Geist geopfert, durch den ewigen Geist", also in der Kraft des Geistes.
Die Irrlehre der Kerinthianer und ihre Widerlegung
Kerint lehrte: Ich habe euch ja versprochen, euch vorzulesen, was Irenaeus über die Lehren von Kerint sagt. Irenaeus war ein Kirchenlehrer aus dem zweiten Jahrhundert. Er hatte möglicherweise noch Johannes persönlich gekannt oder war zumindest ein Schüler von Polykarp. Polykarp wiederum hatte Johannes persönlich gekannt.
Irenaeus berichtet, dass Kerinth behauptete, Jesus sei nicht aus einer Jungfrau geboren. Vielmehr sei er der Sohn von Joseph und Maria, gezeugt wie alle anderen Menschen auch. Jesus übertreffe jedoch alle Menschen in Gerechtigkeit, Klugheit und Weisheit. Nach der Taufe sei der Christus in Gestalt einer Taube auf ihn herabgestiegen. Danach habe Jesus den unbekannten Vater gepredigt und Großes vollbracht.
Am Ende sei der Christus jedoch wieder von Jesus gewichen. Jesus habe gelitten und sei von den Toten auferstanden, während der Christus selbst von Leiden verschont geblieben sei, da er geistig war. Dieser geistige Christus sei bei der Taufe auf Jesus herabgekommen und habe ihn vor dem Tod, bei der Kreuzigung, verlassen.
Diese Lehre gilt als Irrlehre. Es ist gut möglich, dass Johannes in seinem Evangelium darauf Bezug nimmt. Jesus Christus kam durch Wasser und Blut, also nicht nur durch Wasser allein. Er trat nicht nur bei der Taufe auf und wurde als Sohn Gottes bestätigt, sondern auch bei der Kreuzigung.
Interessant ist, dass Johannes beim Tod Jesu am Kreuz persönlich anwesend war und gesehen hat, wie Jesus starb. Der Apostel Johannes war also ein Augenzeuge. Der Geist Gottes ist derjenige, der bezeugt, denn der Geist ist die Wahrheit. Der Heilige Geist hat bestätigt, dass Jesus Christus Gottes Sohn war und es bis zum Tod am Kreuz auch blieb.
Die Auferstehung wiederum beweist ebenfalls, dass Jesus der Sohn Gottes war. Dies ist eine sehr plausible Erklärung für diesen schwierigen Vers.
Das dreifache Zeugnis und die Dreieinigkeit
Und dann kommt ein Vers, der nicht in allen Bibeln enthalten ist, Vers 7. Die Elberfelder Bibel wird ihn nicht haben, aber die alte Lutherübersetzung wahrscheinlich schon, ebenso die Schlachter-Bibel. Denn es sind drei, die im Himmel bezeugen: der Vater, das Wort und der Heilige Geist. Diese drei sind eins.
Und auf der Erde sind es drei, die bezeugen: der Geist, das Wasser und das Blut. Und diese drei sind vereint. Habt ihr das so ähnlich?
Dieser Vers ist umstritten, weil er nur in wenigen griechischen Handschriften erhalten ist. Allerdings findet man ihn in vielen lateinischen Handschriften. Deshalb könnte es durchaus sein, dass er ursprünglich ist. Auch in der Vorlage, die die Reformatoren für ihre Übersetzung des Neuen Testaments verwendet haben, sind diese Verse enthalten.
Es könnte also sein, dass diese Verse ursprünglich dazugehörten, auch wenn nur wenige griechische Manuskripte sie enthalten. Das ist jetzt aber nicht so wichtig. Wichtiger ist die Aussage in Vers 8, die in allen Bibelhandschriften vorhanden ist.
Der Geist, das Wasser und das Blut – diese drei Zeugen sind eins und auf dasselbe ausgerichtet. Sie bilden ein einheitliches Zeugnis, eine Übereinstimmung in ihrem Zeugnis. Wenn der andere Text auch ursprünglich ist, haben wir hier einen Beleg für die Dreieinigkeit. Ein Vers, der ganz klar die Dreieinigkeit betont: den Vater, das Wort – das wäre Christus – und den Heiligen Geist. Sie sind die Zeugen vom Himmel her, sozusagen.
Johannes würde dann sagen: Schaut, wir haben nicht nur Zeugen auf der Erde, sondern auch Zeugen im Himmel. Die Dreieinigkeit bezeugt, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, dass dieser ganz Fleisch geworden ist, Mensch geworden ist.
Auf der Erde haben wir den Heiligen Geist, das Wasser – also anlässlich der Taufe – und das Blut – anlässlich der Kreuzigung – als Zeugen. Diese Zeugen sind eins, sie stimmen überein.
Wenn wir das Zeugnis der Menschen gewohnt sind anzunehmen, dann ist das Zeugnis Gottes größer. Denn dieses Zeugnis ist das, das Gott über seinen Sohn abgelegt hat. Gott selbst hat Zeugnis abgelegt bei der Taufe: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
Gott hat von seinem Sohn bezeugt, und auch durch die Auferstehung hat Gott Zeugnis gegeben, dass er der Reine, der Gerechte ist. Das Zeugnis Gottes ist also größer als das Zeugnis von Menschen.
Das Zeugnis des Glaubens und die innere Gewissheit
Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat das Zeugnis in sich. Hier ist wörtlich gemeint: Wer an den Sohn Gottes glaubt – eine fortdauernde Handlung –, der trägt dieses Zeugnis in sich. Wenn also jemand gläubig geworden ist, dann besitzt der Gläubige dieses Zeugnis durch den Heiligen Geist in sich. Das bedeutet, in ihm ist ein Zeugnis vorhanden, denn der Geist zeugt in uns, dass wir Kinder Gottes sind.
Der Heilige Geist, die Tatsache, dass er in uns wirkt und in uns wohnt, macht sich auf irgendeine Weise bemerkbar. Das ist ein Zeugnis davon. Wer den Sohn Gottes hat, wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich.
In 1. Korinther 2,14 heißt es: „Der seelische Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes nicht auf; sie sind ihm eine Torheit, und er vermag sie nicht zu erkennen, weil sie geistlich beurteilt werden müssen.“ Der natürliche Mensch versteht also die Dinge des Heiligen Geistes nicht. Wenn aber jemand wiedergeboren ist, beginnt er zu verstehen. Dann legt Gott etwas in ihn hinein, das wie ein sechster Sinn ist. Mit diesem Sinn lernt er, Gott zu erkennen und Gott kennen zu lernen.
Der natürliche Mensch kann Gott nicht kennenlernen. Das steht in 1. Korinther 2,14: „Der natürliche Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes nicht auf.“ Das bedeutet auch, dass er sie nicht versteht. Für ihn sind sie eine Torheit; er sagt: „Das verstehe ich nicht, das ist sinnlos für mich.“ Er kann es nicht erkennen, weil es geistliche Dinge sind, die auf geistliche Weise beurteilt und erkannt werden müssen.
Ein geistlicher Mensch – das heißt jemand, der wiedergeboren ist und sich nach Gott ausrichtet – kann all das beurteilen. Er hat etwas in sich, einen Sinn, mit dem er verstehen kann. Wir lesen in 1. Korinther 2,15: „Der Geistliche beurteilt alles, er selbst wird aber von niemandem beurteilt.“ Denn wer hat je den Sinn des Herrn erkannt? Wer hat jemals das Denken des Herrn verstanden? Wer kannte je den Denksinn des Herrn oder hat ihn unterwiesen? Wir aber haben den Sinn Christi.
Das heißt: Wir haben das Denken Christi. Als Wiedergeborene können wir nun etwas verstehen. Als wir noch nicht wiedergeboren waren, konnten wir das nicht verstehen. Aber jetzt haben wir ein Verständnis, ein Denken von Jesus Christus erhalten. Mit diesem Denken können wir Gott kennenlernen und immer mehr erkennen.
Wenn jemand wiedergeboren ist, wenn jemand Christ geworden ist, dann geschieht etwas in seinem Inneren. Er bekommt ein Verständnis, einen Denksinn – ich nenne es einfach einen sechsten Sinn. Mit diesem Sinn kann er jetzt mehr und mehr Gott kennenlernen. Das ist es, was Paulus hier sagt. Johannes wird das ebenfalls sagen; darauf kommen wir gleich in Vers 20 zurück.
Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat das Zeugnis in sich. Wer nicht glaubt, macht ihn zum Lügner, weil er nicht an das Zeugnis glaubt, das Gott über seinen Sohn abgelegt hat. Wer nicht glaubt, sagt damit, dass alles nicht wahr ist, was Gott gesagt hat.
Als Gott sagte: „Dies ist mein geliebter Sohn“, hat er gelogen? Als Gott vom Himmel her Jesus Christus bezeugte, hat er gelogen? Denn Jesus ist nicht der Sohn Gottes? Wer das nicht annimmt, wer nicht glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, sagt damit auch, dass Gott damals gelogen hat, als er Zeugnis gab. Er machte eine Falschaussage, weil er nicht an das Zeugnis glaubte, das Gott über seinen Sohn abgelegt hat.
Das Zeugnis des ewigen Lebens in Jesus Christus
Und dieses ist das Zeugnis. Folgendes ist das Zeugnis: Gott gab uns ewiges Leben, und dieses Leben ist in seinem Sohn.
Also noch einmal zu Vers 10: Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich. Was ist das Zeugnis? Er erklärt es in Vers 11: Das ist das Zeugnis: Gott gab uns ewiges Leben, und dieses Leben ist in seinem Sohn.
Also, noch einmal zurück zu Vers 10: Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat das Zeugnis. Und wenn das Zeugnis das Leben ist, dann heißt das, er hat das Leben. Das Zeugnis ist das Leben Jesu Christi.
Wenn jemand zum Glauben kommt, bekommt er ein Zeugnis in sich hinein und das Leben vom Herrn Jesus Christus selbst. Damit hat er auch ein Verständnis, einen Sinn bekommen, um Gott besser kennenzulernen.
Es geschieht ein Wunder, wenn ein Mensch zum Glauben kommt, ein Wunder in dem Menschen drinnen. Er bekommt ein göttliches Zeugnis in sein Leben, in sein Inneres hinein – dieses ist das Zeugnis: Gott gab uns ewiges Leben, und dieses Leben ist in seinem Sohn.
Also als Gläubige haben wir dann den Heiligen Geist und mit dem Heiligen Geist das göttliche Leben in uns. Da haben wir ein Zeugnis in uns. Wir haben etwas in uns, das von Jesus Christus zeugt, von der Wahrheit über Jesus Christus, nämlich dass er der Sohn Gottes ist. Das haben wir dann in uns.
Wer den Sohn hat, der hat das Leben – wörtlich: der den Sohn habende. Das ist natürlich eine andauernde Handlung. Den hat man nicht nur für ein paar Sekunden, sondern den hat man die ganze Zeit.
Wer den Sohn hat, der hat das Leben. Wer den Sohn Gottes nicht hat, hat nicht das Leben, der ist draußen. Außerhalb von Jesus Christus gibt es kein Heil, keine Rettung.
Dazu kam der Herr Jesus, damit wir Leben haben und es in Fülle haben. Genau das ist dieses Leben. Also das Heil, die Rettung, ist eine Person. Das Leben, das wir bei der Wiedergeburt bekommen, ist eine Person, und er heißt Jesus Christus.
Dieses ewige Leben, das wir haben, ist eine Person namens Jesus Christus, der Sohn. In dieser Person habe ich alles.
Wilhelm Buscher schrieb in seinem Buch „Jesus unser Schicksal“ einen wunderbaren Satz: „Jesus ist unser Schicksal.“ Einen schöneren Satz gibt es kaum, oder? Jesus ist mein ganzes Los, mein ganzes Schicksal, mein ganzes Leben, mein Alles. Jesus ist mein Alles.
Dieses ist ein schönes Schicksal: Jesus unser Schicksal.
Die Absicht des Schreibens und die Bedeutung des Glaubens
Habt ihr Fragen dazu? Die Verse sind nicht ganz einfach, das verstehe ich. Es sind nicht die leichtesten Verse im Johannesbrief. Aber versteht ihr den Gedankengang, was er sagen möchte?
Es geht hier um das Zeugnis Gottes von Jesus Christus. Gott hat ihn bezeugt, bei der Taufe und bei der Kreuzigung. Dieses Zeugnis ist jetzt in uns durch die Wiedergeburt.
Vers 8 wäre nicht die Dreieinigkeit. Vers 7, der Vers, der ein bisschen umstritten ist, wäre schon die Dreieinigkeit. Dort sind der Vater, das Wort und der Geist genannt. Das ist ganz klar der Vater, der Sohn und der Geist.
Ich persönlich vertrete die Auffassung, dass dieser Vers schon dazugehört, auch wenn er nur in den lateinischen Schriften bezeugt ist. Ich verstehe natürlich, dass dieser Vers in den wichtigsten und in den meisten griechischen Handschriften nicht enthalten ist. Dann muss man sich fragen, warum er dort nicht drin ist.
Allerdings ist dieser Vers auch bei einigen alten Kirchenvätern bekannt. Sie haben ihn zitiert. Sogar Zyprian im Jahr 250 hat diesen Vers genannt. Er dürfte der älteste sein, der ihn zitiert hat. Im Jahr 250 gab es diesen Vers also schon.
Ein gewisser Priscilian im Jahr 385 hat ihn ebenfalls, ein gewisser Cassian im Jahr 435 auch, und ein gewisser Varimardus um 380 nach Christus ebenfalls. Der Vers war also schon bekannt.
Nicht alle Lateiner haben ihn, natürlich nicht alle lateinischen Schriften, aber in einigen lateinischen Manuskripten ist er auch vorhanden.
Gut, aber das muss uns jetzt nicht allzu sehr bekümmern.
Die vier Gewissheiten durch den Glauben an Christus
Zum Schluss sehen wir in den Versen 13 bis 24 vier Gewissheiten durch den Glauben an Christus. Wenn man die richtige Wahrheit über diesen Christus kennt, dann erkennt man: Christus ist die Offenbarung der Liebe Gottes. Gott hat sich in Jesus Christus geoffenbart, und die Liebe Gottes wurde darin sichtbar, dass er seinen Sohn gesandt hat.
Durch den Glauben an den Sohn Gottes entstehen Gewissheiten. Mehrmals wird hier das Wort „Wissen“ verwendet. Zuerst in Vers 13: Die Gewissheit des Heils. Dort heißt es: „Wir haben ewiges Leben. Dieses habe ich euch geschrieben, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt.“ Johannes nennt hier noch einmal den Zweck seiner Ausführungen aus Kapitel 5. Alles hat er geschrieben, damit ihr wisst. Diejenigen, die an den Namen des Sohnes Gottes glauben, sollen wissen, dass sie ewiges Leben haben.
Hier steht übrigens erneut das lang andauernde „Ich habe euch geschrieben“ – an die Glaubenden, die an den Namen des Sohnes Gottes glauben. Das ist eine fortwährende Handlung, keine einmalige. Man glaubt an den Namen, und der Name steht für die Person. Es geht also um eine Person, an die wir glauben. Johannes betont sehr stark, dass unser Glaube nicht einfach eine Lehre oder eine Wahrheit ist, sondern eine Person.
Wer an den Namen des Sohnes Gottes glaubt, weiß, dass er ewiges Leben hat. Wenn jemand gläubig ist oder glaubt, es aber nicht weiß, dann fehlt ihm wichtige Information oder das Heil. Er hat noch nicht richtig geglaubt. Beim Glauben gibt es einige historische Grundlagen und Tatsachen, die bewiesen werden können. Es gibt aber auch Dinge, die man nicht beweisen kann. Dennoch vertrauen wir darauf, rechnen damit und machen Erfahrungen – nicht nur eine, sondern viele.
Das ist vergleichbar mit der Mathematik. Gibt es Mathematiker unter uns? Gute Mathematiker rechnen mit Axiomen. Was ist ein Axiom? Das ist ein unbewiesener Satz. Man kann ihn nicht beweisen, aber man verwendet ihn in der Mathematik und stellt fest, dass es funktioniert. Man geht von etwas Unbewiesenem aus, aber durch Anwendung macht man die Erfahrung, dass es aufgeht.
Wir haben einige Tatsachen, die beweisbar sind, und einige, die nicht beweisbar sind, weil die Ewigkeit etwas Unsichtbares ist. Trotzdem rechnen wir damit und merken, dass es sehr gut funktioniert. Eines Tages werden wir alles sehen. Unser Heil ruht auf der Basis des vollbrachten Werkes Jesu Christi.
Es steht: „Dieses habe ich euch geschrieben, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt.“ Der Satz geht weiter: „Damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt und damit ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt.“ Steht das bei euch so? Wahrscheinlich hat es nur die Elberfelder Übersetzung nicht oder ergänzt es mit „weiterhin glaubt“. Das ist natürlich der Sinn. Man könnte in Klammern hinzufügen: „Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt und damit ihr an den Namen des Sohnes Gottes auch weiterhin glaubt.“
Johannes möchte, dass diese Christen im Glauben gefestigt werden und auch weiterhin glauben. Nur durch Glauben wird man Christ, und nur durch Glauben bleibt man Christ. Es gibt keine Werkgerechtigkeit. Nur durch Glauben bleibt man im Heil.
Man kann nicht aus eigener Kraft so leben, dass man Gott gefällt. Das ist nicht möglich. Nur Gott kann Christ sein. Nur Gott kann das christliche Leben führen. Deshalb brauchen wir sein Leben, um es zu leben, und deshalb gibt er uns sein Leben. Christus ist unser Leben, der Sohn Gottes.
Niemand kann in richtiger Weise Mensch sein außer Gott. Nur Gott kann Mensch sein – so, wie er sich vorstellt, was ein Mensch ist. Deshalb gibt er uns sein Leben, damit wir jetzt richtig Mensch sein können. Ein Mensch ist jemand, der völlig abhängig von Gott ist. Wir lernen jetzt, von ihm abhängig zu sein. Er hat uns sein Leben hineingegeben, und darin ist die Kraft vorhanden.
So werden wir in das Bild Gottes umgestaltet. Gott hat Himmel und Erde gemacht, die Tiere geschaffen, und dann sagte er: „Jetzt mache ich das Goldstück, die Krone, das Beste der Schöpfung – mich selbst.“ Er formte den Menschen aus Staub der Erde. Das ist der Körper. Das Wesen sollte so werden wie Gott selbst. Er blies seinen Geist, seinen Odem, seinen Atem in den Menschen.
So wurde dieser Mensch ein Lebewesen, aber ein ganz besonderes: Er wurde im Bilde Gottes geschaffen. Gott machte ein Bild von sich selbst. Als Krone der Schöpfung nahm er ein Stück von sich selbst und stellte es auf die Erde. Dieses Bild nannte er Adam. Adam heißt „der aus der Erde Genommene“; Adama ist die Erde, und Adam ist der von der Erde.
Gott blies seinen Odem in ihn hinein. Das ist vergleichbar mit den Römern, die Kaiser hatten – zum Beispiel Augustus. Er ließ überall Statuen von sich aufstellen, damit man sich daran erinnert, wer der Herr ist. So stellte Gott den Menschen auf die Erde, damit die ganze Schöpfung weiß, wer der Herr ist – ein Bild von Gott.
Er sagte: „Du bist der Stellvertreter Gottes.“ Er machte den Menschen im Bilde Gottes. Jetzt sollte der Mensch herrschen. Das war der erste Auftrag: „Du sollst herrschen“, also über die ganze Schöpfung.
Wir wissen, dass dieses Bild durch die Sünde teilweise zerstört wurde. Jetzt hat Gott ein zweites Bild geschaffen. Er kam selbst in Form des Sohnes Gottes auf die Erde, starb für unsere Sünden, ging wieder zum Vater und sandte den Heiligen Geist.
Durch den Geist soll dieses Bild im Menschen, der ihn annimmt, wiederhergestellt werden. Jetzt ist der Heilige Geist in allen Gläubigen, und das Bild Gottes wird charakteristisch wiederhergestellt. Wir werden Christus ähnlich gemacht.
Das ist ein wunderbares Programm, das Gott hier durchführt. Wir sollen weiterhin an den Namen des Sohnes Gottes glauben.
Die Gewissheit der Erhörung im Gebet
Und dann die nächste Gewissheit: Unsere Bitten werden erhört. Es geht hier also um die Gewissheit der Erhörung, um unsere Gebete und die Zuversicht im Gebet. Johannes untermauert seine Aussagen, wenn er von der Freimütigkeit spricht, die wir zu Gott haben. Er schreibt, dass wir Zuversicht im Gebet haben, wenn wir nach seinem Willen um etwas bitten. Dann hört er uns.
Wenn wir wissen, dass Gott uns hört, egal um was wir bitten, dann wissen wir, dass wir die Bitten erhalten, die wir von ihm erbeten haben. Die Einschränkung ist, dass wir nach seinem Willen bitten müssen. Wenn wir das tun, hört er uns gerne. Er möchte, dass wir in seinem Sinne beten, und dann dürfen wir erfahren, dass der Herr Gebete erhört.
Vielleicht ist es manchmal gut, sich vor dem Bitten zu überlegen, ob das Anliegen im Willen Gottes liegt oder nicht. Von Georg Müller erzählt man sich – oder es wurde geschrieben –, dass er, bevor er für etwas gebetet hat, sich lange Zeit überlegt hat, ob er das überhaupt beten soll oder darf. Wenn er dann zu dem Schluss kam, dass es im Willen Gottes ist, hat er gebetet und nicht aufgehört.
Er hat das Gebetsanliegen immer vor Gott gebracht, bis er erlebt hat, dass Gott das Gebet erhört hat. Ich weiß, dass er sogar für Menschen gebetet hat, dass sie zum Glauben kommen. Ob er speziell dafür gebetet hat, weiß ich nicht, aber er hat gebetet, dass sie das Evangelium hören und dass Gott die Türen öffnet, damit sie sich bekehren können.
Jedenfalls hat er viele Gebete gesprochen, auch für die Kinder, die er ins Waisenhaus aufgenommen hat. Er hat für Häuser gebetet, weil er mehr Häuser brauchte. Er hat kein Geld von der Bank aufgenommen, obwohl er es hätte tun können, sondern er hat erst gebaut, wenn das Geld da war. Er wusste: Wenn Gott will, dass wir diese Häuser bauen, dann wird das Geld auch da sein. Wenn Gott will, dass die Kinder versorgt werden, dann wird es da sein.
Einmal war er mit einem Schiff im Nebel unterwegs. Er musste zu einer wichtigen Predigt oder Versammlung nach Bristol. Der Kapitän sagte, er könne nicht schneller fahren, weil es Nebel und gefährlich sei. Wenn der Nebel sich lichtet, könne er weiterfahren. Müller betete. Der Kapitän glaubte ihm nicht, aber Müller dankte Gott im Gebet, dass er rechtzeitig ankommen werde. Als Müller fertig war mit Beten, lichtete sich der Nebel, und der Kapitän konnte weiterfahren. Er verstand es nicht, aber er erlebte es.
Ich wusste, Müller musste dort sein. Es ist auch interessant, dass ich ein Buch über Bak Singh gelesen habe. Kennt ihr Bak Singh? Es gibt eine Lebensbeschreibung von ihm, die sehr zu empfehlen ist. Bak Singh war ein Missionar in Indien, in der Gegend um Hyderabad. Er lebte, wenn ich mich recht erinnere, fast hundert Jahre, vom Jahr 1900 bis zum Jahr 2000.
Dieser Mann war Evangelist, das war seine Stärke, und er hat dem Herrn sehr gedient. Er hat immer wieder gesagt: Das größte Problem der Christen ist der Ungehorsam. Wenn wir gehorsamer wären, würden wir Gott mehr erleben, und dann könnte Gott unsere Gebete besser erhören.
Bak Singh hat sehr lange gebetet, bevor er einen Dienst getan hat. Einmal kam jemand am Morgen zu ihm und wollte mit ihm sprechen. Man sagte ihm, Bak Singh sei gerade im Gebet. Er kam ein paar Stunden später wieder, aber Bak Singh war noch nicht fertig. Er kam noch einmal, und wieder war Bak Singh im Gebet. So betete er stundenlang.
Dann stand Bak Singh auf und sagte zu seinen Mitarbeitern: „So, wir gehen jetzt dort und dorthin.“ Er sagte, sie sollten eine Bibel mitnehmen. Die Mitarbeiter meinten, die Bibel sei in einer Sprache, die dort nicht gesprochen wird. Dort spricht man eine andere Sprache. Aber Bak Singh bestand darauf: „Wir nehmen sie trotzdem mit und gehen dorthin.“
Sie gingen, ich glaube etwa 240 Kilometer, damals ist man offensichtlich viel zu Fuß gegangen. Dort trafen sie einen Mann, der nicht die Sprache des Gebietes sprach, sondern die Sprache der Bibel, die Bak Singh in der Hand hielt. Der Mann sagte: „Mein ganzes Leben habe ich auf so eine Bibel gewartet, damit ich sie in meiner Sprache lesen kann.“ Er bekehrte sich.
So hat der Herr Bak Singh gebraucht, weil er einfach gebetet hat. Wenn wir nach seinem Willen bitten, hört er uns. Bak Singh wollte wissen, ob er im Willen Gottes handelte, und er betete lange, bis ihm klar wurde, dass es jetzt dran ist, dass er handeln soll.
Manchmal wollte er nicht. Er war müde, kam von einem Dienst nach Hause, es war Mitternacht, und er wollte ins Bett gehen. Doch er kniete sich hin, dankte Gott für den Tag und sagte: „Herr, ich gehe jetzt ins Bett.“ Dann hatte er den Eindruck, dass Gott meinte: „Nein, du gehst jetzt nicht ins Bett.“
Er kämpfte mit sich: „Nein, Herr, ich gehe trotzdem ins Bett, ich bin müde, ich kann nicht mehr.“ Aber Gott sagte: „Du gehst nicht ins Bett.“ So ging es hin und her. Schließlich stand Bak Singh auf und ging noch einmal raus aus seiner kleinen Hütte.
Draußen sah er zwei Menschen vorbeigehen, es war lange nach Mitternacht. Er lief ihnen nach, es waren zwei Moslems. Er rief ihnen zu: „Wartet, wartet, ich habe eine Botschaft für euch.“ Sie drehten sich um und fragten: „Was denn?“ Er sagte: „Ich muss euch von Jesus Christus erzählen.“ Dann bezeugte er ihnen Jesus Christus.
Einer der beiden war ganz berührt und bewegt. Mit diesem einen vereinbarte Bak Singh einen Termin am nächsten Tag. Sie trafen sich mehrmals, und der Mann bekehrte sich. So hat Bak Singh erlebt, wie wichtig Gehorsam ist, wie wichtig das Beten nach dem Willen Gottes ist, das Warten, bis einem klar wird, was zu tun ist. Er durfte viele Menschen zum Glauben führen.
Das Problem war, dass es damals in Indien richtige Erweckungen gab, aber die Nacharbeit schwierig war. Am Anfang machte Bak Singh viele Fehler, und viele kehrten zurück in die Welt. Daraus lernte er und begann, Nacharbeit zu leisten. Er sorgte dafür, dass die Neugläubigen gesammelt und unterwiesen wurden.
Damals gab es sehr wenig Unterweisung und Lehre. Der Herr gebrauchte ihn, und es entstanden etwa tausend Gemeinden durch seinen Dienst und den seiner Mitarbeiter.
Was ich noch erzählen wollte: Bak Singh sollte ins Flugzeug steigen. Er hatte aber wichtige Gespräche, und die Leute sagten, wenn er nicht schnell komme, würde er das Flugzeug verpassen. Er antwortete: „Wir verpassen kein Flugzeug. Wenn der Herr will, dass wir jetzt noch mit diesen Leuten reden, dann tun wir das.“
Er sprach weiter mit den Leuten, und das Flugzeug startete ohne ihn. Später kam die Nachricht, dass eine Frau im Flugzeug ihren teuren Schmuck in der Toilette vergessen hatte. Sie bat den Piloten, umzukehren. Damals war das möglich, und in Indien ist viel möglich.
Der Pilot drehte das Flugzeug, landete wieder, und die Frau bekam ihren Schmuck zurück. In dieser Zeit konnte Bak Singh ins Flugzeug steigen und flog dann mit. So hat er den Herrn erlebt, weil er betete und immer wieder betete: „Herr, ich möchte in deinem Willen stehen, dir gehorchen, dir dienen.“
Er erlebte den Herrn auf wunderbare Weise. Er ist nicht der Einzige, viele Menschen haben das so erlebt. Der Herr möchte uns ermutigen.
Persönliche Erfahrungen mit Gebet und Vertrauen
Ich habe einmal eine besondere Erfahrung gemacht, die mich sehr geprägt hat. Damals hatte ich sehr wenig Geld. Ich war zu einem Dienst in einer Gemeinde eingeladen, bei einem lieben Bruder. Es war eine Abendversammlung, und ich konnte bei ihm übernachten. Am nächsten Morgen sollte ich zum Studium fahren, das etwa 80 Kilometer entfernt war – mit dem Zug oder dem Bus. Ich hatte Vorlesungen am Vormittag, aber kein Geld mehr für die Fahrt.
Bereits auf dem Weg zur Gemeinde war ich per Anhalter gefahren, damit ich die Predigt halten konnte, weil ich kein Geld mehr hatte. Doch der Herr hat mir jemanden geschenkt, der mich mitgenommen hat. Nach der Predigt am Abend sagte dieser Bruder am Morgen: „Ich bring dich zum Bus.“ Ich fragte: „Um wie viel Uhr fährt dein Bus?“ Er antwortete: „Um sechs Uhr.“ Ich dachte mir, es ist schön, wenn ich beim Bus stehe, aber ohne Geld, was soll ich dort machen? Trotzdem musste ich diesen Bus nehmen, um rechtzeitig zu den Vorlesungen zu kommen.
Bevor der Bruder mich zum Bus brachte, las ich noch in der Bibel. Da stieß ich auf einen Vers, in dem es darum ging, wer mich in die Stadt bringen würde. Ich weiß nicht mehr genau, aus welchem Psalm das war, aber es fragte so etwas wie: „Bist nicht du es, Herr?“ Ich dachte: „Ja, Herr, wer wird mich sonst dorthin bringen, wo ich die Vorlesungen habe? Du wirst es tun.“
Der Bruder fuhr mich dann vom Haus zum Bus. Während der Fahrt fragte er: „Wie geht es dir eigentlich finanziell?“ Ich antwortete: „Nicht so gut.“ Daraufhin gab er mir tausend Schilling – damals war das viel Geld, etwa 130 D-Mark. Das reichte, um den Bus zu bezahlen, und ich hatte sogar noch Geld übrig, das ich für die Studentenarbeit verwenden konnte.
Was ich damit sagen möchte: Manchmal bringt uns der Herr ganz bewusst in eine Enge, um uns etwas zu zeigen. So lernt man etwas über Gott. Manchmal betrifft das die Finanzen, manchmal andere Lebensbereiche. Der Herr stellt uns auf die Probe: Was machst du jetzt? Willst du mir vertrauen? Betest du? Du musst viel beten, ja? Und dann wirst du den Herrn erleben.
Für mich war das damals ein großes Erlebnis. Das Leben wird dadurch interessant. Manchmal legst du dich ins Bett und sagst: „Herr, weck mich morgen um fünf Uhr – nicht fünf nach fünf oder fünf vor fünf, sondern genau um fünf Uhr.“ Als junger Christ darf man das tun. Dann wachst du auf und sagst: „Herr Jesus, ich wette mit dir, jetzt ist es fünf Uhr.“ Du schaust auf deine Digitaluhr, und tatsächlich steht dort fünf Uhr. Das ist interessant. Der Herr freut sich, uns zu zeigen: „Schau, ich bin real. Rechne mit mir!“ Das sind kleine Dinge, und dann kannst du auch in größeren Dingen mit ihm rechnen.
Für uns ist es wichtig, dass wir auch beim Beten unseren Dienst bedenken. Ein großer Teil unseres Gebets sollte sein: „Herr, was ist mein Dienst? Ich möchte deinen Willen tun.“ Wenn wir nach seinem Willen bitten, dann hört er uns. Und wenn wir wissen, dass er uns hört, dann wissen wir auch, dass wir die Bitten erhalten haben, die wir von ihm erbeten haben.
Die konkrete Situation des Fürbittens für Brüder
In Vers 16 und 17 wird eine ganz konkrete Situation zum Gebet beschrieben. Es geht darum, wann wir bitten sollen. Wenn jemand seinen Bruder sündigen sieht, eine Sünde, die nicht zum Tod führt, soll er bitten. Dann wird ihm Leben gegeben, dem Bruder nämlich. Es betrifft also solche, die nicht zum Tod hin sündigen, solche Brüder.
Es gibt Sünden, die zum Tod führen, und solche, die es nicht tun. Von denen, die nicht zum Tod hin sündigen, sagt Johannes, dass man für sie bitten soll. Von den anderen sagt er, soll man nicht bitten. Wenn man jemanden sieht, der gefährliche Wege geht oder schon einige böse Dinge getan hat, beziehungsweise in Richtung Abfall geht, der nicht mehr in die Versammlung kommt und wirklich auf Abwege gerät, was soll man dann tun? Nicht richten, sondern beten, sagt er. Man soll bitten. Also darf man für jemanden bitten, der dabei ist, sich vom Herrn abzuwenden.
Oft ist es so, dass man jemanden, der nicht mehr in die Versammlung kommt, viel zu früh aufgibt. Man denkt: „Ja, der kommt nicht mehr, fertig.“ Aber wenn er nicht mehr kommt, muss man beten und versuchen, vielleicht auch mit ihm zu sprechen.
Es gibt aber auch jemanden, der zum Tod hin sündigt. Für den soll man nicht bitten. Was ist eine Sünde zum Tod? Das sind Todsünden. Die katholische Kirche hat Todsünden definiert, allerdings willkürlich. Hier ist es nicht von solchen Todsünden die Rede. Wahrscheinlich ist hier die Sünde zum Abfall gemeint, also ein völliger Abfall, bei dem jemand einen Schlussstrich zieht.
Manche meinen, es könnte auch eine Sünde zum leiblichen Tod gemeint sein. Doch hier geht es um Sünde und ihre Konsequenzen. Wenn Christen zum leiblichen Tod hin sündigen, ist es dennoch möglich, für sie zu bitten. Wie soll man das verstehen? Johannes sagt, wenn jemand zum Tod hin sündigt, soll man nicht mehr bitten. Aber wann weiß ich das? Stell dir vor, es wäre der leibliche Tod gemeint. Jemand wird krank, vielleicht wegen einer Sünde. Soll man dann beten oder nicht?
Wenn Gott bestimmt hat, dass er stirbt, soll man nicht beten. Wenn Gott bestimmt hat, dass er nicht stirbt, soll man beten. Aber wie weiß ich das? Das weiß ich ja nicht. Dann passt dieser Satz nicht.
Er sagt, es gibt eine Sünde zum Tod, für die man nicht beten soll. Aber wenn jemand zum geistlichen Tod hin sündigt, also in Richtung völliger Abfall, wo er radikal Schluss mit Gott macht, dann soll man nicht mehr bitten. Jemand, der sagt: „Nein, ich mache radikal Schluss mit Jesus“ und über ihn lästert, will nicht mehr. Es gibt solche Leute, die Gott sehr stark gelästert haben, wie Friedrich Nietzsche und andere Spötter. Sie haben Gott früher gekannt, sind aber abgewandert. Nietzsche war Sohn eines Pfarrers und hat sich gegen das Christentum gestellt.
Für solche Menschen sagt Johannes nicht, dass man bitten soll. Er verbietet es nicht ausdrücklich, aber es könnte sinnlos sein. Es scheint hier vom geistlichen Tod die Rede zu sein. Beim leiblichen Tod weiß man nicht, ob eine Sünde zum leiblichen Tod führt. Aber eine Sünde zum geistlichen Tod, zum Abfall, erkennt man. Zum Beispiel, wenn jemand sich ganz klar entschieden hat, sich lästerlich abzuwenden und sich nicht mehr zurechtweisen lässt.
Wie lange soll man für solche Menschen beten und flehen? Vielleicht soll man sich eher für die einsetzen, die noch wollen. Es gibt viele, die noch offen sind. Ich habe nicht endlos Zeit, Energie und Gebete. Für wen soll ich beten und für wen nicht? Ich kann nicht für alle beten.
Wenn es Lästerer gibt, die viel wussten, viel gehört haben, sich aber ganz abgewandt haben und nichts mehr wissen wollen, dann sagt Johannes nicht, dass man für sie bitten soll. Wir sollen nach dem Prinzip der offenen Tür handeln: Dort, wo die Tür noch offen ist, bete ich, dass der Herr wirkt. Dort, wo jemand die Tür ganz zugemacht hat, sagt Johannes nicht, dass man bitten soll.
Eine Sünde zum leiblichen Tod wäre eine Sünde, auf die der leibliche Tod als göttliche Züchtigung folgt. Niemand weiß jedoch, wann eine bestimmte Sünde eines Bruders zum unmittelbaren leiblichen Tod führt und wann nicht. Man müsste also warten, bis der Betreffende gestorben ist. Aber dann kann man sowieso nicht mehr beten – dann ist es zu spät. Deshalb passt es nicht, hier den leiblichen Tod zu meinen.
Außerdem geht es im Kontext um das Leben, das geistliche Leben. Es heißt: „Er wird ihm das Leben geben“, das geistliche Leben, dem, der sich bekehrt und sich wieder zurechtbringen lässt. Es geht nicht um das irdische Leben. Wer den Sohn hat, hat das Leben – das geistliche Leben. Das ist hier der Zusammenhang.
Wir haben kein direktes Gebot, uns für Abgefallene – ich meine jetzt wirklich Abgefallene – in der Fürbitte einzusetzen. Übrigens denken wir manchmal, jemand sei abgefallen, obwohl er das noch nicht ist. Ein wirklicher Abfall ist ein letzter Schritt, bei dem man radikal mit Gott bricht.
Oft sprechen wir zu schnell vom Abfall: „Der ist abgefallen, weil er nicht mehr in die Versammlung kommt.“ Aber woher weißt du, dass er wirklich abgefallen ist? Wenn er nicht mehr kommt, heißt das noch nicht, dass er ganz abgefallen ist. Vielleicht lebt er mit einer Freundin zusammen, aber vielleicht auch mit schlechtem Gewissen.
Wir haben solche Fälle erlebt, zum Beispiel in Österreich. Einer ist mit einer Freundin weggegangen, wollte nicht mehr zur Versammlung kommen und hat sich selbst ausgeschlossen. Nach zwei Jahren kam er zurück, tat Buße und war nicht abgefallen. Jetzt lebt er treu mit dem Herrn.
Ja, jetzt machen wir Pause, denke ich.