Begrüßung und organisatorische Hinweise
Und ich freue mich, wieder hier zu sein. Bad Tainach ist immer etwas ganz Besonderes, denke ich auch für jeden Referenten, der hier mitwirken darf. Ich möchte mich schon jetzt entschuldigen für heute Abend. Ich wäre sehr, sehr gern bei dieser Gesprächsrunde dabei gewesen. Das ist immer eine besonders schöne Möglichkeit.
Ich muss heute schon abreisen, nach meinen Seminaren am Nachmittag, weil morgen schon wieder die Arbeit in Hannover weitergeht. Außerdem habe ich am Sonntag auch zu predigen. Von daher danke ich einfach für das Verständnis und wünsche allen einen weiterhin guten Verlauf des Tages.
Auch deswegen muss ich abreisen, weil Sie auf der Homepage beg-hannover.de am Sonntag so ab 12:30 Uhr wieder eine frische Predigt finden können. Ich wurde gefragt, wo man Predigten zum Download bekommen kann. Das ist die Seite unserer Gemeinde, der Bekennenden Evangelischen Gemeinde Hannover. Dort gibt es jeweils sonntags die frische Predigt, etwa ab halb eins.
Viele andere Homepages, auch für unsere Theologische Akademie, können Sie darüber erreichen. Relativ neu ist die ganz unten angegebene Seite wolfgang-nestvogel.de. Sie muss noch etwas erweitert werden. Ich hoffe, dass ich nächste Woche ein bisschen dazu komme. Dort sollen Sie Vortragstermine, Aufsätze und aktuelle Informationen immer wieder finden.
So, vielen Dank. Dann können wir das jetzt auch wegschalten und einsteigen in unseren spannenden und sehr umfassenden Bibeltext heute Morgen, auch wenn es nur siebzehn Verse sind: Johannes 15,1-17.
Einführung: Die Herausforderung geistlicher Langeweile
Vor einigen Tagen, das will ich vorwegschicken, feierte der sogenannte Literaturpapst Marcel Reich-Ranitzky, den meisten von Ihnen sicherlich bekannt, seinen neunzigsten Geburtstag. Reich-Ranitzky vertritt sicherlich manche eigenwillige These. Besonders beliebt war jedoch immer seine Büchersendung im Fernsehen, das Literarische Quartett.
Es war ein Markenzeichen, wenn Reich-Ranitzky dort ein Buch ablehnte, dass er oft sagte: „Dieses Buch ist nicht schlecht geschrieben, dieses Buch hat ein wichtiges Thema, dieses Buch hat einen großen Autor. Dieses Buch hat nur ein Problem, das es unmöglich macht, dieses Buch zu empfehlen: Dieses Buch ist langweilig, langweilig.“
Manche Menschen empfinden ihr Christenleben – also der hat so mit den Armen jeweils dazu geschwenkt, ich mache das natürlich nicht – manche Christen empfinden ihr Christenleben in diesem Sinne, danke, das ist ganz lieb, ja, als langweilig. Vielen Dank. Sie werden müde, sie suchen nach einem Kick, nach neuer Motivation, nach Schwung, nach außergewöhnlichen Erfahrungen.
Manche Gemeinden starten alle paar Monate ein neues Programm und suchen ständig nach neuen Ideen, damit es nicht langweilig wird. Sie stützen sich auf die letzten Modelle und Konzepte. Dann geht es los mit viel Aufwand, und irgendwann läuft sich die Sache wieder fest.
Manche Pastoren verstehen sich als dauernde Motivationskünstler, die die Leute bei Laune halten wollen. Viele Christen fürchten sich vor einem langweiligen Leben. Wenn man sie fragen würde: „Denkst du, dass du eine persönliche Beziehung zu dem Herrn Jesus Christus hast?“, dann würden sie sagen: „Ja, sicher, natürlich denke ich das.“ Aber man hat den Eindruck, es treibt sie nicht mehr um. Es hält sie nicht mehr unter Spannung.
Wie kann das sein? Kann es sein, dass es in unserem Verhältnis zu Jesus manchmal ähnlich laufen kann wie bei manchen älteren oder auch schon jüngeren Ehepaaren? Da ist ein Schatz an gemeinsamen Erfahrungen da, ein Schatz an gemeinsamer Substanz. Aber dieser Schatz liegt weitgehend brach, er pulsiert nicht. Es hat sich eine dicke Staubschicht darübergelegt, eine Staubschicht aus Alltag, Gewohnheit und Achtlosigkeit.
Das zentrale Thema: Einheit mit Christus und Qualitätsmerkmale der Beziehung
Unser Abschnitt heute Morgen hat ein einziges großes Thema: Er beschreibt die Beziehung zwischen dem Herrn Jesus und seinen Jüngern, also uns.
Wenn du zum Herrn gehörst, wenn Jesus Christus dein Retter, dein Erlöser, dein König wirklich ist, dann bist du auch sein Jünger und gehörst zu ihm. Dann gilt all das, was der Herr hier heute Morgen sagt, auch für dich.
Darum bleibt unser Thema Einheit in Christus. Vielleicht könnte man es noch genauer formulieren: Einheit mit Christus. Denn hier geht es zunächst nicht um die Einheit, die er uns stiftet – das ist die Folge, dazu werden wir auch drei Sätze sagen. Aber im Wesentlichen geht es hier um die Einheit mit ihm, mit ihm selbst.
Der Untertitel könnte lauten: Qualitätsmerkmale einer besonderen Beziehung.
Diejenigen, denen der Herr das hier zuerst gesagt hat, was wir jetzt lesen werden, hatten allerdings nicht das Problem der Langeweile – wahrlich nicht. Sie standen unter einem Druck, der kaum noch auszuhalten war. Sie lebten in einer unheimlichen Spannung, im Schatten des Kreuzes.
Höchstwahrscheinlich findet dieses Gespräch in der Nacht vor Jesu Tod statt, also mitten in dieser dramatischen Spannungssituation, in der die Nerven bis zum Zerreißen gespannt sind. Einer der Zwölf hatte sich gerade als Verräter entpuppt, gerade eben hat er den Kreis bereits verlassen.
Unterdessen bereiten sich Jesus und die anderen darauf vor, den Obersaal dort in Jerusalem zu verlassen und zum Garten Gethsemane aufzubrechen.
Bald wird es den Jüngern mit ihrem Verhältnis zu Jesus ähnlich gehen wie uns heute: Er ist dann nicht mehr sichtbar, er ist dann nicht mehr greifbar bei ihnen. Darauf bereitet der Herr sie vor, und deshalb ist dieser Text direkt in unser Herz gesprochen.
Jesus bereitet seine Jünger in einem seelsorgerlichen Intensivkurs auf diese Zeit vor, weil er weiß, dass jetzt unglaublich schwere Zeiten vor ihm liegen werden.
Das Kernstück dieses Intensivkurses, Kapitel 13 bis 17, ist in der Mitte, in Kapitel 15, diese wunderbare Verdeutlichung, wie das persönliche Verhältnis aussieht, das Jesus zu seinen Jüngern hat und haben wird – auch dann, wenn sie ihn nicht mehr mit ihren Augen sehen werden.
So schenkt er ihnen Einblick in die Qualitätsmerkmale einer besonderen Beziehung.
Wir wollen diese 17 Verse jetzt lesen. Es wird nicht möglich sein, sie bis in die letzten Einzelheiten auszulegen – das ist meinen Brüdern mit ihren Texten ja schon ähnlich ergangen. Meine Hoffnung ist, dass ihr so einen Zugang findet und dass euch diese Bibelarbeit dazu ermutigt, selbst weiter dieses Kapitel und natürlich auch die anderen zu studieren.
Deswegen bewaffnet euch am besten mit Stift und Zettel. Möge der Herr es schenken, dass viel von dem deutlich wird, was er hier sagt.
Bildhafte Darstellung der Beziehung: Der Weinstock und die Reben
Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen. Jede aber, die Frucht bringt, wird er reinigen, damit sie mehr Frucht bringt.
Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, und ich bleibe in euch. Wie die Rebe keine Frucht aus sich selbst bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr nichts tun, wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, bringt viel Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, wird weggeworfen wie eine Rebe, die verdorrt. Man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.
Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich die Gebote meines Vaters halte und in seiner Liebe bleibe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibt und eure Freude vollkommen wird.
Das ist mein Gebot: dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe. Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben für seine Freunde lässt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.
Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich euch alles kundgetan habe, was ich von meinem Vater gehört habe.
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt, und eure Frucht bleibt. So wird der Vater euch geben, was ihr in meinem Namen bittet.
Das gebiete ich euch: dass ihr euch untereinander liebt.
Der Herr Jesus benutzt hier in den ersten acht Versen zunächst ein einprägsames Bild, eine Metapher. In diesem Bild kommen alle Beteiligten vor, die eben noch im Obersaal dabei waren. Natürlich ist der Herr Jesus selbst gemeint: „Ich bin der Weinstock“, und sein Vater, unsichtbar dabei, ist der Weingärtner. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen – das ist Judas. Und jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, damit sie mehr Frucht bringt.
Dieser Vergleich ist das letzte der „Ich bin“-Worte unseres Herrn. Ihr kennt die anderen: das Brot des Lebens, das Licht der Welt, die Tür, der Hirte, die Auferstehung und das Leben, der Weg, die Wahrheit und das Leben. Immer sagte der Herr Jesus: „Ich bin das“.
Es gibt noch ein verborgenes „Ich bin“-Wort in Johannes 8: „Ehe Abraham war, bin ich.“ Mit diesem Ausdruck unterstreicht der Herr Jesus, dass er Gott ist. Das werden wir heute auch im Seminar noch einmal in Erinnerung rufen, denn nur Gott konnte das von sich sagen: „Ich bin“.
Dahinter steht natürlich Zweiter Mose 3,14, wo sich Gott dem Mose offenbart: „Ich bin, der ich bin“, „Ich werde sein, der ich sein werde“. Gott ist treu, ewig und unveränderlich. Jetzt nimmt der Herr Jesus das auf und sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“
Was für eine Beziehung ist das? Wir wollen versuchen, das Schritt für Schritt nachzuvollziehen – die Qualitätsmerkmale einer besonderen Beziehung. Ich möchte mit ein wenig Humor sagen: Die Beziehung, in die der Herr Jesus seine Jünger hineinholt, ist so speziell, dass man sie eigentlich nur mit Fremdwörtern beschreiben kann.
Das ist natürlich nicht ganz richtig, es wäre sicher auch anders möglich. Aber ich hoffe, dass es sich so besser einprägt. Das hat nichts zu tun mit dem, was Johannes Pflaum gestern gesagt hat, nämlich einer falschen Intellektualisierung der Evangelikalen. Damit meinte er zu Recht, dass manche sich ständig ein neues, abgelegenes Spezialthema suchen, das sie dann durchs Dorf jagen – um von weiteren Tierbegriffen gar nicht erst zu sprechen.
Auf der anderen Seite steht dieser falschen Intellektualisierung eine Infantilisierung gegenüber. Das erleben wir auch in unseren Kreisen: Es wird kindisch, alles wird zu komplex, und man wird faul im Denken. Diese beiden Gegensätze – falsche Intellektualisierung und Infantilisierung – sind sehr schlechte Gegenpole.
Wir müssen den Weg der biblischen Wahrheit suchen, der mitten dazwischen liegt. Deshalb bin ich auch so dankbar, dass Johannes Pflaum ein so wichtiges theologisches Buch geschrieben hat. Es zeigt, wie wichtig es ist, gründlich biblisch zu denken.
Das brauchen wir auch heute für unser Seminar. Ich möchte das Buch noch einmal empfehlen, denn Johannes hat die meiste Arbeit schon für unser Thema „Die Gottheit Gottes“ getan.
Qualitätsmerkmal 1: Organische Verbindung
Jetzt beginnen wir mit der Frage nach der Verbindung zwischen dem Herrn Jesus und seinen Jüngern. Diese Verbindung ist erstens organisch. Darum geht es in den ersten acht Versen. Das ist das erste Qualitätsmerkmal: Die Verbindung zwischen Jesus und uns ist organisch.
Sie kennen wahrscheinlich aus der Schule den Unterschied zwischen organischen und anorganischen Stoffen. Organisch bedeutet lebendig, da bewegt sich etwas. Man könnte sagen, es gibt einen Pulsschlag, Lebensbewegungen, pulsierendes Leben. Diese organische Qualität, diese Lebendigkeit, diese Beziehung zeigt der Herr Jesus uns mit einem allseits vertrauten Bild: dem Weinstock und den Reben.
Manche nennen es auch Gleichnis, aber ein klassisches Gleichnis hätte mehr Handlung und würde eine Geschichte erzählen. Daher ist wahrscheinlich der Begriff Bild oder Metapher hier angemessener. Dieses Bild war für die Zuhörer vertraut. Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“
Im Alten Testament ist das Volk Israel der Weinberg Gottes (Jesaja 5,1-7). Auch Jeremia spricht vom Weinstock, zum Beispiel in Jeremia 2,21: „Dich pflanzte ich als einen edlen Weinstock, ein ganz echtes Gewächs, wie bist du mir denn geworden zu einem schlechten, wilden Weinstock?“ Schuld, Ungehorsam und Untreue führten zu diesem Verfall.
Deshalb sagt der Herr Jesus jetzt: „Ich bin der wahre Weinstock, der Gottes Plan erfüllt und unvergängliche, wertbeständige Früchte hervorbringt.“ Der wahre Weinstock ist nicht nur selbstlebendig, sondern steht auch in Verbindung mit anderen lebendigen Teilen und schenkt diesen Leben.
Jesus gibt uns konkrete Hinweise, warum die Beziehung zwischen ihm und uns organisch ist. Sie ist organisch, weil sie wachstumsfähig ist. Das sehen wir in Vers 2b und 8b ganz deutlich. In Vers 2 geht es darum, dass die Reben gereinigt werden, damit sie weiterleben und nicht verkümmern. Er wird sie reinigen, damit sie mehr Frucht bringen.
Am Ende, in Vers 8, sagt Jesus: „Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und meine Jünger werdet.“ Sie sind schon seine Jünger, aber sie sollen immer mehr hineinwachsen. Werdet, meine Jünger, wachstumsfähig! Das Wachstum bei den Jüngern steht nicht am Anfang, deshalb sagt Jesus in Vers 3: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.“
So entsteht Glauben, so entsteht eine lebendige Beziehung zum Herrn Jesus Christus durch sein Wort. Durch die Wahrheit des Evangeliums, die die Macht hat, unsere finsteren, toten Herzen aufzubrechen, Sünderkenntnis zu schenken und uns zu Christus zu führen. Das geschieht allein durch das Wort, also durch die Wahrheit des Evangeliums, die Gott uns in seinem Wort offenbart.
Deshalb kann Petrus später schreiben: „Ihr seid wiedergeboren, nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem Samen durch das lebendige Wort Gottes“ (1. Petrus 1,23). Das meint Jesus hier: „Ihr seid schon rein, ihr habt schon echte Vergebung eurer Schuld, ihr seid schon gerechtgesprochen durch das Wort.“
Aber in der Beziehung zu Jesus gibt es auf Dauer keine Stagnation, keinen Stillstand. In Vers 2 werden die fruchtbaren Reben weiter gereinigt, und in Vers 8 wachsen die Jünger immer mehr in ihre Nachfolge hinein. Das ist die organische Beziehung.
Eine organische Beziehung ist nicht nur wachstumsfähig, sondern auch wechselseitig. Zweimal betont Jesus diese Wechselseitigkeit: In Vers 4 heißt es: „Bleibt in mir und ich in euch“ – keine Einbahnstraße. Und in Vers 5 heißt es noch einmal: „Wer in mir bleibt und ich in ihm“ – wechselseitig.
Jesus arbeitet beständig an der Beziehung zu uns. Diese Beziehung geht von ihm aus, sie wird von ihm getragen und ist überhaupt erst von ihm geschenkt. In Römer 5,8 heißt es: „Gott beweist seine Liebe zu uns, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Er hat alles angestoßen und auf den Weg gebracht.
Wechselseitigkeit bedeutet nicht, dass wir gleichrangig sind. Es bedeutet nicht, dass wir auf gleicher Augenhöhe mit Jesus kommunizieren. Aber es bedeutet echte Beteiligung. Wir sollen das nicht nur passiv geschehen lassen, sondern uns aktiv in diese Beziehung zum Herrn einbringen.
Das beschreibt Jesus mit dem Begriff „bleiben“. „Bleiben“ meint nicht ein statisches Verharren, kein Luftanhalten, keine Bewegung, um keinen Fehler zu machen. Es meint ein lebendiges Praktizieren von Gemeinschaft, das heißt, die Gemeinschaft mit dem Herrn lebendig zu pflegen.
Jesus sagt auch, wie das geht, in Vers 7: „Wenn meine Worte in euch bleiben“, wenn ihr mit seiner Wahrheit lebt und nach seinem Willen fragt. In Johannes 8,31 hatte Jesus schon gesagt: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr in Wahrheit meine Jünger.“
Es geht um lebendiges Praktizieren der Gemeinschaft mit dem Herrn, das heißt „bleiben“. Um alle Missverständnisse auszuschließen: In Gottes Wort bleiben ist nicht die Bedingung der Rettung. Nicht nach dem Motto: „Du musst an den Herrn Jesus glauben und seine Vergebung in Anspruch nehmen, ihn als deinen Herrn anerkennen, und wenn du dann noch im Wort Gottes bleibst, wirst du gerettet.“
Die Rettung schenkt allein Gott, und wir ergreifen sie im Glauben. Wir klammern uns an den Herrn und sagen: „Ich bin ein verlorener Sünder, der dein Heil braucht.“ Als Folge dieser Rettung, wenn wir gerettet sind, werden wir im Wort Gottes leben und bei diesem Wort bleiben – trotz aller Unvollkommenheit, Fehler und Stolpern.
Diese Gemeinschaft ist von Jesus gestiftet, ermöglicht und getragen. Aber die Gemeinschaft, die er uns schenkt, ist eine wechselseitige Gemeinschaft. Er schenkt sich mit dieser eingebauten Wechselseitigkeit. Auch die Wechselseitigkeit ist vom Herrn geschenkt.
Wer zum Herrn gehört, bleibt, lebt darin und bringt Frucht. Aber was ist mit den unfruchtbaren Reben? Das ist eine sehr kritische Frage in diesem Text. Wir wollen uns nicht davor drücken, sondern genau schauen, was Jesus darüber sagt.
Natürlich taucht die Frage auf: Können mit diesen unfruchtbaren Reben Christen gemeint sein? Kann es Christen geben, die überhaupt keine Frucht bringen? Ich möchte hier kurz Johannes Pflaumen von gestern Nachmittag zitieren. Ich will keine Grundsatzdiskussion darüber führen, ob ein Christ verloren gehen kann oder nicht. Ich weiß, dass es dazu auch unter uns unterschiedliche Positionen gibt.
Wir versuchen, diese Stelle so gut wie möglich zu verstehen. Jesus malt uns hier ein Bild. Er sagt: „Seht euch diese Rebe an, sie bringt keine Frucht.“ Vers 2. Jesus sagt nicht, dass es eine wiedergeborene Rebe war, die irgendwann aufgehört hat, Frucht zu bringen. Das ist nicht das Bild.
Er sagt: „Seht euch diese Rebe an, sie bringt keine Frucht, sie ist irgendwie mit dem Weinstock verbunden, aber nicht so, dass es fruchtet.“ Das heißt, die Verbindung zwischen Weinstock und Rebe ist nicht intakt, die Wechselseitigkeit fehlt. Darum bringt diese Rebe keine Frucht und wird auch nicht am Weinstock bleiben.
Die Rebe, die keine Frucht bringt (Vers 2a), wird in Vers 6 als die Rebe beschrieben, die nicht in Jesus bleibt. Diese Rebe wird ins Feuer geworfen und verfällt dem Gericht Gottes.
Liebe Geschwister, man kann offensichtlich auf eine Weise mit Jesus verbunden sein, die nicht bleibt, die nicht hält, weil sie nicht echt ist. Die Metapher „Rebe“ wird hier nicht nur für wahre Christen gebraucht, sondern für verschiedene Arten der Beziehung zu Jesus.
Jesus spricht an anderen Stellen noch mehr über solche Verbindungen, die er als Scheinglauben beschreibt, der früher oder später auffliegt. Denken Sie nur an das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (Matthäus 13; Lukas 8). Das Wort fällt auf den Weg und wird gleich weggenommen. Es fällt auf Felsen und schafft eine schnelle Begeisterung, eine scheinbare Bekehrung, die sich aber als substanzlos erweist, weil sie keine Wurzel hat.
Das Wort fällt unter die Dornen, und es entsteht ein schneller, scheinbar erstaunlicher Glaube, der aber vom Reichtum und den Sorgen der Welt erstickt wird und keine Frucht bringt. Er erweist sich als nicht echt und nicht tragfähig.
Dann ist da das gute Land, von Gott gutgemacht, und das bringt Frucht in Geduld. Echter Glaube bringt Frucht. Diese Frucht ist nicht immer für alle sichtbar, manchmal nicht einmal für uns selbst. Aber sie wird von Gott auf lange Sicht geschenkt.
Diese Frucht zeigt sich auch darin, dass wir dranbleiben. Wenn jemand keine echte Frucht bringt oder wenn wir mal abgewichen sind und zurückkommen, zeigt das, dass er nie wirklich bei Jesus war. Johannes 2,19 sagt: „Sie gingen von uns weg, weil sie nicht wirklich dazugehörten.“
Sie waren irgendwie verbunden, aber nicht wirklich. Wären sie echt verbunden gewesen, wären sie nicht gegangen. Oder sehen wir, was Jesus in Matthäus 7,21-23 in der Bergpredigt schreibt. Dort geht es um das gleiche Phänomen.
Jesus sagt: „Nicht alle, die zu mir ‚Herr, Herr‘ sagen, werden in das Himmelreich kommen, sondern nur die, die den Willen meines Vaters im Himmel tun.“ Viele werden an jenem Tag sagen: „Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, böse Geister ausgetrieben und viele Wunder getan?“ Sie meinten, mit Jesus verbunden zu sein.
Aber Jesus wird ihnen antworten: „Ich habe euch nie gekannt, weicht von mir, ihr Übeltäter!“ Das heißt, sie waren nie wirklich mit ihm verbunden. Sie hatten Ergebnisse vorzuweisen, die sie für Früchte hielten, aber Jesus sagt, es sind keine Früchte, weil sie nie wirklich nach Gottes Willen gehandelt haben.
Denken Sie auch an Johannes 2. Im Johannes-Evangelium kommt dieser Scheinglaube immer wieder vor. Wenn dort von Glauben die Rede ist, müssen wir genau hinschauen, welcher Glaube gemeint ist.
Zum Beispiel nach der Tempelreinigung am Ende von Kapitel 2: „Viele glaubten an seinen Namen, weil sie die Zeichen sahen, die er tat.“ Wenn man hier aufhört, könnte man denken, das seien echte Jünger Jesu.
Aber Jesus durchschaut, dass es keine Jünger sind, dass sie nicht zu ihm gehören. Sie sind Reben, die verdorren. Jesus vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle und wusste, was im Menschen war. Er durchschaute diesen scheinbaren Glauben.
In all diesen Fällen gab es eine bestimmte Art von Verbindung mit Jesus, aber sie hielt nicht, weil sie nicht organisch war, sondern künstlich oder synthetisch. Diese Verbindung war weder wechselseitig noch wachstumsfähig und – das ist das Letzte, was wir sehen – sie war auch nicht wirkungsvoll.
Die organische Verbindung ist auch wirkungsvoll. Das ist das dritte Kennzeichen. Jesus sagt in Vers 5 am Ende: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“ Und in Vers 8 noch einmal: „Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt.“
Jesus spricht hier nicht von Erfolg, Leistung oder Werken, sondern von Frucht. Von außen können sogar vermeintliche Werke echter Frucht zum Verwechseln ähnlich sehen.
Zum Beispiel spenden zwei Geschäftsleute jeweils 20.000 Euro. Der eine tut es, um sich ein gutes Gewissen zu verschaffen und die Beschenkten zu beeindrucken. Der andere tut es mit einem Herzen, das einfach nur Jesus dienen will.
Keiner sieht den Unterschied. Aber er ist so groß wie Tag und Nacht. Der eine arbeitet mit, weil er in der Mitarbeit sein Selbstbewusstsein pflegt, weil es ein schönes Hobby ist. Der andere tut vermeintlich den gleichen Dienst für Jesus, mit Feuereifer und Freude, weil er seine Begabung einbringen darf.
Dieser weiß, für wen es ist und worum es geht. Er ist auch bereit, es zu tun, wenn es ihm keine Ehre bringt und keinen Spaß macht. Von außen sehen beide sehr ähnlich aus, wie die beiden Häuser am Ende der Bergpredigt, von denen eines beim Sturm einstürzt und das andere nicht.
Der Herr sieht das Herz. Darum kommt es nicht in erster Linie auf das sichtbare Produkt an, sondern auf das Herz dahinter. Das ist der Schwerpunkt in diesen siebzehn Versen.
Es wird viel von Frucht geredet, aber Jesus geht es im Kern nicht um die Frucht in erster Linie, sondern um die Haltung, um die Beziehung zwischen ihm und uns.
Wer wechselseitig mit Jesus lebt, wird durch sein Wort gefüllt. Vers 7: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben.“ Jesus prägt sein Denken, er wird immer mehr von Jesu Willen orientiert und im Gebet geführt.
Er wird geprägt von Gottes Wort und geführt im Gebet. Dann werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren, weil das, was ihr wollt, vom Wort Gottes geprägt ist.
Ihr werdet zum Beispiel für die Bekehrung von Menschen beten, für das geistliche Wachstum von Christen und im Sinne des Wortes des Herrn beten. Er wird eure Gebete aufnehmen und erfüllen, und es wird Frucht daraus wachsen.
Der Vater wird verherrlicht, und die Gemeinde wird wachsen. Was für eine Dynamik! Der Herr führt uns zur Bekehrung. Wir bekommen neues Leben aus seinem Wort, werden geprägt in unserem Denken durch seine Wahrheit, beten immer mehr nach seinem Willen.
Er erhört diese Gebete, schenkt Frucht, und sein Name wird geehrt. Organisches Leben – das ist das erste große Kennzeichen, mit dem der Herr Jesus die Beziehung zwischen ihm und uns ausstattet: eine organische Beziehung voller Leben.
Persönliche Eindrücke und geistliche Herausforderungen
In der letzten Woche hatte ich zwei Tage in der Nähe von Bonn zu tun. Am Ende des ersten Tages bin ich dann mit meiner Frau in die alte Bundeshauptstadt gefahren. Wir haben einen herrlichen Spaziergang am Rhein entlang gemacht, vorbei an den alten Regierungsgebäuden der früheren Bundesrepublik.
Wir sahen die Villa Hammerschmidt mit dem schönen Park drumherum, den Sitz des Bundespräsidenten, das Palais Schaumburg, den Sitz des Kanzlers, das Kanzleramt, den Bundestag – das alte, naja, gut, auch neu gebaute Abgeordnetenhaus – und den langen Eugen. Es war alles noch da und wurde auch irgendwie genutzt.
Doch es wirkte seltsam leblos. Es erinnerte noch an die alte Macht, an die Bedeutung der früheren Bundeshauptstadt und an die Dramen, die sich dort abgespielt hatten. Zugleich, auf der linken Seite die Reihen der Gebäude, auf der rechten die ästhetisch ansprechenden Bauwerke – es war schön, aber dennoch seltsam verschlafen, fast gespenstisch.
Dann fing es auch noch an zu regnen, was die Stimmung verstärkte. Ich sagte immer wieder zu meiner Frau: „Das ist unheimlich, es ist wie ein Gang durch eine untergegangene Epoche.“ Diese herrlichen Villen, die alte Erinnerung an die Bundesrepublik – es wirkt so seltsam tot.
Wenn man dann noch die politischen Veränderungen bedenkt, die seitdem in Westdeutschland geschehen sind, kann einen der Schrecken noch mehr packen. Die Villen und die Parks sind noch da, aber es ist eine tote Pracht.
So ähnlich geht es manchen Gemeinden oder alten Christen, wenn sie auf eine vielleicht bewegte geistliche Vergangenheit zurückblicken. Wenn sie an die Kämpfe denken, die sie einmal schlagen durften, an das Leben mit dem Herrn, das sie bewegt hat. Wie viel davon ist geblieben?
Der Herr sagt: „Schau her, das ist die Beziehung, die ich dir geschenkt habe. Es ist eine organische Beziehung, eine lebendige Beziehung, und ich selbst sorge für dieses Leben. Ich werde dir helfen, dieses Leben wieder zu erfahren. Ich habe es dir geschenkt. Bedenke doch, wer ich bin. Lass dir doch das Sagen in meinem Wort gelten. Glaub mir doch, das ist die Beziehung.“
So weit das Bild, die Metapher von Weinstock und Reben. Doch noch ist nicht alles dazu gesagt. Die Beziehung zwischen dem Herrn und uns ist so vielfältig, dass der Herr noch weitere Qualitätsmerkmale ergänzen muss.
Zu eurem Trost kann ich sagen: Die nächsten Punkte werden alle wesentlich kürzer. Der zweite Punkt ist noch etwas ausführlicher, danach wird es gegen Ende der Predigt rapide kürzer.
Qualitätsmerkmal 2: Trinitarische Dimension der Beziehung
Zweites Qualitätsmerkmal
Die Beziehung zwischen dem Herrn und uns ist nicht nur organisch, sondern auch trinitarisch. In Johannes 14 hat Jesus bereits gezeigt, dass unabhängig von allen Menschen, unabhängig von dir und mir, der heilige Gott selbst in Gemeinschaft lebt – trinitarisch in der dreieinigen Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Im vorherigen Kapitel sagt Jesus zum Beispiel in Johannes 14, Vers 26: Der Vater wird den Tröster, den Heiligen Geist, in meinem Namen senden. Der Vater, der Heilige Geist, in meinem Namen – wir handeln gemeinsam, wir leben gemeinsam, wir haben ein gemeinsames Anliegen und leben in echter, inniger, liebevoller Gemeinschaft.
Diese innige persönliche Beziehung, die Gott in sich selbst hat, nehmen wir heute auch im Seminar über die Gottheit Jesu noch einmal auf. Der Herr Jesus nimmt sie als Vorbild dafür, wie er seine persönliche Beziehung zu uns gestaltet. Es ist erstaunlich: Diese innige persönliche Beziehung, die Gott innertrinitarisch in sich selbst hat, nimmt Jesus zum Vorbild für seine Beziehung zu uns. Er stellt eine Verbindung her zwischen der innergöttlichen Beziehung zwischen sich, dem Vater und dem Heiligen Geist und der göttlich-menschlichen Beziehung zwischen sich und uns.
Darum fällt auf unsere Beziehung zum Herrn ein trinitarischer Glanz. Das ist unfassbar. Jesus gestaltet seine Verbindung zu uns nach dem Vorbild seiner Verbindung zum Vater.
Wir werden das jetzt in den Versen 9 bis 11 sehen. Hier wird der Heilige Geist nicht extra erwähnt, er kann aber aus Kapitel 14 heraus vorausgesetzt werden.
Was bedeutet das konkret?
A) Wie der Vater Jesus liebt, so liebt Jesus uns. Schaut, was in Vers 9a steht: "Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch." Was für eine Liebe – eine vollkommene Liebe, eine mit menschlichen Worten kaum auszudrückende Liebe.
Zwei Kapitel später sagt der Herr Jesus dann auch noch, dass wir nicht nur nach dem Vorbild dieser trinitarischen Liebe von ihm geliebt werden, sondern dass der Herr Jesus uns persönlich in diese trinitarische Gemeinschaft mit hineinnimmt.
Schreibt euch bitte diesen Vers dazu auf: Johannes 17, Vers 21, wo der Herr sagt: "Ich bitte, dass sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein."
Das heißt, der Herr Jesus zieht uns in diese trinitarische Gemeinschaft mit hinein. Dann fährt er fort in Vers 23: "Ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien." Das ist unerhört und trinitarisch.
B) Wie Jesus die Gebote des Vaters hält, so sollen auch wir die Gebote Jesu halten. Schaut, wie es in Vers 9 weitergeht: "So bleibt in meiner Liebe, wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich die Gebote meines Vaters halte und in seiner Liebe bleibe."
Wir sollen also in der Liebe Jesu bleiben, indem wir seine Gebote halten, so wie Jesus in der Liebe des Vaters bleibt, indem er dessen Gebote hält. Wir sollen Gemeinschaft praktizieren in den Linien seines Wortes.
Diese Liebe ist keine Einbahnstraße, sie ist ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit. Natürlich gibt es einen entscheidenden Unterschied: Wir sind nicht sündlos wie der Herr Jesus und können seine Gebote nicht annähernd so vollkommen halten wie er die Gebote des Vaters. Das ist ein grundsätzlicher, kategorialer Unterschied.
Aber wenn wir an den Herrn wirklich glauben, als unseren Retter und König, dann ist es uns ein inneres Anliegen, ihm zu gehorchen – bei aller Schwachheit, bei allen Fehlern und bei allen Sünden, die noch an uns haften. Unser Gewissen rebelliert, wenn wir ihm nicht gehorchen, weil sein Heiliger Geist in uns lebt.
Diese Warnsignale des Heiligen Geistes können zwar mal gedämpft werden. Man kann sich verheddern und verrennen und trotzdem Gott nicht aufgeben, der uns Unruhe macht. Wir können ungehorsam leben, aber wir können nicht glücklich damit werden. Darum kann es nicht sein, dass jemand Christ ist und überhaupt keine Frucht bringt.
Echter Gehorsam bedeutet nicht vollkommener Gehorsam – denkt an Römer 7. Darum haben es gerade auch die echten Reben nötig, wie in Vers 2, dass sie immer wieder gereinigt werden. Wenn wir vollkommen wären, wäre das nicht nötig. Dann bräuchten wir nicht zu wachsen, sondern wären schon ausgewachsen. Wir brauchen die regelmäßige Fußwäsche (Johannes 13).
Ein solches Leben, in dem wir versuchen, dem Herrn zu gehorchen, wie er seinem Vater gehorcht hat, führt zu was? Es führt nicht zu Verklemmung, nicht zu Krampf, nicht zu einer verstaubten, seltsamen, bizarren, abgeschotteten, unfrohen christlichen Verkorkstheit, sondern zu Freude.
C) Wie Jesus mit der Freude des Vaters erfüllt wird, so werden auch wir mit der Freude Jesu erfüllt. Wie er die vollkommene göttliche Freude in der Gemeinschaft mit dem Vater genießt, so will er uns diese Freude schenken.
Das ist Vers 11: "Das habe ich zu euch gesagt, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde."
Ein trinitarischer Glanz fällt auf die Beziehung zwischen dem Herrn und uns. Die Liebe des Vaters, der Gehorsam zum Vater, die Freude des Vaters – all das will er uns schenken.
Das ist das zweite Qualitätsmerkmal dieser Beziehung: Sie ist trinitarisch. Wir haben auf geheimnisvolle Weise Anteil an jener Beziehung, die Gott in sich selbst pflegt.
Qualitätsmerkmal 3: Inklusive Gemeinschaft unter den Gläubigen
Und dann ist es immer noch nicht alles. Schon erinnert uns der Herr an ein drittes Qualitätsmerkmal dieser Beziehung: Diese Beziehung ist drittens inklusiv.
Organisch, trinitarisch, inklusiv – das heißt einschließend. Wen? Einschließend diejenigen, die mit dem Herrn leben. Und jetzt kommt die Einheit unter uns: Wer mit dem Herrn lebt, schottet sich nicht individualistisch ab, sondern schließt die Glaubensgeschwister mit ein.
Das ist der nächste Schritt, Vers zwölf: „Das ist mein Gebot, dass ihr euch nun auch, könnte man sagen, untereinander liebt, wie ich euch liebe.“ Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Selbsthingabe ist ein Merkmal dieser inklusiven Liebe, Selbsthingabe nach dem Vorbild unseres Herrn, der sich für uns gegeben hat.
Schaut hier: Die einzig tragfähige Einheit ist die, dass wir zum Herrn gehören. Die Einheit unter den Christen erwächst einzig und allein aus der persönlichen Einheit, die jeder von uns mit seinem Herrn hat. Weil wir zu ihm gehören, gehören wir zusammen. Das ist unausweichlich, das ist wie in einer Familie. Wir gehören zusammen, ob wir wollen oder nicht.
Deswegen muss diese Einheit auch gar nicht von uns hergestellt werden. Und lasst mich das auch noch sagen: Darum gibt es auch keine geistliche Einheit mit dem Katholizismus, wie auch immer man das anfassen will. Es ist auch ein großes Problem dieses stillen Jahres. Und deswegen nehmen wir da nichts vom Inhalt zurück.
Warum nicht? Was ist der Hauptgrund dafür, dass es keine Einheit mit dem Katholizismus gibt? Die Heiligen, die sie haben, ihre Marienanbetung, diese teilweise seltsamen Traditionen, die sie noch pflegen – das ist alles nicht der Kern. Sie haben einen anderen Jesus. Versteht ihr, das ist das Problem. Und über diesen Graben kommen wir nicht hinweg: Sie haben einen anderen Jesus.
Es ist nicht der Jesus, der völlig genügt mit seinem einmaligen Opfer am Kreuz. Helmut Frey hat das vor vielen Jahren in einer Untersuchung zum Katholizismus so beschrieben, und das ist nach wie vor gültig. Er sagt: Im Katholizismus nimmt Jesus eine andere Stellung ein als in der Bibel. Offiziell steht er in der Mitte. Aber weil sie die Bedeutung seines Kreuzestodes nicht in der Tiefe erkannt haben, wird der Schluss aus der Einmaligkeit, Abgeschlossenheit und Allgenugsamkeit seines Erlösungswerkes nicht gezogen.
Darum wird der Herr Jesus selbst durch Zwischeninstanzen in den Herzen der Menschen aus der Mitte gedrängt. Er steht nicht in der Mitte, sein Opfer reicht nicht aus, und alles folgt dann daraus. Er wird verdrängt durch die Kirche, die sein Werk auf Erden fortführt, durch den Papst, der seine Person auf Erden vertritt, durch Maria, die ihnen im Himmel umstimmt, durch Heilige, die als kleine Schutzgötter geduldet werden, durch ihre Verdienste und die Handlungen der Priester, die uns Beistand leisten.
Seine Hoheit wie seine Liebe werden verdunkelt. Versteht ihr? Es ist ein anderer Jesus, den der Katholizismus verkündet. Und wenn einzelne Katholiken an diesen Jesus, der Bibel, an unseren Jesus glauben – aber nicht, weil wir das so sehen, sondern weil die Bibel es so sagt –, dann sind sie de facto schon keine richtigen Katholiken mehr. Viele haben das nur noch nicht gemerkt.
Darum, wenn einzelne Katholiken in echter Gemeinschaft mit uns stehen, dann nur deshalb, weil sie in ihrem Glauben keine Katholiken mehr sind.
Er stiftet die Einheit. Und darum geht es: dass wir diese Einheit nicht herstellen müssen, nicht herstellen können. Paulus sagt in Epheser 4, Vers 3: „Ihr sollt die Einheit des Geistes bewahren“, nicht herbeiführen, schon gar nicht organisieren.
Wissen Sie, es ist ein Unterschied, ob mir einer sagt: „Nun baue mal eine schöne Vase“, oder ob einer sagt: „Hier hast du eine schöne, wertvolle Vase. Pass gut darauf auf, behandle sie pfleglich.“ Also meine Frau wird über mich bestimmt sagen, das ist eins wie das andere. Ich kann genauso wenig eine Vase ordentlich bewahren, wie ich eine Vase bauen kann.
Aber es ist wichtig, dass wir mit der Einheit, die der Herr schenkt, behutsam umgehen. Dass wir das im Alltag durchhalten, dass wir das ausleben, dass wir füreinander einstehen in unseren Gemeinden vor Ort. Und dass wir das auch sehen im Hinblick auf die Gemeinde Jesu weltweit.
Deswegen ist die Mission so wichtig. Deswegen sind die verfolgten Geschwister nicht irgendein Sonderthema für Spezialisten, sondern ein Thema für die ganze Gemeinde. Und deswegen ist auch die Einheit der Gemeinde Jesu in unserem Land unter all denen, die wirklich zu ihm gehören, wichtig.
„Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe.“
Und liebe Leute, es ist eine Hilfe, wenn Gott uns noch mal eine ähnliche Plattform schenkt, wie es die Evangelische Allianz früher einmal war. Und ich will sagen: Helmut Mattis hat dies in seinem Idea-Artikel über unseren Malachi-Kreis in Siegen ganz richtig geschrieben. Genau so ist es gemeint, und ich lese das hier gerne noch mal vor, wie er das zitiert hat:
„Wenn er“, also in diesem Falle ich, „deshalb eine neue bekennte Evangelische Allianz forderte, so gehe es nicht darum, eine neue Organisation zu schaffen, sondern eine Plattform, auf der sich bibeltreue Christen begegnen, miteinander evangelisieren und sich miteinander kritisch zu kirchlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen äußern können. Der Malachi-Kreis sei dafür ein guter Anfang.“
Das ist in der Tat meine Überzeugung.
Ihr Lieben, wir haben hier eine Verantwortung, und es ist gar nicht wichtig, ob das jemanden irritiert, ob da jemand um seine Pfründe fürchtet, ob uns jemand dann nicht gerade qualifiziert in Leserbriefen ein paar Knüppelchen über die Deetzhaut wirft. Das ist alles nicht schlimm, das ist auch alles nicht interessant.
Es ist einzig interessant, dass der Herr diese Einheit schenkt. Es ist seine Einheit, es ist seine Gemeinde. Und er fordert uns auf, dass wir das pflegen, dass wir treu aufeinander achten, füreinander sorgen und ihm miteinander dienen.
Qualitätsmerkmal 4: Freundschaftliche Beziehung
Kommen wir immer mehr auf die Zielgerade. Der Herr kommt wieder zu seinem Hauptthema zurück: der Beziehung zwischen ihm und uns. Diese Beziehung ist viertens – das vierte Fremdwort – freundschaftlich.
Vielleicht wundert ihr euch, dass ich das unter die Fremdwörter einreihe. Es ist aber in diesem Zusammenhang ein Fremdwort, denn für manche Christen ist es auch untereinander ein Fremdwort. Auf die Idee bin ich gekommen, weil Johannes Pflaum so lacht. Aber es ist auch noch in einem anderen Sinne ein Fremdwort. Es ist ein Fremdwort, wenn es um die Beziehung zwischen dem Herrn und uns geht. Da passt es eigentlich nicht. Er ist der Herr, er ist der Heilige. Aber er selbst führt diesen Begriff hier ein. Das ist das Erstaunliche.
Der Herr Jesus hat gesagt: „Also das ist der Freund, der sein Leben hingibt.“ Dann wendet er diesen Begriff „Freund“ auf sich selbst und uns an und sagt in Vers 14: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich sage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid. Denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan.“
Wir sind Jesu Jünger, wir sind seine Schüler, wir sind Miterben mit ihm, wir sind die Lichter der Welt in seinem Auftrag. Wir sind auch seine Knechte, seine Sklaven, Doulos. Das ist kein schlechtes Image, das im Neuen Testament mit dem Begriff des Knechtes oder Sklaven verbunden ist. Es bedeutet völlige Hingabe, totale Unterordnung, ganzer Einsatz. Ja, das ist alles wahr und wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt. Aber es reicht nicht aus, es ist nicht genug.
Der Herr Jesus sagt: Es reicht nicht, dass du nur mein Knecht bist, sondern du bist mein Freund. Das ist unfassbar. Im Alten Testament wurde das nur von Abraham gesagt, und das ist natürlich auch nicht kumpelhaft gemeint. Ich denke, wir müssen mit diesem Begriff sehr, sehr behutsam umgehen, liebe Geschwister.
In der modernen Religionspädagogik ist es mal eine Zeit lang Mode geworden, die Jünger Jesu als Jesu Freunde zu bezeichnen, weil das Kinder so gut verstehen. Das erscheint harmlos, ist aber viel zu wenig und ganz falsch. Es fördert ein viel zu harmloses Verständnis von Jesus.
Freunde des Königs, das sind wir. Und Freunde des Königs waren bei den römischen Herrschern und teilweise auch bei den Königen im Mittleren Osten eine ganz spezielle Truppe von Leuten, die jederzeit Zugang zum König hatten. Das waren die Freunde des Königs, seine engsten Berater. Bevor er mit den Staatsmännern sprach, sprach er mit den Freunden. Bevor er die Generäle instruierte, beriet er sich mit den Freunden.
Sie standen in engster Verbindung mit ihm. Das war so wie im Bundeskanzleramt der inner circle, der jederzeit zu ihm konnte. Freundschaftlich hieß das immer unmittelbarer persönlicher Zugang. Und Freunde, das heißt auch, der Herr gibt seinen Freunden umfangreiches Hintergrundwissen über die großen Zusammenhänge.
Die Knechte bekommen eine Anweisung und müssen das machen, egal ob sie übersehen, wofür das richtig ist und wohin das führt. Die Freunde, sagt der Herr hier in Vers 15, werden informiert, werden instruiert, bekommen den großen Zusammenhang gezeigt.
Paulus sagt in 1. Korinther 2, der geistliche Mensch beurteilt alles, weil der Herr ihn zu seinem Freund erklärt hat und ihm alles aufschließt in seinem Wort.
Wir dürfen Freunde sein. Das ist manchmal auch unbequem, weil wir viel mehr wissen als viele andere. Weil wir viele kritische Entwicklungen viel klarer sehen und uns über manches auch vielleicht mehr Sorgen machen. Aber letztlich wissen wir auch, dass der Herr zum Ziel kommt und dass der Herr siegen wird.
Darum, ihr Lieben, werden Menschen in der Regel klüger, nachdem sie Christen geworden sind – wegen dieses Verses 15: „Ihr bleibt nicht unwissend, ihr seid meine Freunde, und ich sage euch, was Sache ist.“
Aber trotz aller Nähe, trotz aller Privilegien begegnen wir Jesus nicht auf gleicher Augenhöhe. Das ist das fünfte und vorletzte Qualitätsmerkmal dieser Beziehung: Sie ist asymmetrisch.
Vers 16: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte.“ Das steht in Vers 15, dann fügt er hinzu in Vers 16: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ Asymmetrisch heißt nicht gleichberechtigt. In dieser Freundschaft stehen sich zwei sehr unterschiedliche Partner gegenüber.
Die Initiative zu dieser Beziehung ist nicht von uns ausgegangen, und das macht sie umso ehrenvoller. Bei den jüdischen Rabbis war das genau umgekehrt. Ein Schüler suchte sich einen Rabbi und sagte: „Bei dir möchte ich studieren“, so wie man heute an eine bestimmte Uni geht und sagt: „Die Professoren will ich hören.“
Unser Herr, unser Freund ist von sich aus auf uns zugekommen. Und das ist umso bewegender, umso beschämender und umso beglückender.
Asymmetrisch ist diese Verbindung. Wir sehen uns ja oft so wie dieses kleine Mädchen, von dem Ravi Zacharias erzählt hat. Die Familie wohnt am Rande des Waldes. Die Kleine macht sich selbständig auf den Weg, um das Geheimnis der Wälder zu erkunden. Sie geht und geht und geht und verläuft sich.
Irgendwann kommt sie nicht mehr zurück. Sie wird gesucht, ist erschöpft und schläft schließlich ein auf einem kleinen Felsen. Die Eltern merken das sehr spät. Sie trommeln Freunde zusammen, viele Freiwillige und wohl auch die Polizei. Sie suchen Stunde für Stunde und hören nicht auf.
Erst im Morgengrauen entdeckt der Vater seine Tochter, wie sie zusammengekauert auf einem Felsen liegt, ganz erschöpft und schlafend. Er ruft ihren Namen, rennt so schnell wie möglich zu ihr hin und nimmt sie in die Arme.
Das Mädchen schreckt aus dem Schlaf auf, klammert sich glücklich an den Vater und während er sie nach Hause trägt, sagt sie immer wieder: „Papa, ich habe dich gefunden, Papa, ich habe dich gefunden.“
Das ist unsere Sichtweise. Sie war gefunden worden. Es war allein das Verdienst des Vaters. Später, als das Töchterchen größer und vernünftiger wurde, hat sie das bestimmt verstanden: Nicht ich habe den Papa gefunden, sondern der Papa hat mich gefunden.
Und genau das sagte Jesus den Jüngern hier: Nicht „Ich habe euch erwählt“, sondern „Ihr habt mich erwählt“ – nein, es heißt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“
John Chadwick hat das wunderbar in einem Gedicht ausgedrückt. Er hat gesagt: „Ich suchte Gott. Doch später wurde mir klar, er war es, der mein Herz zum Suchen trieb. Er suchte mich. Nicht ich war der, der fand, o Retter wunderbar. Gefunden wurde ich ganz durch dich.“
Das ist die Bedeutung dieses Verses. Der Herr Jesus sagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt, damit ihr hingeht und Frucht bringt.“
Welche Liebe hat unser Herr, unser Retter und unser Freund uns hier erwiesen!
Qualitätsmerkmal 6: Produktive Fruchtbarkeit der Beziehung
Und dann möchte ich nur noch das letzte Qualitätsmerkmal dieser Beziehung nennen. Die Sache ist ja schon in Vers 6 und Vers 7 benannt worden. Wirkkräftig – hier sagt es der Herr einfach noch einmal, weil das wirklich das Ergebnis ist.
Die Beziehung zwischen dem Herrn und uns ist produktiv. Sie bringt viel Frucht. Es geht hier wieder um diese ganz spezielle Verbindung: ein Gebet, das vom Herrn durch sein Wort geprägt ist, das Gott erhört und das zu großer Frucht führt.
Keine andere Beziehung, liebe Geschwister, im ganzen Universum, an der ein Mensch, an der irgendein Mensch beteiligt ist, hat auch nur annähernd eine solche Qualität und eine solche Würde wie diese Beziehung zwischen dem Herrn und uns. Sie ist organisch, das heißt wachstumsfähig, wechselseitig und wirkungsstark.
Sie ist zweitens trinitarisch. Sie ist drittens also auf sie fällt das Licht der dreieinigen Gottesliebe. Sie ist inklusiv. Sie sucht die Geschwister, sie sucht die Brüder, sie schließt die anderen mit ein und schafft echte Einheit.
Sie ist unfassbar, sie ist freundschaftlich: „Ihr seid meine Freunde“, sagt er. Sie ist zugleich asymmetrisch. Wir begegnen uns nicht auf gleicher Augenhöhe mit dem Herrn, aber das ändert nichts an der Innigkeit, nichts an dem Vertrauen, das er in dieser Beziehung zwischen ihm und uns schenkt.
Und sie ist produktiv in dem Sinne, dass sie dem Herrn dient und seinen Namen verherrlicht, auch durch die Frucht. Wie glücklich dürfen wir sein, in dieser Beziehung leben zu dürfen! Dadurch ist alles anders, alles, was sonst noch sein mag, ist alles anders durch diese Beziehung, die der Herr uns schenkt.
Und wie arm ist ein Mensch, wenn er ohne diese Beziehung leben und sterben muss.
Schlussgedanken und Lobpreis
Marcel Reich-Ranitzky – damit schließt sich der Kreis – wurde anlässlich seines neunzigsten Geburtstags nach einem Wunsch gefragt. Der Interviewer versuchte immer wieder, ob er nicht doch eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod hätte. Es war ein ganz weltliches Interview, ich glaube, vom Spiegel. Der Interviewer fragte, ob Reich-Ranitzky sich nicht vorstellen könnte, dass es schön wäre, seinen Lieblingsschriftsteller jenseits wiederzusehen und so weiter.
Reich-Ranitzky sagte immer wieder: „Das gibt es nicht, das glaube ich nicht, das kann nicht sein, so traurig.“ Schließlich fragte der Interviewer am Ende: „Was wünschen Sie sich dann überhaupt zum neunzigsten Geburtstag, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?“ Reich-Ranitzky antwortete: „Einfach noch ein bisschen leben.“
Ihr Lieben, was für eine traurige, was für eine arme Perspektive – einfach nur noch ein bisschen leben. Wir wissen, dass wir keine besseren Menschen sind als Marcel Reich-Ranitzky. Auch wir sind arme Sünder. Aber wir haben einen Retter, und dieser Retter nennt uns sogar „meine Freunde“.
Darum ist es keine schwärmerische Übertreibung – und damit schließe ich jetzt –, sondern durch unseren Herrn selbst verbürgt, was Wilbur Chapman in seinen berühmten Versen besungen hat:
Jesus, welch ein Freund für Sünder!
Jesus, du bist der Liebhaber meines Herzens,
du bist der Liebhaber meines Herzens,
du bist der Liebhaber meines Herzens,
du bist der Liebhaber meines Herzens.
Freunde mögen mich enttäuschen,
Feinde mögen mich angreifen,
aber du machst mich heil.
Halleluja, welch ein Retter!
Halleluja, welch ein Freund!
Rettend, helfend, schützend, liebend,
er bleibt bei mir bis zum Ziel.
Jesus, welche Stärke in Schwachheit!
Lass mich ganz bei dir mich verbergen und verstecken können.
Ich bin versucht, ich bin angegriffen,
und manchmal falle ich noch in Schuld,
aber du bist meine Stärke,
und du gewinnst den Sieg.
Jesus, welche Hilfe in Sorgen,
wenn die Wellen über mich hinwegrollen,
wenn mein Herz bricht,
so bist du doch mein Tröster,
und du machst mich froh.
Jesus, du mein Führer und mein Beschützer,
während der Sturm immer noch am Wüten ist.
Stürme über mir, die Nacht schließt mich ein,
aber du bist der Kapitän,
und du hörst meinen Schrei.
Jesus, dich bete ich an,
ich finde mehr als alles in dir.
Du beschenkst mich mit deiner Vergebung,
ich bin dein, und du bist mein.
Halleluja, welch ein Retter!
Halleluja, welch ein Freund!
Ihm gilt unsere ganze Anbetung und unser Dank.
Gebet zum Abschluss
Lasst uns beten!
Herr Jesus Christus, es ist unfassbar, was du uns in diesen 17 Versen in Johannes 15 zeigst. Danke, dass du den Jüngern diese Worte noch einmal gesagt hast und dafür gesorgt hast, dass Johannes sie so aufgeschrieben hat. Du hast uns diese Verbindung zwischen dir und uns in einer solchen Qualität geschenkt, die wir gar nicht umfassend nachvollziehen und verstehen können.
Und doch ist es wahr. Und doch darf jeder, der zu dir gehört, darin leben.
Bitte vergib uns, Herr, dass wir im Alltag oft so oberflächlich werden. Bitte vergib uns, dass wir uns häufig mit so wenig zufrieden geben. Bitte vergib uns, dass wir dich und deine Beziehung zu uns oft nach unseren kleinkarierten Vorstellungen modellieren und dir so viel an Ehre, Dank, Staunen und Anbetung schuldig bleiben.
Herr, bitte vergib uns das und hol uns immer wieder zurück zu deinem Wort. Hab Dank, dass du uns dort wirklich informierst, weil wir deine Freunde sind.
Lass das, was wir jetzt in diesen Versen miteinander studieren durften, auch Folgen haben. Dass wir umso ehrfürchtiger und dankbarer weiterleben mit dir.
Herr, danke, dass du uns festhältst und der Freund der Sünder bist, der begnadigten Sünder. Wir wollen dich anbeten und ehren in alle Ewigkeit.
Amen.