Die Bedeutung von Fragen beim Bibellesen
Wie sollen wir die Bibel lesen? Jetzt kommen wir zu den Fragen. Wir lernen durch Fragen. Fragen Sie einmal kleine Kinder, drei- oder vierjährige. Wie viele Fragen stellen sie an einem Tag? Sie lernen durch Fragen.
Wir lernen durch Fragen. Wir stellen dem Text Fragen und bombardieren ihn förmlich damit: Was steht da? Warum steht das da? Warum steht gerade das hier und nicht an einer anderen Stelle? Wir fragen uns: Was? Ich muss schauen, ich habe die Liste jetzt nicht hier, Entschuldigung. Die Liste kann ich Ihnen später noch zeigen.
Beobachtungsfragen sind alle Fragen, die damit zu tun haben, was man aus dem Text ersehen kann. Zum Beispiel: Gibt es hier Aufzählungen? Gibt es eine Liste? Gibt es eine Unterstreichung? Wie unterstreicht der Text die Aussage? Gibt es hier Gebote oder Aufforderungen? Was sind die Bindewörter? Warum steht das Bindewort „denn“ hier und was verbindet es? Welchen Satz verbindet dieses Wort mit welchem Satz? Jedes Detail kann von großer Wichtigkeit sein.
Bitte vergessen wir nicht: Das ist Gottes Wort. Das ist nicht einfach irgendein Zeitungsartikel. Das ist Gottes Wort, da ist jedes Wort wichtig.
Erklärungsfragen sind Fragen wie: Was bedeutet dieses Wort? Was bedeutet jenes Wort? Vielleicht sagen Sie: „Ich kann zwar die Frage stellen, aber ich kann sie nicht beantworten.“ Dann stellen Sie einfach mal die Frage. Das ist schon die erste Hilfe.
Sie können dann andere Leute fragen, Lexika befragen oder mit der Frage in den morgigen Tag gehen und darüber nachdenken. Wir lernen, indem wir Fragen haben und dann die Antworten auf unsere Fragen suchen. Wer keine Fragen hat, bekommt keine Antworten.
Anwendungsfragen sind: Was bedeutet das für mich? Wie kann ich das in meiner Situation anwenden? Was ist die Parallele für mich? Gibt es Dinge in meinem Leben, die ich aufhören soll zu tun? Gibt es Dinge, die ich weiterhin tun soll? Gibt es Dinge, die ich anfangen soll zu tun?
Den Text strukturieren und eigene Überschriften finden
Überschrift: Gliederung und Herangehensweise beim Bibellesen am Beispiel des Epheserbriefs
Manchmal sind Überschriften in unserer Bibel störend. Ich habe eine Bibel, ein Neues Testament, in der keine Überschriften stehen, und ich bin froh darüber. Denn Überschriften können manchmal stören. Oft sind sie nicht richtig. Wenn ich eine Bibel mit Überschriften habe, streiche ich sie manchmal durch, weil sie mich ablenken. Überschriften sind nicht Teil der Bibel; sie wurden von Menschen hinzugefügt.
Deshalb empfehle ich, eine Bibel ohne Überschriften zu verwenden und stattdessen eigene Überschriften zu erstellen. Das hilft dabei, besser in den Text hineinzukommen.
Ein Beispiel: Ich habe hier einen Text aus dem Epheserbrief, Kapitel 1, Verse 3 bis 14. Heute Abend haben wir nicht die Zeit, das ausführlich zu machen, aber ich übe das jetzt einmal vor. Nehmen wir an, Sie hätten den Text gelesen. Einige von Ihnen kennen ihn vielleicht schon gut, andere finden ihn noch neu.
Im Text steht zum Beispiel: „Gelobt sei Gott, der uns gesegnet hat“ (Epheser 1,3). Ich habe hier einige Wörter ausgelassen. In Vers 4 heißt es: „Entsprechend dem, dass er uns erwählte.“ In Vers 5: „Er bestimmte uns im Voraus zur Sohnesstellung.“ Vers 6 spricht von der Gnade, mit der er uns begnadete. In Vers 7 steht: „In Christus, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Übertretungen.“ Vers 9 sagt: „Er setzte uns in Kenntnis über das Geheimnis seines Willens, das er sich vorgenommen hatte, nämlich alles in Christus unter ein Haupt zu fassen, alles unter Christus unter eine Herrschaft zu bekommen.“ Das steht in Vers 9. In Vers 11 heißt es: „In ihm, in welchem wir auch zu einem Erbteil gekommen sind, wir, die dazu vorherbestimmt waren.“ Und in Vers 13: „In welchem ihr auch versiegelt wurdet durch den Heiligen Geist, als ihr gläubig wurdet.“
Hier finden sich verschiedene Verben, also Zeitwörter: er wählte, er bestimmte uns, er begnadete uns, wir haben die Erlösung, er setzte uns in Kenntnis, wir sind zu einem Erbe gekommen, wir wurden versiegelt. Das ist eine Liste. Man kann sich diese Liste aufschreiben.
Was ist das für eine Liste? Es ist eine Liste von Segnungen. Mindestens sieben Punkte, sieben Segnungen, die man sich notieren kann. In der stillen Zeit kann man sie einfach untereinander aufnehmen und darüber nachdenken. Zuerst hat man die Liste, dann liest man den gleichen Text noch einmal. Dabei fällt auf, dass immer wieder das Wort „in“ vorkommt: in ihm, in dem Geliebten, in Christus, in welchem, in ihm, in ihm.
Das fällt auf. Der Text zeigt uns, was wir in Christus haben.
Vielleicht lesen Sie dann weiter und fragen sich, wie oft das Wort „in“ im Epheserbrief vorkommt. Wenn Sie weiter lesen, merken Sie, dass auch in Kapitel 2 immer wieder von „in ihm“ die Rede ist. Dort heißt es: „In ihm hat er uns auferweckt, hat uns mitsitzen lassen in Christus zu Rechten, hat uns mitsitzen lassen in ihm, in der Himmelswelt, in Christus.“ Auch an anderen Stellen kommt das vor.
Wenn Sie weiterlesen, stellen Sie fest, dass dies bis Kapitel 3 so bleibt. Ab Kapitel 3 ändert sich etwas, ab Kapitel 4 wird es anders. Die ersten drei Kapitel zeigen, was ich in ihm habe. Danach spricht der Brief nicht mehr von „in ihm“, sondern von „dem Herrn“. Im zweiten Teil heißt es manchmal „im Herrn“ oder „der Herr“, „der Herr Jesus Christus“, „so wie Christus, so auch ihr“.
Man erkennt: Im zweiten Teil des Epheserbriefs geht es immer um das Leben, um den Wandel. Im ersten Teil geht es darum, was wir in ihm haben, im zweiten Teil darum, wie wir mit ihm als dem Herrn leben.
Damit hat man schon eine Gliederung des Epheserbriefs: zwei Teile, Kapitel 1 bis 3 und Kapitel 4 bis 6.
Wenn Sie den Epheserbrief zehnmal gelesen haben, werden Sie das alles selbst erkennen. Dann fällt Ihnen immer mehr auf, und der Text wird Ihnen zur Speise. Der Heilige Geist hilft uns beim Bibellesen.
Wichtige Beobachtungen beim Bibelstudium
Wir beobachten also Wiederholungen, Reihen oder Listen, wie ich schon gesagt habe. Dazu gehören Ermahnungen oder Ermutigungen, Warnungen, Verheißungen, gute Beispiele, schlechte Beispiele sowie Bedingungssätze mit "wenn", "dann" oder "insofern, dass ihr das tut".
Auch Vergleiche kommen häufig vor, zum Beispiel in Epheser 4 und Epheser 5. Ebenso finden sich Gegensätze, allerdings nicht so stark wie in Epheser. Wenn Sie Epheser 4 und 5 lesen, merken Sie das schnell. Sie können feststellen, wie Paulus systematisch verschiedene Lebensbereiche anspricht.
Dann wird der Epheserbrief lebendig für Sie. Verstehen Sie? Es reicht nicht, ihn nur einmal zu lesen und zu sagen: „Ja, das war der Epheserbrief, nächster Brief.“ Nein, bleiben Sie im Epheserbrief und fangen Sie an, ihn zu kauen und zu verdauen. Was ist die Kernaussage?
Wenn Sie den Epheserbrief zehn- oder zwanzigmal gelesen haben, können Sie sich Gedanken darüber machen, was die wichtigsten Aussagen sind. Dann lesen Sie weiter. Sie haben so viel über den Epheserbrief gelernt, dass Sie am Telefon, wenn Sie mit Ihrer Freundin sprechen, von ihm erzählen können.
Sie wird dadurch erbaut werden und sagen: „Dann möchte ich auch den Epheserbrief studieren.“ So gehen Sie dann zum nächsten Brief und zum nächsten.
Das Leben reicht nicht aus. Ich habe es oft bedauert, dass mein Leben so kurz ist. Ich habe gesagt: „Herr, ich bin schon weit über 50, was soll ich machen? Ich schaffe das nicht, das Leben läuft mir davon. Es ist zu kurz für die Bibel.“
Ja, klar ist das Leben zu kurz für die Bibel. Die Bibel ist ein so großes, ein so herrliches Buch. Trotzdem möchte der Herr uns ein bisschen mehr hineinführen.
Den Text durch Satzanalyse besser verstehen
Gelobt sei Gott! Ich habe mir hier ein Satzdiagramm gemacht, das mir hilft. Ich schaue mir einen recht langen Satz an, nämlich Epheser 1,3-14. Das sind zwölf Verse – zwölf Verse, ein Satz.
Dazu habe ich mir ein Satzdiagramm erstellt. Dabei habe ich mich gefragt: Wo ist denn der Hauptsatz? Der Hauptsatz ist sehr einfach. Er steht ganz vorne: „Gelobt sei Gott“. Die Satzaussage ist „sei gelobt“ und der Satzgegenstand ist „Gott“. Gott sei gelobt – das ist ein Lob.
Der ganze Satz von Vers 3 bis Vers 14 ist ein Lob Gottes. In dieses Lob baut er die Segnungen ein, also wie Gott uns gesegnet hat. Dann denke ich mir: Das ist es! Wenn ich morgen bete, werde ich so beten. Ich sage: „Herr, gelobt sollst du sein!“ Und weißt du wofür? Dann kann ich aufzählen: „Herr, für das und für das und für das und für das!“ So kann ich ihn loben. Und wenn ich fertig bin, dann bleibt meine Seele beim Loben. Da bleibt sie stehen, oder?
Der Psalmist sagt: „Lobe den Herrn, meine Seele!“ Und man merkt, es ist ihm gar nicht so richtig zumute. „Lobe den Herrn, meine Seele, komm schon, lobe den Herrn!“ Sie will aber noch nicht loben. Er ruft sich selbst auf. Und was macht er dann? Er sagt: „Der dir deine Sünden vergeben hat und der dich erlöst hat“ und dann fängt er an aufzuzählen.
Und was ist dann? Zum Schluss sagt er: „Lobe den Herrn, lobe den Herrn!“ Jetzt kann er loben. Jetzt hat er sich ins Gedächtnis gerufen, wofür er loben kann.
Die Hauptaussage eines Gleichnisses erkennen
Was ist der wichtigste Satz? Hier ein Beispiel: Matthäus 25,1-13. Das Königreich der Himmel wird verglichen mit zehn Jungfrauen, zehn Mädchen – fünf törichte und fünf kluge.
Worum geht es in diesem Gleichnis? Was ist die Hauptaussage? Es gibt oft komplizierte Auslegungen, wer die Braut sei. Doch ich lese überhaupt nichts von einer Braut. Ich lese nur von einem Bräutigam und von Mädchen, aber nichts von einer Braut. Wer ist also die Braut? Die Braut ist gar nicht Thema. Das Thema sind der Bräutigam und die Mädchen, von denen fünf nicht bereit waren.
Was ist die Hauptaussage dieses Gleichnisses? Manche sagen, das Öl sei der Heilige Geist. Wie bitte, wo ist hier der Heilige Geist? Ich lese nur von Öl. Ja, aber das Öl sei der Geist, heißt es dann. Nein, das Öl ist Öl. Wozu braucht man das Öl? Damit die Lampen brennen.
Einige meinen, die Lampen seien das Wort Gottes. Und jeder findet irgendeinen Psalm, um das zu belegen. Aber hier geht es gar nicht um das Wort Gottes. Es geht darum, warum fünf Mädchen nicht bereit waren und töricht handelten, während die anderen fünf klug waren.
Was ist die Hauptaussage? Wohin führt das Ganze? Was ist das Ziel dieses Abschnitts? Der letzte Vers macht es klar: Der Herr Jesus erklärt das Gleichnis selbst. Er sagt: „Wachet!“ Also: Seid bereit! Es geht um Bereitschaft.
Man sagt, alle zehn Mädchen haben geschlafen. Ja, natürlich, alle zehn schliefen. Trotzdem waren fünf bereit. Wie kann das sein? Es ist klar: Wenn es dunkel wird und man müde ist, schläft man. Aber es geht nicht darum, wach zu bleiben. Das Thema ist, bereit zu sein, damit, wenn die Stimme des Bräutigams ruft, alles bereit ist.
Niemand weiß, wann er kommt. Man kann sich kurz hinlegen, aber alles muss bereit sein. Die fünf klugen Mädchen hatten alles bereit, sie waren bereit. Die anderen fünf sagten: „Wir müssen noch Öl kaufen!“ Wo kann man Öl kaufen? Da waren sie zu spät. Bei der Hochzeit war alles zu spät, und man ließ sie nicht mehr hinein.
Das ist der Skopus, der Zielpunkt dieses Gleichnisses. Verstehen Sie? Es ist nicht schwierig, es ist nicht kompliziert. Der Herr Jesus hat es selbst erklärt. Es ist nicht nötig, in Details zu gehen.
Weitere hilfreiche Fragen und Parallelstellen
Ja, ich muss zum Schluss kommen. Man kann sich verschiedene Fragen stellen: Wie verläuft der Gedankengang? Wo sind wichtige Begriffe? Ist der Text buchstäblich oder im übertragenen Sinne zu verstehen? Diese Fragen helfen beim Verstehen.
Eine weitere Hilfe sind die Parallelstellen. Manche Bibeln geben diese direkt an. Heute gibt es sogar ganze Bücher, die sich mit Parallelstellen beschäftigen. Außerdem kann man Computerprogramme nutzen, um Parallelstellen zu finden. Dabei sollte man jedoch darauf achten, ob es sich um echte Parallelen handelt und ob sie hilfreich sind. Trotzdem können Parallelstellen eine wertvolle Unterstützung sein.
Alles andere müssen wir jetzt abbrechen. Ich werde hier schließen. Zum Schluss noch etwas zum Thema Bilder in der Bibel. Man findet zum Beispiel die Aufforderung: „Umschürztet euch mit Demut!“ In der Schlachter-Übersetzung steht das vielleicht nicht genau so, aber im Griechischen lautet es wirklich „Umschürztet euch mit Demut“. Das ist ein Bild.
Wie kann man sich umschürzen? Umschürzen bedeutet, eine Schürze anzulegen. Warum? Demut bedeutet Dienstbereitschaft, und ein Diener legt sich eine Schürze an – so wie der Herr Jesus, als er gedient hat. Demut heißt, eine niedrige Gesinnung von sich selbst zu haben und deshalb so zu handeln wie ein Sklave oder Diener. Das Bild „Umschürzt euch mit Demut“ zeigt genau das.
Ein weiteres Bild ist: „Er ist ein Fels.“ Gott ist natürlich kein Fels im wörtlichen Sinn, aber er wird so beschrieben. Er steht da, schwarz auf weiß, rot auf weiß – er ist ein Fels. Im übertragenen Sinn bedeutet das, dass Gott fest, treu und zuverlässig ist. Der Fels steht felsenfest da, vollkommen ist sein Tun, alle seine Wege sind richtig und gerecht.
Man könnte hier noch weitergehen, aber die Zeit ist uns ausgegangen, das tut mir leid. Aber Sie merken: Je mehr man liest, desto mehr kommt man hinein in den Text.
Die Herausforderung der heutigen Zeit und Ermutigung zum Bibelstudium
Wissen Sie, was heute unser Problem ist? Alles muss schneller gehen, alles muss schneller gehen. Wir leben in einer computerelektronischen Welt, in einer SMS-Welt mit SMS-Sprache. Alles muss kurz und schnell gehen.
Das geht nicht mit Gottes Wort. Gottes Wort ist keine Kurznachricht. Gottes Wort braucht Zeit, und wir müssen es wieder neu entdecken. Zeit und nochmals Zeit – und diese Zeit ist gewonnene Zeit.
Kein Wunder, dass heute viele Menschen an Burnout und Depression leiden. Denn wir leben in einer Zeit, in der wir einfach nicht mehr zur Ruhe kommen. Unter Gottes Wort kommen wir zur Ruhe – das brauchen wir.
Also persönliches Bibelstudium. Dazu möchte ich Sie ermutigen. Und wenn Sie sagen, Sie haben keine Zeit, dann gebe ich Ihnen den Rat von gestern: Beten Sie für Zeit! Beten Sie: „Herr, schenke mir Zeit!“ Ein Zeitfenster wird sich öffnen, der Herr wird das Gebet erhören.
Möge der Herr uns segnen. Amen.