Ihr habt eure Bibel wahrscheinlich schon im Markus-Evangelium aufgeschlagen. Falls nicht, könnt ihr das jetzt tun: Markus 2. Ich lese die Verse 18 bis 22.
Ursprünglich war ein längerer Abschnitt vorgesehen. In der zweiten Hälfte dieses Abschnittes wird das Thema Sabbat angesprochen. Darüber hat aber Thomas kürzlich gepredigt. Deshalb beschränke ich mich heute Morgen auf ein Thema, von dem ich gestehen muss, dass es in meinem Leben und auch im Leben unserer Gemeinde vielleicht nicht die Bedeutung hat, die es haben könnte.
Das Thema Fasten, so wie man es landläufig versteht und auch verstehen soll, hat bei uns vielleicht keine große Kultur, wenn man es so sagen darf. Deshalb ist es mir persönlich wichtig, dass wir gemeinsam darüber nachdenken.
Ich lese nun den Abschnitt, und dann wollen wir uns damit beschäftigen:
Markus 2,18-22:
Die Jünger des Johannes und der Pharisäer fasteten. Sie fragten Jesus: „Warum fasten die Jünger des Johannes und die der Pharisäer, aber deine Jünger fasten nicht?“
Jesus antwortete ihnen: „Wie können die Freunde des Bräutigams fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, an denen der Bräutigam von ihnen genommen wird. An jenen Tagen werden sie fasten.
Niemand näht einen Lappen von neuem Stoff auf ein altes Kleid, sonst reißt der neue Lappen vom alten ab, und der Riss wird schlimmer. Niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche, sonst wird der neue Wein die Schläuche zerreißen. Der Wein wird verschüttet, und die Schläuche verderben. Man füllt neuen Wein in neue Schläuche.“
Ehe wir auf die Bedeutung des Fastens für unser persönliches Leben oder unser Gemeindeleben eingehen, wollen wir zunächst, gemäß dem kleinen Video, das der Text beleuchten soll, betrachten, was er den damaligen Lesern zu sagen hat. Genau so wollen wir vorgehen.
Warum fasteten die Juden überhaupt? Die Jünger der Pharisäer und die Jünger des Johannes, so heißt es hier, fasteten regelmäßig. Warum taten sie das? Wie kamen sie darauf?
Im Alten Testament gibt es nur einmal im Jahr eine Vorschrift zum Fasten. Es war am sogenannten großen Versöhnungstag, an dem der Hohepriester in das Allerheiligste hineinging, um Versöhnung zwischen Gott und dem Volk zu erwirken. Dort heißt es in 3. Mose 16,29, dass die Menschen sich demütigen oder auch kasteien sollten. Kasteien ist ein Synonym für Fasten. Das Fasten war also nur an diesem einen Tag im Jahr geboten, sonst nicht.
Dabei ging es im Wesentlichen um die Rettung der Menschen vor dem Gericht Gottes. Vielleicht ist das für den einen oder anderen von uns wichtig, sich einmal darauf zu konzentrieren: Wie kann ich gerettet werden? Ich bin nicht gerettet – wie kann ich mit Gott versöhnt werden? Wir werden später ein Beispiel sehen von einem Menschen, der genau das getan hat, bis er das Heil erfassen konnte.
Im Alten Testament gibt es jedoch mehrere Berichte, in denen Menschen gefastet haben – wohlgemerkt nicht aufgrund einer biblischen Vorschrift, sondern aus eigenem Antrieb. Sie fasteten auf einer ehrlichen Suche nach Gott, weil sie Gott vermisst hatten.
Ich lese zum Beispiel im 1. Buch Samuel, Kapitel 7: Das Volk war an dem Punkt angekommen, dass es die Bundeslade als Zeichen der Gegenwart Gottes sehr vermisste. Am Ende von Vers 2 heißt es: „Das ganze Haus Israel weinte dem Herrn nach.“ Samuel sagte zum ganzen Haus Israel: „Wenn ihr euch von ganzem Herzen zu dem Herrn bekehrt, tut von euch die fremden Götter und die Astarot weg, richtet euer Herz zu dem Herrn und dient ihm allein, so wird er euch aus der Hand der Philister erretten.“
Weiter heißt es in Vers 6: „Sie kamen nach Mizpa zusammen, schöpften Wasser, gossen es vor dem Herrn aus, fasteten an demselben Tag.“ Sie tranken nicht einmal Wasser, sondern gossen das geschöpfte Wasser vor dem Herrn aus. Dort bekannten sie ihre Sünde und baten Gott, sich ihnen wieder zuzuwenden.
Wenn ihr den Propheten Joel schnell finden könnt, dann schlagt ihn auf – Joel Kapitel 2. Dort spricht Joel zum Volk in einer bestimmten Situation. Ich lese aus Joel 2,12-13: Gott hatte Gericht angedroht und ihnen ihre Sünde vor Augen gehalten. Dann sagt der Herr: „Kehrt zu mir um, von ganzem Herzen, mit Fasten, mit Weinen, mit Klagen. Zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider und kehrt um zu dem Herrn, eurem Gott! Denn er ist gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte; er reut sich des Unheils.“
Die Menschen fasteten also als Ausdruck dafür: „Wir sind schuldig vor dir, wir haben dich aus den Augen verloren, wir sehnen uns nach Versöhnung und Gemeinschaft mit dir.“
Ein sehr bekanntes Beispiel im Alten Testament ist König David. Er hatte im Ehebruch ein Kind mit Bathseba gezeugt. Gott kündigte an, dass das Kind sterben würde. In 2. Samuel 12 heißt es, dass David den Herrn unter Fasten und Gebet suchte, um dem Kind das Leben zu erhalten. Hier fastet jemand wegen einer großen Not, die ihm große Angst macht.
Im 2. Buch der Chronik, Kapitel 20, fastet wieder ein ganzes Volk. Unter der Zeit von Josaphat wurden die Juden von Feinden umgeben. Sie hatten große Angst und sagten: „Wir haben keine Chance, wir sind verloren.“ In 2. Chronik 20,3 heißt es: „Josaphat fürchtete sich und richtete seinen Sinn darauf, den Herrn zu suchen, und ließ in ganz Juda ein Fasten ausrufen.“ Hier fastet man also, um Schutz in großer Gefahr zu erbitten.
Ähnlich lesen wir es in der Geschichte von Königin Esther. Das Volk war durch die Intrigen des Haman in seiner Existenz bedroht. Esther ließ ihren Volksgenossen sagen: „Fastet an dem Tag, an dem ich versuchen will, Zutritt zum König zu bekommen. Vielleicht werden wir gerettet.“
Ein letztes Beispiel möchte ich nennen, es gibt sicherlich noch mehr, aber die Varianten sind ähnlich: Im 1. Buch der Könige, Kapitel 21, war Ahab ein zwielichtiger König. Gott hatte ihm deutlich gesagt, was er von seiner Sünde hielt und wie er sie bestrafen würde. In Vers 27 heißt es: „Als Ahab diese Worte hörte, zerriss er seine Kleider, legte einen Sack um seinen Leib, fastete und schlief im Sacktuch und ging bekümmert einher.“ Tatsächlich ließ sich Gott erbitten und verschob das angekündigte Gericht auf die Zeit nach Ahabs Tod.
So weit einige Beispiele, damit wir verstehen, warum die Juden zur Zeit Jesu überhaupt fasteten, obwohl es nur einmal im Jahr vorgeschrieben war. Es gab also ganz verschiedene Motivationen zum Fasten.
Allerdings musste Gott auch feststellen, dass das Volk im Alten Testament manchmal aus sehr verwerflicher Absicht oder Herzenshaltung gefastet hat.
Wir kennen vielleicht den Text aus Jesaja 58, wo Gott sehr ernst mit dem Volk spricht und ihnen Folgendes sagt. Jesaja 58 lese ich ab Vers 3. Gott zitiert das Volk, wie sie immer beten und mit Gott reden, und zitiert sie folgendermaßen: „Warum fasten wir, und du siehst es nicht an? Warum tun wir unserem Leib weh, und du willst es nicht wissen?“
Gott sagt dazu: „Seht, wenn ihr fastet, geht ihr doch eurem Geschäft nach und treibt alle eure Arbeiter. Ihr fastet, aber ihr hadert und zankt und schlagt mit gottloser Faust. Wie ihr es jetzt macht, fastet ihr nicht so, dass eure Stimme in der Höhe gehört würde.“
Das heißt, die Juden wollten einen Deal mit Gott machen. Sie haben gefastet und von Gott verlangt, deswegen müsse er doch etwas tun. Aber sie richteten ihr Leben nicht entsprechend aus.
Wir kennen auch Verurteilungen durch Jesus von falschem Fasten, zum Beispiel im Lukasevangelium. Vielleicht ist es das bekannteste Beispiel für Fasten im Neuen Testament, allerdings negativ kommentiert.
Da kommt der Pharisäer mit dem Zöllner zusammen zum Tempel, um zu beten, und die meisten von euch kennen die Geschichte. Der Pharisäer steht dann hin, Lukas 18, Vers 12, und sagt wahrscheinlich gut hörbar: „Ich faste zweimal in der Woche.“ Aber wir wissen, was Gott davon hielt.
Als der Zöllner nämlich sagte: „Gott, sei mir Sünder gnädig“, sagt Jesus, dass der bei Gott bessere Karten hat, wenn ich es mal sehr salopp ausdrücken darf. Hier war ein Mensch, der durch sein Fasten etwas darstellen wollte – vor Gott und vor Menschen. Er wollte etwas erreichen. Es war ein Zeichen seiner Frömmigkeit, wie er sie definiert hatte.
Immerhin hat Gott einmal im Jahr ein Fasten geboten, und er hat zweimal die Woche gefastet – also hundertmal mehr, wenn man es genau nimmt, hundertviermal mehr als Gott es gefordert hat.
Im Matthäusevangelium, in der Bergpredigt, im Kapitel 6, spricht Jesus eine falsche Herzenshaltung beim Fasten ebenfalls an. Matthäus 6, Vers 16: „Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinschauen wie die Heuchler.“
Die haben also gefastet, sind durch die Straßen gegangen und haben mit ihrem Gesichtsausdruck deutlich gemacht, dass der Magen knurrt, sodass jeder fragte: „Was ist mit dir los?“ Und dann konnten sie sagen: „Jawohl, ich faste halt, weil ich ein frommer Mensch bin.“
Jesus sagt: „Genau das sollt ihr nicht machen.“ Sie verstellen ihr Gesicht, um den Leuten zu zeigen, dass sie fasten. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn gehabt.
Wenn du fastest, dann salbe deinen Kopf und wasche dein Haupt, damit du nicht den Leuten zeigst, dass du fastest.
Fasten als Selbstdarstellung – Fasten oder Beten oder Almosen geben, wie Jesus hier im Zusammenhang der Bergpredigt anspricht – öffentlich zu machen, damit andere sehen, was für ein frommer Mensch ich bin, das findet Gottes Urteil.
Warum? Weil dabei der Mensch im Vordergrund steht, seine Leistung, seine Ehre und seine Anerkennung.
Aber bei allem, was wir tun, ob wir jetzt fasten oder nicht, tun wir alles zu Gottes Ehre.
Deshalb hat Gott diese Art des Fastens verurteilt.
Und jetzt zurück zu unserer Geschichte aus Markus 2, dort sind wir ja gestartet. Da kommen die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer. Jetzt verstehen wir vielleicht ein bisschen besser die Frage: Wieso fasten deine Jünger nicht?
Jesus gibt ihnen die Antwort: Wie können sie fasten? Der Bräutigam ist ja da. Wie könnten sie da fasten?
Ich vermute, dass die Juden, die dort standen, nicht ganz verstanden haben, was er sagen wollte. Aber ich hoffe, wir können es verstehen. Er sagt, die Jünger können nicht fasten, weil der Bräutigam da ist.
Sie mussten weder Gott suchen, um Vergebung bitten, denn der vergebende Erlöser war ja bei ihnen. Er hatte mehrfach gesagt: Dir sind deine Sünden vergeben. Er war bei ihnen und bot ihnen Schutz. Diesen Schutz wollten die Juden im Alten Testament durch Fasten irgendwie sicherstellen. Aber der Erlöser war da, der ihnen die Leitung gab in wichtigen Entscheidungen. Im Alten Testament hat man manchmal gefastet, um Gottes Führung zu verstehen.
Doch als der Bräutigam da war, war das nicht nötig, denn der, der sie führte, war ja bei ihnen. Warum sollten sie fasten? Es war eine Phase der Freude, weil der Erwartete da war – wie ein Bräutigam. Es war ein Stück Himmel auf Erden, denn Jesus war mit seiner ganzen Fülle bei ihnen. Was hätte ihnen noch gefehlt? Sie wussten sich bei Gott willkommen. Sie mussten sich nicht zu Gott durcharbeiten, wie es die Juden im Alten Testament vielleicht verstanden haben.
Aber Jesus sagt nicht nur, dass es gar nicht nötig ist und nicht die richtige Zeit, sondern er sagt, es wäre sogar falsch, wenn sie jetzt fasten würden. Er zeigt das mit einem Beispiel: Niemand näht einen Lappen von neuem Stoff auf ein altes Kleid.
Ich bin zwar kein Schneider, aber ich habe ein bisschen nachgelesen. Wenn man das tun würde – einen Flicken aus neuem Stoff auf ausgeblichenen, sehr mürben Stoff – und man würde das Gewebe dann waschen, dann würde sich der neue Stoff zusammenziehen, weil er noch elastisch ist. Das ganze Gewebe würde reißen. Also das ist nicht nur nicht nützlich, sondern vollends schädlich.
Ich bin auch kein Winzer, vielleicht kann mir Markus später weiterhelfen. Aber wenn du neuen Wein, der noch am Gären ist, in einen mürben Schlauch hineingießt, dann kann ich mir vorstellen, dass der Schlauch reißt und der Wein verschüttet wird. Man merkt manchmal, was neuer Wein auch in unserem Körper für Wirkungen haben kann. Wenn er in einen mürben Schlauch kommt, zerreißt der Schlauch.
Was meinte Jesus damit? Er meinte den Gegensatz zwischen dem Alten Testament und dem Neuen Testament. Das Alte Testament ist das Bild – oder damit meint er den alten Flicken oder den alten Schlauch. Das Gesetz sagt: „Du sollst“ und „Tue das, dann lebst du.“ Also streng dich an, arbeite dich irgendwie zu Gott empor!
Aber wir wissen: Das Gesetz wurde gegeben, um den Menschen zur Verzweiflung über sich selbst zu führen. Das Gesetz sollte ihm zeigen, wie sündig er ist und dass er sich unmöglich selbst in den Himmel emporarbeiten könnte. Im Gegenteil: Das Gesetz sollte uns zu Christus treiben.
Alle Forderungen des Neuen Testaments sind keine Aufforderung an mich, jetzt die Zähne zusammenzubeißen, um es irgendwie zu schaffen. Nein, sie treiben mich zu Christus: „Herr, ich kann das nicht.“
Das Neue Testament kommt nicht mit Forderungen. Das Neue Testament ist eine Botschaft der Gnade. Gott sagt nicht: „Arbeite dich empor!“ Sondern Gott neigt sich herab. Er trägt unsere Schuld, macht uns gerecht und heilig, erneuert unser Denken und unser Leben, damit in allem Gott die Ehre bekommt.
Deshalb sind Altes Testament und Neues Testament nicht miteinander zu vermischen. Das Alte Testament hatte seine Zeit, aber es wurde abgetan, um ein Neues Testament hervorzubringen.
Jesus sagt: Wenn jetzt die Jünger, die Schritt für Schritt das Evangelium der Gnade Gottes verstehen, mit der Motivation des Alten Testaments fasten würden, dann wäre das ein Widerspruch in sich. Sie würden fasten, um Gott irgendwie herbeizuziehen.
Ja, wir tun Buße, wir fasten und beten, wir fasten und beten, damit du uns vergibst, damit du uns wieder annimmst. So würden wir als neutestamentliche Christen normalerweise nicht handeln, weil wir um die Vergebung wissen.
Zu fasten mit der Motivation des Alten Testaments wäre völlig sinnfrei. Und wir würden unser geistliches Leben beschädigen.
Das ist genau das Problem vieler Gläubiger: Sie vermischen das Alte Testament und das Neue. Sie haben die Gnade nicht wirklich in der Tiefe verstanden und vermischen Gnade mit eigenem gesetzlichem Wirken, mit eigener Anstrengung, um Gott zufriedenzustellen.
Paulus sagt den Galatern einmal: „Die ihr durch das Gesetz, durch eure Anstrengung vor Gott angenehm werden wollt – ihr habt Christus verloren!“ (Galater 5,4)
Deshalb sind manche Christen ohne Frieden, ohne wirklichen tiefen Frieden mit Gott, ohne echte Freude und ohne Sieg über die Macht der Sünde. Sie leben unter Druck, unter Unsicherheit und in einer gewissen Furcht vor Gott. Es ist nicht das freie Leben eines Kindes vor seinem Vater.
Vielleicht geht es dir so. Vielleicht ist das genau dein Problem, wenn du ehrlich zu dir bist. Dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass du genau das machst, was Jesus gesagt hat, was man nicht tun soll: das Neue Testament und das Alte Testament miteinander zu vermischen.
Du lebst nicht.
Wirklich mit der Gnade. Für den Christen des Neuen Testaments hat das Fasten eine ganz neue Bedeutung. Wir müssen nicht fasten, um Sündenvergebung zu erlangen, und wir müssen auch nicht fasten, um Gott in unser Leben zu zwingen. Deshalb haben die Jünger damals nicht gefastet. Sie haben das Alte abgebrochen, es mal ausgesetzt und dann ganz neu mit dem Fasten begonnen.
Jetzt wird es langsam für uns konkreter. Die nächste Frage lautet: Warum fasten Christen des Neuen Testaments? Ich habe gesagt, dass das Fasten bei uns keine große Betonung hat, und das ist kein Ruhmesblatt. Aber deswegen ist es gut, dass man manchmal durch ganze Bücher predigt. Dann kommt man nicht drum herum, und Gott mahnt und sagt: „Hey, darüber solltet ihr mal nachdenken.“
Ich glaube nicht, dass Christen des Neuen Testaments nicht fasten sollten, sondern dass sie neu fasten sollten – in einem neuen Verständnis, im Verständnis des Neuen Testaments. Jesus spricht ganz selbstverständlich vom Fasten. Achtet noch einmal auf den Text in Markus 2,20: „Es werden Tage kommen, an denen der Bräutigam von ihnen genommen wird; in jenen Tagen werden sie fasten.“ Er sagt nicht, dass sie fasten sollen oder müssen, sondern dass es so sein wird.
Oder wir haben Matthäus 6 aus der Bergpredigt gelesen. Dort sagte Jesus ganz klar: „Wenn ihr fastet“ – nicht „falls ihr fastet“, sondern „wenn ihr fastet“. Fasten ist demnach etwas Normales, ein richtiger, ganz normaler Herzensausdruck eines Gläubigen. Aber er gibt keine Anweisungen, ob man einmal die Woche, dreimal im Monat oder für 24 oder 72 Stunden fasten soll – oder wie Jesus 40 Tage. Das Neue Testament enthält wenige solcher konkreten Anweisungen.
Jesus selbst hat das Fasten praktiziert, am eindrücklichsten, wie eben erwähnt, in Matthäus 4. Er zog sich 40 Tage in die Wüste zurück und fastete dort. Als er einmal zu seinen Jüngern zurückkam, die erfolglos versucht hatten, einen mondsüchtigen, das heißt von einem Dämon besessenen Knaben zu heilen, sagte er zu ihnen: „Diese Art fährt nicht aus, außer durch Gebet und Fasten.“ Das legt nahe, dass Jesus, besonders wenn er sich zurückzog in die Einsamkeit mit seinem Vater, fastete und sich dort auf einen geistlichen Kampf vorbereitete.
Paulus hat das Fasten ebenfalls praktiziert. Er erwähnt es ganz nebenbei bei all den Dingen, die er auf sich genommen hat, in 2. Korinther 6,5 und 2. Korinther 11,27. Dort zählt er all die Verfolgungen, Nöte und Opfer auf, die er ertragen hat, und immer wieder heißt es, dass er viel gefastet hat.
Ebenso erwähnt er nebenbei in 1. Korinther 7 für Ehepaare, dass es Zeiten geben kann, in denen sie sich von der sexuellen Gemeinschaft enthalten sollen, um in einer entsprechenden Haltung zu fasten und zu beten.
Sollen wir fasten? Wir haben bereits gesagt, dass es normal ist, dass Christen fasten. Das Neue Testament zeigt es uns, aber warum eigentlich?
Wenn ihr zum Beispiel an 1. Korinther 6,12 denkt, steht dort zwar nichts direkt über das Fasten, aber es heißt: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts gefangen nehmen lassen.“ Das bedeutet mit anderen Worten, dass nichts wichtiger sein soll als Jesus, nichts wichtiger als unser Herr.
Deshalb kann Fasten, zum Beispiel indem ich für eine bestimmte Zeit auf Essen verzichte, deutlich machen: Herr, Essen ist zwar wichtig für meine Gesundheit, aber du bist mir wichtiger. Ich will mich nicht vom Essen gefangen nehmen lassen.
Für jemanden, für den Essen kein großes Problem ist – vielleicht muss er sich sogar zwingen zu essen oder ihm schmeckt sowieso alles und er legt nicht viel Wert darauf – kann Fasten auch anders aussehen. Vielleicht verzichtet er für eine längere Zeit auf den Konsum von Filmen, die ihm wichtiger geworden sind als die Stille vor Jesus. Oder er enthält sich sonstiger Unterhaltung, nimmt sich weniger Zeit für sein Hobby und legt das für eine Weile beiseite, um sein Herz auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist: Jesus. So zeigt er, dass ihm diese Dinge nicht so wichtig sind wie Jesus.
Manchmal kann es auch bedeuten, Treffen mit Freunden auszulassen, um zur Ruhe zu kommen und still vor Jesus zu werden. Oder, wenn jemand ein Extremsportler ist, kann er sich entscheiden, weniger Sport zu machen, ohne gleich gesundheitliche Nachteile zu haben, damit er mehr Zeit für seinen Herrn hat.
Wie wir vorhin schon angesprochen haben, kann es auch in der Ehe bedeuten, sich für eine längere Zeit voneinander zu enthalten. Die gewonnene Zeit – und noch mehr die gewonnene Kapazität der Seele – kann dann für die Begegnung mit Gott genutzt werden.
Denn wenn ich von etwas faste, was auch immer es sein mag, gewinne ich Zeit. Aber auch meine Seele gewinnt Freiraum. Denn bei allem, was ich tue, ist immer auch meine Seele, mein Denken und mein Geist beansprucht. Diese Kapazität freizusetzen für die Begegnung mit Gott ist ein Ausdruck dafür: Herr, lass mich nicht gefangen nehmen. Ich suche dich.
Vielleicht bedeutet das für dich, abends rechtzeitig ins Bett zu gehen, damit du morgens um halb sechs aufstehen kannst, um Zeit mit Gott zu verbringen. Das Angesicht Jesu zu sehen und ihm zu begegnen, setzt immer voraus, dass ich mich von anderen Dingen abwende, die meine Sinne und Gedanken gefangen halten.
Vielleicht ist es für dich auch wichtig, dich eine Weile nicht mit deinen Freunden zu treffen, um dir klar zu werden: Wie ist es eigentlich mit mir und Jesus? Auch das ist eine Form des Fastens, um Jesus zu suchen.
Wir fasten nicht wegen uns selbst, nicht weil wir etwas von Gott wollen. Es könnte ja sein, dass wir fasten, um eine Beförderung im Job zu bekommen oder eine Gehaltserhöhung – das wäre sehr eigennützig. Oder ich als Prediger könnte vor einer Evangelisation fasten, in der Hoffnung, mehr Bekehrte zu „produzieren“. Ich habe das jetzt sehr bewusst so böse formuliert: Ich will Gott segnen, weil ich gefastet habe, und dann gibt es Erweckung. Das wäre ein Deal mit Gott, und das ist ihm nicht würdig.
Wir fasten wegen ihm – wegen unserer Gemeinschaft mit ihm, wegen des Freiraums in uns, den er bekommt, und zu seiner Verherrlichung.
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass Jesus im Kapitel 6 der Bergpredigt über das Fasten spricht. Er sagt, wenn man fastet, soll man sich den Kopf waschen und das Gesicht salben, damit man den anderen nicht zeigt, dass man fastet, sondern nur dem Vater, der ins Verborgene sieht.
Ja, wenn wir fasten, dann wegen ihm – wegen unserer Gemeinschaft mit ihm und zu seiner Ehre.
Nur noch ein praktischer Hinweis, bevor ich noch einige Gründe nenne, warum wir fasten könnten: Je nach Lebenslage und Gesundheit kann das sehr unterschiedlich sein. Es gibt Geschwister, die dürfen nicht fasten im Sinne von zwei Tagen ohne Essen. Das könnte für sie gefährlich werden. Aber das ist sicherlich nicht für die Mehrheit richtig.
Fasten kann bedeuten, einzelne Mahlzeiten auszulassen oder mehrere Tage zu fasten. Man kann regelmäßig fasten oder unregelmäßig. Wichtig ist, diese Zeit bewusst zu leben. Das klingt fast wie ein Widerspruch, aber ein bisschen Planung ist hilfreich.
Wenn ich nur faste und dafür mehr Tischtennis spiele, habe ich meinem Körper vielleicht etwas Gutes getan, aber das ist nicht Sinn und Zweck. Wenn ich faste, wovon auch immer, gewinne ich Zeit und Kapazität meiner Seele, um mich um die Gemeinschaft mit meinem Herrn zu kümmern.
Vielleicht hast du schon ausgiebige Gebetszeiten regelmäßig. Dann kannst du dir vornehmen, vor der Gebetszeit nichts mehr zu essen. So drückst du auch für dich selbst aus, was jetzt wichtig ist.
Ich sage immer wieder: Fasten ist kein Gebot des Neuen Testaments, sondern ein Geschenk, ein Angebot, ein Hinweis unseres Herrn.
Ich möchte nun vier oder fünf Gründe nennen, die ich in der Schrift gefunden habe, warum Christen fasten. Es gibt nicht sehr viel Literatur dazu, aber ein Buch von John Piper, das leider nur auf Englisch verfügbar ist, hat viele angesprochen. Ich zitiere ihn einmal:
Er sagt, dass wir in diesem Zeitalter leben, in dem Jesus nicht leiblich bei uns ist. In diesem Zeitalter empfindet jeder Christ einen Schmerz darüber, dass Jesus nicht so völlig, so persönlich, so machtvoll und so herrlich unter uns wirkt, wie wir es uns wünschen. Wir verlangen nach so viel mehr. Deshalb fasten wir nicht, weil wir den neuen Wein der Gegenwart Jesu nicht geschmeckt hätten, sondern weil wir ihn geschmeckt haben.
Mit einem tiefen und fröhlichen Seufzen der Seele, um mehr von seiner Gegenwart und Macht unter uns zu erfahren, merkst du, dass es um ihn geht: Herr, ich suche dich, Herr, ich will dir begegnen, du bist nicht da, so wie die Jünger dich um sich hatten. Wir fasten, weil wir Sehnsucht nach Jesus haben. Das hat Jesus in unserem Text ja auch gesagt, Markus 2,20: „Jetzt fasten sie nicht, denn der Bräutigam ist ja da, aber wenn er mal weg sein wird, dann vermissen sie etwas.“
Ihr kennt ja die Geschichte, als der Herr Jesus von ihnen gehen sollte. Ein namhafter Jünger widersetzte sich dem und sagte, das dürfe auf gar keinen Fall passieren. Sie sehnten sich nach Jesus. Sie vermissten seine Gegenwart. Ich dachte auch an Hannah, diese alte Witwe, die dauernd im Tempel war, mit Beten und Fasten. Warum? Weil sie sich nach dem Messias sehnte, dass er kommt. Ja, es geht wieder um ihn.
Das heißt, Fasten drückt unsere Sehnsucht nach Gott aus. Ich sehne mich mehr nach dir, ich sehne mich nach einem tieferen Leben mit dir, ich sehne mich nach der wahren Freude an dir. Nicht durch emotionales Aufputschen, sondern durch die Begegnung mit dir im Heiligen Geist.
Ich habe an zwei ganz alte Lieder gedacht. Wenn ich nicht zu spät gewesen wäre, hätte ich eines davon heute vorgeschlagen zu singen. Die älteren Geschwister werden es noch gut kennen. Dort heißt es unter anderem: „Nach dir, nach dir verlangt mein Herz, zieh mich, Herr Jesus, himmelwärts.“ Das ist ein Ausdruck dessen: Ja, es verlangt mich nach dir.
Oder ein anderes altes Lied singt im Refrain: „Ja, lass mich immer Heimweh haben, wenn ich nicht nahe bei dir bin.“ Ja, Jesus ist nicht da, so wie wir ihn im Himmel erleben werden und wie ihn die Jünger erlebt haben. Und deswegen haben wir Sehnsucht nach ihm: Herr, ich bin in dieser Welt, die so ist, wie sie ist, die mich ablenkt. Dann ist mein natürliches Wesen mit all seiner Trägheit und Weltförmigkeit da, und deswegen sehnt es mich danach, dich besser zu kennen.
Das kann sehr gut und wichtig sein, und ich glaube, das ist es, was Jesus ausdrücken wollte in Markus 2: „Wenn ich mal weg bin, dann werden sie fasten, weil sie mich vermissen, weil sie mich suchen, weil sie sich nach mir sehnen.“
Ich zitiere noch einmal John Piper, der es in seiner besonderen Art so gesagt hat: „Wonach wir am meisten hungern, ist das, was wir anbeten. Das, wonach du am meisten hungerst, ist das, was du anbetest.“
Wenn dein Leben – und wir sprechen hier vom Fasten – sich vor allem um gutes Essen dreht, tolle Rezepte, Kochshows, neue Ideen, wie man noch besser essen kann, oder wo es ein besseres Restaurant gibt, dann betest du das Essen an. Oder deinen Job, dein Hobby, deinen Sport, deine Ehe, deine Kinder oder deine Gesundheit.
Mancher fastet wegen der Gesundheit. Das ist nicht schlecht, aber das ist eigentlich nur die halbe Sache. Wonach wir am meisten hungern, das ist es, was wir anbeten. Und deswegen kann eine Zeit des Fastens – wovon auch immer und in welchem Umfang auch immer – das neu betonen: Herr, ich merke, dass mich so viel ablenkt, ich merke, dass mich so viel gefangen nimmt. Aber Herr, ich wünsche mir so sehr, dass du mein Hauptsehnen bist.
Der körperliche Hunger, den wir dann verspüren, kann ein Ausdruck dessen sein, wie sehr wir nach ihm hungern. Es geht also um die Beziehung zu Jesus, um die Begegnung mit ihm. Dafür mal ein kleines Opfer zu bringen, wie einen Tag nichts zu essen (wenn man es gesundheitlich kann), ist sicherlich ein sehr kleiner Beitrag, den wir bringen können, um Zeit und Kapazität unserer Seele frei zu haben für die Begegnung mit ihm.
Das war der erste, vielleicht wichtigste Grund.
Der zweite Grund findet sich in Apostelgeschichte 10. Dort wird uns ein Mann vorgestellt, Cornelius, ein römischer Soldat, der offensichtlich Jude geworden war und ein Gottsucher war. Er hatte Gott in gewisser Weise erfahren, doch nicht ganz, er sehnte sich nach mehr.
Dann heißt es in Apostelgeschichte 10,30: „Vor vier Tagen habe ich gefastet bis zu dieser Stunde, und um die neunte Stunde betete ich in meinem Haus.“ Dann hat er eine Offenbarung, die ihm sagt, er soll Petrus holen.
Hier war also ein Mann, der Jesus noch nicht kannte, der noch keinen Retter hatte. Er war noch im Kontext des Alten Testaments. Er hatte die ersten Schritte schon gemacht, hatte Kontakt mit dem lebendigen Gott, aber noch nicht das, was Gott ihm eigentlich schenken wollte. Er fastete, um durchzudringen zu diesem Leben aus Gott.
Darf ich das mal auf manchen von uns übertragen? Vielleicht bist du dir nicht sicher, ob du gerettet bist. Oder vielleicht bist du sicher, dass du es nicht bist, dass du kein Gotteskind bist, keine Gewissheit des ewigen Lebens hast. Die Frage ist für dich vielleicht unklar oder sehr klar, dass du es nicht bist.
Dann könnte Cornelius für dich ein gutes Vorbild sein: dass du mal fastest, eben vom Essen, von der Zeit mit Freunden und Verwandten oder wem auch immer, die dich ablenken, von deinen Hobbys, die dich auf ganz andere Gedanken bringen. Um Jesus damit zu sagen: Ich will das jetzt mal alles beiseitelegen, auch wenn es keine Sünde in sich ist, um eines deutlich zu machen: Herr, ich muss jetzt eine Antwort haben. Ich brauche Klarheit über die Rettung. Ein sehr guter Anlass zu fasten, um die wichtigste Frage unseres Lebens zu klären.
Ein dritter Grund, warum wir fasten könnten, ist die Sehnsucht nach unserer Zukunft bei unserem Herrn.
Wir haben gerade einen Abendmahlsgottesdienst in zwei Wochen besprochen – also heute Abend in zwei Wochen – und da werden wir den Aspekt Abendmahl als Hoffnungsmahl oder Erwartungsmahl betonen. Der Herr Jesus hat ja gesagt, wir sollten beim Abendmahl den Tod des Herrn verkündigen, bis er kommt. Er sagt auch: „Ich werde vom Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken, bis ich es neu mit euch trinken werde im Reich meines Vaters.“
Deswegen drückt das Abendmahl auch unsere Erwartung nach ihm aus. So kann auch Fasten ausdrücken: Herr Jesus, ich sehne mich nach deiner Wiederkunft, ich sehne mich danach, bei dir zu sein. Oder vielleicht: Herr, ich stelle fest, dass ich mich eben gerade nicht nach der Ewigkeit sehne. So gefangen bin ich in meinem Alltag, dass ich gar keine Gedanken daran verwende, dass es irgendwann mal Himmel für mich geben soll.
„Herr, mein Herz ist so zu Hause auf dieser Welt, ich wünschte, ich könnte mehr in dieser freudigen Erwartung leben, dass ich einmal bei dir sein werde.“
Jesus hat es in unserem Text ja so gesagt: Jetzt ist der Bräutigam noch bei ihnen, dann wird er weggenommen werden. Aber wir wissen, er kommt wieder, und darin stehen wir, in dieser Erwartung. Jesus sagt: „Sie werden fasten, wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird“ – wohl auch, um auszudrücken: Wir sehnen uns nach deinem Kommen.
Auch hier geht es nicht darum, dass ich etwas erreiche oder besser werde, sondern ich drücke aus: Jesus, es verlangt mich nach dir.
Einen vierten Grund habe ich im Neuen Testament gefunden. In Apostelgeschichte 13 sind einige verantwortliche Brüder der Gemeinde in Antiochia zusammen, unter anderem Barnabas und Paulus. Dort heißt es in Vers 2: „Als sie dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir Barnabas und Saulus zum Werk aus, zu dem ich sie berufen habe.“
Da fasteten sie und beteten, legten ihnen die Hände auf und ließen sie gehen.
Fasten kann also richtig sein vor wichtigen Wegmarken unseres Lebens, vor wichtigen Entscheidungen, die wir zu treffen haben – für uns persönlich oder für uns als Gemeinde.
Ich sprach einmal mit einem Gemeindeältesten, und ich habe vergessen, worum es genau ging. Entweder ging es um die Gründung einer Tochtergemeinde oder um die Einsetzung eines Ältesten. Ich glaube, es war das Erste.
Er sagte: „Dann haben wir die ganze Gemeinde zusammengerufen und sie aufgefordert, zu fasten, damit wir unter Fasten zum Gebet zusammenkommen, ob das der Wille des Herrn ist, dass wir diese neue Gemeinde gründen.“
Schön! Hier ging es um Ähnliches. Es ging darum: Wir möchten dir dienen, wir kennen den Missionsbefehl, und nun, wie soll das gehen? Dann fasteten sie und beteten, bis Gott Klarheit gegeben hat.
Dann unternahmen sie die erste Missionsreise. Auf der zweiten Missionsreise besuchten sie die ersten Gemeinden wieder. Dort heißt es in Kapitel 14, Vers 23: „Sie setzten in jeder Gemeinde Älteste ein, beteten und fasteten und befahlen sie dem Herrn, an den sie gläubig geworden waren.“
Fasten kann also eine wesentliche Bedeutung haben, wenn wir vor wichtigen Entscheidungen stehen, sei es die Entscheidung, einen Ehepartner zu wählen – ist das das richtige Wort? –, um Klarheit zu bekommen: Herr, ist das deine Führung? Oder vor bedeutenden beruflichen Veränderungen oder eben auch als Gemeinde.
Es wäre schön, wenn wir einmal in einer wichtigen Frage – soweit es uns allen möglich ist – unter Fasten und Beten das Angesicht des Herrn suchen könnten.
Den letzten Grund habe ich gefunden, wobei ich gestehen muss, dass er zwar aus dem Alten Testament abgeleitet ist, aber im Neuen Testament auch zu finden ist.
Josaphat betet angesichts der Feinde. Jesus sagt in Matthäus 17,21 – ich hatte das vorhin schon erwähnt im Zusammenhang mit dem mondsüchtigen Knaben: „Diese Art fährt nicht aus, außer durch Fasten und Beten.“
Wir sind auch schon als Gemeindeverantwortliche bewusst unter Fasten zusammengekommen. Wir machen das seit nicht allzu langer Zeit, aber seit einiger Zeit in gewisser Regelmäßigkeit, dass wir zur gleichen Zeit fasten und dann zum Gebet zusammenkommen – für besondere Anliegen der Gemeinde, mehrheitlich seelsorgerlicher Nöte, bei denen wir einen Durchbruch erbitten.
Und das hat Jesus ja gesagt: „Ja, diese Art fährt nicht aus, außer durch Beten und Fasten.“
Das muss ja nicht nur im Falle einer okkulten Belastung sein, sondern auch dort, wo ein geistlicher Durchbruch erbeten wird.
Und da geht es wieder um Jesus, dass sein Werk geschieht an der Heilung oder Befreiung eines Menschen.
Zum Schluss: Natürlich birgt das Gebet und das Fasten immer gewisse Gefahren. Eine davon ist, dass wir meinen könnten, Gott dadurch zwingen zu können, uns zu erhören. Zum Beispiel denken wir: „Ich habe gefastet, die halbe Nacht gebetet und am nächsten Tag weitergefastet, jetzt muss Gott doch!“
Nein, Gott muss erstens gar nichts. Zweitens dürfen wir nie vergessen: Alles, was Gott tut, geschieht aus Gnade. Er hat uns aus Gnade errettet. Und jetzt soll es plötzlich darauf ankommen, dass ich viele Werke vollbringe, um Gott zu überzeugen? Dass ich Punkte sammle und erst bei fünfzig Punkten endlich erhört werde? Nein. Wenn Gott erhört, dann immer aus Gnade. Wir können Gott nicht zwingen.
Gott ist nicht für einen Deal zu haben, wie man heute sagt, nicht für ein Handeln gegen etwas. Der Versuch, vor Gott etwas verdienen zu wollen oder ihm sogar zu sagen: „Das habe ich jetzt verdient“, wäre falsch. Nein, Fasten geschieht wegen ihm, nicht wegen mir. Es geht um ihn und seine Ehre. Es geht um unseren Blick auf ihn, um die Offenbarung seiner Herrlichkeit und um die Rettung durch seine Gnade und Barmherzigkeit.
Vielleicht kann man auch sagen: Das Opfer, das ich bereit bin zu bringen, zeigt den Wert dessen, für den ich es bringe. Wenn ich für meine Frau nie ein Opfer bringen würde oder nur ganz kleine, dann würde das ihr wahrscheinlich zeigen, dass sie mir nicht so viel bedeutet. Die Größe meines Opfers zeigt, wie viel mir der andere wert ist. So kann es auch beim Fasten sein: Es geht um ihn.
Wir drücken aus: „Herr, du fehlst mir, ich sehne mich nach dir, ich warte auf dich, ich suche dich.“ Es geht um dich, den Bräutigam, und um meine Sehnsucht nach dir, weil ich zu deiner Brautgemeinde gehöre, wie das Neue Testament uns zeigt. Es geht darum, diese Zeit gesegnet zu durchleben, in der wir getrennt sind: Du, der Bräutigam, und wir, die Braut. Es geht allein um dich.
Ich wünsche dir, dass diese Sehnsucht nach Jesus immer größer wird. Oder kann ich es vielleicht so ausdrücken: Dass deine Sehnsucht nach Sehnsucht in dir größer wird. Vielleicht bekennst du, Herr, dass du im Trott mit ihm bist, dass es so gewöhnlich geworden ist. Du machst nichts besonders Böses, aber es ist geschäftsmäßig, routiniert, alltäglich geworden. Das spüre ich bei mir immer wieder.
Dann werde ich unruhig und sage: Herr, das will ich nicht zulassen, dass es zwischen dir und mir so gewohnt wird. Nein, das wäre schlimm. Es wäre auch schlimm, wenn ich mich an meine Frau gewöhne und sage: „Ja, sie ist halt da. Wenn sie nicht da ist, ist es auch nicht so schlimm.“ Das wäre schrecklich. Und ich kann euch versichern: So ist es nicht, weder in Bezug auf meine Frau noch in Bezug auf Jesus.
Lasst uns einen kleinen Moment still werden vor ihm und ihm vielleicht etwas sagen, was uns jetzt wichtig ist. Dann wünsche ich dir ein fröhliches, gesegnetes Nachdenken – vielleicht unter dem Fasten, über das Fasten –, um Sehnsucht nach Sehnsucht zu bekommen, damit Jesus geehrt wird.
Lasst uns still werden. Jeder betet nur still in seinem Herzen, und ich schließe das dann ab.
Herr Jesus, du hast uns in deinem Wort nicht viele äußere Zeichen gegeben. Wir kennen die Taufe und das Abendmahl. Sie drücken wichtige Inhalte unseres Glaubens aus. Wir beginnen zu verstehen, dass du auch vom Fasten gesprochen hast, weil es für unseren Glauben eine wichtige Bedeutung haben kann, für unsere Beziehung zu dir.
Es ist uns klar, Herr, dass uns das Fasten nicht zu besseren Menschen macht. Aber du kannst es benutzen für das Wachstum unserer Beziehung zu dir. Damit wir ausdrücken: Herr, ich lasse vieles, was mir wichtig ist, zurück, um mich auf dich zu konzentrieren und dich zu suchen.
Herr, du kennst auch jeden von uns, der nicht die Gewissheit hat, gerettet zu sein, der vielleicht so zwischen den Stühlen sitzt. Hilf ihm, dass er auf seine Art fastet, bewusst auch die Ablenkungen abstellt – vom Smartphone, von anderen Medien, von Unternehmungen und Menschen –, um vor dich zu kommen und still zu werden vor dir. Damit du wirklich zu Wort kommst und er Klarheit gewinnt über die Rettung, um in eine Beziehung zu dir zu kommen, dich als seinen Erretter und Herrn zu erkennen.
Danke, dass du uns auch hilfst, als Gemeinde zu verstehen, wie Fasten vielleicht Teil unseres Gemeindelebens sein kann. Im gemeinsamen Suchen deines Angesichts, in wichtigen Fragen oder in Situationen, in denen wir anstehen, nicht weiterwissen, hilflos und ratlos sind.
Hilf uns, Herr, dass das nicht einfach wieder untergeht im Getriebe des Alltags. Bewahre uns vor einer frommen Übung, die wir nur zur eigenen Selbstdarstellung machen oder weil wir etwas von dir erzwingen wollen. Nein, Herr, schenke uns die Sehnsucht nach Sehnsucht nach dir.
Danke dafür. Amen.