Etwa im Jahr 2100 vor Christus beruft Gott einen Mann namens Abraham. Abraham erhält die Verheißung, dass aus ihm eine große Nation entstehen würde.
Ungefähr sechshundert Jahre später wird Mose geboren. Er führt ein Volk von etwa zwei Millionen Menschen aus dem Land Ägypten heraus. Dieses Ereignis findet etwa im Jahr 1445 v. Chr. statt.
Man fragt sich heute oft, ob es wirklich so viele Menschen waren, die aus Ägypten gezogen sind. In der Volkszählung werden ungefähr 600.000 Männer gezählt. Hinzu kommen Frauen und Kinder, sodass man insgesamt von etwa zwei Millionen Menschen ausgeht. So viele Israeliten zogen also mit Mose aus Ägypten.
Was Mose nicht vollenden konnte, übernimmt Joshua. Er führt das Volk in das verheißene Land Kanaan. Bis zum Erscheinen des ersten Königs, in diesem Fall Saul, wird das Land von Richtern regiert. Saul wird etwa im Jahr 1050 v. Chr. zum König.
Die Zeit der Richter ist, wie wir gesehen haben, geprägt von einem moralischen Verfall. Mit diesem moralischen Verfall ist untrennbar ein geistlicher Verfall verbunden: Götzendienst und Abkehr von Gott.
Obwohl der zweite König, nämlich David, diesem Verfall eine ganze Weile widerstehen kann, kommt es spätestens mit seinem Enkel Rehabeam zur Teilung des Reiches. Es entstehen ein Nordreich und ein Südreich. Die Bevölkerung des Nordreiches wird im Jahr 722 v. Chr. von den Assyrern deportiert. Die zehn Stämme werden von den Assyrern weggeführt.
Das Südreich hält sich etwas länger. Es besteht aus den zwei Stämmen Juda und Benjamin. Deshalb ist die Anmerkung von Fritz auch richtig: Die Juden gibt es danach erst. Streng genommen sind sie die Nachkommen des Stammes Juda, wobei der Begriff heute natürlich für alle Israeliten verwendet wird.
Auch Juda wird verschleppt – wohin? Nach Babylon, genau. Dies geschieht, wenn man so will, in drei Phasen: einmal im Jahr 606, dann im Jahr 597 und schließlich im Jahr 586. Letzteres ist das Jahr, in dem auch der Tempel zerstört wird.
Wir wollen uns nun anschauen, welche geistlichen Gründe für die Verschleppung des Nordreiches und natürlich auch des Südreiches verantwortlich waren. Was führte dazu, dass Gott sich gegen sein Volk wandte?
Wir beginnen mit 5. Mose 28.
Der erste Grund, warum es zur Verschleppung kam, ist, dass das Volk sich geweigert hatte, die Gebote Gottes zu halten.
In 5. Mose 28,58 heißt es: „Wenn du nicht darauf achtest, alle Worte dieses Gesetzes zu tun, die in diesem Buch geschrieben sind, dass du diesen herrlichen und furchtbaren Namen, den Herrn, deinen Gott, fürchtest, dann wird der Herr deine Plagen und die Plagen deiner Nachkommenschaft außergewöhnlich machen.“
Eine der Plagen, die über das Volk kommen wird, ist in Vers 64 beschrieben: „Und der Herr wird dich unter alle Völker zerstreuen von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde, und du wirst dort anderen Göttern dienen, die du nicht gekannt hast, weder du noch deine Väter.“
Das Prinzip dahinter ist also: Wenn das Volk Israel sich weigert, Gott zu gehorchen, dann würde Gott sie aus dem Land stoßen.
Nun lesen wir dazu in 2. Chronik 36 die Beschreibung des geistlichen Zustandes des Volkes am Ende der Königszeit. In 2. Chronik 36,14 steht etwas sehr Trauriges: „Auch alle Obersten der Priester und das Volk häuften Untreue auf Untreue, entsprechend allen Gräueln der Nationen, und machten das Haus des Herrn unrein, das er in Jerusalem geheiligt hatte.“
Der geistliche Zustand ist also so, dass selbst in den Schichten, in denen man am ehesten noch gehorsame Menschen erwarten würde – nämlich bei den Priestern, die doch mit Religion zu tun haben – Untreue auf Untreue herrscht.
Der erste Grund, warum diese Verschleppung stattfindet, ist somit die Weigerung, Gottes Gebote zu halten.
Liest man ein bisschen weiter, hier in 2. Chronik 36, dann stellt man fest, es gibt noch einen weiteren Grund.
Der zweite Grund ist, dass sie nicht auf die Boten Gottes gehört haben, die gekommen waren, um sie zu warnen. In Vers 15 heißt es: „Und der Herr, der Gott ihrer Väter, sandte zu ihnen durch seine Boten, früh sich aufmachend und sendend, denn er hatte Mitleid mit seinem Volk und seiner Wohnung.“
Gott hat das gesehen und schon recht frühzeitig Leute geschickt, um sie zu warnen, damit sie nicht weiter so leben. Diese Leute waren die Propheten.
Die Reaktion auf die Propheten war nun folgendermaßen, wie es in Vers 16 steht: „Aber sie verhöhnten die Boten Gottes, verachteten seine Worte und verspotteten seine Propheten, bis der Zorn des Herrn gegen sein Volk so stieg, dass es keine Heilung mehr gab.“
Dann wird beschrieben, wie dieses Gericht aussieht: „Und er ließ den König der Chaldäer, das sind die Babylonier, gegen sie heraufkommen und brachte ihre jungen Männer mit dem Schwert um im Haus ihres Heiligtums. Er hatte kein Mitleid mit Jüngling oder Jungfrau, mit Altem oder Greis, alle gab er in seine Hand. Und alle Geräte des Hauses Gottes, die großen und die kleinen, und die Schätze des Hauses des Herrn sowie die Schätze des Königs und seiner Obersten brachte er nach Babel. Sie verbrannten das Haus Gottes, rissen die Mauer von Jerusalem nieder, und alle seine Paläste verbrannten sie mit Feuer. Alle kostbaren Geräte zerstörten sie. Was vom Schwert übrig geblieben war, führte er gefangen nach Babel. Und sie mussten ihm und seinen Söhnen als Sklaven dienen, bis das Königreich der Perser zur Herrschaft kam.“
Das heißt, Gott war nicht untätig geblieben. Er hatte sie gewarnt, doch sie hörten nicht auf die Warnungen. Dann fiel das Gericht. Die einst blühende Stadt Jerusalem mit ihrem prachtvollen Tempel, geschmückt und wunderbar, eine wahre Freude, wurde verbrannt. Es blieb nichts übrig als ein Schutthaufen.
Ein dritter Grund, der mit dem ersten zusammenhängt, findet sich in Vers einundzwanzig. Damit erfüllte sich das Wort des Herrn durch den Mund Jeremias: Bis das Land seine Sabbate ersetzt bekam, hatte es all die Tage seiner Verwüstung Ruhe. Diese Zeit dauerte, bis siebzig Jahre voll waren. Das Land sollte seine Sabbate ersetzt bekommen.
Das bedeutet konkret Folgendes: Das Land Israel, wie wir bereits bei der Betrachtung der Mosebücher gesehen hatten, gehört eigentlich nicht dem Volk, sondern Gott. Und Gott hatte bestimmte Regeln im Umgang mit dem Land. Was fällt euch dazu noch ein? Welche Regeln oder Beschränkungen gab es im Umgang mit dem Land?
Sechs Jahre lang sollte das Land beerntet werden, und im siebten Jahr sollte es brach liegen. Ganz genau: Jedes siebte Jahr durfte nicht geerntet werden. Noch etwas? Ihr wisst, alle Schulden sollten erlassen werden, wenn sie fällig waren. Und was ist mit dem Land selbst? Ja, auch das Jubeljahr ist ein Jahr, in dem, so denke ich, nicht angebaut werden sollte. Alle 50 Jahre, wenn das Land zurückgegeben wurde, sollte es ebenfalls brach liegen.
Doch die Leute hatten diese Zeiten nicht eingehalten. Sie ließen das Land nicht brach liegen, obwohl es vorgeschrieben war. Genau das fordert Gott hier ein und sagt: Das Land hat ein Recht auf Ruhe vor euch. Und jetzt geht ihr woanders hin, und das Land bekommt endlich Ruhe und kann sich erholen. Das ist ein ungewöhnlicher Gedanke, wird hier aber als wichtiger Punkt angeführt.
Das heißt, das Volk hatte Gott als den rechtmäßigen Eigentümer betrogen. Es ist nicht so mit seinem Eigentum umgegangen, wie es eigentlich sein sollte. Heute würden wir sagen: Wenn du mein Auto ausleihst und ständig nur im zweiten Gang auf der Autobahn fährst, dann würde ich dir auch sagen, dass du am besten dadurch lernst, dass du das Auto eine Weile nicht bekommst. So ähnlich ist das hier. Sie sind falsch mit dem Land umgegangen, und jetzt bekommt das Land seine Ruhe.
Hier wird gesagt, dass Jeremia eine Verheißung gibt. Damit erfüllte sich das Wort des Herrn durch den Mund Jeremias. Schauen wir dazu kurz in Jeremia 25, Vers 8. Das ist die Prophezeiung, in der es immer wieder um diese siebzig Jahre der Wegführung geht beziehungsweise, wie wir sehen werden, in diesem Fall nicht ausschließlich um siebzig Jahre der Wegführung. Das klären wir, wenn wir Jeremia 25, Verse 8 bis 11 lesen.
Darum spricht der Herr der Heerscharen: Weil ihr auf meine Worte nicht gehört habt, siehe, so sende ich hin und hole alle Geschlechter des Nordens, spricht der Herr. Ich sende sie zu meinem Knecht Nebukadnezar, dem König von Babel, und lasse sie über dieses Land kommen, über seine Bewohner und über all diese Nationen ringsum.
Das ist die Verheißung, dass die Babylonier diesen gesamten Bereich, Israel und das Gebiet um Israel herum, einnehmen würden. Ich vollstrecke an ihnen den Bann und mache sie zum Entsetzen, zum Gezisch und zu ewigen Trümmerstätten. Ich lasse unter ihnen verloren gehen die Stimme der Wonne, die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, das Geräusch der Mühlen und das Licht der Lampe.
Dieses ganze Land wird zur Trümmerstätte und zur Wüste werden. Die Nationen werden dem König von Babel siebzig Jahre lang dienen.
Einmal halten wir fest: In dieser Prophezeiung geht es nicht nur um Jerusalem, sondern um den gesamten Landstrich. Die Chaldäer würden kommen und alle Nationen, also alles, was dort wohnte, beherrschen. Dann steht hier, dass die Chaldäer an den Menschen einen Bann vollstrecken würden, dass das Land eine Trümmerstätte sein würde und dass die ganzen Nationen dem König von Babel dienen müssten.
Der Zeitraum dieses Dienstes würde siebzig Jahre betragen. Das ist es, was Jeremia hier prophezeit.
Nun können wir uns überlegen, wann biblisch gesehen dieser Zeitpunkt beginnt. Wann legen wir den Anfang dieser siebzig Jahre fest? Anders ausgedrückt: Ein Einfall, bei dem jemand durch das Land zieht und Städte belagert, ist kein Ereignis, das nur drei Tage dauert. Es ist ein Prozess. Er nimmt das eine Land, dann das nächste ein. Irgendwann hat er einen Großteil des Landes erobert. Schließlich ergibt sich das erste Land, dann steht man vor der Hauptstadt und belagert sie. Das dauert noch ein bisschen.
Die Frage ist: Wann ist der späteste Zeitpunkt, geschichtlich gesehen, an dem wir sagen müssen, dass die Herrschaft des Königs von Babel über Israel beginnt? Der spätestmögliche Zeitpunkt.
Dazu schlagen wir im Zweiten Buch der Könige, Kapitel 23, Vers 36 auf.
Da heißt es: „25 Jahre war Jojakim alt, als er König wurde.“ Ich schreibe das hier hin, damit wir den Namen haben: Jojakim. Er regierte elf Jahre in Jerusalem, und der Name seiner Mutter war Sebuda, die Tochter Padaias aus Rom.
Jetzt heißt es in Kapitel 24, Vers 1: „In seinen Tagen zog Nebukadnezar, der König von Babel, herauf, und Jojakim war drei Jahre sein Knecht.“ Wir merken also, Jojakim ist der erste König, von dem wir sagen können, dass er der Knecht Nebukadnezars war. Er war also einer, über den die Herrschaft Nebukadnezars ging.
Nun schauen wir mal, wann er gelebt hat. Jojakim lebte beziehungsweise regierte von 609 bis 598 v. Chr. In diesem Zeitraum fällt seine erste Herrschaft. Jetzt müssen wir uns überlegen, was der späteste Zeitpunkt innerhalb dieser Regierungszeit ist, an dem die Herrschaft Nebukadnezars beginnt.
Dazu gehen wir ins Buch Daniel, Kapitel 1, Verse 1 und 2. Dort heißt es: „Im dritten Jahr der Regierung Jojakims, das wäre also etwa 606 v. Chr., kam Nebukadnezar, der König von Babel, nach Jerusalem und belagerte es.“
Eine Belagerung ist noch nicht unbedingt das Schlimmste, aber etwas passiert. Der Herr gab Jojakim, den König von Juda, in seine Hand und einen Teil der Geräte des Hauses Gottes. Diese brachte er ins Land China, in das Haus seines Gottes. Hier steht also, dass der Herr Jojakim dem König in seine Hand gab. Das bedeutet, er wurde zum Knecht.
Nebukadnezar gewann die Belagerung, um es vorsichtig auszudrücken. Das heißt, der späteste Zeitpunkt, ab dem man von diesen siebzig Jahren sprechen muss – wohlgemerkt der späteste –, an dem Jerusalem belagert und zum ersten Mal gefallen ist, liegt im Jahr 606 v. Chr.
Wie wir bei Jeremia gelesen haben, beginnt der Zeitraum nicht genau dort, wo Nebukadnezar total über alles herrscht. Das ist ein Prozess. Aber es steht nichts darüber, wie lange diese Belagerung dauerte. Steht, dass der Herr ihn in seine Hand gab, bedeutet das, dass es im gleichen Jahr war, oder nicht?
Man nimmt historisch das Datum an, dass die Belagerung in diesem Jahr begann. Ob sie dann sofort fiel, kann man nicht genau sagen. Alles ging aber relativ rasch. Das passt auch deshalb, weil sich hier historisch etwas anschließt: Nebukadnezar hätte keine Zeit für eine lange Belagerung gehabt, denn sein eigentlicher Gegner war nicht Jojakim.
Jojakim war eine unbedeutende Nebenerscheinung. Sein eigentlicher Gegner war der König von Ägypten. Diesem begegnete er im Jahr 605 v. Chr. bei Karakemisch. Das ist die Entscheidungsschlacht zwischen den Chaldäern und den Ägyptern.
Diese Schlacht fand nördlich von Israel statt. Nebukadnezar gewann sie und wurde dadurch Großmacht. Daher kann man sagen, dass es 605 v. Chr. nicht mehr sein kann, denn zu diesem Zeitpunkt war er schon auf einem ganz anderen Kriegsschauplatz heftig beschäftigt.
Insofern muss die Belagerung Jerusalems in diesem Jahr etwa abgeschlossen worden sein. Das passt auch zusammen, denn wenn man das Jahr angibt, würde man wohl das Jahr angeben, in dem die Belagerung und der Fall tatsächlich stattfanden.
Jetzt wollen wir uns noch anschauen, wann dieser Zeitpunkt endet. Ich sage, diese 70 Jahre sind der allerspäteste Termin. Das sind die Jahre um 606 v. Chr.
Nun überlegen wir mal: Zwischen diesen 70 Jahren muss eine Zeitspanne liegen. Dafür schauen wir wieder in die Zweite Chronik. Dort steht in Kapitel 36, Vers 22: „Im ersten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, damit das Wort des Herrn durch den Mund Jeremia erfüllt würde.“ Da haben wir es wieder. Die 70 Jahre scheinen nun vorbei zu sein.
Diese 70 Jahre waren eine Zeit der Unterdrückung unter dem König von Babel. Jetzt haben wir es nicht mehr mit dem König von Babel zu tun, sondern mit einem König von Persien, nämlich Kyrus. In dieser Zeit erweckte der Herr den Geist des Kyrus, des Königs von Persien. Kyrus ließ einen Aufruf durch sein ganzes Königreich ergehen und machte ihn auch schriftlich bekannt.
So spricht Kyrus, der König von Persien: „Alle Königreiche der Erde hat der Herr, der Gott des Himmels, mir gegeben und hat mich beauftragt, ihm ein Haus zu bauen in Jerusalem, das in Juda ist. Wer immer unter euch aus seinem Volk ist, mit dem sei der Herr, sein Gott. Er ziehe hinauf – oder anders gesagt, er kehre zurück. Er kann wieder heimkehren nach Israel, ins gelobte Land.“
Jetzt sage ich euch, wann das hier geschichtlich einzuordnen ist: Babylon, die Hauptstadt des Babylonischen Reiches, fällt endgültig im Jahr 538 v. Chr. an. Etwa zu dieser Zeit, im ersten Jahr von Kyrus’ Herrschaft, geschieht, was etwa 150 Jahre vorher von Jesaja vorhergesagt wurde.
Jesaja 44, Vers 28 wurde etwa 150 Jahre vor ihrer Erfüllung gesprochen. Deshalb ist diese Prophezeiung eine von den ganz bemerkenswerten, weil hier Kyrus mit Namen erwähnt wird. Dort heißt es: „Der von Kyrus spricht: ‚Mein Hirt, er wird alles ausführen, was mir gefällt, indem er von Jerusalem sagen wird, es werde aufgebaut und der Grundstein des Tempels werde gelegt.‘“
Und genau das tut Kyrus. Er erlässt dieses Edikt, wie in Jesaja 44,28 beschrieben, und erlaubt den Wiederaufbau Jerusalems. Er erlaubt oder befiehlt sogar den Wiederaufbau des Tempels.
Und jetzt kommen wir ein bisschen zu Ezra. Wir nähern uns geschichtlich dem Buch Ezra und dem, was darin dargestellt wird.
Nehmen wir an, im Jahr 538 erlässt Kyros dieses Befreiungsedikt. Die Israeliten dürfen zurückkehren und tun dies auch, und zwar im Jahr 537 unter Zerubbabel. Eines der ersten Dinge, die sie tun, ist, dass sie verstanden haben: Wir wollen unseren Tempel wieder aufbauen. Immerhin hatte Kyros ihnen das ja auch ans Herz gelegt. Er sagte: Macht das! Und sie beginnen damit.
Wer von euch Ezra schon gelesen hat, weiß das. Für die anderen mag es nicht erstaunlich sein, wenn man die Vorgeschichte des Volkes Israel kennt: Sie halten das nicht lange durch. Es kommt relativ schnell zu einem Stillstand. Das heißt, man fängt an, macht aber nicht wirklich weiter. Das geht etwa bis ins Jahr 520 so.
Im Jahr 520 vor Christus kommen Propheten. Welche sind das? Haggai und Sacharja. Das sind die beiden, die dann kommen und sagen: So kann es nicht weitergehen. Ihr habt den Tempel angefangen zu bauen, und was soll das jetzt? Ihr baut schöne, große Häuser, aber das Haus des Herrn wollt ihr nicht bauen?
Also tauchen 520 diese Propheten auf. Haggai und Sacharja motivieren das Volk, und 516 wird der Tempel eingeweiht. Auch hier gibt es eine interessante Sache: Wann ist der Tempel zerstört worden? 586? Genau, 586. Es bedarf keiner großen mathematischen Kenntnisse, um zu sehen, dass nicht nur das Volk für einen Zeitraum von siebzig Jahren bedrängt und von einer fremden Macht beherrscht wird, sondern dass auch der Tempel selbst, der 586 zerstört wurde, hier siebzig Jahre später wieder eingeweiht wird. Auch hier taucht diese interessante Zahl siebzig wieder auf.
Jetzt wollen wir gemeinsam kurz anschauen, worum es im Buch Esra geht. So ein Überblick, den kannst du dir machen. Ich darf ihn einfach zum nächsten Mal mitbringen.
Kapitel 1 vom Buch Esra beschreibt das Dekret des Kyrus und den Aufbruch der Juden. Es ist ein Stück weit eine Wiederholung dessen, was wir eben schon am Ende vom Buch Chronik gelesen haben. Kapitel 2 enthält die Liste der Rückkehrer unter Zerubbabel. Und wie gesagt, eines der ersten Dinge, an die man denkt, sind die freiwilligen Gaben für den Tempelbau.
In Kapitel 3 wird der Altar gebaut, das Opfern beginnt, die Grundmauern des Tempels werden gelegt. Lobpreis und Freude vermischen sich mit Weinen.
Kapitel 4 beschreibt die ersten Schwierigkeiten. Die Samariter wollen nämlich mitbauen, doch man lässt sie nicht. Infolge dieses Ausschlusses, so heißt es hier, werden die Hände der Bauleute schlaff und versetzen das Volk in Angst. Daraufhin wird der Bau eingestellt.
An dieser Stelle ist es ganz wichtig, dass der Aufbau des Buches Esra richtig verstanden wird. Es gibt hier nämlich einen Einschub. Dieser Einschub reicht von Kapitel 4, Vers 6 bis Kapitel 4, Vers 23. Er ist logisch, aber nicht chronologisch an das Vorangehende angebunden. Hier geht es nämlich um dieselben Themen, nämlich Anklageschriften unter den Königen Ahasveros und Artasaster. Diese beiden Könige lebten zeitlich betrachtet viel später.
Wir reden hier immer noch von den Zeiten um 537 oder 536 v. Chr., als Zerubbabel zurückkommt und der Bau beginnt. Das dauert eine Weile, ein paar Jahre geht es gut, und dann hören sie wieder auf. Die Anklageschriften, die in Kapitel 4, Verse 6 bis 23 beschrieben werden, stammen von Königen, die fünfzig oder siebzig Jahre später regierten.
Deshalb werden sie hier aufgeführt, damit man erkennt: Aha, Widerstand taucht immer wieder auf. Weil Esra gerade dabei ist, das Thema Widerstand zu beschreiben, nimmt er diese anderen Widerstände, die er als Zeitgenosse dieser Könige miterlebt hat, gleich mit hinein. Er zeigt, dass Widerstand etwas ganz Normales ist: Da war noch etwas, und da war noch etwas.
Dann kehrt Esra in Kapitel 4, Vers 24 zum ursprünglichen Gedankenstrang zurück. Er sagt, damals wurde die Arbeit am Haus Gottes in Jerusalem eingestellt, und sie blieb eingestellt bis zum zweiten Jahr der Regierung des Königs Darius von Persien.
Kapitel 5 beschreibt die Wiederaufnahme des Baus unter der Mahnung Gottes durch Haggai und Sacharja. Das wird dann auch geduldet. Was heißt geduldet? Es gibt von Darius Nachforschungen, ob das, was sie da machen, in Ordnung ist. Und es heißt ja, das ist total in Ordnung. Es ist ihnen erlaubt und sogar geboten worden, den Tempel weiterzubauen.
In Kapitel 6 gibt es die Bestätigung der Bauerlaubnis, dann sogar die Unterstützung durch den König. Noch in Kapitel 6 folgt die Einweihung des Tempels und das Passahfest. Hier befinden wir uns jetzt im Jahr 516 v. Chr. Das ist alles noch Geschichte.
Esra erzählt etwas, das ihn eigentlich noch gar nichts angeht. Wenn wir die Geschichte weiterverfolgen, würde hier zwischen Kapitel 6 und Kapitel 7 noch die Geschichte von Esther kommen. Die kennt ihr noch nicht, wer möchte, kann sie später lesen. Esra selbst wird im Jahr 457 nach Jerusalem gehen.
Esra wird als Lehrer beschrieben. Vielleicht lesen wir das in Esra 7,10: „Denn Esra hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des Herrn zu erforschen und zu tun und in Israel Ordnung und Recht zu lehren.“ Seine Aufgabe wird also sein, ein Lehrer zu sein. Er hat die Aufgabe, das Gesetz Gottes bekannt zu machen. Aber er tut noch mehr: Er überbringt Spenden und setzt Richter ein.
In Kapitel 8 finden wir die Liste von Esras Begleitern. Dort erfahren wir, wie die Reise verlaufen ist. Sie beginnt mit einem Fasten, und Esra freut sich darüber, dass er ohne Probleme nach Jerusalem gekommen ist. Dort bringt er Opfer dar. Als Lehrer muss er natürlich auch bestimmte Themen angehen. Ein wichtiges Problem sind die Mischehen, um die er sich in Kapitel 9 und 10 kümmert.
Wenn man will, kann man sagen, dass dies das Buch Esra ist. Kann man daraus etwas für uns heute lernen? Ich denke schon. Ich möchte das Thema des Buches Esra so nennen: Prioritäten eines erneuerten Lebens.
Ich habe mir die Frage gestellt, wo das Buch Esra in seinem geschichtlichen Umfeld für mich persönlich ganz praktisch werden kann. Es geht um ein Volk, das von Sünde zerrieben wurde, in einen Zustand der Bestrafung geraten ist und nun zurückkehren darf. Das heißt, es darf einen Neuanfang machen. Die Zeit der Bestrafung ist vorbei.
Die Frage, die ich mir im Blick auf das Buch Esra gestellt habe, lautet: Worauf muss ich achten, wenn ich in meinem geistlichen Leben Schiffbruch erlitten habe und nun wieder umkehre zu Gott?
Ich hoffe, dass ihr das noch nie erlebt habt, aber ich kenne das aus meinem Leben sehr gut. Es gibt Momente, in denen ich mich ganz ernsthaft frage, ob Gott mit mir und meinem Leben überhaupt noch etwas anfangen kann. Momente, in denen ich mich schäme und entsetzt bin über meinen eigenen geistlichen Zustand oder über Sünde, die ich geduldet habe. In solchen Momenten stelle ich mir sehr ernste Fragen über meine eigene geistliche Identität.
Ich habe auch Zeiten geistlicher Dürre erlebt. Das mag manch einer von euch vielleicht noch nicht so nachvollziehen können. Zeiten, in denen die stille Zeit mehr und mehr zur Routine wird oder ganz ausfällt. Zeiten, in denen mir förmlich die Freude am Herrn im Hals stecken bleibt.
Man sagt sich dann: Irgendetwas läuft gerade ganz schief. Man hält an Dingen fest, von denen man weiß, dass sie falsch sind und man sie eigentlich lassen sollte. Doch man tut es nicht. Man rutscht mehr und mehr von Gott weg.
Irgendwann kommt der Punkt, an dem man sagt: So kann es nicht weitergehen. Ich muss ein anderes Leben führen. Dazu bin ich nicht berufen, dazu bin ich noch nicht auf dieser Welt.
Die Frage, die ich mir dann stelle, ist: Wenn ich umkehre zu Gott, so wie dieses Volk neu zurückkehren durfte ins gelobte Land, wo setze ich dann meine Prioritäten?
Darüber soll es heute Abend in der Anwendung gehen: Wo setze ich meine Prioritäten hin, wenn ich weit weg war und jetzt sagen will: Vater im Himmel, ich möchte noch einmal von vorne anfangen. Ich möchte es wieder probieren. Ich möchte wieder da sein. Ich möchte wieder in der Freude am Herrn leben.
Dazu habe ich zwei Vorbemerkungen und dann einige Ausführungen.
Die erste Vorbemerkung findet sich in Esra 1,1. Dort heißt es: „Und im ersten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, erweckte der Herr, damit das Wort des Herrn aus dem Mund Jeremias erfüllt würde, den Geist des Kyrus, des Königs von Persien.“
Die erste Vorbemerkung lautet: Hinter jedem Neuanfang steckt Gott. Das bedeutet, wann immer wir in eine Situation kommen, in der wir neu anfangen können, ist das nichts Schlimmes. Es ist eine Chance, die Gott uns persönlich gibt. An einem solchen Punkt können wir sogar sagen: Danke, Vater, dass du mich das hast erkennen lassen. Danke, dass ich merken durfte, wie falsch ich eigentlich lag. Hinter jedem Neuanfang steckt Gott.
Die zweite Vorbemerkung stammt aus Esra 1,5: „Da machten sich die Familienoberhäupter von Juda und Benjamin auf und die Priester und die Leviten, jeder dessen Geist Gott erweckte, hinaufzuziehen, um das Haus des Herrn in Jerusalem zu bauen.“
Diese Vorbemerkung ist ebenfalls ganz einfach: Wenn Gott dir einen Neuanfang schenkt, dann geh. Bleib bloß nicht stehen. Wenn du die Tür offen siehst, wenn du erkennst, dass du zurückgehen kannst, dann geh und bleib nicht dort, wo du bist.
Damals, im Zeitalter der Israeliten, war das eine lange Reise. Es bedeutete, das Alte wirklich hinter sich zu lassen und etwas ganz Neues anzufangen. Sie gingen als eine Generation zurück, die das Heilige Land nie gesehen hatte oder von der nur wenige das Heilige Land noch kannten. Viele waren in Babylon geboren worden.
Hier kommt eine wichtige Stelle ins Spiel, die ihr kennt: Johannes 1,9. Diese Stelle dürfen wir als Rückkehrpunkt nutzen, falls wir uns nach Babylon verirrt haben. Wenn wir die Welt liebgewonnen haben und merken: „Ich lebe hier in einer Situation, die mit geistlichem Leben nichts zu tun hat“, dann ist das unsere Rückkehr.
Das muss nicht dein ganzes Leben betreffen, es können auch Teile deines Lebens sein, an denen du festhängst und die förmlich nach Welt riechen, nach etwas, das nicht zu Gott gehört. Johannes 1,9 ist dann unsere Rückkehr. Dort heißt es: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Johannes 1,9)
Wir haben also das Vorrecht, jederzeit zurückkehren zu dürfen. Doch was machen wir? Wo legen wir die Prioritäten hin, wenn wir aus einer Zeit geistlicher Dürre wieder umkehren zu Gott? Wenn wir auf die Knie gehen und sagen: „Ja, Vater, du hast Recht.“
Denn das, was hier steht, wenn wir unsere Sünde bekennen, bedeutet eigentlich nichts anderes, als dasselbe zu sagen. Bekennen heißt, die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn wir das, was wir falsch machen, als falsch bezeichnen, dann bekennen wir es.
Dann sagt Gott: Wunderbar, das ist genau das, was ich wollte.
Nun taucht die Frage auf: Was mache ich jetzt anders? Was soll ich jetzt anders machen? Ich habe meine Sünde bekannt. Wir könnten sogar sagen, wir haben heute Morgen Buße getan, wir haben sie hinter uns gelassen und wollen damit gar nichts mehr zu tun haben. Aber wie fange ich jetzt an?
Ich möchte euch zwei Prioritäten zeigen.
Die Priorität eins, die wir aus dem Buch Esra lernen, ist: Bau den Tempel. Das ist die wichtigste Aufgabe. Bau den Tempel als Ort des Gebets und als Ort der Gemeinschaft mit Gott. Dies hat oberste Priorität.
Die zweite Priorität, die wir unten bei Esra sehen, würde ich mit „Lerne Ordnung und Recht“ überschreiben. Das sind zwei wichtige Aspekte eines erneuerten Lebens: Erstens den Tempel bauen, zweitens Ordnung und Recht lernen.
Wir werden jetzt durch das Buch Esra gehen und einige Prinzipien daraus ableiten, wie man das umsetzt. Der Tempel ist der Ort der Anbetung und der Gemeinschaft mit Gott.
Schlagen wir dazu Psalm 73 von Asaph auf. Asaph versteht nicht, warum es den Gottlosen um ihn herum so gut geht, während es ihm schlecht geht. Er zerbricht sich den Kopf darüber, wie das theologisch zusammenpasst.
In Psalm 73,16 lesen wir: „Da dachte ich nach, um dies zu begreifen.“ Hier wird deutlich, wie sehr er sich bemüht hat, die Frage zu verstehen: Warum geht es den Gottlosen so gut und mir so schlecht? Es war eine große Anstrengung für ihn. Entweder war er kein großer Denker und hat sich angestrengt, oder er war ein großer Denker und hat erkannt, dass seine Kapazitäten nicht ausreichen.
Die Lösung kommt in Vers 17 – noch nicht inhaltlich, aber der Ort wird beschrieben: „Bis ich in das Heiligtum Gottes ging.“ Dort will er das Ende der Gottlosen bedenken.
Das bedeutet, er tritt in die Gegenwart Gottes, bringt sein Problem vor Gott und plötzlich erhält er Klarheit. Er erkennt, dass man das ganze Leben betrachten muss, nicht nur den Teil, den ein Mensch hier auf der Erde lebt. Man muss das Ende eines Menschen sehen, wohin er geht.
Er geht in den Tempel, den Ort der Gemeinschaft mit Gott.
Ich hatte bereits gesagt, dass im Buch Esra für die Rückkehrer der Tempel anfangs das Allerwichtigste war. Er war ihnen wichtiger als der Bau ihrer eigenen Häuser.
Nun wollen wir sehen, ob wir, wenn wir sagen, dass der Bau des Tempels neu-testamentlich übertragen werden kann als der Ort, wo Anbetung und Gemeinschaft geschieht, einige Prinzipien aus dem Bau des Tempels für unser eigenes geistliches Leben ableiten können.
Esr 2,68: Dort heißt es: „Und einige von den Familienoberhäuptern gaben bei ihrer Ankunft am Haus des Herrn in Jerusalem freiwillig für das Haus Gottes, um es an seiner alten Stelle wiederherzustellen. Nach ihrem Vermögen gaben sie für den Schatz des Werkes einundsechzigtausend Goldstater und fünftausend Silberminen sowie einhundert Priesterleibröcke.“
Das Erste, was wir bei der Anbetung lernen dürfen, ist, dass Anbetung nicht einfach von alleine kommt. Anbetung wird uns immer etwas kosten. Anders ausgedrückt: Wir müssen investieren. Vielleicht nicht unbedingt Geld, wie hier, aber sicher Mühe, Zeit, frühes Aufstehen oder den Verzicht auf unser Lieblingsfernsehprogramm. Ich weiß nicht, worauf sonst, aber denken wir an das, was David gesagt hat: „Ich will dem Herrn, meinem Gott, nicht umsonst Brandopfer opfern“ (Psalm 116,12). Oder denken wir an das Beispiel des Herrn Jesus in Markus 1,35: Früh morgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf, ging hinaus an einen einsamen Ort und betete dort.
Es gibt wahrscheinlich keine Anbetung, die uns nicht wirklich etwas kostet. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt: Das Problem, dass eure Gebetslisten überquellen. Ich hoffe, ihr kennt es. Wenn nicht, möchtet ihr vielleicht anfangen zu beten, dann passiert das ganz von allein. Und dann merkt ihr: Anbetung ist eine Sache, in die ich entweder investiere – dann wächst sie – oder ich denke: „Na, es wird schon irgendwie laufen.“ Aber dann tut sich meist nichts, und man bleibt auf einem ziemlich einfachen Stand stehen.
Ich will mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber wenn du sagst, dass deine Gebetsliste überquillt und sprichst von Anbetung, sind das nicht eigentlich zwei verschiedene Dinge: Anbetung und zu Gott beten, zum Beispiel Fürbitte?
Soweit ich es aus der Bibel sehe, kann ich das nicht formal trennen. Ich sehe das Vaterunser für mich als Vorbildgebet, in dem Anbetung und Fürbitte eng miteinander verknüpft sind – auch die Fürbitte für mich selbst. Ich denke, dass wir dort, wo wir Fürbitte für andere tun, genau das tun, was der Herr Jesus hier auf der Erde getan hat. Deshalb beten wir sehr wohl nach dem Herzen Gottes. Das ist unsere Aufgabe.
Es kommt mir künstlich vor, diese Gebetsarten voneinander zu trennen. Ich möchte aber auch darauf achten, dass es nicht immer nur in Fürbitte ausartet – und schon gar nicht nur in Fürbitte für mich selbst. Andererseits fordert uns die Bibel sehr wohl auf, für Geschwister zu beten, für Evangelisten und für die Obrigkeit.
Paulus formuliert: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Gebete, Fürbitten und Danksagungen für alle Menschen getan werden“ (1. Timotheus 2,1). Dabei hätte ich erwartet, dass er sagt: „Ich ermahne vor allem, dass ihr Gott anbetet und dann...“ Die Bibel trennt das nicht so, wie es in manchen Büchern zum Thema Gebet manchmal dargestellt wird.
Das war der eine Punkt: Anbetung oder Gebet ist etwas, das Investitionen fordert.
Der nächste Punkt ist Ezra 3, Vers 3. Wir sind immer dabei.
Was mache ich, wenn ich aus einem total desolaten Zustand zurückkomme? In Ezra 3, Vers 3 heißt es: „Und sie errichteten den Altar auf seinen alten Fundamenten, obwohl ein Teil der Bevölkerung der Länder in Feindschaft mit ihnen lebte, und sie opferten auf ihm Brandopfer dem Herrn, die Morgen- und Abendbrandopfer.“
Das Prinzip, das ich daraus ableite, ist folgendes: Wenn du zu Gott zurückkommst, musst du an der Stelle anfangen, an der du bist, mit dem, was du hast. Du kannst natürlich davon träumen, wie schön es wäre, wieder in enger Gemeinschaft mit Gott zu leben, so wie früher. Aber das ist nicht das, was du gerade hast.
Das bedeutet: Dort, wo wir zu Gott zurückkommen, müssen wir mit dem anfangen, was wir haben. Wir müssen auch mit den Umständen leben, die vielleicht nicht optimal sind.
Das ist auch für die Seelsorge wichtig. Wenn Menschen lange Zeit ohne Gott gelebt haben und dann plötzlich wieder umkehren, bringen sie natürlich ihr altes Leben mit. Auch die Umstände ihres alten Lebens, in denen viel kaputtgegangen ist.
Dann kann man sehr wohl sagen: Du musst dich nicht mit den optimalen Bedingungen vergleichen, die ein anderer hat. Fang dort an, wo du bist. Nutze das, was du hast, und bete.
Ein weiterer Punkt zum Thema Anbetung findet sich in Esra 3,11-12. Dort heißt es: „Und sie stimmten einen Wechselgesang an mit Lob und Preis dem Herrn. Denn er ist gut, denn seine Gnade währt ewig über Israel.“ Das ganze Volk jauchzte mit gewaltigem Jauchzen beim Lob des Herrn wegen der Grundsteinlegung zum Haus des Herrn.
In Esra 3,12 steht: „Viele aber von den Priestern und den Leviten und den Familienoberhäuptern, den Alten, die das erste Haus gesehen hatten, weinten, während man vor ihren Augen den Grundstein zu diesem Haus legte, mit lauter Stimme. Viele aber erhoben ihre Stimme mit freudigem Jauchzen, so dass niemand vom Volk vor der Stimme des freudigen Jauchzens die Stimme des Weinens im Volk erkennen konnte. Denn das Volk jauchzte mit gewaltigem Jauchzen, so dass die Stimme bis in die Ferne gehört wurde.“
Merkt ihr etwas, was dazugehört, wenn Menschen zu Gott umkehren? Manche fühlen sich vielleicht wie ein Trauerglanz in der Ecke und möchten gar nicht mehr freudig dreinschauen, weil sie so lange alles falsch gemacht haben. Nein, das ist nicht richtig.
Wenn wir umkehren, haben wir das Recht, wenn ein neues Gebet zum Himmel aufsteigt, uns wirklich daran zu freuen. Natürlich dürfen wir ab und an zurückdenken an das, was früher war. Man darf schon mal ein bisschen traurig sein über das, was man verpasst hat.
Aber wir sollten gut darauf achten, dass wir uns – so wie es hier der Fall ist – mehr darüber freuen, wieder bei Gott zu sein, mehr darüber freuen, dass etwas Neues anfängt, als traurig über das Alte zu sein. Denn sonst lähmt uns das total.
Aus diesem Einschub und dem gesamten Kapitel vier lernen wir, auch anhand der Samaritern, dass ein stabiles Gebetsleben oder ein Leben, das von persönlicher Gemeinschaft mit Gott geprägt ist, immer ein angefochtenes Leben sein wird.
Da kommen die Samariter. Es sind Leute, die nicht wirklich an Gott glauben, aber doch vorgeben, sich in eine Beziehung zu Gott irgendwie einmischen zu dürfen. Sie wollen mitbauen. Und mit Recht wird es ihnen hier verwehrt.
Warum wird es ihnen verwehrt? Nun, sie gehören nicht zum Volk Gottes. Wir müssen sehr genau darauf achten, mit wem wir unser Gebetsleben teilen, wer da seine Finger mit im Spiel hat, wer mich an dieser Stelle beeinflusst und wer in meinem geistlichen Leben mitbaut. Woher bekomme ich meinen Input? Wer erzählt mir, wie das Leben mit Gott, die Gemeinschaft mit Gott funktioniert?
Ich meine, das ist ein Punkt, an dem viele Christen gar nicht merken, wie sehr sie ihre geistliche Nahrung aus Quellen schöpfen, die man gelinde gesagt nur als samaritanisch einstufen kann. Dort ist nicht viel geistlicher Tiefgang, vielleicht nicht einmal viel Christentum enthalten. Man schluckt diese Ideen und baut die Steine, die von dort kommen, in den Tempel mit ein. Und dann wundert man sich, dass am Ende das Gebäude wackelt, man nicht richtig zufrieden ist und etwas nicht stimmt.
Gerade im Bereich Gemeindebau und persönliches Heiligungsleben gibt es sehr vieles, das nicht wirklich biblisch ist. Ich hätte an dieser Stelle eine Frage: Wenn die Samariter kommen und sagen, sie suchen euren Gott und wollen mitbauen – letztlich ist es nicht die Bereitschaft, die hier das Problem ist.
Klar, es sind Samariter, aber wenn sie sagen, sie suchen euren Gott wie ihr, stimmt das denn? Als die Samariter den Gott der Juden suchten, suchten sie ihn wirklich wie die Juden? Sie sagen das zwar, aber stimmt es?
Die Samariter hatten ihren eigenen Werk, an dem sie ihren Gott anbeteten. Sie hatten gar kein Interesse am jüdischen Tempel in Jerusalem. Richtig, sie hatten eigene Anbetungsstätten.
Fritz, du hast dazu eine Anmerkung?
Ich wüsste nicht hundertprozentig, ob das, was zur Zeit Jesu und Johannes galt, schon ab der damaligen Zeit, also ungefähr vierhundert Jahre vorher, so war. Ein König hat diesen Kult aufgerichtet, andere haben ihn verstärkt. Ich wüsste bloß nicht genau, wie die Entwicklung in der Zeit verlief. Ich brauche nicht gleich den Schluss, dass es damals so war und so die ganze Zeit geblieben ist.
Wir müssen aufpassen, dass wir zwei Dinge nicht miteinander vermischen, wobei ich nicht genau weiß, ob das hier passiert ist. Zum einen die Bildung des Nordreiches. In diesem Nordreich ließ König Jerobeam neue Anbetungsstätten errichten, eine in Bethel und eine in Dan, um zu verhindern, dass die Israeliten des Nordreiches dreimal im Jahr zu den großen Festen ins Südreich nach Jerusalem ziehen.
Diese Sünde Jerobeams, ein grober Götzendienst, führte dazu, dass die zehn Stämme verschleppt wurden. Das ist eine Grundlage. Es führte zumindest dazu, dass es keinen guten König im Nordreich gab. Dort herrschte Unordnung und Vermischung.
Genau, das war dann Götzendienst.
Ja, wenig später, aber ich meine auch nach der Verschleppung wurde dieser Götzendienst eventuell zerstört.
Ja, die Götzentempel wurden zerstört. Ich kann nicht aus dem Kopf sagen, bei welchem der guten jüdischen Könige es heißt, dass er in dieser Zeit in den Norden zog und dort die Altäre niederreißen ließ. Zeitlich fällt das genau in die Zeit der Verschleppung, sodass man sich das gut vorstellen kann.
Die Assyrer verschleppen das Volk, und ein jüdischer König zieht in das politische Vakuum im Norden und zerstört dort die Götzentempel und Altäre.
Jetzt passiert Folgendes: Die Assyrer wissen genau, dass so ein Land nicht ohne Bewohner bleiben kann. Warum? Das war nicht das Problem, denn das Land gehörte Assyrien, sie hatten die Kontrolle. Es gab keine Steuern, ja, aber ein viel größeres Problem.
Das Problem sind an dieser Stelle tatsächlich die wilden Tiere. Wenn niemand dort wohnt, leben dort Löwen, Bären und andere Tiere. Ist das schlimm? Ja, schon. Wenn du mit deinen Truppen durchziehen willst, sind wilde Tiere gefährlich. Die Straßen sind nicht gebaut, und es gibt keinen Proviant, weil niemand die Äcker bestellt hat. Das ist ein echtes politisches Problem.
Deshalb musste man damals immer Leute irgendwo ansiedeln, damit das Land nicht einfach unkultiviert und unbewohnbar wurde. Das ist übrigens auch der Grund, warum Gott die Kanaaniter nur stückweise vertrieb. So entstand kein Vakuum, das Land blieb bewohnbar.
Also, das passiert: Die zehn Stämme sind weg, und andere Völker kommen hinein. Das Problem dieser neuen Völker, die von weit her geholt wurden, ist, dass sie ihre eigenen Götter mitbringen. Das klappt aber nicht. Sie merken schnell, dass sie mit ihren Göttern hier nicht weiterkommen.
Was machen sie daraufhin? Sie holen sich Input. Was waren denn früher hier für Götter? Aha, sie holen sich Priester, die im Gebiet, das man neutestamentlich oder auch damals schon Samaria nannte, eine neue Religion fast schon gründeten.
Diese Religion der Samariter ähnelte sehr dem Judentum, hatte aber auch Unterschiede. Im Neuen Testament merkt man das am unterschiedlichen Ort der Anbetung. Das stimmt, den gab es mit dem Heiligtum zu der Zeit noch nicht. Das entstand erst im zweiten oder dritten Jahrhundert vor Christus.
Aber woran glaubten sie? Was hatten sie für eine Basis? Was waren ihre heiligen Bücher? Sie hatten eine kleinere Bibel. Ihre Bibel begann bei 1. Mose und endete bei 5. Mose. Alles, was danach kam, spielte für sie keine Rolle. Alles, was sie glaubten, zogen sie daraus.
Insofern ist es, wenn sie sagen: "Wir beten doch euren Gott an wie ihr", nicht ganz richtig. Man muss fairerweise sagen: Halt, stopp, so ganz stimmt das nicht. Sie haben schon etwas Eigenes entwickelt. Wie eigen das ist, merkt man im weiteren Verlauf der Geschichte.
Es gibt nämlich kein Versöhnliches. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen zu sagen: "Okay, wenn ihr uns das nicht glaubt, dann macht mal. Wir werden euch einfach vorleben, dass wir genau dasselbe glauben." Aber es passiert nicht. Vielmehr bereiten sie Schwierigkeiten, verbünden sich und machen die Sache komplizierter.
Zurück zur Frage: Was kann unser Gebetsleben anfechten? Eine Ursache ist Input aus falschen Quellen.
Mein Wunsch wäre, dass man immer wieder überlegt: Wo bekomme ich meinen Zulauf an Ideen her, wie ich mein geistliches Leben gestalte? Es passiert so schnell, dass plötzlich Psychologie und irgendwelche psychologischen Tricks Einzug halten. Man meint, Marketingstrategien seien der letzte Schrei, den man umsetzen müsse. Oder Persönlichkeitsentwicklungstrainingsmodelle oder was auch immer.
Stattdessen sollte man die Bibel aufschlagen und die Einfalt in Christus bewahren. Man sollte sagen: Ich will erst einmal lesen, was dort steht.
Es ist für mich erschreckend mitanzusehen, wenn auch Geschwister unter uns immer wieder über Dinge diskutieren und die Bibel erst sehr spät geöffnet wird – besser als früher, aber doch zu spät.
Das Zweite, was ein Gebetsleben stören kann, neben den Menschen, sind schlaffe Hände und Angst. Schlaffe Hände und Angst.
Also, es gab Probleme, und es gibt immer Probleme.
Und jetzt müssen wir uns kurz anschauen, was da passiert ist. Schlagt bitte Haggai auf. Das ist eine sehr reale Gefahr. Haggai 1,2. Haggai steht ziemlich weit hinten im Alten Testament, nach Zachariah und Malachi hört es dann auf. Ich schlage es deshalb auf, damit man eine Idee bekommt, wie es passieren kann, dass das Gebetsleben einschläft. Wo liegen die Probleme? Woher kommen diese schlaffen Hände? Und wozu motiviert mich Angst? Was war passiert?
Haggai 1,2: So spricht der Herr der Heerscharen: Dieses Volk sagt, die Zeit sei noch nicht gekommen, das Haus des Herrn zu bauen. Halt, stopp! Vor siebzehn Jahren hatten sie damit angefangen, dann irgendwann aufgehört. Und jetzt, zur Zeit Haggais um 520 v. Chr., ist das Argument immer noch: Nein, die Zeit, das Haus des Herrn zu bauen, ist noch nicht gekommen.
Man könnte fragen: Was ist euer Problem? Vers 9 sagt: Ihr habt nach vielem ausgeschaut, und siehe, es wurde wenig. Und brachtet ihr es heim, so blies ich hinein. Warum das? Ich übersetze das für euch: Ihr habt nach vielem ausgeschaut, das heißt, ihr habt euch bemüht, viel zu erwirtschaften. Das Bild, das hier benutzt wird, ist das Bild der Ernte.
Du hast einen Erntewagen, den du nach Hause fahren willst, und denkst dir: Na ja, hätte mehr sein können. Während du fährst, kommt ein Windstoß und bläst dir das, was du hast, wieder weg. Du denkst: Ja, es hat sich wieder nicht gelohnt dieses Jahr. Vielleicht wird es nächstes Jahr besser werden. Die Zeit ist noch nicht gekommen, das Haus des Herrn zu bauen, hatten wir eben.
Jetzt beantwortet Gott die Frage, warum unser Vorwärtskommen im Land so langsam ist. Warum haben wir immer wieder den Eindruck, wir arbeiten irgendwie vergeblich? Lohnt sich kaum, hier zu arbeiten. Milch und Honig, Überfluss – von wegen! Wir ackern Jahr für Jahr, und es geht keinen Strich weiter.
Kommen wir zurück zu Vers 9: Wegen meines Hauses, das verödet daliegt, während hier jeder für sein eigenes Haus läuft. Kennt ihr die Verschiebung? Das Haus des Herrn lag da, und keiner kümmerte sich mehr darum. Ja, irgendwann werden wir das machen, lautet die offizielle Argumentation: Noch nicht Zeit, können uns noch nicht darum kümmern.
Warum? Wir müssen erst mal unsere eigenen Häuser bauen. Andere Dinge haben jetzt einfach höhere Priorität. Wir müssen erst unser Häuschen hinstellen, unser Feld bewirtschaften. Wenn wir das richtig rund haben, dann bauen wir auch wieder am Haus des Herrn weiter. Es ist nicht so, dass wir das Haus des Herrn völlig vergessen hätten, keine Sorge.
Ich weiß, im Moment bin ich ein bisschen viel auf Arbeit, aber das mache ich nur ein paar Jahre. Dann habe ich so viel Geld angespart, dass ich richtig Zeit habe, mich um Gemeinde, Anbetung und solche Dinge zu kümmern. Nur im Moment muss ich investieren, ich habe jetzt nicht so viel Zeit, mich in geistliche Dinge zu investieren.
Okay, das ist das Argument. Völlig weltfremd? Das kennt man natürlich nicht, aber in der damaligen Zeit war das eben aktuell. Jeder läuft für sein eigenes Haus. Sie haben sich entschieden: Erst komme ich, dann kommt Gott.
Was können wir daraus ableiten? Gemeinschaft mit Gott funktioniert nur wirklich befriedigend, wenn wir die Dinge unseres Lebens, das heißt die alltäglichen Dinge, unterordnen. Der Segen Gottes fließt nämlich aus der Gemeinschaft mit Gott in unser Leben hinein – und nie umgekehrt.
Nicht ich schaffe die Voraussetzungen, damit ich endlich Zeit für Gott habe, sondern ich nehme mir die Zeit für Gott. Aus der Gemeinschaft heraus fließt der Segen in mein Leben. Das heißt nicht, dass wir nicht arbeiten gehen sollen. Aber wenn wir die Arbeit für wichtiger nehmen als die Gemeinschaft mit Gott, dann erleben wir genau das, was die Israeliten erlebt haben.
Wir lassen die Gemeinschaft mit Gott links liegen und fragen uns die ganze Zeit: Warum wirft mein tägliches Leben so wenig ab? Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit dem, was rauskommt. Ich habe den Eindruck, Jahr für Jahr arbeite ich wie ein Wild, und am Ende stehe ich genauso arm da wie vorher.
Die Antwort ist ganz einfach: Probier es mal andersherum. Ich weiß nicht, ob der Ansatz von Ralf Schaller das geschrieben hat. Er sagt, er habe sich irgendwann in seinem Leben entschieden, dem Herrn den Zehnten seiner Zeit zu geben – jeden Tag zweieinhalb Stunden. In seinem Leben habe sich das ausgezahlt. Ich kann das nur empfehlen, es ist ein gutes Prinzip.
Natürlich denkt man: Wo soll ich die Zeit hernehmen? Ich sage euch, die Zeit bekommt ihr ohne Probleme, ihr müsst nur anfangen. Natürlich könnte es sein, dass bestimmte Dinge dann nicht mehr gehen. Wie gesagt, wir hatten ja schon die Lieblingsfernsehsendung oder was einem da einfällt. Man muss dann schon überlegen, von wo nach wo die Zeit fließt.
Schlaffe Hände, Angst? Ralf Schaller hat das in seinem Buch geschrieben. Er hat gesagt: Zweieinhalb Stunden am Tag. Zum Thema hat er in dieser Zeit in der Bibel gelesen, gebetet und Dinge erwogen – neben seiner Arbeit. Das hat er als junger Christ mal gemacht. Also quasi still sein. Ja, den Begriff gibt es auch nicht in der Bibel. Aber es gibt Zeiten, die er ganz persönlich gemeint hat – er alleine mit Gott.
Was Gott nicht will, ist, dass er ein Anhängsel in unserem Leben ist. Wenn wir ein gutes geistliches Leben mit Gott erleben wollen, wenn wir unseren Tempel bauen wollen, dann ist eine Seite die Frage: Wer baut mit? Wo bekommen wir unseren Input? Und die andere Seite ist: Welchen Stellenwert hat Gott in unserem Leben?
Schauen wir uns den zweiten Punkt an: die zweite Priorität. In den Kapiteln 7, 8, 9, 10 betont das Thema Lehre sehr stark. Wenn man will, sind die oberen Kapitel verbunden mit dem Thema Heiligung, also Gemeinschaft mit Gott. Hier unten geht es, wie gesagt, um Gebote, um das Gesetz Gottes. Diese beiden Dinge gehören zusammen.
Ezra 6 zeigt uns den Übergang. Dort wird nämlich ein Passafest gefeiert, am Ende, nachdem der Tempel steht. Menschen suchen Gott, feiern das Fest und halten sich fern vom Unreinen. Das gehörte dazu. Das heißt, das sind Menschen, die wirklich Gemeinschaft mit Gott wollen, die verstanden haben, was Haggai und Zacharja gepredigt haben.
Sie wollen das tun, was man im Tempel tun darf: Gott anbeten, ihm Opfer bringen, Feste feiern. Aber – und das ist in meinen Augen ganz wichtig – damit die Suche nach Gott kein Idealismus bleibt, braucht sie eine zweite Komponente. Diese zweite Komponente ist Belehrung.
Ich weiß, das hört man nicht gern, aber es ist so: Damit die Suche nach Gott kein Idealismus bleibt, etwas ohne Fundament, wo man irgendwann nicht mehr weiterkommt, braucht man Belehrung als zweite Komponente.
Priorität zwei: lerne Ordnung und Recht oder Heiligung. In Ezra 7,8-10 lesen wir eine Zusammenfassung:
Ezra 7,8-10: Er, das ist Ezra, kam nach Jerusalem im fünften Monat, im siebten Jahr des Königs, denn am ersten des ersten Monats hatte er den Hinaufzug aus Babel festgesetzt. Am ersten des fünften Monats kam er nach Jerusalem, weil die gute Hand seines Gottes über ihm war. Denn Ezra hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des Herrn zu erforschen und zu tun und den Israeliten Ordnung und Recht zu lehren.
Das ist, wie gesagt, die Zusammenfassung. Kapitel 7,11 bis Kapitel 8,30 schildern die Details, wie dieser Zug stattfand. Man kann sich fragen, warum es so wichtig ist, diese Details zu kennen: Was er alles macht, wen er mitnimmt, wie das im Einzelnen läuft.
Ich kann euch nur eine Meinung wiedergeben, warum diese Details wichtig sind: Mit Ezra kommen die Gebote Gottes nach Jerusalem. Vorher gab es schon etwas in diese Richtung, aber bei Ezra wird es extra betont. Er bringt sie mit, er ist der Lehrer, der Ahnung hat.
Mit ihm kommen aber nicht nur die Gebote, sondern er achtet auch darauf, Priester und Leviten mitzubringen. Er lässt sogar extra welche holen, wenn man das liest, merkt man das. Er denkt: Haben wir keine Hirten? Nein? Dann holen wir welche! Und er bringt Spenden für den Tempel mit.
Merkt ihr was? Das Gesetz Gottes kommt nach Jerusalem. Kommt es losgelöst? Nein, es steht in engem Bezug zum Tempel. Anders gesagt: Das Gesetz Gottes – Ezra bringt Priester und Leviten mit und Spenden für den Tempel. Das ist etwas, das den Tempeldienst fördert.
Ich leite daraus folgendes Prinzip ab, das ich für sehr gut halte: Wo Lehre in mein Leben kommt, darf sie nicht losgelöst sein von Anbetung oder meiner Beziehung zu Gott. Wenn ich Lehre um der Lehre willen kommen lasse, ohne Unterstützung für mein Heiligungs- und Gebetsleben, also wenn Lehre nur um der Lehre willen praktiziert wird, dann habe ich einen Kopf, aber es hilft mir im Leben gar nichts.
Ezra kommt, bringt die Lehre und sorgt dafür, dass sie sich im Volk durchsetzt. Er geht die Probleme an. Wenn er kommt, unterstützt er den Tempeldienst. Mein Wunsch und Gebet ist, dass wir dort, wo wir etwas dazulernen, es nicht um des Lernens willen tun, so dass wir als wandelnde Bibellexika durchs Leben gehen.
Wir sollen verstehen, dass alles, was wir lernen, dazu dient, unsere Beziehung zu Gott zu vertiefen, dass wir brauchbar für Gott werden und dass Gott mit uns etwas schaffen kann. Nicht nur, dass wir mit großem Bibelwissen gut dastehen.
Erst wenn wir den ersten Schritt geschafft haben, wenn Lehre kommt und unser Anbetungsleben revolutioniert, wenn wir also Bibelwissen gewinnen, um Gott besser kennenzulernen und in der Gemeinschaft mit Gott tiefer einzutauchen, dann kommt der zweite Schritt, den Lehre immer tut: Sie offenbart Sünde und bekämpft Sünde.
Das sind die zwei Schritte, die hier passieren. Ezra kommt und tut zwei Dinge: Er unterstützt den Tempel und bekämpft Sünde. Wenn Lehre in unser Leben kommt, tut sie beides: Sie festigt unsere Beziehung zu Gott und macht uns Gott klarer und größer.
Ich hoffe, ihr erlebt oft, dass ihr beim Bibellesen denkt: Das ist ja wieder etwas ganz Spannendes, da habe ich gar nicht gewusst, wie Gott das gedacht hat. Schlagt mal Epheser 1 auf, das ist so eine Stelle, wie ich sie meine:
Epheser 1,17-19: Dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst. Das bedeutet, dass ihr Dinge versteht, die ihr jetzt noch nicht verstanden habt.
Welche Dinge sind das? Er erleuchtet die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, was die Hoffnung seiner Berufung ist, was der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen ist und was die überschwängliche Größe seiner Kraft an uns den Glaubenden ist, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke.
Wir brauchen das. Wir müssen Dinge verstehen lernen. Wenn wir das verstanden haben, in welcher Berufung wir leben, welche Hoffnung auf uns wartet, wenn wir merken, mit welcher Kraft Gott an unserem Arbeiten ist, was für ein Erbe in uns steckt, wozu wir eigentlich gekommen sind, was Gott tut, dann verändert sich ganz zwanglos unser gesamtes Gebetsleben und unsere Beziehung zu Gott.
Je tiefer wir diese Geheimnisse Gottes verstehen, umso mehr werden wir fähig sein, Gott anzubeten. Und nicht nur so ein bisschen Larifari, sondern in Tiefe, weil wir wirklich verstanden haben, wer Gott ist – nicht umfassend, aber tiefer.
Unsere Anbetung wird tiefer werden. Das ist mein Wunsch, dass ihr Lehre immer als etwas nehmt, das eure Beziehung zu Gott vertieft. Ich habe mich heute Morgen mit zwei Schwestern unterhalten, das fand ich sehr schön. Sie lesen gern die Bücher von Tozer, da muss man nicht so viel drumherum lesen, er kommt gleich zum Kern. Das ist so schön tief. Wunderbar! Da stimme ich überein.
Aber noch besser ist es, die Bibel zu lesen und darüber nachzudenken: Was heißt das? Wie stellt sich Gott vor? Und dann entwickelt sich das.
Das ist die eine Seite von Lehre. Die andere Seite ist, wie wir sie in Römer 12,1 lesen: Wir sollen unser Denken verändern. Lesen wir das gemeinsam:
Römer 12,1: Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmung Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist, das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene.
Das ist die andere Seite, die ich nicht unterschlagen will: Lehre kommt in unser Leben, offenbart Sünde und lässt uns anders leben. Sie hilft uns, die Dinge zu prüfen, die in unserem Leben passieren, und dann auch die Dinge zu ändern, die da nicht reingehören.
Zum Abschluss noch etwas, das ich zu mir sagen kann: Ich habe den Fehler begangen, und den müsst ihr nicht auch begehen. Als junger Christ habe ich mich viel zu früh in – heute würde ich sagen – gesetzlichen Gemeindestreitigkeiten wiedergefunden. Ich war einfach mit meinem Intellekt ziemlich schnell in der Lage, bestimmte damals für mich wichtige Grundsatzfragen zu erklären.
Ich hatte ziemlich schnell eine Meinung zum Thema Kopftuch der Frau zum Beispiel oder wie man mit Irrlehrern umgehen muss. Ich habe dann auch gleich gesagt, wer die Irrlehrer sind. Oder ich wusste, dass man unter allen Umständen immer in der eigenen Gemeinde bleiben muss.
Was meine eigene geistliche Entwicklung jedoch um Jahre verzögert hat, war, dass ich damals kein klares Verständnis von Jesus hatte. Könnt ihr euch das vorstellen? So ein Kopf, ja? Und du kannst diese kleinen Fussel-Fragen beantworten, die niemanden wirklich interessieren und auch im Heiligungsleben nicht wirklich weiterbringen. Irgendwo solltest du eine Meinung dazu haben, aber sie sind sekundär.
Das Zentrum, Christus, hat mir gefehlt. Es ist nicht total – ja, ich wusste, Jesus ist Gott und für mich gestorben – aber es hat Jahre gedauert, bis ich zu diesem Jesus eine, heute würde ich sagen, Liebesbeziehung aufgebaut habe.
In meinem Fall war es so, dass die Lehre kam und mich fasziniert hat. Die Lehre hat mich einfach intellektuell herausgefordert, und das wollte ich auch. Dabei habe ich völlig vergessen, dass Lehre dazu da ist, meine Beziehung zu Gott zu fördern.
Wenn meine Beziehung zu Gott gefördert ist, wenn ich ihn mehr liebe, dann kann Lehre auch den zweiten Teil tun. Dann kann Lehre auch an mir arbeiten, weil ich dann sehr gerne auf die Lehre höre. Oder, wie Paulus im 1. Timotheusbrief schreibt, weil ich mich dann sehr gerne von der Gnade erziehen lasse. Weil ich hinhöre, weil ich merke: Der Gott, der mich so geliebt hat, da möchte ich mich einfach verändern, da möchte ich nicht so bleiben, wie ich bin. Das soll anders werden.
So wünsche ich euch das auch: diese beiden Prioritäten einmal ganz generell in eurem Leben umzusetzen. Dass euer geistliches Leben, euer Tempel wächst – nicht nur in oder nach Zeiten geistlicher Dürre, sondern auch so ganz normal.
Und ich wünsche euch, dass ihr auch in Lehrfragen immer weiterkommt, dass Gott in eurem Leben aufräumen darf. Aber vor allem, dass Gott euch zu sich ziehen kann. Das ist Christentum: dass wir uns da nie aneinander vorbeireden. Das ist Christentum, Gemeinschaft mit Gott.
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