Liebe Freunde,
wir haben kühn gesungen: Geist der einstmals heiligen Männer, Könige und Prophetenscharen, der Apostel und Bekenner, Trieb, Kraft und Zeugnis war. In einem haben die Feministinnen Recht, wenn sie sagen, es gibt nicht nur die heiligen Männer, sondern auch die heiligen Frauen.
Sie merken das in den letzten Tagen, als ich mir die Freiheit genommen habe, über Frauen im Alten Testament zu sprechen. Neben Sarah, Rebekka, Hagar und Rahel gibt es auch Ruth, Naemi, Deborah, Aksa und Miriam. Wenn Sie da weitermachen, erkennen Sie, wie viele Frauen uns im Glauben als Vorbild dienen. Diese Frauen haben mit Gott Entscheidendes erlebt und wollen uns damit Mut zum Glauben machen.
Frauen im Neuen Testament sind sowieso zahlreich: Maria, die Mutter des Herrn, Maria, die Mutter des Markus, Priscilla und Lydia von Philippi – eine Fülle von gesegneten Frauen. Draußen auf dem Büchertisch gibt es ein Exemplar eines Buches mit dem Titel „Mütter von Männern“. Denn jeder einigermaßen brauchbare Mann hat ganz entscheidend eine Mutter, die ihn beeinflusst hat.
Ich habe dem Herausgeber damals gesagt, man müsste auch ein Buch schreiben: „Mütter von Frauen“, denn auch gesegnete Frauen werden durch ihre Mütter geprägt. Mütterleid ist nicht unvorstellbar.
Geist der heiligen Propheten, der heiligen Männer – eine der Patinnen für Johann Albrecht Bengel war eine adlige Frau von Janowitz. Sie ist in der Kirche von Brackenheim im Württembergischen beerdigt, und auf ihrem Grabstein steht die schöne Inschrift:
„Der Sara Gottesfurcht, der Rahel Lieblichkeit, Rebeccas reine Zucht, der Jael Freudigkeit“ – das war die Jael, die mit dem Hammer, nicht wahr? Die bei Sisera die Jaelfreudigkeit zeigte. Im Beten fand man Abigails Vernunft, im Beten Hannas Hitz – all das fand man in einer Seele bei Frau von Janowitz.
Man merkt, dass für diese Frau von Janowitz die edlen, vom Geist Gottes geführten Frauen ein wichtiger Impuls und ein Vorbild waren.
Die Bedeutung heiliger Frauen im Glauben
Das würde ich am liebsten Sie fragen, und dabei würde herauskommen, was im Leben für Sie wichtig war – an Glaubensanstößen, was Sie von Großmüttern, Patentanten, Jungscharleiterinnen und Gemeindediakonissen mitbekommen haben. Frauen haben viel mehr Einfluss als Männer.
Von einer, die unter uns ist, haben wir als kleine Buben das Lied „Lieben gelernt auf Adlersflügeln getragen durch das brausende Meer der Zeit“ kennen- und schätzen gelernt. Es hat uns bis ins 82. Lebensjahr begleitet. Das geschah auch durch weitergegebene Lieder, wenn Frauen sagten: „Mir ist das Bibelwort wichtig geworden“, wenn sie mit uns gebetet haben oder uns biblische Geschichten nahegebracht haben.
Ach, nicht nur Männer, sondern auch Frauen sind wichtig.
Im Ulmer Münster, in dem ich immer wieder wirken durfte, hat der Künstler Jörg Sürlin im Chorraum auf der einen Seite Propheten und Apostel dargestellt – ausschließlich Männer, Männer der frühen Kirchengeschichte. Auf der Gegenseite sind genauso viele Frauen abgebildet, Frauen aus dem Alten und Neuen Testament. Glücklicherweise hat er die Namen ins Holz eingeschnitzt.
Bei den Männern erkennt man einigermaßen, wer sie sind: Der Hiob, der in der Asche sitzt und seine Beulen kratzt, David mit seiner Harfe und Joshua mit dem Schmuck. Bei den Frauen ist es eher wie ein Bilderrätsel: Wer ist denn das jetzt?
Wir sollten vielmehr den Frauengeschichten der Bibel vertraut sein. Das ist ein ganz großer Schatz. Mich hat es gereizt, mit Ihnen einige dieser Frauengeschichten anzusprechen.
Zu diesen Frauengeschichten würde ich am liebsten auch von Aksa erzählen. Die Geschichte der Aksa kommt zweimal in der Bibel vor, im Buch Josua und im Richterbuch – so wichtig ist diese Aksa. „Vater, gib mir auch Quellen, oben und unten“ – großartig!
Aber heute geht es um die Frau des Manoah. Wenn Sie die Bibel dabei haben – man kann ja nicht immer das Grundgesetz unter den Arm klemmen, hat mal ein Bundesinnenminister gesagt –, sollten wir als Christen zumindest die Bibel beim Betrachten dabei haben. Es sei denn, Sie können sie wie richtige Juden auswendig.
Also, Richter 13.
Das wiederholte Abfallen Israels und die Bedeutung von Freiheit
Und die Israeliten taten wiederum, was dem Herrn missfiel – ein ganz schreckliches Wort. Wiederum offenbar lernt die Menschheit ja nicht aus der Geschichte. Man hätte auf Hitler nicht hereinfallen dürfen, wenn man ernst genommen hätte, wie es mit Napoleon und den großen politischen Ereignissen war. Aber man lernt nicht aus der Geschichte.
Und erst recht lernen Christen und gottesfürchtige Menschen nicht aus der Geschichte, dass es nichts bringt, wenn man sagt: Freiheit, wir wollen endlich frei werden von Gott. Wir sind doch nicht als Marionetten geschaffen. Man kann das fromm tarnen, aber Gott wollte uns als selbständige Wesen. Martin Luther hat sogar die Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ geschrieben.
Neuesten Ideen zufolge steht in einem Artikel, dass Frau Käßmann wieder groß von der Freiheit gesprochen hat. Sie will zum großen Reformationsjubiläum betonen, dass die Hauptsache die Freiheit ist. Das ist schon verlogen. Das Entscheidende in Worms, als Luther vor Kaiser und Kirche erscheinen musste: Er sagte: „Mein Gewissen ist gebunden an Gottes Wort. Ich kann nicht einfach euren Thesen zustimmen.“ Er war ein Gebundener, nicht frei.
Er wollte natürlich nicht unterjocht werden vom Papst und vom Vatikan, aber er wollte unter Gott gebunden sein. Immer wieder wird Freiheit ausgegeben. Wir haben heute Morgen Abschnitte aus dem ersten und zweiten Petrusbrief gelesen. Dort heißt es: „Sie verheissen euch Freiheit, obwohl sie selbst Knechte des Verderbens sind.“ Sie sind selbst getrieben bis hin zu politischen Entscheidungen und zur Gestaltung des Fernsehens.
Da sahen plötzlich die Fernsehredakteure: „Na ja, wir müssen, das wird vom Publikum erwartet, die Umfragen.“ Sie müssen von Freiheit sprechen und sind selbst Knechte des Verderbens. Israel tat wiederum, dass es vom Herrn abgefallen ist. Die große Parole war immer: „Wenn man vom Herrn abfällt, wollen wir endlich unser eigenes Leben führen. Wir wollen nicht nach den Gesetzen Gottes handeln.“
Man merkt dabei nicht, dass, wenn man von Gott weggeht, man erst recht unter die Knechtschaft kommt – unter das, was die Leute meinen, was sie wollen und für wichtig halten. Ich sehe gern Fernsehen. Bei Phoenix und n-tv kommen interessante Geschichtssendungen. Aber es ist doch eine Tragödie, dass unsere ganze Nation, das Volk der Dichter und Denker, abends vor dem Kasten sitzt und Vorgefertigtes in sich hineinlaufen lässt.
Wir sind doch keine Kuttereimer. Freiheit – du kannst zappen, du kannst selber bestimmen. Sie verheissen Freiheit, obwohl wir versklavt sind an das, was uns eingetrichtert wird. Bei keinem Essen, in keiner Wirtschaft, in keinem Restaurant. Ja, ist das alles. Kann ich nicht noch mehr haben? Ich würde heute gern etwas anderes essen – vorgefertigte Kost.
Also die Sünde beginnt immer mit dem Ruf nach Freiheit, wiederum die Sünde, was dem Herrn missfiel. Schön, dass nicht einfach bloß die Sündigten – sie sehen richtig Gott vor sich: „Ach, tu das unserem Gott weh!“ Jedes Mal, wenn wir uns daneben benehmen, wenn uns das falsche Wort aus dem Mund kommt, wenn der Zorn hochkommt, die Ungeduld – das missfällt unserem Gott. Ein wunderbares Wort! Wir wollen doch unseren Gott nicht traurig machen.
Sie taten das, was dem Herrn missfiel, und der Herr gab sie in die Hände der Philister für vierzig Jahre. Wir müssen nicht jeden Satz, jeden Halbsatz auskosten. Der Gott, der gesagt hat: „Mein Arm ist nicht zu kurz geworden, meine Hand ist bereit zu helfen“, der gab sie in die Hand der Philister.
Bis heute nennen sich die Palästinenser nach dem alten Namen der Philister. Von Anfang an, als Israel das Land Kanaan eingenommen hat, das vom Herrn verheißen war, heißt es immer wieder, sie konnten die Ebene nicht einnehmen. Dort waren die Philister, die großen fünf Philisterkönige: Gath, Gaza, Ekron. Der Stachel im Fleisch Israels waren die Philister.
Aber nun heißt es: Der Herr gab sie in die Hand der Philister. Das Gericht Gottes bestand darin, dass Gott nicht nur seinem Volk den Rücken zuwandte. Beim Propheten Jeremia heißt es immer wieder: „Wenn ihr mir so oft den Rücken zuwendet, kann auch ich euch den Rücken zuwenden.“ Das ist schon ein schlimmes Gericht.
Liebe Geschwister, ich habe manchmal den Eindruck, über ganz Europa liegt im Augenblick die Not, dass Gott uns den Rücken zuwendet. Macht doch, was ihr wollt! Vom Finanziellen, von der Ökonomie angefangen bis hin zur Politik: Macht doch. Ihr meint, ihr werdet mit Griechenland, mit Spanien fertig, ihr könnt die Einigung machen – macht doch, bitte.
Wenn Gott den Rücken zukehrt, ist das furchtbar. Da muss Gott nicht einmal dreinschlagen. Es genügt, dass wir uns selbst ein Gericht sind. Aber hier geht es um mehr: Gott gab sie in die Hände der Philister. Gott hat nicht nur den Rücken zugekehrt, sondern gesagt: „Jetzt macht mal ihr mit dem Volk Israel, was ihr wollt.“
Sonst heißt es im Richterbuch fast stereotyp immer wieder: „Und als sie in den Händen der Philister waren, schrien die Israeliten zum Herrn: Erbarme dich über uns.“ Hier im Kapitel 13, im Bericht, kein Ton davon. Es ist nicht mal mehr ein Schrecken gewesen, dass sie in Feindeshand sind, in der Hand der heidnischen Philister, die barbarisch über die Israeliten regiert haben. Sie haben es hingenommen.
Er gab sie in die Hände der Philister für vierzig Jahre. In vierzig Jahren wächst schon die zweite Generation heran, die gar nicht mehr weiß, wie es eigentlich vorher war mit dem Herrn.
Die Geschichte von Manoach und seiner Frau als Zeichen göttlichen Handelns
Ich habe im Jahr 1937, als ich in die Schule kam, in den ersten vier Grundschuljahren beim Nazilehrer 42 Choralstücke auswendig gelernt. Damals haben das sogar noch die Nazilehrer gemacht. Außerdem haben wir 400 Sprüche aus dem Spruch- und Liederbuch gelernt.
Heute wächst eine fromme junge Generation heran, die diese Lieder nicht mehr kennt. Zum Beispiel „Ich singe dir mit Herz und Mund“ oder „Lobe den Herrn, meine Seele“ und „Mit unserer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren“. Diese Lieder waren einst Bestandteil des Glaubens, sind aber verloren gegangen, ohne dass es jemanden wirklich interessiert.
Wir Älteren wagen es kaum noch, zu sagen: „Sing doch auch mal einen der schönen alten Choräle.“ Denn die jungen Leute sagen, sie verstehen das nicht mehr und es habe keinen Wert. Dabei kommen wir uns oft selbst dumm vor.
Anstatt zu sagen, dass man heute von der Ökumene spricht, also dass wir mit allen Christen in der Welt verbunden sein sollen, vergessen wir, dass Gott auch eine Ökumene will. Er möchte, dass wir mit der Christenheit quer durch die Jahrhunderte verbunden sind.
Was Paul Gerhard, Johann Sebastian Bach und Martin Luther wichtig war, können wir doch nicht einfach wegschmeißen und sagen, es sei nicht wichtig. Das ist ein Erbe, von dem wir leben sollten.
Früher, vor etwa 40 Jahren, war vieles verschütt gegangen. Es gab kein Bewusstsein mehr von der einstigen Herrlichkeit, mit Gott leben zu können.
In dieser Zeit gab es einen Mann in Zora, aus dem Geschlecht der Daniter, namens Manoach. Seine Frau war unfruchtbar und hatte keine Kinder. Von der Frau wissen wir nicht einmal den Namen. Anders als bei Sarah, Rebecca, Rahel oder Hagar, deren Namen bekannt sind.
Diese Frau lebte in einer Zeit allgemeiner Gottesvergessenheit. Die Gottesvergessenheit war so groß, dass man das Gericht Gottes nicht mehr als solches erkannte und keine Antenne mehr für Gott hatte.
Ich habe bewusst Frauengeschichten aus dem Alten Testament ausgewählt, weil sie oft zeigen, dass Frauen eine bessere Antenne für Gottes Willen und Gegenwart haben als Männer. Frauen besitzen ein Sensorium, ein Gefühl – nicht immer, aber oft. Deshalb wird uns das erzählt und zeigt eine große Hochachtung gegenüber Frauen.
Zunächst wird gesagt: Es war ein Mann in Zora aus dem Geschlecht der Nieder. Es wird nicht einmal gesagt, dass er zum Geschlecht der Daniter gehört, denn dieser Stamm war inzwischen durch Joshua in Gebiete zugeteilt worden. Die Daniter waren nach Norden ausgewandert. Am Ende des Richterbuches wird die lange Geschichte erzählt, wie der Stamm Dan sich im Norden angesiedelt hat.
Hier aber war ein Mann in Zora, offenbar von den Zurückgebliebenen, die geblieben waren, als der ganze Stamm Dan ausgewandert ist. Die anderen sagten wohl: „Ihr bleibt da, ihr gehört nicht mehr zu unserem Stamm, euch ist das nicht wichtig. Na, bleibt eben da!“
Gott aber beginnt seine Geschichte mit den Vergessenen. Das wird in jedem Nebensatz deutlich. Unser Gott verliert niemanden aus dem Blick.
Es war also ein Mann in Zora aus dem Geschlecht der Nieder, namens Manoach. Seine Frau war unfruchtbar und hatte keine Kinder.
Nach allem, was wir jetzt miteinander aus der Bibel lesen durften, klingt hier ein Alarm: „Hallo, jetzt hat offenbar Gott etwas vor, wo die Menschen am Ende sind. Passt auf, was jetzt passiert, was Gott vorhat!“
Der Engel des Herrn erschien dieser Frau – der Frau von diesem sitzengebliebenen Manoach. Es wird nicht gesagt, wie bei anderen Engelerscheinungen, von denen wir schon gesprochen haben, nichts von Flügeln, keinem Lichtglanz, keinem Posaunenklang.
Der Engel des Herrn sprach zu der Frau. Was der Bote des Herrn sagte, war wichtig: „Siehe, du bist unfruchtbar und hast keine Kinder. Aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären.“
Das ist eines der großen „Aber“ der Bibel: Gott setzt ein „Aber“ gegen das, was üblich ist und was nicht mehr revidierbar scheint.
Der Engel sagt: „Aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. So hüte dich nun, keinen Wein oder starkes Getränk zu trinken. Hüte dich, Unreines zu essen. Denn du wirst einen Sohn gebären, dem kein Schermesser aufs Haupt kommen soll. Denn der Knabe wird von Mutterleib an ein Gottgeweihter sein. Und er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu erretten.“
Wichtiger als das Verbot von Wein und starkem Getränk und dass kein Schermesser auf sein Haupt kommen soll – wie wir es auch von Johannes dem Täufer und anderen Gottgeweihten kennen – ist, dass er „anfangen“ wird, Israel zu retten.
Das heißt nicht, dass er Israel vollständig erlösen wird. Er wird ein erster Anfang sein. Wenn man die Geschichte von Simson liest, erschüttert es, dass Israel noch gar nicht bereit war für die Hilfe Gottes.
Als Simson einmal von den Philistern gefangen genommen wird, halb gefesselt in Gaza eingesperrt, sagen seine Volksgenossen: „Wir liefern ihn euch aus.“ Sie machen also eine ganze Sache mit den Philistern, ohne zu merken, dass Gott mit seinem Plan, Israel zu retten, schon begonnen hat.
Es dauert nur lange, bis schließlich Samuel, der Prophet Gottes, gegen die Philisterplage geschickt wird und bis David, der Held Gottes, mit den Philistern fertig wird und sie besiegt.
Eine lange Geschichte! Gott fängt an in einem Volk, das noch gar nicht bereit ist.
Die Bedeutung von Glaubensliedern und Erweckung
Wir wollen nachher das Lied singen: Jesu, Jesu, Brunnen des Lebens, stell dich bei uns ein von Hieronymus Anoni. Er war ein einsamer, frommer Pfarrer in Basel, der unter der Gottlosigkeit in der Reichsstadt Basel gelitten hat. Aus diesem Grund hat er das Lied gedichtet: Jesu, Jesu, Brunnen des Lebens, stell dich bei uns ein, dass wir nie hier vergebens wirken und so beisammen sein. Du verheißt ja den Deinen, dass du Wunder tun und in ihrer Mitte erscheinen willst.
Es hat noch achtzig Jahre gedauert, bis dann plötzlich der Aufbruch kam – mit Christian Friedrich Spittler, der Basler Mission, der Basler Traktatgesellschaft, Grischona und der ganzen großen Missionsbewegung, die von Basel ausging. Gott fängt mit Einzelnen an, die wie Ankündigungen sind.
Wir sollten im Volk Gottes nicht zu ungeduldig sein und auf die großen Stunden der Erweckungen warten. Das ist oft arg danebengegangen. Ich habe in der Geschichte von Württemberg und auch vom frommen Korndal geforscht. Wie hat man 1933 nicht bloß auf Hitler gehofft, sondern gedacht: Jetzt kommt die Stunde, da die SA-Bataillone in die Kirche kommen, jetzt kommt die große Erweckung.
Vielleicht sind wir in der Christenheit falsch verbunden, wenn wir dauernd versuchen, Tausende zu sammeln. Es ist gut, wenn Gott schon anfängt, einzelne Segensträger zu senden. Wenn es heißt: Dort kannst du in die Kirche gehen, musst zwar 50 Kilometer fahren, aber dort ist noch ein Gottesdienst, wo man das Evangelium hört, und da kannst du hingehen. Diese Bibelstunden solltest du besuchen, wenn Gott einzelne Leute beruft und mit einem Neuanfang beginnt.
Dieser von Gott bestimmte Anfang, der schon wunderhaft geboren werden sollte, sollte auch äußerlich erkennbar sein. Bei der Polizei heißt es: Folgen Sie mir unauffällig. Wenn Gott seine Leute beruft, dann heißt es nicht: Folgen Sie mir unauffällig, sondern dann darf man auffallen.
Wir genieren uns oft viel zu sehr, weil wir als merkwürdige Leute auffallen könnten. Bei unserer Klassenzusammenkunft in den letzten Tagen haben wir auch über Lehrer von einst gesprochen. Wer ist uns noch als Persönlichkeit in Erinnerung? War es Max Bauer, unser Zeichenlehrer? Oder Herr Professor Ströhle, unser Philosophielehrer? Und unser Mathematiklehrer – überzeugte Christen, die nicht viel von ihrem Glauben gesprochen haben, aber eine Wirkung hatten. Sie fielen unter der übrigen Lehrerschar auf.
Ich könnte auch nicht mehr genau sagen, warum, aber da war mehr als Persönlichkeit. Da war der Geist Gottes zu Hause, sodass wir jetzt als achtzigjährige Männer sagen: Das war etwas, man darf erkennbar sein.
Es gibt ja eine moderne Bewegung der Vegetarier, die ganz stolz sagen: Ich esse kein Fleisch, bitte nicht. Früher hat man über das Blaue Kreuz gelacht, wenn Onkel Paul sagte: Ich trinke keinen Wein. Aber heute, sieben Wochen ohne, ist das eine große Mode geworden, weniger Alkohol zu trinken.
Wir sollten nicht meinen, wir blamieren uns so sehr, wenn wir Außenseiter sind. Es darf erkennbar sein. Aber manchmal ist es auch gut, wenn das Schermesser noch auf unser Haupt kommt. Das war eine besondere Berufung bei diesen Propheten und bei Simson.
Die Begegnung mit dem Engel des Herrn und die Rolle der Frau
Also war die Mitteilung des Engels sehr eindrucksvoll. Da kam die Frau und erzählte es ihrem Mann. Es ist wunderbar, dass sie ihren Mann in das, was sie erlebt hat, einbezogen hat. Sie hat ihn mit hineingenommen.
Es ist immer wichtig, dass wir andere Menschen in Glaubensdingen mitnehmen. Nicht, dass wir ihnen sofort sagen: „Ich habe Jesus gefunden, auch euer Leben würde anders sein, wenn ihr Jesus kennenlernen würdet.“ Das mag zwar stimmen, aber ich habe erlebt, wie der Herr Doktor Utsch, der jetzt Präsident von ProChrist ist, seinen Bergwerksdirektor, einen hohen Mann und großen Techniker, Professor Utsch, mit Glaubensfragen umging.
Dr. Utsch war ein bedeutender Mann bei Ruhrkohle und bemühte sich um diesen Bergwerksdirektor. Dieser hatte alles abgelehnt, was mit Kirche, Gott, Bibel und Gebet zu tun hatte. Damals durfte ich in Marl eine Bibelwoche halten. Dr. Utsch sagte zu seinem Bergwerksdirektor: „Ich weiß, dass Sie nichts mit Kirche am Hut haben, aber wir haben zurzeit eine interessante Woche. Es wäre mir sehr wichtig, wenn Sie einmal kommen und danach sagen könnten, wie Sie es empfinden – was wir singen und spielen, ob es zu lang oder zu kurz ist, ob es überhaupt verstanden wird.“
Er sagte nicht: „Da findest du Jesus“ oder „Du könntest Gott gebrauchen.“ Stattdessen bat er um seinen Rat, gerade weil der Bergwerksdirektor ein Außenstehender war.
Am nächsten Abend war der Bergwerksdirektor wieder da. Und am dritten Abend kam er zu mir und sagte: „Jetzt habe ich begriffen, wo es lang geht. So kann man einladen.“ So kann man einem Mann begegnen. Männer sind oft zurückhaltend in Glaubensdingen, aber die Frau hatte das Geschick, ihrem Mann das mitzuteilen.
Sie sprach: „Es kam ein Mann Gottes zu mir, seine Gestalt war anzusehen wie der Engel Gottes – zum Erschrecken.“ Der Text sagt: „Mit Flügeln und einer Posaune in der Hand und einem scharfen Schwert des Herrn.“ Es war zum Erschrecken. Wenn Gott in unser Leben einbricht, ist das etwas ganz anderes, als wenn ein Autofahrer seine Strecke fährt und plötzlich der Blitzer aufleuchtet.
„Paj, bin ich schnell gewesen?“ – Das war mir gar nicht bewusst. Das ist ein Erschrecken. Wenn Gott uns begegnet, ist das noch viel schlimmer als beim Blitzer.
„Bin ich ertappt worden?“ – Jetzt bei dem, was ich gerade im Fernsehen durchgezappt habe? Bin ich ertappt worden bei dem, was ich meiner Nachbarin erzählt habe, was nicht ganz gestimmt hat und auch unnötig war? Dieses Erschrecken ist nicht da, weil Gott uns Angst machen will, sondern weil er uns begegnen will, so wie wir wirklich sind.
Der Engel war zum Erschrecken, so dass ich ihn nicht fragte, woher er kam oder wohin er ging. Er sagte mir nicht, wie er hieß. Aber er sprach zu mir: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Trinke nun keinen Wein oder starkes Getränk und iss nichts Unreines, denn der Knabe soll ein geweihter Gott sein von Mutterleib an bis zum Tag seines Todes.“
Die praktische Sorge um das Kind und die göttliche Antwort
Dem genügt die Auskunft seiner lieben Frau nicht, die noch ganz vom Schrecken geprägt ist, was da geschehen soll. Da sagt er, dass er das Entscheidende gar nicht mitkriegt. Was sollen wir denn machen, wenn das Kind kommt?
Gut, das Kind, wenn es geboren ist, da braucht man auch noch kein Schermesser. Das dauert noch eine Weile. Bei mir braucht man auch nichts, beim Bruder Wirtz braucht man es manchmal. Wie soll man das Kind füttern? Was kriegt es? Damals gab es kein Nestlé oder Ähnliches.
Da bat Manoach den Herrn, er möge in seiner Not ins Beten hinein kommen. „Ach Herr, ach Herr, lass den Mann Gottes wieder zu uns kommen, den du gesandt hast, damit er uns lehre, was wir mit dem Knaben tun sollen, der geboren werden soll.“ Und Gott erhörte Manoach.
Der Engel Gottes kam wieder zum Herrn Manoach – oder wie steht es bei Ihnen zu der Frau? Auch später, im Vers 13, spricht der Engel des Herrn zu Manoach: „Vor allem, was ich der Frau gesagt habe, soll er sich hüten.“ Mein Ansprechpartner ist die Frau.
Auch in unseren Familien kann es oft so sein, dass die Frauen die ersten Ansprechpartner Gottes sind. Es hat einmal Bischof Stählin von Oldenburg in einer Bibelwoche im Ulmer Münster gesagt: Die Frauen haben das große Vorrecht, das wir Männer nicht haben.
Im 1. Petrus 3,1-6 steht, dass durch den Wandel der frommen Frauen die Männer gewonnen werden können, ohne große Worte. Wir Männer müssen immer Worte machen. Aber die Frau hat ein besonderes Vorrecht, dass Gott zu ihr kommt.
Nächste Woche habe ich Bibelarbeit in der Vollzugsanstalt Heimsheim, die voll mit Männern ist. Es gab nur ein paar Frauen unter den Vollzugsbeamten. Auch bei den Gefängnissen ist es so: Zu 80 % sind es strafgefangene Männer und 20 % Frauen, und diese sind meistens Untersuchungshäftlinge.
Es ist gerade umgekehrt wie in der Kirche, wo 90 % Frauen und 10 % Männer sind. Vielleicht hängt das miteinander zusammen. Aber die Frau ist der erste Ansprechpartner.
Man soll das nicht lächerlich machen und sagen, die Frauen seien offen für Religion – jawohl! Aber es ist wichtig, dass sie einen Kanal Gottes in die Familie hineinziehen, in der Weisheit, die Gott geben kann.
Die Begegnung Manoachs mit dem Engel und die Ehrfurcht vor Gott
Nun machen wir hier weiter. Manoach sagt: „Sag mir noch einmal.“ Und Gott erhörte Manoach.
Der Engel Gottes kam wieder zu der Frau, die auf dem Feld saß, während ihr Mann Manoach nicht bei ihr war. Sie lief eilends zu ihrem Mann und sagte: „Siehe, der Mann Gottes ist mir erschienen, der heute Nacht zu mir kam.“
Manoach machte sich auf, ging hinter seiner Frau her und kam zu dem Mann. Er sprach zu ihm: „Bist du der Mann, der mit der Frau geredet hat?“ Er antwortete: „Ja.“
Manoach fragte: „Wenn nun eintrifft, was du gesagt hast, wie sollen wir es mit dem Knaben halten und tun?“
Der Engel des Herrn sprach: „Vor allem, was der Frau gesagt wurde, soll sie hüten. Sie soll nicht essen, was vom Weinstock kommt, keinen Wein trinken oder starkes Getränk. Sie soll nichts Unreines essen. Alles, was ich ihr geboten habe, soll sie halten.“
Jetzt kommt der praktische Ehemann. Er sagt: „Entschuldigung, wenn du gerade hier bei uns bist, bei so hohem Besuch, darfst du doch zum Essen einladen. Ein bisschen was dürfen wir dir doch aufwarten.“ Offenbar hatte er noch gar nicht begriffen, dass es ein Bote Gottes war.
„Wir möchten dich gern hier behalten und dir ein Ziegenböcklein zurichten.“ Doch der Engel des Herrn antwortete: „Wenn du mich auch hier hältst, so esse ich doch von deiner Speise nicht. Wenn du aber dem Herrn einen Brandopfer bringen willst, so kannst du es opfern.“
Manoach wusste nicht, dass es der Engel des Herrn war. Er hatte es nicht begriffen. Er sprach zu dem Engel des Herrn: „Wie heißt du? Wir wollen dich doch ehren, wenn nun das eintrifft, was du gesagt hast.“
Aber der Engel des Herrn sprach zu ihm: „Was fragst du mich nach meinem Namen, der doch geheimnisvoll ist?“
Unsere Namen, unsere menschlichen Namen – früher hat man einfach gesagt: Johann, sein Sohn. In Schweden heißen sie heute noch Johansson, auch in der Schweiz manchmal. Viele unserer Namen, die wir in Süddeutschland haben, sind Berufsnamen wie Weber, Seiler oder Müller.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg, als Württemberg unterbevölkert war, weil so viele Menschen totgeschlagen, verhungert oder an der Pest gestorben waren, strömten Menschen aus der vielbevölkerten Schweiz ein. Dort bekamen sie Namen nach ihrem Beruf.
Der Engel sagt: „So einen Namen habe ich nicht. Ich bin nicht der Johannsohn und auch nicht Müller, Schneider oder Weber. Mein Name ist wunderbar. Ich müsste eigentlich sagen, ich bin der Bote von Yahweh, den Namen, den man eigentlich kaum in den Mund nehmen darf.“
Manoach hatte es immer noch nicht begriffen. Er nahm einen Ziegenbock, ein Speisopfer, und brachte es auf einem Felsen dem Herrn dar – dem Herrn, der geheimnisvolle Dinge tut. Er bezieht sich nämlich auf den Herrn, der geheimnisvolle Opfer annimmt.
Haben Sie schon einmal nachgeforscht, wie viele Namen unser Herr Jesus in der Bibel hat? Herr Barmer, Morgenstern, der gute Hirte, der Erlöser, der Davidssohn – ich habe mir erst einmal eine Liste mit den Namen Gottes zusammengestellt: „Du Höchster, du Starker, du über den Cherubenthron, du Erbe aller Heiden.“ Dazu gehört auch „du Geheimnisvoller“.
Dann braucht man nicht immer „Herr, Herr“ zu sagen, sondern kann die wunderbaren Namen und Ehrentitel unseres Gottes und des Herrn Jesus benutzen.
Manoach opferte dem Herrn, der geheimnisvolle Dinge tut. Er und seine Frau sahen zu. Als die Flamme aufloderte vom Altar, fuhr der Engel des Herrn in der Flamme des Altars auf.
Als Manoach und seine Frau das sahen, fielen sie auf ihr Angesicht zur Erde. Was war jetzt los? War es wirklich Gott?
Der Engel des Herrn erschien Manoach und seiner Frau nicht mehr. Damals erkannte Manoach, dass es der Engel des Herrn war. Er sprach zu seiner Frau: „Wir müssen des Todes sterben, weil wir Gott gesehen haben.“
Aber seine Frau antwortete ihm: „Ach, keineswegs. Wenn es dem Herrn gefallen hätte, uns zu töten, so hätte er das Brandopfer und Speisopfer nicht angenommen von unseren Händen. Er hätte uns auch nicht das alles wiedersehen noch hören lassen, was geschehen ist.“
Frauen sind in Glaubensdingen oft praktischer, während wir Männer dann schnell den Kopf verlieren, weil uns das Religiöse oft ungewohnter ist als den Frauen.
„Da hat Gott uns nicht getötet, er hat uns leben lassen und uns etwas vorhergesagt.“
Ein paar Kapitel später kommt in 1. Samuel die bewegende Geschichte von Hanna mit ihrem Mann Elkanah, der Mutter des Samuel.
Es geht hier bei Manoach und später bei der Geburt des Samuel nicht einfach darum, dass eine Frau, die bisher kein Kind hatte, ein Kind bekommt. Wir müssen uns vorstellen, dass Gebeter Hannah bei Samuel gesagt hat: „Lieber Gott, du brauchst doch einen Mann hier in unserem Volk, einen Gottgesandten. Nicht, ich brauche bloß einen Buben.“
So war es damals bei der Ankündigung der Geburt Simsons auch, weil Gott einen haben wollte, der anfing zu handeln.
Bei Hanna war es so, als sie vor dem Herrn gebetet hat: „Schenk mir doch den, den Israel braucht, unser Volk braucht.“
Da sagte Eli: „Komm, du bist offenbar betrunken, geh raus und lass den Wein, den du hast, von dir kommen.“
Vorher, als sie geklagt hatte, weil Penina viele Fleischstücke für ihre Kinder bekam und Hanna nur ein Stück, und Hanna weinte, sagte Elkanah: „Ach, Hanna, die Liebe, die ich zu dir habe, ist doch wichtiger als zehn Söhne.“
Hanna ging ins Heiligtum. Das heißt: „Oh Mann, du verstehst nicht, was mich umtreibt. Du verstehst bei weitem nicht, dass es nicht bloß darum geht, dass ich mein Kind gebäre, sondern dass Israel wieder einen Gottbeauftragten hat.“
Männer sind schwer vom Begriff, wenn es ums Geistliche geht. Auch hier zeigt sich wieder eine Geschichte, in der die Frau des Manoach, deren Namen wir nicht kennen, die Patin war, die durchblickte und den Sohn geboren hat, der eine Ankündigung war, dass Gott vorhatte, Israel vom Joch der Philister zu befreien.
Engel als Boten in besonderen Nöten und das Zeichen der Unfruchtbarkeit
Der große Theologe Klaus Westermann hat gesagt, dass Engel im Alten Testament als Boten Gottes in zwei Nöten vorkommen. Der Engel Gottes erscheint oft dem Mann, wenn Israel unter dem Joch feindlicher Mächte leidet. Der Engel des Herrn hingegen erscheint der Frau in ihrer Urnot, wenn sie kein Kind gebären kann.
Engel des Herrn treten also in besonderen Notsituationen auf. Es gibt eine Liedzeile, die sagt: „Wenn kein Mensch uns helfen kann, rufen wir Gott um Hilfe an.“ Diese Frauen, die kein Kind gebären konnten, waren ein Zeichen dafür, dass sie am Ende waren. Sie hatten das Gefühl, gegen die Wand gelaufen zu sein. Doch Gott ist noch lange nicht am Ende. Was er sich vorgenommen hat und was er erreichen will, muss schließlich zu seinem Zweck und Ziel kommen.
Das gilt auch dann, wenn Israel noch gar nicht bereit war für die Erweckung. Wenn sie nicht verstanden haben, wozu Simson geschickt wurde. Alle Ausleger sagen, dass wir eigentlich gar nicht wissen, warum die Geschichten über Simson in der Bibel stehen. Simson, der immer mit Frauen zu tun hatte, mit den Philisterfrauen, der einen Löwen zerrissen hat – er gehört doch eher auf den Rummelplatz oder in den Zirkus. Warum steht so jemand in der Bibel?
Die Menschen begreifen nicht, dass das ganze Unverständnis gegenüber diesem gottgeweihten Simson eine Ankündigung sein sollte. Simson sollte zeigen, dass Gott anfängt zu befreien. Und Israel ist dafür zu dumm, als hätten sie ein Brett vor dem Kopf.
Praktische Anwendungen und Ermutigungen für heute
Ich habe mich gefragt, was das für uns heute bedeutet. Ich möchte einige praktische Gedanken aus dieser wunderbaren Manoach-Geschichte teilen.
Wir sollten die Frauen in unseren Gemeinden begleiten, die ein Kind erwarten. Ich denke an eine Frau mit ihren acht Kindern in Württemberg, eine Lehrersfrau, deren acht Kinder Säulen im Reich Gottes sind – von Amerika bis München, als Theologen, Ärzte und in verschiedensten Berufen tätig. Ich weiß, dass die Mutter während ihrer Schwangerschaft täglich morgens und abends für jedes ihrer Kinder gebetet hat. Sie legte ihre Hand auf ihren Leib und segnete das Kind schon im Mutterleib.
Wir werden viele Vorträge über Muttersein und Gebet halten. Wir beten für kommende Kinder in der Christenheit, dass Gott sie ausrüstet und zu Werkzeugen für sein Reich macht. Auch in unseren Gemeinden sollten wir, wenn Mütter Kinder erwarten, sagen: Es ist ein Geschenk Gottes für uns alle. Wir danken ihnen, dass sie bereit sind, ein Kind zu bekommen.
Zu der Zeit, als Israel noch gar nicht bereit war, zu erkennen, dass Gott kurz davorstand, sie vom Philisterjoch zu befreien, ist es wichtig, was wir heute Morgen besprochen haben: Lasst euch nicht aus eurem festen Stand herausdrücken!
Ich war junger Pfarrer in Ulm von 1959 bis 1965 – das ist schon lange her. Bei meiner Abschiedspredigt kam danach eine Oberstudienrätin ziemlich scharf und sagte: „Herr Schäffbuch, ich möchte Ihnen eines sagen: Sie sind mit Ihrer Art nicht fähig, auch nur einen Fernstehenden zur Gemeinde Gottes zu bringen. Das Einzige, was Sie können, ist, die Leute, die schon an Gott glauben, im Glauben zu befestigen.“ Da dachte ich: Das ist wunderbar, das ist eine Lebensaufgabe. Deshalb bin ich auch heute Abend bei Ihnen.
Wenn das offenbar Gottes Wille für mich ist, wenn es sogar jemand, der mir feindlich gesonnen war, gesagt hat, dann möchte ich in Zeiten großer Unsicherheit, in denen so viele Menschen vom Glauben abfallen – wie viele unserer Konfirmantenjahrgänge bleiben denn dabei? Was bleibt von unserer Jugendarbeit nach zehn Jahren? Wo sind sie? Früher war es selbstverständlich, dass die Posaunenbläser durchgehalten haben, bis sie siebzig waren. Heute treibt sie oft der Beruf weg, und sie sind plötzlich „weg vom Fenster“.
In solch einer Zeit gibt es nichts Wichtigeres, als dass wir uns im Glauben festigen. Wir sollten uns auch einander sagen: „Du gibst mir heute die Losung.“ Dann fragen wir: „Was steht darin?“ Wir üben uns in Liedversen aus dem großen Schatz der Christenheit.
Wir haben gesungen: „Jesus Christus herrscht als König.“ Es gibt eigentlich 14 Verse, viele wurden weggelassen. Zum Beispiel der Vers: „Komm zum Tod, verdammt Geschlechte, der gerechte Jesus meint dich. Der gerechte Jesus, Machtgerechte, Heilige aus der Sünderrott, komm, er heißt dich doch zu ihm kommen, komm, du wirst noch angenommen, sag ihm nur: Mein Herr und Gott.“
Also suchen wir auch wieder die alten Verse, die wir vergessen haben. Als Walter Schaal, langjähriger Vorsitzender des altpietistischen Gemeinschaftsverbands in Württemberg und ein frommer Mann, meine Mutter besuchte, sagte sie: „Jetzt singen wir auch.“ Frau Braungart weiß, dass wir gerne miteinander gesungen haben. Dann sangen sie „Ich singe dir mit Herz und Mund“.
Als sie beim vierten Vers ankamen – „Ach Herr mein Gott, das kommt von dir, du musst alles tun, du hältst die Wacht an unserer Tür und lässt uns sicher ruhen“ – war Schluss bei Herrn Schaal. Doch meine Mutter sagte: „Jetzt singen wir weiter. Da geht es doch weiter: ‚Was krämst du dich in deinem Sinn und sorgst dich Tag und Nacht? Nimm deine Sorge und wirf sie hin auf den, der dich gemacht hat.‘“
Herr Schaal meinte: „Sie sind gar kein richtiger Christ, wenn sie diesen Vers nicht können.“ Ich denke, Walter Schaal hat sich hingesetzt und diese altbekannten Verse wieder ganz neu studiert.
Wir sollten es uns zur Aufgabe machen, uns im Glauben zu festigen und einzustudieren. Mit meiner Frau habe ich angefangen, morgens zur Andacht mit unseren brüchigen Stimmen zu singen. Wir hatten eine Zeit lang aufgehört zu singen. Zu zweit macht das nicht viel Spaß, aber wir stießen auf so viele wunderbare Verse, die uns fremd geworden waren, und tauchten wieder ein in die Schätze der Christenheit.
Es könnte noch vieles gesagt werden. Wenn wir auffallen als besondere Christen, wenn wir morgens zu zweit singen, verstehe ich, wenn meine Frau die Haustür zumacht, weil meine Stimme nicht sehr schön ist. Früher, während der Nazizeit, hat meine Mutter die Fenster aufgemacht, wenn wir Andacht hielten. Später erzählte mir jemand, dass sie in der Knospstraße in Stuttgart darauf warteten, dass morgens bei uns ein Choral gesungen wird.
Wir dürfen mit unserem Christsein auffallen – genauso wie Vegetarier oder Menschen, die den Wein nicht so schätzen.
Persönliche Erfahrungen und die Freude an der eigenen Identität im Glauben
Als wir unser erstes Kind erwarteten, waren wir voller Freude, weil Gott uns ein Kind schenken wollte. Wir waren überzeugt, dass es eine Tochter sein würde. Ich war damals sehr beeindruckt von Graf Zinzendorf und von dem, was seine Frau Erdmute geleistet hatte. Deshalb beschlossen wir, unsere Tochter Erdmute zu nennen.
Doch dann wurde am Samstagmittag ein Sohn geboren. Wie nennt man das? Dann heißt man eben Erdmann. In unserer Gemeinde gab es einen Schneidermeister mit dem Vornamen Erdmann. Er rief uns extra an und fragte: „Wollen Sie das Ihrem Kind wirklich antun? Das ist ja furchtbar!“ Wir antworteten ihm, dass im Gesangbuch ja auch der Name Erdmann Neumeister steht und dass wir somit alle Ausreden geerbt hätten.
Als Erdmann 14 Jahre alt war, fragte ich ihn einmal, ob es schlimm sei, diesen Namen zu tragen. Er antwortete stolz: „Ich bin der einzige im ganzen Gymnasium mit diesem Namen.“ So sollten auch wir als Menschen des lebendigen Gottes sein. Wir sollten stolz darauf sein, anders zu sein als die anderen und darauf, dass Gott uns geprägt hat.
Vielleicht haben wir bei den fünf Frauengeschichten – von Sarah, Hagar, Rebekka, Rahel und der Frau des Manoach – bemerkt, dass Gott mit ganz gewöhnlichen Menschen, die oft wie normale Menschen reagierten, etwas Besonderes gemacht hat. So sprechen wir heute noch von ihnen.
Herr, lass uns bereit sein, dass du etwas Besonderes aus uns machst. Als Vorstufe dafür, dass wir in der Ewigkeit dein Bild tragen dürfen und dir gleich sein werden – anders als alles, was es sonst in dieser Welt gibt. Amen.
