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Die Gegenstände der Passion: Die Lanze

10.04.1960Johannes 19,33

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Wir sprechen über die Gegenstände, die toten Gegenstände der Passionsgeschichte, und heute geht es um einen Speer. In Johannes 19,33 heißt es: Als die Kriegsknechte aber zu Jesus kamen, sahen sie, dass er schon gestorben war. Deshalb brachen sie ihm die Beine nicht. Stattdessen öffnete einer der Kriegsknechte seine Seite mit einem Speer, und sofort floss Blut und Wasser heraus.

Herr, heilige uns in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Nun bitte ich Sie, alle Fenster hinten zu öffnen. Es ist ein herrlicher Frühlingstag. Bitte öffnen Sie nur die Fenster hinten, nicht an der Seite, sonst zieht es hier durch. Vielen Dank!

Der sichere Stand am Kreuz und der Beginn der Betrachtung

Wir singen dem Weiglaus gerne ein Lied, darin heißt es: "Am Kreuze meines Heilands, da ist mein sicherer Stand."

Der Mensch sucht seinen sicheren Stand an verschiedenen Orten. Der eine sagt: "Wenn ich auf meinem Bankgut sitze, das ist mein sicherer Stand." So ähnlich ist das oft.

Wir aber sagen: "Am Kreuz meines Heilands, da ist mein sicherster Stand."

Lassen Sie uns auch heute Morgen unter dieses Kreuz des Heilandes treten, nach Golgatha. Gott schenke uns offene Augen, damit wir erkennen, dass dort der größte Kampf der Weltgeschichte ausgefochten wurde. Dort wurde die herrlichste Tat der Weltgeschichte vollbracht und die wundervollste Freiheit erkämpft.

Das sind keine leeren Worte, sondern Wirklichkeit. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen dies heute gezeigt wird.

Wir gehen also im Geist nach Golgatha. Unser Text führt uns in einen Augenblick, in dem der Kampf vorüber ist: Jesus ist verschieden.

Normalerweise ließen die Römer die Körper der Hingerichteten am Kreuz verrotten. Sie wurden den Vögeln, dem Wind und der Verwesung überlassen.

Diesmal jedoch erhoben die Hohenpriester Einspruch. Im Alten Testament gibt es ein Gebot, dass das Land während des Passafestes nicht durch einen unbegrabenen Leichnam verunreinigt werden darf.

So drängten sie Pilatus: "Hört, das Passafest beginnt heute Abend um sechs. Die Leichname müssen bis dahin verschwunden sein."

Pilatus fragte den Hauptmann: "Sind sie tot?" Die Antwort lautete: "Nein, sie sind noch nicht tot."

Solche Leute wissen sich zu helfen. Sie schickten einige Männer mit Knüppeln los, um die Gehängten endgültig zu töten. Heute würde man sagen: Sie sollten liquidiert werden.

Die Soldaten schlugen mit großen Knüppeln auf die Gehängten ein. Wichtig ist hier, dass die Beine zerbrochen werden sollten.

Man kann sich vorstellen, wie brutal das war: Die Knochen bis zu den Schenkeln wurden zertrümmert. Dadurch starb man schneller. Sollte jemand noch zäh sein, half diese grausame Maßnahme.

Luther hat eine ausführliche Auslegung zu dieser Geschichte gegeben. Ich zitiere wörtlich: "Solche Pein wird den linken Schächer sauer angekommen sein, dass er mit großen Schmerzen zur Hölle fahren muss."

Nehmen Sie das sehr ernst. Auch heute kann man, ohne gehängt zu sein, mit großen Schmerzen zur Hölle fahren.

Wer nicht ein Kind Gottes sein will, braucht das in Ewigkeit nicht. Das ist die Hölle.

Luther fährt fort: "Der rechte Schächer aber, weil er Christus vertraute, der schon verschieden war, wird mit Freuden den Tod erwartet haben und gesagt haben: Frisch dran, liebe Kriegsknechte, damit ich bald zu meinem König ins Paradies komme."

Eine tolle Vorstellung, nicht wahr? "Komm, schlag mich tot, ich will zu meinem König ins Paradies."

Der Gnadenstoss mit dem Speer und seine Bedeutung

Und bei dem Leichnam Jesu legen die Christknechte die Keulen weg. Er ist schon verschieden. Dann nimmt einer nur einen Spieß und fährt ihn ihm durch die Rippen ins Herz. Er gibt ihm den Gnadenschuss.

Als ich jetzt in Straßburg war, erzählte mir ein Gefängnisfahrer, wie er oft dabei sein muss. Bei einer Hinrichtung, die in Frankreich durch Erschießen geschieht, sagen sie, schießen zwölf Mann. Danach tritt ein Offizier vor und gibt einen Schuss in den Kopf ab – den Gnadenschuss, damit der Verurteilte bestimmt tot ist.

So war das hier. Damit er bestimmt tot ist, kommt Gris nicht und gibt ihm den Gnadenschuss in Sert, dem Herrn Jesus.

Meine Freunde, auf diesen Spieß, mit dem das geschieht, möchte ich heute Morgen Ihre Aufmerksamkeit richten. Es ist eine schreckliche Geschichte. Sie können sagen: So an einem schönen Frühlingstag eine so grausame Geschichte!

Nun, meine Freunde, wir werden hoffentlich herausfinden, dass unsere eigene Geschichte viel schrecklicher ist als diese Geschichte. Wir wollen uns nichts vormachen.

Und dieser Speer hat uns sehr Wichtiges zu sagen. Herr, das ist ein sehr bedeutsamer Speer. Ich habe drei Dinge von dem Speer zu sagen.

Der Speer als Symbol für die Keulen und die Erfüllung alttestamentlicher Verheißungen

Erstens: Er vertritt hier zunächst einfach die Keule. Ich möchte es noch einmal vor mein Auge stellen, wie diese rohen Christknechte mit ihren riesigen Keulen kommen und damit die armen Geängstigten vollends totschlagen.

Dann kommen sie zu Jesus, zehn Minuten zu spät. Zehn Minuten zu spät, und er ist schon gestorben. Deshalb zerbrechen sie ihm die Beine nicht. Ist das Zufall, meine Freunde? Das war kein Zufall, dass Jesus zehn Minuten vorher gestorben war.

Sehen Sie, der einzige Jünger, der unter dem Kreuz stand, ist Johannes, der uns das hier berichtet. Und er hat gut aufgepasst. Ihm fällt auf, dass sie bei Jesus die Keulen nicht mehr brauchen. Dann erinnert er sich: Mann, genau so steht es im Alten Testament, und zwar in einem wundervollen Zusammenhang. Ich muss Ihnen das kurz erklären.

Sehen Sie, als Gott sein Volk aus Ägypten führte – Sie erinnern sich an diese Geschichte –, als Gott in Ägypten die schrecklich große Tat vollbrachte, indem er alle Erstgeburten schlug, da wurde in der Nacht der Freiheit befohlen, dass jede israelische Familie ein Passalamm schlachten sollte. Das Blut sollte genommen und an die Tür gestrichen werden. Dieses Blut schützt euch im Gericht. Der Würgengel, der durch Ägypten geht, zieht an den Häusern vorbei, an denen das Blut zu sehen ist.

Es gab eine merkwürdige Bestimmung: Bei diesem Lamm sollt ihr keinen Knochen zerbrechen, ihr sollt ihm kein Bein zerbrechen. Niemand verstand diese Anordnung.

Johannes steht unter dem Kreuz und sieht, wie auffällig Jesus kein Bein zerbrochen wird. Da jauchzt sein Herz auf: Jetzt wird es deutlich, er ist unser Passalamm. So sagt der Apostel Paulus im ersten Korintherbrief: Wir haben auch ein Passalamm. Sein Blut schützt vor dem Gericht. Oh, was für Gerichte Gottes noch über die Welt kommen werden und was für Gerichte Gottes über die Menschheit ergehen werden bei der Auferstehung!

Jesu Blut, das Blut des Passalamms, schützt vor dem Gericht.

Sehen Sie, Johannes erschrickt förmlich, wie das Alte Testament hier Zug um Zug am Kreuz erfüllt wird. Dann sieht Johannes genau zu, wie der Christknecht den Speer nimmt und Jesus ins Herz stößt. Da reißt es ihn förmlich auf.

Auch das stand im Alten Testament, Jahrhunderte vorher schon vorausgesagt. Im Propheten Sacharja heißt es: „Sie werden sehen, in wen sie gestochen haben.“

Ich verstehe, dass Johannes, der das geschrieben hat – Sie müssen das mal lesen –, in Johannes 19 diese Worte genau dem Alten Testament beifügt und dann geradezu versichert: „Liebe Leute, ich hole euch jetzt nicht ab, aber der, der das gesehen hat, der bezeugt es, und sein Zeugnis ist wahr, damit ihr glaubt.“

Merkwürdige Sache: Zug um Zug ist das Leiden Jesu im Alten Testament vorausgegangen. Das war Johannes schrecklich wichtig.

Die Bedeutung der alttestamentlichen Bestätigung für den Glauben

Und meine Freunde, ich kenne Ihren geistlichen Stand nicht, nicht wahr? Es gibt Menschen, die sind so leer, denen ist so etwas nicht wichtig. Aber mir ist es wichtig, hoffentlich Ihnen auch. Ich möchte Ihnen erklären, warum das für den Glauben so bedeutend ist.

Sehen Sie, da hängt Jesus am Kreuz, und alles spricht gegen ihn. Die Theologen sprechen gegen ihn, die hohen Priester und Ältesten ebenso. Die Juristen sprechen gegen ihn, der oberste Richter hat ihn verurteilt, das Volk spricht gegen ihn. Und es gibt Leute, die meinen, folgende Stimme sei Gottes Stimme, doch auch das Volk spricht gegen ihn. Ja, liebe Freunde, alles spricht gegen Jesus. Dahinter wirkt alles so jämmerlich. Wer will schon mit einem Gescheiterten etwas zu tun haben? Man kann höchstens Mitleid für ihn empfinden, nicht wahr? Aber keinen Glauben!

Ich habe als Junge jedes Jahr eine herrliche Matthäus-Passion-Aufführung unter William Mengelberg in Frankfurt gehört. Wir Frankfurter sind sehr sentimental, und da weint jeder Frankfurter vor Mitleid mit Jesus, dem Gescheiterten, dem Gehängten. Alles spricht gegen ihn.

Jetzt tritt Johannes auf. Passen Sie gut auf! Johannes sagt: Halt, halt, halt! Es spricht gar nicht alles gegen ihn. Im Gegenteil: Die wichtigste Stimme spricht für ihn, nämlich die Stimme Gottes, die Jahrhunderte vorher im Alten Testament festgelegt wurde. Diese Stimme spricht für ihn. Zucht um Zucht erfüllt sich, was im Alten Testament über das Leiden Jesu gesagt ist. Gott zeugt von ihm: Dies ist Gottes Schaf, das auf alle Sünde trägt.

Der Schweizer Pfarrer Lüth, der bei Kirchentagen in Deutschland immer spricht und dadurch bei uns sehr bekannt geworden ist, hat eine Auslegung des Johannesevangeliums gegeben. Er sagt zu dieser Sache: „Da kann ja auch der Dümmste merken, dass hinter der ganzen Kreuzigungsgeschichte ein geheimes Hauptquartier steht, das alles genau nach seinem Willen lenkt.“ Ja, richtig, ein geheimes Hauptquartier. Dieses Hauptquartier ist der Vater, der lebendige Gott. Da ist kein dummer Kriegsknecht zufällig dabei.

Das verborgene Hauptquartier lenkt die Dinge so, dass hier das Lamm Gottes auf den Opferaltar kommt und die Welt versöhnt wird. Im Hauptquartier, nämlich beim Vater im Himmel, heißt es: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“

Meine Freunde, wer das Neue Testament wirklich aufmerksam liest, dem wird es sehr schwerfallen, nicht an Jesus zu glauben. Der Glaube lebt nicht von Unwissenheit, sondern der Unglaube lebt von Unwissenheit und von Dummheit. Darf ich das mal sagen? Ich bekomme zu oft gesagt: „Sagen Sie nicht so böse Sätze.“ Aber ich möchte es wiederholen: Der Unglaube lebt von Unwissenheit und Dummheit.

Wer einmal wirklich liest, was hier steht, dem geht auf, wie gleichsam der himmlische Vater auf diesen gescheiterten, gekreuzigten Jesus sieht: „Dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören.“

Darum möchte ich Sie bitten – ich kann nicht nur böse sprechen, sondern freundlich, und das will ich jetzt tun: Kommen Sie zum Kreuz Jesu in dieser Passionszeit, wirklich! Lassen Sie Ihre eigenen dummen Gedanken über Jesus zurück, zum Beispiel, dass er nur ein Religionsstifter oder sonst etwas Komisches sei. Werfen Sie alle diese Vorstellungen über Bord. Werfen Sie Ihre menschlichen Gedanken über Jesus über Bord und kommen Sie zum Gekreuzigten, den Gott legitimiert hat!

Er ist als Erlöser da, als Seligmacher, als Sündenträger, als Versöhner, als Todesüberwinder, als Heiland. Gott legitimiert ihn hier durch seine Worte: „Ihr sollt ihm kein Bein brechen.“

Der Speer als Arzt und Totenschein-Aussteller

Nun kommen wir zum zweiten Punkt. Wir wollen zur Lanze zurückkehren, über die wir sprechen wollten. Die Lanze vertrat zunächst die Keulen. Sie hat aber eine vielfache Bedeutung.

Als zweites steht die Lanze für einen Arzt. Das muss ich erklären: Wenn bei uns jemand stirbt, kann man ihn nicht einfach im Garten begraben. Ärzte müssen einen Totenschein ausstellen. Erst dann rührt eine Leichenbestattungsfirma einen Finger. Ein Arzt muss bestätigen, dass die Person wirklich tot ist. Das ist gut so, oder? Ich hätte Angst, scheinbar tot begraben zu werden – eine furchtbare Vorstellung.

Ein Arzt muss also den Tod bescheinigen und den Totenschein ausstellen. Auf Golgatha aber, meine Freunde, war kein Arzt. Vielleicht war er unter dem Volk, hat sich aber nicht als Arzt zu erkennen gegeben. Es hat kein Arzt einen Totenschein ausgestellt. Und doch wurden Totenscheine ausgestellt – und zwar durch diese Lanze. Die Lanze vertritt den Arzt. Sie stellt den Totenschein aus.

Wenn in dem gekreuzigten, ausgebluteten, gegeißelten und geschlagenen Leib Jesu noch ein Fünkchen Leben war, dann wurde dieses letzte Fünkchen durch einen Speerstich ausgelöscht. So geschah es bei den Römern: Sie stießen die Lanze durch die Rippen ins Herz. Das war gleichsam der Totenschein.

Man könnte fragen: Ist das wirklich so wichtig? Ja, es ist von großer Bedeutung. Ich möchte noch andere Ausdrücke dafür finden. Ich kann kaum sagen, wie wichtig es ist, ob er wirklich tot war. Das hängt nämlich mit der Frage zusammen, ob ich als Sünder wirklich Frieden und Ruhe finden kann bei Jesus, den wir gekreuzigt haben. Es hängt mit der Frage zusammen, ob er wirklich tot war.

Ich will das erklären: Die Bibel sagt, der Tod ist der Sünde Sold. Glauben Sie nicht, dass Ihre Sünden Kinderspiele sind. Der Tod ist der Lohn der Sünde. Auch wenn Gräber mit Blümchen geschmückt werden, der Tod ist der Sold der Sünde – und zwar nicht der natürliche Tod allein, sondern alles, was damit zusammenhängt: das verdammende Gericht Gottes und die Möglichkeit, verloren zu gehen.

Das sagt die Bibel. Die Bibel spricht nicht nur ein bisschen religiösen Weihrauch. Sie zeigt uns auf erschütternde Weise unsere wirkliche Situation. Der Tod und der ewige Tod sind der Sold der Sünde. Das habe ich verdient, und das hast du verdient.

Ich möchte mich nicht mit Leuten streiten, die sagen: „Ich bin kein Sünder.“ Wer das behauptet, möge das einmal dem lebendigen, heiligen Gott vorlügen. Ich weiß, dass ich Sünder bin und das verdient habe. Ich möchte meinem Heiland gefallen, aber es gelingt mir zu schlecht. Ich weiß, dass über meinem Leben steht: Der Tod ist der Sold der Sünde.

Das ist eine sehr beunruhigende Sache. Sie hat mich aufgeweckt, als ich achtzehn Jahre alt war: Die Tatsache, dass ich des Todes schuldig bin – und zwar des ewigen Todes – und dass Gott nicht mit sich handeln lässt. Du kannst Gott nicht heimlich eine Kiste Wein schicken, damit er ein freundliches Urteil spricht. So etwas kann man anderswo machen, aber nicht bei Gott.

In diese Unruhe hinein tritt Jesus und sagt: „Ich trete für dich ein.“ Also tritt Jesus in meine Unruhe hinein und sagt: „Ich trete für dich ein.“ Und sehen Sie, bei dieser Sache, bei der es um alles geht – um die Ewigkeit – da muss ich ganz sicher sein.

Ich sage: Herr Jesus, der Tod ist der Sold der Sünde. Ich trete für dich ein. Herr Jesus, hast du wirklich den bitteren Tod erlitten? Ich muss das genau wissen. Eine kleine Täuschung kann mich nicht retten. Herr Jesus, hast du wirklich den Tod erlitten?

Da sagt der Speerführer: Ich stelle den Totenschein aus. Und jetzt sagt mir der Speerführer: Sein Tod ist meiner Sünde Sold. Und ich habe Frieden. Sehen Sie, der Speerführer stellt den Totenschein aus. Wer selig werden will, der muss wissen: Ist da wirklich ein Retter, ein Heiland, der tatsächlich für mich in den Todesrachen gesprungen ist? Tatsächlich ganz wirklich in den bitteren Tod? Ja, ganz wirklich!

Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden haben. Durch seine Wunden sind wir geheilt. Ja, ich kann auch sicher sein: Es ist nicht nur der natürliche Tod, sondern auch der ewige Tod. Herr Jesus, hast du sogar die Hölle für mich getragen?

Dann sagt er ja, als er rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das ist Hölle – von Gott ganz und gar verlassen zu sein. Und ich habe es für dich getragen.

Sehen Sie, nun dürfen wir zum Glauben kommen. Der Speer hat den Totenschein ausgestellt, nun dürfen wir glauben: Sein Tod ist meiner Sünde Sold, damit wir Frieden haben.

Seit ich das verstanden habe – können Sie es begreifen? – ist Golgatha mein liebster Ort. Ich möchte nicht sterben, ohne im Sterben noch einmal einen Blick auf den gekreuzigten Heiland zu werfen und zu erfassen: Ich bin im Leben, weil du für mich den Tod getragen hast.

Der Speer als Bibelausleger und die Offenbarung von Blut und Wasser

Und noch ein Letztes: Wir sprachen von dem Speer. Der Speer vertrat die Keulen zunächst ganz natürlich. Da droht der Speervertrat den Doktor, und der Speer – ich hätte beinahe gesagt – vertritt einen Pastor. Ich will es lieber so sagen: Er vertritt einen Bibelausleger.

Aber primitiv gesagt kann ich sagen, der Speer vertritt einen Pastor. Nein, aber es gibt ja auch Laien, die die Bibel noch besser auslegen als mancher Pastor. Darum sage ich lieber, der Speer vertritt einen Bibelausleger.

Dritter Teil: Der Speer vertritt einen Bibelausleger. Es kommt noch einmal fünf Minuten komprimierte biblische Kost. Können Sie noch? Ja, komprimierte biblische Kost.

Sehen Sie, ich habe zu Hause in meiner großen Bücherei einen ganzen Schrank nur mit Predigten von gottlegitimierten Predigern, wie Spörtchen, Hofacker, Hennhöfer, Krummacher. Und es geht bei ihnen allen um das Kreuz Jesu. Da packt es mich oft, wie durch die Generation hindurch geistbegnadete Männer gerungen haben, den Gemeinden das Kreuz Jesu Christi auszulegen.

Und denken Sie an Golgatha, wo es geschah. Da war kein Ausleger da. Da hätten doch einige Eise und Krummacher stehen müssen und gleich erklären, nicht wahr, warum Jesus stirbt. Aber da war keiner da. Und da sorgt Gott dafür, dass auch auf Golgatha ein Ausleger ist, der das Kreuz erklärt – ein wunderlicher Ausleger, und zwar der Speer.

Der Speer, der in Jesu Seite fuhr. Da heißt es nämlich: Als der Speer ihm ins Herz fuhr, da gingen Blut und Wasser heraus. Lieben Freunde, das ist total unnatürlich. Wenn ein Mensch gestorben ist und nach zehn Minuten stechen sie rein, da fließt gar nichts. Das war ganz und gar unnatürlich, das waren Zeichen und Wunder ohne Auslegung.

Und das hat Johannes ganz deutlich empfunden. Darum sagt er da gleich hinterher: Es ging Blut und Wasser heraus, und der es gesehen hat, der bezeugt es, und sein Zeugnis ist wahr, auf dass ihr glaubt. Und das sagt er mit drei Sätzen, nicht bloß mit einem, wie ich es eben gemacht habe. So wichtig ist ihm das.

Und später sagt Johannes, da denkt er hier dran: Dieser ist es, der kommt mit Wasser und Blut, nämlich Jesus. Der Speer legt aus. Er macht Jesus offenbar als die Quelle von Blut und Wasser.

Das ist natürlich eine Bibelsprache. Schalten Sie ab, wenn Sie bloß in Kategorien von der Illustrierten, von Revuen, Quickdenken können. Schalten Sie getrost ab, Sie können es nie kapieren. Dazu braucht es schon ein bisschen Licht durch den Heiligen Geist.

Aber den, der es kapieren möchte, will ich sagen: Blut und Wasser quillt aus Jesu Seite. Fangen wir mit dem Blut an.

Luther ist ausführlich auf dieses fließende Blut eingegangen und sagt, das ist ganz unnatürlich. Er sagt: Bei einem gestorbenen Menschen gerinnt das Blut. Und dann fährt er wundervoll fort: Aus diesem unnatürlichen Fließen sollen wir die rechte Art lernen, die unseres lieben Herrn Jesu Blut hat, nämlich dass es immer da fließt und lebt und Wirkung hat.

Alle, die damit besprengt werden, haben Vergebung der Sünden und sind Kinder des ewigen Lebens. Mein Blut – da haben die Nationen Erlösung gemacht. Das Blut, das ist bald zu Ende, so wie ich gestorben bin. Jesu Blut lebt und fließt, und bis ans Ende der Welt werden Menschen sagen: Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht mich rein von aller Sünde.

Ach, dieses wundervolle Blut Jesu Christi! Im dritten Buch Mose heißt es: Da sagt Gott: Ich habe euch das Blut auf den Altar gegeben, dass eure Seelen damit versöhnt werden, denn im Blut ist die Versöhnung. In diesem Blut Jesu ist die Versöhnung.

Sie können heute noch eingehen zum Frieden mit Gott. Im Blut ist die Versöhnung.

Und vom Wasser: Nun, meine Freunde, Wasser bedeutet immer Reinigung, nicht? Wir haben uns doch hoffentlich heute Morgen alle unter dem Wasserkran tüchtig gewaschen. Wasser ist Reinigung.

Wir hatten im Krieg einen Kerl, der sagte: Das muss ein früher dreckiger Forscher sein, der sich jeden Tag waschen muss, ne? Aber von der Sorte haben sie Gott sei Dank nicht hier.

Wasser bedeutet notwendige, unumgängliche Reinigung.

Nun denken Sie: Im Alten Testament steht die Verheißung. Zu der Zeit – es war ein Wort, das Pastor Weigle so gern hat, ich habe es oft von ihm gehört – zu der Zeit werden die Bürger zu Jerusalem einen freien und offenen Born haben, wieder alle Sünde und Ungerechtigkeit.

Und da kommt Wasser als Signal: Hier, Jesus, der Gekreuzigte, ist der freie und offene Born wieder alle Sünde und Ungerechtigkeit. Diese dreckige Welt, wir beschmutzen Leute – einen freien und offenen Born wieder alle Sünde und Ungerechtigkeit in Jesus, dem Gekreuzigten.

Nicht mehr braucht man vom Kreuz gar nicht wissen. Hier ist Blut zur Versöhnung, hier ist Wasser zur Reinigung.

Der Speer war ein großartiger Ausleger. Der konnte es besser als eine Menge Pastoren, nein, als alle. Wir können nur nachsehen, was der Speer ausgelegt hat.

So, nun muss ich aber schließen.

Der persönliche Glaube an die Seitenwunde Jesu

Als der Herr Jesus auferstanden war, gab es einen Jünger, der kaum glauben konnte, dass um Jesus herum so große Dinge geschehen waren.

Jesus erschien ihm und sagte: „Komm, Thomas, lege deine Hand in meine Seitenwunde.“

Auch an diesem Palmsonntag möchte ich im Glauben meine Hand in Jesu Seitenwunde legen.

Wir wollen beten: Herr, wir danken dir von ganzem Herzen, dass dein Heil nicht nur ein kleines, armseliges Gerede ist, sondern die größte Wirklichkeit, die gewaltigste und wirksamste Realität.

Vergib uns, dass wir so wenig davon erfassen und besitzen.

Nun bitten wir dich, Herr, lass deine Todespein an mir nicht verloren sein. Amen.