Ich wünsche Ihnen auch mit etwas Verspätung einen guten Abend. Wir hatten hier erhebliche technische Probleme. Daher danke ich allen, die bei YouTube durchgehalten haben.
Besonders freue ich mich über die Gäste, die hier im Raum sind, und danke Ihnen für die Geduld, die Sie heute Abend aufgebracht haben. Ich hoffe, Sie finden trotzdem noch gut hinein in dieses, wie ich finde, sehr spannende Thema: Abendmahl ganz praktisch.
Ich freue mich, dass wir diesen Vortrag heute Abend halten dürfen. Da wir schon etwas Verzögerung haben, starte ich gleich mit dem Thema Abendmahl ganz praktisch.
Ursprung und biblische Wurzeln des Abendmahls
Wir wollen zunächst damit beginnen, uns über den Ursprung des Abendmahls Gedanken zu machen. Das wird den meisten vertraut sein, aber spätestens ab der zweiten Folie wird es hoffentlich auch für manche etwas Neues geben.
Das Abendmahl – und da fängt es schon an – ist das alttestamentliche Passa, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Ich möchte daran erinnern: In 2. Mose 12 haben die Israeliten beim Auszug aus Ägypten an die Türpfosten das Blut eines Lammes gestrichen. Das war das Zeichen, dass sie verschont wurden bei dem Würgeengel, der durch Ägypten ging und die Erstgeborenen tötete.
Aus diesem Ereignis entstand das rituelle Fest des Pesach. Dabei wurde Fleisch gereicht, nämlich das Fleisch eines Lammes, zusammen mit ungesäuertem Brot und Bitterkräutern. Die Bitterkräuter sollten an die bittere Gefangenschaft erinnern. Interessanterweise kam der Wein erst später dazu, nämlich etwa um 250 vor Christus. Für mich war das ehrlich gesagt auch neu; ich dachte, der Wein sei von Anfang an Teil der Feier gewesen. Aber das ist wohl eine recht späte Entwicklung.
Das ist die eine Linie, die wir haben: Pesach. Dann gibt es natürlich auch den Gedanken, dass Jesus selbst das Lamm ist, das die Sünde der Welt trägt, wie wir es in Johannes 1,29 lesen. Das geht zurück auf Jesaja 53, wo das Lamm beschrieben wird, das geduldig war und zur Schlachtbank geführt wurde.
Jesus hat am Vorabend seines Todes am Kreuz dieses Passamahl mit seinen Jüngern gefeiert. Allerdings muss man sagen: Was wir heute feiern, ist nicht das Passamahl selbst, sondern Jesus hat ein neues Mahl gestiftet. Es geht also nicht unmittelbar weiter, dass wir das Passamahl jetzt jedes Jahr neu feiern, wie es die Juden tun. Die Juden feiern es weiterhin, aber wir feiern etwas Neues. Das Passamahl Jesu bleibt immer unvollendet.
Beim Passamahl wurden eigentlich vier Kelche gereicht. Der dritte Kelch ist der Abendmahlskelch, und der vierte Kelch steht noch aus. Diesen werden wir aus Jesu Hand in der Herrlichkeit empfangen.
Die Entstehung der christlichen Abendmahlsfeier
Wie hieß dann diese neue Feier, diese aus dem Pesach heraus entstandene Abendmahlsfeier? Der Begriff "Abendmahl" stammt aus der Kirchengeschichte. Ursprünglich wurde diese Feier als "Brotbrechen" bezeichnet.
Wir lesen in Apostelgeschichte 2,42 und 2,46 sowie in Kapitel 20, dass die ersten Christen in den Häusern das Brot brachen. Besonders in 2,46 wird deutlich, dass sie in den nach Pfingsten entstandenen Hausgemeinden zusammenkamen. Es war also keine Veranstaltung, die in einer großen Runde gefeiert wurde. Zwar trafen sich die Jünger auch im Tempel, doch soweit wir wissen, wurde dort nie das Brotbrechen gefeiert. Stattdessen fand es im Haus statt.
Das knüpft an das Passa an. Die Passafeier wird nicht in der Synagoge oder im Tempel gefeiert, sondern in der Familie. Somit besteht eine Verbindung zur alten Tradition, dass jüdische Feste Familienfeste sind, die im Haus gefeiert werden.
Auch das Herrenmal, wie es genannt wurde, oder das Mal des Herrn, war vermutlich ein urchristlicher Begriff. Ursprünglich war es mit einem Sättigungsmahl verbunden. Die Christen trafen sich, aßen gemeinsam und brachten wahrscheinlich alle ihr Essen mit. Das war damals üblich: Man kaufte entweder in einem Fastfoodrestaurant – ich meine das wörtlich, denn so gab es das damals – oder man kochte zu Hause und brachte das Essen mit.
Im Anschluss wurde das Gedächtnismahl mit Brot und Wein gefeiert. Beim Wein sollten wir beim Gewächs des Weinstocks bleiben, also beim natürlichen Traubensaft. Vermutlich wurde das Mahl auch liegend gefeiert. Jesus lag beim ersten Abendmahl zu Tisch; sie stützten sich auf den linken Ellenbogen und aßen mit der rechten Hand. Die Füße lagen dabei weg vom Tisch.
Ich denke, diese Praxis hat sich aber relativ schnell verändert. Vor vier Wochen war ich im ältesten noch erhaltenen Abendmahlsraum der Christenheit. Dort konnte man das noch gut erkennen. Ich saß auf einer dieser Bänke, einem sogenannten Triklinium. Das bedeutet, dass drei Bänke in Hufeisenform aufgestellt sind. Dort wurde das Abendmahl gefeiert.
In diesem Fall war der Raum am Eingang zu einer Katakombe. Die Christen verabschiedeten sich vom Toten und feierten mit ihm ein letztes Mal das Abendmahl.
Der Ursprung aber, und daran wollen wir wirklich festhalten, war – wie beim Passamal – im Haus, im familiären Umfeld.
Entwicklung des Abendmahls in der Kirchengeschichte
Was hat sich denn im Lauf der Kirchengeschichte entwickelt? Das müssen wir uns ebenfalls anschauen, denn wahrscheinlich hat sich nichts so nachhaltig verändert wie das Abendmahl. Dabei meine ich nicht die Elemente Brot und Wein oder die Einsetzungsworte, sondern die Bedeutung des Abendmahls.
In der nachapostolischen Zeit kam eine andere Begrifflichkeit hinzu: man sprach von der Eucharistia. Dieser Begriff stammt von der Wendung „nahm das Brot und dankte“. Das Danken heißt Eucharistie. Das ist also ein biblischer Begriff, der sich jedoch nicht mehr nur auf Brot und Wein konzentriert, also auf das, was uns an den Kreuzestod Jesu erinnert, sondern eher in Richtung Danksagung geht. Darauf kommen wir später noch einmal zurück.
Es verschob sich also die Vorstellung: weg von einem Sättigungsmahl mit anschließendem Abendmahl hin zu einer gottesdienstlichen Feier mit Brot und Wein. Teilnehmen durften nur die Getauften. Dabei muss man vorsichtig sein, denn es war damals üblich, dass man sich taufen ließ, wenn man zum Glauben an Jesus Christus gekommen war. Den Begriff „zum Glauben Gekommensein“ und die Taufe kann man daher ein Stück weit zusammenfassen.
Mitte des zweiten Jahrhunderts haben wir einen weiteren Bericht von einer Abendmahlsfeier. Dort wird bereits davon gesprochen, dass durch ein Gebet um den Logos, also um das Wort – so lesen wir es bei Justin, dem Märtyrer – das Brot und der Wein sich in das echte Fleisch und das echte Blut Jesu Christi verwandeln. Das heißt: Bereits Mitte des zweiten Jahrhunderts gab es die Vorstellung einer Wandlung, wie wir sie heute in der katholischen Tradition verstehen – die Veränderung von Brot und Wein in den echten Leib und das echte Blut Christi.
Um das Jahr 200 kam es zu einem weiteren Wandel. Anfangs durfte jeder Christ das Abendmahl austeilen. Das war eine ganz normale Sache, ähnlich wie der Evangelisationsauftrag, den ja auch jeder Christ, Mann und Frau, ausführen darf. Im zweiten Jahrhundert konzentrierte sich die Austeilung des Abendmahls plötzlich auf den Bischof. Es entstand eine Verbindung zwischen Amt und Spendung dieser Gedächtnisfeier, dieses Sakraments.
Es gab nun exklusiv spendende Bischöfe und solche, die das Abendmahl nur empfangen durften, aber nicht mehr spenden. Im vierten Jahrhundert entwickelte sich dann die Vorstellung, dass man vom Abendmahl als einem Mysterium spricht. Dieser Begriff kommt in der Bibel überhaupt nicht vor. Dort wird nur gesagt, dass es Brot und Wein sind und man sich in dieser Symbolik daran erinnert, dass Jesus am Kreuz für uns gestorben ist.
Jetzt aber wurde dem Abendmahl eine geheimnisvolle Dimension zugeschrieben. Der Heilige Geist wird sozusagen auf die Elemente herabgerufen, und das Brot und der Wein verändern sich auf geheimnisvolle Weise. Es stellt sich die Frage: Wohnt dem Brot und Wein etwas Besonderes inne?
Zudem kam es zu einer stark hierarchischen Austeilung des Abendmahls. Es sind nicht mehr nur die Bischöfe allein, sondern sie können das Austeilen delegieren. Die Gemeinde ist jedoch komplett passiv. Sie empfängt nur noch, spendet aber nicht mehr selbst.
Aus dieser Entwicklung hat sich die heute übliche Messliturgie in der katholischen Kirche herausgebildet. Dazu gehört auch, dass dem Abendmahlsbrot, also dem verwandelten Brot, geheimnisvolle Kräfte zugeschrieben wurden. Man nahm es mit, und zwar nicht nur als Symbol, sondern es wurde fast wie ein Amulett behandelt. Man trug es bei sich oder legte es an einen Ort, an dem es seine magische Kraft entfalten sollte.
Die Didache – Einblick in die frühe Abendmahlsfeier
Wir gehen noch einmal etwas zurück, an den Anfang des ersten Jahrhunderts, und schauen uns an, wie die Christen damals das Abendmahl gefeiert haben.
Wir haben etwas ganz Besonderes: Bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts wusste man, dass es eine Gemeindeordnung der ersten Christen gab. Man wusste das, doch man hatte sie noch nie gesehen, weil sie noch nicht entdeckt war. Ende des neunzehnten Jahrhunderts entdeckte man in Ägypten ein Exemplar dieser Gemeindeordnung, die sogenannte Didache, die Lehre der zwölf Apostel. Dabei handelt es sich nicht um die zwölf Apostel, die Jünger Jesu waren, sondern um zwölf Missionare, zwölf Gesandte.
Ich möchte hier nicht auf die Geschichte der Didache eingehen, sondern Ihnen etwas aus der Didache vorlesen. Das Wichtige habe ich fettgedruckt.
Nun zur Belehrung über die Feier der Eucharistie. Bezüglich der Eucharistie fällt auf, dass bereits dieser neue Begriff verwendet wird. Das deutet darauf hin, dass der Text wohl aus der Mitte des ersten oder Anfang des zweiten Jahrhunderts stammt.
Bezüglich der Eucharistie haltet es so: Zunächst im Hinblick auf den Kelch – und nun folgt sofort ein Gebet. Das Ganze ist durchdrungen von Gebet.
Wir danken dir, unser Vater, für den heiligen Weinstock Davids, deines Knechtes, den du uns durch Jesus, deinen Knecht, zu erkennen gabst. Dir sei die Ehre in Ewigkeit.
Hier ist nichts von einer Verwandlung die Rede, sondern von einer Erinnerung.
Und im Hinblick auf das gebrochene Brot: Wir danken dir, unser Vater, für das Leben und die Erkenntnis, die du uns durch Jesus, deinen Knecht, zu erkennen gabst. Dir sei Ehre in Ewigkeit.
Wie dieses gebrochene Brot auf den Bergen zerstreut war, als es angepflanzt wurde und zusammengebracht eins wurde, so möge deine Gemeinde von den Enden der Erde zusammengebracht werden in dein Reich. Denn dein ist die Ehre und die Macht durch Jesus Christus in Ewigkeit.
Aber keiner darf essen oder trinken von eurer Eucharistie, außer die, die auf den Namen des Herrn getauft sind. Denn auch hierüber hat der Herr gesagt: Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben – eine ziemlich drastische Aussage.
Was wir hier entdecken, ist, dass das Gedächtnis eine Erinnerung an Jesus ist. Alles weist auf Jesus hin.
Hier noch einmal das nächste Kapitel in der Didache: Wenn ihr aber gesättigt seid, dankt. Nun kommt der Dankgedanke hinein. Ich möchte das betonen: Auch das Danken spielte in der alten Abendmahlstradition eine große Rolle.
Bei uns scheint das manchmal etwas zu kurz zu kommen. Wir nehmen Brot und Wein, und danach ist das Abendmahl zu Ende. Bei den ersten Christen war das nicht so.
Sie waren erinnert worden und hatten das tiefe Anliegen, dem Herrn zu danken. Sie waren auf Jesu Kreuzestod hingewiesen worden. Deshalb dieses Gebet:
Wir danken dir, heiliger Vater – damit ist nicht der Papst gemeint, sondern natürlich Gott – für deinen heiligen Namen, dessen Wohnung du in unseren Herzen bereitet hast, und für die Erkenntnis, den Glauben und die Unsterblichkeit, die du uns durch Jesus, deinen Knecht, zu erkennen gabst. Dir sei die Ehre in Ewigkeit.
Du allmächtiger Herrscher hast alles erschaffen um deines Namens willen. Du hast den Menschen Speise und Trank zum Genuss gegeben – das wird ganz normal gesehen, nicht mystifiziert. Du hast es geschenkt, damit sie dir danken.
Uns aber hast du eine geistige Speise, einen geistigen Trank und ewiges Leben durch deinen Knecht geschenkt – nicht durch das veränderte oder verwandelte Brot.
Vor allem danken wir dir, weil du mächtig bist. Dir sei die Ehre in Ewigkeit.
Gedenke, o Herr, deiner Gemeinde, dass du sie erlöst von allem Übel und sie vollkommen machst in deiner Liebe. Führe sie zusammen von den vier Winden, die Geheiligten, in dein Reich, das du ihr bereitet hast. Denn dein ist die Macht und die Ehre in Ewigkeit.
Es soll kommen die Gnade und vergehen diese Welt. Hosanna dem Sohn Davids!
Ist einer heilig, so soll er kommen. Ist er es nicht, so soll er sich bekehren – also ein Aufruf: Wer beim Abendmahl dabei war, hat nun die Möglichkeit, sich zu bekehren.
Und dann dieser Ruf, der den ersten Christen eigen war und oft am Ende eines Gebets stand: Maranatha – das heißt: Herr, komm bald.
Also dieser Wunsch, dass Jesus kommt.
Maranatha. Amen.
Den Propheten gestattet, so viel sie wollen, Dank zu sagen. Jetzt ist alles frei, jetzt danken wir.
Der Dank war also schon ein ganz wichtiges Element bei der Feier des Abendmahls.
Praktische Aspekte und Bedeutung des Abendmahls in der Urgemeinde
Ich habe bereits gesagt, dass es bis ins zweite Jahrhundert keine getrennten Begriffe gab. Im Neuen Testament war das ein ganz normales Sättigungsmahl.
Ein solches Sättigungsmahl, das muss man einfach auch sagen, war nicht in großem Rahmen möglich. Es war also undenkbar, eine Gemeinde von hundert, zweihundert oder dreihundert Leuten zusammenzurufen, ihnen ein Sättigungsmahl zu servieren und anschließend noch ein Abendmahl zu feiern.
Was will ich damit sagen? Das Sättigungsmahl war eindeutig in den Häusern verortet, in Privathäusern, in Familien.
Der Begriff des Agapemals, der ja immer wieder genannt wird, findet sich erstmals im zweiten Jahrhundert. Wir können also nicht davon sprechen, dass im Neuen Testament bereits dieses Agapemal, dieses Liebesmahl, gefeiert wurde.
Die magisch-mystische Entwicklung des Abendmahls schloss das Sättigungsmahl faktisch aus. Warum? Es wurde gesagt, dass man das Abendmahl nur einnehmen dürfe, wenn man zuvor gefastet habe. Wenn ich also vorher fasten muss, dann ist klar, dass ich kein Sättigungsmahl zu mir nehmen kann.
So biss sich die Katze gewissermaßen in den Schwanz, und das Sättigungsmahl fiel weg – eben durch diese mystifizierte oder mystische Entwicklung des Abendmahls.
Auch die Pflicht der Anwesenheit des Bischofs und die Spendung durch ihn ließen das Agapemal komplett verschwinden. Es gab dafür keinen geistlichen Grund, sondern einen mystischen und organisatorischen.
Theologische Entwicklungen und Abendmahlsverständnisse
Ich möchte die theologischen Entwicklungen von der Urgemeinde bis hin zu dem, was wir heute als Messopfer oder allgemein als Eucharistie kennen, zusammenfassen.
Zunächst muss man festhalten, dass sich ungefähr bis zum vierten Jahrhundert etabliert hatte, dass ausschließlich der Bischof oder von ihm Beauftragte das Abendmahl austeilen durften. Die Gemeinde war dabei komplett zur Passivität degradiert.
Es entstand der Gedanke der Wandlung, den ich kurz erklären möchte. Was bedeutet das? Man sagt ja, das sieht doch nach wie vor aus wie Brot und Wein, auch wenn diese Verwandlung im heutigen katholischen Kontext stattgefunden hat. Man geht davon aus, dass alles eine sogenannte Akzidenz hat, also eine Erscheinungsform.
Zum Beispiel ist meine Akzidenz dieses Charquet, mein weißes Hemd, eine schwarze Hose und Schuhe – das ist meine Erscheinungsform. Wenn nun einer der anwesenden Gäste in meine Kleider schlüpfen würde, bliebe die Erscheinungsform nach wie vor dieses Jackett, das weiße Hemd, die schwarze Hose. Aber die Substanz, die in mir ist, wäre eine andere.
Genau so ist auch die Vorstellung, wie sich Brot und Wein verwandeln. Nach außen bleibt die Erscheinung gleich, aber die Substanz verändert sich. Es ist nicht mehr Brot in dieser Erscheinungsform, sondern es ist jetzt der Leib Christi – real in dieser Erscheinungsform. Und es ist nicht mehr Wein, obwohl es noch wie Wein aussieht, sondern jetzt ist das reale Blut Jesu Christi darin.
Man nennt das die sogenannte Transsubstantiation, also die Veränderung der Substanz. Das ist die Lehre der katholischen Kirche.
Das Luthertum sagt, dass sich Brot und Wein nicht verändern, also die Substanz bleibt die gleiche. Aber unter Brot und Wein nimmt man real den Leib und das Blut Christi zu sich. Auch hier ist der mystische Gedanke erhalten geblieben.
In der reformierten Tradition wird gesagt, dass Christus geistig anwesend ist. Sein Geist ist anwesend, das ist klar, aber es findet keine reale Einnahme von seinem Leib und Blut statt. Stattdessen wird daran gedacht.
Jetzt kann sich jeder ein wenig einordnen, welche Vorstellung vom Abendmahl er hat.
Der Wandlungsgedanke war also bis zum vierten Jahrhundert aufgekommen. Ebenso entstand der Opfergedanke. Man hatte nun quasi den Leib und das Blut Christi auf dem Tisch, der jetzt Altar genannt wurde, geopfert.
Der Begriff „Altar“ ist eigentlich deplatziert. Im protestantischen Umfeld ist das kein Altar, da dort nichts geopfert wird, sondern es ist ein ganz normaler Tisch.
Dann kam es zur Sakramentalisierung. Das war dieses Mysterium, das im Hintergrund stand und das vor allem unter dem Volk zu einer magischen Vorstellung und magischen Praktiken führte, wie ich vorher erwähnt habe.
Abendmahl als göttliches Wortzeichen und Gedächtnis
Was ist das Abendmahl?
Ich neige in der Abendmahlsfrage eher zur reformierten Tradition. Das bedeutet, dass ich nicht an eine Verwandlung glaube und auch nicht daran, dass ich real den Leib Christi zu mir nehme. Vielmehr verstehe ich das Abendmahl als ein Gedächtnismal.
Dennoch möchte ich aus dem Katechismus von Johannes Prenz zitieren. Er sagt, dass das Abendmahl ein Sakrament und ein göttliches Wortzeichen ist. Den Begriff des göttlichen Wortzeichens finde ich sehr treffend. Es ist manchmal schwierig zu verstehen, was genau passiert, wenn Christus in mir ist und für mich ganz persönlich gestorben ist. Im Abendmahl, wenn ich Brot und Wein zu mir nehme, schmecke und sehe ich gewissermaßen, was das Wort Gottes sagt.
Das Zentrale ist jedoch das Wort Gottes. Der Heidelberger Katechismus beschreibt dies meines Erachtens sehr anschaulich. Er gehört zur reformierten Tradition. Dort wird gefragt: Was sind Sakramente? Die Antwort lautet: Es sind sichtbare, heilige Wahrzeichen und Siegel. Gott hat sie eingesetzt, um uns durch ihren Gebrauch den Zuspruch des Evangeliums besser verständlich zu machen und zu versiegeln.
Es ist also eine Art Anschauung, dass Gott uns aufgrund des einmaligen Opfers Christi am Kreuz Vergebung der Sünden und ewiges Leben aus Gnade schenkt. Etwas weiter wird gefragt: Warum nennt Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut? Warum nennt er den Kelch den neuen Bund in seinem Blut? Und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?
Der Heidelberger Katechismus ist immer in Frage-und-Antwort-Form verfasst. Die Antwort lautet: Christus spricht so nicht ohne großen Grund. Er will uns damit lehren, dass Brot und Wein das zeitliche Leben erhalten, so sind sein gekreuzigter Leib und sein vergossenes Blut die wahre Speise und der wahre Trank unserer Seele zum ewigen Leben. Indem wir Christus aufgenommen haben, haben wir ewiges Leben.
Darüber hinaus will er uns durch dieses sichtbare Zeichen und Pfand gewiss machen, dass wir durch seinen Heiligen Geist wahrhaftig an seinem Leib und Blut Anteil haben. Wenn wir diese heiligen Wahrzeichen mit unserem Mund zu seinem Gedächtnis empfangen – Gedächtnis, nicht irgendeine Opferung –, dann sei uns all sein Leiden und sein Gehorsam so gewiss zugeeignet, als hätten wir selbst das alles gelitten und vollbracht.
Gründe und Bedeutung der Abendmahlsfeier heute
Warum feiern wir Abendmahl? Es gibt natürlich ganz unterschiedliche Erläuterungen dazu, warum wir heute Abendmahl feiern.
Das Erste ist: Wir sind eingeladen. Jesus lädt uns persönlich ein. Es ist nicht irgendeine Kirche oder irgendein Mensch, der vorne steht und uns einlädt, sondern Jesus selbst. Wie macht er das? Durch sein Wort. Und wenn ich an ihn glaube, dann bin ich zum Abendmahl eingeladen.
Das Zweite ist Erkenntnis. Ich werde mit meinem Sündersein konfrontiert. Dabei werde ich daran erinnert, dass Jesus seinen Leib und sein Blut gegeben hat. Warum? Weil ich ein Sünder bin. Ich werde also mit meiner Sünde konfrontiert und bekenne, dass ich Jesu Sterben brauche. Ich werde daran erinnert, dass er für mich gestorben ist. Gleichzeitig wird verkündigt, dass allein sein Sterben den Menschen Leben gibt.
Das führt in eine Entscheidung. Das wird in Zukunft ein immens wichtiger Punkt sein. Momentan steht vor allem im protestantischen Kontext zur Disposition, ob der Sühnetod Jesu am Kreuz notwendig war. Die Mehrheitsmeinung sagt inzwischen, der Sühnetod war nicht notwendig, sondern die Liebe Gottes deckt alles zu. Das würde nicht nur die Notwendigkeit des Kreuzestodes Jesu ad absurdum führen, sondern auch die Vergebung meiner Sünden.
Im Abendmahl zeigt sich daher auch die Nagelprobe in Bezug auf den Sühnetod Jesu.
Dann gibt es die Gemeinschaft. Im Abendmahl wird deutlich, dass wir mit und durch Jesus zusammengehören. Ich verwende manchmal ein Wortspiel: Das ist ein Leib – der Brotleib. So wie dieser Brotleib zusammengehört, so sind auch wir der Leib Christi. In Christus sind wir zusammengebunden.
Außerdem ist das Abendmahl Lob und Anbetung. Ich freue mich, wenn es mir gelingt, das Abendmahl auszuteilen. Dabei versuche ich im ersten Teil, der auf die Austeilung von Brot und Wein zuläuft, die Ernsthaftigkeit des Kreuzestodes Jesu deutlich zu machen. Ich halte es für falsch, zu sagen, das Abendmahl müsse eine fröhliche Veranstaltung sein. Nein, für mich ist es auch eine Zeit der Konfrontation: Er musste für meine Sünden sterben.
Im zweiten Teil, wenn es dann ins Danken geht, sollte es fröhlicher sein. Dann singen wir Loblieder und sprechen Dankgebete. Dabei werden wir auch daran erinnert, dass wir mit allen Gläubigen bei Jesus einmal zu Tisch sitzen werden. Dann wird er uns das Abendmahl austeilen, und das große Fest wird bei ihm in seiner Herrlichkeit beginnen.
Beziehungen und Versöhnung im Kontext des Abendmahls
Das Abendmahl hat mit Beziehungen zu tun – sowohl mit der Beziehung zu Jesus als auch mit den Beziehungen untereinander. An dieser Stelle möchte ich auf Matthäus 5,23-24 hinweisen: Dort heißt es, wer an den Altar geht, soll sich zuvor mit seinem Bruder versöhnen. Diese Aussage wird oft auf das Abendmahl übertragen.
Allerdings ist diese Deutung nicht ganz passend, denn die ersten Christen hatten beim Abendmahl keinen Altar. In Matthäus ist der Brandopferaltar gemeint. Das Matthäusevangelium wurde zu einer Zeit geschrieben, in der es für die Juden noch den Brandopferaltar gab, an dem sie opferten. Deshalb bezieht sich die Stelle nicht auf den Abendmahlstisch oder den Altar in der Kirche.
Dennoch ist es sinnvoll, sich mit den Geschwistern zu versöhnen, bevor man zum Abendmahl geht. Ich halte das für eine gute Tradition. Beim Abendmahl, so wie ich es kenne und praktiziere, gibt es eine stille Phase der sogenannten Herzensprüfung. Dabei soll jeder für sich überlegen, welche Schuld in der letzten Zeit im eigenen Leben aufgetreten ist, wo man wieder in alte Sündenmuster verfallen ist oder ob man mit jemandem unversöhnt lebt.
Wenn die Gemeinde als Familie Gottes dann gemeinsam am Tisch des Herrn Platz nimmt, darf dies nicht mit unversöhnten Beziehungen geschehen. Man muss sich vorstellen, dass das Abendmahl ursprünglich in einem familiären Kontext stattfand. Es war eine natürliche Familie, zu der weitere Personen hinzukamen, also eine Hausgemeinde.
Es war undenkbar, dass Menschen, die Streit miteinander hatten, gemeinsam zu Tisch saßen und das Abendmahl einnahmen. Das geht nicht. Anders sieht es aus, wenn das Abendmahl in einer anonymisierten Form in einer Kirche gefeiert wird.
Über die Kirchengeschichte hinweg gab es die Tradition, sich am Tag vor dem Abendmahl mit dem Bruder oder der Schwester zu versöhnen. Vielleicht ist es an der Zeit, diese Tradition wieder zu beleben.
Zugangsfragen und Würdigkeit beim Abendmahl
Jetzt werde ich in der Folge immer wieder Fragen stellen und versuchen, Antworten zu geben. Eine ganz große Frage ist: Wer entscheidet denn, ob ich beim Abendmahl teilnehmen darf?
Früher war das so, dass man sich tatsächlich ins Pfarrhaus begeben musste. Dort fand am Samstag vor dem Pfarrer eine kleine Prüfung statt, ob man zum Abendmahl zugelassen wird. Dann bekam man vom Pfarrer oder Pastor gesagt, ob man würdig ist und zum Abendmahl zugelassen wird. Am Sonntag durften dann nur die sogenannten Zugelassenen zum Abendmahl gehen.
Wie ist das heute? Kann man das Herz eines Menschen prüfen? Wir werden an das Wort erinnert: Der Mensch sieht, was vor Augen ist, aber der Herr sieht das Herz an. Deshalb glaube ich, dass jeder sich selbst prüfen sollte.
Bei den Abendmahlsworten in 1. Korinther 11 steht ja auch: „Ein jeder prüfe sich selbst, nicht den anderen, aber umso mehr sich selbst.“ Der Austeilende ist nicht für die Würdigkeit der Teilnehmenden verantwortlich. Wie soll ich denn prüfen, ob derjenige, der vor mir steht, würdig ist, das Abendmahl zu empfangen? Das kann ich doch gar nicht.
Auch aus seelsorgerlichen Gründen kann ich niemanden vom Abendmahl ausschließen mit dem Verdacht, zum Beispiel, weil jemand ein komisches Gesicht macht oder vermutlich Sünde in seinem Leben hat. Manche Kirchen – und ich halte das gar nicht für so falsch – behelfen sich, indem sie sagen, man spricht das Glaubensbekenntnis. Man geht davon aus, dass jemand, der das Glaubensbekenntnis nicht sprechen kann, auch nicht würdig ist.
Ich habe etwas Interessantes gefunden. Der Christusbund, der Gemeinde- oder Gemeindeverband, zu dem ich gehöre, hat ein Handbuch online. Dort sind viele wichtige Dokumente und Erklärungen für die Gemeindeglieder des Christusbundes zugänglich.
Dort habe ich etwas Interessantes von Matthias Köhler gefunden, dem ersten Vorsitzenden und Leiter des Christusbundes. Er schreibt: „Würdig ist, wer sich als unwürdig empfindet. Würdig ist, wer einen Arzt braucht, wer Vergebung braucht, nicht der, der sagen kann, dass er diese und jene Sünde nicht mehr tun wird. Wer so denkt, dass er Vergebung braucht, für den ist das Abendmahl, für den ist Jesus gestorben.“
Wenn jemand nicht so denkt, dann kann er Brot und Wein einfach an sich vorübergehen lassen, das ist kein Problem. Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit: Man beginnt heute seinen Weg als Christ, indem man im Gebet dem Herrn Jesus seine Sünde nennt und seine Vergebung in Anspruch nimmt. Wenn man sich dabei unsicher ist, kann man mich nachher ansprechen.
Das finde ich eine gute Sache. Also: Würdig ist, wer sich unwürdig fühlt. Ich gehe oft zum Abendmahl und denke, ich muss es oft feiern, obwohl ich es eigentlich nicht wert bin. Dann fällt mir dieser Satz ein. Ich wusste, dass Matthias das immer so sagt, und ich bin sehr froh darüber.
Das ist auch eine Linie hinein in die Didache, wie wir es gerade vorhin gelesen haben, dass das Abendmahl durchaus auch ein Ort der Entscheidung ist.
Wesentliche Elemente und Voraussetzungen des Abendmahls
Was macht eigentlich das Abendmahl zum Abendmahl? Wenn man es einmal herunterbrechen möchte, was braucht es unbedingt?
Es hat sich herausgebildet, dass ein ordiniertem Priester, Pfarrer oder Pastor notwendig sei. Braucht es das? Nein, natürlich nicht. Das steht so nicht in der Bibel.
Es braucht Jesus. Jesus ist der Gastgeber. Und wie er immer unter den Seinen gegenwärtig ist, heißt es in Matthäus 18,20: "Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen." Jesus braucht es.
Und es braucht die Einsetzungsworte. Nicht Brot und Wein sind das Wichtigste beim Abendmahl, sondern das Wort. In der langen Tradition der Christenheit hat sich herausgebildet, dass diese Worte, wie sie Paulus in 1. Korinther 11 schreibt, die Einsetzungsworte sind.
Da war Jesus in der Nacht, als er verraten wurde, mit seinen Jüngern zu Tisch. Er nahm das Brot, dankte, brach es und gab es ihnen. Dabei sprach er: "Nehmt und esst, das ist mein Leib." Dasselbe tat er nach dem Mahl mit dem Kelch. Er dankte, gab ihn ihnen und sprach: "Nehmt, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis so oft ihr daraus trinkt."
Also das macht das Abendmahl zum Abendmahl. Wenn diese Worte fehlen, dann sind Brot und Wein einfach nur Brot und Wein, so wie wir sie bei vielen Mahlzeiten wahrscheinlich zu uns nehmen.
Aber es braucht doch auch Brot und, wie Jesus selbst sagt, das Gewächs des Weinstocks. Ob der Wein vergoren ist oder nicht, spielt zunächst keine Rolle. Entscheidend ist die symbolische Bedeutung der roten Farbe.
Jetzt gibt es da große Streitigkeiten. Ich sage mal, da bin ich etwas entspannt unterwegs und möchte auch Menschen, die ein Problem mit Alkohol haben, die Gelegenheit geben, am Abendmahl teilzunehmen. Deshalb ist es in meinem gemeindlichen Kontext üblich, dass wir das Gewächs des Weinstocks in unvergorener Form verwenden.
Aber in vergorener Form ist es natürlich auch möglich. Es wird dann auch argumentiert, und das hat schon etwas für sich: Der Wein in vergorener Weise ist das Getränk der Freude. Wer einmal ein bisschen mehr als zwei Gläschen getrunken hat, weiß, dass er dann eher müde wird und aufhört. Aber es ist durchaus bekannt als ein Getränk, das zur Freude führt.
Und es braucht Menschen – Menschen, für die der Kreuzestod Jesu Vergebung ihrer Sünden bewirkt hat. Es braucht bekehrte Christen, die umgekehrt sind von ihrem eigenen Weg und ihrer Verlorenheit und den Sühnetod Jesu für sich angenommen haben.
Ich glaube nicht, dass die räumliche Distanz zwischen Brot und Wein, Einsetzungsworten und Teilnehmenden entscheidend ist. Ich sage es mal so: Ob da hinten jemand ist, der Brot und Wein einnimmt, und ich hier vorne nicht, ist nicht entscheidend.
Warum ist das in der Zwischenzeit wichtig? Die Frage ist: Ist es entscheidend, ob ich hier das Abendmahl mit den Einsetzungsworten feiere und unsere Freunde zuhause am Monitor Brot und Wein zu sich nehmen? Ist diese Entfernung entscheidend?
Die Entfernung ist nicht entscheidend, aber die körperliche Gegenwart derer, die das feiern, ist allem anderen vorzuziehen. Also wenn es irgendwie möglich ist, haben wir leibliche Gemeinschaft – und zwar real.
Ich werde nachher noch einmal darauf eingehen. Die Nähe ist wünschenswert.
Praktische Hinweise zur Gestaltung des Abendmahls
Was ist hilfreich?
Man kann natürlich überlegen, welches Brot man nimmt. Beim Abendmahl ist es nicht notwendig, ungesäuertes Brot zu verwenden, im Gegensatz zum Passamahl. Wir können ungesäuertes Brot nehmen, zum Beispiel Matzen, die man kaufen kann. Ich verwende manchmal solche Matzen, weil sie Löcher haben. Warum? Weil man durch dieses Brot hindurch in die Freiheit schauen soll. Das finde ich eine tiefe Symbolik. Wer beim Abendmahl teilnimmt, ist frei von den Sünden.
Die Matzen, die man bei uns kauft, haben oft auch ein Kreuz darauf, manchmal sogar mehrere Kreuze. Diese Symbolik kann man noch etwas herausarbeiten, sie darf aber nicht von der eigentlichen Bedeutung ablenken.
Ich finde es auch schön, einen kompletten Brotleib zu haben. Diesen breche ich und teile ihn aus. Am Ende sind die einzelnen Stücke verteilt und in den Mägen der Anwesenden verschwunden. So sind wir ein Leib, und der Leib symbolisiert das auch noch einmal.
Natürlich können es auch Brotstücke sein. Das ist nicht so wichtig, aber vielleicht sind das Ideen, wie man es durchführen kann.
In der gegenwärtigen Situation ist nur die Einzelkirche möglich. Darauf werde ich später noch näher eingehen.
Ein Tuch zum Abwischen des Kelchs – auch hier rate ich zur Vorsicht. Ich habe später noch einen Tipp dazu. Tücher zum Abdecken von Brot und Wein sorgen für einen gewissen hygienischen Standard.
Ein Kelch zum Nachgießen ist oft sinnvoll. Wenn man in einer größeren Runde zusammen ist, geht der Wein oder Traubensaft manchmal aus, und man muss noch einmal nachgießen.
Ich gebe eines zu bedenken: Bei allem feiert das Auge mit. Ich glaube, auch die Anordnung auf dem Tisch, auf dem das Abendmahl ausgebreitet ist, sollte Würde ausstrahlen.
Eine weiße Tischdecke ist bestimmt nicht verkehrt. Ich finde es etwas eigenartig, wenn ein ganz normales Trinkglas verwendet wird. Man kann natürlich sagen, dass das möglich ist. Für mich spiegelt auch die Präsentation des Abendmahls etwas von Würde, Respekt und Danksagung wider.
Vorschlag für einen Ablauf der Abendmahlsfeier
Der mögliche Ablauf eines Abendmahls – sozusagen das Minimum – lässt sich in etwa zehn Minuten gestalten. Ich empfehle, es auf maximal eine halbe Stunde auszudehnen. In dieser Zeit kann man alles Wesentliche lernen.
Zu Beginn sollte ein Lied gesungen werden, das auf das Kreuz hinweist. Ich beginne immer mit einem solchen Lied. Zum Beispiel „Wir sehen das Kreuz“ oder auch das alte Lied „Vom altauten Kreuz“ finde ich sehr schön. Ich bin da etwas melancholisch veranlagt. Wichtig ist, dass das Lied das Kreuz in den Mittelpunkt stellt.
Darauf folgen einleitende Worte. Hier kann man jedes Mal einen anderen Schwerpunkt setzen, zum Beispiel auf die Inhalte, die ich vorhin angesprochen habe. Danach folgt die Lesung der Einsetzungsworte. Ich würde diese nicht paraphrasieren oder erklären, sondern direkt den Bibeltext verwenden. Der Bibeltext ist Wort Gottes, und dieses Wort macht das Abendmahl zum Abendmahl.
Anschließend folgt der Hinweis auf das Würdigsein. So, wie wir es vorhin gelesen haben, scheint mir das eine angemessene Weise zu sein. Ich glaube auch, dass eine Herzensprüfung gut tut – ein stilles Bekennen von Sünde, damit wir reinen Tisch machen, bevor wir an den Tisch des Herrn gehen.
Bei jedem Abendmahl spreche ich ein bestimmtes Lied: „Nimmst du mich noch einmal an?“ Danach singen wir es gemeinsam. Nicht selten fließen dabei Tränen – Tränen darüber, wie weit man sich manchmal entfernt hat, aber auch darüber, dass man wiederkommen darf. Egal, was passiert ist, man ist erneut eingeladen zum Tisch des Herrn. Man kann von neuem anfangen – wie wunderbar!
Dann erfolgt die Austeilung von Brot und Wein. Dabei sprechen wir ein Dankgebet für das Brot, den Leib Christi, für den Wein und das Gedenken an das Blut Jesu. Es ist hilfreich, wenn in einer größeren Runde mehrere Personen beim Austeilen von Brot und Wein helfen.
Dieser Moment des Dankens ist wichtig. Dankbarkeit findet nicht nur im familiären oder häuslichen Umfeld Ausdruck, sondern auch in der Gebetsgemeinschaft. Mir ist das bei der Vorbereitung der Bergpredigt wieder deutlich geworden, die ich in einem Seminar am Samstag gehalten habe.
Ich glaube, wir sollten auch das Vaterunser wieder beten. Danach folgen Lieder – Lob- und Danklieder. Der Lobpreis gehört nicht vor das Abendmahl, sondern danach. Denn nach dem Abendmahl haben wir allen Grund zu loben und zu danken.
Dabei sollten wir auf eine Liedauswahl achten, die diesen Gedanken unterstreicht und die möglichst viele kräftig mitsingen lässt. Die Gemeinde stimmt dann gemeinsam ins Lob ein – nicht nur einige wenige. Dazu brauchen wir Lieder, die alle mitsingen können.
So sieht der Ablauf einer Abendmahlfeier aus. Es ist nichts Spektakuläres. Dieses Ritual kann in einer großen Kathedrale genauso gefeiert werden wie in einer kleinen Hausgemeinde. Wo zwei oder drei in Jesu Namen versammelt sind, ist er mitten unter ihnen.
Hausabendmahl und seine Bedeutung
Ich bin ganz neu ins Nachdenken gekommen, ob das Abendmahl nicht auch zwischen Ehepaaren gefeiert werden kann. Das werde ich mal mit meiner Frau besprechen.
Das Haus, das Familienabendmahl – ich habe es schon angedeutet: Das Abendmahl hat in seiner ursprünglichen Form, wie es in der ersten Gemeinde gefeiert wurde, seinen Platz im Haus, in der Hausgemeinde. Das griechische Wort für Haus, „oikos“, bedeutet gleichzeitig auch Familie. Es handelt sich also um eine Familie, die durchaus noch andere Menschen eingeladen hat, die sich zu dieser Hausgemeinde zählen. Gemeinsam feiern sie das Abendmahl.
Im Anschluss kann es durchaus ein Sättigungsmahl geben. Man trifft sich zum Abendessen oder auch zum Frühstück. Danach räumt man den Tisch ab, baut das Abendmahl würdevoll in einem angemessenen Rahmen auf und feiert es dann. So muss es wohl bei den ersten Christen gewesen sein.
Martin Luther hat es übrigens ähnlich vorgesehen. In seiner Vorrede zur deutschen Messe, die er 1526 geschrieben hat, sagt er, dass die Christen, die „eigentlichen Christen“, also diejenigen, die mit Ernst Christen sein wollen, sich in den Häusern versammeln sollten. Ich lese das jetzt nicht vor, aber ich weise auf den fettgedruckten Satz hin: das Abendmahl zu empfangen. Übrigens hat Luther auch die Taufe in der Hausgemeinde verordnet.
Das ist der eigentliche Gedanke einer evangelischen Form des Gemeindelebens: die Hausgemeinde. Diese Idee wurde seit der Reformation nie vollständig umgesetzt. Der Pietismus hat es versucht, war aber aus historischen Gründen in gewissem Maße eingeschränkt. Luther hat das aufgegriffen, was er im Neuen Testament gelesen hat.
Damit sind wir natürlich auch bei der Frage: Wer darf das Abendmahl spenden? Da muss ich vorsichtig sein. Wenn ich sage, dass das jeder Mann und jede Frau spenden darf, bekomme ich mit vielen Konfessionen Streit. Aber ich sage es einmal so: Die Bibel spricht nicht dagegen. Sie begrenzt das Abendmahl nicht auf einen ausgewählten Personenkreis.
Das Abendmahl steht in einer Tradition, ähnlich wie der Missionsbefehl. Beim Missionsbefehl sagen wir nicht, dass nur eine bestimmte Gruppe oder nur Ordinierten missionieren dürfen. Nein, das soll jeder Christ tun. In einer ähnlichen Linie steht die Austeilung des Abendmahls.
Wir sollten aber auch auf die Geschichte jeder Gemeinde Rücksicht nehmen. Am Abendmahl sollte man nicht den Gemeindeaufstand proben. Da ist Vorsicht geboten. Letztlich entscheidet die Gemeinde über die Austeilung.
Ich würde tatsächlich sagen: Im familiären und häuslichen Bereich, also in der Hausgemeinde, gibt es keine Einschränkung.
Ganz interessant war eine Begegnung am Samstag mit einem Teilnehmer eines Seminars. Er erzählte mir, dass sie in der Corona-Zeit nicht mehr in die Gemeinde gehen konnten, aber in der Familie Gottesdienst gefeiert und Abendmahl ausgeteilt haben. Er sagte, das war etwas Wunderbares. Seine erwachsenen Söhne waren dabei, und sie haben das Abendmahl in der Familie gefeiert – das war richtig schön.
Er sagte, sie hätten in dieser Zeit des Corona-Lockdowns dadurch sogar etwas gewonnen. Vielleicht sollten wir das wieder aktivieren und so wie in der ersten Christenheit das Abendmahl in der Familie feiern.
Dabei sollten wir natürlich darauf achten, dem Wildwuchs entgegenzuwirken. Wenn das Abendmahl zum Beispiel mit Cola und Käse gefeiert wird, ist für mich die Grenze überschritten.
In der Gefangenschaft haben Gefangene mit Wasser und Käfern das Abendmahl gefeiert – davor habe ich höchsten Respekt, weil sie sonst nichts hatten. Heute hat meiner Ansicht nach jeder Zugang zu einem Getränk in roter Farbe und zu Brot. Das sollte kein Problem sein.
Wir sollten uns auch an die Ordnung halten, die ich versucht habe aufzuzeigen: Einsetzungsworte, Elemente und Danksagung.
Amtliche Regelungen und kirchliche Praxis
In den großen Kirchen – und das muss ich hier einfach betonen – ist die Austeilung des Abendmahls ausschließlich, und zwar ohne Ausnahme, den ordinierten Pfarrern und Priestern vorbehalten.
In diesem Zusammenhang wäre ich auch vorsichtig, wenn ich mich zu einer der großen Kirchen, also der evangelischen oder der katholischen Kirche, zugehörig fühle und einfach eine solche Schwelle überschreiten möchte. Hier gilt schlichtweg die jeweilige Spielregel dieser Kirche.
Ich tue mich damit schwer, doch ich gehöre zu einer Gemeinde, die das etwas anders sieht. Alles sollte geprägt sein von Markus 10,43: „Wer unter euch der Größte sein will, der sei euer aller Diener.“ Ebenso von Philipper 2,3: „Einer achte den anderen in Demut höher als sich selber.“
Wer darf am Abendmahl teilnehmen? Diejenigen, die bekennen können, dass der Sühnetod Jesu für sie gilt. Wer den Sühnetod Jesu für sich akzeptiert – ich sage das bei jedem Abendmahl – darf herzlich daran teilnehmen, wenn für ihn Jesus am Kreuz gestorben ist und er das angenommen hat.
Wenn nicht, ist es überhaupt keine Schande, das Abendmahl vorübergehend auszulassen. Da dies oft durch die Reihen geht, fällt das kaum auf.
Wer in der Nachfolge Jesu steht und mit Jesus das Brot essen wird in seinem Reich, bei seinem Hochzeitsmahl, ist eingeladen, am Abendmahl teilzunehmen.
Häufigkeit und Bedeutung des Abendmahls heute
Wie oft sollen wir zum Abendmahl gehen? Die ersten Christen haben es sehr häufig gefeiert. Es hatte sich so etabliert, dass sie es schließlich jeden Sonntag feierten. Martin Luther nahm das Abendmahl für sich jeden Sonntag ein. Für ihn war es eine ganz zentrale Sache, jede Woche Abendmahl zu empfangen.
Heute ist das Abendmahl in vielen Gemeinden sehr selten geworden. Die Bedeutung ist oft nur noch wenig bekannt. Manchmal wird das Abendmahl mit ethischen Ansprüchen überfrachtet. Es heißt dann, man müsse zuerst einen gewissen ethischen Standard erreicht haben, bevor man zum Abendmahl darf. Das ist jedoch nicht richtig!
Gottesdienste werden heute weniger als Familientreffen gefeiert, sondern eher als Shows oder durchorganisierte Veranstaltungen. Das Hausabendmahl ist deshalb wahrscheinlich eher selten geworden. Zudem liegt das Monopol der Spendung häufig bei den Geistlichen.
Ich habe das selbst erlebt. Im Christusbund hatten wir damals das Abendmahl in unsere Gemeinschaften eingeführt, wie es damals noch hieß. Als ich dann als Verkündiger in Gemeinden kam, hörte ich oft: „Ach, heute bist ja du da, da können wir Abendmahl feiern.“ Ich habe immer gesagt: „Entschuldige, was hat das jetzt mit mir zu tun?“ Nicht selten habe ich dann darauf verzichtet und gesagt: „Ich mache die Verkündigung, aber das Abendmahl teilt jemand anders aus.“
Warum? Genau, um diese Konzentration auf ein Amt unbedingt zu vermeiden. Diese Konzentration hat kirchengeschichtlich äußerst negative Folgen gehabt.
Gemeinschafts- oder Einzelkelch – hygienische Aspekte
Eine Frage, die viele beschäftigt, ist die nach Gemeinschafts- oder Einzelkelch. Ich habe es bereits angedeutet: Aus hygienischen Gründen spricht vieles für den Einzelkelch. Gerade in solchen Zeiten ist das wahrscheinlich auch geboten.
Ich erinnere daran, dass über viele Jahrhunderte die Pest eine Geißel in unseren Breitengraden war. Im Hause Luther hat die Pest wahrscheinlich mehrfach gewütet. Einer der Brüder Luthers ist zumindest an der Pest gestorben, möglicherweise sogar mehrere.
Die Menschen sagten damals: „Heute ist das bestimmt eine Strafe Gottes, wir haben gesündigt. Jetzt müssen wir in die Kirche gehen und dort das Abendmahl feiern.“ Damals war es so, dass vor allem der Priester aus dem Kelch allein trank. Doch sie reichten den Kelch weiter und praktizierten kein Social Distancing, wie wir es heute nennen würden. Sie gingen in die Kirche, baten den Herrn um Verschonung und verließen die Kirche. Diejenigen, die in der Kirche blieben, erkrankten alle an der Pest.
Es gibt eine Alternative zum Einzelkelch, die wir vielleicht wieder aktivieren müssen: die sogenannte Intinktion. Was bedeutet das? Man nimmt das Brot und taucht es in einen Kelch mit Wein oder Traubensaft ein. So wird gewährleistet, dass niemand den Kelch an die Lippen nimmt und Speichel oder Ähnliches hinterlässt.
Ich habe das einmal beobachtet: Zwei Personen gingen durch die Reihen oder standen vorne in der Runde. Einer hatte einen Gemeinschaftskelch bei sich, der andere den Kelch für die Intinktion. So konnte jeder entscheiden, was er bevorzugt.
Meiner Ansicht nach ist das eine interessante und zu bedenkende Alternative: das Eintauchen. Dabei wird ein Tuch oder eine Serviette genommen und der Kelch oben abgeputzt, sozusagen. Medizinisch betrachtet bedeutet das jedoch etwas anderes: Es werden lediglich Bakterien gleichmäßig verteilt, sodass jeder auch von allen Bakterien, Viren und anderen Erregern etwas abbekommt. Es ist nur ein Gefühl, dass es dadurch sauber ist.
Es gibt spezielle Tücher, sogenannte Reinigungsservietten für Abendmahlskelche. Ich habe sie in der Präsentation gezeigt, auch mit der Adresse, wo man sie besorgen kann. Das sind Baumwollservietten, die allerdings mit Alkohol getränkt sind. Das ist wiederum ein Problem: Aus einem alkoholfreien Abendmahl wird so ein Abendmahl mit Alkohol. Für Alkoholiker ist das überhaupt nicht zu empfehlen. Dennoch ist es eine gute Methode, um einen Gemeinschaftskelch wirklich zu desinfizieren.
Der Gemeinschaftskelch ist natürlich symbolträchtiger – es ist ein Kelch, der weitergereicht wird, keine Frage.
Teilnahme von Kindern...
Teilnahme von Kindern am Abendmahl
Sollen Kinder am Abendmahl teilnehmen?
Wir wollen uns noch einmal kurz vor Augen führen, wer am Abendmahl teilnehmen darf. Es sind Menschen, die Jesus als Retter zur Vergebung ihrer Sünden verstehen. Außerdem sind es diejenigen, die die Symbolik von Brot und Wein auf den Sühnetod Jesu übertragen können. Man muss also in der Lage sein, diese Übertragung zu vollziehen.
Teilnehmer sollen sich als Glieder am Leib Jesu Christi sehen und dies auch durch die Einnahme des Abendmahls bezeugen können. Ein weiteres Kriterium ist die Bereitschaft, durch die Teilnahme am Abendmahl Jesus nachzufolgen.
Wenn wir diesen Maßstab nun auf Kinder anwenden, merken wir, dass das Alter eine wichtige Rolle spielt. Ein fünfjähriges Kind schafft es in der Regel nicht, die Übertragung von Brot und Wein auf den Leib Christi zu verstehen. Ob ein zehnjähriges Kind dazu in der Lage ist, lässt sich manchmal schwer beurteilen. Hier müssen die Eltern entscheiden, da sie am besten einschätzen können, ob die genannten Kriterien erfüllt sind.
Deshalb würde ich die Entscheidung den Eltern überlassen. Gleichzeitig sollten wir in der Gemeinde immer wieder darüber sprechen, damit die Eltern genau verstehen, was ich gerade gesagt habe. So können sie klug und weise entscheiden.
Ökumenische Fragen zur Teilnahme am Abendmahl
Dürfen Katholiken am Abendmahl teilnehmen? Aus biblischer Sicht ist die Antwort natürlich ja, vorausgesetzt, sie haben Jesus als ihren Herrn und Erlöser angenommen. Das sind genau die Kriterien, die wir bisher immer genannt haben.
Nun betrachten wir die Frage aus katholischer Sicht. Aus katholischer Perspektive ist die Antwort jedoch nein. Evangelische Pfarrer, freikirchliche Pastoren oder gläubige Christen verfügen nicht über die durch bischöfliche Handauflegung verliehene apostolische Sukzession und dürfen deshalb keine Eucharistie spenden. Ein Katholik darf also nicht aus der Hand eines evangelischen Pfarrers, der nach katholischer Auffassung nichts weiter als ein Laie ist, die Eucharistie empfangen – also nicht am Abendmahl teilnehmen.
Warum erwähne ich das? Weil wir auch auf unsere katholischen Mitchristen Rücksicht nehmen sollten und sie nicht in eine unangenehme Lage bringen dürfen. Man muss einfach wissen: Sie dürfen es nicht. Und wenn jemand das als Katholik ernst nimmt, sollte man das respektieren.
Um das noch deutlicher zu machen, habe ich aus einem sehr hilfreichen Buch einige Zitate. Das Buch ist von Johannes Hartl, den manche wahrscheinlich kennen, aus Augsburg, zusammen mit Leo Tanner verfasst. Johannes Hartl ist ein profunder katholischer Theologe. Das Buch heißt „Katholisch als Fremdsprache“ und ist sehr interessant.
Dort schreibt Johannes Hartl: „Nur ein Amtsträger, dessen Weihe und Sendung auf Christus zurückverweist durch die Sukzession, kann gültig die Eucharistie feiern, niemand anders, nur ein katholischer Priester. Denn es gibt nur die eine von Christus selbst eingesetzte Eucharistie. Ein protestantisches Abendmahl ist nach katholischer Auffassung kein gültiges Abendmahl.“
Dies ist der Grund, weshalb die Interzelebration – also wenn ein katholischer geweihter Priester zusammen mit einem nicht-katholischen, nicht geweihten Priester gemeinsam die Eucharistie feiert – nicht erlaubt ist. Ein ökumenisches Abendmahl ist demnach nicht gestattet.
Die evangelischen Kirchen und auch die Freikirchen erlauben uns, bei ihnen am Abendmahl teilzunehmen. Unsere Kirche hält dies jedoch für nicht angebracht, weil die Kirchengemeinschaft fehlt und das Verständnis der Eucharistie unterschiedlich ist, schreibt Johannes Hartl.
Ich finde es immer sehr erfrischend, wenn klare Worte gefunden werden – und hier sind sie mehr als deutlich.
Dürfen Nichtkatholiken an der Eucharistie teilnehmen? Drehen wir die Frage um: Ein Protestant möchte an einer katholischen Eucharistie teilnehmen. Die Antwort lautet nein, außer in Notlagen, zum Beispiel wenn er im Sterben liegt.
Hartl und Tanner schreiben: Zum Glauben, den die katholische Kirche in diesem Sakrament bekennt, gehört bei der Eucharistie auch das Amen am Ende des Hochgebetes. Das heißt, ein grundsätzliches Ja zum Papst, zum Bischof, zum Gebet für die Verstorbenen, zu Maria und zu den Heiligen.
Das bedeutet, wenn ein Protestant an einer katholischen Messe teilnimmt, müsste er all diesen genannten Punkten zustimmen. Johannes Hartl und Leo Tanner formulieren auch hier klare Worte, die es – ich kann nur für mich sprechen – nahezu unmöglich machen, an einer katholischen Eucharistie teilzunehmen.
Ich hätte die Eucharistie schon aus der Hand von Papst Benedikt empfangen können, habe es aber aus genau diesem Grund nicht getan.
Abendmahl bei Kranken und in besonderen Situationen
Das Abendmahl bei Kranken ist ebenfalls eine Möglichkeit, die wir neu in Betracht ziehen sollten. Es ist sinnvoll, zu Kranken zu kommen und mit ihnen gemeinsam das Abendmahl zu feiern – nicht als letztes Abendmahl.
So wird es etwas ganz Natürliches, dass man Menschen, die nicht mehr aus dem Haus oder in die Hausgemeinde kommen können, das Abendmahl gemeinsam feiert. Wenn Angehörige teilnehmen, gilt dasselbe. Es muss klar festgelegt sein, wer am Abendmahl teilnehmen darf. Für den Kranken kann es jedoch sehr schön und ermutigend sein, wenn gläubige Angehörige am Abendmahl teilnehmen.
Man sollte das Abendmahl möglichst mit Traubensaft feiern. Das hat einfache medizinische Gründe: Es gibt Medikamente, die in Verbindung mit Alkohol ungewöhnlich reagieren, zum Beispiel verstärkt wirken können. Deshalb ist Vorsicht geboten.
Das Abendmahl kann auch in Zusammenhang mit einer Krankensalbung gefeiert werden, wie sie in Jakobus 5 beschrieben ist. Diese Praxis wird zunehmend auch im protestantischen Bereich angewandt.
Abendmahl online – Möglichkeiten und Herausforderungen
Und vielleicht zum Schluss noch: Wie sieht es nun mit dem Abendmahl online aus? Diese Frage wird seit einigen Monaten, inzwischen sogar seit Jahren, immer wieder gestellt.
Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, wie Steffen Kern in einem Papier mit dem Titel „Mit einem Blick zu Brot und Wein“ beschrieben hat.
Er erklärt, dass die Online-Gottesdienstbesucher passiv in stiller Andacht an einer übertragenen Abendmahlsfeier teilnehmen. Das bedeutet, sie nehmen nicht aktiv Brot und Wein ein, sind aber in stiller Andacht sozusagen dabei.
Die zweite Möglichkeit ist, dass die Online-Gottesdienstbesucher die Übertragung unterbrechen und ein Hausabendmahl mit denjenigen feiern, die bei ihnen zusammen sind. Steffen Kern, als landeskirchlicher Pfarrer, sagt dazu: In einer von der Landeskirche empfohlenen Liturgie ist das ein ordentliches und auch korrektes Abendmahl.
Die dritte Möglichkeit besteht darin, dass die Online-Gottesdienstbesucher Brot und Wein bereitgestellt haben. Wenn das Abendmahl online gefeiert wird, nehmen sie zu Hause das bereitgestellte Brot und den Wein zu sich.
Das Papier ist mittlerweile etwas schwer zu finden, warum auch immer. Deshalb habe ich unten die Internetadresse eingeblendet. Wenn Sie es online anschauen, können Sie bei YouTube auf „Stop“ klicken und die Internetadresse abschreiben. Ob man direkt daraufkommt, weiß ich nicht, da bin ich technisch nicht versiert.
Abschluss und Zitat von Dietrich Bonhoeffer
Ein paar Texte für die Schriftlesung, beim Abendmahl noch und zum Schluss ein Zitat eines von mir sehr geschätzten Theologen, Dietrich Bonhoeffer. Er hat im Februar 1940 eine Besinnung zum Heiligen Abendmahl gehalten. Mit diesen Worten möchte ich meinen Vortrag schließen.
Bonhoeffer schreibt: Wir kommen ja nicht darum herum, dass es im Abendmahl nicht um ein unklares mystisches Erlebnis, sondern um das klare, leibgewordene Wort Gottes, um Zuspruch und Anspruch Jesu Christi geht. Jesus selbst hat den Jüngern nicht stumm Brot und Wein gereicht, sondern er hat sein Wort dazu gesprochen, um das rechte Nachsprechen dieses Wortes Jesu zu ermöglichen.
Darum also, dass das Sakrament Jesu eigenes Sprechen und Handeln bleibe für alle Zeiten, ist es der lutherischen Kirche gegangen, wenn sie die Abendmahlslehre mit so großem Nachdruck und Ernst vertreten hat.
Und jetzt kommt ein Satz, der nicht nur für das Abendmahl gilt, sondern vielleicht aktueller denn je ist: Es soll in der Kirche nichts gelten und geschehen als Jesu Wort und Tat.
Das ist ein zeitloser und heute wichtiger Satz.
Ich bedanke mich ganz herzlich, dass Sie bei diesem Vortrag, der etwas verspätet gestartet hat, dabei waren. Wie immer lade ich Sie ein, an weiteren Seminaren und Veranstaltungen des PSK teilzunehmen. Unsere Abendvorträge sind alle kostenlos und auch noch Wochen danach über das Internet auf YouTube abrufbar.
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Unsere Abendvorträge sind aber alle kostenlos und ein sehr gern gemeintes Geschenk an Sie. Empfehlen Sie unsere Bibelschule weiter.
Wir brauchen in Zukunft Theologen, vollzeitliche Theologen, aber auch Leute, die die Lücken ersetzen, die in den Gemeinden entstehen, wenn es viel, viel weniger Pfarrer und Pastoren gibt. Bitte empfehlen Sie Leuten, dieses wunderbare Studium der Theologie am besten am Bibelstudienkolleg aufzunehmen.
Ich freue mich auf ein persönliches Wiedersehen und wünsche Ihnen, die Sie hier sind, einen guten Nachhauseweg und allen anderen einen guten und schönen Abend.
Gott befohlen, auf Wiedersehen!