Insgesamt waren auf dieser Freizeit mehr als 900 Ehejahre vertreten – nicht hier, sondern in den Vereinigten Staaten. Es handelte sich um eine Freizeitgruppe, bei der die meisten Teilnehmer in meinem Alter waren. Man hat die Ehejahre zusammengezählt und kam auf mehr als 900 Jahre Eheerfahrung.
Ich sagte unter anderem, dass bei manchen Paaren immer wieder eine Erneuerung erlebbar ist. Manchmal bleibt man irgendwo auf der Strecke hängen, liegt oder steht still, anstatt vorwärtszukommen, sodass die Beziehung nicht weiterwächst.
Heute Morgen möchte ich in den letzten Minuten einige Anregungen geben, die sich auf den jetzigen Stand beziehen – darauf, wo wir gerade stehen und was es bedeuten könnte, von hier aus vorwärtszugehen in eine erneuernde oder täglich erneuernde Zukunft, die der Herr uns schenkt.
Genau das habe ich bei diesem Paar getan. Wir hatten ein Wochenend-Freizeit, bei der ich gesprochen habe. Danach hatten sie zwei oder drei Stunden Zeit. Eine Stunde davon sollten sie nutzen, um sich mit einem leeren Blatt hinzusetzen und einige Dinge aufzuschreiben. Anschließend sollten sie diese Gedanken dem Partner mitteilen. Diese Übung sollten sie einzeln durchführen und danach miteinander teilen.
Ich möchte diese Aufgabe an alle weitergeben, die unter uns verheiratet sind. Man kann sie auch in der Gemeinde durchführen; es muss nicht unbedingt eine Freizeit sein. Man kann sie bei jedem Anlass umsetzen. Alle, die diese Aufnahmen hören, egal wo sie sich befinden, können diese Übung ebenfalls praktizieren.
Deshalb gebe ich diese Aufgabe weiter.
Die Bedeutung von Dankbarkeit in der Ehe
Ich würde sagen, um diese Aufgabe einmal zu betrachten, schlagen wir in der Schrift 1. Thessalonicher auf, Kapitel 5. Ich denke, ihr ahnt, worauf es hinausläuft.
1. Thessalonicher 5, und dort besonders Vers 18: Vers 16 lautet: „Freut euch allezeit!“ Vers 17: „Betet ohne Unterlass!“ Vers 18: „Seid in allem dankbar, denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.“ Seid also in allem dankbar.
Was auffällt, ist Folgendes: In vielen Ehen und Familien, in denen der Boden ganz schief steht und das Haus krumm ist, hört man auf, für das Positive zu danken und den Blick darauf zu richten.
Wer mich kennt, weiß, dass ich oft die folgende Illustration von meinem Vater verwende. Er führte ein Lebensmittelgeschäft und hatte große Papierrollen bestellt. Diese wogen sehr viel, waren breit und bestanden aus weißem Papier, das er in seiner Metzgerabteilung zum Einpacken von Fleisch benutzte. Die Rollen waren bestimmt 80 oder 90 Zentimeter breit, also sehr breit.
Er riss eine große Menge dieses Papiers ab, fand einen Filzstift und malte irgendwo auf dem hellweißen Papier einen schwarzen Punkt. In der Sonntagsschulklasse ließ er das große weiße Papier hochhalten und fragte uns, was wir sehen würden. Einer von uns Jungen in der hintersten Reihe sagte: „Ich sehe einen schwarzen Punkt.“
Mein Vater antwortete: „Sieht denn niemand das weiße Blatt?“ Wir neigen dazu, uns auf den schwarzen Punkt zu fixieren, auf das, was noch nicht vollständig ist, auf das Negative.
Ich ließ mir früher sagen, als ich noch Haare hatte, die braun waren, dass Deutsche Pessimisten seien. Zwanzig Jahre Erfahrung hier in Deutschland haben mich stark überzeugt, dass es eine Tendenz gibt, das Glas als halb leer statt halb voll zu betrachten und Dinge eher pessimistisch als optimistisch zu sehen.
Diese Schwarzseherei überschattet und verdeckt so vieles, was positiv ist.
Herausforderungen der Endzeit und die Gefahr der Undankbarkeit
Ich denke, in der Zeit, in der wir leben, und wenn du die Bibel hier offen hast, dann schlage bitte 2. Timotheus 3 auf. Ich lese eine Liste von schlimmen Dingen, die in der Endzeit auftreten werden. Wenn wir richtig liegen, könnte es gut möglich sein, dass wir tatsächlich in diesen endzeitlichen Tagen leben.
Du sollst wissen, dass in den letzten Tagen schlimme Zeiten eintreten werden. Die Menschen werden sich selbst lieben. Die alte Schlachterübersetzung sagt: „Sie werden selbstsüchtig sein.“ Das ist eine sehr starke Beschreibung. Sie werden geldgierig, prahlerisch, überheblich, lästerlich sein. Sie werden den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, lieblos und unversöhnlich sein.
Außerdem werden sie verleumderisch, unbeherrscht, gewalttätig, dem Guten feindlich, Verräter, leichtsinnig und aufgeblasen sein. Sie lieben das Vergnügen mehr als Gott. Dabei haben sie den äußeren Schein von Gottesfurcht, deren Kraft aber verleugnen sie. Von solchen soll man sich abwenden.
Diese Liste beschreibt Eigenschaften, die in vielerlei Weise auch unsere heutige Zeit kennzeichnen. Eine Sache, die mir besonders auffällt, ist die Undankbarkeit. Hast du das gesehen? Am Ende von Vers 2 steht „undankbar“. Undankbar und den Eltern ungehorsam.
Wenn es je eine Generation gegeben hat, die durch Undankbarkeit gekennzeichnet war, dann ist es unsere. Undankbarkeit verseucht gute Ehen und gute Familien. Deshalb sehe ich darin auch meine Aufgabe.
Praktische Übung zur Stärkung der Ehebeziehung
Ich habe drei Teile für diese Aufgabe, und ich denke, sie ist eine gute Übung und gute Praxis.
Der erste Teil betrifft die Eigenschaften, die dir an mir damals gefielen, als ich dich sah und lieben lernte. Es sind die Eigenschaften in deinem Leben, die meine Aufmerksamkeit auf dich lenkten und mich dazu brachten, dich kennenlernen und lieben zu wollen. Es geht um die Eigenschaften von damals, die anziehenden Eigenschaften. Dazu soll eine Liste erstellt werden.
Der zweite Teil besteht aus einer weiteren Liste. Diese enthält die guten Eigenschaften, die ich seit unserer Eheschließung an dir entdeckt habe. Es sind die positiven Eigenschaften, die ich nach der Eheschließung neu entdeckt habe.
Der dritte Teil ist eine Liste der schönsten Ereignisse, die wir miteinander erlebt haben. Es sind die schönsten gemeinsamen Erlebnisse, die wir teilen durften.
Jeder in der Ehe soll diese Listen für sich allein schreiben, also getrennt voneinander. Das heißt, eine Liste mit den positiven Eigenschaften vor der Eheschließung, eine zweite mit den positiven Eigenschaften seit der Eheschließung und eine dritte mit den schönsten gemeinsamen Ereignissen.
Falls du möchtest, kannst du eine vierte Liste anfertigen. Diese enthält all die schönsten Dinge, die dir aus dem gesamten Eheleben einfallen. Dabei geht es nicht nur um die schönsten Ereignisse, sondern um alle positiven Aspekte des gemeinsamen Lebens.
Die Aufgabe soll in einer feierlichen Stunde vollendet werden. Dabei kann eine Kerze brennen, es gibt schönes Essen, eine passende CD läuft im Hintergrund. Wichtig ist, dass man nicht schlürft oder rülpst, sondern aufmerksam zuhört.
Zuerst erzählt die Frau ihre erste Liste, dann erwidert der Mann mit seiner ersten Liste. Dabei spricht man über die Dinge, die schon lange zurückliegen, die einem die Augen geöffnet haben, die andere Person zu sehen und lieben zu lernen.
Ich bin kein wettender Mensch, aber ich gehe davon aus, dass hier und da Tränen der Dankbarkeit fließen werden. Auf jeden Fall wird Freude spürbar sein, wenn man zurückdenkt. Übrigens sind diese guten Eigenschaften von damals wahrscheinlich noch vorhanden und in vermehrter Form in fast jeder Situation der Ehe. Dafür dankbar zu sein und diese Dankbarkeit dem Partner mitzuteilen, ist wichtig. Man sagt also: „Damals hat mir an dir so gut gefallen...“ – positiv und ehrlich.
Dann wird die zweite Liste vorgetragen. Falls das Austauschen der ersten Liste und das Gespräch darüber viel Zeit in Anspruch nehmen, sollte man sich für die zweite Liste einen anderen feierlichen Abend vornehmen. Auch bei der zweiten Liste geht es darum, die guten Eigenschaften seit der Eheschließung zu benennen.
Diese Liste wird dem anderen vorgelesen, und man erklärt, in welchen Situationen man diese Eigenschaften besonders wahrgenommen hat. Zum Beispiel: „Diese Eigenschaft zeigt sich dort und dort, und auch in jener Situation kommt sie immer wieder zum Vorschein. Das gefällt mir so sehr an dir.“ Dem anderen das zu bekennen, ist wichtig.
Dann folgt die dritte Liste mit den schönsten gemeinsamen Ereignissen. Davon gibt es viele, nicht wahr? Manche dieser schönen Ereignisse waren nicht leicht, manche sogar schmerzvoll.
Ein Beispiel ist die Ankunft unseres jüngsten Kindes, das fast zweimal gestorben wäre. Zu sehen, wie meine Frau sich so aufopfernd um ihn kümmerte und ihn stillen wollte, und was das für mich bedeutete – ihre Treue und ihre Opferbereitschaft – das war nicht nur ein Ereignis an einem Tag, sondern ein ganzes Jahr lang ein bedeutendes Geschehen.
Die Krankenhausbesuche mit vier Monaten und die täglichen Besuche dort – das gesamte Ereignis ist für mich ein positives und wachstumsförderndes Erlebnis in unserem Leben, das ich nicht missen möchte.
Es geht darum, die positiven Dinge aufzuzählen und zu feiern, einfach Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Es war wunderbar damals, und wenn man zurückblickt, sieht man diese Eigenschaften und Ereignisse in einem neuen Licht.
Persönliche Erfahrungen mit Wertschätzung und Dienstbereitschaft
Ich erzähle ganz kurz von einer Eigenschaft von Nancy, die mir sehr gut gefällt. Ich glaube, ich habe das hier noch nicht erzählt. Falls doch, bitte stoppt mich.
Ich habe das mit dem Telefonklingeln und dem Austricksen der deutschen Post noch nicht erwähnt. Wir hatten ein System: Telefonate kosten Geld, also signalisierten wir uns mit Klingeln, wenn das Mittagessen fertig war. Sie rief an, ließ einmal klingeln, dann zweimal – Mittagessen ist fertig. Wenn ich zurückrief und einmal klingelte, bedeutete das: Ich komme gleich. Wenn ich zweimal klingelte, dann dauerte es noch etwa zehn Minuten. So hatten wir unsere Signale und mussten nichts dafür bezahlen.
Oft war sie vormittags unterwegs. Leute kamen oft unangemeldet und unverhofft zu mir ins Büro, meist Ehepaare. Eines Tages sagte sie zu mir – ich glaube, sie hat die Gabe der Gastfreundschaft – und zwar: „Roger, wer auch immer kommen mag, wenn du sie einladen möchtest und Zeit hast, lade sie einfach zum Mittagessen ein. Wenn ich einkaufen bin oder unterwegs, macht das gar nichts aus. Bring sie einfach heim zum Mittagessen.“
Ich habe das nicht oft in Anspruch genommen, denn meistens konnte ich sie anrufen und ihr Bescheid geben, dass ich jemanden mitbringe. Aber oft war sie unterwegs und ich konnte sie nicht erreichen – damals hatten wir ja keine Handys. So kam es öfter vor, dass Leute da waren, ein Paar oder so, und ich sagte: „Ich möchte euch zum Mittagessen einladen.“ Dann fragten sie: „Deine Frau weiß nichts davon?“ Das war aber okay. Sie hatte das schon geregelt. Sie legte immer ein paar Scheiben Brot extra bereit, etwas Wasser für die Suppe, um die Mahlzeit zu verlängern, und alles, was nötig war, um genügend Essen zu haben.
Wir liefen dann nach Hause und kamen durch die Tür. Ihre Reaktion auf die Gäste war immer sehr bezeichnend: Sie freute sich. Die Gäste dachten oft, jetzt würde sie ausrasten – denn welcher Ehefrau kann man das antun, dass jemand unerwartet Gäste mit nach Hause bringt? Aber meine Frau wollte so sehr am Dienst beteiligt sein, dass sie bereit war, auch uneingeladene Gäste sofort aufzunehmen. Das habe ich öfter gemacht.
Und immer wieder kam diese positive Reaktion: „Oh, ich freue mich, dass ihr da seid! Herzlich willkommen! Hier sind die Mäntel, bitte stellt noch ein paar Teller auf, die Stühle sind hier, setzt euch bitte.“ Die Gäste waren immer verblüfft und verdutzt. „Wo gibt es denn so etwas?“, fragten sie. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie mit voller Leidenschaft am Dienst beteiligt war. Ihr solltet das auch wissen, denn das habe ich noch nicht erzählt.
Sechs Wochen waren wir in der Sprachschule in Radolfzell. Da fragte sie mich: „Roger, bist du sicher, dass du in Deutschland sein solltest?“ Sie meinte, ich müsse den falschen Mann geheiratet haben, denn sie würde diese Sprache nicht lernen können. Sie sagte: „Ich glaube, wo Gott beruft, da gibt er auch die Fähigkeiten, die Berufung zu erfüllen. Aber ich werde Deutsch nicht lernen können. Also bin ich am falschen Platz und mit dem Falschen verheiratet.“ Sie hat nicht gelacht, und ich erst recht nicht.
Die Anfangsjahre in Deutschland waren für meine Frau furchtbar, schwere Jahre der inneren Umstellung. Es dauerte eigentlich siebzehn Jahre, bis sie sich innerlich vollständig mit Deutschland identifiziert hatte. Als dann der Ruf aus Amerika kam, dorthin zu ziehen und zu unterrichten, zog sie am „Bremshebel“ wie sonst was. Sie wollte hierbleiben. Gott hatte sie innerlich mit Deutschland verbunden, aber das brauchte lange, lange Zeit.
Trotz all dieser Jahre hat sie ihren Dienst so wundertreu ausgeübt, obwohl es schwer für sie war. Das heißt, sie kämpfte damit, in Deutschland zu sein, aber nicht damit, im Dienst zu stehen. Sie diente. Eine tolle Frau, wirklich eine tolle Frau.
Unterschiedlichkeit in der Ehe als Geschenk Gottes
Ich möchte eine zweite Gruppenliste von Eigenschaften nennen. Dabei habe ich hier positive Dinge aufgelistet. Für diese zweite Gruppe möchte ich 1. Korinther 12 aufschlagen. Ich lese ab Vers 12:
„Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes, obwohl sie viele sind, ein Leib sind – so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft worden, ob Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist erfüllt.“ (1. Korinther 12,12-13)
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn der Fuß spräche: „Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib“, gehörte er deswegen nicht zum Leib? Natürlich gehört er zum Leib. Und wenn das Ohr spräche: „Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib“, gehörte es deswegen nicht zum Leib? Wenn der ganze Leib Augen wäre, wo bliebe das Gehör? Und wenn der ganze Leib Ohr wäre, wo bliebe der Geruchssinn? Nun aber hat Gott die Glieder eines jeden Einzelnen im Leib so eingefügt, wie er es gewollt hat. (1. Korinther 12,14-18)
Das bezieht sich natürlich auf die Gemeinde, aber Familie ist genauso. Wir sind nicht alle gleich. Preis den Herrn, dass Frauen nicht gleich sind wie Männer. Und genauso: Preis den Herrn, dass Männer nicht gleich sind wie Frauen, sonst erübrigt sich eine Gruppe. Gott hat uns unterschiedlich gemacht.
Wisst ihr, was man oft am Anfang der Ehe tut? Vielleicht auch heute noch, nach vielen Jahren oder Jahrzehnten Ehe, gibt es die Tendenz, sich zu wünschen, der andere wäre wie ich. „Warum bist du so? Warum denkst du anders? Warum reagierst du so? Warum reagierst du nicht wie ich? Immer so ruhig, alles gelassen, nicht mit dieser temperamentvollen Aufregung und und und?“ So reden wir zueinander.
Nun habe ich eine wahre Begebenheit, die nicht nur einmal, sondern zigmal bei uns in Deutschland vorkam. Ich möchte zurückgreifen auf das, was Wilfried nach der zweiten Stunde gesagt hat: Hier gilt es nicht, links und rechts zu stupsen, denn die Geschichte, die ich erzähle, wird von vielen nachvollzogen werden können.
Wir wurden am Sonntagnachmittag eingeladen. Um 15:30 Uhr war Kaffeezeit. Die Leute, die uns eingeladen hatten, wohnen 35 Minuten von unserer Wohnung entfernt. Das heißt, wir sollten um zehn vor drei zum Auto gehen, um wenigstens um acht vor drei loszufahren. So könnten wir die fünfunddreißig Minuten hinter uns bringen und zeitlich ankommen. Das ist natürlich knapp, aber machbar.
Zwölf vor drei fällt Nancy ein: „Ich brauche noch ein Geschenk als Gastfreundschaftsgeschenk.“ Das ist eigentlich kein Problem, denn meine Frau hat einen Geschenkschrank, der voll mit Geschenken ist. Also wusste ich, das braucht nicht viel Zeit. Sie geht und holt sich ein kleines Geschenk.
Dann muss das Geschenk verpackt werden. Dafür braucht sie Packpapier. Sie holt Packpapier. Dann muss die Schleife zur Farbgebung des Packpapiers passen. Sie sucht die richtige Schleife. Dabei holt sie hier und da Schleifen, die nicht passen. Es ist jetzt vier vor drei.
In meiner Aufregung sage ich: „Wir müssen fahren!“ Aber sie muss die richtige Schleife haben. Ganz ehrlich gesagt, habe ich oft gedacht: „Warum ist sie so ungeistlich, dass sie sich mit den Details abgibt?“ Sie hat es nicht so gesagt, aber ich vermute, sie hat öfters gedacht: „Warum ist er so ungeistlich, dass er sich niemals um Details kümmert?“
Die meisten Männer unter uns haben Probleme mit Details. Stimmt das, oder habe ich recht? Ja, und die meisten Frauen sind oft detailliert begabt. Sie können viele Details miteinander verbinden und das alles auf einmal. Multitasking bis zum Gehtnichtmehr. Wir Männer haben diese Gabe nicht.
Ich bekam als Geschenk vom Herrn für ein Jahr eine Sekretärin. Ein paar Sätze von ihr änderten mein Leben. Sie sagte zu mir: „Roger, ist dir je aufgefallen, dass es fast gar keine männlichen Sekretärinnen gibt?“ Nein, noch nie darüber nachgedacht, musste ich zugeben.
Sie war Sekretärin bei einem großen Ölkonzern im Hauptbüro in Kalifornien, bei einem Vizepräsidenten dieser Firma. Sie sagte: „Die Männer gehen hinein, wollen Öl in Saudi-Arabien oder anderswo suchen. Sie haben große Ideen, laufen mit diesen großen Ideen aus dem Raum und werfen die Aufgaben auf die Schreibtische der Sekretärinnen mit der Bitte: ‚Verwirkliche das!‘“
Und die ganzen Telefonanrufe, Verbindungen und was sonst noch dazugehört, um diese Ideen umzusetzen – das machen die Frauen. Da ging mir ein Licht auf. Ich sagte mir: „Die Detailbegabung meiner Frau ist eine Gabe von Gott und nicht irgendetwas Sündiges.“
Wir heirateten 1965, und das war 1983. Das ist nicht sehr gut, so lange im Nebel, im Dunkeln ertappt zu werden. Meine Güte, habe ich gedacht, die ganze Zeit habe ich gejammert, dass sie nicht ist wie ich.
Und das ist keine Einbahnstraße von männlich zu weiblich. Ich habe es zigmal auch umgekehrt gehört: weiblich zu männlich. „Warum denkt er nicht daran? Warum denkt er nicht daran? Warum denkt er nicht daran?“
Zuhause haben wir eine Sache erfunden, damit ich nicht ständig meine, sie nörgelt. Wir haben ein kleines Schächtelchen. Mein Büro ist im Keller, unser Keller ist ausgebaut, hat Teppich und so weiter, und dort habe ich mein Arbeitszimmer.
Wenn Dinge anstehen oder sie mich an etwas erinnern will, braucht sie mich nicht anzurufen, es mir nicht zu sagen oder es mir fünfmal zu wiederholen. Ich bitte sie, ein Stück Papier zu nehmen und es aufzuschreiben. Dann habe ich es fest in der Hand, es ist ein Dokument, ein Schriftstück. Jedes Mal, wenn ich es anschaue, erinnert es mich.
Wir teilen uns diese Schriftstücke. Ich gebe ihr meine Nachrichten, sie ihre. Natürlich sprechen wir über vieles, aber wir müssen keine Zeit verschwenden, einander zu suchen, um alle Mitteilungen zu machen, weil wir sie so austauschen.
Ich komme rein, sie hat im Laufe des Tages einige Dinge aufgeschrieben – Zettel rein, Zettel rein, Zettel rein. „Hallo Roger!“ Wir umarmen uns, sprechen über viele Dinge, und all diese Dinge braucht sie nicht im Kopf zu behalten, sie hat sie schon schriftlich mitgeteilt.
Ich lese die Sachen, sage: „Du hast hier und hier und hier gesagt, das und das habe ich schon gemacht“ und so weiter, erkläre, hake ab, erledigt. Wir kommunizieren oft so miteinander, und ich bin sehr froh, dass wir diese Methode für uns entwickelt haben.
Wertschätzung der Unterschiedlichkeit als Grundlage für Dankbarkeit
Was ich als zweite Aufgabe geben möchte, ist, nach den positiven Dingen auch die Unterschiede des anderen aufzuzählen, die es zu feiern gilt.
Der Mann soll aufschreiben, wie sie unterschiedlich ist, und dabei dankbar für diese Unterschiede sein. Es gibt davon eine Menge. Dankbar zu sein dafür, dass du so bist, wie du bist, und dass mir das gefällt. Diese Liste soll erstellt werden.
Anschließend sollen diese Dinge dem anderen in einer Sitzung mitgeteilt und darüber gesprochen werden.
Ich vermute fast, dass manche sagen würden: „Ha, das habe ich nie gewusst, dass es dir gefällt. Schön, das ist mir neu.“ Oft denken wir solche Dinge, aber wir teilen sie nicht mit.
So haben wir eine Möglichkeit, die Dankbarkeit auszudrücken und mitzuteilen.
Umgang mit Konflikten und negativen Erfahrungen in der Ehe
Und eine dritte Liste und eine dritte Aufgabe
In jeder Ehe gibt es negative Dinge. Ich habe gestern in der Kommunikationsstunde gesagt, dass in vielen Ehen nicht mehr über dies, das und jenes gesprochen wird, sondern über viele andere Dinge. Es ist eine „Salz-und-Pfeffer-Kommunikation“, also Belangloses.
Ich denke, wenn in eurer Ehe negative Dinge vorhanden sind, die verarbeitet werden müssen, dann solltet ihr diese auf Listen festhalten. Ich würde sie priorisieren, also das Wichtigste und Schwerste, was noch nicht verarbeitet wurde, an erste Stelle setzen, dann das Zweite und das Dritte. Ich würde sie in dieser Reihenfolge auflisten.
Der Grund, warum ich das als dritte Aufgabe gebe, ist: Niemals dort beginnen. Zunächst sollte man mit den Dingen anfangen, für die man dankbar ist. Wenn du mit der negativen Liste beginnst, startest du mit dem schwarzen Punkt. Die Sicht ist dann falsch, der Ausgangspunkt ist falsch. Es ist leicht, wieder in Schwarzseherei und böse Verdächtigungen zu verfallen.
Dieses negative Denken prägt uns. Ich habe vorhin den Pessimismus der Deutschen erwähnt. Aber ganz ehrlich: Er ist nicht nur durch Deutschland geprägt. Auch ich neige manchmal dazu, pessimistisch zu sein – nicht immer, aber manchmal. Und es ist nicht eure Schuld, es ist nicht die Schuld der Deutschen, dass ich so bin. Sondern es ist meine eigene Entscheidung, manche Dinge von der negativen Warte aus zu betrachten.
Einmal an unserer Schule, als wir in einer Krise waren – ich leitete zu der Zeit den geistlichen Bereich an der Schule – habe ich eine ähnliche Aufgabe gegeben: Jeder sollte zehn positive Dinge an dieser Schule aufschreiben. Man durfte nur zwei negative Dinge notieren. Einer beschwerte sich und fragte, warum nur zwei negative Punkte erlaubt seien, es gäbe doch so viele Fehler. Ich sagte ganz bewusst: nur zwei.
Dann habe ich die Listen der positiven Dinge getippt und vervielfältigt. All die Dinge, die anderen gefallen hatten, wurden verteilt. Als sie ausgeteilt wurden, hörte ich: „Das habe ich nicht gewusst.“ – „Ich habe nicht gewusst, dass jemand so denkt.“ – „Oh, das gefällt mir.“
Wenn wir in negatives Denken hineinfällen, teilen wir die positiven Dinge nicht mit. Wir grübeln und sehen nur das Schwarze. Was wir brauchen, ist es, ständig – wie in 1. Thessalonicher 5,18 – Dankbarkeit für das Positive zu zeigen.
Wenn wir von dort aus auf die Straße gehen, um ein paar der negativen Dinge aufzugreifen, dann haben wir schon einige wunderbare Stunden hinter uns, in denen wir das Positive aufgezählt haben. Das, was uns damals verbunden hat und was uns noch verbindet, ist noch da.
Nun sind wir in der Lage, ein paar der negativen Dinge zu verarbeiten, nachdem wir die Lage so vom Positiven aus betrachtet haben.
Die Realität von Not in Ehe und Gemeinde
Geschwister, wir alle brauchen Wachstum. Wenn ihr wüsstet, welche Not mir in den wenigen Stunden hier in dieser Gruppe zugetragen wurde, dann wäre ich völlig und hundertprozentig davon überzeugt. Ich habe nur ein paar Krümel von diesem Berg an Not mitbekommen, in der kurzen Zeit, die wir hatten. Manche von euch könnten Geschichten erzählen von herzzerreißender Not, von schwerem Leiden im Herzen, von Enttäuschung, von Verbitterung und vielem mehr.
Ich habe nur von einer Handvoll von euch von diesen Nöten gehört. Das ist offensichtlich, denn in jeder Gemeinde ist es so. Hier möchte ich in der Verkündigung etwas sagen, das Ehe, Familie und Gemeinde betrifft. Meine Verkündigung ist und war stark geprägt von der Seelsorge. Sie wird von der Seelsorge informiert.
Ich gehe davon aus, dass hier Misshandelte, Missbrauchte und Betrogene sind. Hier sind Leute, die wahrscheinlich Pornosucht betreiben, solche, die von der Gemeinde gestohlen haben, und andere, die dies und jenes getan haben. Das heißt nicht, dass ich euch nicht als Gotteskinder sehe. Ich weiß nur aus Erfahrung, wie viel in einer Gruppe von zweihundert Personen vorhanden ist. Ganz im Gegenteil, ich freue mich über das gute Werk Gottes in euch. Doch viele Dinge liegen unter der Oberfläche, sichtbar nur für Gott.
Man tut oft so, als sei alles in Ordnung. In vielen Gesprächen in Deutschland habe ich gehört: Nach außen hin taten wir so, aber innen drin war alles voller Krebs, alles krank. Hinter verschlossenen Türen in der Familie war es unheilvoll.
In der Verkündigung in unseren Gemeinden dürfen wir niemals an diesen Nöten vorbeireden. Wir müssen in die Not hineinsprechen. Die Jüngerschaft in der Verkündigung und im Eins-zu-eins muss diese Not aufgreifen. Gibt es finanzielle Not, dann braucht es Schulungen darüber, wie man Finanzen in der Familie regelt. Gibt es sexuelle Not, dann braucht es Schulungen darüber, wie man damit umgeht. Gibt es Erziehungsnot, dann sind fortlaufende und andauernde Schulungen notwendig, wie man Erziehung gestaltet.
Wir haben in diesen wenigen Stunden, wie ihr merkt, nur ein wenig an der Oberfläche des gesamten Themas gekratzt. Das Thema ist gewaltig groß. Viele Bücher sind darüber geschrieben worden. Wer denkt, wir machen einfach so weiter, ohne uns weiter zu informieren, ohne weiter zu studieren und ohne im Wort Gottes zu forschen, um es besser zu machen, der ist unweise.
Wir brauchen mehr Informationen und die Fülle des Geistes. Das, was wir ohnehin schon wissen, müssen wir in die Tat umsetzen. Aber in der Verkündigung dürfen wir niemals am Leben vorbeireden. Wir müssen das Wort Gottes ins Leben hineinsprechen. Wir leben in der Gemeindefamilie sowie in Ehen und Familien, in denen große Not herrscht.
Ich denke, ein Grund, warum ich immer wieder gebeten werde, in ausländischen Gemeinden über Ehe und Familie zu sprechen, ist, dass ich durch die Zeit in Stuttgart und die vielen Jahre Erfahrung ein Bild davon gesammelt habe, wie es in Familien zugeht. Und ich kann das auch praktisch ansprechen.
Aber ich bitte euch: Ich bin nicht der Einzige auf der Welt. Schult euch und holt Männer und Frauen Gottes, die hier helfen können – auch bei der Not in deutschen Ehen und Familien. Ich weiß von einer aktuellen Gemeindesituation, in der eine Familie dringend Hilfe von der Gemeinde braucht. Doch die Gemeinde ist total erkrankt. Die Familie ist wie eine Glasscheibe, die auf den Boden gefallen ist. Sie leidet darunter und hat sich in der vergangenen Woche von der Gemeinde abgemeldet.
Die Familie hat Krankheitsnot in der Beziehung. Die Gemeinde ist jedoch nicht fähig, der Familie zu helfen. Stattdessen beschießt die Gemeinde die Familie mit Kritik und Nörgelei. Ich denke: Oh Herr, wenn deine Gemeinde sich wie eine lebendige, gesunde Gemeinde verhalten würde, dann bräuchte das Ehepaar Unterstützung, Gebet, Tränen, Umarmung und Begleitung – und nicht Abweisung.
So sind diese beiden Bereiche miteinander verbunden: Die Familie ist eine Gemeinde im kleineren Format. Der Mann ist der Pastor, die Frau und die Eltern leiten die Kinder und schulen sie. Die Gemeinde ist das größere Format, die Ältesten leiten sie. Sie dürfen voneinander lernen und sich gegenseitig helfen, wenn sie gesund sind.
O Herr, hilf, dass wir gesunde Ehen und gesunde Gemeinden erleben.
Gebet um Erneuerung und Stärkung in Ehe und Gemeinde
Wir wollen uns zum Gebet erheben.
Vater im Himmel, erbarm dich über uns. Oh, wir brauchen dich. Unsere Ehen brauchen Hilfe, unsere Familien. Ich habe so viele Nöte gehört. Dabei ist mir klar geworden, dass viele meiner lieben Geschwister niemanden vor Ort haben, mit dem sie sprechen können. Niemanden, bei dem sie nicht in Frage gestellt oder abgestoßen werden. Niemanden, von dem sie nicht richtende Stimmen hören.
Was, du erlebst so etwas? Dabei haben die Richtenden wahrscheinlich selbst so viel unter der Decke, was sie verstecken. Sie sollten sich schämen, wenn sie solche Worte benutzen.
Herr, erbarme dich über deine Gemeinde hier in diesem kostbaren Land. Deutschland ist dir so kostbar, Herr. Dieses herrliche Volk mit so viel geistlichem Potenzial und so viel Not.
Schenke eine Erweckung der christusähnlichen Liebe in deutschen Ehen und Familien. Und Herr, wir haben das Thema der Ledigen überhaupt nicht angeschnitten. So viele Unverheiratete leben zusammen, und es gibt so viel Not unter den Ledigen. Auch daher erbarme du dich.
Wir bitten dich, Herr, wenn die Posaune erschallt und du deine Gemeinde heimholst, dass wir dabei sind. Hilf uns, unser Bestes zu tun, um dir zum Gefallen zu leben, indem wir dich, Herr Jesus Christus, der Welt präsentieren.
Herr, hilf den Ehemännern unter uns, dass sie gute Repräsentanten von Jesus sind. Hilf den Ehefrauen, dass sie gute Repräsentanten der Gemeinde sind. Und hilf, dass alle Menschen dich und dein Wesen an uns sehen – dir zur Ehre. Amen.