Einzigartigkeit des Sohnes Gottes im Glauben
Es war ein Befreier, wie Mose es für das Volk Israel war – der Erlöser, ein Fürbitter. Er sagte: „Lieber nimmst du mich weg, lieber gebe ich mein Leben, aber lass sie am Leben.“ Lieber möchte er stellvertretend für sie eintreten. Einer, der wie Mose von Angesicht zu Angesicht mit Gott reden konnte und wusste, was vor Gott wichtig ist.
Heute geht es um das Thema „Der Sohn“. Im Glaubensbekenntnis sagen wir ja: „Ich glaube an Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes.“ Im Konfirmandenunterricht ist das mit dem „Eingeborenen“ oft eine schwierige Sache. Was heißt das eigentlich? Manche sagen: „Wo gibt es denn Eingeborene?“ Ja, bei den Indianern oder auf Tahiti. Das sind Menschen, die dort ursprünglich herkommen. Gibt es hier eingeborene Menschen? Zum Beispiel von Genkingen, Erpfingen oder Undingen? Ich bin eingeborener Schwarzwälder, da gehöre ich hin. Alles andere sind spätere Stationen.
Jesus ist der einzige, der ganz zur Welt Gottes gehört – der eingeborene Sohn Gottes. Dort gehört er hin. Aber der Haupttitel ist „der Sohn“. Es gibt sogar Stellen in der Bibel, da wird überhaupt nicht mehr von Jesus oder vom Sohn Gottes gesprochen, sondern nur noch davon, dass „wer den Sohn hat, das Leben hat, und wer den Sohn nicht hat, das Leben nicht hat.“
Heute verstehen manche Menschen das nicht mehr richtig. Sie denken, es geht um den Stammhalter, nicht wahr? Bloß wer einen richtigen Sohn hat, der hat das Leben, sonst geht die Firmung daneben, oder? Nein, es geht um den Sohn Gottes. So sehr war dieser Würdetitel Jesu, dass ohne alle anderen Namen nur vom Sohn gesprochen werden konnte. Im Hebräerbrief, gleich im Kapitel 1, heißt es: „Gott hat den Sohn zum Erben gemacht, über alles den Sohn.“
Darüber wollen wir heute Abend reden. Aber jetzt lassen Sie mich an einer ganz anderen Stelle anfangen.
Die besondere Gemeinschaft mit Christus
Ist Ihnen eigentlich klar, was das ganz Besondere an unserem Christusglauben ist? Was das besonders Wertvolle und Schöne ist, die ganze Tiefe und Weite unseres Glaubens an Christus?
Als ich in Schörndorf war, wurde dort einmal ein Sonntagmorgen-Gottesdienst im ZDF übertragen – mit riesigen Vorbereitungen. Die Beleuchter kamen und probten zwei Abende lang. Dann kamen die Mittenaufbauten, und anschließend die Akustikexperten. Am Schluss fragte ich den Redakteur, über was ich eigentlich predigen solle. Er antwortete: „Das, was das Wichtigste in der Kirche ist.“
Da hat mich der Hafer gestochen, und ich fragte: „Was ist denn das Wichtigste in der Kirche?“ Er sagte mit Tränen in den Augen: „Vergebung der Schuld.“ Nachdem ich etwas von seiner Lebensgeschichte gehört hatte, verstand ich, warum er das sagte. Vergebung der Schuld ist für ihn das Allerwichtigste.
Aber ich denke, es gibt etwas, das noch wichtiger ist. Es hängt eng mit der Vergebung der Schuld zusammen: Jesus möchte in ganz unvorstellbarer Weise jedem von Ihnen und mir Gemeinschaft schenken.
Herr Jesus hat einmal gesagt: „Wie die Rebe am Weinstock ist, so seid ihr an mir.“ Diese ganz schwache Rebe am unscheinbaren Weinstock zieht ihre Kraft aus ihm. Wenn man im Frühjahr einen Weinstock sieht, an dem nur ein paar Triebe hängen, und jemand sagt, da hängen Trauben dran, die man essen kann, würden wir, wenn wir es nicht besser wüssten, sagen: „Das ist technisch unmöglich. Das gibt es doch gar nicht. Es kann nicht sein.“
Doch der Weinstock gibt seine ganze Kraft an diese schwachen Reben weiter, damit Frucht entsteht. So sagt Jesus: „Bleibt in mir, so bleibe ich in euch.“ Noch am Kreuz sagte er dem mit ihm Gekreuzigten: „Du wirst mit mir im Paradies sein.“
Es gibt eigentlich nur ein Beispiel aus unserer Erfahrungswelt, das uns klarmachen kann, wie das gemeint sein könnte. Es ist das Wachsen im Leib unserer Mutter. Wir haben alle sehr verschiedene Lebensschicksale, aber eines wissen wir: Wir wurden alle im Leib einer Mutter getragen, genährt und vorbereitet auf dieses Leben.
In dieser liebevollen Nähe, Wärme und Wachstumsmöglichkeit möchte Jesus uns haben.
Man kann es auch mit technischen Vergleichen ausdrücken. Der indische Evangelist Sadhu Sundar Singh hat gesagt: Die Beziehung zwischen Jesus und ihm sei wie die Holzkohle. Holzkohle ist leicht, staubig und schwarz. Wenn jemand nur Steinkohle kennt, würde er sagen: „Das ist doch keine Kohle, so etwas Leichtes. Es kann doch keine Wärme geben, aus Holzabfall oder verrottetem Holz.“
Aber wenn die Holzkohle mit der Flamme in Verbindung kommt, verändert sich sogar ihre Farbe. Sie wird rot, glühend und strahlt Energie aus.
So hat Sadhu Sundar Singh gesagt: Wenn wir staubige, dunkle Leute sind, an denen nicht viele stehen und denen man nicht viel zutraut, aber mit dem Feuer Jesu in Verbindung kommen, dann wird alles anders. Das ganze Aussehen verändert sich, aus uns kann etwas werden, und etwas strahlt aus.
In unserem Bekenntnis heißt es: „auf dass ich sein Eigen sei und in seinem Reich unter ihm, mit ihm lebe.“
Vielleicht wird es am deutlichsten im Mahl Jesu, wenn uns unter Brot und Wein gesagt wird: „Du, ich bin für dich da. Nimm es in dich hinein. Du darfst hinein essen und in dich hineinschlucken. Ich möchte ganz mit dir verbunden sein.“
Der große Jesus Christus legt Wert darauf, mit mir und mit Ihnen verbunden zu sein – die Kraft unseres Lebens zu sein.
Wie oft bin ich davon entfernt, dass ich nur noch in ein paar Winkeln des Tages ein bisschen Zeit für Jesus habe, wenn es hochkommt. Deshalb bin ich so froh, dass ich jetzt zuerst über die innige, enge Gemeinschaft sprechen kann, die Gott der Vater mit dem Sohn hat.
Da ist der Stein ins Wasser geworfen, der jetzt Wellen schlagen kann bis zu uns hin. Das geschieht, weil es diese enge Gemeinschaft zwischen dem ewigen Gott und seinem Sohn Jesus Christus gibt. Das soll Folgen haben, Konsequenzen für uns.
Die Bedeutung der Bibel und das Gebet Jesu im Johannesevangelium
Ich habe gestern darum gebeten: Wenn Sie nicht da waren, sind Sie entschuldigt. Sie sollen auch die Bibel mitbringen. Wenn wir Bibeltage haben, brauchen wir die Bibel, genauso wie Chormitglieder, wenn sie singen wollen, ihre Noten brauchen.
Unvergesslich ist, wie schön und tröstlich Sie bei der Beerdigung von Frau Pfarrerin Breitmaier gesungen haben. Herzlichen Dank, dass Sie heute Abend hier sind. Aber wir brauchen unser Notenbuch, also die Bibel. Wenn Sie sie dabei haben, bitte ich Sie, im Neuen Testament aufzuschlagen.
Zwei Drittel der Bibel sind das Alte Testament, ein Drittel das Neue Testament. Zwei Drittel bilden die Bibel Israels, ein Drittel das Christusbuch. Im Neuen Testament finden wir die Evangelien Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.
Wenn Sie die Bibel dabei haben, schlagen Sie sie bitte auf. Ansonsten lade ich einfach für morgen noch einmal ein: Bitte bringen Sie die Bibel mit!
Wir lesen aus Johannes 17, das große Gebet. Jesus hob die Augen auf – so heißt Vers 1 in Kapitel 17 – und sprach: „Vater, die Stunde ist da, verherrliche den Sohn, damit auch der Sohn dich verherrliche.“
Dann geht es weiter. Wir überspringen einige Verse und lesen Vers 5: „Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ Bevor unsere Welt gegründet wurde, das Universum, war der Sohn schon beim Vater.
Manche Theologen haben gesagt, Jesus sei irgendwann durch Gott adoptiert worden. Doch Jesus hat das anders gesagt: „Von Ewigkeit her gehöre ich zu dir.“ Und der Vater hat uns den Sohn in unsere Welt hineingegeben, damit wir wissen, wie wichtig wir ihm sind.
Jetzt lesen wir aus diesem großen Gebet, Johannes 17, bei den Versen 21 weiter: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein.“ So wie ich in dir lebe, Vater, mit dir verbunden bin, so sollen auch die, die zu uns gehören, ganz eng mit uns verbunden sein.
Vers 22: „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind; ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst.“
„Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast.“
Liebe Brüder und Schwestern, es kommt alles darauf an, dass der Herr Jesus so über uns beten darf: „Vater, ich will…“ – und jetzt setzen Sie Ihren Namen ein. Bei mir ist das der Rolf Schäffbuch, dann setzen Sie Ihren Namen ein.
Bei mir und in deiner Herrlichkeit – trotz meines armseligen Lebens – wenn der Herr Jesus sofort zum Vater bittet, ist alles gut. Wir sollten bloß nicht sagen: „So arg will ich es nicht, so eng, so fromm will ich es nicht.“
Der Herr Jesus möchte uns in die Herrlichkeit hineinziehen, in die Verbundenheit mit dem Vater.
Alttestamentliche Verheißungen und Jesu Selbstverständnis als Sohn
Das Alte Testament ist voller Hinweise darauf, dass uns Gott, der ewige Vater, den Sohn geben will. Der Sohn war schon vor der Gründung der Welt bei ihm. Er kommt, damit er weiß, wie es bei uns aussieht, damit wir wissen, dass er uns kennt und unsere Welt versteht.
Im Psalm 2 heißt es: „Du bist mein Sohn.“ In die tobende Welt will Gott diesen Sohn hineingeben. Dem König David wurde verheißen, dass nach ihm jemand erweckt wird, der Gottes Sohn sein soll und dessen Vater Gott selbst sein wird.
Eines der schönsten Worte findet sich in Jesaja 9. Manche kennen es, mir wurde es im März 1945 besonders wichtig. Damals war ich während des Kriegs evakuiert in Hülben. Es war Konfirmation, und den ganzen Tag über gab es ständig Voralarm, Hauptalarm und Entwarnung. Wir konnten nur den Gottesdienst in Brügeles feiern.
Schließlich bekam ich meinen Konfirmationsspruch, und ich war enttäuscht. Es war sicher ein Spruch, der übrig geblieben war. Während der Hitlerzeit durften keine Konfirmationssprüche gedruckt werden, aber jeder Pfarrer hatte zu Hause noch ein Bügel mit Sprüchen, die man nicht so gern austeilte oder die nicht so passend erschienen. Zum Beispiel „Selig sind, die geistlich arm sind“ oder Ähnliches.
Und jetzt bekam ich einen Spruch, bei dem ich dachte: Der passt zu Weihnachten, aber doch nicht als Konfirmationsspruch. „Uns ist ein Kind geboren, der Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter. Er heißt Wunderrat, Gottheld, Ewigvater, Friedefürst.“
Ich muss Ihnen sagen, seit meinem vierzehnten Lebensjahr ist mir dieses Wort ganz zentral geworden. Es zeigt die ganze Liebe des Vaters, der uns den Sohn gegeben hat – voll göttlicher Vollmachten, voller göttlicher Kraft und Weisheit. Ich habe nur etwa zwölfhundert Gramm Verstand, mein Gehirn da oben, aber jetzt ist er der Wunderrat, der uns gegeben ist. Der Sohn ist uns gegeben.
Das Alte Testament ist also voll mit Ankündigungen: „Ich will euch armen Menschen den ewigen Sohn geben.“ Jetzt kommt Jesus.
Wenn man die Evangelienberichte liest, merkt man, dass Jesus wusste: „Ich bin der Sohn.“ Der Sohn kann nichts von sich selbst tun. Er tut nur, was er den Vater tun sieht. Ein wunderbares Wort dazu lautet: „Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in die Hände gegeben.“
Am Grab des Lazarus spricht Jesus: „Vater, ich weiß, dass du mich allezeit hörst.“ Das ist ein Wort des Sohnes in großem Vertrauen. Zu Gott hat er immer Zutritt, und er weiß, dass Gott ihn hört.
In Matthäus 11 heißt es: „Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.“ Für mich sieht es so aus, als seien die innigsten Verbundenheiten Jesu mit dem ewigen Gott besonders komprimiert, je näher es ans Leiden geht.
Jesus sagt seinen Jüngern: „Es kommt die Stunde, dass ihr mich alle allein lasst.“ Doch er fügt hinzu: „Ich bin nicht allein. Der Vater ist bei mir.“
Ein anderes Wort ist das „Abba, Vater“ aus Gethsemane – ein vertrauliches Väterchen, Papa. Jesus sagt: „Ist es möglich, dann nimm diesen Kelch von mir, aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Und dann kommen die Worte vom Kreuz: „Vater, vergib ihnen, meinen Quälgeistern, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“ Bis hin zum letzten Wort: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Zweifel und Bekenntnis zum Sohn Gottes
Jesus wusste, dass er der Sohn Gottes war, aber die Menschen fragten sich, ob das wirklich so sei. Sie sagten: „Ist er wirklich der Sohn Gottes? Nein, er ist doch nur der Zimmermannssohn, der Sohn Josephs. Das ist doch vermessen, wenn dieser Zimmermannsgeselle aus Nazareth behauptet, er sei der Sohn Gottes.“
Auch die Jünger wussten es zunächst nicht. Jesus fragte einmal: „Für wen halten mich die Leute?“ Die Leute antworteten: „Vielleicht bist du einer der alten Propheten, der noch einmal gekommen ist, vielleicht bist du Johannes der Täufer.“ Dann fragte Jesus: „Und ihr, für wen haltet ihr mich?“ Petrus antwortete, erfüllt vom Heiligen Geist: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Jesus sagte darauf: „Das hast du nicht aus dir selbst erkannt, sondern mein Vater im Himmel hat es dir offenbart.“
Die Menschen hatten also nicht erkannt, dass er der Sohn Gottes ist. Deshalb wollen wir nun eine zweite Stelle anschauen. Wenn Sie die Bibel dabei haben, schlagen Sie bitte das Neue Testament auf, Matthäus 26. Diese Stelle ist sehr wichtig und vielen wohl vertraut. Wir lesen Matthäus 26, den Bericht vom Leiden Jesu, das Verhör vor dem Hohen Rat.
In Matthäus 26, Vers 63, spricht der Hohepriester zu Jesus: „Ich beschwöre dich beim lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.“ Jesus antwortet ihm: „Du sagst es.“ Daraufhin zerriss der Hohepriester seine Kleider und rief: „Er hat Gott gelästert! Was brauchen wir noch weitere Zeugen? Er ist des Todes schuldig!“
Für die Menschen war es eine Beleidigung Gottes, wenn dieser Schreiner aus Nazareth behauptete, er sei der Sohn Gottes. Der Sohn Gottes müsse doch von strahlender Herrlichkeit umgeben sein. Es dürfe keine Krankheit mehr geben, und Kriege müssten abgeschafft sein. Der Arme, der Sohn Gottes?
Doch Jesus sagt: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“ Drei Tage später erlebt er, dass Gott sagt: „Du bist in meinen Händen. Aus dir mache ich etwas.“
Die Bedeutung der Auferstehung und Gottes Beistand
Der Römerbrief beginnt mit der klaren Aussage, dass Jesus als Sohn Gottes durch die Auferstehung kraftvoll erwiesen ist. In der Auferstehung hat Gott deutlich gemacht: Das ist mein Sohn. Ihr könnt ihn verwerfen, ihr könnt ihn verachten, aber ich stehe zu ihm. Den sollt ihr nicht aufgeben dürfen, auf den will ich nicht verzichten – das ist meine Ehre.
Gott erweckt den Sohn und gibt ihn uns neu zurück. Ein Sohn ist uns gegeben, der von Ewigkeit her der Sohn war. Die Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, ist uns gegeben. Ein Sohn ist uns gegeben. Wozu? Wer ein Neues Testament oder eine Bibel hat, darf an dieser Stelle gerne in Römer 8 nachschlagen. Wir wollen ja gemeinsam daran arbeiten.
Römer 8, ab Vers 31: „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?“ Viele können gegen uns sein. Haben Sie auch Menschen, die nicht gut zu Ihnen sind, bei denen Sie den Eindruck haben, sie haben etwas gegen Sie und machen Ihnen das Leben schwer? Ich denke, es gibt kaum jemanden, der das nicht kennt – viele sind gegen mich.
Jetzt sagt Paulus: Wenn Gott für uns ist, was zählt das schon? Wer kann dann gegen mich sein? Dann habe ich den Stärksten auf meiner Seite. Aber woran erkenne ich, dass Gott für mich ist? Vers 32: „Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben.“
Das Stichwort ist „Sohn“. Nicht nur gegeben, sondern dahingegeben. In Jesu Worten heißt es: „Zur Erlösung dahingegeben, als Opfer.“ Wie sollte Gott uns mit ihm nicht alles schenken, wenn wir ihm so viel wert sind, dass er seinen ewigen Sohn uns Sündern an die Seite stellt?
Jesus kann mit uns Verständnis haben, er kann mit unseren Schwachheiten mitleiden. Er kommt mit seiner Gerechtigkeit, die alle Fehler und Pannen meines Lebens übersteigt. Was Jesus an Gerechtigkeit und Vollkommenheit besitzt, stellt alles in den Schatten, was in meinem Leben falsch laufen wird, bis ich meine Augen schließe.
Wie sollte Gott uns mit ihm nicht alles schenken? Er hat ihn dahingegeben als das große Opfer, als Erlösung. Der ewige Sohn Gottes wurde uns gegeben, für uns dahingegeben. Weil das wahr ist, kommt die letzte wichtige Stelle: Wir dürfen auch mit Jesus verbunden sein.
Weil Jesus sich so eng zu uns gestellt hat und mit uns verbunden sein will, dürfen auch wir mit ihm zu Gott Vater sagen. Es wäre vermessen, wenn wir mit einem der größten deutschen Dichter sagen würden: „Brüder, über dem Sternenzelt muss ein guter Vater wohnen.“ Es könnten Menschen sagen, die mit Jesus verbunden sind, alle anderen müssten vor der Herrlichkeit Gottes zittern.
Aber wenn Jesus uns in den Arm nimmt und sagt: „Hier sind ein paar ganz arme Leute, aber Vater im Himmel, für die trete ich ein“, dann dürfen wir zu Gott Vater sagen.
Die Einladung zur Gemeinschaft mit Gott durch Jesus
Schlagen Sie bitte auf, wenn Sie können. Es raschelt so wenig. Bringen Sie morgen die Bibel mit.
Johannes 20 – Auferstehungsbericht
Der auferstandene Jesus begegnet Maria von Magdala (Vers 17). In der Mitte sagt er: „Geh hin zu meinen Brüdern!“ Das waren Brüder, staubige Brüder, sagen wir nicht, die ihren Herrn verlassen haben, als es hart auf hart ging. Petrus wollte zwar noch bekennen, doch dann verlor er plötzlich den Mut.
Was sind das für Brüder? Jesus hätte sagen können: „Die sind für mich tot, von denen möchte ich nichts mehr wissen.“ Und jetzt sagt plötzlich der Auferstandene zu Maria: „Geh doch hin zu meinen Brüdern, diesen armen, schwachen Brüdern.“
Was soll sie tun? Sie soll ihnen sagen: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater. Sag ihnen, ich fahre auf zu meinem Gott und zu eurem Gott.“
Der auferstandene Jesus möchte so zu uns gehören. Er hat sich so für uns hingeben lassen, dass er plötzlich sagt: „Mein Vater im Himmel, der soll auch euer Vater sein.“ Ihr dürft mit ganz großem Zutrauen zu ihm kommen. Ihr dürft damit rechnen, so wie ich gesagt habe: „Ich kann nichts ohne den Vater tun. Der Vater hört mich allezeit. Der Vater hat mich lieb.“
„Ich darf mich an den Vater wenden, meinen Geist dir befehlen.“ So dürft ihr es auch sagen. Mit jedem neuen Tag fangen sie morgen an, am fünften November: „Vater, umgib mich. Vater, wirke du hinein in mein Wollen. Halt mich zurück. Gib mir ein ganz neues Gefühl für das, was dir wichtig ist und was dich traurig macht.“ Das könnten sie ja sagen.
Das sagt er eben so, wie man in der Kirche manches sagt. Aber ist es denn nötig, dass man so arg fromm ist?
Als ich als Prälat durch die württembergischen Gemeinden ging, hat mich schon erschreckt, in wie vielen Gemeinden es bei den Wiederbesetzungssitzungen hieß: „Haben wir wohl einen Pfarrer, der es nicht so arg fromm hat, der es nicht so oft mit der Bibel hat, der nicht immer bloß vom Glauben spricht, sondern die Probleme unserer Welt kennt?“
Wo sind wir eigentlich hingekommen?
Wenn Not in einer Ehe ist, wenn ein Zerbrechen droht, dann ist alles darauf gerichtet, dass wir die Ehe wiedergewinnen. Wenn unsere Kinder davonlaufen, dann rufen wir: „Junge, wo bist du? Mädchen, wo bist du? Komm doch mal wieder heim! Wir wollen unsere Kinder wiedergewinnen.“
Wenn jemand in Not ist, in Krankheit, dann möchte er seine Gesundheit wiedergewinnen. „Herr Doktor, wann komme ich raus aus dem Krankenhaus?“
Wir sollten doch wieder die ganze Verbundenheit mit dem lebendigen Gott wiedergewinnen wollen!
Liebe Freunde, es gab in Deutschland und besonders in Württemberg Zeiten, da waren viel, viel mehr Menschen ganz eng mit Gott verbunden. Bei uns ist oft in meinem Leben bloß wie ein Firnis drüber, ein brüchiger Firnis.
Ich möchte diese Verbundenheit wiedergewinnen.
Die Notwendigkeit eines lebendigen Glaubens und Gemeinschaft
Sehen Sie, wie ein Fisch das Wasser als sein Element hat. Außerhalb des Wassers muss er zugrunde gehen. So möchte Gott, dass wir in der Gnade Gottes, des Vaters, und in der Liebe Jesu wie in unserem Element leben – nicht nur ab und zu.
Ich bereite gerade eine Arbeitsgruppe für den kommenden Stuttgarter Kirchentag vor. Wir sind gebeten worden, das Anliegen des schwäbischen Pietismus, ja des deutschen Pietismus insgesamt, darzustellen. Es gab damals einen Pfarrerspänner, später Oberhofprediger und Senior in Frankfurt, der ein Anliegen hatte: Der christliche Glaube darf nicht oberflächlich sein. Es genügt nicht, nur sonntags im Gottesdienst präsent zu sein. Es genügt auch nicht, nur an Heiligabend dabei zu sein.
Es reicht nicht, sich nur an ein Bibelwort oder einen Konfirmationsspruch zu halten. Vielmehr müssen wir in die Fülle der Bibel hineinwachsen. Wir brauchen Brüder und Schwestern an unserer Seite, die mit uns den Weg gehen und sagen: „Du, was ist mit dir los? Ihr habt den Eindruck, du trägst eine Last in deinem Leben.“ Es muss wieder mehr seelsorgerliche Gespräche untereinander geben. Jemand muss sagen können: „Ich kann im Moment nicht mehr beten, ich bin so erschöpft. Bitte bete du für mich.“
Wir müssen viel intensiver in den Glauben eintauchen. Nicht, weil wir müssen, sondern weil es schade wäre, wenn uns das, was Jesus, der Sohn, anbietet, entgehen würde. Es ist uns gegeben, mit ihm zu leben.
Denken Sie an das Beispiel der Holzkohle: Wenn sie im Feuer Jesu liegt, bekommt sie plötzlich eine ganz andere Farbe und strahlt neue Energie aus. Wir bleiben zwar dieselben, aber etwas Neues entsteht.
Der Sadhu Sundar Singh hat ein anderes Bild verwendet: Er verglich es mit einem Schwamm, den man ins Wasser legt. Dabei meinte er einen echten Naturschwamm, nicht den harten Kunststoffschwamm, den man heute oft in Schulen an den Tafeln findet. Ein Naturschwamm ist etwas ganz Feines und Zartes, das das Gesicht sanft reinigen kann. Wenn man ihn ins Wasser legt, wird er weich. Der Schwamm bleibt Schwamm, das Wasser bleibt Wasser, aber beide sind so miteinander verbunden, dass eine neue Einheit entsteht.
So hat Sadhu Sundar Singh, der große indische Evangelist und Lehrer, gesagt: Wir können unser hartes Leben mit der Wirklichkeit Jesu füllen lassen.
Bei einer Konferenz in Hülben hat Pfarrer Schaal, der Leiter des Altpietistischen Gemeinschaftsverbandes in wichtigen Jahren, eindrücklich gesagt: „Johannes 1: Wir laden euch ein, Gemeinschaft mit uns zu haben. Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit dem Sohn.“ Hoffentlich ist das für uns kein bloßes Wort, sondern wird neu lebendig mit dem Herrn Jesus.
Ich möchte mit dir verbunden sein, mit dem Vater. Ich möchte eingehüllt sein in diese ganz neue Atmosphäre. Darum dürfen wir darum bitten.
Ich darf Sie bitten, sitzen zu bleiben. Wir wollen beten:
Herr Jesus, du Sohn des ewigen Vaters, nimm uns hinein in die Gemeinschaft mit dem Vater, in diese ganz neue Lebenssphäre, in diese Atmosphäre. Gib, dass wir es nicht einfach wieder von uns schieben und sagen: „Das ist ein Traum, das gibt es gar nicht.“ Sondern mach es uns eindrücklich und sag: „Herr, nimm mich hinein, ich warte darauf.“
Jesus, wir bitten dich: Sei nicht umsonst in diese Welt gekommen. Lass heute Menschen erfahren – fang mit uns damit an –, wie es ist, Gemeinschaft mit dem Vater und mit dem Sohn zu haben.