Wir können uns heute mit dem Thema ernstes Gebet beschäftigen. Das liegt auch daran, dass Beten für uns hier in Spandau gerade ein durchgehendes Thema ist – Beten überhaupt und vor allem ernstes Gebet.
Ich möchte mit einer Geschichte beginnen, die schon etwa ein Vierteljahrhundert zurückliegt. Wenn man Geschichten aus der Jugendzeit erzählt, passiert es leicht, dass man sich nicht mehr ganz genau erinnert. Das, was ich jetzt erzähle, gebe ich nach bestem Wissen und Gewissen wieder. So ungefähr war es.
Im Jahr 1983 bin ich zu einem ökumenischen Jugendtreffen einer katholischen Schwesternschaft nach Essen gefahren. Warum? Damals war ich vom Glauben emotional berührt – so, wie Teenager oft vom Glauben berührt sind. Ich hatte einige engagierte katholische Christen kennengelernt. Viel wichtiger war jedoch, dass Berbel auch dorthin fuhr. Kurz zuvor hatte ich mich bis über beide Ohren in dieses Mädchen verliebt und wollte ihr einfach nahe sein.
In meinem Innern herrschte, ich nenne es mal ein heiliges Tohuwabohu – eine Mischung aus Gefühlen und Motiven. Es war Pfingsten, und es war schön dort. Die Schwesternschaft und die Gebäude waren eingebettet in einen Park. Eines Abends bin ich dort spazieren gegangen, aufgewühlt, verliebt und unsicher, ob meine Liebe erwidert werden würde. Hoffend und bangend habe ich gebetet.
Ungefähr so habe ich gebetet: Vater im Himmel, wenn du es irgendwie machst, dass Berbel meine Freundin wird, dann kannst du mit meinem Leben machen, was du willst. Das ist einfach alles, was ich will.
Ohne es zu wissen, habe ich an diesem Tag ein Gelübde abgelegt – und Gott ist darauf eingegangen. Versteht mich nicht falsch: Ich möchte nicht als Befürworter verstanden werden, dass Menschen mit unheiligen Händen und selbstsüchtigen Motiven zum Himmel beten und ohne Sinn und Verstand irgendetwas erbitten, von dem sie weder wissen, ob es gut ist, noch Gottes Wille entspricht.
Gleichzeitig läuft mir bei dem Gedanken ein leichter Schauer über den Rücken, weil ich rückblickend feststellen muss, dass Gott dieses Gebet erhört hat. Ich habe die Frau, und er hat mein Leben.
Kann es sein, dass das Gebet eines bestenfalls am Glauben interessierten Teenagers von Gott ernst genommen wird? Die Antwort lautet: Ja. Warum? Weil Gebet kein Spiel ist. Es sind keine dahingesagten Worträtsel, sondern dort, wo wir unseren Mund auftun, kommen wir zum Thron des Allerheiligsten, vor dem die Engel zittern.
Wenn wir ein Gebet sprechen, schaut Gott uns mitten ins Herz hinein. Er möchte wissen, ob wir das, was wir sagen, auch wirklich so meinen. Wenn wir dem König der Könige ein Angebot machen, dann lasst uns wirklich vorsichtig sein. Denn es kann sein, dass er es annimmt – und wehe, wenn wir dann unseren Teil nicht erfüllen.
Die Bedeutung von Gelübden und die Ernsthaftigkeit des Gebets
Das heißt in Prediger 5, die Verse 3 bis 6:
„Wenn du Gott ein Gelübde ablegst, zögere nicht, es zu erfüllen, denn er hat keinen Gefallen an den Toren. Was du gelobst, erfülle. Besser ist es, dass du nicht gelobst, als dass du gelobst und nicht erfüllst. Gestatte deinem Mund nicht, dass er dein Fleisch in Sünde bringt, und sprich nicht vor dem Boten Gottes: ‚Es war ein Versehen!‘ Wozu soll Gott über deine Stimme zürnen und das Werk deiner Hände verderben? Denn bei vielen Träumen und Nichtigkeiten sind auch viele Worte. So fürchte Gott!“
Gott ist ein Gott, der zürnt und verdirbt, wenn ein Mensch leichtfertig Gelübde ablegt oder leichtfertig etwas sagt, was er dann nicht erfüllen möchte.
So möchte ich heute mit uns über zwei Themen sprechen. Erstens, und das wird das Hauptthema sein: Was macht eigentlich ernsthaftes Gebet aus? Und zweitens, welche Rolle spielen Gelübde in diesem Zusammenhang?
Oberflächlichkeit im Gebet als Gegenbild zum Ernst
Also, die erste Frage lautet: Was macht eigentlich ernsthaftes Gebet aus?
Viel einfacher ist es, sich zunächst zu überlegen, was oberflächliches Gebet ausmacht – also das Gegenstück dazu.
Fangen wir mal damit an: Wie macht man oberflächlich seine Hausaufgaben? Ich glaube, da haben wir eher vielleicht Erfahrungen gesammelt. Oberflächliche Hausaufgaben machen sieht so aus: Man ist schnell fertig, tut nur das, was man muss, ist kaum mit dem Herzen dabei, versteht auch nicht wirklich den Sinn dahinter. Man macht es in erster Linie für den Lehrer oder um keine schlechte Note zu bekommen. So sieht es aus, wenn man oberflächlich seine Hausaufgaben macht.
Jetzt übertragen wir das auf das Gebet. Oberflächliches Gebet ist kurz. Das ist eines der Merkmale. Also ein kurzes Gebet ist, das kann ich schon mal sagen, ein oberflächliches Gebet.
Oberflächliches Gebet ist kurz und betrifft nur die aller notwendigsten und brennendsten Gebetsanliegen. Man betet eigentlich ständig mit denselben Worten, die man schon auswendig kennt. Es passiert schon mal, dass man zwischendrin seinen Verstand ausschaltet, während das Uhrwerk trotzdem weiterläuft.
Oberflächliches Gebet ist kein Kampf, sondern eine lästige Pflicht. Es ist kein Vorrecht, sondern eher so etwas wie ein Deckmäntelchen, mit dem ich meine Gewissensbisse zudecke, um einem Anspruch gerecht zu werden, von dem ich gar nicht so genau weiß, wo er herkommt.
Das ist oberflächliches Gebet. Ich will halt fromm sein, und wenn man fromm sein will, gehört irgendwie Beten dazu. Deswegen mache ich das halt.
Die Frömmigkeit der Pharisäer als Warnung
Und jetzt die schlechte Nachricht des Tages: Wer oberflächlich betet, hat die Frömmigkeit eines Pharisäers, und diese ist vor Gott nichts wert.
Wer oberflächlich betet, der betet nicht, um Gott zu begegnen. Stattdessen möchte er ein Trainingsziel erreichen. Er will hinter dieser lästigen Pflicht, dem täglichen Gebet, seinen Haken machen – erledigt, weg, so wie Zähneputzen.
Ich putze nicht gerne Zähne, ich mache es, aber ich bin froh, wenn ich fertig bin. Es gibt ein paar andere Sachen, die ich unglaublich ungern mache, zum Beispiel die Spülmaschine ausräumen. Ich weiß, ich weiß, ich habe mal mitgestoppt – es dauert viereinhalb Minuten, das ist nicht wirklich lang, aber ich hasse es wie die Pest. Ich schiebe es vor mir her und bin froh, wenn es vorbei ist.
Manchmal versuche ich, nicht zu sehen, dass die Spülmaschine in der Küche mit einer kleinen roten Null anzeigt, dass sie durchgelaufen ist – null Minuten, fertig. Ich denke mir, jemand anders wird es schon noch sehen, und gehe wieder raus.
So ähnlich ist es manchmal mit dem Gebet – eine lästige Aufgabe. Wer oberflächlich betet, der braucht Jesus nicht, dem reicht die Kirche. Das möchte ich jetzt erklären.
Als Jesus seinen Dienst antritt, trifft er auf ein Judentum, das von selbstgemachten Regeln geprägt ist. Aus einer Religion, in deren Mitte einmal das Doppelgebot stand – du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst –, ist eine Religion der Selbstgerechtigkeit geworden.
Jesus tritt wirklich in ein religiöses Mangelklima ein, in dem eine theologische Elite versucht, sich die Taschen zu füllen und von den Laien Anerkennung zu bekommen. Und wie machen sie das? Sie erfinden immer neue Gebote.
In Anlehnung an Jesaja wird Jesus dann zu diesen Leuten oder zum ganzen Volk einmal sagen: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren“ (Matthäus 15,8-9).
„Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.“ Da, wo Lippenbekenntnis und Selbstgerechtigkeit sich als Frömmigkeit tarnt, steht Gott nicht daneben und sagt „Super“. Stattdessen zieht sich Gott zurück, wenn die Frömmigkeit nicht mehr Tiefgang hat als ein Pokerspiel.
Frömmigkeit als lebendige Beziehung statt Regelwerk
Wisst ihr, was ein Poker ist? Ihr kennt Pokern ja. Seit Casino Royale ist Pokern total in. Und jeder Pokerspieler weiß eines: Um zu gewinnen, muss er sich an die Regeln halten. Das ist ganz einfach.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir Frömmigkeit auf der Ebene eines Pokerspiels praktizieren. Das heißt: Frömmigkeit bedeutet, dass ich mich an Regeln halte, egal woher sie kommen. Aber das ist nicht echte Frömmigkeit.
Wenn du deine Frömmigkeit praktizierst, weil du irgendwelchen Regeln folgst – egal, woher diese kommen – dann kann ich dir, und das ist wirklich die schlechte Nachricht heute Morgen, sagen: Das ist nicht echte Frömmigkeit.
Echte Frömmigkeit ist eine Antwort. Und zwar eine Antwort auf Gottes Freundschaft. Sie richtet sich nicht nach Erfordernissen, sondern ist dynamisch und aktiv. Sie ist auch emotional, in gewissem Sinne anpassungsfähig und radikal.
Deswegen habe ich gesagt: Wer oberflächlich betet, braucht Jesus nicht. Dem reicht die Kirche. Und ich meine jetzt nicht irgendeine bestimmte Kirche damit, sondern dass, wenn man über Kirche redet, man oft ein System präsentiert bekommt – ein System von Regeln und Glaubenssätzen. Diese Regeln strukturieren dann mein Leben.
Viele Christen machen eine ganze Reihe von Dingen: Sie beten, lesen in der Bibel, vielleicht fasten sie sogar, gehen auf den Jakobsweg und machen noch vieles mehr. Aber sie stellen sich nie die Frage: Warum eigentlich? Warum mache ich das? Warum lebe ich so, wie ich lebe?
Die meisten Deutschen, die sich für Christen halten, glauben, sie sind Christen, weil sie ein paar Mal im Jahr in die Kirche gehen, Kirchensteuer bezahlen und einen ganz diffusen Glauben an Gott bejahen. Das ist genau das, was die Pharisäer nur viel ausgeklügelter gemacht haben.
Sie bauen sich ihre eigenen Regeln zusammen, haben ihr eigenes System, und in diesem System bewegen sie sich. Solange sie in diesem eigenen System gut dastehen, ist zwischen ihnen und Gott alles in Ordnung. Das ist Pharisäerfrömmigkeit.
Sie bauen sich ihre Regeln. Und das meine ich: Die brauchen nicht Jesus, ihnen reicht die Kirche, ihnen reicht das Regelwerk. Was muss ich denn tun, um ein guter Christ zu sein?
Konfrontation zwischen Pharisäern und Jesus – das Beispiel Fasten
Jetzt stellt euch vor, diese Pharisäer mit ihrem Denken treffen auf Jesus und seine Jünger. Das passiert an einer Stelle, die ich sehr schätze in der Bibel. Es ist im Lukas-Evangelium, Kapitel 5. Wer mitlesen möchte: Lukas 5.
Hier treffen diese beiden Haltungen einfach mal aufeinander. Ich fange mal an, einen Satz vorzulesen, Vers 33:
„Sie aber sprachen zu ihm“ – das sind die Pharisäer und die Gesetzesgelehrten – „Warum fasten die Jünger des Johannes oft und verrichten Gebete, ebenso auch die Pharisäer, deine Jünger aber essen und trinken?“
Hier kommt ein Vorwurf: Jesus, deine Jünger sind viel zu lax. Sie halten sich nicht wirklich an die religiösen Gepflogenheiten. Sie nehmen ihren Glauben nicht ernst. Du und deine Jünger, ihr sitzt hier zusammen mit den Zöllnern und Sündern. Ihr vergesst völlig, dass Glaube mit Verzicht zu tun hat, dass Glaube mit Regeln verbunden ist. Da kann man nicht ständig nur feiern. Das geht nicht. Der Glaube muss sich schon an das halten, was wir hier alle machen.
Jetzt kommt die Antwort Jesu. Vers 34:
„Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr könnt doch nicht die Hochzeitsgäste fasten lassen, während der Bräutigam bei ihnen ist. Es werden aber Tage kommen, und dann, wenn der Bräutigam von ihnen weggenommen sein wird, in jenen Tagen werden sie fasten.“
Es geht um Fasten, um den Ausdruck von Frömmigkeit, um die Frage: Wie soll ich mein geistliches Leben leben?
An diesem Beispiel Fasten macht Jesus zwei Dinge deutlich: Erstens, Fasten ist gut und richtig, ja. Aber Fasten um des Fastens willen ist völliger Unsinn. Fasten ist ein Ausdruck von Ernsthaftigkeit. Fasten braucht ein Anliegen.
Aber was passiert hier? Die Pharisäer kommen in einem Moment, in dem sich Jesus als der Gottkönig offenbart. Wenn man die Geschichten davor liest, sieht man, dass er zeigt, dass er der Herr der Schöpfung ist, dass er die Aussätzigen reinigt, dass er Sünden vergibt und die Zöllner bekehrt.
Im Moment läuft alles prima. Es könnte nicht schöner sein, alles läuft nach Plan, alles ist super. Es ist so schön wie bei einer Hochzeit. Und mal ehrlich: Würde jemand zu einer Hochzeit gehen, wo alles aufgebaut ist, alle sich freuen, und dann sagen: „Ich will heute nicht feiern, ich faste heute, heute ist mein Trauertag, ich setze mich in die Ecke und mache ein trauriges Gesicht, feiert nur“? Das würde doch nicht passen. Man würde so einen Gast rausschmeißen und sagen: „Entschuldigung, du hast hier nichts verloren.“
So ist die Situation. Fasten um des Fastens willen ist Humbug. Für die Jünger kommt das nicht in Frage. Jesus ist da, alles läuft nach Plan, es ist Fete angesagt.
Aber klar: Der König wird verworfen werden, die Zeit der Freude wird ein Ende finden. Die Jünger des Messias erleben, wie um sie herum ein Stück Reich Gottes sichtbar, greifbar und schmeckbar wird. Sie erleben Heilungen und Wunder, wie wir sie erst in der Zukunft wieder erleben werden, wenn Jesus hier auf der Erde ist und das Gleiche noch einmal tut.
Sie bekommen einen Vorgeschmack auf die ewige Herrlichkeit in Raum und Zeit. Aus den Jüngern des Messias werden verfolgte Christen. Und da ist sich Jesus ganz sicher: Diese werden wieder fasten, weil dann passt es wieder.
Ernsthaftigkeit im Gebet als Ausdruck der Beziehung zu Christus
Ich habe gesagt, dass jemand, der oberflächlich betet, die Frömmigkeit eines Pharisäers hat. Damit meine ich, dass er betet, weil er sich dazu gezwungen fühlt. Seine ganze Frömmigkeit ist von einem Zwang geprägt.
In dieser Geschichte und an diesem Beispiel wird deutlich, dass ernstes Gebet nicht dort stattfindet, wo ich eine Pflicht erfülle. Ernstes Gebet hat vielmehr damit zu tun, dass ich mit meinem Herzen dabei bin und aus der Beziehung zu Christus heraus lebe.
Man merkt schon, dass ein Regelwerk nicht ausreicht. Mein Leben ist dynamisch und mehr, als ich es nach fünf guten geistlichen Regeln ordnen könnte.
Wenn unser Leben irgendeinen Wert hat, wenn es wirklich Auferstehung gibt und der auferstandene Christus in uns lebt, dann muss das für unser tägliches Leben und für die Art, wie wir fromm sind, absolute Bedeutung haben. Das muss eigentlich bestimmen, wie wir leben.
Die Herausforderung, Ernsthaftigkeit im Gebet zu leben
Selbst wenn wir uns jetzt entscheiden: „Okay, ich mache keine halben Sachen mehr, ich möchte jetzt ernsthaft beten“, begegnet uns ein zweites Problem.
Dieses zweite Problem lautet: Wie drücke ich denn jetzt bitte schön Ernsthaftigkeit in meinem Leben oder in meinem Gebetsleben aus? Wie mache ich das? Wenn zwei Leute sich begegnen und sagen: „Es ist jetzt ernst zwischen uns“, dann ist ganz klar, was das bedeutet.
Das heißt, sie haben eine Beziehung angefangen. Sie geben jetzt richtig viel Geld füreinander aus. Es kostet etwas, es ist kostspielig geworden, es ist ernst geworden. Ernsthaftes Gebet ist kostspieliges Gebet. Ernsthaftes Gebet ist Ausdruck echter Beziehung.
Ich möchte mit euch einen Text lesen, den ihr wahrscheinlich auswendig kennt, und trotzdem werde ich ihn vorlesen. Es heißt in Römer Kapitel 12, Verse 1 und 2:
„Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, gottwohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist.“
Gott will Opfer, und Paulus sagt, er will unseren Körper als Opfer. Wenn er hier vom Körper spricht, meint er natürlich auch das, was in dem Körper drinsteckt: unsere Emotionen, unsere Wünsche, unseren Intellekt, unsere Seele.
Gott will Opfer. Er will meinen Körper als Opfer. Er will, dass ich zuerst begreife, was er mir geschenkt hat. Paulus sagt: „Ich ermahne euch nun durch die Erbarmungen Gottes.“
Zuerst kommen die Erbarmungen Gottes. Gott tritt in Vorleistung, beschenkt mich, erlöst mich, befreit mich. Er nimmt mich auf als sein Kind, schenkt mir ewiges Leben.
Und jetzt komme ich und antworte auf dieses Riesengeschenk. Das ist so, als würde ich an Weihnachten einen Schuhkarton mit einer Million bekommen – und das nur für mich.
Ich überlege mir: Was wäre jetzt logisch und vernünftig? Wie könnte Gottesdienst aussehen, wenn jemand mich so beschenkt? Paulus sagt, man muss nicht lange darüber nachdenken. Wenn dir jemand das schenkt, dann gibt es genau eine Antwort:
Du schenkst dich – und das ist dein Körper, deine Person. Du schenkst dich als Dankopfer einfach wieder zurück. Ganz einfach. Das ist der logische, der vernünftige Gottesdienst.
Die Herausforderung der Opferbereitschaft in der heutigen Zeit
Und jetzt geht es mir so, wenn ich Texte lese, in denen das Wort Opfer vorkommt, oder Texte wie „Ich zerschlage meinen Leib und knechte ihn“ oder solche, die sehr materiell klingen, zum Beispiel „Wir sind Soldaten für Christus, wir gehen in die Schlacht!“ – solche Texte.
Wenn ich so etwas lese, habe ich ein bisschen Sorge, dass wir sie zwar hören und nicken, aber wenn wir sie wörtlich nehmen sollen, dass wir uns wirklich schwer damit tun. Opfer klingt doch irgendwie... kennt ihr das Wort archaisch? Opfer klingt so nach bunt bemalten Wilden, die mit einem Speer in der Hand unter dumpfen Trommelschlägen um ein totes Tier herumtanzen, ab und zu in den Eingeweiden herumfingern und sich Dornen durch die Lippen stecken. Das ist für mich Opfer.
Und wir sind aufgeklärt. In unserer Zeit passen Opfer einfach nicht mehr. Natürlich, klar, ja, wir sollen keine Tiere mehr opfern, logisch. Und das mit dem Tanzen, dem Speer und den Dornen können wir uns alles sparen.
Aber darf ich eine Frage in den Raum stellen? Bringen wir überhaupt noch Opfer? Haben wir – und das ist das fast Wichtigste, was ich heute zu sagen habe, also es wäre mir wirklich wichtig, dass ihr das begreift – haben wir verstanden, dass wir nicht unendlich viele Möglichkeiten haben, um Gott unsere Ernsthaftigkeit zu beweisen? Haben wir verstanden, dass wir mit unserem Leben nicht unendlich viele Ausdrucksmöglichkeiten haben, um Gott Ernsthaftigkeit zu beweisen?
Ich möchte das erklären und einen Schritt zurücktreten. Eine der großen Aha-Erlebnisse meines Lebens war, als ich verstanden habe, dass ich genau ein einziges Mittel bekommen habe von Gott, um ihn zu erkennen. Und es ist nicht Bibellesen.
Ich habe genau ein einziges Mittel bekommen, um Gott zu erkennen. Dieses eine Mittel ist mein Leben. Das heißt in Sprüche 3,5: „Auf all euren Wegen erkennt nur ihn, dann ebnet er selbst eure Pfade.“ Habt ihr das vielleicht mal gehört? „Auf all euren Wegen erkennt nur ihn.“
Gott sagt: Wenn du lebst, mit Höhen und Tiefen, egal was dir passiert, dein Leben birgt in sich die Chance, dass du mich erkennst.
Es hat bei mir mal Klick gemacht, als ein Prediger sagte – und dann kam ich raus – und dann hatten sie mir mit Streichhölzern die Autoschlösser zugemacht. So ein Streichholz reinstecken und abbrechen, bis auf das hinten. Da dachte ich von hinten: Was für eine blöde Geschichte, da kommt einer raus und möchte losfahren, verstehst du? Da hat sich jemand so einen Scherz erlaubt.
Und dann meinte der Prediger: Weißt du, an so einer Stelle entscheidet sich alles in deinem Leben. Wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, entscheidet sich alles in deinem Leben. Denn jetzt ist die Frage: Was wirst du tun? Wirst du Gott gehorchen und ihn in dem Moment erkennen, oder wirst du einfach sündlich leben und die Situation vermasseln?
Unser ganzes Leben – Höhen und Tiefen, jeder einzelne Moment – ist das Mittel, das Gott uns gibt, um ihn zu erkennen. Wir erkennen Gott in unserem Leben, in den einzelnen Momenten unseres Lebens, dadurch, dass wir ihm gehorsam leben.
Und indem wir gehorsam leben – weil die Gebote Gottes ein Ausdruck von Gottes Wesen sind – kommt sein Wesen in unser Leben hinein.
Es macht einen Unterschied, ob du in einer Situation, die dir nicht passt, anfängst zu fluchen, zu schreien und auf irgendetwas draufzuhauen, oder ob du sagst: Ich reagiere mal so, wie Gott das möchte. Und plötzlich stellst du fest: Das ist ja irre, wenn ich das nur viel früher getan hätte.
Dein Leben ist das einzige Mittel, das du hast, um Gott kennenzulernen. Und das, was sich auf Gottes Erkenntnis anwenden lässt, gilt auch für Anbetung.
Ich hatte mich mal mit Dieter unterhalten – vielleicht erinnerst du dich noch – wir hatten uns über Danken unterhalten. Ich hatte dir mal gesagt, dass ein dankbares Herz nicht genug ist. Wer den Mund nicht aufmacht und Dank formuliert, hat nicht gedankt.
Das heißt: Du kannst in deinem Herzen so viel Dankbarkeit mit dir herumschleppen. Wenn du nicht den Mund aufmachst und dankst, dann bist du kein dankbarer Mensch.
Das gilt für jeden Lebensbereich. „Ach, ich liebe meine Frau so.“ Ja, wann hast du ihr denn das letzte Mal Blumen geschenkt oder mal etwas Nettes für sie getan? Nee, das ist ja bei uns eher so im Herzen.
Der merkt sofort, dass das Quatsch ist. Jede Frau wird sagen: Ich will dein Herzensdingbumster Liebe nicht haben. Ich will Blumen, Müll runterbringen, mal ein freundliches Gespräch, eine schöne Ehe und dass du mal etwas vorbereitest.
Das ist völlig logisch. Es reicht nicht, dass ich im Herzen ein Gefühl der prinzipiellen Liebe für meine Frau habe. Das kann ich mir knicken.
Und bei Gott und bei ernstem Gebet ist das ganz genau so. Ernsthaftigkeit ist nicht ausschließlich eine Sache des Herzens, so nach dem Motto: „Ich möchte ja ganz grundsätzlich ein ernsthafter Christ sein.“
Ernsthaftigkeit, die nicht gelebt wird, existiert nicht.
Voraussetzungen und praktische Wege zum ernsthaften Gebet
Und jetzt noch einmal zur ersten Frage: Was macht ernsthaftes Gebet aus?
Erstens muss deine Grundhaltung stimmen. Zweitens musst du es tun – du musst tatsächlich ernsthaft beten. Es reicht nicht, wenn du nur mit der richtigen Haltung rangehst, es dann aber nicht tust.
Lass mich das noch einmal unterstreichen: Es ist eine moderne Lüge, dass es reicht, die richtige Einstellung zu haben. Das stimmt nicht. Die richtige Einstellung ist so etwas wie in der Mathematik die notwendige Voraussetzung. Es gibt notwendige und hinreichende Voraussetzungen. Die ernste Einstellung ist die notwendige, die richtige Einstellung. Aber hinreichend, also wirklich am Ende ausreichend, ist es nur, wenn wir tatsächlich auch ernsthaft beten.
Und jetzt ist die Frage ganz praktisch: Okay, ich möchte aber jetzt ernsthaft beten. Wie mache ich das denn?
Drei Dinge: Du hast mit deinem Leben, denke ich, nur drei Optionen, wie du überhaupt ernsthaft beten kannst. Wenn du ernsthaft beten willst, bleiben dir als Opfer nur drei Dinge übrig. Ich habe in der Bibel nicht mehr gefunden, und ich glaube, es gibt nicht mehr.
Erstens: Zum ernsthaften Gebet gehört dazu, dass wir immer wieder beten – so platt das klingt. Ernsthaftigkeit kommt dadurch zum Ausdruck, dass wir regelmäßig, jeden Tag, immer wieder für eine Sache beten.
Da gibt es sogar ein Gleichnis in der Bibel, Lukas 18, vom ungerechten Richter. Es heißt extra, sagt Jesus, ich gebe euch das Gleichnis, damit ihr nicht aufhört zu beten. Also, wenn du sagst, ich möchte ein ernsthafter Beter werden oder wenn du dafür beten möchtest, dass in der Gemeinde ernsthaftes Gebet einzieht, dann: Betet viel.
Zweite Möglichkeit: Ich kann ernsthaft beten, indem ich mein Gebet durch Verzicht unterstreiche.
Und jetzt merken wir, das ist so weit weg, das klingt so nach bemalten Wilden, den Trommeln und all dem – ja, Verzicht! Meinst du sowas wie ganze Nächte durchbeten und fasten? Weißt du, wenn man dann so dieses stechende Gefühl hat, die anderen gehen zum Frühstück, und man selber, nee, komm, das kann doch nicht dein Ernst sein.
Tja, das Problem ist: Du hast nur deinen Körper. Wie willst du Ernsthaftigkeit zum Ausdruck bringen? Durch die komplette Bibel hindurch – und es gibt ja auch eine Predigt von mir, ihr könnt euch das mal gerne anhören: 1. Korinther 11,14 – fasten, ich doch nicht in der Kassettothek.
Du hast nur diesen Körper. Wenn du Ernsthaftigkeit zum Ausdruck bringen willst, kannst du nur diesen Körper verwenden. Und entweder betest du regelmäßig, das solltest du tun. Und wenn du unterstreichen willst, dann kannst du fasten, du kannst verzichten. Eine Gebetsnacht ist einfach Schlaffasten.
Und du hast eine dritte Möglichkeit: Du kannst Gott ein Gelübde anbieten. Du kannst sagen: Vater im Himmel, wenn du mir diesen Wunsch erfüllst, dann werde ich das und das tun.
Das sind die drei Möglichkeiten, die du hast, wenn du wirklich sagst: Ich möchte gerne anfangen, ernsthaft zu beten.
Die Notwendigkeit ernsthaften Gebets in der heutigen Zeit
Warum müssen wir lernen, ernsthaft zu beten? Ganz kurz: Weil die Situation in Deutschland ernst ist. Zwar haben wir hier materiell alles, aber die meisten Christen in Deutschland haben wahrscheinlich noch nie einen Menschen zum Herrn geführt. Viele Gemeindeleiter haben sich damit abgefunden, dass das so ist. Wir sind satt und taub, und wenn es um die Gebote Gottes geht, oft eiskalt.
Deshalb müssen wir beten. Und deswegen müssen wir auch lernen, ernsthaft zu beten. Wir müssen so beten, dass das ganze Negative, das in unseren Gemeinden steckt, wieder herauskommt. Ich denke an Dinge wie Anspruchsdenken, Selbstgefälligkeit und Stolzüberheblichkeit, die wirklich wieder verschwinden müssen.
Ich möchte euch eine Vision vor Augen stellen. Es gibt einen Vers im Alten Testament, der mich persönlich eine Zeit lang sehr motiviert hat. Dort sagt Gott: „Das Volk des Landes verübt Erpressung und begeht Raub, und den Elenden und Armen unterdrücken sie. Und am Fremden handeln sie gegen jedes Recht. Alles geht drunter und drüber.“
Und dann, in Hesekiel 22, Vers 30, heißt es: „Und ich suchte einen Mann unter ihnen, und von mir ist auch eine Frau, ja, das ist ja ein Bild. Und ich suchte einen Mann unter ihnen, der die Mauer zumauern und vor mir für das Land in den Riss treten könnte, damit ich es nicht verheeren müsste, aber ich fand keinen.“
Gott sucht einen Mann, der sich hinstellt zwischen das drohende Gericht auf der einen Seite und die Gemeinde Gottes auf der anderen Seite. Jemand, der bereit ist, den Preis zu bezahlen, damit Erweckung geschieht.
Ich wünsche mir, dass du einer wirst, der bereit ist, diesen Preis zu zahlen. Einer, der Geschichte schreibt – nicht hier auf der Erde, sondern im Himmel. Von ganzem Herzen wünsche ich mir, dass du ein Held wirst. Einer, der das tut, was alle anderen nur sagen: „Ja, das müsste man mal machen“, aber keiner nimmt es in Angriff.
Deshalb die Frage: Bist du wirklich bereit, ernsthaft zu beten? Bist du bereit, den Schritt zu gehen – mit der richtigen Herzenseinstellung zuerst und dann auch dein Leben zu investieren? Unablässig zu beten, gezielt zu fasten und auch bewusst Gelübde einzugehen?
Das ist die Frage, mit der ich dich heute entlasse, obwohl ich noch ein bisschen Text habe und auch noch über etwas reden werde. Aber letztlich ist das die entscheidende Frage: Sind wir dazu bereit? Haben wir begriffen, dass die große Not unserer Gemeinden darin besteht, dass wir nicht mehr wissen, wie ernsthaftes Gebet passiert? Dass wir uns damit zufrieden geben, sonntags zu beten? Dass es in der letzten Woche nicht gut gelaufen ist mit dem Gebet?
Ich wünsche mir das natürlich sehr für Spandau. Dort haben wir das Ganze jetzt ein Stück weit losgetreten – so dieses „Hey, entweder beten wir jetzt oder wir machen den Laden dicht“. Und das war wirklich so. Das kann man nachhören. Aber es macht keinen Sinn, eine Gemeindegründungsarbeit zu betreiben, bei der sich niemand bekehrt. Es macht einfach keinen Sinn.
Deswegen ist dort ein Stückchen Ernsthaftigkeit plötzlich reingekommen. Und letztlich ist es hier genauso. Natürlich kann man sagen: „Boah, wir sind 140 Mitglieder, das ist doch super. Wir könnten uns doch jetzt schön selbst verwalten. Es reicht doch, wenn wir den Laden am Laufen halten.“ Das wäre doch schon gar nicht schlecht. Damit stehen wir doch schon besser da als die anderen.
Ich wünsche mir für euch eine echte, ernsthafte Gebetsoffensive. Ich wünsche mir Männer, die sagen: „Okay, wo ist mein zweiter Mann, den ich noch brauche, um morgens um halb sechs zu beten? Ich brauche einen zweiten Mann.“
Sorry, wenn der Wecker klingelt, jeden Morgen um fünf, stehe ich auf zum Beten und weiß, Holger steht unten an der Tür, weil er muss eine halbe Stunde früher aufstehen, schon in der Kälte warten, bis ich runterkomme und ihn reinlasse. Das ist eine gute Motivation.
Vielleicht brauchst du auch einen zweiten Mann. Vielleicht musst du dir überlegen, wie es mit dem Fasten aussieht. Hört euch die Predigt zum Fasten nochmal an. Vielleicht müssen wir uns auch Gedanken über Gelübde machen.
Darüber möchte ich kurz sprechen: Was sind eigentlich Gelübde?
Gelübde als seltenes, aber wichtiges Mittel ernsthaften Gebets
Ich glaube, Gelübde haben etwas gemeinsam mit dem Quastenflosser. Wisst ihr, was ein Quastenflosser ist? Das ist ein Tier, ein langer Fisch, der einst für ausgestorben erklärt wurde. Dann hat man ihn in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wiedergefunden und gesagt: „Boah, den gibt es ja noch!“
So ähnlich ist es, glaube ich, mit Gelübden. Auf der einen Seite hält man Gelübde irgendwie für ausgestorben. Ich habe noch nie eine Predigt über Gelübde gehört. Ich habe Barbara gefragt, ob sie schon mal eine gehört hat. Sie meinte ja, aber das galt dann doch nicht, weil es sich um eine vierjährige Bibelschulausbildung handelte. Ich glaube, das zählt nicht. Aber wie viele hier können sagen: „Na klar, eine Predigt über Gelübde, klar kenne ich die.“ Ich habe jedenfalls noch nie eine gehört.
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir keine in der Kassettothek haben. Es ist ein Thema wie der Quastenflosser: Man denkt, es ist ausgestorben. Und wenn dann doch jemand etwas darüber sagt, denkt man: „Oh, gibt’s das noch? Wahnsinn!“
Heute möchte ich mit diesem kurzen Minithema abschließen. In Apostelgeschichte 18,18 steht ein Satz, den man leicht überlesen könnte: „Nachdem Paulus noch viele Tage dort geblieben war, nahm er Abschied von den Brüdern und segelte nach Syrien ab, und mit ihm Priszilla und Aquilla, nachdem er sich in Kenchree das Haupt hatte scheren lassen, denn er hatte ein Gelübde.“
Das gilt für alle, die sagen, Gelübde seien im Neuen Testament nichts mehr wert und Christen bräuchten oder sollten keine Gelübde mehr halten. So steht es meines Wissens in meinem Bibellexikon nicht. Deshalb predige ich auch darüber. Paulus hat das auch nicht geglaubt und hatte deshalb kein Problem damit, ein Gelübde zu erfüllen.
Da ist ein Mann, der die Gemeinde Gottes explosionsartig von Asien nach Europa trägt. Für ihn ist es völlig normal, ab und zu mal ein ordentliches Gelübde abzulegen. Das gehört irgendwie mit dazu. Wir können uns jetzt streiten, ob es hier das Nasiräergelübde oder irgendein anderes Gelübde ist – das ist völlig egal. Es ist ein Gelübde.
Gelübde finden sich in der Bibel von Anfang an. Jakob zum Beispiel ist einer, der sagt, als er loszieht: „Also, wenn du mich heil wieder nach Hause bringst, Gott, dann sollst du mein Gott sein.“
Das ist ein verrücktes Ding – ein bisschen wie mein Teenie-Gelübde: „Wenn du mir die Frau schenkst, dann kannst du mit meinem Leben machen, was du willst.“ Ich glaube, Jakob hatte ungefähr genauso viele Vorstellungen davon, was das bedeutete, wie ich damals. Das war in 1. Mose 28.
Vier Kapitel später, in 1. Mose 32, klopft Gott dann an und sagt: „Du, ich bin übrigens der Gott, den du damals, als du das Gelübde abgelegt hattest, angerufen hast. Ich bin schon jetzt da. Ab nach Hause, denn du hast gesagt, wenn … Also komm, mach dich auf.“
Da fangen Gelübde an. Ein Gelübde ist so viel wie ein Versprechen. Modern gesagt: ein Deal mit Gott. „Das ist mir wichtig, und wenn du bereit bist, mir das zu schenken, dann bin ich bereit, an dieser Stelle mein Leben auf eine Weise zu investieren, wie ich es sonst niemals tun würde.“
Das ist ein Gelübde. Und das ist Ernsthaftigkeit. Denn es geht darum, dass ich vielleicht zwei Regeln beachte. Das ist wichtig, wenn man ein Gelübde ablegen will.
Bedingungen für das Ablegen von Gelübden
Wenn ihr jetzt sagt: „Ich möchte nach Hause gehen“, dann könnt ihr alles Gott geben. Aber ihr müsst zwei Regeln beachten.
Erstens: Ich glaube, der Spruch stammt von Heike Michaelis, bei der ich ihn das erste Mal gehört habe – „Schrott für Gott“. Das geht nicht.
Wir lesen in 3. Mose 22, dass ein Tier, das wir als Gelübde geben wollen, wertvoll und makellos sein muss. Das heißt: Wenn du Gott ein Gelübde ablegen möchtest, ihm etwas schenken willst (siehe 3. Mose 22,17-19), dann muss das etwas sein, das makellos ist und einen Wert hat.
Du kannst also nicht einfach in deiner Herde herumgehen und sagen: „Wo ist das lahme Tier mit einem Auge und ohne Schwanz?“ Das geht nicht. Du kannst nicht sagen: „Vater im Himmel, wenn du dafür sorgst, dass in der Gemeinde jede Woche jemand zum Glauben kommt, dann nehme ich die geklauten Computerprogramme und verkaufe sie bei Ebay.“ Das ist nicht akzeptabel, weil Gott etwas Wertvolles möchte.
Das ist etwas, wo dein Gewissen sowieso schon die ganze Zeit zuckt, und wo du weißt, dass du es auf komische Weise bekommen hast. In der Bibel heißt es, dass Hurenlohn nicht für Gelübde taugt. Es muss also wertvoll sein und darf keine Sünde sein.
Abgesehen davon kannst du eigentlich alles geben, wenn du dich an diese Regel hältst. Du könntest zum Beispiel sagen: „Vater im Himmel, ich wünsche mir, dass regelmäßig Menschen zum Glauben kommen in der Gemeinde. Wenn du es schenkst, dass im nächsten Jahr so und so viele Leute zum Glauben kommen, dann möchte ich im Jahr danach einen Tag die Woche fasten.“ Das ist kein böses Gebet.
Es ist gut, wenn ihr das aufschreibt, damit ihr es nicht vergesst. Denn in Sprüche 20,25 heißt es: „Eine Falle für den Menschen ist es, vorschnell zu sagen: ‚Geheiligt‘, und erst nach dem Gelübde zu überlegen.“
Das bedeutet: Es ist eine Falle, wenn man aus einer Gefühlswallung heraus, zum Beispiel nach einer Predigt, etwas verspricht und dann später merkt, dass es vielleicht doch nicht so gut war. Vielleicht hast du Gott deine ganze Stereoanlage versprochen und denkst dann: „Nein, das geht doch nicht.“
Also bitte immer mit Ruhe überlegen. Denk nach, bevor du ein Gelübde ablegst. Denn wenn du es versprochen hast, musst du es auch halten.
Zusammenfassung und Abschlussappell zum ernsthaften Gebet
Zum Schluss hatte ich heute ein Hauptthema und ein kleines Unterthema. Das Hauptthema war ernsthaftes Gebet.
Wie sieht ernsthaftes Gebet aus? Mir ist wichtig, dass wir zwei Dinge begreifen. Erstens: Ernsthaftes Gebet hat mit der richtigen Motivation zu tun. So wie Frömmigkeit ganz grundsätzlich Ausdruck meines Verhältnisses zu Jesus ist, muss auch ernsthaftes Gebet diese Beziehung widerspiegeln.
Die zweite Seite ist, dass zum ernsthaften Gebet mein Einsatz dazugehört. Gott sagt: Wenn du ernsthaft beten willst, dann bring dich mit deinem Leben ein. Da ich mit meinem Leben nicht viele Ausdrucksmöglichkeiten habe, bleibt mir vor allem die Möglichkeit, durch die Menge meines Gebets und durch Verzicht zu zeigen, dass ich mein Leben für dieses Gebet einsetzen will. Ich sage zu Gott: Ich will mein Leben auf dieses Gebet einsetzen, es ist mir wirklich wichtig. Wenn du mir das schenkst, dann bin ich bereit, dir im Gegenzug etwas zu geben, von dem ich glaube, dass du es haben möchtest und dass es wertvoll für dich ist.
Diese drei Möglichkeiten habe ich. Mit ihnen kann ich mein Gebet bewusst unterstreichen.
Zum Schluss: Warum soll ich das tun? Weil Gott uns alle dazu berufen hat, in einem Großbrand kosmischen Ausmaßes seine Feuerwehrleute zu sein. Er schickt dich und mich in eine Welt, die brennt. Es geht darum, Menschen zu retten. Das Gebet ist das Mittel, das wir haben – vielleicht nicht das einzige, aber wahrscheinlich das beste.
Deshalb müssen wir lernen, wirklich ernsthaft zu beten. Es gäbe noch viel dazu zu sagen. Lest ein paar gute Bücher, unterhaltet euch und tauscht eure Erfahrungen aus, wo ihr Erfahrungen gemacht habt.
Ich bete jetzt noch:
Vater im Himmel, wir wollen dir danken. Wir danken dir dafür, dass du unser Leben erlöst hast von der Sinnlosigkeit. Wir danken dir, dass du unser Leben geadelt hast als das Mittel, um dich zu erkennen. Und wir danken dir, dass du unserem Leben Sinn gegeben hast, indem du uns hineinstellst in eine Aufgabe, die größer, herausfordernder und irgendwie packender nicht sein könnte.
Vater im Himmel, ich merke, dass wir im Westen eingeschlafen sind, was das Gebet angeht. Unser Leben ist zu voll mit drittklassigen Zeitfressern. Wir sind abgelenkt von Dingen, die es nicht wert sind, dass man nur eine halbe Minute darüber nachdenkt.
Ich möchte dich bitten, dass du uns erste Schritte führst hin zu einem Leben, das geprägt ist von Gebet. Soweit ich das überschauen kann, hat jede einzelne Erweckung in der Kirchengeschichte damit angefangen, dass mindestens zwei Leute Hände gefaltet und sich zum Beten getroffen haben.
Ich bitte dich, dass wir Erweckung bewirken durch Gebet. Schenke uns keine emotionale Begeisterung, sondern eine ganz nüchterne, abgehangene Überzeugung, mehr zu beten – ernstlich zu beten. Dieses Gebet wollen wir durch Regelmäßigkeit, Verzicht und Gelübde unterstreichen und als brauchbare Soldaten und Feuerwehrleute in diesen Kampf einsteigen.
Bitte verändere unser Herz, wo es nötig ist. Amen.
