Familienordnung und gegenseitige Verantwortung
Kolosser 3, den Schluss betreffend:
Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, wie es sich gebührt im Herrn! Ihr Männer liebt eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie. Ihr Kinder seid gehorsam den Eltern in allen Dingen, denn das ist wohlgefällig im Herrn.
Ihr Väter, erbittet eure Kinder nicht, damit sie nicht scheu werden. Ihr Sklaven – oder wie ihr bei euch sagt, eure Knechte – seid gehorsam in allen Dingen euren irdischen Herren, nicht mit Dienst vor Augen, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens und in der Furcht des Herrn.
Alles, was ihr tut, das tut von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen. Denn ihr wisst, dass ihr vom Herrn als Lohn das Erbe empfangen werdet. Ihr dient dem Herrn Christus! Denn wer Unrecht tut, der wird empfangen, was er Unrecht getan hat, und es gibt kein Ansehen der Person.
Ihr Herren, tut, was recht und billig ist! Das gewährt den Sklaven und bedenkt, dass auch ihr einen Herrn im Himmel habt.
Diese Kapitel-Einteilung darf Sie nicht verwirren. Sie ist sehr spät hinzugekommen und ziemlich willkürlich. Eigentlich dient sie nur dazu, die Bibel etwas übersichtlicher zu machen.
So hat eines Tages meine Mutter mir hier etwas aus der Bibel zitiert, und zwar den Vers, in dem es heißt, dass Kinder gehorsam sein sollen. Das war, als ich Kritik an meinem Vater geübt hatte, der damals auf Kriegsfuß mit mir stand. Mein Vater ließ einfach die Zeit laufen, und vielleicht habe ich dann das andere Extrem wieder aufgenommen – so ist das ja immer wieder.
Dadurch versteht man manches besser. Meine Mutter sagte also, Kinder sollen gehorsam sein. Das habe ich ihr aber heimgezahlt, indem ich ihr den nächsten Vers ebenfalls in den Kopf gesetzt habe: dass die Väter ihre Kinder nicht zum Zorn reizen sollen.
So ist es immer wieder, dass man die Bibel als Waffe benutzen kann. So habe ich es auch erlebt und so kann man es auch hören.
Die Rolle der Frauen in der Familie und die biblische Perspektive
Der Satz „Die Frauen sollen sich den Männern unterordnen“ ist einer der am meisten missbrauchten Sätze der Bibel. Tatsächlich haben Männer diesen Satz oft dazu benutzt, Frauen zu beherrschen. Man kann immer die Probe aufs Exempel machen und fragen: Ist das wirklich aus dem Mund Jesu denkbar? Sicher kam es manchmal vor, dass man sagte, Frauen seien weniger wert oder müssten sich dem Mann unterordnen, weil der Mann das Sagen habe.
Ich muss sagen, es ist mir oft beklemmend, wenn ich in bibeltreuen Familien sehe, welche Position Männer einnehmen. Das ist nicht biblisch und entspricht nicht dem Geist Jesu, also nicht dem Heiligen Geist, sondern ist eine Tyrannei menschlicher Art.
Wie gehe ich damit um? Hier steht doch: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter.“ Schlagen wir einfach Epheser 5,21 auf. Dort gibt es ebenfalls eine Anweisung an die Familie. Und wie fängt Paulus an? Wer liest sonst? Müssen Frauen sich den Männern unterordnen? Nein, Paulus sagt, alle sollen sich einander unterordnen. Das ist kein Widerspruch in der Bibel.
Wahrscheinlich war damals in der Gemeinde gerade das Problem, dass die Frauen aufmüpfig wurden. Warum? Im Altertum hatte die Frau überhaupt nichts zu sagen. Ein uraltes Beispiel: Wenn ein Esel da war, um Gepäck zu transportieren, ritt der Mann, während die Frau hinterherlief und das Gepäck trug. Das war die Stellung der Frau im Altertum. Die Frau machte die Arbeit, der Mann stand auf dem Marktplatz und philosophierte. In Griechenland war das immer so: Der Mann tat nichts.
Und dann kam Jesus. Wie ist Jesus mit den Frauen umgegangen? Es ist ein Witz, wenn man behauptet, Jesus habe etwas gegen Frauen gehabt, wie es manche Feministinnen sagen. Es lohnt sich gar nicht, sich mit diesem Unsinn auseinanderzusetzen. Schauen Sie, wie Jesus ein wunderbares Verhältnis zu Frauen hatte. Die treuen Jüngerinnen wurden voll akzeptiert und in die Gemeinde hineingenommen. Es gibt keinen Hauch von Diskriminierung.
Deshalb gab es in der ersten Gemeinde fast eine Revolution, weil die Frauen in der Versammlung sagten: „Hört mal, jetzt endlich!“ Und sie sind aufgestanden. Dabei krachte einiges in der damaligen Kultur. Deshalb wundert es mich nicht, dass Paulus die Frauen immer wieder aufforderte, zurückzustehen und diesen revolutionären Aufbruch nicht zu machen.
Die Gleichberechtigung der Frau ist eine Frucht von Jesus. Ohne Jesus gäbe es keine Gleichberechtigung der Frau. Das trifft auf viele Gesellschaften unserer Welt zu, in denen Frauen missachtet, unterdrückt oder diskriminiert werden. Bei Jesus aber gibt es keine Diskriminierung.
Ich sage das immer bei jeder Trauung. Dort zitiere ich zwei Bibelworte. Das eine lautet: Gott schuf den Menschen zu seinem Bild. Es ist ganz wichtig, dass wir auch in unserem Frausein und Mannsein nach dem herrlichen Plan Gottes geschaffen sind. Das müssen wir akzeptieren und Gott dafür preisen: „Er hat mich wunderbar gemacht, und ich nehme mich so aus der Hand Gottes.“
Das zweite Wort lautet: „Ich will ihm eine Hilfe schaffen, die um ihn sei.“ Das wird oft missverstanden, als ob die Frau nur zum Putzen, Nähen, Kochen oder Stricken da sei – also für niedere Arbeiten. So habe ich schon mal ein Sektenblättchen gelesen. Das ist Quatsch.
Schauen Sie doch in die Kirchengeschichte hinein. Es ist Unsinn zu behaupten, das sei ein Problem des 20. Jahrhunderts. Denken Sie an Königin Viktoria in England oder Maria Theresia. In früheren Kulturen war es selbstverständlich, dass Frauen sich entfalten durften. Das war eine Frucht des christlichen Glaubens – jeder mit seinen Gaben.
Ein Beispiel aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts: Die Frau von Theodor Heuss. Es war selbstverständlich, dass Frauen sich entwickeln konnten. Was die heutigen Feministinnen fordern, ist etwas ganz anderes. Sie schlüpfen in Männerrollen und fordern Rechte, damit sie nach Parität Positionen erlangen können. Das hat keinen Sinn und führt zu nichts.
Es geht vielmehr um ein geistliches Anliegen von Jesus, dass Frauen sich voll entfalten und ihre Gaben zur Entfaltung bringen können. Sie sehen und wissen doch, wie das ist. Kulturelle Grenzen haben früher oft verhindert, dass Frauen bestimmte Berufe ergreifen konnten.
Vom Geistlichen und Biblischen her geht es darum, dass sich beide gegenseitig unterordnen. Hier geht es um die Familie. Eine Ehe kann nur funktionieren, wenn sich beide unterordnen. Ich sage das nicht nur für Verheiratete, sondern in abgewandelter Form gilt es auch für Kinder und Eltern, für Verwandte, Großeltern und die Generationen, die miteinander leben.
Nur mit Unterordnung kann das Zusammenleben überhaupt existieren. Das ist die erste Voraussetzung dafür, dass es funktionieren kann.
Die Bedeutung von Unterordnung und Liebe in der Ehe
Nehmen wir als Beispiel die Ehe. Es ist heute leider oft so, dass junge Leute einfach in die Ehe „hineinrutschen“. Sie sagen, die Partnerin oder der Partner gefällt mir, so wie Simson es empfand, und dann heiraten sie einfach. Das ist vorprogrammiertes Elend.
Ich bitte immer wieder die jungen Leute und sage: Die Verlobung ist eine wunderbare Zeit. Sie ist eine Zeit, in der man noch einmal die Möglichkeit hat, die Beziehung zu beenden. Man kann eine Verlobung ohne Probleme auflösen. In unserer Kultur ist das herrlich geregelt. Die Verlobung ist ein kulturelles Instrument. Vor der Ehe, vor dem Zusammenleben und vor jeglicher Bindung – auch leiblicher Art – haben die beiden Zeit, in aller Ruhe ihr Leben miteinander zu planen.
Dabei muss man erkennen, dass das nur funktionieren kann, wenn sich beide fortwährend einander unterordnen. Wenn diese Dienstbereitschaft nicht da ist, funktioniert es nicht. Ich habe einmal erlebt, wie sich ein Brautpaar abgemeldet hat und sagte, so wollten sie nicht heiraten. Sie wollten beide emanzipiert und frei sein, jeder für sich selbst. Er sagte: „Das geht nicht, so können Sie keine Ehe schließen.“ Das könne man auch nicht als großes Opfer machen.
Heute mag es so aussehen, wenn man etwa unsere Ehe betrachtet, dass man sagt: „Meine Frau hat das größte Opfer gebracht, sie hat alles aufgegeben, alles verlassen und muss immer wieder den Kopf einziehen bei dem tyrannischen Mann.“ Aber es ist trotzdem etwas Wunderbares.
Ich benutze das gern bei Traugesprächen und rede mit den Brautpaaren über diesen wichtigen Punkt. Ich sage: Wenn ihr einander nicht als Gottes Gabe annehmen könnt, dann wird es schwierig. Das ist das größte Wunder: Gott hat mir diesen Menschen gegeben, und ich bin ihn eigentlich gar nicht wert. Jetzt muss ich schauen, wie ich diese Gabe richtig ehre. Das ist eine ganz andere Einstellung.
In der Ehe treffen Tausende und Abertausende Verschiedenheiten aufeinander. Das gilt nicht nur für die Ehe, sondern auch für Familie und Verwandtschaft. Natürlich hat jeder von uns schon mal gedacht, man könne über Leichen gehen. Aber den Kindern kann man nichts Böses tun. Man kann nur lieben.
Das ist vielleicht eine Erkenntnis, die bei mir in dieser Klarheit erst als Großvater richtig herauskommt. Aber es war tatsächlich auch schon früher so.
Sicher wollen wir den Kindern nicht alles durchgehen lassen. Wir haben Ordnungen in unserer Familie, die uns wichtig und heilig sind. Aber wenn diese Ordnungen gefährdet sind, können wir nicht viel mit Druck erreichen. Nur in der Liebe bewegt sich etwas.
Wenn der andere aus Liebe sagt: „Du bist so groß, und jetzt möchte ich auch mal...“, dann kommt es plötzlich zum Gespräch.
Ich behaupte auch immer, dass Frauen wissen müssen, wie man Männer psychologisch behandelt. Wenn sie das nicht wissen, hat es keinen Wert, dann sollten sie es bleiben lassen.
Wenn ein Mann müde nach Hause kommt, kann man mit ihm sowieso nichts reden. Und wenn man dann gleich sagt: „Der Sohn hat wieder eine Sechs in der Englischarbeit“, dann muss man sich nicht wundern, wenn der Streit nicht weit entfernt ist.
Frauen sind normalerweise psychologisch gut, sie sollen den Mann nicht überfallen, etwa mit Dingen, die sie ohne sein Wissen gekauft haben. Aber es gibt Momente, in denen sie ihm etwas unterlegen können, und dann ist das wunderbar.
Das Untertanensein ist keine Erniedrigung. Im Gegenteil: Es ist der erfolgreichste Weg, um Einfluss über die Liebe zu gewinnen. So haben Beziehungen überhaupt begonnen.
Kinder können nur über die Liebe mit ihren Eltern gehen, wenn sie wissen, wie sie berührt werden. Wenn ihnen ein Kind eine Freude macht und etwas gemalt hat, dann sind die Eltern plötzlich offen für die Liebe.
Wir meinen immer, man müsse dem anderen sagen, was man fühlt, weil der andere es nicht weiß. Aber jeder weiß doch, was richtig ist. Nur können wir es nicht immer umsetzen. Die Liebe ist der einzige Schlüssel.
Deshalb heißt Untertanensein nicht, dass man sich wie ein Soldat unter einen Offizier stellt. Es bedeutet vielmehr, sich irgendwo darunter zu stellen.
Es ist mir wichtig, dass sich Brautpaare vor der Trauung bewusst machen: „Ich gebe jetzt viel von meiner Selbständigkeit auf.“ Aber das heißt nicht, dass ich mich unterwerfe. Im Leben kann man nicht ständig eine Bundestagsdebatte führen, wenn man morgens aufsteht, wann das Frühstück ist oder was man plant. Da muss man sagen: „Ich kümmere mich nicht darum, das soll meine Frau machen.“ Das ist ihr Teil, und das hat seinen Wert.
In allem sind wir verschieden. Glauben Sie, Eltern können sich immer einigen? Sie haben nie den gleichen Geschmack, welcher Name für die Kinder schön ist. Man kann sich an jeder Kleinigkeit zerstreiten und zerbeißen.
Meine Frau nimmt immer das schöne Beispiel mit der Zahnpastatube: Der eine drückt vorne, der andere hinten. Da kann man lange Debatten führen, wie es richtig ist und wie es besser ist.
In einer Ehe gibt es so viele Probleme, bis man merkt: „Wir sind einander gar nicht wert.“ Wenn man diesen Blick nicht hat, wird es schwierig.
Es heißt ja im Herrn: Wir sind im Licht Gottes fehlerhafte, sündige Menschen mit allen Mängeln. Da wundert man sich überhaupt, dass der andere den Mut hat, mit uns weiterzumachen.
Das ist der Ansatzpunkt. Man kann offen seine Fehler, Probleme und Schwierigkeiten sagen.
Die Aufforderung zur Liebe und das Geheimnis des Umgangs miteinander
Im nächsten Vers heißt es: „Ihr Männer, liebt eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie.“
Ich weiß nicht genau, was mit dem „Bittersein“ gemeint ist. Haben Sie eine Idee? Ich habe in verschiedenen Bibelkommentaren nachgeschlagen, doch niemand kann es genau erklären. Manche vermuten, dass es sich um eine spezielle Situation in Kolossä gehandelt hat, aber sicher weiß das niemand.
Etwa Hans, wie heißt er noch, De Boor, sagt in seiner Wuppertaler Studienbibel, dass es „Männerart“ sei, immer bitter zu sein. Aber ich kann auch viele Frauen kennen, die bitter sind. Vielleicht spricht das eher für ein persönliches Naturell.
Es könnte sein, dass in Kolossä eine große Wunde bestand, weil Männer mit der neuen Situation ihrer aufmüpfig gewordenen Frauen schlecht fertig wurden. Paulus sagt dann, ihr müsst das unter die Füße kriegen, euch mit dieser Situation abfinden und zurechtkommen.
Man kann beim Paulus immer wieder beobachten, dass er sehr konservativ denkt. Das haben ihm viele radikale Revolutionäre vorgeworfen, besonders wenn es um die Sklavenfrage geht. Warum hat er nicht einfach gesagt: „Sprengt die Fesseln!“? Paulus meinte, das sei eigentlich gar nicht so wichtig. Das kennt man auch aus seinem Ehekapitel, wo er sagt: Heiraten oder nicht heiraten, die Diskussion lohnt sich eigentlich nicht, da der Herr bald kommt.
Das ist richtig. Es ist nur eine kurze Zeitspanne im Leben, in der man seine Zeit nicht mit all diesen Strukturfragen verschwenden sollte. Wenn heute jemand ein neues Frauenbild will, soll er dafür kämpfen.
Ich denke, es ist viel wichtiger, wie wir die alten Ordnungen mit einem neuen Geist erfüllen. Darum ging es Paulus. Es ist nicht wichtig, und ich bestreite nicht, dass die Emanzipationsbewegung etwas für moderne Frauen bewirkt hat.
Denn wenn ich sehe, wie Frauen in den vergangenen Jahrhunderten große Positionen innehatten – selbst im katholischen Mittelalter finden wir sie unter Philosophen und Künstlern –, dann möchte ich mithelfen, gegen Diskriminierung zu kämpfen. Das haben Sie sicher auch schon bemerkt: Wir wollen alles vermeiden, was diskriminiert.
Ich glaube, in den letzten zehn Jahren ist es mir nie vorgekommen, dass ich gesagt habe: Brüder und Schwestern seien nicht gleichwertig oder dass Brüder immer vorne anstehen sollten. Wir meiden jede Form von Diskriminierung, wo immer sie möglich ist – solange wir es nicht in Albernheiten ausarten lassen.
Beim Kirchentag haben Sie von den „Papphockerinnen“ geschrieben. Ein Papphocker ist männlich, eine Papphockerin weiblich – das ist der Karton, auf dem man sitzt. Das sind die „Papphockerinnen“, auch wenn Männer darauf sitzen. Das ist alles blöd und dumm.
Mir geht es wirklich darum, dass wir wieder sehen: Von Christus her sind beide beauftragt. Aber Mann und Frau sind nicht gleich. Sie haben nur die gleichen Rechte, aber natürlich sind sie nicht gleich.
Das ist ein Unterschied zwischen Mann und Frau. Das haben Sie sicher auch schon bemerkt. Es gibt einen gewissen Unterschied. Sie sind ganz verschieden – auch in ihren Gaben und Empfindungen.
Manchmal versteht man Leute nicht, wenn sie sagen: „Meine Frau ist so komisch“, und dann erwähnen sie etwas, etwa dass sie einen anderen Zeitbegriff hat. Frauen haben oft einen völlig anderen Zeitbegriff.
Was würden Sie sagen, wenn Ihre Frau körperlich so aussehen würde wie ein Mann? Sie ist auch in der Seele völlig anders. Gott sei Dank hat sie einen anderen Zeitbegriff. Sie hat nicht eine Uhr statt des Herzens, sondern zehn Minuten können auch mal eine Dreiviertelstunde sein – warum nicht? Weil sie mit dem Herzen das Ganze fühlt.
Das ist ganz anders, wenn Männer mit der Stoppuhr leben. Wir hören das im Blut. Und es ist einfach wunderbar, wenn man das sieht. Es ist ein Wunderwerk, wie hier alles zusammenspielt.
Darum geht es Paulus. Ich möchte nur bitten, das nicht so zu verstehen, als ob der Mann das Haupt sei. Auch das „Haupt“ bedeutet ja nicht die Unterjochung des Leibes unter das Haupt. Es bedeutet vielmehr, dass gewisse Fragen so sind.
Im Normalfall dürfte es auch der Mentalität entsprechen, dass Frauen sehr froh sind, wenn Männer gewisse Aufgaben erledigen – aber sie sicher nicht bevormunden. Da liegt ein kleiner Unterschied.
Wenn jemand sagt: „Meine Frau brauche ich gar nicht zu fragen, ich sage ihr gleich, was sie denkt“, dann ist das gerade nicht richtig. Liebe heißt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen.“
Bei der Liebe dachte Jesus an die Liebe, die er lebt. Paulus dachte an eine Liebe, die alles erträgt. Es ist eigentlich das Elend, dass die meisten modernen Menschen so primitiv geworden sind, dass sie Liebe nur auf Sex reduzieren. Das hat am wenigsten mit der Liebe Jesu zu tun.
Diese Liebe gilt für die ganze Familie. Wenn Sie an die Probleme mit den Alten in unseren Familien denken, an schwierige Leute, an Enkelkinder und Kinder, die man liebt – nur die Liebe ist das Motiv.
Und da ist man ein Schuldner, wenn man noch einmal 1. Korinther 13 liest: Die Liebe eifert nicht, sie ist langmütig, sie ist freundlich, sie erbittert sich nicht.
Ach, das wäre doch wunderbar, wenn wir das wieder lernen würden!
Gehorsam der Kinder und die Balance in der Erziehung
Ihr Kinder seid gehorsam den Eltern in allen Dingen. Das ist ein harter Satz, und doch in der Tat wahr. Wenn wir den Eltern unter uns etwas an Fehlern vorhalten müssen, dann dieses: Ihr habt am Mittag Altenbibelstunde gehabt und habt mit denen das gemacht. Ich habe gesagt, ich nehme euch das übel.
Als ich jung auf Ikar war, habe ich bei jedem Hausbesuch gehört: Unsere Kinder sollen es mal besser haben. Und das war der Fehler. Ihr habt gemeint, ihr müsst den Kindern die Steine aus dem Weg räumen, und damit habt ihr sie fürs Leben untauglich gemacht. Ihr habt ihnen alles weggenommen.
Es war doch in eurem Leben der schönste Triumph, dass ihr schon mit zehn Jahren Kartoffeln aus dem Acker rauslesen musstet, helfen musstet und schaffen musstet. Das hat euch erfüllt gemacht, da seid ihr gesund geworden und gestählt. Unsere jungen Leute hat man verwöhnt. Ich verstehe Eltern nicht, wenn sie Jungen erziehen und ihnen nicht wie den Mädchen alle Hausarbeiten machen lassen. Das ist unverantwortlich. Solche Mütter gehören versohlt, ich sage es mal ehrlich, das gibt es überhaupt nicht.
Es hat auch gar keinen Sinn, wenn heute im Haushalt der Mann vor dem Fernseher sitzt und die Frau die Küche richtet. Was ist das für eine Rollenverteilung? Heute sind die Frauen ja alle auch in irgendwelchen Tätigkeiten und Aufgaben drin. Deshalb ist es so wichtig, dass Kinder früh das Gehorchen lernen.
Auch hier ist eine übertriebene Freiheit nicht angebracht. Wir dürfen diesen Gehorsam als Autoritätspersonen nicht missbrauchen oder überziehen. Das ist wichtig.
Ich bin immer aufgewachsen mit einer Geschichte, die mein Vater, ich weiß nicht, hunderttausend Mal erzählt hat. Vom Mostfest – das habe ich Ihnen sicher schon oft erzählt, hier schon, tausend Mal. Der Vater hat den Sohn beim Mittagessen runtergeschickt und gesagt: „Geh in den Keller, hol den Most im Krug.“ Der Bub kommt rauf und sagt: „Vater, du sitzt jetzt am Essenstisch und jetzt wird gegessen, und du schwätzst jetzt nichts!“ Darauf sagt der Vater: „Aber, Baba, du hältst deinen Mund!“ „Aber, Bobbe, wenn du nicht ruhig bist, fängst du eine. Also jetzt nach dem Essen.“ Und nach dem Essen sagt der Vater: „Was ist los?“ Der Bub sagt: „Ich kriege den Mostkrug nicht zu.“
Mein Vater hat mir immer wieder erzählt, wie Autorität auch furchtbare Misserfolge zeitigen kann, weil sie dumm ist und blind für die wirklichen Notfälle. Es ist schön, wenn Eltern das wissen und sagen: Es darf doch nicht in unserer Familie so sein, dass wir eine blinde Autoritätsgläubigkeit haben. Wir wollen doch auch unsere Kinder früh daran gewöhnen, dass sie ganz offen wissen: Unsere Eltern machen auch viel falsch.
Es ist doch wunderbar, wenn Eltern sich vor den Kindern entschuldigen. Aber Kinder müssen auch Gehorsam lernen. Ich verstehe nicht, dass heute eine Unklarheit in der Erziehung herrscht, dass man Kindern alles erlaubt und dann wieder predigt: „Dann komm her und mach das!“ Unsere sogenannten freiheitlichen Eltern sind wahnsinnig autoritär, wie eine frühere Generation gar nicht. Sie sind bloß inkonsequent, und das muss für Kinder verrückt machen, weil man denkt: Jetzt darf ich das nicht, vorher war es witzig, dann hat man gelacht, und jetzt ist es wieder nicht recht.
Dass Kinder sich einordnen müssen, ist doch klar. Ich habe nur eine Frage: Jetzt sind unsere lieben Kindergärtnerinnen da. Heute wird beim Kindergarten immer gesagt, die Kinder sollen lernen, sich vor der Schule einzuordnen. Da habe ich mir gedacht, ich hätte immer gern den Kindergarten noch als einen Platz, wo sie sich frei entfalten dürfen. Sie müssen im Leben dauernd einordnen.
Aber es ist furchtbar, wenn es einem Kind schwerfällt, auch mal den Mund zu halten oder hinzusitzen. Wir haben im Mütterkreis unsere alte Tante Erna vom Kindergarten gebeten – ich weiß nicht mehr, sie hat früher mit 70 Kindern in einer Gruppe gearbeitet – sie hat gesagt: „Erzähl das mal wieder den Müttern, wie man das früher gemacht hat, rein technisch.“ Und die haben einfach gesagt: „Die Mütter machen sich selber nervenkrank, indem sie den Kindern viel zu viel zulassen. Da kann man überhaupt kein Kind mehr haben, wenn man denen so viel durchlässt. Da kann sich das Kind nicht mehr orientieren.“
Deshalb verstehe ich Paulus. Es ist auch gut, wenn man dem Kind einfach sagt: „Du, hör mal, jetzt ist Schluss!“ Ich bin meiner Frau dankbar. Ich glaube, sie hat in all den Jahren unserer Ehe, obwohl unsere Kinder sehr nah beieinander liegen, nie einen Gottesdienst ausgelassen. Die Kinder wurden ins Bett gebracht, dort festgehalten, mit Schlafsack oder was auch immer. Das ging auch.
Man darf nicht zulassen, dass die Kinder einen völlig manipulieren. Sie haben ja keinen bleibenden Schaden oder so einen schlimmen Forttrag. Das Gehorsamsein ist irgendwo wichtig. Ich frage mich oft, manche sind entsetzt, wenn man sagt: „Ich lasse mir doch den Gottesdienst nicht vermiesen.“ Ich kann ja ein babbelndes Kind haben, das die ganze Predigt kaputt macht. Und ich finde es wunderbar, dass die Eltern das mittragen. Ich weiß, welches Opfer das ist.
Man hat ja immer schon Eltern gehabt, die sagen: „Drüben sind so viele Kinder, deshalb setze ich mich mit meinem Kind rein.“ Das klingt dann so: „Er schreit ein bisschen und so.“ Wir haben gesagt: Nein, wir wollen das Wort Gottes hören, und das ist schwierig. Aber die Kinder sollen uns auch nicht terrorisieren, und Kinder müssen das wissen. Es hat auch keinen Wert. Sie müssen sehen, was das bedeutet, hier mit diesem Wort.
Ich finde es gut, dass Paulus sagt: „Wir haben Gehorsam.“ Das ist ganz praktisch. Aber nicht Kadavergehorsam, das ist doch überhaupt nicht gemeint. Sie wissen das doch auch im Leben.
Ich wundere mich, dass es heute Leute mit 25 oder 30 Jahren gibt, die nicht wissen, wie man sich benimmt. Man muss doch einem Vorgesetzten nicht gleich sagen: „Sie sieht mal komisch aus mit ihrer Nase“ oder „Ihre Glatze sieht auch lustig aus.“ Man muss sich manchmal zurücknehmen und nicht alles erzählen, was man gerade an Unverschämtem im Mund hat. Im Leben muss man manchmal gehorsam sein und den Kopf einziehen, wenn man seinen Weg gehen will.
Auch in einer freiheitlichen Welt kann man nicht einfach tun, was man will. Sonst stößt man im Leben immer an Grenzen. Deshalb war es doch gar nicht so schwierig. Deshalb gilt: Kinder sollen den Eltern gehorchen. Das gilt auch für die Großeltern. Ich sage das nicht, weil wir zu diesem heiligen Stand gehören, sondern weil es etwas gibt gegenüber der vorherigen Generation.
Da kommt in der Bibel noch etwas Zweites hinzu: Die Arroganz der Jugend ist etwas teuflisch Dämonisches. Das finden Sie in der Bibel zum Beispiel bei dem Nachfolger von König Salomo. Als dieser Rehabeam den Königsthron übernahm, hat er die Alten gefragt: „Soll ich die Steuerlast erleichtern?“ Die Alten haben gesagt: „Unbedingt, das war viel zu viel, was Salomo verlangt hat.“ Und er hat die Jungen gefragt – übrigens ist im Hebräischen das gleiche Wort für „die Jungen“ wie für „die Buben“, die beim Elisabeth-Kahlkopf gebrüllt haben. Das waren Männer bis zu vierzig Jahren, keine Buben, keine Kindergartenkinder. Das waren die Jungen. Die Jungen haben gesagt: „Nein, denen muss man zeigen, wo es langgeht.“ Und das hat Rehabeam gefallen. Dabei hat er Israel zugrunde gerichtet, das Land wurde gespalten und in zwei Hälften geteilt.
Das finden Sie in der Bibel überall: Junge haben oft kein Gefühl, und die Weisheit des Alters ist etwas Großes.
Ich habe etwa in Gremien, auch in der Deutschen Evangelischen Allianz, nie verstanden, warum man sagt: „Mit 65 muss man raus aus den Gremien.“ Ich muss jetzt aufpassen, wenn ich auch immer näher an diese Schranke rücke, dann meinen die Leute, ich rede für meine Person und kann die Sache nicht loslassen. Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist.
Ich habe immer gut gefunden, wenn in gewissen Gremien auch ein hoher Prozentsatz Älterer dabei war. Das Wort „Älteste“ meint ganz bewusst auch Leute mit Lebenserfahrung. Ich freue mich, dass wir im Kirchengemeinderat auch Leute haben, die über 65 sind, weil sie immer nur das Beste bringen.
Wenn wir das nicht mehr achten, dann haben wir keine Korrektur, und die Jungen haben keine Korrektur.
Ich finde es auch wunderbar, dass unsere jungen Leute in der Gemeinde nie einen Generationenkonflikt hatten. In all den Jahren, in denen ich da war, habe ich das nie gehört. Sie kommen immer wieder, holen sich Rat, ohne dass ich zu ihnen gehe, um ihnen die Freiheit zu lassen. Sie suchen die Brücke, und dann ist etwas gesegnet vom Herrn.
Wir wollen sie gar nicht beformen, wir wollen ihnen keine Auflagen machen. Wenn wir ihnen blind trauen und wissen, dass sie sich vom Geist Gottes leiten lassen, dann liegt darin der Grund, warum Gehorsam verpflichtend ist, auch für die Jungen, und ihnen oft gut tut.
Es ist schade, wenn das zerbricht, wenn Junge sich gegen die Alten auflehnen – wenn die Alten es überziehen. Das gibt es auch. Sie sagen: „Weil mir eure Musik nicht gefällt, eure Lieder und eure Klampfen.“ Das habe ich auch schon erlebt in Gemeinschaftsstunden: „Klampfe ist vom Teufel!“ Und dann ist alles kaputt, weil kein Verstehen und keine Liebe da ist.
Eine Liebe, die gibt auch Freiraum, wo man nicht alles überzieht in Enge.
Da ist es eben, dass ihr Väter eure Kinder nicht erbittert, damit sie nicht scheu werden. Darf ich noch ein bisschen weitermachen? Ich glaube, das müssen wir heute noch an einem Stück haben. Aber es wird ein bisschen praktischer: Erbittet eure Kinder nicht, damit sie nicht scheu werden.
Was habt ihr da für andere Worte noch? Übersetzungen wie scheu, mutlos? Es ist schön, Frau Wildermuth, mutlos. Ich würde auch sagen: Damit sie nicht seelisch geschädigt werden, unwillig.
Wir können gar nichts machen, auch nicht seelische Krankheiten verhindern. Selbst wenn niemand meint, ich würde das jetzt auf Ursachen zurückführen wollen. Aber es gibt Fälle, wo man sagen kann: Das wird furchtbar, wie das Kind geschädigt wird.
Sei es durch eine falsche Enge, dass man sagt: Dieses Kind hat nie Mut. Sei es, dass man sich immer wieder die Eltern als vorbildlich ausschießt – für ein Kind auch furchtbar.
Was ist es für ein sechs- oder achtjähriges Kind wunderbar, wenn Eltern sagen: „Du kannst etwas, was ich nicht kann.“ So ermutigend.
Als man in Dauern sehen hat, dass das die Perfekten sind, die da vorneweg dampfen.
Ich möchte Sie gar nicht belehren. Sie merken, wie tief das hier eigentlich hineingeht: Erbittert sie nicht. Die Perfektion auch eines Elternhauses kann Kinder so beängstigend machen.
Es war mir lange Zeit eine Last, warum so viele Pfarrerskinder, wie bei Müllers Vieh, auch Schwierigkeiten haben. Ich bin eigentlich dankbar, dass auch unsere Kinder das gemerkt haben: Ein Pfarrhaus ist wie ein anderes Haus, es ist überhaupt nichts Besonderes.
Es sei relativ selten gewesen, dass jemand den dummen Satz gesagt hat: „Gerade ihr“ usw. Das war es gerade bei Kindern, das etwas auslöst. Sondern dass sie so sein dürfen wie alle anderen eben auch.
Denn das ist ihnen eine furchtbare Last: „Ich muss irgendetwas wider mein Gewissen machen, was ich gar nicht kann.“
Unsere Kinder stehen im höchsten Stress, auch gerade bei christlichen Familien. Das betrifft auch Paten und alle, die mit Kindern zu tun haben.
Ich bin unheimlich dankbar, wenn sie die Kinder loslösen. Hier ist auch ein besonderer Dank von mir an die Jugendarbeiter, auch an die Mitarbeiterinnen, Frau Weber oder Angela Werner früher usw.
Die Kinder orientieren sich natürlich ganz früh außerhalb des Elternhauses, gerade am christlichen Haus. Es ist ganz wichtig, dass sie Bezugspersonen bekommen, die ihnen Vorbild sind. Das ist herrlich, wenn man sieht, dass sie eine Leitung hatten.
Denn die Eltern können dann nur noch erbittert reagieren oder scheu machen oder Menschen wirklich schädigen, sodass sie keinen Mut mehr haben oder psychisch krank werden.
Es ist eine ganz große Gefahr, dass das passiert. Wissen Sie, die Ängste und so bei uns sind ein Chaos, das sich da verbirgt.
Wir sind froh, dass einige in unserer Gemeinde auch dann noch helfen, wenn schwere Krankheitsstörungen da sind. Man kann auch da mit Liebe und Verständnis manches zurechtrücken und aus mancher Spannung und Stresssituation jemanden herausholen.
Aber dass man es hier sieht: Paulus gibt uns, und das ist für das Ganze wichtig, keine konkreten Familienregeln mit. Er sagt nicht: So und so muss eine Familie sein. Er sagt nicht einmal, wie eure Hausandacht auszusehen hat. Da habt ihr großen Spielraum, wie ihr alles gestaltet und organisiert.
Aber er gibt gewisse Maßstäbe, nichts ohne Liebe.
Es kann nie sein – habe ich bei meiner Großmutter noch als Kind mitbekommen –, dass Kinder ihre Eltern schlagen. Sie sagte: „Das ist unbiblisch.“ Dabei war sie nie eine autoritäre Person, sie war so in ihrer Liebe mit uns verbunden, das war ihr alles.
Aber da hat sie gesagt: „Das ist Sünde, wenn ein Kind sich so erhebt. Dann hat es später vor nichts mehr Respekt und kann nicht wissen, wo die Grenzen seines Lebens liegen.“
Ich glaube, das genügt, dass wir jetzt einfach ein bisschen von dieser Familie haben.
Der Umgang mit Sklaven und die christliche Haltung zur Autorität
Jetzt noch ein Wort zu den Sklaven. Das ist natürlich schon hart, und die marxistischen Studenten haben bis heute sehr über Paulus gespottet, weil er die Sklaven zum Gehorsam aufgerufen hat. Es ist geradezu eine Frechheit, dass ausgerechnet die Marxisten, die den schlimmsten Terrorstaat unserer Zeit gegründet haben, Paulus kritisieren.
In der DDR, ich weiß nicht genau, wie viele IEMs der Bischof Leichtwort überwacht wurde – waren es 17, 11 oder 23? Ich habe die Zahl gerade nicht im Kopf. Sogar die Liebesbriefe seiner Frau liegen kopiert bei der Stasi. Das steht jetzt in der neuesten Presseausgabe von IDEA über Bischof Leichtwort. So ein Terrorregime also.
Und diese Leute sagen, wie man die Sklaven aufheben soll. Denen brauchen wir nichts zu glauben. Paulus ging es darum, dass die Herren die Struktur nicht einfach aufheben, sondern dass wir auch in Verhältnissen, in denen jemand Chef sein muss, ein gutes Klima schaffen. Sie können nicht einfach sagen: Macht, was ihr wollt. Das geht ja auch nicht, wenn jemand Verantwortung trägt, etwa als Haushalter.
Aber sie sollen ein Klima des Vertrauens, der Liebe und des Verständnisses entwickeln. Ich bestreite, ob das patriarchalische System in manchen christlichen Firmen im vorigen Jahrhundert wirklich schlechter war als heute. Ob es heute besser ist, wenn man nur unter dem Diktat der Zeituhr steht und akkordmäßig arbeiten muss.
Die äußeren Formen sind es gar nicht. Wir leben auch heute nicht in einer freien Welt. Auch heute müssen wir uns einordnen. Obwohl wir eine gleitende Arbeitszeit haben, müssen wir uns anpassen. Der Kopf muss einziehen und darf sich nicht auflehnen. Das ist überall so.
Man muss eben aufpassen und sagen, man hat einen wunderlichen Chef. Auch dort muss man Rücksicht nehmen. Man kann nicht um jede Frage prozessieren. Und das war sicher gar nicht dumm von Paulus. Er sagt, darum geht es gar nicht. Man kann von innen her auch die Zwangsordnungen aushöhlen. Und das ist richtig.
Indem man nämlich sagt: Dient dem Herrn und nicht den Menschen! In allem tun wir es nicht um der Menschen willen, sondern um den Herrn.
Übrigens, wenn man für irgendjemanden etwas gemacht hat – zum Beispiel zum Geburtstag gratuliert – und sich dann furchtbar aufregt, weil derjenige nie dafür gedankt hat, dann hat man immer das Problem der Undankbarkeit, wenn man es für Menschen tut.
Macht man es aber für Gott, sagt man: Ich habe einfach Liebe weitergegeben. Das ist mein Lebenssinn. Ich warte gar nicht auf ein Echo. Dann wird man nie enttäuscht sein.
Wenn man für Menschen arbeitet, erlebt man viele Enttäuschungen. Dann wird man bitter und sagt, es hat alles keinen Wert. Aber sei voller Liebe, tue deine Arbeit oder deine Gastfreundschaft – was immer du machst – und frage nicht, wie du etwas zurückbekommst. Tu es, weil du in der kurzen Zeit deines Lebens in dieser unheimlichen Welt einfach Liebe weitergeben willst. Nutze deine Gaben, um Freude zu schenken.
Das können nur Menschen, die vor dem Herrn stehen, wirklich so wirken lassen. „Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen.“
Menschenfurcht ist schlimm. Menschenabhängigkeit, Druck von Menschen, Angst vor Menschen sollte man nie haben. Es hilft immer, wenn man vor einer schwierigen Begegnung betet und sagt: Herr, du hast den jetzt auch in deiner Hand. Vor dir ist das auch nur ein Mensch, der nicht viel hat.
Man braucht keine Angst vor Menschen zu haben. Man steht vor Gott, und Gott sendet einen. Aber tue das, was du tust, von Herzen als dem Herrn. Dann wird dein Leben von einer Freude erfüllt sein – egal, wo du bist und welchen Dienst du auch immer tust.
Jetzt geht es wieder darum: Es ist kein schlechter Ort, wenn du sagst: Ich mache Küchenarbeit. Das ist doch schön, auch als Mann. Und wenn du das tust, um Freude zu geben, ist das wunderbar.
Ich bewundere unsere jungen Väter, die heute ihre Kinder so perfekt wickeln, herumtragen, auf dem Bauch binden und alles. Das ist herrlich, weil sie es für den Herrn tun und ihr Leben gefüllt ist. Es ist wunderbar, wenn hier eine Flexibilität entsteht, die ganz neu ist.
Aber ich möchte das auch auf dein Leben übertragen – vor allem auf das Berufsleben: Niemals den Menschen dienen, niemals ihrer Karriere. Du wirst ein armer Mensch sein, denn niemand dankt dir wirklich.
Glaubst du wirklich an die Sprüche, wenn der Betriebsratsvorsitzende oder der Chef am Grab sagt: „Er wird unvergessen in unserer Firmengeschichte sein“? Die sind doch froh, dass er weg ist, der Querulant. Das sind dumme Sprüche. Das kann nicht wahr sein.
Wenn du dich so schmückst mit Verdienstkreuzen und so weiter – was soll das? Das hat doch alles keinen Wert.
Ich habe für mich entschieden: Ich habe auf meinem Lebensweg Menschen Freude gegeben. Das bleibt. Das schafft ein Echo und wirkt weiter.
Ist dein Leben reich? Paulus spricht hier vom Gericht. Das betrifft vor allem das Unrecht, das wir tun, auch das falsche Verhalten. Es ist klar, dass wir vor dem Herrn stehen. Vor ihm gilt kein Ansehen der Person, ob Herr oder Sklave. Das ist wieder das Wunderbare.
Die christliche Haltung zur Sklaverei und ihr historischer Kontext
Ich möchte noch einige Sätze zur Sklavenfrage hinzufügen, falls mir das wichtig ist. Es wird immer wieder behauptet, dass mit diesen Sätzen die Sklaverei toleriert wurde. Das ist völlig verlogen. Die Sklaverei wurde immer überwunden.
Warum wurde sie abgeschafft? Im Altertum wurde die Sklaverei bei den Christen nicht abgeschafft, sondern nur dort, wo das Evangelium hinkam. Allerdings ist es eine tragische Tatsache, dass in der Neuzeit, im achtzehnten Jahrhundert, die Sklaverei so furchtbar gewütet hat. Über 300 Sklaven wurden in zwanzig Jahren von Afrika nach Westindien gebracht. Aber das waren doch nicht Christen, sondern Namenschristen, die bis unter die Haut versoffen waren. Das hatte mit dem Christentum nichts zu tun.
Das wollte ich Ihnen nur noch einmal sagen. Ich habe Ihnen früher schon erzählt, dass Grenville Sharp in England ein Schreibergehilfe war. Er hat sich so in die juristische Frage hineingetrieben, weil er das Elend der Sklaven, die damals in England waren, nicht ertragen konnte. Er wurde Rechtsanwalt und hat schließlich beim höchsten Gericht in England durchgesetzt, dass nur Sachen besessen werden können und niemals Menschen. Mit einer Entscheidung des obersten Gerichts hat er damals die gesamte Sklavenpraxis ausgehebelt – noch bevor Wilberforce überhaupt im Parlament anfing.
Dieser Grenville Sharp war ein ganz frommer Bibelmann. Er war der Mann, der in Sierra Leone die ersten Schiffe mit befreiten Sklaven hinuntertransportiert hat. Er erlebte Rückschläge nach Rückschlägen und war zusammen mit seinen Freunden der erste Kämpfer gegen die Sklaverei. Sie arbeiteten mit John Newton zusammen, der das schöne Lied „Amazing Grace“ gedichtet hat, und mit dem jungen, ehrgeizigen Wilberforce, der Parlamentarier wurde. Wilberforce begann mit 23 Jahren im Parlament, und er hat dort vehement dagegen gekämpft, dass so etwas in unserer großen Nation geduldet wurde.
Der Mindestplatz im Schiff betrug eigentlich 40 Zentimeter, auf dem die Sklaven lagen. Oft wurden sie sogar auf 20 Zentimeter zusammengequetscht. Viele Sklaven waren so verkrüppelt, dass sie später nicht mehr richtig laufen oder ihre Glieder heben konnten. Ich habe mir das selbst mal zusammengeschrieben – es wäre ein Abendvortrag für sich.
Wenn wir das Elend der Sklaverei betrachten, dann waren es die Bibelchristen, die sie abgeschafft haben. Ich habe einmal im Flugzeug die Financial Times mitgenommen, die Wirtschaftszeitung mit dem gelben Papier. Dort war ein großartiger Artikel über die Befreiung der Sklaverei. Am Ende hieß es: Die einzige Gruppe, die es verdient hat, die Sklaverei bekämpft und wirksam abgeschafft zu haben, sind die Evangelicals, die Evangelikalen aus England. Das ist historisch belegt. Sie können selbst im Lexikon nachschlagen und sich die Fakten notieren, damit wir hier nichts Falsches sagen.
Paulus hat gesagt: „Doch der Kampf lohnt sich, selbst für euch, die ihr drin seid.“ Er sagte, du kannst es von innen heraus überwinden und deinen Chef gewinnen. Der Philemonbrief ist ein wunderbares Beispiel, in dem Paulus genau sagt, wie weit man gehen kann und wie weit nicht. Das ist schön. Es ist auch gut, dass Paulus uns hier keine Revolutionsanleitung gibt. Es gibt Hauptlinien, die uns helfen, unser Leben besser zu bestehen.
Ich glaube, Frau Rieger, jetzt machen wir es ohne Singen. Schade, ich hätte gern noch einmal gesungen, aber wir müssen aufhören.
Schlussgebet und Bitte um Gottes Führung
Lieber Herr, du triffst uns hier auch in unserem Wesen, wo wir uns immer wieder an den Zeitgeist und an die ganze Art der Welt anpassen. Wir wollen doch deiner Liebe ähnlich werden, deiner Art. Wie du das Böse mit Gutem überwindest.
Hilf uns, dass wir auch heute sensibel werden, wo Menschen um uns herum leiden, wo wir ihnen helfen können und auch dort, wo wir anderen Unrecht tun. Stell es uns unter die Augen, damit wir umkehren.
Hilf auch, dass sich niemand in unserer Gemeinde zurückgesetzt fühlt oder auf die Seite gedrängt vorkommt. Lass uns eine Gemeinschaft sein, in der alle nur dich ehren und durch dich geliebt und gestärkt werden.
Wir denken heute Abend auch an die Kranken und die Alten, die sich oft so überflüssig vorkommen. Zeig uns, wie wir ihnen dienen und helfen können und wie wir ihnen Mut machen können.
Zeige uns auch unter den Kindern und Jugendlichen diejenigen, die schon so zerbrochen und geschädigt sind, damit wir sie aufrichten, ermutigen und ihnen helfen.
Erbarme dich der vielen notvollen Menschenschicksale, dass dein ursprüngliches Schöpfungsbild wiederhergestellt wird und das Schöne erneuert wird.
Erbarme dich auch der vielen zerbrechenden Ehen und gib deinen Geist diesen Eheleuten, damit sie sich ganz neu vor dir als Beschenkte und Begnadigte erkennen. Amen.
