Einführung in das Thema Sünde und Gnade
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 193: Gnade und Gerechtigkeit
In der Bergpredigt stoßen wir jetzt, nach dem Thema Ehebruch und vor dem Thema Ehescheidung, auf einen thematischen Einschub. Dieser konfrontiert uns mit einem Jesus, der beim Thema Sünde keinerlei Spaß versteht.
Um diesen Text besser einordnen zu können, möchte ich etwas weiter ausholen und einen Schritt zurückgehen. Lassen Sie uns kurz das Evangelium betrachten.
Im Evangelium geht es darum, dass Gott für meine Schuld gestorben ist. Ich kann nichts tun, um mich selbst zu retten. Kein noch so gutes Werk ist in der Lage, meine alten Sünden ungeschehen zu machen. Ich bin als Sünder verloren und brauche einen Retter. Dieser Retter ist niemand anderes als Gott selbst, der Mensch wird und für meine Sünde bezahlt.
Wenn Rettung eine Münze wäre, dann zeigt eine Seite ein Kreuz. Auf der anderen Seite steht der Glaube. Ich vertraue auf Jesus als Retter, hänge mich an ihn, werde Teil seines Bodenpersonals und folge ihm glaubend nach.
Ich vermute, dass die meisten Hörer meines Podcasts bis hierher gut mitkommen. Die Kraft der Errettung findet sich in einem Zitat von Paulus: „durch den wirksamen Glauben, der aus Liebe wirkt“. Da wir nicht durch das gerettet werden, was wir getan haben, sondern durch das, was der Herr Jesus getan hat, sprechen wir davon, dass wir aus Gnade gerettet werden. Genau genommen aus Gnade durch Glauben – und eben nicht aus Werken.
Wir tun etwas, nämlich glauben, aber wir sehen den Glauben selbst nicht als ein verdienstliches Werk an.
Die Bedeutung des Glaubens und der Gnade
Warum nicht? Weil es beim Glauben im Kern nicht darum geht, etwas zu tun, sondern darauf zu vertrauen, dass ein anderer für einen sorgt. Wer glaubt, hört auf, sich selbst retten zu wollen, gibt seine eigene Hilflosigkeit zu und vertraut darauf. Er glaubt also, dass sein ganzes Schicksal in den Händen eines anderen liegt.
Das bedeutet, dass wir aus Gnade gerettet sind. Nun wird es spannend. Die Frage muss erlaubt sein: Wozu sind wir gerettet? Jetzt könnte man sagen: zum ewigen Leben. Okay, einverstanden. Aber ist dieses ewige Leben nur eine Sache der Zukunft oder fängt es heute schon an?
Oder anders ausgedrückt: Was verändert sich eigentlich ganz praktisch im Leben eines Gläubigen? Die Antwort hat tatsächlich mit Gnade zu tun. Dort, wo vorher die Sünde war, tritt jetzt die Gnade als die neue Herrscherin meines Lebens auf.
Das klingt vielleicht seltsam, ich weiß. Ist Jesus nicht König und damit Herrscher in meinem Leben? Ja, natürlich. Aber hören wir trotzdem Paulus in Römer 5,20-21.
Die Herrschaft der Gnade über die Sünde
Wo aber die Sünde zugenommen hat, ist die Gnade überreich geworden, damit, wie die Sünde im Tod geherrscht hat, so auch die Gnade durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben herrsche durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Hier steht, dass vor der Bekehrung zu Jesus die Sünde im Leben eines Menschen geherrscht hat. Nach der Bekehrung hingegen herrscht die Gnade. Die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus.
Was für eine Formulierung! Mit meinen Worten: Vor meiner Bekehrung habe ich getan, was ich für richtig hielt. Nach der Bekehrung ändert sich alles. Ich habe verstanden, dass Sünde mir den ewigen Tod bringen würde. Dann wurde mir meine Sünde vergeben, und ich lebe nun unter der Gnade Gottes.
Gott hätte keinen Ausweg für mich schaffen müssen. Das Kreuz ist ein Geschenk an mich, und weil ich sein Geschenk im Glauben angenommen habe, geschieht ein Paradigmenwechsel. Aus einem Ja zur Sünde wird ein Ja zur Gnade und ein Nein zur Sünde. Das heißt, mit meiner Bekehrung wird die Gnade Gottes als Konzept zur prägenden Größe meines Lebens.
Jetzt muss man eine Sache verstehen: Gnade als Begriff beschreibt zwei Sachverhalte. Man kann den Begriff Gnade, griechisch Karis, mit Geschenk übersetzen oder mit Dank. Karis beschreibt also gleichzeitig Gottes Umgang mit mir und meinen Umgang mit Gott.
Gott ist es, der mich mit Gnade beschenkt, und ich antworte mit Gnade im Sinn von Dank und Loyalität. Dieser Kreislauf aus „Beschenkt werden“ und „Gott danken beziehungsweise ihm anhängen“ steckt hinter dem, was Paulus meint, wenn er schreibt: „Die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben, durch Jesus Christus.“
Es gibt in der Bibel also kein bloßes Beschenktwerden. Es gibt keine Gnade ohne Verpflichtung. Wer das Geschenk der Errettung annimmt, sagt damit „Ja“ zur Nachfolge.
Gnade fordert ein Leben in Gerechtigkeit
Wo früher die Sünde den Ton angab, da tut es jetzt die Gnade. Und Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben. Wo Gnade den Ton angibt, da fordert sie Gerechtigkeit. Eigentlich ganz logisch, oder?
Immer dort, wo Bekehrung mehr ist als ein billiges Ticket für den Himmel, mehr als etwas, das man im Vorbeigehen mitnimmt wie ein Sonderangebot im Supermarkt, wo ich mich bekehre, weil ich über mich, über meine Sündhaftigkeit, über meine Verlorenheit erschrecke und wirklich nach einem Ausweg suche, dort bleibt kein Raum für einen billigen Kompromiss mit dem Bösen.
Wenn Gott mich vom Tod als dem Lohn der Sünde rettet, warum sollte ich dann noch irgendetwas mit Sünde zu tun haben wollen? Versteht ihr, Sünde passt einfach nicht zu jemandem, der aus den Klauen der Sünde gerettet wurde. Ich will mit dem, was mich kaputt machen wollte und immer noch will, nichts mehr zu tun haben.
Wer unter der Gnade steht, ist – noch mal, Zitat Paulus – ein Sklave der Gerechtigkeit geworden.
Rückkehr zur Bergpredigt und praktische Konsequenzen
Nun zurück zur Bergpredigt. Mein Exkurs zur Herrschaft der Gnade soll verdeutlichen, wie falsch es ist zu denken, dass Gnade als Konzept den Anspruch Gottes auf ein heiliges Leben außer Kraft setzt. Ganz im Gegenteil: Wo Gnade herrscht, tut sie das immer durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben. Es geht also nicht um Gnade oder Gerechtigkeit, sondern ganz klar um Gnade und Gerechtigkeit.
Wer Ja zur Gnade sagt und sich retten lässt, sagt damit auch Ja zu einem neuen Fokus im Leben. Hören wir noch einmal Paulus in Titus 2,11: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen.“ Das ist die Seite der Errettung durch Glauben. Paulus bleibt dabei aber nicht stehen.
In Titus 2,11-12 heißt es weiter: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen. Und sie unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen, gerecht und gottesfürchtig leben in dem jetzigen Zeitlauf.“
Merkt ihr, Gnade unterweist uns. Wo Gnade herrscht, da bleibt kein Raum für alte weltliche Begierden. Stattdessen werden Besonnenheit, Gerechtigkeit und Gottesfurcht wichtig. Dieser neue Fokus auf Klugheit, Heiligkeit und eine tiefe Beziehung mit Gott ist ein heilsgeschichtliches Ergebnis meiner Bekehrung.
Es geht nicht anders: Ich kann nicht Nachfolger Jesu sein, ohne ihm nachzufolgen. Das bedeutet, dass ich in Bezug auf die Sünde nach meiner Bekehrung radikaler werde als zuvor. Vor meiner Bekehrung war ich vielleicht traurig über die Folgen der Sünde. Nach meiner Bekehrung nehme ich den Kampf gegen die sündigen Impulse auf, die ich in meinem noch nicht erlösten Körper – biblisch mein Fleisch – finde.
Vor der Bekehrung habe ich Sünde geduldet, nach der Bekehrung tue ich das nicht mehr. Es gibt keine faulen Kompromisse mit der Sünde. Und zwar gerade deshalb nicht, weil Jesus mich, wie wir morgen sehen werden, ganz klar davor warnt.
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir Zeit nehmen, um Titus 2,11-13 zu lesen, in Ruhe darüber nachzudenken und die Verse auswendig zu lernen.
Das war's für heute. Ich habe die Frogwords-App ein wenig umgebaut. Es gibt jetzt nur noch einen Button für den Podcast, außerdem eine Predigt der Woche und den Link zu meinen Predigten auf der Startseite.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
