Einstieg in das Thema und Sprachreflexion
Das Thema lautet „Pimp my life“. Ich muss ehrlich sagen, ich habe keine Ahnung, was das genau bedeutet.
Ich kann zwar gut Englisch, aber trotzdem verstehe ich den Ausdruck nicht. Falls also jemand, vor allem von den Älteren unter euch, nicht weiß, was das heißt, tröstet euch – ich weiß es auch nicht. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste.
Es ist schon interessant, dass heute alles auf Englisch gemacht wird, auch hier in Deutschland und Österreich. Ich glaube, wir sollten wieder mehr zum Deutschen zurückkehren. Mir kann auch niemand genau erklären, was „Pimp my life“ bedeutet. Ich habe Eckhart gefragt, aber er weiß es auch nicht.
Man nennt es halt einfach so, das ist ja egal. Ich denke, es hat ein bisschen damit zu tun, etwas besser zu machen oder zu erneuern – so wie bei einem Moped. Wenn man es „auffrischt“ oder „aufmotzt“, wie die Jüngeren sagen, dann soll es eben etwas Besseres werden. Aber das funktioniert auch nicht immer.
Egal, ich möchte trotzdem sagen, dass es wahrscheinlich so viel bedeutet wie erneuern, verbessern oder etwas Neues machen. Und genau darüber möchte ich heute Vormittag sprechen: Was es heißt, neu zu werden und etwas Neues zu schaffen.
Einführung in das Thema Gnade anhand eines Buches
Da kam mir ein Wort in den Sinn, das heißt Gnade. Vor Jahren habe ich ein Buch von Mike Herconelli gelesen. Es trägt den Titel „Gnade ist nicht nur ein Wort“. Ein sehr gutes Buch, das ich nur empfehlen kann.
Auf der ersten Seite beschreibt er eine Begegnung mit einem Freund von ihm, einer Frau. Er schrieb: Eine Prostituierte kam in einem erbärmlichen Zustand zu mir. Sie hatte keine Wohnung, war krank und außerstande, ihre zweijährige Tochter durchzubringen. Unter Weinen erzählte sie mir, dass sie ihre Tochter, die zweijährige, Männern mit abartigen sexuellen Praktiken angeboten habe.
In einer Stunde verdient diese Zweijährige durch die Prostitution mehr, als sie selbst in einer ganzen Nacht anschaffen kann. Sie müsse das tun, erklärte sie, weil sie sonst kein Geld für Drogen hätte. Ich ertrug es kaum, diese Geschichte anzuhören.
Dann fragte ich sie, ob sie je daran gedacht habe, in der Kirche um Hilfe zu bitten. Ich werde nie den Ausdruck von purem Schock vergessen, der über ihr Gesicht kam. „Kirche?“, rief sie, „was soll ich denn da tun? Ich fühle mich sowieso schon schlecht genug, in der Kirche würde ich mich nur noch schlechter fühlen.“
So ähnlich fühlen viele Menschen gegenüber der Kirche, besonders solche aus Randgruppen. Das Erstaunliche dabei ist jedoch, dass Frauen wie diese Prostituierte, wenn man die Evangelien liest, zu Jesus hingelaufen sind. Sie sind nicht von ihm weggelaufen, sondern fühlten sich zu Jesus hingezogen.
Die Frage ist: Warum hat die Kirche heute diese Anziehungskraft für solche Menschen verloren?
Persönliche Erfahrungen mit Kirche und Gnade
Ich habe vor kurzem, letzte Woche, ein Buch von Eugene Peterson gelesen, einem meiner Lieblingstheologen. Das Buch heißt Running with Horses. Darin erzählt er die Geschichte von Willy Osser, einem deutschen Mann, der sich in Amerika niedergelassen hat. Willy Osser war Maler und verdiente abends sein Geld als Kirchendiener.
Die beiden wurden Freunde. Willy Osser sprach gerne über Religion, aber er hasste die Kirche. Der Grund dafür war, dass er den Zweiten Weltkrieg miterlebt hatte. Er sah, wie Christen in Deutschland und Österreich den Nazis folgten und sie teilweise sogar unterstützten. Deshalb sagte er: „Alle Christen sind Heuchler.“
Er wurde jedoch Freund mit Eugene Peterson, einem Pfarrer. Für ihn war Peterson die einzige Ausnahme, der kein Heuchler war. Osser bot ihm an, weil er Maler war, ein Porträt von ihm zu malen. So setzte sich Eugene einmal oder zweimal pro Woche für eine halbe Stunde hin, um das Porträt zu malen. Er durfte es jedoch nie ansehen.
Als das Porträt fast fertig war, kam die Frau von Willy Osser. Sie sah Eugene Peterson und das Bild. Beide sprachen Deutsch, obwohl sie in Amerika lebten. Sie schrie: „Das ist krank, er sieht ja aus wie eine Leiche!“
Willy Osser erwiderte: „Das ist nicht krank, das ist ein Mensch ohne Gnade.“ Er sagte zu ihm: „Wenn du Pfarrer bleibst, wirst du in zwanzig Jahren so aussehen.“ Denn er hatte nur ein negatives Bild von Christen.
Eugene Peterson erzählte, dass er dieses Bild aufbewahrt hat: leidenschaftslos, kalt. Manchmal nimmt er das Bild aus dem Schrank, schaut in den Spiegel und vergleicht, ob er die Gnade verloren hat, die in Christus ist.
Die Bedeutung von Gnade in der christlichen Botschaft
Im Johannes 1 lesen wir einen Vers, in dem Johannes über Jesus sagt: „Aus seiner Fülle haben wir empfangen, und zwar Gnade um Gnade.“
Es ist die Gnade, die Christen eigentlich von allen anderen Menschen auf dieser Welt unterscheiden sollte. Gordon Macdonald hat gesagt: Die Welt kann fast alles so gut wie die Kirche oder sogar besser. Man muss nicht Christ sein, um Häuser zu bauen, Hungernde zu speisen oder Kranke zu heilen. Es gibt nur eines, was die Welt nicht kann: Sie kann keine Gnade anbieten.
Mike Iaconelli hat geschrieben: „Was mich immer getrieben hat, war die Suche nach Gnade. Eine Zeit lang lehnte ich die Kirche ab, weil ich dort zu wenig Gnade erlebte. Ich kehrte zur Kirche zurück, weil ich nirgendwo sonst Gnade gefunden habe.“
Wenn man über Gnade nachdenkt, ist es eigentlich ein Skandal. Das Wort Gnade ist so ein Wort, das wir ab und zu mal in den Mund nehmen – Christen öfter als andere. Aber was bedeutet es genau? Ich glaube, die wenigsten wissen das. Mir war es nicht bewusst, wie radikal Gnade ist, wenn man die Bibel mal genau liest und wenn man Christus so kennenlernt, wie er sich offenbart hat.
Seht ihr, das Problem mit der Gnade ist: Gnade ist weder logisch, noch vernünftig. Und das Schlimmste ist: Sie ist nicht gerecht. Darum ist Gnade ein solcher Skandal. Sie ist ungerecht – das hat die gerechten Juden damals schon geärgert. Und sie ist unlogisch – das hat die intellektuellen Griechen damals ebenfalls geärgert.
Gott handelt, wie ich euch zeigen werde, nicht immer vernünftig und schon gar nicht logisch. Er kann ruhig ein bisschen spielen, das macht überhaupt nichts.
Gleichnisse Jesu als Ausdruck göttlicher Gnade
Wie heißt sie, die? Wie heißt du? Hi!
Im Neuen Testament lesen wir viele Geschichten, die Jesus erzählt. Es sind Gleichnisse, mit denen er den Charakter seines himmlischen Vaters beschreibt, also den Charakter Gottes.
Zum Beispiel gibt es die Geschichte vom verlorenen Schaf. Die kennen die meisten, auch wenn sie nicht unbedingt in die Kirche gehen. Im Lukas 15 lese ich euch ein paar Verse vor: „Nahten sich aber zu ihm, zu Jesus, alle Zöllner und Sünder.“ Übrigens waren die Zöllner damals so wilde Sünder, dass sie nicht einmal mehr unter die normalen Sünder gezählt wurden. Sie waren die brutalsten Sünder. Deshalb werden Zöllner und Sünder immer extra aufgeführt.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten, das waren die Religiösen, murrten und sagten: „Dieser nimmt Sünder auf und isst sogar mit diesen Sündern und Zöllnern.“ Wahnsinn!
Dann sprach Jesus zu ihnen dieses Gleichnis und sagte: „Welcher Mensch unter euch, der hundert Schafe hat und eines von ihnen verloren hat, lässt nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem Verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, legt er es mit Freuden auf seine Schultern, geht nach Hause, feiert eine Party und so weiter.“
Und dann schreibt er: „So wird Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte.“
Wisst ihr, das ist eine Geschichte, die ist ja ganz nett, aber, Freunde, sie ist total unlogisch. Wir bei uns haben Schafbauern. Ich komme vom Land, vom Berg, da haben wir Bergschafe. Wir haben zwar keine Hirten mehr, die immer dabei sind – das gibt es noch in anderen Ländern, und das kommt jetzt auch wieder neu –, wir haben jetzt einen Hirten, der auf 700 Schafe auf einem Berg aufpasst. Das ist ganz nett.
Aber wisst ihr, wenn da ein blödes Schaf davonläuft – und jedes Jahr stürzen im Sommer ein paar Schafe in den Bergen ab, denn sie sind nicht sehr intelligente Tiere –, wisst ihr, was die Hirten machen, wenn sie halbwegs intelligent sind?
Sie bleiben bei den 500 zurück und kümmern sich nicht um das eine Blöde. Denn wenn sie dem einen nachgehen, könnten die 500 vielleicht auch noch verloren gehen. Logisch und vernünftig ist es, bei den 500 zu bleiben.
Wisst ihr, was Jesus sagt? Wisst ihr, wie mein Vater ist? Wenn eins verloren geht, geht er ihm so lange nach, bis er es gefunden hat.
So lange geht Gott einem Menschen nach, der verloren ist, bis er ihn gefunden hat. Das ist Gnade. Es ist nicht vernünftig, aber es ist Gnade.
Da gibt es noch eine andere Geschichte von Maria. Maria kam einmal mit einem Nardenöl, das ist so etwas wie das teuerste Parfüm, das es gibt. Der Preis dieses Parfüms entspricht einem Jahresgehalt.
Also, wenn du deiner Frau mal so ein Parfüm kaufst – ich weiß nicht, ob ich das tun würde, aber egal –, nahm sie dieses Parfüm, das ein Jahresgehalt kostet, und schüttete es über die Füße Jesu.
Der Kassierer von dem Verein, das war Judas, regte sich auf. Er sagte: „Das ist Wahnsinn! Wenn wir dieses Parfüm verkauft hätten, könnten wir Armen helfen, Kranken helfen. Aber sie verschüttet es auf die Füße.“
Wisst ihr, was Jesus gesagt hat? „Super gemacht, Maria, wir werden uns immer daran erinnern.“
Das ist Gnade. Es ist nicht vernünftig, es ist nicht logisch.
Es gibt noch eine andere Geschichte in Matthäus 20. Das ist die Geschichte vom Weinberg und ich nenne sie die Geschichte vom ungerechten Bauern.
Da ist ein Bauer, der kommt um sechs Uhr früh auf den Marktplatz. Dort sind ein paar Leute, die keine Arbeit haben. Er nimmt sie mit und sagt: „Ich gebe euch einen Denar, wenn ihr den ganzen Tag in der Ernte arbeitet.“ Einige gehen mit.
Aber er hat noch zu wenig Leute. Um neun Uhr Vormittag kommt er noch einmal und nimmt wieder welche mit. Um zwölf Uhr noch einmal, um drei Uhr Nachmittag noch einmal, um fünf Uhr noch einmal. Da stehen noch ein paar herum, die sind etwas später aufgestanden, und er nimmt auch sie mit.
Um sechs Uhr ist der Tag vorbei, und um sechs Uhr abends bezahlt er alle.
Und wisst ihr, was das Wahnsinnige ist? Die, die um fünf Uhr gekommen sind, kommen als Erste dran und bekommen genau gleich viel Geld wie der, der um sechs Uhr morgens kam.
Und wisst ihr, was wir in diesem Gleichnis lesen? Die haben sich aufgeregt.
Freunde, ich hätte mich auch aufgeregt. So etwas ist ungerecht.
Es ist Wahnsinn, wenn derjenige, der zwölf Stunden arbeitet – und in der prallen Sonne Israels ist es heiß, ich war gerade im September zwei Wochen lang extrem heiß unten –, genauso viel bekommt wie der, der nur eine Stunde gearbeitet hat.
Da würde ich mich auch aufregen.
Letztes Jahr oder vor zwei Jahren war der Elgor in Wien. Er hat eine Stunde gesprochen. Wisst ihr, was er dafür bekommen hat? 180 Euro.
Wenn ich heute nur den zehnten Teil davon bekomme, bin ich vollkommen zufrieden, mehr brauche ich gar nicht. So ist das.
Und ich sage euch was: So gut, wie sich der Elgor vorbereitet hat, habe ich mich auch vorbereitet. Da wette ich drauf.
Das ist so ungerecht, dass man sich aufregen kann. Aber Freunde, so ist Gnade. Gnade ist nicht gerecht.
Da gibt es noch eine andere Geschichte, wahrscheinlich die bekannteste Geschichte aus der ganzen Bibel im Neuen Testament. Sie heißt der verlorene Sohn, aber ich nenne sie den ungerechten Vater.
Im Kapitel 15 des Lukas-Evangeliums ist die Geschichte aufgezählt. Da ist ein Bauer – bei euch gibt es ja kaum noch Bauern, habe ich gehört, einen gibt es noch irgendwo da oben. Und wenn ich kein Prediger wäre, wäre ich Bauer, das ist mein Lieblingsberuf.
Aber da ist ein Bauer, der hat zwei Söhne. Der eine arbeitet brav am elterlichen Hof zuhause, der andere holt sich sein Erbe, bevor der Vater überhaupt gestorben ist. Das ist sowieso eine Frechheit.
Und wisst ihr, was die größte Wunde ist? Der Vater gibt es ihm. Er gibt ihm das Erbe, bevor er gestorben ist.
Der jüngere Sohn haut ab und verprasst das ganze Geld innerhalb von Monaten oder Jahren, keine Ahnung, steht nicht genau drin.
Dann kommt eine Finanzkrise in das Land, und er hat nichts mehr zu essen.
Es geht ihm so schlecht, diesem jüngeren Sohn in der Ferne, dass er Schweine füttern muss – für Juden eine besondere Demütigung.
Er erinnert sich: „Mein Vater hat Angestellte, er könnte mich ja anstellen.“
So geht er reumütig zum Vater zurück.
Und dann kommt er zurück, und im Lukas Kapitel 15, Vers 20 lesen wir: „Als er aber noch ferne war, sah ihn sein Vater, wurde innerlich bewegt, lief hinaus, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“
Der Sohn aber sprach zu ihm: „Vater, ich habe gegen den Himmel und vor dir gesündigt. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen.“
Der Vater aber sprach zu seinen Sklaven: „Bringt das beste Gewand, zieht es ihm an, tut einen Ring an seine Hand, Sandalen an seine Füße, bringt das gemästete Kalb, schlachtet es, lasst uns essen und fröhlich sein. Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist gefunden worden.“
Und sie fingen an, fröhlich zu sein.
Aber das Problem war: Der ältere Bruder hat auf dem Feld gearbeitet, brav!
Und er hört, dass da ein Fest ist.
Er kommt und fragt einen Knecht: „Ja, der Holodre da, dein jüngerer Bruder ist zurückgekommen, dein Vater ist ganz aufgeregt und hat ein Fest für ihn gemacht.“
Der ältere Bruder ist zornig und sagt: „Ich arbeite ja schon immer auf dem Hof meines Vaters, aber mir hat er nie ein Kalb geschlachtet. Jetzt kommt dieser zurück, der alles verprasst hat, und er schlachtet ein Kalb und feiert ein Fest.“
Das ist doch total ungerecht, finde ich auch.
Die radikale Natur der Gnade
Wisst ihr, was wir aus all diesen Geschichten lernen können? Genau darum geht es: Es ist so wichtig, das zu verstehen. Gnade hat nichts mit Verdienst oder Belohnung zu tun. Du kannst dir Gnade nicht verdienen – weder durch Arbeit noch durch brav, gut oder tüchtig sein. Gnade ist ein Geschenk von Gott, völlig unabhängig davon, wer du bist und was du tust.
Du kannst Gnade nur empfangen – egal, ob du ein gewissenhafter und braver Familienvater bist oder jemand, der pornosüchtig oder homosexuell ist, der betrogen und Menschen ausgenutzt hat. Es spielt keine Rolle. Du kannst Gnade empfangen, ob als treue Ehefrau und Mutter oder als Prostituierte. Vor dem Kreuz stehen wir alle auf ebenem Boden. Das Kreuz ist der große Gleichmacher.
Als Empfänger der Gnade stehen wir letztlich alle gleich da. Und wisst ihr was, Freunde? Das irritiert uns. Das irritiert uns wirklich. Darum haben wir so ein Problem mit Gnade.
Früher habe ich ungefähr so gedacht: Ich habe mich ja bereits als 15-Jähriger entschieden, mit Christus zu leben – oder er sich mit mir. Ich bin in der evangelischen Kirche aufgewachsen, auf dem Land, in einer ganz alten, konservativen, aber guten Gemeinde. Wir hatten einen guten Jugendleiter, der uns von Jesus erzählt hat.
Ich habe dann aber als 18-Jähriger festgestellt, dass das Christenleben ganz schön schwer ist. Das schaffe ich sowieso nie. Da steht in der Bibel: „Liebe deine Feinde“, und das schaffen wir sowieso nie. Die Nachbarn soll ich alle lieben? Ich habe gedacht: Wenn es ein paar neue Nachbarn gibt, probiere ich es, aber mit allen schaffe ich das nie.
Ich dachte, ich bin einfach nicht geeignet für das christliche Leben. Deshalb habe ich mich zurückgezogen. Ich bin nicht mehr in die Kirche gegangen, auch nicht zum Jugendkreis oder Gebetskreis. Eigentlich habe ich so gelebt wie alle anderen – ganz normal, vielleicht ein bisschen wilder.
Aber ich kann mich erinnern: Ich wusste immer noch, dass Jesus da ist, komischerweise. Es war fast so, als ob Gott mir auf die Schulter klopft und sagt: „Hans-Peter, ich bin immer noch da.“ Und ich dachte: „Ja, ich weiß, aber du interessierst mich nicht.“
Manchmal habe ich mir gedacht: Wenn ich jetzt sterbe, wäre das ungünstig. Ich glaube, ich würde nicht in den Himmel kommen. Wisst ihr, warum ich so dachte? Weil ich geglaubt habe, ich könnte mir den Himmel irgendwie verdienen, wenn ich ein bisschen besser wäre.
Heute ist es genau umgekehrt. Letzten Winter war das für mich klar: Meine Frau und ich gehen öfter in Bars. Dort haben wir uns auch kennengelernt. Ich war Barkeeper, sie war Kundin. Wir gehen manchmal hin, weil man dort Leute trifft, die man in der Kirche nie trifft. Und sie sind auch ganz nett, wenn sie ein paar Bier getrunken haben – dann sind sie ehrlich.
Da hat eine Frau zu mir gesagt, sie hatte schon ein paar Bier und ein relativ wildes Leben hinter sich. Sie sagte: „Du bist ja so viel besser als ich.“ Da habe ich gefragt: „Wieso sagst du das?“ Ich bin überhaupt nicht besser als du. Wir sitzen alle im selben Boot. Alles, was wir brauchen, ist Gnade.
Dann hat sie gesagt: „Ja, aber wir sind ja nicht alle gleich.“ Ich sagte: „Doch, wir sind alle gleich vor Gott.“ Sie fragte: „Was will der von mir?“ Ich antwortete: „Nur dein Leben.“ Sie meinte: „Das kann man ja heimlich sehen, das ist ja nichts wert.“
Aber wisst ihr, warum jemand zu mir sagt: „Du bist so viel besser als ich“? Weil sie ihr Leben mit meinem vergleicht. Sie stellt fest: Ich bin seit 22 Jahren verheiratet, treuer Ehemann über all die Jahre, drei Kinder, die halbwegs normal sind. Ich schreibe Bücher über Gott und Jesus und predige in der ganzen Welt und zuhause.
Darum glauben manche Menschen: Wenn sich jemand den Himmel verdient, dann doch ich, oder? Seht ihr, da ist etwas komplett falsch gelaufen. Das ist das totale Missverständnis von Gnade. Das ist der Punkt, an dem wir noch überhaupt nicht verstanden haben, was Gnade bedeutet.
Gott bezahlt keinen Lohn, ich kann euch das versichern. Er teilt nur Geschenke aus. Du kannst von Gott nur Geschenke empfangen, völlig egal, wo du stehst. Den Himmel kannst du dir nicht mit guten Leistungen und Werken verdienen. Das ist Religion, die versucht, dir das einzureden. Christus hat das nie gesagt.
Im Römer 6,23 sagt Paulus: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Die Sünde bezahlt dir einen Lohn, und das ist der Tod. Das Geschenk Gottes aber ist ewiges Leben in Jesus Christus. Das ist ein Geschenk, die Gnadengabe.
Denn seht ihr, für den gerechten Lohn ist die Sünde zuständig, aber für das unverdiente Geschenk ist Jesus Christus zuständig. Wenn du den Unterschied erkennst zwischen Lohn und Geschenk, dann erkennst du auch den Unterschied zwischen Religion und einer Christusbeziehung.
Für Religion konnte ich mich übrigens noch nie begeistern. Mit Religion habe ich nicht viel am Hut, denn Religion hat Menschen seit jeher immer nur unterdrückt und ausgebeutet – und tut das nach wie vor. Marx hat mal gesagt: „Religion ist Opium für das Volk.“ Da gebe ich ihm Recht.
Denn wisst ihr, in der Religion geht es immer um Leistung und um Lohn. In der Religion wird genau gerechnet, und dann wird abgerechnet. Religion belohnt Leistung, Gott schenkt Gnade.
Begegnung mit anderen Glaubensrichtungen und Gnade
Vor etwa zwei Jahren, irgendwo in der Pfalz, habe ich gepredigt. Zwei Moslems, ganz liebe junge Männer, so Mitte zwanzig, kamen zu meinen Vorträgen. Sie hatten sich einladen lassen. Am Ende des Vortrags hatten sie viele Fragen an mich. Ihre wichtigste Frage war jedoch, ob sie auch die Sünde ihres leiblichen Vaters erben würden.
Zuerst verstand ich nicht genau, warum ihnen das so ernst war. Doch mit der Zeit begriff ich es. Denn wenn sie tatsächlich die Sünden ihres Vaters erben, dann ist ihr Sündenkonto sehr hoch belastet. Das können sie mit guten Taten kaum noch ausgleichen. Und das ist ein Problem. Denn in der Religion geht es immer um Leistung und Lohn.
Gott und sein Sohn haben jedoch keine Religion gestiftet. Denn in der Religion kannst du dir etwas verdienen. Vor Gott kannst du dir nichts verdienen, weil Gott nicht gerecht ist – zumindest nicht in diesem Sinne. Er ist zwar gerecht, aber dir gegenüber sehr gnädig.
Martin Buber, ein jüdischer Religionsphilosoph, hat einmal gesagt: Nichts verdeckt Gottes Angesicht so sehr wie Religion. Manche sagen jetzt: „Ja, aber Anbeter, Gott ist doch heilig.“ Ja, das ist er. „Gott ist doch gerecht.“ Das stimmt. „Gott verurteilt doch Sünde.“ Auch das stimmt. Er hat die Sünde am Kreuz von Golgatha verurteilt.
Seht ihr den Einwand, der aufkommt? Ja, Gott ist ein gerechter, heiliger Gott, das stimmt. Deshalb gibt es, wie Bonhoeffer gesagt hat, keine billige Gnade. Die Gnade, die Gott schenkt, hat ihn alles gekostet – nämlich seinen Sohn.
Übrigens, seinen Sohn zu geben, ist viel mehr, als sich selbst zu geben. Das weißt du erst, wenn du Vater bist. Aber seit Jesus, Gott der Vater, den Preis in seinem Sohn bezahlt hat, kann er uns nun vergeben.
Illustration der Gnade am Beispiel eines Kaisers
Eine Geschichte hat mir geholfen, das zu verstehen. Vielleicht hat jemand von euch den Film „Der letzte Kaiser“ gesehen – der letzte Kaiser von China. Ein guter Film.
Ich habe keine Ahnung, ob er historisch ganz genau ist und ob alles darin stimmt. Aber das ist egal, denn es geht hier nur um einen Punkt, den ich machen möchte.
Der letzte Kaiser von China war ein dreijähriger Junge, der zum Kaiser gekrönt wurde. Denn durch das Blut, durch die Nachkommenschaft, wurde man Kaiser. Diesen kleinen Jungen standen tausend Eunuchen zur Verfügung, er lebte in einer Märchenwelt.
Als er ungefähr zehn Jahre alt war – so schätze ich es im Film – kam sein Bruder, der außerhalb lebte, zu Besuch in den Palast. Der Bruder fragte den Kaiser, der immer getragen wurde, während er selbst nebenher laufen musste: „Kaiser, wenn du ungehorsam bist, wirst du dann auch bestraft? Wenn du böse bist?“
Der Kaiser antwortete: „Ja, wenn ich böse bin, dann wird einer meiner Diener dafür verprügelt. Denn Bosheit muss bestraft werden.“ Das heißt, wenn der Meister böse war, dann wurde der Diener verprügelt.
Und wisst ihr, was faszinierend ist? Gott hat diesen Brauch umgedreht. Wenn der Diener böse ist, dann wird der Meister verprügelt.
Er wurde am Kreuz für uns verprügelt. Das ist der Lohn der Sünde, das ist der Tod. Diesen Tod hat er getragen, und darum kann er uns nun begnadigen.
Das heißt, die Mathematik der Gnade funktioniert deshalb, weil Gott selbst den Preis bezahlt hat – in seinem Sohn. Gnade ist ein Geschenk, das dem Geber alles kostet und dem Empfänger gar nichts.
Da stehen wir alle gleich da.
Die unermessliche Weite der Gnade Gottes
Wie weit reicht die Gnade Gottes?
Im Epheser 2 steht ein schöner Vers: „Der überragende Reichtum seiner Gnade.“ Der Reichtum der Gnade ist also überragend. Ich glaube, worüber wir uns in den kommenden Zeitaltern wundern werden, ist nicht so sehr die Allmacht oder die Weisheit Gottes, sondern die Gnade und die Liebe Gottes.
Philipp Jenzi hat einen prägnanten Satz geprägt: Er sagte, es gibt nichts, was du tun könntest, damit Gott dich mehr liebt. Und es gibt nichts, was du tun könntest, dass Gott dich nicht mehr liebt. Wenn du alles vergisst, dann merk dir das: Du kannst nichts tun, damit Gott dich mehr liebt, und du kannst nichts tun, dass Gott dich nicht mehr liebt.
Stimmt das wirklich? Was, wenn ich jemanden umbringe? Auch dann liebt Gott dich. Was, wenn ich die Ehe gebrochen habe? Auch dann liebt Gott dich. Was, wenn ich bestohlen, gelogen habe oder in Pornografie verstrickt bin? Auch dann liebt Gott dich wie eh und je.
Im Juni hatte ich das Vorrecht, zwei Monate in der Mongolei zu verbringen. Dort habe ich in drei Gefängnissen gepredigt, vor ungefähr tausend Gefangenen, von denen die Hälfte Mörder waren. Es war wunderbar, diesen Menschen zu sagen, dass das, was sie gemacht haben, ein großer Blödsinn ist. Aber sie sind wertvolle Menschen, die Gott genauso liebt wie mich oder jeden anderen auf dieser Welt.
Das ist eine wunderbare Wahrheit, denn so begegnet man den Menschen dort, wo sie sind. Und bitte, das muss sich in uns fest verankern: Jesus ist ein Freund der Sünder. Jesus begegnet nur einer Art von Menschen, nämlich Sündern. Und dazu gehöre ich, und du übrigens auch.
Die Bedeutung von Gnade für das Leben und Beziehungen
Die Frage ist nun, was Gnade bewirkt oder wozu man Gnade braucht. Ich möchte dazu noch kurz etwas sagen, denn ich glaube, es ist wichtig, das zu verstehen.
Das Leben besteht im Prinzip aus einer Sache. Ich bin jetzt 47 Jahre alt. Der Vorteil, wenn man etwas älter ist, liegt darin, dass man mehr Lebenserfahrung hat. Ob man dadurch klüger wird, weiß ich nicht unbedingt, aber die Lebenserfahrung ist da. Diesen Vorteil hat man als Älterer, den ein Jüngerer nicht hat.
Was ich in all den Jahren gelernt habe, ist, dass das Leben nur aus einer Sache besteht: aus Beziehungen. Alles andere vergeht. Natürlich muss man arbeiten und man beschäftigt sich mit vielen Dingen, aber letztlich ist die Essenz des Lebens die Beziehung. Dabei unterscheide ich zwischen der vertikalen Beziehung zu Gott und der horizontalen Beziehung zu anderen Menschen.
Das heißt, wenn ein Mensch keine Beziehung zu Gott hat und keine liebevolle Beziehung zu anderen Menschen, dann ist dieser Mensch lebendig tot. Er existiert zwar wie ein Säugetier, aber er ist lebendig tot, weil die Beziehung das ist, was das Leben ausmacht. Davon bin ich hundertprozentig überzeugt.
Das Tragischste, das einem Menschen in diesem Leben widerfahren kann, ist nicht, wenn das Haus abbrennt, auch nicht, wenn man den Job verliert oder die Gesundheit gefährdet ist. Das Tragischste ist, wenn eine Beziehung zerbricht. Das sind die tiefsten Wunden.
Eine Beziehung zerbricht immer aus zwei Gründen: entweder durch Tod oder durch Sünde. Deshalb sind Ehestreit und Scheidung so fatal, weil eine Beziehung zerbricht. Glaubt nicht das Märchen, dass man sich scheidet und neu anfängt. Man beginnt nicht neu, sondern etwas Zerrissenes. Gott sei Dank gibt es einen Neubeginn, keine Frage. Aber es hinterlässt Spuren, tiefe Spuren.
Darum ist ein Bruderstreit, der oft bis ans Lebensende geht, so fatal und bestimmt das Verhalten jeden Tag. Ebenso ist es fatal, wenn ein Kind stirbt, weil der Tod eine Beziehung wegnimmt.
Am Anfang der Menschheitsgeschichte lesen wir in der Bibel, dass eine Beziehung zerbrochen ist – die Beziehung zwischen Gott und Mensch. Das ist der Tod. Der Tod ist nichts anderes als das Ende einer Beziehung, denn Leben besteht aus Beziehung.
Darum sagte Gott zu Adam: „Du bist frei, von allen Bäumen zu essen, aber von dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse sollst du nicht essen. Denn wenn du davon isst, wirst du des Todes sterben.“ Das heißt, unsere Ururururvorfahren Adam und Eva hatten eine intakte Beziehung zu Gott. Doch Adam und Eva waren Rebellen. Sie verließen das Haus des Vaters und haben sich – ich nehme das Wort bewusst – von Gott abgenabelt, die Nabelschnur zu ihrem geistlichen Vater wurde durchtrennt.
Die Beziehung ist zerbrochen, und Gott sagt: Wenn das geschieht, bist du tot. Denn ohne Beziehung gibt es kein Leben, ohne Beziehung zu mir. Darum sagt Jesus: „Wer an mich glaubt, der hat Leben.“ Er hat wieder eine Beziehung. Darum geht es im Evangelium.
Diese zerbrochene Beziehung nennt die Bibel Sünde. Und jetzt wissen wir, warum wir Gnade brauchen. Für Gott war dieser Zustand der Trennung unerträglich, denn Gott hat den Menschen geschaffen, um mit ihm in Beziehung zu stehen. Diese Beziehung war nun gebrochen.
Darum hat Gott seinen Sohn gesandt, damit er diese Beziehung wieder heilen kann. Und das ist das Evangelium. Die Gnade Gottes schafft eine neue Beziehung.
Das ist auch unter Menschen so: Wenn dir jemand Unrecht getan hat und du sprichst dann ein halbes Jahr nicht mit dieser Person – das kennen wir alle mehr oder weniger – wann beginnst du wieder, mit diesem Menschen zu reden? Wenn Vergebung stattgefunden hat.
Entweder du gehst zu ihm und sagst: „Es tut mir leid, vergib mir.“ Oder er kommt zu dir und sagt: „Es tut mir leid, vergib mir.“ Ab diesem Zeitpunkt ist die Beziehung wieder da.
So ist es auch zwischen Gott und Mensch. Von dem Moment an, wo Vergebung ist, ist die Beziehung wiederhergestellt. Und das ist das Evangelium.
Religion versus Beziehung
Darum geht es im Christenleben. Wir reden zwar von Beziehung, aber oft leben wir nicht wirklich in Beziehung.
Auch Christen sprechen von einer Beziehung mit Gott. Doch was sie tatsächlich leben, ist oft Religion. Sie leben Religion, strengen sich an, ein guter Christ zu sein, und fühlen sich ständig, als seien sie nicht gut genug. Dann glauben sie, sie seien schlechte Christen und Gott mag sie nicht.
Übrigens glauben die meisten Christen, dass Gott sie liebt. Aber nur wenige glauben, dass Gott sie auch gerne hat. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Ich möchte dir etwas sagen: Gott liebt dich nicht nur, er hat dich auch gerne. Er hat seinen Sohn gegeben.
Persönliche Erfahrungen mit Gnade
Wisst ihr, was Gnade in meinem Leben bewirkt hat? Damit möchte ich schließen.
Gnade hat in meinem Leben Folgendes bewirkt: Als ich verstanden habe, dass Gott mich einfach gern hat und mir Gnade schenkt, so wie ich bin, habe ich angefangen, Gott zu lieben. Ich habe mir gedacht: Mit diesem Gott will ich leben, in seiner Nähe möchte ich sein – nicht aus Pflicht, nicht weil die Religion es mir sagt, sondern weil ich überwältigt bin von so einer Gnade und Liebe.
Ich habe auch begonnen, als ich Gnade zu verstehen begann, andere Menschen mehr zu lieben. Menschen, die ganz anders sind als ich, die einen anderen Glauben haben oder anders denken. Ich habe begonnen, sie gern zu haben, weil ich weiß, dass die Gnade Gottes diesen Menschen genauso gilt wie mir. Völlig egal, was sie glauben oder wie sie leben.
Und ich habe begonnen, mich selbst anzunehmen und zu lieben, weil ich weiß, Gott hat mich angenommen und liebt mich. Ich muss mich nicht dauernd selbst herabsetzen – nicht, weil ich so gut wäre, das bin ich nicht – aber ich bin begnadigt. Ich habe jemanden, der mich liebt.
So treibt mich die Gnade Gottes zur Erfüllung des größten Gebots. Das größte Gebot, nicht das zweitgrößte: Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Verstand und ganzer Kraft – und deinen Nächsten so wie dich selbst.
Das bewirkt die Gnade nicht aus Pflichtgefühl, nicht aus religiöser Pflichterfüllung, sondern weil ich begnadigt bin. Und das ist dieses Leben in Freiheit. Und, Freunde, diese Freiheit gebe ich nie mehr her. Die beschütze ich. Ich will ein freier Mensch bleiben.
Wisst ihr, für Religion würde ich nicht hier stehen. Ich würde meine Energie und Zeit nicht dafür investieren. Der Grund, warum ich heute hier stehe, ist, dass ich als jemand dastehe, der die Gnade und die Liebe Gottes in keiner Weise verdient hat, aber ich habe sie empfangen. Ich bin ein Beschenkter.
Ich habe sie angenommen als ein Geschenk, und darüber kann ich nicht schweigen. Ich wünsche mir, dass heute keiner diesen Raum verlässt, ohne diese Gnade kennenzulernen. Denn die einzige Voraussetzung, damit du diese Gnade persönlich erfährst, ist, dass du dieses Geschenk ganz einfach annimmst. Keine Leistung, keine religiösen Übungen – nur die Hände ausstrecken und sagen: Herr, ich möchte diese Gnade empfangen.
Einladung zur Annahme der Gnade
Es gibt übrigens zwei Tage in deinem Leben, die zu den wichtigsten Tagen deines Lebens gehören.
Der erste Tag, der extrem wichtig ist, ist der Tag, an dem du geboren wurdest. Ohne diesen Tag gäbe es dich nicht. Er ist also von großer Bedeutung.
Der zweitwichtigste Tag ist der, an dem du erkennst, wozu du geboren bist. Es ist der Tag, an dem du Gnade empfängst, Christus als deinen Herrn aufnimmst und sagst: „Herr, ich bin, wie ich bin, aber ich möchte Gnade empfangen.“
Dann wirst du lernen, was es bedeutet, in dieser Gnade zu leben. Das ist eine wunderbare Wahrheit.
Darum hat Hermann von Betzel einmal gesagt: „Die Gnade ist unerschöpflich in ihrer Vergebungskraft, aber sie hat ihre Sekunde.“ So ist es auch heute. Die Gnade währt immer, aber sie hat ihre Sekunde. Für den einen oder anderen von euch ist diese Sekunde vielleicht heute.
Vielleicht sagst du: „Ich bin vielleicht religiös oder auch nicht, aber ich kenne diese Gnade nicht. Ich möchte den Herrn kennenlernen.“
Bevor ich bete, möchte ich noch etwas sagen: Es gibt da so Nägel. Zwei Schachteln mit Nägeln stehen vorne vor der Halle. Diese Nägel sind vorbereitet worden für alle, die sagen: „Ich möchte heute beginnen, in dieser Gnade zu leben.“
Dann nimm dir einen Nagel, den du mit nach Hause nehmen und irgendwo einschlagen kannst. Wenn du noch unter 18 bist, frage zuerst deine Eltern, wo du den Nagel einschlagen darfst.
Das ist einfach eine Erinnerung daran, dass du eine feste Entscheidung getroffen hast. Du hast Nägel mit Köpfen gemacht und dich auf diese Gnade eingelassen.
Was bedeutet es, wenn man das tut? Es ist ganz einfach und nicht kompliziert.
Man kommt vor Gott und sagt: „Herr, ich kann mich selbst nicht erlösen. Ich brauche dich, Herr. Ich kann mich selbst nicht zu dem machen, der ich sein möchte. Ich brauche dich, Herr. Vergib mir und komm in mein Leben. Schenk mir deine Gnade in mir selbst.“
Sei du mein Herr! Ich möchte mit dir leben, mit einem Gott, der gnädig ist – weit über Gerechtigkeit und Vernunft hinaus.
Darum sagen wir: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft. Der Friede Gottes ist viel größer als Vernunft, er ist gnädig.
Wenn du das auch tun möchtest, nimm dir einen Nagel.
Es werden ein paar Mitarbeiter hier sein, die diesen Anfang bereits gemacht haben und die Gnade kennen. Ihr könnt sie fragen oder auch zu mir kommen. Ich sitze oder stehe irgendwo herum und ihr könnt gern mit mir darüber reden.
Später bin ich draußen an einem Büchertisch, den Martine für mich macht. Dort habe ich ein paar Bücher von mir dabei und werde ebenfalls da stehen. Ihr könnt gern dorthin kommen.
Mach Nägel mit Köpfen und lass dieses Angebot nicht vorbeigehen.
Schlussgebet und Segenswünsche
Und darum möchte ich jetzt zum Schluss beten:
Lieber Vater, ich danke dir von ganzem Herzen für die Möglichkeit, die du uns auch heute Morgen geschenkt hast, um auf dich zu schauen.
Danke, Herr Jesus, dass deine Gnade so radikal ist und dass es völlig egal ist, wo wir zurzeit stehen – moralisch, in Bezug auf Glauben, beruflich oder sozial. Herr, wir können zu dir kommen, genau auf der Ebene, auf der wir sind, und einfach Gnade empfangen.
Herr, wir wissen, du hast sie schon lange gegeben, aber vielleicht habe ich sie nie empfangen. So möchte ich heute als ein Empfänger dastehen und das Geschenk annehmen, das du in deinem Sohn Jesus Christus festgemacht hast – ein für allemal, für jetzt und für ewig, für dieses Leben und weit darüber hinaus. Dafür danke ich dir.
Vater, ich bete für jene, zu denen du selbst jetzt redest, dass sie den Mut haben, sich auf dich einzulassen – ein Angebot, das nur du machen kannst, sonst niemand. So legen wir dir diese Menschen hin und danken dir für die Freude im Himmel über einen Sünder, der umkehrt und sich an dich wendet. Du freust dich mehr über einen solchen Menschen als über 99, die glauben, sie bräuchten diese Gnade nicht.
Herr, danke für die gemeinsame Zeit. Danke für jeden Einzelnen hier und dafür, dass du jeden gleich gerne hast. Segne uns und mach uns zum Segen.
Im Namen Jesu bete ich all diese Dinge. Amen.
