Nach den jeweiligen Anschlägen konnte man in den Nachrichten oder Zeitungen oft ähnliche Worte lesen: „Im Herzen getroffen“.
Barcelona im August 2017 – eine Stadt, die im Herzen getroffen wurde.
London im März 2017 – eine Stadt, die im Herzen getroffen wurde.
Berlin an Weihnachten – wir erinnern uns an den Anschlag. Auch hier gilt: eine Stadt, die im Herzen getroffen wurde.
Und in Paris 2015, während des Länderspiels Deutschland gegen Frankreich, die Anschläge in Paris – ebenfalls eine Stadt, die im Herzen getroffen wurde.
Die Bedeutung von "im Herzen getroffen"
Was wollen diese Worte aussagen? Eine Stadt, die im Herzen getroffen wurde. Ich denke an mindestens zwei Dinge.
Zum einen bedeutet es, dass man genau dort getroffen wurde, wo es am meisten weh tut. Zum anderen wollte man damit die Tiefe der Trauer und die Tragik zum Ausdruck bringen. Eine ganze Stadt trauert nach einem solchen Anschlag. Eine ganze Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. Eine ganze Nation ist zutiefst betroffen – im Herzen getroffen.
Das muss sich nicht nur auf Terroranschläge beziehen. Wir kennen das auch aus unserem eigenen Leben. Wenn uns Menschen verletzen, sind wir im Herzen getroffen. So drücken wir das auch aus, wenn wir sagen, unser Herz sei gebrochen.
Dabei bezieht sich das nicht nur auf zwischenmenschliche Beziehungen. Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass unsere Sünde Gott mitten ins Herz trifft? Genau das ist das Thema dieses zweiten Vortrags: Im Herzen getroffen – Gottes Trauer über Sünde.
Einführung in den Text aus 1. Mose 6,1-8
Der Text stammt aus 1. Mose 6,1-8, und ich möchte diese Verse zunächst am Stück vorlesen. Dort heißt es:
Als die Menschen sich auf der Erde zu mehren begannen und ihnen Töchter geboren wurden, sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren. Sie nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten.
Da sprach der Herr: „Mein Geist soll nicht ewig im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit hundertzwanzig Jahre geben.“
Zu jener Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen gingen und diese ihnen Kinder gebaren, entstanden daraus die Riesen auf der Erde. Das sind die Helden der Vorzeit, die Hochberühmten.
Als der Herr sah, dass die Bosheit der Menschen groß war auf der Erde und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war, reute es ihn, dass er den Menschen gemacht hatte. Es bekümmerte ihn in seinem Herzen.
Er sprach: „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, von der Erde vertilgen – vom Menschen an bis zum Vieh, bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel. Denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“
Aber Noah fand Gnade vor dem Herrn.
Um es vorab zu sagen: In diesem Abschnitt ist einiges kompliziert zu verstehen. Ich werde versuchen, es zu erklären. Gleichzeitig möchte ich von vornherein deutlich machen, dass uns das Komplizierte nicht die Sicht vernebeln darf auf das, was eigentlich klar im Text ist.
Die Eskalation der Sünde und die Rolle der Gottessöhne
Zunächst sehen wir in den ersten fünf Versen die Eskalation der Sünde. Die Sünde erreicht einen noch höheren Intensitätsgrad. Das sehen wir durchgehend in den ersten elf Kapiteln des ersten Buches Mose. Ich denke, ihr habt das auch schon bemerkt, wenn ihr an den Abenden ein paar Mal dabei wart. Die Sünde bleibt nicht statisch auf einer Ebene, sondern wird immer schlimmer.
Übrigens ist das auch in unserem Leben so: Wenn wir der Sünde Raum geben, wird sie immer schlimmer. Sünde ist immer dynamisch, nicht statisch.
Vers 1 knüpft an die Geschlechtsregister an, die wir in Kapitel 5 finden. Der Mensch vermehrt sich. Wenn wir gerade aufmerksam das Geschlechtsregister in Kapitel 5 betrachtet haben, lag der Schwerpunkt dort auf den Jungs, auf Männern, auf Söhnen. Plötzlich geht es hier mit den Töchtern los. Diese werden auch genannt: die Töchter der Menschen. Und diese Töchter sind schön.
Bis zu diesem Punkt ist noch alles in Ordnung. Doch dann betreten die Gottessöhne die Bühne – und jetzt wird es pervers. Sie sehen, dass die Töchter der Menschen schön sind und gehen mit ihnen sexuelle Beziehungen ein.
Das führt uns zur ersten Frage, die wir klären müssen: Wer sind die Gottessöhne? Um wen handelt es sich hier?
Es gibt im Wesentlichen drei Auslegungsmöglichkeiten. Ich möchte euch alle drei vorstellen und für eine Auslegungsmöglichkeit argumentieren, die ich für am nachvollziehbarsten halte.
Drei Auslegungen zu den Gottessöhnen
Wer sind die Gottessöhne?
Es gibt verschiedene Auslegungen, auch von bibeltreuen Auslegern, die sagen, dass es sich bei den Gottessöhnen um die Nachkommen von Seth handelt. Demnach wären die Gottessöhne normale Menschen, nämlich die Nachkommen von Seth. Sie werden Gottessöhne genannt, weil sie gottesfürchtig waren. Wir haben ja gestern festgehalten, dass die Linie Seths die Gottesfürchtigen waren. Der Begriff Gottessöhne würde hier also einfach bedeuten, dass es normale Menschen waren, die mit Gott lebten.
Dafür spricht, dass in Kapitel 5 tatsächlich die Nachkommen von Seth erwähnt werden. Es ist also nicht falsch, an dieser Auslegungsmöglichkeit festzuhalten. Das möchte ich auch fairerweise sagen.
Aber warum dann der Kontrast zwischen Gottessöhnen und Töchtern der Menschen? Das klingt doch nach Gott und Mensch. Wie kann es dann sein, dass hier von Mensch und Mensch die Rede ist? Vertreter dieser Auslegung argumentieren, dass Gottessöhne gottesfürchtige Söhne seien, während die Töchter der Menschen negativ gemeint seien. Die weltlichen Töchter, also die ungläubigen Frauen, gehen eine Beziehung mit den gottesfürchtigen Nachkommen ein. Die Sünde bestünde demnach darin, dass Menschen, die mit Gott leben, eine Beziehung mit Frauen eingehen, die nicht mit Gott leben.
Ich bin dafür, dass das eine Sünde ist. Aber ich denke, hier geht es nicht um diese Sünde. Es wäre zwar Sünde, wenn sich das tatsächlich so verhielte, denn ein Christ sollte keine Beziehung mit einem Nichtchristen eingehen. Aber ich denke nicht, dass das hier das Thema ist.
Warum? Weil man den Begriff „Mensch“ nicht so unterschiedlich auslegen kann. In Vers 1 ist nämlich auch von „Menschen“ die Rede, und dort meint „Mensch“ einfach nur allgemein „Mensch“ – nicht automatisch „ungläubiger Mensch“, sondern einfach Mensch. Wenn hier von den Töchtern der Menschen die Rede ist, dann meint „Menschen“ nicht automatisch Weltmenschen, sondern einfach Menschen, wie es auch schon in Vers 1 erwähnt wird.
Ich hoffe, das ist nachvollziehbar. Aus diesem Grund denke ich nicht, dass es hier tatsächlich um die Nachkommen von Seth geht.
Es gibt eine zweite Auslegungsmöglichkeit: Die Gottessöhne sind irdische Regenten, also regierende Könige. Sie werden hier als Gottessöhne bezeichnet. Die Sünde würde dann darin bestehen, dass sie sich in ihrem Stolz einen Harem von verschiedenen Frauen anlegen.
Für diese Auslegung spricht einiges. König David zum Beispiel wird auch als Sohn Gottes bezeichnet. Daher ist es gar nicht so undenkbar, dass es hier um irdische Regenten geht, die als Gottessöhne bezeichnet werden.
Dennoch bleibt das Problem: Warum der Kontrast zu den Töchtern der Menschen?
Ich denke, die dritte Auslegungsmöglichkeit ist am wahrscheinlichsten: Es handelt sich hier um Engelwesen, also um gefallene Engel, die geschlechtliche Beziehungen zu den Frauen der Menschen eingehen.
Ich gebe zu, diese Auslegung ist für uns am schwersten vorstellbar. Die ersten beiden Auslegungen sind für uns irgendwie denkbarer. Aber es zählt nicht, was wir denken, sondern was der Text sagen will.
Wenn wir uns den Begriff anschauen – so sollte man übrigens immer vorgehen, wenn man einen Bibeltext analysieren will –, dann guckt man, wo dieser Begriff sonst noch verwendet wird. Das nennt man Wortstudium.
Wenn man in einer Konkordanz nachschlägt, wo der Begriff „Gottessöhne“ in der Bibel noch verwendet wird, sieht man zum Beispiel in Hiob 1,6: „Und es geschah eines Tages, da kamen die Gottessöhne, um sich vor dem Herrn einzufinden, und auch der Satan kam in ihrer Mitte.“ Hier geht es nicht um Menschen, sondern um Engel, die Zugang zu Gott haben. Satan kommt als gefallener Engel dazu.
Deshalb denke ich, dass der Begriff „Gottessöhne“ hier nicht für natürliche Menschen verwendet wird, sondern für Engelwesen.
Es gibt weitere Verse, die das deutlich machen. In Daniel 3,25 und 28 heißt es: „Er antwortete und sprach: Siehe, ich sehe vier Männer frei umhergehen mitten im Feuer, und keine Verletzung ist an ihnen, und das Aussehen des Vierten ist gleich dem eines Gottessohnes.“
Wir kennen die Geschichte von Schadrach, Meschach und Abednego im Feuerofen. Gott schickt einen Engel, der hier als Gottessohn bezeichnet wird. Im Vers 28 wird das Ganze aufgelöst: Nebukadnezar sagt: „Gepriesen sei der Gott Schadrachs, Meschachs und Abed Negos, der seinen Engel gesandt hat und seine Knechte gerettet hat.“
Der, der wie ein Gottessohn aussah, ist also ein Engel, sagt Daniel 3.
Deshalb denke ich, dass es am naheliegendsten ist, wenn wir uns einfach den Begriff anschauen, wie er sonst noch verwendet wird, hier von Engeln auszugehen – also von gefallenen Engeln.
Dann macht auch der Kontrast zu den Töchtern der Menschen am meisten Sinn. Das sind zwei verschiedene Kategorien: gefallene Engel, weil sie gegen Gott handeln, und Menschen.
Die Frage nach der Körperlichkeit der Engel
Es gibt trotzdem weitere Einwände, und vielleicht sind diese Einwände gerade in eurem Kopf. Deshalb möchte ich darauf eingehen.
Engel sind doch Geistwesen. Engel sind dienstbare Geister, also die guten Engel. Dementsprechend haben auch Dämonen eigentlich keinen Körper. Sie sind ja auch Engel, aber gefallene Engel, Geistwesen. Wie können sie sexuelle Beziehungen haben, ohne Körper? Diese Frage ist berechtigt und stellt sich uns.
Aber wir sehen in der Bibel Beispiele, dass Engel einen menschlichen Körper annehmen. Wo sehen wir das? Zum Beispiel bei Abraham. Drei Männer, das sind Engel, kommen ihn besuchen. Und sie essen mit ihm. Man kann nur essen, wenn man einen Körper hat. Ich glaube, da sind wir uns alle einig, oder? Das heißt, sie haben irgendwie einen Körper angenommen.
Eine noch interessantere Parallele finden wir im Buch Judas. Da heißt es, genau hinhören, in Vers sechs und sieben: "Und Engel, hier ist von Engeln die Rede, die ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Fesseln unter Finsternis bewahrt, wie auch Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte in gleicher Weise, wie sie Unzucht trieben."
Moment, wer ist "wie sie"? Das ist jetzt hier der Schlüssel. Wie wer? Ja, wie die Engel. Die Einwohner von Sodom und Gomorra haben Unzucht getrieben, wie sie. Und davor werden nur die Engel erwähnt. Das heißt, die Einwohner von Sodom und Gomorra haben Unzucht getrieben, wie die Engel Unzucht getrieben haben. Die Bibel sagt es.
Deswegen denke ich, es macht am meisten Sinn, auch wenn wir es nicht ganz nachvollziehen können. Aber wir müssen vielleicht auch nicht immer alles bis ins letzte Detail verstehen. Es deutet hier einiges darauf hin, dass es hier darum geht, dass gefallene Engel sexuelle Beziehungen zu Frauen, zu menschlichen Frauen, haben.
Die Verantwortung der Menschen und das Gericht Gottes
Da gibt es immer noch Einwände. Warum wird hier am Ende des Textes Gericht über die Menschen angekündigt, wenn doch die Engel gesündigt haben? Das ist der nächste Einwand.
Zunächst muss man sagen, dass im Text nicht steht, dass die Frauen von diesen Engeln vergewaltigt wurden. Das steht nicht im Text. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass sie in irgendeiner Weise eingewilligt haben. Dies würde zur pervertierten Gesellschaft kurz vor der Sintflut passen.
Die Frauen haben sich durch okkulte Praktiken geöffnet. Ich möchte jetzt nicht zu stark darauf eingehen, aber mir hat ein Israelmissionar aus der Seelsorge von ähnlichen Erfahrungen mit Frauen in Israel berichtet. Er erzählte, dass es dort dämonische Aktivitäten geben kann, wenn man sich auf Dämonen einlässt.
Niemand muss Angst haben, aber wenn man sich in okkulte Praktiken hineinbegibt, könnte es vielleicht zu solchen Zwischenfällen kommen. Es gibt sie wohl auch heute noch, wenn wir dem Zeugnis dieses Mannes glauben können. Ich persönlich vertraue seiner Wahrhaftigkeit.
Das heißt, diese Frauen haben gesündigt, indem sie sich diesen Dämonen ein Stück weit hingegeben haben. Außerdem wird das Gericht erst in Vers 7 unseres Textes angekündigt, nachdem gesagt wurde, dass das menschliche Herz verdorben ist.
Demnach geht es hier um eine stolze Übertretung von Grenzen. Das ist die Kernsünde: eine stolze Übertretung von Grenzen. Die Engel – beziehungsweise die Dämonen, muss man ja sagen – wollen sich auf die Töchter der Menschen einlassen. Vielleicht wollen sie so sein wie die Menschen.
Die Töchter lassen sich auf diese Beziehung ein, vielleicht weil sie sich davon versprechen, so zu sein wie das Göttliche, mehr vom Göttlichen in sich zu haben. Das entspricht dem, was der Mensch die ganze Zeit will. In 1. Mose 1-11 will der Mensch sein wie Gott.
Das passt wunderbar zu dieser Auslegung im Kontext der ersten Kapitel. Der Mensch will keinen Über sich haben, er will sein wie Gott, er will Nähe zu Gott. Das sehen wir morgen beim Turmbau zu Babel: Er will sein wie Gott, er will sich einen Namen machen.
Das sehen wir hier leider auch bei diesen Frauen. Die Sünde eskaliert total.
Gottes Ankündigung der Lebenszeitbegrenzung
Dann heißt es in Vers 3: Da sprach der Herr: „Mein Geist soll nicht immer im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit hundertzwanzig Jahre geben.“
Hier stellt sich die nächste Frage. Wir müssen erst einmal einige Fragen durchgehen, aber bleibt dran. Ich habe das immer so verstanden, dass der Vers hier sagen will: Nach der Sintflut lebt der Mensch maximal hundertzwanzig Jahre. So habe ich es immer verstanden, vielleicht ihr auch.
Bis ich Bibelkommentare gelesen habe – in der Predigtvorbereitung – und feststellen musste: Man kann den Vers auch anders verstehen. Das ist interessant, denn die Problematik ist, dass es nach der Sintflut noch Menschen gab, die älter wurden als hundertzwanzig Jahre. Wer zum Beispiel? Abraham wird älter als einhundertzwanzig Jahre, Sarah wird älter als hundertzwanzig Jahre, und Aaron, der später lebt, wird ebenfalls älter als hundertzwanzig Jahre.
Wie ist es dann zu verstehen, dass Gott sagt, ab jetzt nur noch hundertzwanzig Jahre? Grammatikalisch wird es jetzt vielleicht ein bisschen schulisch, aber wir gehen kurz darauf ein. Von der Grammatik her kann es so verstanden werden, dass Gott sagt: Der Mensch hat ab jetzt noch eine Lebenszeit von hundertzwanzig Jahren, dann kommt das Gericht.
Also: Dann kommt die Sintflut. Es gibt Übersetzungen, die das genau so wiedergeben. Die Neue Evangelistische Übersetzung sagt: „Da sagte Jahwe: Mein Geist soll nicht für immer in diesem sterblichen Menschen bleiben. Ich gebe ihm noch eine Frist von hundertzwanzig Jahren.“ Dann kommt der Tod, dann die Sintflut.
Das würde an sich zu Gottes Wesen passen, dass er das Gericht zeitlich genau bestimmt. Denken wir an Jona, der noch vierzig Tage Zeit gibt – eine genaue Zeitangabe – dann kommt das Gericht.
Deshalb denke ich, ihr müsst nicht unbedingt dieser Auslegung folgen. Aber man kann den Vers auch so verstehen, dass Gott hier eigentlich sagt: Nach hundertzwanzig Jahren nehme ich dir das Leben. Und diese Frist gilt für alle Menschen, die wir morgen sehen werden – bis auf Noah und seine Familie.
Die Riesen als Ergebnis der unheiligen Verbindung
Zurück zum Text in Vers 4: Hier geht es erneut um diese Gottessöhne. Aus den Beziehungen zwischen den Frauen und den gefallenen Engeln entstehen Menschen, die etwas größer sind als alle anderen Menschen – Riesen.
Riesen gab es auch später. Goliath war einer dieser Riesen, ebenso die Einwohner Kanaans. Diese Riesenkinder sind Menschen, Helden und berühmt. Sie haben sich einen Namen gemacht.
Ich denke, das deutet auch auf einen gewissen Stolz dieser Menschen hin. Denn durchgehend in 1. Mose 3-11 will der Mensch sich einen Namen machen. Die ultimative Errungenschaft, die wir morgen sehen, ist der Turmbau zu Babel. Auch dadurch will sich der Mensch einen Namen machen.
Was sehen wir hier? Eine unheilige Verbindung schafft unheilige Kinder. Der Mensch bleibt sündig, und es geht immer weiter in die Sünde hinein.
Die umfassende Verdorbenheit des menschlichen Herzens
Und dann kommt Vers 5 als eine Art Zusammenfassung: „Der Herr sah, dass die Bosheit der Menschen groß war auf Erden, und alles Dichten und Trachten ihres Herzens war nur böse allezeit.“
Ihr Lieben, wir lesen diesen Vers oft nur schnell und denken uns: Ja, schade, dass das so ist. Aber lasst uns noch einmal zurückdenken an den Sonntag. Das Paradies, die Schöpfung – welche Bewertung gibt Gott dem Menschen? Er sagt: Es war sehr gut. Und jetzt sagt der Text: Es ist alles sehr schlecht.
In Kapitel 1, Anmerkung 1, und in Kapitel 6, Anmerkung 6, wird betont: Es ist alles sehr, sehr schlecht. Wie kommt es zu dieser Bewertung? Der Super-GAU von Eden hat alles zerstört. Wir sehen, dass die Sünde die ganze Menschheit mit hineinzieht.
Schaut mal: Bis zu diesem Vers war die Sünde größtenteils die einzelner Menschen. Wir haben Adams Sünde gesehen – eine Person. Wir haben Evas Sünde gesehen, Kains Sünde, Lamechs Sünde. Aber dieser Vers fasst noch einmal zusammen und sagt: Alle Menschen, alle Menschen sind sündig. Ihr Herz ist sündig von Jugend an.
Interessant ist, dass hier das Herz des Menschen erwähnt wird. Das Herz ist in der Bibel nicht nur Sitz der Gefühle, wie wir heute oft denken. Wenn wir an Herz denken, denken wir meistens fast nur an Gefühle. Aber wir müssen verstehen, wie die Bibel den Begriff Herz verwendet.
Das Herz ist das Zentrum von Entscheidungen, von unserem Wollen. Das, was wir denken, das, was wir uns wünschen – sagt die Bibel – findet alles im Herzen statt. Und genau in diesem zentralen Organ sind wir durch und durch verdorben.
Ihr Lieben, es gibt kaum einen klareren Vers in der Bibel, der so sehr von der menschlichen Verdorbenheit spricht. Es ist eine Lüge, die uns die Psychologie einreden will: „Du bist ja von dir aus eigentlich ein guter Mensch.“ Die Bibel sagt: Kein Mensch ist gut. Wir sind alle durch und durch verdorben. Wir sind alle Kinder Adams.
Das Problem steckt mitten in unserem Herzen.
Die Notwendigkeit der Rettung durch Jesus Christus
Ich möchte dir eine sehr persönliche Frage stellen: Kann es sein, dass du bei dir selbst manchmal denkst, so schlimm bin ich eigentlich nicht? Vielleicht, wenn du dich mit anderen vergleichst. Übrigens hat das auch der Pharisäer gemacht. Er sagte: „Ich danke Gott, dass ich nicht so bin wie dieser Zöllner.“
Kann es sein, dass wir manchmal wirklich denken: Ja klar, wir haben auch unsere Sünden, aber so verdorben bin ich nicht? Ich glaube, gerade wir, die wir Gott sei Dank – und das ist Gnade – in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen sind, fällt es manchmal schwer, die ganze Sündhaftigkeit, die in uns steckt, zu erkennen. Wenn wir ehrlich sind, denken wir manchmal: Gut, vielleicht diese zwei, drei Sünden. In unserem Leben haben wir aber viel, viel mehr. Wir sind so voller Sünde.
Vor einiger Zeit habe ich bei uns im Garten eine Stelle entdeckt, aus der immer wieder Wespen hervorkamen. Ich sehe das und denke mir: Na ja, die Kinder spielen gerne im Garten, das Risiko, dass sie vielleicht gestochen werden, ist da. Ich gehe einfach hin. Wir haben ja gelernt, dass wir auch über die Schöpfung herrschen sollen. Also beseitige ich das Problem.
Ich muss dazu sagen, ich gehöre nicht zu den Personen, die keiner Fliege etwas zuleide tun – erst recht keiner Wespe. Ich entscheide mich, das Problem anzugehen. Ich rüste mich zum Kampf mit diversen „Waffen“: Feuerzeug und Haarspray – also keiner bitte nachmachen – und gehe die Sache an. Aus meiner Sicht dachte ich gründlich vorzugehen. Ich beseitige einige Wespen, merke aber, dass immer mehr kommen. Je mehr ich versuche, dagegen anzukämpfen, desto mehr werden es.
Irgendwann muss ich mich geschlagen geben. Trotz kreativer Bewaffnung sage ich: Ich schaffe es nicht. Je intensiver ich diese Wespen bekämpfen will, desto mehr kommen. Das ist eine Nummer zu groß für mich.
Ich hatte einen Bekannten, der beruflich Schädlingsbekämpfer ist. Er wird dann geholt, wenn jemand eine Ratte im Haus hat und eben auch bei Wespennestern. Den habe ich angerufen, und er kam mit voller Montur. Er hat das Problem in null Komma nichts gelöst. Er hat es an der Wurzel angepackt und das ganze Nest beseitigt. Damit wurde ich mit meinen bisherigen Methoden nicht fertig.
Schaut mal, genauso ticken wir manchmal: Wir sehen, ja, so ein paar Sünden fliegen da so ein bisschen rum in meinem Leben, aber das kriege ich schon hin. Ich mache jetzt einfach ein bisschen mehr stille Zeit. Ich gehe vielleicht regelmäßiger in den Gottesdienst. Dann kriege ich das hin mit der Sünde in meinem Leben. Ich kriege das hin – das ist der fatale Denkfehler.
Wir kriegen das nicht hin. Wir brauchen jemanden, der sich damit wirklich auskennt, und das ist Jesus Christus. Wir brauchen ihn, der das Problem unseres Herzens grundsätzlich an der Wurzel packt. Jesus ist die Lösung für die Sünde – Jesus allein.
Wir haben bald Weihnachten, und ein Vers, den ich so wunderbar finde, ist Matthäus 1,21. Ich werde darüber an Weihnachten auch bei uns predigen. Dort sehen wir wieder ein Geschlechtsregister. In diesem Geschlechtsregister werden sämtliche Sünden aufgezählt. Plötzlich wird Rahab erwähnt, eine Hure im Geschlechtsregister Jesu. Dann wird die babylonische Gefangenschaft erwähnt, mitten im Geschlechtsregister Jesu. Die dunkelste Stunde Judas wird ebenfalls erwähnt.
Und dann kommt Jesus auf die Welt, und es wird gesagt: „Du sollst ihm den Namen Jesus geben.“ Warum? Denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden. Das ist der schönste Vers, den man an Weihnachten predigen kann. Jesus ist gekommen, um uns zu retten von unseren Sünden. Das ist der Punkt.
Wir lieben, wir müssen eingestehen: Wir brauchen Rettung. Du brauchst Rettung in deinem Leben. Du brauchst Jesus, um mit deiner Sünde fertig zu werden. Du wirst es nicht allein schaffen, weil das Problem zu tief sitzt.
Aber dieser Vers zeigt uns auch – und ich denke, das betrifft die meisten heute, die wir schon mit Jesus leben – wie sehr wir ihn jeden Tag brauchen. Wisst ihr, ich habe eine Zeit lang gedacht, das Evangelium sei nur für die Nichtchristen da. Das Evangelium brauchen wir einmal, damit wir uns bekehren. Heute weiß ich mehr denn je: Ich brauche das Evangelium jeden Tag.
Ich schaffe keinen Tag, ohne zu sündigen. Wenn man Sünde nur auf Taten beschränkt, dann vielleicht schon: Ich schaffe es, vielleicht einen Tag lang keine sündige Tat zu begehen. Aber wenn wir Sünde mal konsequent denken, dann ist Sünde auch, Gott nicht genug zu lieben. Da bin ich jeden Tag zu kurz dran. Das schaffe ich nicht.
Einen boshaften Gedanken durchzudenken – wenn das Sünde ist – dann brauche ich jeden Tag das Evangelium. Dann brauche ich jeden Tag einen Retter. Dann brauche ich jeden Tag die Erinnerung an das, was er für mich gemacht hat. Er hat mich von der Sünde befreit. Ich hätte es nie können.
Gottes Trauer über die Sünde des Menschen
Falls du immer noch der Meinung bist, Sünde sei zwar schlimm, aber nicht so akut, dann lass uns jetzt über Gottes Reaktion nachdenken. Wie reagiert Gott auf diese Eskalation der Sünde?
In Vers 6 heißt es: „Da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen.“ Gott ist zutiefst bekümmert. Das böse Herz des Menschen sorgt für ein bekümmertes Herz bei Gott.
Die nächste Frage, die geklärt werden muss, ist: Was bedeutet es, dass es Gott reute, den Menschen gemacht zu haben? Wir müssen verstehen, dass dies ein menschlicher Versuch ist, zu beschreiben, was in Gott vor sich geht. Was dieser Text definitiv nicht meint, ist, dass Gott bereut im Sinne von „Ich habe einen Fehler gemacht, indem ich den Menschen geschaffen habe“. Gott macht keine Fehler, und es reut ihn nicht in dem Sinn, wie wir das Wort „reuen“ verstehen. Gott wusste ja, dass die Menschen sündigen würden. Gott kann nicht überrascht werden. Er wusste es von Anfang an. In diesem Sinne ist es nicht so, dass „reuen“ hier ein Bereuen eines Fehlers meint. Gott wird nie überrascht.
Das Wort „reuen“, das hier steht, ist im Hebräischen „Nacham“. Nacham bedeutet eine starke innere Gefühlsregung. Dementsprechend finde ich es gut, wie die Neue Internationale Übersetzung (NIÜ) es übersetzt hat: „Jahwe bekümmerte es, den Menschen erschaffen zu haben, und es schmerzte ihn bis in sein innerstes Herz.“ Deshalb der Titel „Im Herzen getroffen“.
Gott ist traurig über die Sünde des Geschöpfs. Das Geschöpf bringt Trauer über den Schöpfer. Es tat Gott weh, dass er den Menschen gemacht hat, in dem Sinne, dass der Mensch ihm wehgetan hat. So müssen wir das verstehen.
Ich weiß nicht, ob du in deinem Gottesbild Platz für einen Gott hast, der Gefühle hat. Das ist wichtig, denn Gott hat Gefühle. Wir müssen verstehen, dass wir Schmerzen über Gott bringen, wenn wir sündigen. Nicht nur theoretisch, sondern sehr reale Schmerzen.
Schaut mal: Jeremia, der Prophet, weint die Tränen Gottes über das Volk Israel. Jesus, was macht er über Israel? Er weint. In Jesus sehen wir, wie Gott ist. Jesus sagt: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“ Und Jesus weint über die Sünde. Es ist die Reaktion eines Gottes, der wirklich liebt. Wer wirklich liebt, weint, wenn er verletzt wird.
Die emotionale Dimension der Sünde gegenüber Gott
Schaut mal, ihr Lieben, wir sehen Sünde viel zu oft als etwas Sachliches an. Da kommt der kleine Fritz aus dem Gottesdienst nach Hause. Die Mutter fragt: „Wie war es?“ „Ja, ganz okay.“ „Worum ging es in der Predigt?“ „Ja, es ging um Sünde.“ „Und was hat der Prediger gesagt?“ „Ja, er war dagegen.“
So reden wir manchmal über Sünde, als wäre sie etwas Sachliches. Wisst ihr, wie wir uns das vorstellen dürfen und vielleicht auch sollen? Was bedeutet es, dass Jesus uns gerettet hat? Ich rede jetzt zu Christen.
Stellt euch vor, wir stehen an einem Abhang und sind kurz davor, in den Tod zu fallen. Jesus hat uns gerettet. Er hält uns über diesem Abhang fest, er hat uns in seiner Hand. Und während er uns liebevoll hält, spucken wir ihn ins Gesicht. Trotzdem hält er uns weiter in seiner Gnade.
Ihr Lieben, das ist das Bild, wenn ein Christ gegen Jesus, seinen Retter, sündigt. Wir denken viel zu oft zu kurz über Gott nach, über das, was Sünde mit Gott gefühlsmäßig macht.
Ich möchte uns heute Abend herausfordern, dass wir Sünde noch viel stärker in Bezug auf Gott sehen. Wenn wir gesündigt haben, tun wir uns manchmal nur selbst leid: „Ach, schon wieder habe ich versagt. Ich will doch so toll sein und schaffe es nicht.“ Manchmal sehen wir nur die Menschen, gegen die wir auch gesündigt haben. Aber manchmal sehen wir zu wenig Gott.
David hat es verstanden im Psalm 51. Wisst ihr, was David da sagt? Er sagt: „Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt.“ Das war der Psalm nach dem Ehebruch mit Batseba. Er hat gegen Batseba gesündigt, gegen ihren Mann Uria. Und David sagt im Psalm 51, dass er gegen Gott gesündigt hat. Damit will er nicht sagen, dass er nicht auch gegen die anderen gesündigt hat, aber er hat verstanden – und das ist echte Buße –, dass sich seine Sünde in allererster Linie gegen Gott richtet.
Übrigens auch Joseph, der von der Frau Potiphars versucht wurde, sagte: „Wie kann ich Gott so etwas antun?“ Das waren Männer und sicherlich auch Frauen in der Bibel, die erkannt haben, dass es bei Sünde in erster Linie um diese Beziehung geht: ich und Gott.
Ich will diesen Gott nicht enttäuschen, ich will ihm nicht Leid zufügen, ich will ihm nicht Trauer bereiten. Deswegen – und das ist echte Gottesfurcht – will ich nicht sündigen.
Die Tragweite der Sünde für Gottes Herz
Bist du dir bewusst, dass du Gott mit deiner Sünde im Herzen triffst? Ich möchte noch einen Vergleich anführen, um uns das etwas deutlicher zu machen.
Wenn ein Mann Ehebruch begeht, ist die Frau unglaublich verletzt. Sie ist erschüttert, sie weint, eine Welt bricht für sie zusammen. Warum? Weil die Person, die sie am meisten liebt, ihr das angetan hat, oder? Und bedenke: Die Liebe einer Frau zu einem Mann ist nur eine menschliche Liebe. Ja, unsere Liebe untereinander ist nie hundertprozentig vollkommen rein.
Wenn wir uns dessen bewusst machen, dass Gott uns viel mehr liebt als der Mensch auf Erden, der uns am meisten liebt, und wenn der Mensch schon so einen Kummer hat, wenn wir gegen ihn die Ehe brechen – wie viel mehr Kummer hat dann ein Gott, der uns über alles liebt? Wer uns so viel mehr liebt, als je ein Mensch uns lieben kann – wie viel Kummer bereiten wir Gott mit unserer Sünde?
Bist du dir bewusst, wie sehr du Gott verletzt, wenn du ständig über andere Personen, vielleicht auch hier in der Gemeinde, herziehst? Vielleicht hast du es als nicht ganz so schlimm empfunden, doch du triffst Gott im Herzen.
Bist du dir bewusst, wie sehr du Gott verletzt, wenn du dich im Internet nicht unter Kontrolle hast? Bist du dir bewusst, wie sehr du Gott verletzt, wenn dir die Gemeinde egal geworden ist, wenn du nicht mehr kommst – zur Gebetsstunde, zur Bibelstunde, zum Sonntagmorgen-Gottesdienst? „Ach, ich bleibe zu Hause.“ Jesus liebt die Gemeinde, sie ist seine Braut. Wie sehr verletzt du ihn, wenn du diese Braut gering schätzt?
Sind wir uns dessen bewusst, Geschwister, wie sehr wir Gott mit unserer Sünde verletzen, wenn wir vorheucheln, etwas zu sein, was wir nicht sind? Wie sehr wir Gott verletzen, wenn wir andere Götter anbeten? Das ist Ehebruch, wenn uns das Auto, der Erfolg oder das Geld wichtiger wird als Gott. Wenn wir Gott zu einer Randfigur in unserem Leben machen, ist das Ehebruch, denn Gott möchte die Nummer eins in unserem Leben sein.
Da müssen wir uns auch als Christen immer wieder ertappen. Da stehen wir in der Versuchung, die Sünde lockt. Sind wir uns in dem Moment dessen bewusst? Ich will nicht gegen ihn sündigen – nicht aus Furcht, sondern doch in erster Linie, weil ich ihn liebe. Natürlich ist eine gesunde Furcht auch immer wichtig, die Gottesfurcht. Aber nicht eine Angst, denn Johannes sagt: Furcht ist nicht in der Liebe. Weil wir Jesus lieben, wollen wir nicht gegen ihn sündigen – nicht nur aus Angst vor Strafe.
Gottes Gericht und seine Gerechtigkeit
Gottes bekümmertes Herz macht ihn jedoch nicht passiv. Gott zieht sich in seinem Schmerz nicht zurück, wie wir es vielleicht manchmal tun, wenn wir verletzt sind. Stattdessen wird Gott aktiv. Er geht aktiv gegen das Unrecht vor. In Vers 7 sehen wir seinen Vernichtungsbeschluss: „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, von der Erde vertilgen, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, es tut mir weh, dass ich den Menschen gemacht habe.“
In gewisser Weise entscheidet sich Gott jetzt, die Schöpfung rückgängig zu machen. Das, was er in Kapitel 1 geschaffen hat, wird nun wieder aufgehoben. Eine Schöpfung mit Note sechs passt nicht zu einem Schöpfer mit Note eins. Der Mensch hat hier eine rote Linie überschritten. Ja, Gott ist langmütig und gibt dem Menschen noch hundertzwanzig Jahre Zeit. Doch wenn der Mensch keine Buße tut, endet Gottes Geduld irgendwann.
Die Sünde eskaliert, und es folgt ein umfassendes Gericht. Dieses Gericht ist wirklich umfassend. Gott versenkt hier keine Schiffe, sondern die ganze Welt – mehr dazu morgen. Wir verstehen Gott jedoch nicht richtig, wenn wir nur das Gericht sehen und sein bekümmertes Herz außer Acht lassen.
Immer wieder gab es unter Politikern, wenn man einige Jahre zurückblickt, Spannungen zwischen Nordkorea und den USA. Die beiden Herrscher haben sich verbal bedroht. Trump sagte beispielsweise, „Wir haben geladen und entsichert“ und sei bereit, den Atomknopf zu drücken. Ein Mensch, der so handelt und andere vernichtet, ist nicht von tiefem Mitleid geprägt. Das ist ganz anders bei Gott.
Gott drückt hier den Gerichtsknopf, doch es fällt ihm nicht leicht. Denn Gott will eigentlich nicht den Tod des Sünders. Vielmehr möchte er Umkehr bewirken. Er will viel lieber gnädig sein. Die Bibel sagt: Gott ist langsam zum Zorn, aber reich an Gnade.
Gott ist jedoch auch heilig. Wir verstehen Gottes Gericht nur richtig, wenn wir auch diesen Aspekt sehen: Er ist heilig und gerecht. Ein guter Richter muss Ungerechtigkeit richten, sonst ist er kein guter Richter. Ein guter Gott muss Sünde bestrafen, sonst ist er kein guter Gott.
Gott entscheidet sich hier, die Welt zu vertilgen. Interessanterweise wird das Wort, das hier mit „vertilgen“ übersetzt wird, an einer anderen Stelle in der Bibel verwendet, und zwar im Psalm 51, dem Bußpsalm von David. Dort bittet David Gott: „Herr, lösche du, tilge meine Sünde.“
Gott tut das eigentlich viel lieber: Er vertilgt lieber die Sünde als den Sünder. Doch wenn der Mensch seine Sünde nicht bekennt, muss Gott in gewisser Weise auch den Sünder auslöschen.
Das zukünftige Gericht und die Dringlichkeit der Entscheidung
Gottes Gericht, ihr Lieben, ist so real. Wenn man sich das anschaut, was wir morgen sehen werden, erinnert es an die Sintflut. So etwas Ähnliches wird es noch einmal geben, sagt die Bibel.
Da heißt es in 2. Petrus 3,6-7: „Dennoch wurde damals die Welt dadurch in der Sintflut vernichtet. Und jetzt kommt eine zukünftige Aussage: So werden auch, also es steht noch aus, der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichts und der Verdammnis der gottlosen Menschen.“
Die Sintflut, die Gott hier angekündigt hat, ist mittlerweile Geschichte. Aber ein Gericht steht noch aus, das auch umfassend ist – diesmal nicht mit Wasser, sondern mit Feuer. Es trifft alle Menschen, die nicht mit Gott leben.
Was geht in dir vor, wenn du das hörst?
Wenn ich im Flugzeug sitze – ich fliege nicht häufig, aber manchmal – finde ich es immer wieder interessant, die Passagiere zu beobachten, wenn die Sicherheitshinweise gegeben werden. Ist euch das auch schon mal aufgefallen? Vor jedem Flug wird dieselbe Leier noch einmal runtergespult.
Ich habe bei einigen Flügen einfach mal die anderen Passagiere dabei beobachtet. Die Stewardess, die Flugbegleiterin, gibt sich viel Mühe. Manchmal läuft es auch nur noch über das Display. Dort heißt es dann: Sollte der Druck in der Kabine sinken, fallen automatisch Sauerstoffmasken aus der Kabinendecke. In diesem Fall ziehen Sie eine der Masken ganz zu sich heran und drücken die Öffnung fest auf Mund und Nase. Danach helfen Sie mitreisenden Kindern. Wir kennen den Wortlaut.
Unter jedem Sitz befindet sich eine Schwimmweste. Auf Anweisung der Besatzung ziehen Sie die Schwimmweste über den Kopf, haken sie ein und müssen die Gurte wie vorgeführt einziehen. Ziehen Sie dann die Gurte straff. Unmittelbar nach dem Verlassen des Flugzeugs ziehen Sie an dem roten Griff, um die Weste aufzublasen. Falls erforderlich, benutzen Sie die roten Mundschläuche. Eine Signallampe leuchtet im Wasser auf – sehr beruhigend, wenn Sie diese Lasche aus der Batterie herausziehen. Zum Start stellen Sie bitte jetzt die Rückenlehne senkrecht und klappen Sie die Tische zurück.
Ich habe mal darauf geachtet, was die anderen Passagiere machen, während dieser dringliche Hinweis läuft. Da ist der eine Mann, der liest einfach weiter die Zeitung. Zwei Frauen auf dem Sitz vor mir unterhalten sich, vielleicht waren sie auch ein paar Sitze weiter – ich nenne das jetzt nur mal beispielhaft. Der ältere Herr ist schon eingeschlafen. Kaum jemand achtet auf die Worte der Flugbegleiterin.
Wisst ihr, warum? Wir halten das Eintreffen für sehr unwahrscheinlich. Und bisher ist nichts passiert.
Versteht ihr? Wenn wir das lesen und jetzt wieder ernst werden in 2. Petrus 3, dann lesen wir manchmal so darüber hinweg, nach dem Motto: „Ja, habe ich schon gehört, es soll Gericht irgendwann geben.“ Und ich habe es noch nicht erlebt.
Das Fatale ist, dass wir weghören und den Ernst der Lage nicht erkennen, denn irgendwann wird es ja kommen. Die Frage ist: Bist du darauf vorbereitet?
Ich finde es so paradox: Wir bereiten uns im täglichen Leben auf sämtliche Dinge vor. Kaum jemand geht unvorbereitet in ein Vorstellungsgespräch. Man bereitet sich vorher vor, informiert sich, was die Firma macht – man will vorbereitet sein. Keine Braut geht auf ihre eigene Hochzeit ohne stundenlange Vorbereitung vor dem Spiegel. Das macht keine Braut. Kein Politiker geht unvorbereitet in den Wahlkampf. Kein Geschäftsmann geht unvorbereitet in eine Auftragsverhandlung.
Das heißt: Im täglichen Leben wissen wir, wie wichtig es ist, sich vorzubereiten.
Die Frage ist: Bist du darauf vorbereitet, Gott zu begegnen?
Die Bibel sagt, es ist dem Menschen gegeben, einmal zu sterben, danach das Gericht.
Ihr Lieben, das Gericht ist keine Erfindung des Mittelalters. Gottes Gericht ist real. Am Ende der Zeit wird jeder Mensch einmal vor Gott stehen – vor einem heiligen Gott. Er muss sich nicht rechtfertigen, aber er muss sich verantworten für das, was er zu Lebzeiten getan hat, sei es gut oder böse.
Die Frage, die ich dir heute stellen möchte, ist: Bist du darauf vorbereitet, Gott zu begegnen?
Ob du Gott als Vater oder als Richter begegnest, hängt davon ab, wie du zu Jesus Christus stehst.
Gottes Gnade am Beispiel Noahs
Nach dieser Gerichtsandrohung stoßen wir hier auf ein großes Aber. Es beantwortet die Frage: Wie kann ich dem Gericht entgehen? Denn Noah wurde von der Sintflut nicht getroffen. Im letzten Vers heißt es: Aber Noah fand Gnade vor dem Herrn. Ich liebe dieses göttliche Aber.
Dieses Aber begegnet uns immer wieder in der Bibel. So heißt es zum Beispiel in Epheser 2: Wir waren tot in den Übertretungen und Sünden. Aber Gott, der reich an Barmherzigkeit ist, hat in unser Leben eingegriffen und uns errettet. Auch hier finden wir ein göttliches Aber.
Warum ist Gott Noah gnädig? Sicherlich war Noah nicht perfekt – das werden wir morgen noch sehen. Auch Noah hat sich nach der Sintflut betrunken. Er war kein vollkommenes Vorbild, aber wir sehen, dass Noah an Gott geglaubt hat. Und wer an Gott glaubt, dem begegnet Gott mit Gnade.
Dieses Prinzip finden wir genau so in Johannes 3: Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet (Johannes 3,18). Deshalb möchte ich heute Abend noch einmal an deine Entscheidung appellieren. Wenn du dich noch nie für Jesus Christus entschieden hast, bereite dich auf die Begegnung mit Gott vor.
Ich war lange Zeit zögerlich, mit so eindringlichen Appellen immer und immer wieder einzuladen. Aber vor einiger Zeit habe ich in einer Nachbargemeinde in Siegburg gepredigt. Während der Predigt habe ich darauf hingewiesen, dass es heute vielleicht die letzte Möglichkeit ist, eine Entscheidung zu treffen.
Nach dem Gottesdienst fuhr ein junger Mann mit seinem Motorrad vom Gemeindehof und starb durch einen Unfall. Er war Gott sei Dank Christ und ist jetzt beim Herrn.
Aber, ihr Lieben, wir können wirklich nie wissen, wie lange wir leben werden. Wenn wir uns noch einmal die Todesliste von vorhin ansehen, waren dort auch junge Menschen dabei. Wir kennen es aus unserer Gemeinde, dass junge Menschen gestorben sind. Ihr kennt es aus euren Gemeinden, dass junge Menschen gestorben sind.
Deshalb ist es nicht manipulierend, wenn ich sage: Triff heute eine Entscheidung, wenn du sie noch nicht getroffen hast. Du weißt nicht, wie lange du noch leben wirst. Das ist ernst gemeint und kann tatsächlich eintreffen. Die Frage ist: Bist du darauf vorbereitet, Gott zu begegnen?
Ich möchte dich einladen, wenn du diese Entscheidung treffen möchtest, zurückzubleiben und das Gespräch zu suchen. Wir sind sehr gerne für dich da.
Die Notwendigkeit der täglichen Erneuerung im Glauben
Vielleicht hat Gott dir heute auch deutlich gemacht, dass du gar nicht so gut bist, wie du von dir denkst – selbst als langjähriger Christ.
Ich muss feststellen: Je länger ich Christ bin, desto mehr merke ich, wie sündig mein Herz ist. Je länger ich Christ bin, desto mehr erkenne ich, wie sehr ich eigentlich gar nicht zu Gott passe und jeden Tag seine Gnade brauche.
Darf ich dich mal fragen, was dich daran hindert, noch einmal ganz neu mit Gott anzufangen? Wenn du festgestellt hast, dass du Gottes Gnade eigentlich mit Füßen getreten hast – er hat dich errettet, aber du lebst wieder dein eigenes Leben –, dann sieh die Sünde in deinem Leben nicht auf die leichte Schulter.
Wir haben heute gesehen, wie sehr Gott durch Sünde in unserem Leben getroffen wird. Wir alle haben unsere Baustellen.
Und, ihr Lieben, was ich mir unter Christen mehr wünsche, ist, dass wir offen mit unseren Fehlern umgehen. Vor einiger Zeit sprach ich mit jemandem in der Seelsorge. Ich sagte: Ja, wir haben unsere Baustellen. Ich weiß nicht mehr genau, in welchem Zusammenhang das war – ich glaube, es ging um Eheprobleme und die Tatsache, dass es viele Paare gibt, bei denen nicht alles glatt läuft.
Ich meine, in welcher Ehe läuft es schon immer hundertprozentig perfekt? Wir haben alle auch mal Phasen, in denen wir zugeben müssen: Es läuft nicht gut, wir brauchen den Herrn.
Ich sagte das zu dieser Person, die dann meinte: „Echt? Ich habe Sonntagmorgen, wenn ich hier in die Gemeinde komme, den Eindruck, bei allen läuft alles perfekt – nur ich bin die einzige Baustelle.“
Da frage ich mich: Wie entsteht so ein Denken? Kann es sein, dass es vielleicht daher kommt, dass wir alle versuchen, uns am Sonntagmorgen nur von unserer Schokoladenseite zu zeigen?
Die Bibel unterm Arm – es ist immer gut, die Bibel dabei zu haben, versteht mich nicht falsch –, aber so zu tun, als sei alles super. Gerade noch im Auto mit der Frau gestritten, aber das weiß ja keiner. Dann gehen wir in den Gottesdienst, sitzen da, gehen wieder nach Hause, und in der Woche geht es drunter und drüber.
Ich wünsche mir für unsere Gemeinde in Köln, ich wünsche es mir für uns Christen, dass wir mehr über unsere Fehler reden – in einem guten Ausmaß meine ich. Dass wir sagen: Wir brauchen einander, wir brauchen das Gebet füreinander, wir brauchen die Gnade jeden Tag. Es läuft nicht alles gut.
Deswegen brauchen wir den Herrn so sehr. Möge Gott uns die Offenheit schenken, ehrlich mit unseren Fehlern umzugehen und immer wieder unsere Sünde in seinem Licht zu sehen. Denn er wird im Herzen getroffen, wenn wir gegen ihn sündigen.
Schlussgebet
Ich möchte zum Abschluss beten. Lasst uns dazu aufstehen.
Herr, ich möchte dich heute vor allem um eines bitten: Zeige uns immer mehr, wie sehr wir dich mit unserer Sünde verletzen, Herr. Bewirke in uns eine echte Gottesfurcht, dass wir vor der Sünde fliehen, weil wir dich so sehr lieben.
Herr, ich bin dir so dankbar, dass deine Gnade viel größer ist, als ich manchmal denke. Danke, dass wir deine Gnade haben. Wir möchten dir heute sagen, dass wir so sehr von deiner Gnade abhängig sind.
Bitte hilf uns, unsere Fehler und unsere Sünden im Leben konsequent anzugehen. Hilf uns auch, ans Licht zu gehen, Herr. Lass uns unsere Sünde nicht verstecken oder uns in der Isolation verbergen, sondern ans Licht treten und die Hilfe von Geschwistern suchen, die uns unterstützen können, mit der Seelsorge und den Sünden fertig zu werden.
Herr, bitte schenke unseren Gemeinden Offenheit, damit wir authentisch leben. Lass uns nichts vorspielen oder heucheln, was wir nicht sind.
Herr, wir sind alle verdorben in unserem Herzen. Wir brauchen dich und deine Vergebung. Ich möchte dich auch bitten, diejenigen heute nicht loszulassen, die genau wissen, dass sie diesen Schritt gehen müssen und deine Vergebung brauchen. Bitte hilf ihnen, die Entscheidung zu treffen.
Amen.
Lasst uns nun wieder Platz nehmen.