Herzlich willkommen zum Podcast der EVA Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Powileit. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Wir alle müssen lernen, uns im Leben zurechtzufinden. Sowohl als kleine als auch als große Kinder lernen wir jeden Tag dazu. Doch viele Menschen verlieren spätestens nach ihrer Ausbildung das Interesse am Lernen.
Auch manche Christen verweisen gerne auf Bibelstellen wie 2. Timotheus 3,7. Dort werden Menschen beschrieben, die ständig lernen, aber niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Ebenso heißt es in Prediger 12,12: "Des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel Studieren ermüdet den Leib."
In Apostelgeschichte 17 begegnen wir Menschen, die ihre Zeit damit verbringen, nichts anderes zu tun, als etwas Neues zu sagen und zu hören (Vers 21).
Sollten wir uns als Christen nicht lieber mit dem zufrieden geben, was wir wissen, anstatt ständig auf der Suche nach etwas Neuem zu sein? Ich glaube, gerade wir als Christen sollten Lernende bleiben. Die Frage ist nur: Was lernen wir und von wem lernen wir?
Die Menschen in Athen waren vor allem am Infotainment interessiert. Sie wollten ständig die neuesten Nachrichten hören. Das bringt mich persönlich jedoch nicht wirklich weiter. Auch die Menschen, die in 2. Timotheus 3 beschrieben werden, stellten sich zwar philosophische Fragen, waren aber nicht bereit, Gottes Wahrheit in ihrem Leben anzuwenden. Auch ihnen half der Inhalt, den sie gelernt hatten, nicht wirklich weiter.
Ich sollte also Dinge lernen, die mich persönlich voranbringen und von denen ich profitiere. Es ist nun mal so, zumindest bei mir und auch bei anderen, dass Wissen nicht einfach so im Schlaf durch das Kopfkissen diffundiert. Vielleicht ein paar Sekunden, scheinbar. Oder ich kann mich auch nicht einfach an eine Festplatte anschließen und meinen Kopf aufladen. Das Wissen muss ich mir Stück für Stück aneignen. Dafür muss ich mir Zeit nehmen. Das kann bedeuten, dass ich auf manches verzichte, das ich eigentlich gerne machen möchte, nur um Dinge mit meinem Kopf zu lernen.
Das schließt die Praxis jetzt nicht aus. Vorhin hast du ja schon angedeutet, dass das Ziel entscheidend ist. Ich lerne nicht nur fürs Infotainment oder einfach zum Philosophieren. Als Christ hast du beim Lernen ein klares Ziel vor Augen: Du willst das Gelernte umsetzen, Gott lieben oder die Menschen lieben. Du willst Gottes Wort besser kennenlernen und ihn besser verstehen.
Lernen ist jedoch nicht nur eine Kopfsache, da hast du völlig recht. Der berühmte Schweizer Pädagoge Pestalozzi hat das gut erfasst. Zu seiner Zeit war Wissensvermittlung das große Schlagwort, das man immer wieder betonte. Er sagte jedoch: Nein, Lernen sollte alle Aspekte des menschlichen Seins einbeziehen – den Kopf, das Herz und die Hand.
Mit dem Kopf merke ich mir Dinge. Das Herz betrifft Werte, Gefühle und soziales Verhalten. Die Hand steht für praktische Fertigkeiten. Alle drei Bereiche sind wichtige Lernfelder.
Pestalozzi war zwar kein christlicher Theologe oder Pädagoge, aber das Konzept von Kopf, Herz und Hand lässt sich auch biblisch verstehen. Würdest du sagen, dass man das so in der Bibel wiederfindet? Für mich klingt das schon relativ biblisch: Kopf, Herz, Hand. Aber...
Manchmal entdecken Menschen Dinge oder formulieren Erkenntnisse, die im Grunde auch in der Bibel zu finden sind. In der Bibel lernen wir auf jeden Fall: Der Herr Jesus sagt in Matthäus 11, lernt von mir. Das ist dem Herrn Jesus sehr wichtig. Er fordert uns auf, von ihm zu lernen. Diese Aufforderung richtet er an seine Jünger – also an diejenigen, die ihm nachgefolgt sind und bereits den ganzen Tag von ihm gelernt haben. Trotzdem sagt er ihnen immer wieder: Lernt von mir.
Wenn man gedanklich mit den Jüngern unterwegs ist, merkt man, dass Jesus ihnen immer wieder Fragen stellt, damit sie lernen. Es gibt sogar eine Szene, in der Jesus fragt: „Habt ihr das verstanden?“ Pädagogen würden sagen, dass hier der Lernerfolg gesichert wird. Es ist spannend, in die Evangelien hineinzuschauen und zu sehen, wie Jesus seine Jünger unterrichtet.
Im Grunde genommen hatte der Herr Jesus für seine Jünger ein Ausbildungsprogramm. Es war ihm wichtig, ihnen innerhalb von drei Jahren das Wissen zu vermitteln, das sie benötigen, damit später eine Gemeinde entstehen kann. Diesen Auftrag, andere zu lehren, hat Jesus dann in die Hände seiner Jünger gelegt. Zum Beispiel sagt er am Ende des Matthäusevangeliums: „Macht alle Nationen zu Jüngern und lehrt sie alles, was ich euch geboten habe“ (Matthäus 28,19-20).
Zum Schülersein oder Jünger-Sein gehört es also, zu lernen. Jesus sucht keine Fans, die ihn nur feiern, sondern Menschen, die bereit sind, von ihm zu lernen und ihm nachzufolgen. Wenn wir Jesus nachfolgen, sind wir seine Jünger und somit Lernende.
Natürlich ist es richtig, dass wir auf unterschiedliche Weise lernen. Einige lernen eher mit dem Kopf, andere eher praktisch. Wie man lernt, ist nicht entscheidend. Wichtig ist die Bereitschaft zu lernen. Deshalb sollte man sich nicht die Leidenschaft nehmen lassen, neue Dinge zu entdecken. Bleibe jemand, der bereit ist, dazuzulernen.
Ein Buch, das ich sehr schätze, heißt Teach to Change Lives, also „Lehre, um Leben zu verändern“. Es gibt dieses Buch leider nicht auf Deutsch. Geschrieben wurde es von Howard Hendricks. Darin erzählt er von einer achtundachtzigjährigen Frau, der er nach längerer Zeit wieder begegnet ist. Die beiden kannten sich bereits.
Die Frau sagte zu ihm: „Hendricks, ich habe dich schon länger nicht mehr gesehen. Was waren die fünf besten Bücher, die du im letzten Jahr gelesen hast?“ Man merkt sofort, dass diese Frau beständig am Lernen war. Ich glaube, das ist eine gute Einstellung – vorausgesetzt, der Inhalt ist gut und passt auch dazu, wie wir es am Anfang gesagt haben.
Faszinierend ist es übrigens, mit 86 Jahren noch so fit zu sein. Ich habe dieses Jahr auf einer Bibelfreizeit ein Ehepaar kennengelernt, das über achtzig Jahre alt ist und dort wirklich voll dabei war. Für mich war es teilweise schon schwierig, dem zu folgen, obwohl ich mich eigentlich relativ gut auskenne. Aber man merkt: Wenn man jahrzehntelang das Lernen gewohnt ist, kann man auch im Alter noch Wissensvermittlung aufnehmen.
Hier war Jesus ein Beispiel. Die Jünger haben ja mit ihm gelebt. Das war eine ganzheitliche Lernsituation, die sie erfahren haben.
Was sind denn die Inhalte, wenn man nun „Kopf, Herz, Hand“ betrachtet und dabei auf mögliche Inhalte eines Curriculums oder Programms eingeht?
Grundsätzlich sagt Paulus in Kolosser 2, dass in Christus alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen liegen. Ich höre da immer meinen Kirchengeschichtslehrer, der sagt: „Schade, dass sie verborgen sind“, also dass sie nicht so offensichtlich sind. Aber ich kann mein Leben damit verbringen, immer mehr über die Gedanken zu lernen, die Jesus für mich hat.
Zum Beispiel, wie er mein Leben und das Leben anderer Menschen geplant hat, was Jesus über Arbeit denkt, was er über Reichtum und Armut sagt und wie hoch für ihn der Stellenwert meiner Gesundheit ist. Das sind ja spannende Fragen. Ich glaube, dass die Bibel zu den meisten dieser Fragen, die auch unseren Alltag betreffen, klare Antworten hat.
Wir müssen sie nur suchen und finden. Sehr oft kann ich natürlich auch von Bibellehrern profitieren, die sich manche Fragen schon vor mir gestellt haben. Die Antworten, die ihnen wichtig wurden, haben sie oft in einem Buch festgehalten.
Wenn ich also das lerne, was in der Bibel steht, und im Gespräch mit Christen bleibe, werde ich weiterkommen. In Büchern steht manchmal auch, wie ich Dinge praktisch umsetzen kann. Wenn Leute es mir praktisch zeigen, kann ich ebenfalls immer wieder dazulernen.
Ich sage es noch einmal: Diese Einstellung, ich will lernen, ist so entscheidend.
Ich habe mal von jemandem gehört, der seinem Vorgesetzten korrigierend etwas gesagt hat – und das war berechtigt. Die Antwort darauf war: „Bin ich hier der Facharbeiter oder du?“ Das zeigt, dass jemand nicht bereit war, einfach dazuzulernen, und das ist wirklich schade.
Es ist wichtig, sich Zeit für dieses Lernen zu nehmen. Wenn du zum Beispiel Bücher erwähnst: Ich liebe Bücher. Bibelkommentare mag ich nicht so sehr, weil sie oft nicht tief genug gehen. Aber wenn jemand ein Buch schreibt, dann ist das, wenn man die investierte Zeit in Stunden umrechnet, oft wertvoller als jedes Wochenendseminar.
Ein ganzes Buch kann viel mehr Wissen vermitteln als ein Seminar, das nur ein Wochenende dauert. Bücher können wirklich sehr gut sein, weil sie Themen aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchten. Kürzlich habe ich ein Buch gelesen, das mich wirklich fasziniert hat. Es legt die Grundlagen bis hin zur Praxis dar. Natürlich braucht man Zeit, um es durchzulesen, selbst wenn es nur 250 Seiten hat.
Zunächst dachte ich, da sitzt mir ein wirklich weiser Mann gegenüber. Das war für mich ein besonderer Moment, während ich relativ teure Kurse besuchte. Die Dozenten verwiesen oft auf ihr eigenes Buch. Irgendwann wurde mir klar: In diesen Unterrichtsstunden wiederholen sie im Grunde das, was sie bereits in ihrem Buch geschrieben haben. Und ich hatte dort noch Fußnoten.
Klar, so ein Buch kostet manchmal über hundert Euro, und man denkt: „Boah, ist das viel Geld!“ Aber wenn ich die Zeit rechne, die ich in das Seminar investiere, und dazu noch alles mitschreiben muss, relativiert sich das plötzlich.
Das war für mich ein Aha-Moment. Wenn du sagst, ein Buch toppt jedes Wochenendseminar – das stimmt. Ein Buch kann man nicht in einem Wochenende komplett erfassen.
Mein Lieblingsbuch gerade – den Titel habe ich leider vergessen, aber ich habe es auf meinem Handy fotografiert, um es praktisch zu dokumentieren, was ich durchgearbeitet habe. Ich habe den Autor auf einer Konferenz kennengelernt. Seine Denkweise und Geschichten erzählte er in mehreren Einheiten, vielleicht drei oder vier, vielleicht auch nur zwei plus eine Andacht.
Das Buch war eine tolle Kombination, weil du schon vorher durch den Vortrag ein Gefühl dafür bekommst, wie der Autor „tickt“. Dann taucht man im Buch immer tiefer ein. So kann man wirklich tolle Dinge lernen.
Aber eigentlich ist die Frage, wie man die Zeit dafür findet, die wichtigere. Das ist natürlich schwierig in der Hektik des Alltags, denn man hat ja auch noch andere Verpflichtungen.
Ja, richtig. Für mich war es wirklich ein wichtiger Wegmoment, als ich von John Piper las. Er sagte, ihm falle es schwer, sich Zeit zum Lesen zu nehmen. Er betont, dass die Zeit, die er hat, umkämpft ist. Trotzdem kämpft er darum, sich täglich 20 Minuten zum Lesen zu nehmen.
Er rechnete vor, was das auf ein Jahr bedeutet, wenn man an fünf Tagen in der Woche jeweils 20 Minuten liest. Das sind ungefähr 80 Stunden im Jahr – nur bei 20 Minuten pro Tag. Das hat mich sehr motiviert. Ich dachte mir: Dann muss ich auch um diese Zeit kämpfen.
Ich erlebe ganz oft, dass das, was ich lese, in meinen Dienst mit einfließt – auch wenn ich es nicht primär für meinen Dienst gelesen habe.
Ich habe eine Tabelle, ein Lesejournal, in dem ich notiere, was ich gelesen habe. Ich habe ein Ziel, wie viele Bücher ich im Jahr lesen möchte. Außerdem schreibe ich auf, von wann bis wann ich ein Buch gelesen habe, also monatlich, und wie viele Seiten ich gelesen habe.
Außerdem halte ich fest, welches Gebiet ich gelesen habe – zum Beispiel Seelsorge, Leitung oder Predigt. So sorge ich dafür, dass ich nicht einseitig bleibe.
Kurze Zwischenfrage: Wenn du aufschreibst, wie viele Seiten du gelesen hast, heißt das, du liest ein Buch immer von Deckel zu Deckel durch? Oder sagst du bei manchen Büchern, ich lese nur zwei Kapitel?
Ja, meistens lese ich ein Buch komplett. Ich kenne aber auch Leute, die sagen, sie lesen nur zwei Kapitel. Vielleicht bin ich zu sehr Schwabe geworden und denke: Hey, das Buch ist bezahlt, ich muss alles lesen. Keine Ahnung.
Was mich ein bisschen nervt, ist, dass ich mir auch nicht viel aus den Büchern merken kann. Ich habe jetzt angefangen, die wesentlichen Dinge vorne im Buch auf zwei Seiten einzukleben. So kann ich sagen: Auf Seite 195 gibt es diesen guten Gedanken, auf Seite 220 diesen anderen. Dadurch habe ich einen besseren Überblick.
John Piper hat mir dabei auch geholfen. Er sagt, wenn er sich mit Timothy Keller vergleicht, der weiß, was alles in seinem Kopf abgespeichert ist, dann kann er das nicht. Ich nehme ein oder zwei Gedanken aus den Büchern mit, aber das sind für mich ganz wesentliche Gedanken.
Ich glaube, das reicht auch. So weiß ich bei manchen Büchern: Das ist super ausgeführt. Wenn ich mir das vorne reinklebe, finde ich das auch schnell wieder. Meistens habe ich das auch schon ein bisschen im Kopf, zum Beispiel in welchem Buch welcher Gedanke vorkommt, wenn ich etwas in die Richtung suche.
Bei manchen Büchern ist es aber auch so, dass zwei, drei Kapitel vorbereitend sind, um dann auf das dritte oder vierte Kapitel hinzuarbeiten. Dort steckt dann der entscheidende Gedanke zur Umsetzung drin. Die anderen Kapitel liest man einmal durch, und beim zweiten Durchgang würde ich dann einfach schnell drüber skimmen und mich auf das vierte Kapitel konzentrieren.
So weit bin ich aber noch nicht. Bei amerikanischen Büchern zum Beispiel gibt es oft drei Gedanken auf zehn Kapitel verteilt, wo ständig das Gleiche wiederholt wird. Ich kenne das, aber vielleicht kann ich mir dann Sachen auch mal ein bisschen besser merken. Ich weiß es nicht.
Also ich lese sie im Wesentlichen noch komplett durch. Ich breche eher ab, wenn ich merke, das ist mir zu kompliziert, beziehungsweise wenn ich denke: Das weiß ich schon, was da steht, das muss ich nicht alles lesen.
Buch ist das eine. Heutzutage haben wir ja auch noch andere Quellen, zum Beispiel YouTube. Ist das für dich auch eine Quelle, also mehr so audiovisuelle Sachen?
Ja, auf jeden Fall. Ich versuche zum Beispiel, jede Woche eine Predigt auf YouTube zu hören. Predigten, die mich erbauen und über die ich mich freue. Da muss ich sagen, da nehme ich schon einiges mit. Auch Predigten, über die ich mich ärgere oder die ich falsch finde.
Dann natürlich auch außerhalb unserer Gemeinde. Ich frage mich dann eher, um das produktiv zu machen: Wie manipulieren diese Prediger? Wo sind sie falsch abgebogen? Oder wenn Verkündiger eine andere Position vertreten – jetzt sage ich mal nicht so krass falsch – höre ich mir gern auch mal die Argumentation an. Ich versuche, darüber nachzudenken, wie er hier argumentiert. Das finde ich richtig gut.
Ich finde es toll. Ich habe oft die besten Argumente von den, sage ich mal, Gegnern, wenn man das so ausdrücken will, weil da komme ich gar nicht drauf. Also ist es eine Quelle für dich?
Ja, auf jeden Fall. Auch wenn Leute schwierige Fragen stellen. Und das ist ja so: Wenn du qualitativ ein bisschen höherwertige Podcasts oder Videocasts hast, beschäftigen die sich ja auch wirklich mit substanziellen Fragen. Da kann ich eine Menge dazulernen.
Also einmal YouTube hast du genannt, natürlich, aber auch Podcasts. Wir machen ja auch einen Podcast, und wir denken, die Leute profitieren davon. Ich höre auch manchmal andere Podcasts im Auto, oder Bücher. Es gibt einen großen Hersteller, der auch andere Dinge vertreibt. Der hat auch so ein Buchprogramm, wo du Hörbücher hören kannst.
Ja, eine Schwesterfirma, genau.
Genau, eine Schwesterfirma. Dort hat man eine Flatrate und dann je nach Modell ein neues Angebot. Aber egal, ich bin da auch Kunde. Von daher finde ich Podcasts auch gut, wenn sie gut gemacht sind.
Das ganze Jahr durchzuziehen – also ich habe jetzt auch etwas Neues begonnen. Jetzt schwächele ich gerade seit drei Wochen, weil es einfach zu viel war. Aber ich fange jetzt wieder an.
Das ist halt ein anspruchsvolles Programm, das ich durchziehe. Es ist so eine Radiobibelschule, und boah, die haben immer ein Tempo drauf. Sie sind gut, sie sind echt gut, aber naja.
Wie motivierst du dich, damit du auf Dauer dranbleibst? Es ist eine Sache, mal schnell vier Wochen durchzuhalten. Aber es ist etwas anderes, das Lernen als Gewohnheit zu etablieren. Das ist schon schwieriger.
Ich habe auf jeden Fall diese Tiefphasen, in denen ich längere Zeit einfach keine Lust habe. Aber ich habe es ja schon gesagt: Ich habe ein Lesejournal, so habe ich es genannt. Wenn ich mir eine feste Lesezeit eintrage und versuche, das in den Alltag umzusetzen, hake ich es danach ab. So merke ich zum Beispiel: „Hey, du hast schon länger nicht mehr an diesem Buch weitergelesen.“ Das motiviert mich.
Was mich aber wirklich sehr motiviert, sind Leute, die selbst sehr motiviert sind zu lernen. Da reicht bei mir schon ein ganz kleiner Funken. Wenn ich mitbekomme, womit sich andere beschäftigen, dann motiviert mich das massiv. Das bringt mich dazu zu sagen: „Hey, ich gebe jetzt Gas!“
Ich brauche aber auch immer wieder diese Fremdmotivation. Ich habe nicht nur intrinsische Motivation, die wie ein Selbstläufer funktioniert. Ich brauche Menschen, die mich motivieren, mit denen ich persönlich spreche. Manchmal sind es auch Leute, die ich gar nicht persönlich kenne, die mich motivieren.
Ich fand es ganz witzig: Es gab eine Zeit, in der wir woanders gewohnt haben. Da war ich auf dem Fußweg zur Gemeinde fast nie ohne Buch unterwegs. Ich habe also immer wieder gelesen. Kürzlich habe ich erfahren, dass Timothy Keller in New York auch oft beim Laufen ein Buch liest. Wenn man dort jemanden sieht, der beim Laufen liest, dann ist das wahrscheinlich Timothy Keller. So ähnlich mache ich das auch.
Das motiviert mich, wenn ich von solchen Leuten lese. Ich denke dann: „Hey, das waren Menschen, die auf jeden Fall dazulernen wollten.“ Das ist für mich sehr hilfreich. Zum Beispiel habe ich von Timothy Keller gelesen, dass er schrieb: „Ich merke, wenn ich nicht lese, werden meine Predigten langweilig und die Leute schlafen ein.“ Das ist eine krasse Aussage, aber auch eine gute Hilfe.
Das ist ein bisschen so, wie bei Marathonläufern. Da läuft immer jemand neben einem, der ein bisschen schneller ist. Wenn der Läufer nicht mehr kann, wird er ausgewechselt. Wenn aber jemand hinter ihm läuft, wird er automatisch langsamer. Die Frage ist also auch: Mit wem vergleiche ich mich?
Ich vergleiche mich gerne mit Leuten, bei denen ich denke: „Ja, die sind dran. Die lernen wirklich dazu.“ Das ist für mich Motivation. Ich weiß auch, dass ich als Christ nie fertig bin mit Lernen. Ich sollte immer auf der Suche sein, Neues zu entdecken und Neues über Jesus zu lernen.
Wenn ich jetzt an Pestalozzi denke – Kopf, Herz, Hand – war man bisher eher in Richtung Kopf unterwegs, oder?
Richtig.
Wie ist es zum Beispiel mit dem Herzen? Dass das auch „reinsackt“, denn es nützt ja nichts, wenn du dir deine Zeit freischaufelst und man sieht, wie jemand buchlesend läuft. Das finde ich ganz schwierig, weil man sich dabei ganz nebenbei immer auch auf die Bewegungen konzentrieren muss. Aber gut, wenn du das kannst, ist das ja okay.
Also: Kopf das eine, Herz das andere. Ich glaube, ich muss mir dessen bewusst sein – mein Herz, also meine Werte und mein Charakter, können natürlich vom Heiligen Geist verändert werden. Da habe ich vieles selbst nicht in der Hand. Ich kann meine schwachen Hände falten und sagen: Herr, du kannst mein Herz verändern, ich kann das nicht. Aber oft kommen doch sehr viele Impulse.
Ich will mich in einem bestimmten Bereich zum Beispiel verändern lassen. Dann sehe ich einfach, wie die Bibel beschreibt, wie mein Leben aussehen könnte. Dabei hilft mir ein gelebtes Vorbild.
Letztendlich hat Jesus nichts anderes gemacht. Er hat seinen Jüngern immer wieder das Vorbild gegeben. Sie konnten sein Leben anschauen. Er sagt: „Lernt von mir, ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Ich denke auch an Paulus, der zu Timotheus sagt, dass dieser seiner Lehre gefolgt ist – aber auch seinem Lebenswandel, seiner Liebe und seinem Ausharren. Das hatte Timotheus alles bei Paulus gesehen, er hat mit ihm darüber gesprochen und es erlebt. So hat Gott Timotheus Stück für Stück verändert, damit er mehr wie Jesus wird.
Paulus sagt das auch in 1. Korinther 11,1: „Seid meine Nachahmer, wie auch ich Christi Nachahmer bin.“ Hier liegt eindeutig der Schwerpunkt auf dem Leben. Ich lerne durch das Vorbild.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir Vorbilder haben – Menschen, von denen ich eine bestimmte Eigenschaft lernen möchte. Zum Beispiel überlege ich mir: Es gibt Menschen, die sind demütig. Warum wirkt das bei mir so, dass sie demütig sind? Wie wird diese Demut sichtbar? Was kann ich von ihnen lernen? Und wie will ich das umsetzen in meinem Leben, was ich bei ihnen entdeckt habe?
Ich glaube, dieses Lernen geschieht vor allem im Umfeld einer Gemeinde. Das ist das Lernfeld, das Gott uns gegeben hat.
Oft sind es dann auch schwierige Situationen, die Gott zulässt, weil er uns geistlich weiterbringen möchte. Zum Beispiel lerne ich Demut vor allem, wenn ich gedemütigt werde. Das macht logischerweise keinen Spaß. Manchmal benutzt Gott aber auch andere Menschen, und das ist dann Lernen mit dem Herzen.
Ich glaube, das Vorbild ist entscheidend – und die Einstellung: „Ich möchte jemand sein, der da auch echt lernt.“
Wir hatten bereits über andere Menschen gesprochen. Nun wollen wir die Gedanken etwas in eine andere Richtung lenken. Es lernt ja nicht nur jeder für sich selbst, sondern auch andere Menschen lernen. Wenn ich im Glauben wachse, soll ich auch andere anleiten. Das steht mehrfach in den Briefen an Timotheus und Titus, wo die Älteren die Jüngeren anleiten sollen. Dabei gibt es verschiedene Gruppen.
Wie macht man das? Vor allem: Kann man das mit jedem machen? Will jeder lernen? Ich habe mal eine Zahl gehört: Nach der Schule lernen nur etwa 10 Prozent der Bevölkerung wirklich gern weiter. Ich weiß nicht, wie deine Einschätzung dazu ist, aber das erscheint mir realistisch, wenn ich mir Weiterbildungsangebote anschaue.
Wie geht man mit Menschen um, die nicht so leicht Zugang zum Lernen finden? Wir reden hier vor allem über Gemeinde. Du hast am Anfang von christlichem Lernen gesprochen. Ich glaube, als Gemeinde können wir Lernangebote schaffen. Zum Beispiel haben wir eine Gemeindebibelschule, die momentan pausiert, aber wir müssen sie wieder reaktivieren. Auch Predigten sind letztlich Lernangebote, um Gottes Wort besser zu verstehen. Ebenso Jüngerschaften, in denen man gemeinsam von Jesus lernt.
Natürlich kann ich niemanden zwingen, dass er lernt. Für mich ist deshalb eher die Frage interessant: Warum sagt jemand in Bezug auf Lernen, „Ich habe fertig, ich will nicht mehr“? Vielleicht hat er schlechte Erfahrungen gemacht. Vielleicht versteht er manche Inhalte nicht. Dann muss ich versuchen, es einfacher zu erklären oder zunächst zeigen, wie sehr ich selbst davon profitiere, wenn ich dazulerne.
Ich glaube, gerade Christen denken oft, sie wüssten schon alles. Sie meinen, sie kennen die Evangelien, wissen, was Paulus sagt, und man könne ihnen nichts Neues beibringen. Hier ist es manchmal gut, Menschen herauszufordern und gute Fragen zu stellen. So merken sie vielleicht, dass sie doch nicht alles wissen. Dadurch können sie neues Interesse entwickeln und sagen: Vielleicht gibt es doch noch Dinge, die ich lernen sollte.
Ich finde, man muss immer wieder deutlich machen: Als Christen haben wir nie ausgelernt. Es gibt immer etwas zu entdecken. Diese Freude am Entdecken kann ich fördern, indem ich zum Beispiel auch deutlich mache, dass es einen Unterschied macht, ob man sich irgendwelche Serien anschaut, von denen man nichts hat, oder ob man etwas über Jesus oder ein anderes Fachgebiet lernt. Das bewirkt etwas im Leben und hilft im Alltag.
Man sollte wirklich darüber nachdenken: Verbringe ich meine Zeit verträumt oder verschwende ich sie? Oder nutze ich sie sinnvoll, sodass sie mir etwas bringt? Ich finde es schwierig, wenn manche die Mentalität haben: „Sterben müssen wir sowieso alle, dann hat alles Lernen nichts genützt.“ Ich sage: Es hat sehr wohl etwas genützt. Als Jünger habe ich den Auftrag, Jesus treu zu bleiben und mehr von dem zu lernen, was er uns in seinen Worten anvertraut hat.
Dieses Lernen hat mich weitergebracht – mit Kopf, Herz und Hand. Dadurch wurde Gott in meinem Leben groß gemacht. Deshalb macht Lernen durchaus Sinn. Und ich möchte andere Menschen mitnehmen, damit sie es auch tun.
Dann beenden wir den Podcast an dieser Stelle. Es gäbe noch viel mehr zum Thema Lernen zu sagen. Heute ging es hauptsächlich um das geistliche Lernen mit Kopf, Herz und Hand.
Mir ist gerade eine Idee für einen weiteren Podcast gekommen, wie das Lernen früher bei den Rabbinern ablief. Das war nämlich sehr spannend. Sie haben das Lernen wirklich in der Einheit von Kopf, Herz und Hand praktiziert – nicht so verschult, wie wir es heute oft kennen. Das empfinde ich als vorbildlich.
Aber das waren, glaube ich, genug Anregungen für heute. Was möchtest du lernen? Welches Thema interessiert dich besonders? Und welche Lernform passt am besten zu dir? Lernst du lieber durch Bücher, Podcasts oder Audioformate? Oder lernst du gut im Gespräch mit anderen Menschen? Manche arbeiten gerne gemeinsam an einem Thema, andere lieber allein. Jeder ist da unterschiedlich gestrickt.
Jesus hat gesagt: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Das war der Podcast der Evangelischen Freikirche Evangelium für Anne in Stuttgart. Wir hoffen, wir konnten euch durch diesen Podcast ein wenig motivieren, wieder neue Freude am Lernen zu finden. Und darin als Jünger immer mehr zu entdecken, wie der Herr Jesus ist – darum geht es ja in erster Linie.
Wenn ihr Fragen habt oder Themen, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gern unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen.