Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Povileit und Jörg Lackmann.
Unser Podcast möchte dazu anregen, das Christsein praktisch zu leben und zugleich zum theologischen Nachdenken einladen.
Wie haben die neutestamentlichen Autoren die Sprüche gelesen? Um diese Frage wird es heute gehen.
Welche Wahrheiten sind ihnen wichtig? Wie gehen sie mit der Weisheitsliteratur des Alten Testaments um? Und was können wir vor allem durch ihren Umgang mit dem Wort Gottes lernen?
Im Neuen Testament wird das Alte Testament oft zitiert. Das ist natürlich ein Thema für sich. Aber heute wollen wir unser Augenmerk vor allem darauf richten, wie die neutestamentlichen Autoren das Buch der Sprüche zitieren. Was können wir daraus für uns und unseren Umgang mit den Sprüchen lernen?
Jörg, was meinst du? Was können wir daraus lernen?
Ich finde das ganz spannend. Zum einen nehmen die Autoren die Sprüche wörtlich, also genau so, wie sie dort stehen. Zum Zweiten lese ich heraus, dass sie die Sprüche nicht oberflächlich betrachten. Sie denken wirklich darüber nach und wenden sie auf den Alltag an.
Ich setze voraus, dass unsere Hörer im Wesentlichen die Sprüche kennen. Wenn wir über die Sprüche reden, werden wir natürlich auch Beispiele anführen, auch zu dem, was du gerade gesagt hast.
Welche Beispiele fallen dir dazu ein? Ja, ich habe ein paar mitgebracht. Der Podcast ist praktisch eine Ergänzung zu unserem Podcast 95 Alltagsgedanken.
Der erste Podcast behandelte Sprüche allgemein. Dieser hier widmet sich nun der Praxis. Wir greifen ein paar Sprüche heraus und schauen, was Petrus damit gemacht hat und was Jakobus damit gemacht hat.
Sprüche 26,11 zum Beispiel ist ein Sprichwort: „Wie ein Hund, der zu seinem Gespei zurückkehrt, so ist ein Narr, der seine Dummheit wiederholt.“
Also, Hunde gehen zu ihrem Erbrochenen zurück. Das macht kein Mensch. Und so ist ein Narr, der seine Dummheit wiederholt – der also denselben Fehler immer wieder macht. Das ist Dummheit: Wenn man einen Fehler macht und ihn dann immer wieder gleich falsch macht. Das ist eigentlich nicht normal für einen denkenden Menschen, aber für einen Hund.
Deswegen dieses Sprichwort oder dieser Vergleich: Der Hund geht zum Erbrochenen zurück, weil er ein nicht vernünftiges Tier ist. Da mag es Gründe geben, die ich jetzt nicht kenne, da ich kein Hundehalter bin. Aber ein vernünftiger Mensch, so will das Sprichwort sagen, kehrt nicht zu seinem Erbrochenen zurück. Genauso lernt man aus seinen Fehlern. Das ist so der Grundgedanke dieses Spruchs.
Jetzt wird es im Neuen Testament angewandt, zum Beispiel von Petrus in 2. Petrus 2. Ich lese das ganz vor. Der Spruch kommt oft erst am Ende, so habe ich festgestellt, bei den Beispielen, die wir jetzt durchgehen.
Denn wenn sie, und da geht es um Irrlehre, durch die Erkenntnis des Herrn und Retters Jesus Christus den Befleckungen der Welt entflohen sind, aber wieder darin verstrickt und überwunden werden, so ist der letzte Zustand für sie schlimmer als der erste.
Denn es wäre für sie besser, dass sie den Weg der Gerechtigkeit nie erkannt hätten, als dass sie, nachdem sie ihn erkannt haben, wieder umkehren – hinweg von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot.
Doch es ist ihnen ergangen nach dem wahren Sprichwort: Der Hund kehrt wieder um zu dem, was er erbrochen hat, und die gewaschene Sau zum Wälzen im Schlamm. Das ist das Zitat aus den Sprüchen.
Die Gedanken davor kommen zuerst. Petrus hat natürlich eine Situation erlebt und hat gedacht: Das ist wie in diesem Sprichwort. Hier wendet er es auf Irrlehre an und sagt: Warum, bitteschön, haben Menschen, die die Gerechtigkeit doch wenigstens auf eine gewisse Art und Weise erkannt haben, warum gehen die wieder in diese Befleckungen der Welt zurück?
Er fragt: Warum beflecken sie sich wieder? Das ist doch unlogisch ohne Ende. Und das ist im Alten Testament so: Nur ein Narr macht so etwas. Letztendlich heißt es: Es ist wie ein Hund – es zeigt eigentlich, da fehlt die Vernunft, da fehlt vielleicht auch der Heilige Geist.
So erklärt er sich die Dinge, die er in den Gemeinden sieht, wo Irrlehrer wirklich wieder in die Sünde gehen und all das wohl vergessen haben an Heiligkeit, Gerechtigkeit, Reinheit. Sie haben von Gott erkannt – oder auch nicht. Das habe ich jetzt nicht vertieft, inwiefern das Christen sind oder keine Christen.
Er sieht die Situation genau und erinnert sich an das, was er in den Sprüchen gelesen hat, und wendet es dann wörtlich an. Ja, das ist eine Anwendung.
Und das war es auch schon, mehr ist das nicht an dieser Stelle. Das ist ein Spruch, und der wird angewandt auf diese Situation, wo er sagt: Genau so etwas habe ich gelesen.
Und wieso? Hier ist noch ergänzt worden: Eine gewaschene Sau geht zum Wälzen in den Schlamm. Das ist, glaube ich, die Begründung der Warum-Frage. Warum machen die Irrlehrer das?
Weil sie nur eine gewaschene Sau sind. Säue gehen in den Schlamm rein. Sie sind zwar gewaschen, mögen vielleicht ein Hausschwein sein – ob es das damals schon so gab, weiß ich nicht genau. Aber es ist nur eine gewaschene Sau.
Letztendlich würde das dann sagen, sie sind nicht wirklich gläubig. Der Charakter ist im Gegenteil primitiv. Ja genau, so würde ich es besser ausdrücken, als du es gesagt hast.
Auch wenn es dann äußerlich top aussieht, der Charakter ist der gleiche. Und das ist die Warum-Frage, und das beschäftigt einen oft.
Dann liest man so die Sprüche und merkt: Aha, das könnte ein Grund sein. Diese Bilder helfen einfach, das zu verdeutlichen.
Also ich fand sogar, dass mir das mit der Sau näher liegt, das zu verstehen als mit dem Hund, weil ich da nicht so drin bin. Und du hast sofort dieses Bild vor Augen. Dann ist das für dich sofort die Antwort: Ja, natürlich ist es nur eine gewaschene Sau.
Und dabei, auch wenn man jetzt den Kontext betrachtet, in dem Petrus schreibt, ist es ja ein unreines Tier für ihn. Das macht deutlich: Hey, die Irrlehrer sind einfach von ihrem Charakter her unrein. Sie sind nicht rein.
Ja genau. Hast du noch einen Spruch, wo du sagst: Ja, das ist auch immer so?
Sprüche 10,12: Ein sehr schöner, kurzer und prägnanter Spruch lautet: „Hass erregt Zänkereien, aber Liebe deckt alle Vergehen zu.“
Hass erregt Zänkereien – das heißt, wenn du jemanden hasst, eskaliert die Situation. Es entsteht nicht nur ein kleiner Streit, sondern die Erregung steigt an, sie schaukelt sich immer weiter hoch und wird immer schlimmer. Der andere wird zur Unperson, zum Gegner, und man bekämpft sich. Wenn ich ihn sehe, steigt mein Blut hoch.
Ja, genau: Hass erregt Zänkereien, aber Liebe deckt alle Vergehen zu. Die Liebe dagegen schaut gnädig auf den anderen. Sie schaufelt Sand auf das Feuer der Sünde, auf den Streit, der entsteht, und verdirbt die Flamme des Zorns. Dadurch kehrt Frieden ein, weil alles zugedeckt wird.
Dieser Spruch stammt aus dem Alten Testament. Im Neuen Testament wird er, glaube ich, sogar zweimal zitiert. Zum Beispiel im 1. Petrus 4,8 findet sich eine Anspielung darauf, allerdings mit einer kleinen Abwandlung:
„Vor allem aber habt innige Liebe untereinander, denn die Liebe wird eine Menge von Sünden zudecken.“
Hier wird der zweite Teil des Spruchs zitiert: Die Liebe deckt eine Menge Sünden zu. Das ist ein eindeutiger Bezug auf die Sprüche. Den ersten Teil mit den hasserregten Zänkereien nimmt er nicht auf. Stattdessen fragt er, was für eine Liebe das sein muss, die wirklich Sünden zudecken kann.
Er sagt: „Vor allem aber habt innige Liebe untereinander.“ Das bedeutet, er hat darüber nachgedacht, welche Qualitäten eine Liebe haben muss, die tatsächlich Vergehen zudeckt. Diese Liebe kann nicht oberflächlich sein, die man einfach so voneinander fordert, weil es gerade „in“ ist. Es muss eine Liebe sein, die wirklich Hass und Zorn zudecken kann.
Sie muss sich ganz zum anderen hingeben und sich auf den einen Menschen einlassen. Letztendlich beschreibt er eine innige Liebe, eine Beziehungsqualität, die in den Sprüchen so nicht ausdrücklich erwähnt wird. Dort steht es eher allgemein.
Man merkt also, dass hier jemand nachgedacht hat: Welche Probleme haben wir untereinander? Wir haben Streit und andere Konflikte. Er sagt nicht direkt, wir müssen jetzt ein Konfliktgespräch führen oder Ähnliches. Stattdessen fordert er uns auf, eine innige Liebe zu lernen.
Dann werden viele dieser Probleme gar nicht erst entstehen. So würde ich das kurz deuten. Das ist die Herausforderung, die er aus den Sprüchen ableitet.
Wir sehen also wieder, dass er sich den Spruch anschaut, ihn auf eine Situation anwendet und dabei einzelne Aspekte vertieft. Das ist das, was ich daran erkennen kann.
Ja, genau. Und dann hat er natürlich auch diese Sprüche in der jeweiligen Situation angewendet, wenn man so will. Wir haben uns jetzt zwei Sprüche näher angeschaut.
Hast du noch etwas vor Augen, wo du sagen würdest, dass wir auch so etwas haben, wo es angewendet wird? Ja, zum selben Spruch kann ich noch Jakobus anführen, der nämlich über denselben Spruch nachgedacht hat, aber jetzt wieder ein bisschen anders.
Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirrt und ihn einer zur Umkehr führt, so soll er wissen: Wer einen Sünder von seinem Irrweg zur Umkehr führt, der wird eine Seele vom Tod erretten und eine Menge Sünden zudecken.
Da haben wir wieder dieses Zudecken der Sünden. Jakobus 5,19-20 ist das. Also: Liebe deckt eine Menge Sünden zu. Er sagt, wenn du jemanden, der von der Wahrheit abirrt – eine ganz andere Situation, hier geht es nicht um Konflikte, sondern um jemanden, der abgeirrt ist – wenn du dem hilfst, dann wird er zur Umkehr geführt.
Und dann wirst du seine Seele vor dem Tod erretten und Sünden werden bedeckt. Er denkt also über die Folgen nach. Wer in Sünde lebt, der wird den Tod als Folge haben. Wenn du jetzt einzelnen Leuten nachgehst und da Liebe hast, dann errettest du sie praktisch vom Tod. Du deckst nicht nur zu, sondern bewahrst sie auch vor den Folgen.
Weil sie davon überzeugt werden und letztendlich zu Gott zurückkehren, könnte man ergänzend sagen. Genau, und das ist ein Weiterdenken von diesem Vers. Was bedeutet das? Welche Auswirkungen hat es, wenn du Sünden zudeckst? Dann kommen viele Folgen nicht mehr auf den Menschen zu. So kannst du Leute nicht nur zudecken, sondern auch vor den Folgen bewahren und retten.
Das heißt, wir haben uns ja jetzt die knappen Sprüche im Grunde genommen angeschaut. Die nehmen diese knappen Sprüche heraus, wenden sie an und denken weiter. Aber es gibt natürlich auch Sprüche, die nicht nur so knapp sind wie die, die wir jetzt angeschaut haben, sondern in denen schon in den Sprüchen ein Stück weiter gedacht wird und die im Neuen Testament wahrscheinlich angewendet werden, oder? Auch ja.
Sprüche 3,11-12 zum Beispiel ist einer dieser klassischen Verse, in denen der Vater seinem Sohn etwas sagt. Die Sprüche sind vor allem für junge Leute gedacht, wenn man so die Kapitel liest.
Mein Sohn, verwirf nicht die Züchtigung des Herrn und sei nicht unwillig über seine Zurechtweisung. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater den Sohn, an dem er Wohlgefallen hat.
Kommt uns das vielleicht schon bekannt vor? Im Hebräerbrief wird dieser Vers wirklich exakt so zitiert. Was ist aber erst einmal die Grundaussage in Sprüche 3?
Die Grundaussage ist, dass man natürlich nicht gerne erzogen werden will. Das will keiner. Und es heißt: Sei nicht unwillig über die Züchtigung des Herrn, die Erziehung des Herrn. Denn wenn er dich liebt, dann erzieht er dich wie ein Vater den Sohn, an dem er Wohlgefallen hat. Es ist also ein Zeichen des Wohlgefallens.
Das ist jetzt noch nicht besonders ausgelegt, aber im Hebräerbrief wird das sehr ausführlich und auch mit anderen Versen gemacht, und zwar im Kapitel 12. Ich habe es mir nicht aufgeschrieben, aber es ist Kapitel 12. Also fange ich mal an:
Da wir nun eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, so lasst uns jede Last ablegen und die Sünde, die uns so leicht umstrickt. Und lasst uns mit Ausdauer laufen in dem Kampf, der vor uns liegt, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldete und dabei die Schande für nichts achtete und der sich zur Rechten des Thrones gesetzt hat.
Achtet doch auf ihn, der solchen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht müde werdet und den Mut verliert.
Wir sind noch nicht bei dem Vers angekommen, das ist sozusagen die Vorrede. Die Hebräer waren in Gefahr, vom Christsein abzufallen, einfach weil zu viel Widerstand da war. Sie waren von Sünde umstrickt, und dieser Widerstand macht müde und matt. Das sehen wir hier: „damit ihr nicht müde werdet und den Mut verliert“.
Jetzt geht es weiter, und wir kommen langsam zu dem Vers:
Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde und habt das Trostwort vergessen, dass er zu euch als zu Söhnen spricht.
Jetzt kommt das Zitat:
Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.
Das ist die Länge des Zitats. Nun wird das ausgeführt:
Wenn ihr Züchtigung erduldet, so behandelt euch Gott ja als Söhne. Denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wir würden heute eher „erziehen“ sagen. Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, an der alle Anteil bekommen haben, so seid ihr ja unecht und keine Söhne.
Zudem hatten wir ja unsere leiblichen Väter als Erzieher und scheuten uns vor ihnen. Sollten wir uns da nicht vielmehr dem Vater der Geister unterwerfen und leben? Denn jeder hat uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihm richtig erschien, er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden, usw.
Das geht jetzt noch wesentlich länger. Er sagt ganz klar: Ihr seid jetzt müde, weil so viel Widerstand da ist. Ihr habt noch nicht mit diesem Blut widerstanden. Ich glaube, das ist sogar eine Anspielung auf das Märtyrertum, weil ja auch auf Christus am Kreuz bezogen wurde.
Das ist natürlich alles schwer zu ertragen, aber denkt daran: Gott macht das nur, weil ihr Söhne seid. Ihr werdet erzogen zu einem höheren Ziel, nämlich dass ihr seiner Heiligkeit teilhaftig werdet. Später werdet ihr Freude und nicht Traurigkeit haben, und die friedsame Frucht der Gerechtigkeit wird sich zeigen. Das kommt als Nächstes.
Dann geht er noch auf andere Verse ein, wie wir zu dem Berg kommen, wo Jesus damals auf dem Sinai erschienen ist, die Kantier berühren. Das ganze Kapitel geht so weiter, wobei er immer wieder das Alte Testament zitiert und auf die heutige Zeit anwendet.
Das sind sehr praktische Zitate, die er da bringt. Wie kann ich das in meinem Leben umsetzen? Wenn wir jetzt bei den Sprüchen sind, heißt das dann, die Sprüche sind nicht so sehr theologisch, dass man tiefere Erkenntnisse über Gott bekommt, sondern eher lebenspraktisch angewendet?
Das würde ich auch so sehen. Im Neuen Testament wäre das Pendant der Jakobusbrief, den viele als praktisch wie die Sprüche vom Denken her ansehen.
Generell ist das Wesen der Weisheitsliteratur – wie wir es in Podcast 95 besprochen haben – das gelingende Leben im Alltag, nicht so sehr die theologischen Sachen. Es gibt auch Verse, die eher theologisch sind, aber ich glaube, es geht mehr um diesen Alltagsgedanken.
Und das ist ja auch das, was wir bei den Anwendungen hier sehen. Wobei Widerstand und nicht müde werden im Glauben schon ziemlich theologisch, fast schon, ist.
Ja, aber es hat natürlich eine praktische Komponente.
Genau, also die praktische Komponente ist eindeutig stärker.
Du hast jetzt gesagt, Jakobus ist eigentlich das Pendant im Neuen Testament, also dort, wo es stark um die Sprüche geht beziehungsweise dass er daraus gespeist wird oder sich die Grundlage holt. Hast du da noch ein Beispiel?
Ja, und zwar das längste von allen, auf jeden Fall in der Auslegung. Das finde ich total spannend, auch für jeden, der mal eine Andacht machen muss, einen Impuls oder eine Predigt. Wenn jemand aus einem Vers eine ganze Predigt macht, dann ist es Jakobus 4, Verse 1 bis 17.
Der Vers aus den Sprüchen steht in Kapitel 3, Vers 34, also Sprüche 3,34. Er lautet nach der Septuaginta übersetzt: „Wenn er auch spottet über die Spötter, so gibt er doch den Demütigen Gnade.“
Gott ist also gegen die Spötter oder, wie manche sagen, gegen die Hochmütigen. Den Demütigen gibt Gott Gnade. An den Hochmütigen widersteht er. Genau, Gott widersteht den Hochmütigen, so ist es. So wird es nämlich übersetzt, glaube ich, bei den Masoreten. Aber die Septuaginta, also die griechische Übersetzung des Alten Testaments, wird natürlich in der Fremdsprache immer ein bisschen anders ausgedrückt, und Jakobus zitiert hier nach der griechischen Übersetzung.
Du hast also einmal die hochmütigen Menschen, denen Gott widersteht, und die Demütigen, die Gnade bekommen. Jetzt ist natürlich die spannende Frage: Ist das immer so und wie ist das?
Anhand von Jakobus 4 merkst du, dass er das wirklich komplett durchdacht hat. Der Vers kommt wieder in der Mitte vor. Ich fasse das nur ganz kurz zusammen: Er hat überlegt, was die Anwendung ist, dass Gott den Hochmütigen widersteht und den Demütigen Gnade gibt.
Dann hat er überlegt, eine Anwendung sind Streitigkeiten in der Gemeinde. Und dann hat er überlegt: Warum gibt es so Streitigkeiten? Das macht er in den ersten Versen:
„Woher kommen die Kämpfe und die Streitigkeiten unter euch?“ – ist die Frage, die er uns stellt. Genau, was ist die Ursache? Da kommt er vom demütigen Herrschen und vom Hochmut.
Kommt das nicht von den Lüsten, die in euren Gliedern streiten? Ihr seid begehrlich und habt es nicht, ihr mordet und neidet und könnt es doch nicht erlangen. Ihr streitet und kämpft, doch ihr habt es nicht, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und bekommt es nicht, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Lüsten zu vergeuden.
Also er sagt: Wir haben Streit in der Gemeinde, weil wir etwas wollen, weil wir etwas sein wollen, weil wir etwas erlangen wollen. Wir wollen etwas bekommen – das sind alles Worte, die hier vorkommen. Und dafür sind wir auch bereit zu morden, zu neiden, zu streiten und zu kämpfen, aber nicht Gott zu bitten.
Und da hören wir schon: Ein Demütiger bittet Gott, und eigentlich kämpft ein Hochmütiger. Ein Hochmütiger sagt: „Ich bin hier, ich habe das Recht, ich kriege das so.“ Da scheint schon die Lösung ein bisschen durch.
Jetzt kommt ein Absatz, den ich noch ganz schnell mache. Da legt Jakobus dar, dass wir letztendlich, wenn wir so handeln, Freunde der Welt sind und Feinde Gottes. Dass wir es genauso machen wie die Welt im Grunde genommen.
Das ist das Spannende, weil Gott den Hochmütigen widersteht und dem Demütigen Gnade gibt. Dann sagt er praktisch hier – er formuliert das nur um – wenn wir so handeln, dann bist du wie jemand, der die Welt liebt, und dem widersteht Gott, statt dass du Freund Gottes bist, das wäre der Demütige.
Also es sind jetzt andere Begriffe, die er benutzt, ein anderes Bild. Er sagt: „Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen“ – sehr schön, er hat schon gegendert. Entschuldigung, keine Einschriften deswegen.
Also, ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes – der Hochmütige.
Oder meint ihr, die Schrift rede umsonst? Ein eifersüchtiges Verlangen hat der Geist, der in uns wohnt. Umso reicher aber ist die Gnade, die er gibt. Darum spricht er: Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.
Jetzt aber zum Zitat: Er hat praktisch dieses Schriftzitat, über das er nachgedacht hat, und die Anwendung waren Konflikte in der Gemeinde. Dann hat er es noch umformuliert, indem er gesagt hat: Ihr seid wie Ehebrecher, wenn ihr das macht, und ihr seid Freunde der Welt, statt hochmütig und demütig.
Das ist schon recht gut vom Predigtaufbau oder vom Aufbau einer Andacht: Er fängt mit der Anwendung an, dann die Herleitung, das Nachdenken, bringt ein anderes Beispiel, um das zu verdeutlichen, und jetzt kommt die Praxis.
Und da sagt er: Deswegen, weil den Demütigen Gnade gegeben wird, was sollen wir tun? Er sagt: „Unterwerft euch Gott.“ Das ist die Definition eines Demütigen: Ein Demütiger unterwirft sich Gott und bittet ihn eben.
„Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid. Fühlt euer Elend trauernd und heult, euer Lachen verwandelt sich in Trauer und eure Freude in Niedergeschlagenheit. Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.“
Und genau das will der Hochmütige: Der Hochmütige will erhöht sein. Deswegen kämpft er, will bekommen und ist ein Freund der Welt.
Er sagt: Wenn du dich vor dem Herrn demütigst, so wirst du es auch bekommen. Unterwirf dich Gott, widerstehe dem Teufel – man könnte noch viel sagen.
Jetzt bringt er zwei Beispiele danach nochmal, einfach zwei Bereiche:
Das erste ist Hochmut in Form von Verleumdung: „Verleumdet einander nicht, ihr Brüder.“ Das macht ein Hochmütiger. Wer seinen Bruder verleumdet und richtet, der verleumdet das Gesetz und richtet das Gesetz.
Wenn du aber das Gesetz richtest, so bist du nicht ein Täter, sondern ein Richter des Gesetzes. Einer aber ist der Gesetzgeber, der die Macht hat, zu retten und zu verderben. Wer bist du, dass du den anderen richtest?
Stell dir eben den Spiegel vor: Du bist hochmütig, wenn du den anderen richtest, und Gott wird dir widerstehen dafür. Das ist ein Beispiel.
Beispiel Nummer zwei: Hochmut in Richtung Übermut.
„Wohlan nun, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die und die Stadt reisen und dort ein Jahr zubringen, Handel treiben und Gewinn machen. Und doch wisst ihr nicht, was morgen sein wird. Denn was ist euer Leben? Es ist doch nur ein Dunst, der eine kleine Zeit sichtbar ist, danach aber verschwindet er.
Stattdessen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will und wir leben, wollen wir dies oder das tun. Jetzt aber rühmt ihr euch in eurem Übermut. Jedes derartige Rühmen ist böse.“
Wieder der Hochmütige, dem Gott widersteht. Er sagt: Ihr wisst doch gar nicht, was morgen passiert. Der Demütige würde sagen: „Wenn der Herr will und wir leben.“
Jetzt packt er alles zusammen. Wir haben oben die Entwicklung dieser Predigt praktisch aus diesem Gedanken: Woher kommen all die Streitigkeiten? Weil wir Freunde der Welt sind.
Dann der Mittelvers, von dem er ausging: Demütigt euch, unterwerft euch Gott. Und an die beiden Beispiele: Richtet einander nicht, das ist Hochmut, und sagt auch nicht: Wir werden die Zukunft alles aus den Angeln reißen, das ist Hochmut. Du bist von Gott abhängig.
Jetzt der letzte Vers: „Wer nun Gutes zu tun weiß und es nicht tut, für den ist es Sünde.“
Also tue Gutes und nicht das andere.
Er hat aus diesem einen kleinen Vers die ganze Predigt gemacht. Das war gut, gerade für diejenigen, die selber überlegen, wie sie predigen können.
Er hat das Zitat angewendet und auch eine sehr praktische Komponente hineingebracht, was für das Predigen sehr wichtig ist. Also nicht nur theologisch zu erzählen, sondern zu sagen, was mache ich damit in meinem Alltag.
Es war ja schon wieder der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Die Zeit ist schnell vergangen bei den Sprüchen hier.
Wir hoffen, ihr habt einen Impuls für euch mitnehmen können. Vielleicht achtet ihr mehr darauf, wie die Sprüche aus dem Alten Testament im Neuen Testament zitiert werden und wie sie dann auch praktisch angewendet werden.
Dann könnt ihr sie in eurem Alltag natürlich auch umsetzen.
Und wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, dann schreibt uns doch unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und ein gutes Nachdenken über die Wahrheiten der Sprüche für euer Leben.