Einführung und biblischer Kontext
Wir haben in den restlichen Tagen hier einige Begebenheiten aus dem Alten Testament. Wie ihr seht, habe ich die Stiftshütte schon abgebaut.
Heute Abend dachte ich an Rahab aus Jericho. Ich habe das Thema überschrieben mit: „Wie können wir unsere Vergangenheit hinter uns lassen?“ oder „Wie Gott eine verachtete Sünderin adelt?“
Wir wollen gemeinsam im Buch Josua weiterlesen. Ich lese aus Kapitel 2.
Die Kundschafter und Rahabs Versteck
Und Josua, der Sohn Nuns, sandte von Schittim heimlich zwei Männer als Kundschafter aus. Er sagte: „Geht, seht euch das Land an, besonders Jericho.“
So gingen sie hin und kamen in das Haus einer Hure. Ihr Name war Rahab. Dort legten sie sich schlafen.
Das wurde jedoch dem König von Jericho berichtet: „Siehe, in dieser Nacht sind Männer von den Söhnen Israels hierher gekommen, um das Land zu erkunden.“
Daraufhin schickte der König von Jericho zu Rahab und ließ ihr sagen: „Gib die Männer heraus, die zu dir gekommen sind und in dein Haus eingekehrt sind. Denn sie sind gekommen, um das ganze Land zu erkunden.“
Die Frau aber nahm die beiden Männer und versteckte sie. Sie sagte: „Ja, die Männer sind zu mir gekommen, aber ich habe nicht erkannt, woher sie waren. Als nun das Tor bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen werden sollte, da gingen die Männer wieder hinaus. Ich habe nicht erkannt, wohin die Männer gegangen sind. Ich achte ihnen eilends nach, dann werdet ihr sie einholen.“
Sie hatte sie aber auf das Dach hinaufgeführt und unter den Flachsstängeln versteckt, die sie auf dem Dach aufgeschichtet hatte.
Die Männer jagten ihnen nach auf dem Weg zum Jordan bis zu den Fuchten. Man schloss das Tor, sobald die, die ihnen nachjagten, draußen waren.
Rahabs Glaubensbekenntnis und Bund mit den Kundschaftern
Bevor sie sich schlafen legten, stieg Rahab zu ihnen hinauf auf das Dach und sagte zu den Männern: „Ich habe erkannt, dass der Herr euch das Land gegeben hat und dass der Schrecken vor euch auf uns gefallen ist, sodass alle Bewohner des Landes vor euch mutlos geworden sind.
Denn wir haben gehört, dass der Herr das Wasser des Schilfmeeres vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten zogt, und was ihr den beiden Königen der Amoriter getan habt, die jenseits des Jordan waren, dem Sihon und dem Og, an denen ihr den Bann vollstreckt habt.
Als wir das hörten, zerschmolz unser Herz, und niemand hatte noch Mut euch gegenüber. Denn der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde.
So schwört mir nun beim Herrn, weil ich Gnade an euch erwiesen habe, dass auch ihr an meines Vaters Haus Gnade erweisen werdet. Gebt mir ein zuverlässiges Zeichen, dass ihr meinen Vater und meine Mutter und meine Brüder und meine Schwestern samt allem, was zu ihnen gehört, am Leben lassen und unsere Seelen vom Tod retten werdet.“
Da sagten die Männer zu ihr: „Unsere Seele soll an eurer Stadt sterben, wenn ihr diese unsere Sache nicht verratet. Und es soll geschehen: Wenn der Herr uns das Land gibt, dann werden wir Gnade und Treue an euch erweisen.“
Darauf ließ sie sie an einem Seil durch das Fenster hinunter, denn ihr Haus befand sich an der Stadtmauer, und sie wohnte an der Stadtmauer.
Sie sagte zu ihnen: „Geht ins Gebirge, damit die Verfolger nicht auf euch stoßen, und verbergt euch doch drei Tage, bis die Verfolger zurückgekehrt sind. Dann könnt ihr euren Weg gehen.“
Der Bund und das Zeichen der roten Schnur
Da sagten die Männer zu ihr: „Von diesem deinem Eid, den du uns hast schwören lassen, werden wir unter folgenden Bedingungen frei sein. Siehe, wenn wir in das Land kommen, musst du diese rote Schnur in das Fenster binden, durch das du uns heruntergelassen hast. Außerdem musst du deinen Vater, deine Mutter, deine Brüder und das ganze Haus deines Vaters zu dir ins Haus versammeln.
Es soll geschehen: Wer auch immer aus der Tür deines Hauses nach draußen gehen wird, dessen Blut sei auf seinem Haupt, und wir werden von diesem Eid frei sein. Jeder aber, der bei dir im Haus sein wird, dessen Blut sei auf unserem Haupt, wenn Hand an ihn gelegt wird. Auch wenn du uns verrätst, so werden wir von dem Eid, den du uns hast schwören lassen, frei sein.“
Da sagte sie: „Wie ihr sagt, so sei es.“ Sie entließ sie, und sie gingen weg. Sie aber band die rote Schnur ins Fenster.
Die Ehrlichkeit der Bibel und Rahabs Charakter
Es ist schon eigenartig, dass eine solche Geschichte in der Bibel steht und dass die Bibel auch die Herkunft und den Beruf von Rahab nicht verschweigt. Normalerweise wird, wenn jemand später in ein Volk aufgenommen wird – und vor allem, wenn er dann in das Geschlechtsregister des Herrn Jesus kommt – man meinen, dass solche Dinge verschwiegen werden.
Bei Menschen ist es oft so, dass Geschlechtsregister geschönt werden und man versucht, Vergangenheiten zu beschönigen. Die Bibel hingegen ist ganz realistisch. Wir könnten uns einmal Gedanken machen: Was imponiert euch an dieser Frau, und was stößt euch ab? Zum Beispiel, dass sie gelogen hat? Hm, was noch?
Der große Glaube imponiert. Ich denke, was abstößt, ist ihr Beruf – auf jeden Fall. Es ist schon eigenartig, dass im Neuen Testament deutlich gesagt wird, dass solche Leute eigentlich nicht ins Himmelreich kommen. Trotzdem imponiert, was für einen Glauben sie hat.
Man könnte sagen, sie hat sich schon vorher, bevor die Kundschafter kamen, Gedanken gemacht. Sie hat einiges gehört über das Volk Israel und zieht daraus für sich Schlüsse.
Rahabs spätere Familie und ihre Bewältigung der Vergangenheit
Vielleicht ein Bibelquiz dazu: Wie hieß der Ehemann von ihr? Sie hat später einen Israeliten geheiratet, der in der Bibel genannt wird. Wo könnte das stehen? Im Geschlechtsregister, Matthäus 1. Wer wird dort als erstes in Matthäus 1,5 genannt? Salmon. Aha, Salmon.
Der spätere Ehemann war also Salmon. Du hast richtig gelesen: Die beiden bekommen einen Sohn, Boas, der durch das Buch Ruth sehr bekannt ist. Wir merken, da hängt einiges zusammen.
Die nächste Frage wäre: Woran kann man erkennen, dass Rahab ihre Vergangenheit bewältigt hat? Sie war gehorsam, richtig? Denkt einmal an Boas. Von ihm wird im Buch Ruth beschrieben, wie er sich zu Naomi und auch zu Ruth verhält. Denkt an die Begebenheit, bei der Ruth nachts unter seine Decke kriecht. Jeder andere Mann hätte wahrscheinlich dumme Gedanken bekommen, aber Boas nicht.
Jetzt überlege ich mal: Er war der Sohn einer Hure. Das zeigt mir, dass Boas eine gute Kinderstube gehabt hat. Offensichtlich haben Rahab und Salmon ihn mit den Wertvorstellungen der Bibel erzogen und nicht mit den Wertvorstellungen, die Rahab vorher als Kanaaniterin gehabt hatte.
Das zeigt mir, dass sie mit ihrer Vergangenheit wirklich abgeschlossen hat.
Historischer und geografischer Hintergrund
Aber gehen wir mal von vorne an. Es ist wirklich eine interessante Frau.
Der Hintergrund: Wir lesen im Buch Josua, dass die Kinder Israel von hier, vom Süden her kommend, auf der Ostseite des Toten Meeres, des Salzmeeres, dieses Gebiet erobert haben. Wir haben davon gelesen. Rahab hatte das gehört. Die Könige Ok und Sihon, die hier regiert hatten, wurden durch die Kinder Israel getötet, und die Ländereien wurden eingenommen. Zweieinhalb Stämme bekamen dieses Gebiet.
Als nun Josua diesen beiden Kundschaftern den Auftrag gab, nach Jericho zu gehen und das Land zu erkunden, lagerte Israel östlich vom Jordan. Er schickte also die beiden Kundschafter über den Jordan nach Jericho.
Ich weiß nicht, wer schon mal dort in Israel gewesen ist. Vor etlichen Jahren war ich da, und wir besuchten auch Jericho. Ich stellte mich dort hin und schaute nach Osten. Das ist das heutige Jordanien, damals war das Moab. Ich stellte mir vor, dass drüben am Berg das Volk Israel lagerte, während die Leute aus Jericho tagtäglich darüber schauten und den Feind sahen.
Sie waren froh, dass der Jordan gerade Hochwasser hatte. Das heißt, zurzeit waren sie noch geschützt vor denen. Sie konnten also den Feind sehen, aber sie waren noch geschützt. Aber wie lange noch?
Rahab sagt: Wir haben von euch gehört. Wir haben die letzten 40 Jahre von euch, die ihr in der Wüste gewesen seid, mitbekommen. Die Nachrichten gingen anscheinend schon damals ganz gut hin und her. Und sie sagt: Wir haben Angst bekommen. Wir wissen, ihr werdet hier in das Land kommen, und ihr werdet uns erobern.
Rahabs Herberge und die Spionage
Die beiden Kundschafter gehen also nach Jericho und kehren bei Rahab ein. Es steht nicht ausdrücklich, dass sie sie als Hure besucht haben. Ich denke vielmehr, dass Rahab gleichzeitig eine Art Herberge betrieb, in der sie Reisende aufnahm. Vermutlich kamen daher schon öfter Menschen von außerhalb, die auf der Durchreise waren und bei ihr übernachteten.
Offensichtlich erkannte sie sofort, wer die beiden waren. Dann kam die Nachricht vom König von Jericho. Wir wissen, dass in solchen Gebieten Spione und Agenten ständig unterwegs sind. Es war daher gut sichtbar geworden, dass diese beiden israelitischen Männer gekommen waren. Wahrscheinlich sahen sie anders aus als die Einheimischen.
Rahab hatte sich bereits Gedanken gemacht. Sie versteckte die beiden Kundschafter oben auf dem Flachdach, unter den Flachsstängeln, die sie dort aufgeschichtet hatte.
Die Problematik der Lüge und Rahabs Beweggründe
Natürlich können wir sagen, und es stößt uns ab, dass sie gelogen hat. Das ist ohne Zweifel so. Und irgendwo steht in der Bibel, dass die Bibel das gutheißt.
Es ist schon immer schwierig in solchen Situationen. Wie kann man auch dann bei der Wahrheit bleiben? Ich bin überzeugt, dass Gott einem dabei hilft. Das Letzte, was man tun kann, ist schweigen. Aber auch dadurch macht man sich verdächtig.
Nun kann man natürlich sagen: Raab war keine Israelitin und kannte die Zehn Gebote nicht. Wahrscheinlich hat sie so gedacht wie viele heute. Viele Menschen, auch in Europa, denken, eine Notlüge sei erlaubt.
Neulich, bei uns im Stadterkaffee, kamen wir auf die Zehn Gebote zu sprechen. Wir haben sie zusammengesammelt, und dann kam das Gebot: „Du sollst nicht lügen.“ Eine von den Frauen sagte daraufhin: „Aber Notlügen darf man doch.“
Ich antwortete: „In meiner Bibel steht das nicht, und in deiner steht es auch nicht. Lüge ist Lüge.“
„Ja“, meinte sie, „aber wie kommt man denn dann durch? Eigentlich ist doch jede Höflichkeit auch eine Notlüge, oder? Wenn ich dem anderen guten Tag wünsche, aber ihm eigentlich einen schlechten Tag wünsche. Oder wenn man gefragt wird: ‚Wie geht es dir?‘ und man sagt ‚Gut‘, obwohl es nicht so ist. Wie viele Lügen tun wir da?“
Ich habe neulich eine Überschrift zu einem Zeitungsartikel gelesen. Ein Journalist hat den Versuch gestartet, ein Jahr lang ohne Lügen auszukommen. Er sagte, als Journalist geht das gar nicht. Und er hat sich keine Freunde gemacht in diesem Jahr. Er hat allen, die ihn irgendetwas gefragt haben, die Wahrheit gesagt. Damit hat er es sich bei vielen verscherzt.
In seinem Buch schreibt er: „Ich war froh, als das Jahr rum war und ich wieder lügen konnte.“ Ich glaube, wir Menschen haben ein sehr gespaltenes Verhältnis zur Wahrheit.
Ich will Rahab nicht in Schutz nehmen, aber Gott schweigt darüber. Ich nehme an, dass Gott berücksichtigt, dass sie das Gesetz nicht kannte. Ich bin überzeugt, dass sie hinterher, als sie dann Israelitin geworden ist, übergetreten ist und geheiratet hat. Auch das hat ihr Leben verändert.
Rahabs Aufnahme in das Volk Israel
Wenn jemand zum israelitischen Volk übertrat, war das nach dem Gesetz ein sehr aufwendiger Prozess, der lange dauerte.
Wer wirklich in das Volk aufgenommen werden wollte, musste zunächst alle Haare am Körper entfernen. Für eine Frau war das sicherlich noch schwieriger als für einen Mann. Es gab zahlreiche Prozeduren, Opfer und weitere Anforderungen.
Sie hat diesen Weg später tatsächlich durchlaufen und wurde in das Volk Israel aufgenommen. Nach jüdischem Brauch war es dann notwendig, dass eine solche Person das Gesetz lernte. Dabei hat sie es sicherlich gründlich gelernt.
Die Geschichte ist dramatisch, und wie du richtig gesagt hast, beeindruckt ihr Glaube sehr.
Rahabs Glaube trotz begrenztem Wissen
Dabei muss man sagen: Rahab hatte keine Bibel, nicht einmal das erste Buch Mose. Sie besaß nicht die zehn Gebote und kannte nicht die Reden Gottes, die er während der Wüstenwanderung mit dem Volk Israel gehalten hatte. Dennoch sagt der Hebräerbrief, dass sie Glauben hatte.
Sie kannte Gott noch nicht sehr gut. In dem, was sie den Kundschaftern sagt, wird deutlich, dass sie das Leben der Israeliten offensichtlich verfolgt hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, das in Vers 11 festgehalten ist: „Der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde.“
Sie weiß, auf diesen Gott kann sie sich verlassen. Diese beiden Männer sind für sie der Garant dafür, dass sie Gnade bei diesem Gott erhält. Das ist schon erstaunlich, denn mehr weiß sie im Grunde nicht. Doch nach Hebräer 11 rechnet Gott ihr diesen Glauben zu.
Wie es in Hebräer 11, Vers 3 heißt: „Wer glaubt, muss glauben, dass Gott ist und denen, die ihn suchen, ein Belohner ist.“ Dieses Erlebnis erfährt Rahab. Sie sagt: „Ich weiß, dass Jahwe euch das Land geben wird. Wir haben Angst, alle sind wie gelähmt. Wir haben gehört, was Gott getan hat.“
Ja, euer Gott, Jahwe, ist Gott im Himmel oben und auf der Erde unten. Und das ist der einzige Strohhalm, den sie hat.
Rahabs Fürbitte für ihre Familie
Es ist erstaunlich, dass sie nicht nur für sich selbst bittet, sondern auch für ihre ganze Familie.
Es wäre verständlich gewesen, wenn sie nur für sich gebetet hätte, mit dem Gedanken: Hauptsache, ich bleibe am Leben. Doch sie betet für ihre Familie und bittet für sie alle.
Sie verhandelt praktisch mit den beiden Kundschaftern darüber, wie das geschehen kann. Dabei wünscht sie sich ein Zeichen: die rote Schnur.
Technische Überlegungen zum Fluchtweg
Bei all diesen Darstellungen, die so gemacht werden, würde Maucher wahrscheinlich sagen, dass das nicht funktioniert. Die Frau kann doch nicht zwei Männer halten, oder? Das funktioniert doch gar nicht.
Das starke Fenster war es, oder? Ja, es war ein Fenster. Aber man muss wahrscheinlich anders überlegen, wie sie das gemacht haben. Wahrscheinlich haben sie oben ein Seil darum gebunden und sich dann an dem Seil selbst heruntergelassen. Anders ist das technisch nicht möglich, oder? Hast du eine andere Idee?
Ich glaube nicht, dass eine Frau einen Korb mit zwei Männern halten kann. Das ist sicherlich nicht möglich. Das ist mir bei allen Bildern aufgefallen, die man zu dieser Sache findet. Diese Darstellungen wurden immer von Malern gemacht, aber nicht von Technikern.
Das ist auch so eine Frage, die man, wenn wir im Himmel sind, mal nachfragen kann: Rahab, wie ist das damals gewesen?
Die Eroberung des Landes und Gottes Eingreifen
Sie sagt: „Wir haben den Durchzug durch den Jordan erlebt, zuerst durch das Rote Meer und dann durch die Wüste. Danach folgen ja die Ereignisse in den Kapiteln drei bis sechs. Die Kundschafter waren zuerst ins Gebirge gegangen. Als diejenigen, die ihnen nachgelaufen waren, zurückkamen, sagen sie: ‚Geht zurück!‘
Stellt euch die Karte noch einmal vor: Der Durchzug über den Jordan zum Volk. Die Kundschafter berichten Joshua, dass die Kanaaniter völlig verzweifelt sind. Sie sprechen auch von dem Versprechen, das sie gegeben haben.
Dann geschehen noch etliche Wunder. Der Durchzug durch den Jordan ist fast ebenso spektakulär wie damals der Durchzug durch das Rote Meer. Es ist etwas anders: Das Wasser staut sich weiter oberhalb, und das übrige Wasser fließt ab, sodass das Volk durch den Jordan ziehen kann.
Als ich damals in Jericho war und darüber blickte, stellte ich fest, dass der Jordan bei Jericho in einer Talsenke liegt. Man kann also von Jericho aus den Jordan nicht sehen. Jetzt stellt euch vor, das Volk liegt auf der anderen Seite.
Die Leute in Jericho merken, dass sich das Volk in Bewegung setzt und in die Jordansenke hineingeht. Sie sagen sich, der Jordan hat Hochwasser, also werden sie nicht darüberkommen. Und plötzlich sind sie auf dieser Seite.
Das muss für sie ein Schock gewesen sein. Gott hatte das Wasser gestaut, und sie konnten hindurchziehen. Aber das konnten die Leute in Jericho nicht sehen. Plötzlich stehen sie vor den Toren Jerichos. Jericho verschließt die Tore und verschanzt sich hinter den Mauern.
Vorbereitung auf die Eroberung und Gottes Neutralität
Als die Kinder Israel durch den Jordan gezogen sind, haben die Leute in Jericho wahrscheinlich erwartet, dass sie sofort zum Angriff übergehen würden. Doch zunächst bauten sie ein Denkmal im Jordan und außerhalb des Flusses stellten sie zwölf Steine auf. Den Ort nannten sie Gilgal.
Anschließend wurden alle Israeliten beschnitten. Das hatten sie während der Wüstenwanderung offenbar nicht mehr getan. Die Beschneidung bedeutete, dass die Männer im Mannesalter mindestens drei Tage kampfunfähig waren. Es ist bemerkenswert, dass Gott so etwas anordnet, obwohl sie kurz davorstehen, eine Eroberung zu beginnen.
Gott wollte ihnen damit deutlich machen, dass es jetzt nicht auf ihre eigene Kraft ankommt.
Dann begegnet der Heeroberste Gottes Joshua. Ein Engel Gottes spricht Joshua an. Offenbar denkt Joshua, es handle sich um einen Hauptmann eines anderen Heeres, und fragt: „Bist du für uns oder für die Gegner?“ Die Antwort lautet: „Weder noch. Ich bin der Heeroberste Gottes.“ Daraufhin fällt Joshua auf sein Angesicht.
Gott sagt also nicht einfach: „Joshua, ich stehe auf deiner Seite, alles klar.“ Stattdessen macht Gott deutlich, dass er neutral bleibt. Es geht nicht darum, auf welcher Seite Gott steht, sondern auf welcher Seite Joshua steht.
Dann gibt Gott Joshua die Anweisungen, wie Jericho erobert werden soll. Diese Vorgehensweise ist ungewöhnlich und hat es so bisher nie gegeben.
Die Belagerung Jerichos und Gottes Wunder
Da zieht ein Volk rund um die Stadt, vorneweg die Priester mit Posaunen. Dann wird die Bundeslade getragen. Ich dachte schon: So sicherlich nicht, denn dann wären alle umgefallen. Die Bundeslade durfte nur transportiert und getragen werden, wenn eine Decke darüber war.
Sie war also für niemanden sichtbar, auch in solchen Fällen. Die ganzen Bilder, die man so findet, zum Beispiel über die Eroberung Jerichos, sind falsch. Dort wird die Bundeslade immer offen gezeigt. Siebenmal soll das Volk Israel um die Stadt ziehen, also siebenmal im Schweigemarsch.
Stellt euch vor, das Volk in der Stadt zittert vor Angst: Was wird jetzt passieren? Am siebten Tag sollen sie siebenmal drumherum gehen und dann beim siebten Mal die Fanfaren blasen. In dem Moment stürzt alles ein. Es wird deutlich, dass das nicht die Israeliten gemacht haben, sondern Gott.
Das, was Rahab erkannt hat – euer Gott hat euch den Sieg gegeben, und euer Gott wird unser Land euch geben. Interessant ist, dass dieses eine Haus in der Stadtmauer stehenbleibt. Das kann kein Mensch machen, oder? Entweder bricht alles zusammen, aber Gott vollzieht die Zerstörung ganz millimetergenau.
Josua schickt die beiden Kundschafter zu Rahab, und sie wird mit ihrer Familie herausgeführt. Rahab wird gerettet. Wir lesen an mehreren Stellen davon, auch im Geschlechtsregister des Herrn Jesus. Sie wird geadelt, denn durch sie wird später der König geboren.
Rahab gebiert später Boas, und Boas ist der Urgroßvater von David. Sie wird also ins Volk Israel aufgenommen. Sie heiratet den Israeliten Salmon, und die beiden wohnen in Bethlehem, denn Jericho bestand ja nicht mehr. Sie wird die Mutter Boas, und Boas wird der Mann der Moabiterin Ruth und der Ururgroßvater Davids.
Dieser Glaube, den Rahab bekommen hat, bekommt in der Bibel bis heute ein biblisches Denkmal. Einige habe ich schon erzählt: In unserem Seniorenfrühstück, in unserem Stadtteilcafé, hatten wir das Geschlechtsregister in Matthäus 1 miteinander gelesen. Dann fragte eine Frau: „Sag mal, wie kommen diese vier Frauen in das Geschlechtsregister des Herrn Jesus? In ein Geschlechtsregister eines Königs kommt doch keine Frau, die werden auf jeden Fall nicht genannt.“
Ich habe dann gesagt: „Soll ich euch mal sagen, was das für Leute waren?“ Und habe dann auch von Rahab erzählt. Da sagte eine der Frauen: „Wie ist das möglich, dass solche Typen da reinkommen?“ Ich habe ihr gesagt: „Sie, Rahab, hat offensichtlich Buße getan, und nur dadurch kommt sie in das Geschlechtsregister des Herrn Jesus, in die Beziehung zu Jesus. Und das ist bis heute so: Wer Buße tut, kommt in die Beziehung zu Jesus. Anders nicht.“
Wir können, so hatte ich das eben schon erwähnt, aus der weiteren Geschichte entnehmen, dass Rahab ihre Vergangenheit bewältigt hat. Wenn wir uns das Leben ihres Sohnes Boas ansehen: Boas hatte offensichtlich eine gute Kinderstube. Boas kannte das Wort Gottes und seine Gebote.
Er wurde der Erlöser für Ruth. Er erbarmt sich einer Heidin, so wie seine Mutter eine Heidin gewesen ist. Boas wird zum Vorbild auf dem Herrn Jesus. Ich finde es wunderschön, dass so eine Geschichte in der Bibel steht: Gott adelte Menschen wirklich. Die Gnade Gottes wird an diesem Leben sichtbar.
Gott begnadigt Sünder, die ihm glauben. Gott begnadigt Nichtjuden – und das sind wir ja auch. So wie damals Rahab begnadigt wurde und in das Volk Gottes, das irdische Volk Gottes, aufgenommen wurde, so wird jeder, der zum Glauben kommt, auch von uns, die wir aus den Nationen kommen, in das Volk Gottes, das himmlische Volk Gottes, aufgenommen.
Gott begnadigt Menschen ohne Gesetz. Rahab hatte nach dem Gesetz keine Voraussetzungen, begnadigt zu werden, und wir auch nicht. Gott begnadigt nicht nur, er vergibt auch. Und er vergibt nicht nur, er rechtfertigt auch. Und Gott rechtfertigt nicht nur, sondern macht uns auch zu Kindern Gottes.
Von daher können wir noch viel mehr Gnade Gottes erleben als damals Rahab. Dafür bin ich dankbar. Gott schenkt auch uns, die wir nicht zum Volk Israel gehören, die Möglichkeit, in die Beziehung zu ihm zu kommen. Nicht nur in das Volk Gottes aufgenommen zu werden, sondern Kinder Gottes zu werden.
Wir dürfen nicht nur im irdischen Israel, im irdischen Reich, leben, sondern im himmlischen Reich. Und das nicht nur bis zu unserem Tod, wie Rahab, sondern in alle Ewigkeit. Amen.
Die bleibende Bedeutung von Rahabs Glauben
Dieser Glaube, den Rahab empfing, hat bis heute in der Bibel ein bleibendes Denkmal.
Einige habe ich bereits davon erzählt. Bei unserem Seniorenfrühstück, in unserem Stadtteilcafé, hatten wir gemeinsam das Geschlechtsregister im Matthäus 1 gelesen. Danach fragte eine Frau: „Sag mal, wie kommen diese vier Frauen in das Geschlechtsregister des Herrn Jesus? In ein Geschlechtsregister eines Königs kommen doch normalerweise keine Frauen. Die werden doch auf keinen Fall genannt.“
Daraufhin sagte ich: „Soll ich euch mal erzählen, was das für Leute waren?“ Und ich berichtete auch von Rahab. Eine der Frauen fragte daraufhin: „Wie ist es möglich, dass solche Personen dort auftauchen?“
Ich antwortete ihr: „Rahab hat offensichtlich Buße getan. Nur dadurch gelangt sie in das Geschlechtsregister des Herrn Jesus, in die Beziehung zu Jesus. Und das gilt bis heute: Wer Buße tut, kommt in die Beziehung zu Jesus. Anders nicht.“
Rahabs bewältigte Vergangenheit und Boas als Vorbild
Nun, wie ich bereits erwähnt habe, können wir aus der weiteren Geschichte entnehmen, dass Rahab ihre Vergangenheit bewältigt hat.
Wenn wir uns das Leben ihres Sohnes Boas ansehen, fällt auf, dass Boas offensichtlich eine gute Kinderstube hatte. Er kannte das Wort Gottes und seine Gebote. Boas wurde der Erlöser für Ruth. Er erbarmte sich einer Heidin, so wie seine Mutter eine Heidin gewesen war. Boas wird zum Vorbild für Jesus.
Ich finde es wunderschön, dass so eine Geschichte in der Bibel steht. Sie zeigt, dass Gott Menschen wirklich adelt. Die Gnade Gottes wird an diesem Leben sichtbar. Gott begnadigt Sünder, die ihm glauben. Er begnadigt auch Nichtjuden – und das sind wir ja auch.
So wie damals Rahab begnadigt wurde und in das Volk Gottes, das irdische Volk Gottes, aufgenommen wurde, so wird jeder, der zum Glauben kommt, auch von uns, die wir aus den Nationen kommen, in das Volk Gottes, in das himmlische Volk Gottes, aufgenommen. Gott begnadigt Menschen ohne Gesetz. Rahab hatte nach dem Gesetz keine Voraussetzungen, begnadigt zu werden – und wir auch nicht.
Gott begnadigt nicht nur, er vergibt auch. Und er vergibt nicht nur, er rechtfertigt auch. Gott rechtfertigt nicht nur, sondern macht uns auch zu Kindern Gottes. Deshalb können wir noch viel mehr von der Gnade Gottes erleben als damals Rahab. Dafür bin ich dankbar.
Gott schenkt auch uns, die wir nicht zum Volk Israel gehören, die Möglichkeit, in die Beziehung zu ihm zu kommen. Nicht nur werden wir in das Volk Gottes aufgenommen, sondern wir werden Kinder Gottes. Wir dürfen nicht nur im irdischen Israel, im irdischen Reich leben, sondern wir dürfen im himmlischen Reich leben – und das nicht nur bis zu unserem Tod, so wie Rahab, sondern in alle Ewigkeit.
Amen.
