Die Kraft des Wortes Gottes in schweren Zeiten
Da sprechen unsere Gefühle immer mit. Dahinter stehen viele schwere Lasten, die wir tragen. Auch im Rückblick auf dieses Jahr lässt sich vieles oft nicht in Worte fassen.
Wenn wir dann plötzlich wieder das Wort Gottes in die Hand nehmen und lesen, herrscht auf einmal ein ganz anderer Ton. Es ist ein Ton der Freude, der Gewissheit und der Geborgenheit.
Heute Abend haben wir als Predigttext für diese zweite altkirchliche Reihe Römer 8,31-39 gewählt. Paulus beginnt so schön: „Was wollen wir nun sagen?“ Er fragt, was man noch gegen das sagen kann, was er uns in Erinnerung ruft. Das ist gut für uns.
Wer kann dann wider uns sein? Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle dahingegeben. Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist der, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus ist gestorben, ja vielmehr, er ist auferweckt und sitzt zur Rechten Gottes und vertritt uns.
Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal, Angst, Verfolgung, Hunger, Blöße, Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: „Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.“
Aber in all dem überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn Paulus sagt: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“
Die Vergänglichkeit der Zeit und der Blick auf das Leben
Sie haben heute sicher auch in der Zeitung gelesen, dass es in der UNO Pläne gibt, uns einen neuen Kalender vorzuschlagen. Das ist verständlich für Menschen mit einem Ordnungssinn. Beamte denken oft, es wäre gut, die Zeit besser zu koordinieren. Das hätte sicher auch Vorteile für unser Geschäftsleben und für die Banken.
Wenn man einen neuen Kalender hätte, dann wäre heute der letzte Abend des Jahres. Und erst dann merken wir richtig, dass der heutige Abend eigentlich gar nichts Besonderes ist. Im vergangenen Jahr mag es manche denkwürdige Tage gegeben haben. Doch der heutige Abend ist nur ein Tag, der uns an unsere Zeiteinteilung erinnert. Diese wurde damals vom Papst Gregor festgelegt und hat sich seitdem als praktikabel erwiesen.
Für Juden, Muslime, Hindus und Buddhisten gibt es andere Kalender und Zeiteinteilungen. Darum ist das Besondere an diesem Abend für mich die schnell verfliegende Zeit. In all den 365 zurückliegenden Tagen ist uns das nicht so bewusst geworden wie in dieser Nacht. Wie schnell unser Leben dahinfliegt – als flögen wir davon.
Natürlich hängt es vom Temperament ab, wie man an diesem Abend gestimmt ist: mehr melancholisch, mehr schwermütig, vielleicht traurig oder besinnlich. Ich finde das schon schwer zu ertragen. Die Tage kommen nicht mehr zurück, sie sind verflogen, sie vergehen.
Es mag sein, dass man die Schwellen einer Jahreswende lange Zeit gar nicht beachtet. Doch dann werden sie plötzlich zu Abschnitten, die wir immer schwerer überschreiten. Wir sagen uns: „Jetzt ist wieder ein Stück meines Lebens verflossen.“
Die Indianer, die Roth heute, erzählen sich eine Geschichte, eine Sage von einem jungen Mädchen, das in ein Kornfeld geschickt wird. Ihr wird vorher gesagt: Du darfst in diesem Kornfeld die größte Ehre suchen, die du findest, und dann pflücke sie. Wenn du sie gefunden hast, wird sie dir Glück bringen.
Die größte Ehre musst du suchen, aber du darfst bei deinem Suchen immer nur vorwärts und niemals zurückgehen. Das Mädchen läuft los, schaut sich um und sieht große Ähren, dann noch größere Ähren. Es will immer größere Ähren suchen, bis es plötzlich merkt, dass die Ähren immer kleiner werden. Doch sie darf nie zurückgehen. Am Ende hält sie nichts in den Händen.
Diese Geschichte erinnert an unseren Lebenslauf. So empfindet man das manchmal: Was ist denn mein Leben gewesen? Zwar viel Arbeit und Mühe, sagt Mose in seinem Gebet (Psalm 90), aber was war am Ende drin?
Auf alten Sonnenuhren findet man immer wieder weise Sinnsprüche, die es wert sind, bedacht zu werden. Ich habe mir zwei davon notiert:
Auf einer Sonnenuhr steht: „Mich regiert die Sonne, euch der Schatten.“
Auf einer anderen Sonnenuhr steht: „Ich bin ein Schatten. Das bist auch du. Ich rechne mit der Zeit.“
Und du? Nutzen wir die Zeit richtig.
Die Last der Vergangenheit und die Hoffnung in Christus
Ich muss bekennen, dass ich an der Jahreswende nicht nur wehmütig und gefühlvoll zurückblicke, sondern auch nachdenke.
Schlimm ist eigentlich, dass ich so vieles nicht mehr zurechtrücken kann, was das alte Jahr in sich getragen hat. Schon beim Skatspielen ist es so: Man sagt, „Ach, darf ich noch einmal zurück und meine alten Karten holen? Wenn der andere diese Karte gelegt hätte, hätte ich anders gespielt.“ Aber das geht eben nicht, auch beim Spiel nicht.
Ich hätte manches gerne anders entschieden. Vielleicht hätte ich damals dem Rat eines anderen Menschen folgen sollen. Doch jetzt liegt es zurück, und die Entscheidungen sind gefallen.
Wir blicken wehmütig zurück auf unser Leben. Entscheidungen sind getroffen, und wir können sie nicht mehr ändern. Wie viele Worte wurden gesprochen? Worte, die verletzt haben, ungeschickt waren oder aus Irrtum entstanden sind. Jetzt fehlt uns oft der Mut, das offen zuzugeben. Geht es Ihnen auch so? „Es tut mir leid.“ Wenn wir nur noch einmal alles zurechtrücken könnten.
So viel, was wir in der Vergangenheit getan haben, belastet uns. Sitzt hier nicht einer von uns, der sich täglich eine Fülle von Schuld vor Gott geladen hat?
Wenn wir in diesem Jahr zurückblicken, bin ich froh, dass wir es in der Gegenwart Jesu tun können. Christus ist hier. Das verändert die Perspektive grundlegend.
Nicht, dass das Alte einfach verdrängt wird, so wie es viele in dieser Nacht tun, indem sie sagen: „Wir vergessen das, was zurückliegt.“ Man kann es auch so machen, dass man sich nur an das Schöne erinnert. Das ist nicht schlecht.
Aber am allerbesten ist es, wenn man diese Jahreswende nutzt, um Dinge aufzuarbeiten, die uns vom Vergangenen belasten. Dinge, die mit uns gehen, ungeklärt sind, unbereinigte Schuld, die immer noch an uns hängt.
Mir gefällt, wie Paulus es sagt: „Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?“ (Römer 8,31). Dann dürfen wir die Vergangenheit wirklich bewältigen.
Wir können die 365 Tage dankbar vor Gott beschließen.
Die Vergebung und das neue Leben in Christus
Keiner kann uns mehr verklagen. Das ist das Erste. Keiner kann uns mehr verklagen.
Eigentlich könnten uns viele verklagen. Natürlich könnten alle kommen und erzählen, wie wir im vergangenen Jahr waren. Liebe Schwestern und Brüder, das sollte bei uns Christen immer das Kennzeichen sein: dass wir ganz offen über unsere Fehler und Mängel sprechen.
Dass wir für viele Menschen um uns herum ein schlechtes Beispiel waren, auch im Hinblick auf die Güte Gottes. Dass sich viele Menschen an uns gestoßen und sich über uns geärgert haben. Dass wir viel versäumt haben, was wir hätten tun müssen, dass wir eigensinnig und trotzig waren. Dass wir oft auch den Geist Gottes nicht haben wirken lassen.
Viele können uns verklagen. Manchmal werden wir ganz wild, wenn jemand kommt und die Mängel unseres Charakters aufzählt. Die anderen sehen das ja immer so unbestechlich und so klar.
Und jetzt dürfen wir am Jahresende sagen: Wer will uns denn verdammen? Christus ist hier, der uns gerecht macht.
Ich möchte Sie heute Abend einladen, vor Jesus Schuld zu bekennen, zu bereuen, zu hassen und zu lassen. Dann darf ich Ihnen zusprechen, dass jetzt Ihnen alle Ihre Schuld vergeben ist. All das, was in Ihrem Leben war, was Gott betrübt hat und ihn verletzt hat, und wo Sie andere verletzt haben.
Es ist so wunderbar, wenn man die Vergangenheit einfach weglegt. Niemand kann uns mehr verklagen. Die anderen dürfen noch reden, sie dürfen noch reden, und sie haben ja recht. Aber sie können mich nicht mehr verdammen, weil ich weiß: Christus ist da, der mich gerecht macht.
Die persönliche Erfahrung mit der Vergebung
Es gibt Dinge im persönlichen Leben, die einem erst später richtig bewusst werden. Ich erzähle Ihnen heute ganz schlicht aus meinem eigenen Leben, um Ihnen Mut zu machen, die Erfahrungen und Erlebnisse Ihres Lebens weiterzugeben.
Ich war ein Kind von acht Jahren. Ich weiß gar nicht mehr, was der Anlass war. Es war morgens, mein Vater saß noch beim Frühstück. Er pflegte etwas später aufzustehen und ins Amt zu gehen als wir. Plötzlich rief er mich an den Tisch. Ich sehe mich heute noch damals in dieser Wohnung im Stuttgarter Westen.
Dann fragte er mich einfach: „Was wirst du einmal sagen, wenn du vor dem Gericht Gottes stehst?“ Was soll da ein achtjähriger Junge sagen? Mein Vater sah mich an und sagte: „Das musst du dir einprägen: Christi Blut, Ungerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid. Damit will ich vor Gott bestehen, wenn ich zum Himmel eingehe.“
Das ist die Botschaft für die Jahreswende. Unser Leben ist voll von Dingen, die uns immer wieder Unruhe bereiten. Diese Unruhe wacht oft auf, manchmal unbewusst. Jetzt tun Sie sich doch bitte diese geistliche Hygiene an: Machen Sie sich einmal im Angesicht Gottes frei von der alten Schuld. Sagen Sie: Niemand, niemand darf mehr mit dem Finger auf mich zeigen, weil Christus mich angenommen hat. Ich habe seine Gerechtigkeit angezogen. Er hat mich freigesprochen und gerecht gemacht.
Jesus ist für mich gestorben. Er hat sein Leben für mich gegeben, nur weil er meine Schuld wegnehmen wollte. Das war seine Absicht. Und genau das möchte ich Ihnen in diesem letzten Abend des alten Jahres mitgeben: Gehen Sie jetzt frei und los nach Hause.
Das ist nicht an das Abendmahl gekoppelt. Manche sagen, man dürfe jetzt kein Abendmahl feiern. Das könnten wir tun, aber Sie brauchen das nicht. Das darf ich Ihnen im Namen Jesu verkünden: Alle Ihre Schuld ist vergeben. Niemand darf sie mehr vorholen, denn was vor Jesus bekannt und ausgesprochen ist, ist im Blut Jesu vergeben und weggespült.
Niemand kann uns mehr verklagen. Jesus ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Daran haben Sie vielleicht nie gedacht. Wenn Sie nachts schlafen, betet Jesus für Sie beim Vater und sagt: „Ach, hab Erbarmen mit ihm, lass ihn noch dieses Jahr die Güte und Liebe Gottes erfahren.“ Jesus schützt Sie so weit, dass er uns vertritt wie ein Anwalt, der verzweifelt versucht, irgendetwas für seinen Angeklagten zu erreichen. So macht Jesus das mit uns.
Darf ich denn überhaupt zu ihm kommen? Ja, ich darf kommen – gerade mit meiner Schuld, gerade mit meinen Fehlern, gerade mit dem, was im vergangenen Jahr verkorkst und verkehrt war.
Die Überwindung der Angst durch die Gegenwart Christi
Das zweite, was Paulus sagt: Keiner kann uns mehr Angst machen. Keiner kann uns mehr Angst machen, doch.
Wir hätten nie gedacht, dass es zu dieser Jahreswende so viele weltpolitische Veränderungen geben würde. Kaum hätten wir denken können, dass das alles einmal so schnell voranschreitet. Atomwaffenfreie Zonen in Südkorea, Nordkorea und Abrüstung sowie der Zerfall der Sowjetunion – manchmal wird uns Angst, wenn wir an das Kommende denken.
Angst kann einem immer kommen. Viel schlimmer sind jedoch die persönlichen Sorgen als die weltpolitischen. Wenn man an Krankheitsleid, Not, ärztliche Untersuchungen und Gefahren denkt, die da lauern – bei den Kindern und Enkeln, im Beruf und im Geschäft.
Jetzt müssen Sie sich einmal vergegenwärtigen, wer diese Worte sagt: Paulus. Er, dessen Körper von Krankheit schwer gezeichnet war. Ich weiß nicht, wer von Ihnen jetzt von sich sagen kann, dass der Satans Engel ihn mit Fäusten schlägt. Dann wissen Sie, wie es bei Paulus aussah.
Das war kein ungetriebener Mensch. Waren es seelische Nöte? Waren es epileptische Anfälle? Was war das? Man hat gerätselt. Es muss eine furchtbare Krankheitsnot gewesen sein. Ich kann mir vorstellen, dass Paulus in der Angst lebte, wie es im kommenden Jahr weitergehen würde.
Er hatte sich eine riesengroße Aufgabe vorgenommen: Er wollte das ganze Römerreich mit dem herrlichen Evangelium von Jesus erfüllen. Und jetzt hatte Gott ihn durch diese Krankheit lahmgelegt.
Dann kam die Feindschaft hinzu. Wie sehr hat sie ihm zugesetzt! Nicht Feindschaft wegen ungeschickter Worte, sondern Feindschaft um Jesu Willen, um das Kreuz Jesu und die Wundmale Jesu, die er trug. Diese waren bitter für ihn.
Wie lange saß er oft in Haft? Wie wurde er geschlagen und gepeitscht? Wie hat ihn das mitgenommen, wenn er in Philippi im Stock eingespannt war? Auch er hatte ganz einfach Angst, so wie wir auch – Angst vor den Schmerzen, vor den nächsten Qualen.
Und dann sagt er: Niemand, gar niemand kann uns mehr Angst machen. Gar niemand kann uns mehr Angst machen. Was soll denn noch passieren? Christus ist hier.
Kann man sich wirklich so fest darauf verlassen? Jesus ist bei mir, genau deshalb, weil er für solche sündigen, fehlerhaften Menschen gestorben ist wie wir. Und daran hat er sich gebunden – nicht bloß mit einer einfachen Erklärung in einem Satz, sondern er hat sich durch sein Leiden und Sterben verpflichtet, dass er auf Gedeih und Verderb mit solchen Kandidaten zusammenbleiben will. So fest will er mit uns verbunden sein.
Das war für Paulus so wichtig: Christus ist bei mir. Dieses Wissen um die Nähe Jesu hat ihm die Angst genommen. Er sah das im Blick auf die unbeschreibliche Not, die ihm begegnete, und sagt: Das kann mir keine Angst machen.
In all diesen Nöten werde ich Christus ganz neu erleben, in seiner Macht. Er wusste: Ich muss mitten durch die Trübsal, aber ich werde Christus erleben. Christus ist hier.
Sagen Sie das: Vor all den Ängsten des neuen Jahres – Christus ist hier, Christus ist hier.
Die Kraft des Glaubens in Leid und Verlust
Es ist nicht leicht. Ein Onkel von mir war einst auf dem Weg zu einem Evangelisationseinsatz. Er wurde von einem Betrunkenen in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Sein Fahrer war sofort tot, und er selbst lag lange im Krankenhaus und hatte furchtbare Schmerzen.
Die Situation verschlimmerte sich immer mehr, besonders wegen eines sehr komplizierten Beinbruchs. Schließlich musste das Bein amputiert werden. Das geschah am Jugendtag, und das fiel ihm sehr schwer. Er trieb keinen Sport mehr auf den Zeltlagern mit den jungen Leuten.
Schon zuvor hatte er seine Frau verloren, und dann auch noch den Kontakt zu seinen sechs Kindern. Er sprach einmal ganz offen für sich selbst und sagte: „Das ist ja furchtbar, wenn man dieses Leid hat. Wie werde ich damit fertig?“ Kurz darauf starb er an den Folgen dieser schweren Krankheit.
Doch er erzählte auch, wie ihm ein bestimmtes Wort groß wurde. Er verschonte nicht einmal seinen eigenen Sohn und sagte: „Ich möchte nicht an meinem Bein festhalten. Ich weiß, dass mir Jesus alles schenken will, auch wenn er mir äußerlich etwas wegnimmt.“
Es wird uns nicht leichtfallen, das nachzusprechen. Aber wir dürfen es von denen hören, die es erlebt haben. Von denen, die durch die Tiefen dieser Welt gegangen sind und entdeckt haben, dass es wahr ist: Jesus kann uns alles schenken. Auf eine ganz neue Art, so wie er es uns wieder zuteilt und gibt.
In diesem neuen Jahr werden wir überall wieder Jesus entdecken. Auch in den Tiefen der Traurigkeit kommt er auf uns zu.
Die Bedeutung der Auferstehung für den Glauben
Das ist auch so schön an diesem Schriftabschnitt von Paulus: Er betont einen Gedanken, den wir sonst kaum beachten. Für unseren Glauben ist es sehr wichtig, dass Jesus am Kreuz für uns gestorben ist. Das steht im Mittelpunkt unserer Kirche.
Paulus sagt jedoch noch viel mehr. Noch viel mehr als der Tod Jesu ist, dass er auferweckt wurde, dass er heute lebt und als Herr uns vorangeht. Er ist jetzt beim Vater, und wir dürfen die Kraft seiner Auferstehung erleben.
Auch wenn unser äußerer Mensch zerbricht und unser Körper zerfällt, auch wenn wir uns die Tränen aus den Augen wischen, erleben wir doch die Nähe und Gegenwart Jesu. Er ist der Auferweckte. Das ist noch größer als sein Tod, obwohl sein Tod uns schon so viel bedeutet.
Sein Tod gibt uns so viel Kraft für unser Leben – wie viel mehr dann, dass er auferweckt ist, zur Rechten Gottes sitzt und für uns eintritt.
Die unzertrennliche Liebe Gottes in allen Lebenslagen
Nun ein dritter Gedanke: Niemand kann uns mehr losreißen, niemand darf uns mehr verdammen, niemand darf uns mehr Angst machen, niemand darf uns mehr trennen. Paulus spricht von all den schlimmen Dingen, die uns widerfahren können. Wer hat nicht schon Hunger gelitten, Gefahr oder Not erfahren?
Er geht sogar noch viel weiter. Er spricht von den unheimlichen, dunklen Mächten, die in dieser Welt wüten. Mächte, die uns in die tiefste Schwermut treiben können, so dass kein Gedanke der Freude mehr in unserem Kopf auftaucht. Außerdem redet er vom Tod. Manche haben ihn auch in diesem Jahr erlebt.
Der Tod bleibt ein Rätsel, das wir nie wirklich erklären können. Wir können nur sagen, dass er der letzte Feind ist, der überwunden wird. Versuchen Sie nicht, ihn zu erklären. Aber gerade in der Dunkelheit des Sterbens und der Trauer dürfen Sie Jesus ganz neu erleben. Jesus ist bei Ihnen und schenkt Ihnen seinen Trost.
Was soll ich noch sagen? Sie können es entdecken, wenn Sie sein Wort suchen und in die Stille gehen. Plötzlich richtet er Sie auf, und Sie entdecken die Liebe Gottes – auch ohne das Geschehen zu verstehen. Das müssen wir nicht verstehen, und wir werden es wohl auch nie ganz verstehen. Aber wir erleben ganz neu die Liebe Gottes, die uns niemals loslässt.
„Erscheine mir zum Schilde, zum Trost in meinem Tod, und lass mich sehen dein Bild in deiner Kreuzesnot. Da will ich nach dir blicken, da will ich glaubensvoll dich fest an mein Herz drücken.“ Wer so stirbt, der stirbt wohl. Auch im Blick auf das eigene Sterben, vor dem uns heute schon graut. Ich darf wissen: Dort wird mir Jesus ganz groß werden. Das schenkt er mir.
Paulus sagt aber nicht nur, dass der Tod eine Not ist, sondern auch das Leben. Warum? Weil das Leben zur Versuchung werden kann. Es kann mich mit seiner Betriebsamkeit festhalten und in ein falsches Genießen und Luxusstreben hineinziehen. Wie viele sind gerade wegen der Lebensfreude von Christus weggekommen?
Paulus sagt: Das Leben mit all seinen Verlockungen und Versuchungen kann mich doch nicht von der Liebe Jesu trennen. Von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist.
Mit Vertrauen und Freude ins neue Jahr
Jetzt möchte ich, dass Sie in dieses neue Jahr hineingehen, in diese manchmal etwas unheimliche Silvesternacht. Mit dem Spüren der vergehenden Zeit und mit dem Knallen draußen in der großen Freude.
Ich bin eingehüllt in die wunderbare Liebe Jesu. Er ist da, und er lässt mich nicht los. Ich darf jeden Augenblick aus seiner Güte leben. Auch alles, was kommt, darf ich getrost aus seiner Hand nehmen.
Sollen wir jetzt nicht fröhlich sein? Auch bei allem, was uns bedrücken mag – sollen wir nicht fröhlich sein, danken und uns freuen?
Wie es da steht: Ich bin gewiss, nicht ich, hoffe ich einmal gewiss, und ich bin gewiss, lasst kommen, was da kommen mag. Ich bin gewiss nicht selber, ich bin ein ganz wankelmütiger Mensch, einer mit vielen Fehlern und mit allen Mängeln. Aber ich bin so gewiss, dass die Hand Jesu mich nicht loslässt und dass er mich ewig birgt. Amen.