Lebensäußerungen einer neutestamentlichen Gemeinde

Wilfried Plock
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Serie | 3 Teile

Lehrvortrag Gemeinde

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1. Lebensäußerung: Die Lehre des Wortes Gottes

Wir beginnen nicht zufällig mit der Lehre. Gesunde, biblische Unterweisung ist das A und O des Gemeindeaufbaus.

  1. Die Urgemeinde hatte eine hohe Wertschätzung der Lehre (Apostelgeschichte 2, 42)
  2. Die erste heidenchristliche Gemeinde in Antiochien schätzte die biblische Lehre. (Apostelgeschichte 11, 26) „…Sie kamen ein ganzes Jahr zusammen und lehrten eine zahlreiche Menge…“

Ach, wenn ich das jetzt richtig erklären könnte! Manche unter uns ahnen überhaupt nicht, wie wichtig gesunde Lehre ist! Ohne gesunde Lehre gibt es auf Dauer kein gesundes Glaubensleben, und schon gar kein gesundes Gemeindeleben. Barnabas und Paulus lehrten die Gemeinde. Und die Gemeinde ließ sich belehren. Die sagten nicht: „Mmh, schon wieder Lehrabend!“ Die waren willig…

Was ist Lehre? (Folie) Lehre ist nicht Auslegung. Lehre meint mehr. Lehre ist zum einen

  • das Vermitteln konkreter Lehraussagen der Bibel, z.B. über die Schöpfung, über Gott, aber auch über die Gemeinde, die Ehe oder den Stellenwert des Berufs, über den Umgang mit Geld und Besitz, usw. Über all das macht die Bibel Aussagen, und darum muss über all das gelehrt werden.
  • das Aufzeigen der großen Zusammenhänge in der Bibel, die Heilsgeschichte und die heilsgeschichtliche Einordnung bestimmter Aussagen…
  • und nicht zuletzt auch die Beurteilung und Abwehr falscher Lehren mit der Bibel.

Wir brauchen Lehre. Bitte schätzt biblische Lehre nicht gering. Ein Hauptdefizit in der heutigen Christenheit bis in unsere Gemeinden hinein: gesunde biblische Lehrunterweisung…! Es gibt heute Gemeinden, die sind – im Bild gesprochen – zwei Kilometer breit, aber nur 10 cm tief!

  1. Der Apostel Paulus betonte in seinem weiteren Dienst den herausragenden Stellenwert der Lehre. Paulus war wirklich der Meisterlehrer. Sein Dienst begann mit Lehren in der Gemeinde von Antiochien. Dann lehrte er überall, wo er hinkam, die Gläubigen. Gleichzeitig schrieb er den Römerbrief und alle anderen großen Lehrbriefe an andere Gemeinden oder Einzelpersonen. Und sein Dienst endete mit Lehren. (Apostelgeschichte 28, 29-31)

Wir können uns in keiner Weise mit dem Apostel Paulus vergleichen; aber wir wollen von ihm lernen, welchen hohen Stellenwert in Gottes Augen die christliche Lehre hat. Lehre verwurzelt und befestigt die Gläubigen. (Folien: Befestigung in MA)

2. Lebensäußerung: Evangelisation und Mission

Evangelisation ist die Verkündigung der frohen Botschaft, der Ruf zur Umkehr und zum Glauben. Gottferne und religiöse Menschen sollen gleichermaßen zu Christus gerufen werden. Soll der Schwerpunkt unserer Evangelisationsbemühungen innerhalb oder außerhalb der Gemeindezusammenkünfte liegen? Konkret: Soll der evangelistische Schwerpunkt auf „Evangelistischen Gottesdiensten“ oder „Gästegottesdiensten“ liegen? Oder wollen wir unsere Gottesdienste zur Anbetung Gottes und zur Erbauung der Gläubigen konzipieren? Wenn ich 1. Korinther 11-14 richtig verstehe, dann liegt der Schwerpunkt unserer Zusammenkünfte auf folgenden drei Elementen:(Folie)

  • wir wollen unseren Gott und Vater anbeten (nach oben)
  • wir wollen einander auferbauen durch die verständliche Weitergabe des Wortes Gottes (zur Seite) und
  • wir wollen uns zurüsten lassen, um hinauszugehen und dieser sterbenden Welt das Evangelium zu bringen (nach außen).

Nach meiner Erkenntnis sollten die Zusammenkünfte der Gemeinde keine Evangelisationsveranstaltungen sein. Bitte versteht mich nicht falsch! Wir wollen unbedingt evangelisieren. Aber warum denn in den Zusammenkünften der Gemeinde? (Folie: Evangelistische Arbeit)

I. Persönliche Evangelisation

  • Kontakte gewinnen
  • Freundschaftliche Beziehungen aufbauen
  • zur Bibel hinführen
  • im Idealfall gemeinsam in der Bibel lesen

II. Evangelistische Hauskreise

  • Johannesevangelium, etc.
  • „Training im Christentum, 0 “ (Jean Gibson)

III. Evangelistische Literaturarbeit und Einsätze

  • Evangelistischer Büchertisch in der Innenstadt
  • Kostenlose Verteilzeitschriften (z.B. „Wort für heute“)
  • Traktate, etc.
  • Gemeinde-Büchertisch

IV. Evangelistische Veranstaltungen

  • Fachvorträge, Evangelisation (im Park oder im Kolpinghaus)
  • Offene Abende,
  • Teebus, etc.

V. Sonstige evangelistische Bemühungen

  • Bastelkreis
  • Evangelistische Kinderstunde
  • Frauenfrühstückstreffen, etc.

In unserem Land kann folgende paradoxe Situation beobachten:

  • in den Kirchen sitzen überwiegend Ungläubige, die aber als Christen angesprochen werden und denen quasi Heiligung gepredigt wird…
  • und in den Gemeinden sitzen zu einem ganz großen Teil Gläubige - und die werden ständig evangelisiert… Das ist doch paradox!

Wenn Paulus in 1. Korinther 14, 23-25 von Unkundigen schreibt, die hereinkommen könnten, so verwendet er den Konjunktiv (die Möglichkeitsform). Es steht nicht da, dass wir die Ungläubigen in die Versammlung der Gemeinde einladen sollen oder gar die ganze Versammlung auf solche Besucher ausrichten sollen.

Sicherlich habt Ihr von Bill Hybels und seiner „Willow Creek Community Church“ in Chicago gehört. Vielleicht auch von Rick Warren und seiner „Saddleback Community Church“. Hybels und Warren haben ihre Gottesdienste am Wochenende total auf Außenstehende umgestellt. Ich lehne weder diese Brüder, noch ihre Konzepte pauschal ab. Aber ich bin in großer Sorge, dass wir auf diese Weise aus dem Heiligtum einen Vorhof machen! Das dürfen wir nicht!

(Folie „Fruchtenbaum“)

Besucherzentrierter Gottesdienst

  • will Verlorene gewinnen
  • predigt „nur“ Evangelium Gottes
  • will Nichtgläubige reinholen
  • Ziel: Rettung von Sündern
  • Unterweisung: Wie wird man Christ?
  • Der Pastor und Mitarbeiter tun den Dienst

Nicht-besucherzentrierter Gottesdienst

  • will Gläubige erbauen
  • predigt ganzen Ratschluss Gottes
  • will das Evangelium hinaustragen
  • Ziel: Christusähnlichkeit
  • Unterweisung: Wie lebt ein Christ?
  • alle Heiligen tun den Dienst (Epheser 4,11-13)

Nach Dr. Arnold Fruchtenbaum

Schwerpunkt Evangelisation – über Mission muss ich hier nicht viel sagen. Eine geistlich lebendige Gemeinde wird immer ein Herz für die Mission haben – Gebet, Gaben, Missionstage, eigene Missionare.

3. Lebensäußerung: Jüngerschaftsbeziehungen

Unser Herr Jesus Christus verabschiedet sich von seinen Jüngern mit einem Befehl: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, sie taufend auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und sie lehrend alles zu bewahren, was ich euch geboten habe“ (Matthäus 28, 19)!

Wer ist ein Jünger? Der Begriff Jünger meint zunächst einmal „Schüler eines Lehrers“ (Rabbis). Ein Jünger ist einer, der von einem Reiferen Lektionen erhält. Er ist ein Lehrling. Er ist ein Lernender. Allerdings erstreckte sich zurzeit Jesu das Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht nur auf den Unterricht, sondern es umfasste eine Art von Lebensgemeinschaft. In Markus 3, 14 steht eine sehr wichtige Aussage: „…und er bestellte zwölf, damit sie ihm seien…“ Jünger sind Menschen, die im übertragenen Sinn in der Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus leben.

Eine Gegenüberstellung soll den Unterschied zwischen einem „Gläubigen“ und einem „Jünger“ veranschaulichen, wie er oft in der praktischen Nachfolge deutlich wird. (Folie)

Ein Gläubiger

  • hat Vergebung der Sünden erlebt
  • hat Gewissheit der Errettung erlangt
  • pflegt für sich die Beziehung zu Jesus

Ein Jünger

  • ist getauft (möglichst im ersten Jahr)
  • betet für andere (Fürbitteliste)
  • gebraucht das Wort Gottes auch für andere
  • dient anderen mit seiner Gabe
  • hat begonnen, materielle Opfer zu bringen
  • betreut geistlich mindestens einen anderen Menschen
  • lernt für andere zu leben

(Folie)

Fünf Kennzeichen der Jüngerschaft

  1. Selbständiges Bibelstudium
  2. Selbständiges Gebet „Jüngerschaft beginnt mit einem 10-EURO-Schein: Kauf dir dafür einen guten Wecker und dann gehorche deinem Wecker!“
  3. Teilnahme an der Anbetung
  4. Gemeinschaft „In Südamerika sehen 80 Prozent der so genannten Bekehrten nie eine christliche Gemeinde von innen.“
  5. Selbständiges Zeugnisgeben

Frage: Bist Du ein Jünger?

Wie wird man ein Jünger? Im Prozess der Jüngerschaft braucht der junge Gläubige auch Begleitung und Anleitung.

Ein Beispiel aus dem Alten Testament: 1. Könige 19, 16: Elia soll Elisa zum Propheten an seiner Stelle salben. Mit anderen Worten: er soll einen Ersatzmann ausbilden.

1.Könige 19, 19-21: „Dann machte er sich auf und folgte Elia nach und diente ihm.“

Später im 2. Könige 3, 11 lesen wir: „Elisa ist hier, der Sohn des Schafat, der Wasser über Elias Hände goss.“ Noch einmal einige Zeit später hat Elisa Prophetenschulen gegründet! Versteht Ihr, was hier über Jahre gewachsen ist? Das war eine „Jüngerschaftsbeziehung“ im AT.

Wie sieht eine Jüngerschaftsbeziehung in der Praxis aus?

  1. die Auswahl (Markus 3, 13, Apostelgeschichte 4, 13) zuverlässig sein, Zeit haben, lernwillig, belehrbar sein
  2. in alles mit hinein nehmen
  • Stille Zeit, Familie, Besuche und Dienste,
  • Aufgaben delegieren
  1. ein Vorbild sein Geduld: Jünger dürfen Fehler machen (z.B. Matthäus 16, 16-24)

Ziele des Jüngerschaftsprozesses

  • Gemeinschaft, Leben teilen
  • Charakterveränderung - nicht nur Wissensvermehrung!
  • Zurüstung, Bevollmächtigung zum Dienst
    • der Jünger soll die christliche Lebensweise einüben
    • er soll durchdachte Antworten auf die Grundfragen des Lebens haben

er soll in die Lage versetzt werden, selbst wieder Jünger anzuleiten

Motto: Tue nichts allein, was du auch zu zweit tun könntest!

Kolosser 1, 28 4, 12 Epaphras hatte die Gebetsziele des P. verinnerlicht Lebensziele verinnerlichen - Gemeindeschau verinnerlichen

Also, wenn Du in den letzten Jahren zum Glauben gekommen bist, und Du wurdest noch nicht zur Jüngerschaft zugerüstet, dann schnapp Dir einen der Mitarbeiter beim Bart oder beim Zipfel seines Gewandes und lass ihn nicht eher los, bis eine Jüngerschaftsbeziehung mit einem entsprechen Bruder oder einer Schwester eingefädelt ist, okay?

Dave Hunt sagte im Oktober 2001 in Rehe: „Jede neutestamentliche Gemeinde sollte ein Trainingslager für Jüngerschaft sein. Jedem neuen Jünger muss das gelehrt werden, was der Herr Jesus den ersten 12 Jüngern gelehrt hat (Matthäus 28, 19).“

4. Lebensäußerung: Gemeinschaft

Echte Gemeinschaft ist etwas sehr Schönes. Gemeinschaft bedeutet Anteilgeben und Anteilnehmen am Ergehen des anderen.

Wenn eine Gemeinde klein ist, dann kann man Gemeinschaft haben. Aber wie geht das in einer wachsenden Gemeinde? Jede Gemeinde braucht eine Großstruktur und eine Kleinstruktur. Apostelgeschichte 2, 42 + 46: im Tempel und zu Hause

Bei uns: Großstruktur = Gottesdienste Kleinstruktur: Hausbibelkreise, Gebetszellen, etc. Jeder, der zu uns kommt, ob schon gläubig oder noch nicht, soll eingebunden werden in die herzliche Liebe und Fürsorge der Familie Gottes.

5. Lebensäußerung: Seelsorge

Seelsorge ist das liebevolle Zurechthelfen unter Brüdern und Schwestern. Christen brauchen manchmal Ermutigung. Christen brauchen manchmal Trost. Christen brauchen manchmal Ermahnung und Korrektur. Christen brauchen manchmal Wegweisung in schweren Fragen. Das alles verlangt nach Seelsorge. Und das NT gebietet solche Hilfe, unabhängig davon, ob wir sie „Seelsorge“ nennen oder nicht.

1.Thessalonicher 5, 14: „Wir ermahnen euch aber, Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen alle!“

Galater 6, 1: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt wird, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht…“

Diese Stelle zeigt, dass Seelsorge grundsätzlich die Aufgabe jedes Christen ist. Selbstverständlich sind die Ältesten einer Gemeinde auf diesem Gebiet besonders gefordert. Hirten müssen immer bereit sein, sich um das Wohl der Schafe zu kümmern.

Und noch etwas. Es ist bisher kaum ein Seelsorger vom Himmel gefallen. Gute Schulungen und gutes Material können eine große Hilfe sein.

(GIBB-Schulungen (Roland Antholzer))

6. Lebensäußerung: Diakonie (Werke der Liebe + Barmherzigkeit)

Jeder Christ ist aufgerufen, den bedürftigen Mitmenschen seiner Umgebung in selbstloser Liebe und Barmherzigkeit zu dienen. Diakonie ist zunächst wieder die Aufgabe jedes einzelnen Gläubigen. Aber auch die Gemeinde als Ganzes kann Werke der Liebe und Barmherzigkeit tun: in den Großstädten können Speisungen durchgeführt werden Kleidersammlungen für arme Länder, etc.

Eine Gemeinde, die an die Liebe Gottes glaubt und die Botschaft der Liebe Gottes verkündet, kann nicht anders als Werke der Liebe und Barmherzigkeit zu tun. Johannes schreibt: „Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit“ (1. Johannes 3, 18).

(Folie)

Dr. Jay Kesler: Die Bedeutung der Gemeinde

  1. Die Gemeinde ist die einzige Institution, die sich mit letzt- gültigen Dingen beschäftigt
  2. Die Gemeinde bringt eine Perspektive, die dem Menschen Würde gibt
  3. Die Gemeinde bringt einen moralischen und ethischen Kompass
    mitten in den Relativismus
  4. Die Gemeinde ist der einzige Ort, an dem man wahre Gemeinschaft und Heilung, wahres Mitleid und wahre Liebe finden kann
  5. Die Gemeinde hat (wie keine andere Einrichtung) Motivation für die dauerhaftesten, uneigennützigsten, inhaltsreichsten und mutigsten Dienste auf Erden gegeben.

7. Lebensäußerung: Die Erwartung der Wiederkunft Jesu Christi

In einer lebendigen Gemeinde ist auch die Hoffnung auf das baldige Kommen unseres Herrn lebendig.

1.Thessalonicher 1, 9-10: „… wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten…“

Woran kann man diese Lebensäußerung einer Gemeinde erkennen? Woran soll man erkennen, dass in dieser Gemeinde die Naherwartung Jesu lebendig ist? Nun, ich meine in erster Linie am Lebensstil ihrer Glieder. Die werden vielleicht trotzdem noch Bäume pflanzen, Kinder zeugen, Berufe lernen und Häuser bauen – aber ihr Herz hängt nicht an den Dingen des irdischen Lebens. Das ist der Unterschied! Wollen wir uns da am Ende dieses Abends noch fragen, wie es bei uns persönlich steht?

Schluss: (Folie „Butler“)


Gute Literatur zum Thema Gemeinde:

Chafer, Lewis + Walvoord, Dr. John: Grundlagen biblischer Lehre, CVD 1994

Fleming, Ken: Biblische Prinzipien des Gemeindewachstums, Betanien 2001

MacArthur, Dr. John: Die lebendige Gemeinde, Betanien 2002

MacArthur, Dr. John: Wenn Salz kraftlos wird, CLV 1996

MacDonald, William: Christus und die Gemeinde, CVD 1985

Nee, Watchman: Das normale Gemeindeleben, 1966 (vergriffen)

Ryrie, Dr. Charles: Die Bibel verstehen, CVD 1996

Shallis, Ralph: Lebendige Zellen, CLV 1999