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Heute wollen wir uns mit dem Thema Loben in der Bibel beschäftigen. Mein Name ist Dominik Kramer, ich bin Dozent für praktische Theologie am BSK, am Bibelstudienkolleg, und ich freue mich, euch heute in dieses Thema mitnehmen zu dürfen.
Loben begegnet uns hoffentlich immer wieder im Alltag, sei es passiv oder aktiv. Zum Beispiel, wenn meine Tochter ein schönes Bild gemalt hat und es mir zeigt, dann sage ich zu ihr: „Mensch, das hast du aber echt schön gemacht.“ Oder wenn meine Frau – das passiert natürlich häufig – ein leckeres Mittagessen gekocht hat, dann sage ich: „Mensch, das ist echt lecker, es schmeckt heute richtig gut.“
Auch in meinem täglichen Geschäft, wenn ich die Arbeiten unserer Studierenden korrigiere, gibt es hin und wieder – oder sogar öfter – eine gute Note. Das ist in gewisser Weise auch ein Lob für die erbrachte Leistung.
Natürlich freut man sich auch, wenn man selbst gelobt wird und das, was man tut, wertgeschätzt wird. Aber wie sieht das Ganze mit Gott aus? Irgendwie passt dieses menschliche Loben, wie wir es verstehen, bei Gott nicht ganz. Ich sage ja nicht: „Mensch, das hast du aber gut gemacht.“ Bei Gott ist das doch anders.
Gleichzeitig ist es aber so, dass mich die Taten Gottes zum Staunen bringen. Wenn wir nur daran denken, was wir in zwei Wochen gemeinsam feiern – dass Jesus für uns am Kreuz gestorben ist –, dann stehen wir staunend davor. Vielleicht ist es dann so, als wenn unsere Kinder – in meinem Fall – etwas Größeres gebastelt haben, es uns präsentieren, und wir denken: „Wow, das hast du wirklich für mich gemacht.“
So stehen wir am Ende vielleicht auch unterm Kreuz und sagen: „Wow, das hast du wirklich für mich gemacht.“ Plötzlich begegnet sich das menschliche Loben, wie wir es verstehen, mit dem, was es heißt, Gott zu loben.
Das Lob Gottes ist in der Bibel keine Randerscheinung, sondern ein zentrales Thema. Vom Anfang bis zum Ende der Bibel dreht sich vieles um sein Lob.
Deshalb wollen wir uns in diesem Semester eine gemeinsame Themenreihe zum Thema „Gemeinsam Gott loben“ anschauen. Diese Reihe wird aus drei Teilen bestehen. Wir möchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven mit unterschiedlichen Dozenten vom WSK beleuchten.
Heute beginnen wir mit dem ersten Teil: „Loben in der Bibel“. Dabei wollen wir uns zunächst ganz grundsätzlich anschauen, was die Bibel zum Thema Loben sagt. Es wird hilfreich sein, wenn ihr eine Bibel dabei habt, denn wir werden viele Stellen in der Bibel aufschlagen und darin forschen. Wer hier vor Ort keine Bibel hat, kann gerne eine der hinten bereitliegenden Bibeln nehmen. Wenn ihr zuhause seid und keine Bibel parat habt, könnt ihr gerne eine Pause machen und euch eine holen. Das ist heute sehr hilfreich.
Im ersten Teil geht es also darum, verschiedene Bibelstellen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und zu verstehen, was Loben bedeutet. Die ausgewählten Bibelstellen sollen am Ende ein Gesamtbild ergeben.
Der zweite Teil der Reihe beschäftigt sich dann ganz konkret mit dem Loben als Lebensstil. Dieser Teil findet in einem Monat, am 27. April, mit Martin Heisswolf statt.
Der dritte Teil wird von Albrecht Wandel gestaltet. Dort geht es um das Loben im Leiden. Das sind zwei konkrete Schwerpunkte: Zum einen das Loben als etwas Allgemeines, als Lebensstil, und zum anderen die Frage, wie man auch im Leiden loben kann. Das klingt zunächst widersprüchlich, und wir werden uns damit beschäftigen, wie das zusammenpasst.
Wenn wir heute von Lobpreis sprechen, denken wir in der Regel sofort an Musik. Lobpreis verbinden wir mit Anbetungsliedern, mit Worship. Vielleicht geht es euch genauso: Ihr habt euch den Vortrag angehört oder wollt ihn anhören, weil euch interessiert, was die Bibel zum Thema Lobpreis und Musik sagt.
Wir werden jedoch sehen, dass Lobpreis mehr ist als nur Musik. Wenn wir uns mit dem Thema Loben beschäftigen, hat Musik natürlich seinen Platz. Doch letztlich geht es um etwas viel Größeres. Das Singen ist nur ein kleiner Teil dessen, was Lobpreis am Ende ausmacht.
Dabei möchte ich keinesfalls Lobreiszeiten oder ähnliche Veranstaltungen herabsetzen, bei denen wir gemeinsam Loblieder singen. Im Gegenteil: Diese Zeiten sind wertvoll. Ich möchte nur den Fokus darauf legen, dass Loben unser ganzes Leben umfasst und in allen Bereichen unseres Lebens präsent ist. Es lohnt sich, das Thema so umfassend zu betrachten, wie es auch in der Bibel vorkommt.
In der Bibel werden verschiedene Begriffe verwendet, die wir im Deutschen mit „Loben“ oder „Preisen“ übersetzen. Heute werden wir sehen, wie vielfältig das Thema ist und wie viele verschiedene Facetten es hat. Es ist gar nicht so einfach, Lobpreis klar zu definieren, da viele Aspekte zusammenkommen.
Interessant ist, dass der Begriff „Lobpreis“ und der Begriff „Anbetung“ in der Bibel grundsätzlich zwei unterschiedliche Dinge sind. Häufig verwenden wir diese Begriffe synonym und denken, sie seien das Gleiche. Die Bibel zeigt jedoch, dass es zunächst zwei verschiedene Dinge sind.
Natürlich gibt es viele Überschneidungen, und an vielen Stellen gehen Lobpreis und Anbetung ineinander über. Deshalb beginnen wir damit, uns den Begriff der Anbetung genauer anzuschauen. Wir werden in der Bibel gemeinsam erforschen, was Anbetung überhaupt ist und welche Unterschiede es zum Loben gibt. Am Ende werden wir auch sehen, wo Lobpreis und Anbetung wieder zusammenkommen.
Und deshalb lasst uns damit beginnen, das Wort „Anbetung“ etwas genauer zu betrachten. Ich habe euch die verschiedenen Wörter aufgeschrieben, die in der Bibel für „Anbetung“ verwendet werden. Die Buchstaben sind wahrscheinlich nicht jedem geläufig, deshalb versuche ich, die Begriffe auszusprechen.
Im Hebräischen heißt es „Hevaheh“, im Aramäischen „Nephal“ und im Griechischen „Broskineo“. Alle diese Begriffe bedeuten so viel wie „sich niederwerfen“ oder „sich verneigen“. Genau das wird in unserer Bibel meist mit „anbeten“ übersetzt.
Warum Hebräisch, Griechisch und Aramäisch? Das hat einen einfachen Grund: Das Neue Testament ist auf Griechisch geschrieben, das Alte Testament auf Hebräisch. Es gibt aber auch einzelne Passagen, die auf Aramäisch verfasst sind, zum Beispiel das Buch Daniel, Kapitel 2 bis 7. Deshalb taucht an den Stellen, wo die drei Freunde Daniels sich vor der Statue von Nebukadnezar niederwerfen sollen, das aramäische Wort auf – weil der Text dort eben auf Aramäisch geschrieben ist.
Was sagt uns das zum Thema Anbetung? Wenn wir die verschiedenen Stellen im Neuen Testament anschauen, fällt auf, dass diese Wörter, die eigentlich „sich niederwerfen“ oder „sich verneigen“ bedeuten, dort ausschließlich im Zusammenhang mit Anbetung oder Verehrung stehen. Im Neuen Testament geht es also immer darum, dass wir aufgefordert werden, Gott anzubeten, oder dass wir aufgefordert werden, andere Götter nicht anzubeten.
Es geht also konkret um diese Verehrung – nicht nur um eine respektvolle Begegnung. Solche respektvollen Begegnungen finden sich im Alten Testament öfter, wenn das Wort auch mal für eine respektvolle Geste steht. Im Neuen Testament bedeutet es jedoch immer das vollständige Verehren und Anbeten.
Deshalb möchte ich euch einige Stellen zeigen, in denen genau das passiert. Wir sehen, wie Menschen sich vor jemandem niederwerfen, und diese Menschen oder auch Engel geben dem Einhalt.
In Apostelgeschichte 10, Vers 25, haben wir die Geschichte vom Hauptmann Cornelius. Cornelius war ein römischer Hauptmann, ein gottesfürchtiger Mensch. Eines Tages erschien ihm ein Engel und sagte ihm, er solle Leute zu Petrus schicken, damit dieser zu ihm komme und ihm das Evangelium erzähle.
In Apostelgeschichte 10, Vers 25, heißt es dann: Als Petrus hereinkam, ging Cornelius ihm entgegen, fiel ihm zu Füßen und betete ihn an. Cornelius wirft sich also vor Petrus nieder und will ihn anbeten. Die Reaktion von Petrus ist: „Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Steh auf, auch ich bin ein Mensch.“ Die Geschichte geht weiter, aber hier wird deutlich, dass Cornelius Petrus anbeten will, was Petrus jedoch ablehnt. Das sei nur Gott vorbehalten.
Eine ähnliche Situation, nur mit einem Engel, finden wir in der Offenbarung. Offenbarung 22, Vers 8: Am Ende der Offenbarung heißt es: „Und ich, Johannes, bin es, der dies gehört und gesehen hat. Und als ich’s gehört und gesehen hatte, fiel ich nieder, um anzubeten zu den Füßen des Engels, der mir dies zeigte.“ Doch der Engel spricht zu ihm: „Tu es nicht! Ich bin dein Mitknecht und der Mitknecht deiner Brüder, der Propheten und derer, die die Worte dieses Buches bewahren. Bete Gott an!“
Was bedeutet das für unser Verständnis von Anbetung? Anbetung ist immer etwas Grundsätzliches. Es geht darum, wen ich anbeten – wer letztendlich mein Gott ist und wem ich die Ehre in meinem Leben gebe. Das ist die zentrale Aussage im Neuen Testament.
Wenn wir ins Alte Testament schauen, stellen wir fest, dass es dort an vielen Stellen ähnlich ist. Das hebräische Wort „Hevaheh“ kommt dort an anderen Stellen auch vor, ist aber nicht immer auf Gott bezogen.
Zum Beispiel in 1. Mose 23 verneigt sich Abraham ehrfürchtig vor den Hethitern. Er zollt ihnen seinen Respekt, indem er sich vor ihnen verneigt. Auch in 1. Mose 33 verneigen sich Esau und Jakob voreinander, nachdem sie sich versöhnt haben. Jakob hatte Angst vor Esaus Reaktion und verneigt sich mit seiner Familie vor ihm. Auch hier wird das Wort verwendet, aber es geht nicht um Anbetung, sondern um Respekt.
Das Gleiche finden wir bei Joseph und seinen Brüdern: Ihr kennt vielleicht die Träume, in denen sich Menschen vor Joseph niederbeugen. Auch hier ist es das gleiche Wort, das an anderen Stellen mit Anbetung übersetzt wird. Am Ende begegnen sie Joseph in Ägypten und verneigen sich tatsächlich vor ihm.
Bei Ruth sehen wir, wie sie sich vor Boas niederbeugt, als er ihr freundlich begegnet. In Esther 3 weigert sich Mordechai, sich vor Haman niederzubeugen. Und bei Daniel geht es wieder um Anbetung: Er und seine Freunde weigern sich, sich vor der Statue Nebukadnezars niederzuwerfen.
Wichtig ist hier der Unterschied: Sicherlich waren die Mitarbeiter des Königshofs von Nebukadnezar verpflichtet, sich vor dem König zu verbeugen, wenn er vorbeiging. Es wäre wohl nicht geduldet worden, wenn Daniel und seine Freunde darauf verzichtet hätten.
Das respektvolle, ehrerbietige Verbeugen vor dem König ist das eine. Das Niederfallen, das anbetende Niederwerfen ist etwas anderes.
Deshalb können wir sagen: Wenn wir uns mit dem Wort „Anbetung“ intensiver befassen, dann beschreibt es in erster Linie eine Haltung, eine grundsätzliche Lebenseinstellung. Es geht um die Frage: Wem ordne ich mich unter? Wer ist mein Gott?
Das ist die häufigste Verwendung des Wortes, wenn man die Stellen im Alten und Neuen Testament betrachtet. Gott fordert das Volk Israel auf, ihn anzubeten und keine Götzen.
In diesem Sinne begegnet uns das Thema auch bei Jesus, zum Beispiel in Matthäus 4, Vers 9. Dort wird Jesus aufgefordert, jemand anderen anzubeten und vor ihm niederzufallen. Diese Geschichte kennen viele: Jesus ist in der Wüste und wird vom Teufel versucht.
Matthäus 4, Verse 8 und folgende: „Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg, zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: ‚Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.‘ Da sprach Jesus zu ihm: ‚Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.‘ Da verließ ihn der Teufel, und Engel traten zu ihm und dienten ihm.“
Anbetung ist also zunächst etwas Grundsätzliches. Es geht darum, wer in unserem Leben Gott ist und wem wir die Ehre geben.
Aber das ist nicht alles. Es gibt auch viele Ereignisse, in denen Anbetung als Handlung beschrieben wird. Dabei geht es nicht um eine grundsätzliche Haltung oder Einstellung, sondern darum, dass Menschen spontan oder geplant anbeten.
Und das erste, was wir uns an dieser Stelle anschauen wollen, ist die spontane Anbetung. Das heißt, Anbetung findet in Reaktion auf das Handeln Gottes statt. Gott tut etwas im Leben der Menschen, und die Reaktion des Menschen darauf ist, dass sie vor Gott niederfallen. Es ist etwas, das sie so sehr aus den Socken haut, dass sie gar nicht anders können, als vor Gott niederzufallen und ihn anzubeten.
In Nehemia 8 begegnet uns die Situation, dass das Volk Israel aus dem Exil zurückgekommen ist. Letztendlich wissen sie aber noch nicht genau, wie sie im Willen Gottes leben sollen. Sie waren schon Jahrzehnte, ja Jahrhunderte vor dem Exil weit von Gott entfernt und haben sich nicht mit seinem Gesetz auseinandergesetzt. Jetzt stehen sie da und sind relativ hilflos, wie sie Gott dienen sollen.
Dann kommt Esra mit einigen anderen Schriftgelehrten und liest dem Volk das Gesetz vor. Wir lesen am Anfang von Esra 8, dass sich die ganzen Israeliten wie ein Mann versammelten und zu Esra, dem Schriftgelehrten, sprachen. In Vers 1 heißt es: „Er soll das Buch des Gesetzes des Mose holen, das der Herr Israel geboten hat.“
Ezra, der Priester, brachte das Gesetz vor die Gemeinde – Männer und Frauen und alle, die es verstehen konnten – am ersten Tag des siebten Monats. Er las daraus auf dem Platz vor dem Wassertor vor. Dabei lesen wir weiter, dass er nicht nur zehn oder zwanzig Minuten vorgelesen hat, sondern den halben Tag. Und es waren auch mehrere andere Schriftgelehrte dabei, die das Gesetz auslegten und den Leuten erklärten.
In Vers 5 heißt es: „Und Esra tat das Buch auf vor aller Augen, denn er überragte das ganze Volk. Und als er es auftat, stand das ganze Volk auf. Ezra lobte den Herrn, den großen Gott, und das ganze Volk antwortete mit erhobenen Händen: Amen, Amen!“
Und jetzt kommt es: Sie neigten sich und beteten den Herrn an mit dem Antlitz zur Erde. Die Reaktion darauf, dass sie das Gesetz Gottes hören dürfen, dass sie die Worte Gottes hören dürfen, führt beim Volk dazu, dass sie vor Gott niederfallen und ihn anbeten. Gott hat sie aus dem Exil herausgeführt und ihnen Weisungen fürs Leben gegeben. Diese Weisungen sind nicht nur eine lästige Pflicht, sondern führen letztendlich zum Leben.
Wenn wir den Text weiter lesen, sehen wir, dass das Gesetz sie ins Herz trifft. Sie fangen an zu weinen und zu trauern – nicht darüber, dass es ihnen so schlecht geht, sondern darüber, dass sie so weit entfernt vom Willen Gottes gelebt haben. Daraufhin folgen die bekannten Verse, in denen Esra zu ihnen sagt: „Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.“ Lasst euch davon nicht runterziehen! Der Teil der Buße gehört dazu, aber bleibt nicht stehen. Der nächste Schritt ist die Freude darüber, dass Gott uns vergibt.
Hier sehen wir Anbetung als Reaktion auf das Offenbarungshandeln Gottes durch das Lesen seines Gesetzes.
Eine zweite Begebenheit, die wir betrachten, ist Hiob 1,20. Wir sind also im ersten Kapitel von Hiob. Dort wird zunächst das Leben von Hiob beschrieben: Er war ein reicher und gottesfürchtiger Mann. Dann tritt der Satan vor Gott und fordert ihn heraus, Hiob zu prüfen. Er glaubt, dass Hiobs Glaube aufhören wird, wenn er alles verliert. Solange Hiob so reich ist und es ihm gut geht, sei es leicht, an Gott festzuhalten.
Gott lässt sich darauf ein, und wir lesen im ersten Kapitel, wie Hiob alles verliert – seinen Reichtum, seine Kinder, seine Knechte und so weiter. Als er diese Nachrichten erhält, lesen wir in Hiob 1,20: „Da stand Hiob auf, zerriss sein Kleid, schor sein Haupt, fiel auf die Erde und neigte sich tief.“
Das, was hier mit „neigte sich tief“ übersetzt wird, bedeutet im Grunde nichts anderes als sich niederzuwerfen. Und da sich dieses Niederwerfen immer auf jemanden bezieht – entweder man wirft sich vor Gott nieder oder verbeugt sich vor einer Respektsperson – ist hier klar, dass Hiob vor Gott niederfällt und ihn im Leid anbetet.
Er sagt auch: „Ich bin nackt von meiner Mutterleibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.“
Anbetung bedeutet hier konkret auch Lobpreis, sogar im Leiden, als spontane Reaktion auf das Leid, das Hiob widerfahren ist. Dieses Thema „Loben im Leiden“ wird Albrecht später noch vertiefen.
Wir sehen hier, dass es verschiedene Reaktionen auf das Handeln Gottes gibt. Gott begegnet Menschen auf unterschiedliche Weise. Menschen erkennen Gott und fallen daraufhin in Anbetung.
Ein weiteres interessantes Detail: Im Neuen Testament haben wir das Wort Proskineo, das „anbetend sich niederwerfen“ bedeutet. Es bezieht sich immer auf Gott oder auf Götzen, die man nicht anbeten soll. Dabei fällt auf, dass Menschen auch vor Jesus niederfallen.
Es ist interessant, dass dieses Niederfallen, das wir vielleicht als reine Bitte verstehen, tatsächlich mehr bedeutet. Die Verwendung von Proskineo zeigt, dass es auch ein Bekenntnis ist, wen sie in Jesus sehen – nämlich den allmächtigen Gott. Anbetung ist also eine Handlung, eine spontane Reaktion auf Gottes Handeln.
Es gibt aber auch Stellen, wo Anbetung nicht als etwas Spontanes beschrieben wird. Dort ist Anbetung eher etwas Geplantes, etwas, das Menschen sich vornehmen: „Wir wollen jetzt Gott anbeten.“
Ein Beispiel dafür ist 1. Mose 22, Vers 5. Das ist das Kapitel, in dem es um die Opferung Isaaks geht. Gott sagt zu Abraham, er soll Isaak opfern.
In Vers 2 heißt es: „Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berg, den ich dir sagen werde.“
Wir lesen nicht, was das mit Abraham ausgelöst hat, aber wir erfahren, dass Abraham früh am Morgen aufstand, seinen Esel sattelte, zwei Knechte und seinen Sohn Isaak mitnahm und Holz zum Brandopfer spaltete. Dann machte er sich auf den Weg zu dem Ort, den Gott ihm genannt hatte.
Am dritten Tag hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von Ferne. Er sprach zu seinen Knechten: „Bleibt ihr hier mit dem Esel, ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen.“
Abraham sagt hier also zu seinen Knechten, dass er mit Isaak auf den Berg gehen und anbeten wird. Dann werden sie wieder zurückkommen.
Die Frage ist: Was stellt Abraham sich unter Anbetung vor? Was hat er konkret vor?
Offensichtlich nimmt er keine Gitarre oder ein anderes Musikinstrument mit, um Lieder zu singen. Stattdessen nimmt er Holz mit. Sein Ziel ist es, ein Opfer darzubringen. Isaak und die Knechte wissen noch nicht, um was für ein Opfer es sich handelt, aber Abraham weiß es. Er weiß auch, dass es damit nicht zu Ende sein wird, aber das ist eine andere Geschichte.
Anbetung bedeutet für Abraham also konkret, Gott ein Opfer darzubringen.
Ein weiteres Beispiel finden wir in 1. Samuel 1, Vers 3. Dort lesen wir von Elkanah, dem Vater von Samuel, der später Prophet wird und David salbt. Elkanah und seine Familie hatten die Angewohnheit, regelmäßig nach Silo hinaufzugehen, um anzubeten und dem Herrn Zebaoth zu opfern.
In Vers 3 heißt es: „Dieser Mann ging jährlich hinauf von seiner Stadt, um anzubeten und dem Herrn Zebaoth zu opfern in Silo.“
Bleiben wir an dieser Stelle stehen, denn das reicht für das, was wir uns zum Thema Anbeten anschauen wollen. Was heißt hier „anbeten“? Anbeten bedeutet hier, hinzugehen und Opfer darzubringen. Wenn Elkanah sagt, dass sie nach Jerusalem gehen, um anzubeten, dann ist klar, dass sie dorthin gehen, um im Tempel zu opfern.
Zu guter Letzt noch eine Stelle aus dem Neuen Testament, die uns auch nochmal deutlich macht, was Anbetung bedeutet: Matthäus 2, Vers 2.
Dort heißt es: „Als Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“
Die Weisen aus dem Morgenland kommen also, um Jesus anzubeten. Was tun sie? Sie bringen ihm Geschenke und fallen vor ihm nieder auf die Knie.
Auch hier haben wir wieder ganz konkret das Thema der Anbetung.
Was heißt das jetzt?
Wie bereits gesagt, haben wir gesehen, dass Anbetung zunächst eine grundsätzliche Haltung ist. Auf der anderen Seite ist Anbetung auch eine spontane Reaktion auf das Handeln Gottes. Und zu guter Letzt ist Anbetung etwas Geplantes. Gerade im Alten Testament ist sie ganz konkret mit dem Opferdienst verbunden. Wenn man zum Opfern nach Jerusalem ging, war das gleichbedeutend mit Anbetung.
Opfern bedeutet Hingabe. Es bedeutet, dass ich mein Bestes gebe, etwas Wertvolles, das mir gehört, Gott darbringe. Konkret heißt das: Ich selbst bin nicht das Wichtigste in meinem Leben. Denn wenn ich es wäre, würde ich mein Bestes nicht Gott geben, sondern für mich behalten und vielleicht nur das Schlechtere Gott darbringen.
Das sehen wir auch im Alten Testament bei den Priestern, die schließlich nur kranke Tiere opferten. Darüber beschwert sich Malachi. Das ist keine echte Anbetung, denn wer steht an erster Stelle in meinem Leben? Ich selbst. Echte Anbetung bedeutet, ich bin bereit, mein Bestes zu geben. Ich bringe Gott die besten Opfer, die ich habe.
Echte Anbetung zeigt sich auch darin, dass Menschen sich von der Ferne auf den Weg machen und dem Herrn dieser Welt Geschenke bringen. Und echte Anbetung bleibt nicht nur bei einem einmaligen Opfer stehen, bei dem man ein Tier darbringt. Sie geht weiter.
Das wird in Römer 12,1 gut zusammengefasst, auch wenn dort nicht explizit das Wort „Anbetung“ steht. Es geht hier um das Opfern und den Gottesdienst – das, was im Alten Testament den Gottesdienst ausmachte: die konkrete Anbetung.
Paulus sagt in Römer 12,1: „Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei; das sei euer vernünftiger Gottesdienst.“
Wenn im Alten Testament der Gottesdienst Anbetung ist und es dort darum ging, ein Opfer, ein Tier, das Beste, was man hat, darzubringen, dann führt Paulus das noch weiter. Er sagt, ihr sollt nicht nur das beste Tier oder das Beste, was ihr habt, bringen, sondern eure Leiber, euer ganzes Leben hingeben.
Nicht nur fünfzig Prozent oder nur das Beste, was ihr habt, sondern wirklich alles, was ihr habt – euer ganzes Leben, eure ganze Zeit, all das, was euch geschenkt ist – sollt ihr Gott als ein Opfer darbringen, das ihm heilig, wohlgefällig und lebendig ist.
Das heißt: Anbetung ist etwas Grundsätzliches. Sie sollte sich durchs ganze Leben ziehen.
Jetzt stellt sich die Frage: Wenn Anbetung in erster Linie eine grundsätzliche Haltung beschreibt, die sich in konkreten Formen zeigt, wobei der Schwerpunkt vor allem auf dem Grundsätzlichen liegt, ist es dann falsch, eine Lobpreiszeit als Anbetungszeit zu bezeichnen?
Im Grunde ist das nicht falsch. Anbetung beschreibt, wie gesagt, eigentlich das Ganze – unsere gesamte Haltung. Eine Lobpreiszeit ist nur ein Teil dessen, was Anbetung ausmacht. Anbetung endet aber nicht mit der Lobpreiszeit.
Man kann natürlich argumentieren, dass es beim Gottesdienst ähnlich ist. Wir feiern Gottesdienst für eine begrenzte Zeit, zum Beispiel jeden Sonntag eine Stunde. Doch unser ganzes Leben soll Gottesdienst sein. In diesem Sinne kann man eine Lobpreiszeit durchaus auch als Anbetungszeit bezeichnen, wenn man sagt: Grundsätzlich ist das ganze Leben Anbetung, aber an dieser Stelle haben wir eine spezielle Anbetungszeit.
Ich denke, das kann man auf jeden Fall so ausdrücken. Dennoch glaube ich, dass es vor allem um eine begriffliche Unterscheidung geht. Es ist wichtig, klar zu trennen, was mit dem einen und was mit dem anderen Begriff gemeint ist. So vermeiden wir, dass wir durch unser Verständnis von Anbetungszeit – weil wir es als Lobpreiszeit, als gemeinsames Singen verstehen – den Begriff der Anbetung zu eng fassen. Dann würden wir ihn nur auf das Singen reduzieren und den ganzen Aspekt aus dem Blick verlieren.
Vor allem werden wir sehen, wenn wir uns gleich den Lobpreis noch genauer anschauen, dass die Begriffe, die wir für Lobpreis in der Bibel finden, durchaus auch auf Menschen bezogen werden können. Anbetung hingegen ist etwas, das allein Gott gebührt.
Deshalb wollen wir jetzt im zweiten Schritt, nachdem wir uns den Begriff der Anbetung etwas genauer angesehen haben, auf das Loben eingehen.
Und während Anbetung von der Begrifflichkeit her noch relativ einfach war, weil wir im Griechischen, Hebräischen und Aramäischen jeweils ein Wort dafür hatten, wird es beim Loben schon wesentlich schwieriger.
Deshalb möchte ich jetzt nicht alle Sprachen mit euch durchgehen, sondern den Fokus vor allem auf die verschiedenen griechischen Wörter legen und einfach mal anschauen, was Loben in der Bibel bedeutet.
Es wird vor allem deshalb schwierig, weil wir auch sehen, dass die deutschen Übersetzungen unterschiedlich übersetzen. Wenn man zum Beispiel Luther mit der Elberfelder Bibel vergleicht, sieht man, dass Luther in 348 Versen das Wort „Loben“ oder „Lob Gottes“ verwendet, während es in der Elberfelder Bibel nur 86-mal vorkommt.
Das heißt, die Elberfelder Bibel hat an vielen Stellen, an denen Luther mit „Loben“ übersetzt hat, andere Wörter gefunden, wie „preisen“, „danken“ oder andere. Wir werden gleich sehen, welches ganze Spektrum an Bedeutungen darin steckt.
Es hängt also stark davon ab, mit welcher Übersetzung ich arbeite, wenn ich nur nach dem Wort „Loben“ in der Bibel suche. Je nachdem finde ich so ein viel größeres oder kleineres Spektrum.
Deshalb glaube ich, dass es sinnvoller ist, wenn wir uns die verschiedenen griechischen Begriffe anschauen, ihr Bedeutungsspektrum betrachten und gucken, in welchem Zusammenhang sie verwendet werden.
Ihr lernt heute also nicht nur etwas über Anbetung und Loben, sondern gleichzeitig auch ein bisschen Griechisch.
Der erste Begriff ist Ex homo logeo, also Ex homo logeo. Das bedeutet letztendlich Bekennen, Zustimmen, aber eben auch Loben. Es stammt aus dem profanen Griechischen, also aus dem Sprachlichen, und bedeutet eigentlich eher so etwas wie: „Ich sage das Gleiche“. Homo heißt gleich und logeo heißt sagen. Es bedeutet: Ich sage das Gleiche, ich stimme jemandem zu, ich sage das, was der andere auch sagt.
Im biblischen Sinne wurde es dann im Grunde uminterpretiert. Im Kontext des Alten Testaments, aber auch im Neuen Testament, hat es ganz häufig die Bedeutung des Lobens bekommen, die es eigentlich im Griechischen nicht hat. Wie kommt das? Man sieht es daran, dass die Übersetzer der Septuaginta – das ist die griechische Übersetzung des Alten Testaments – häufig dieses Wort verwenden, wo im hebräischen Begriff steht, der ebenso viel heißt wie loben oder preisen.
Wir werden uns gleich eine Stelle anschauen, das ist 1. Mose 29,35, kommen aber erst zu etwas anderem. Auch im Neuen Testament sehen wir, dass dieses Wort verwendet wird, wenn es ganz konkret ums Loben geht. Die erste Stelle, die wir uns anschauen wollen, ist Matthäus 11, Vers 25.
In Matthäus 11, Vers 25 ist es das Lob Jesu an den Vater. Jesus sagt: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.“ An dieser Stelle steht das Wort ex homologeo, das ursprünglich so viel heißt wie bekennen, zustimmen. Es passt aber an dieser Stelle nicht, dass Jesus sagt: „Ich bekenne, Vater“ oder „Ich stimme dir zu, Vater“. Hier steckt wirklich der Begriff des Preisens und Lobens drin.
Trotzdem hängt auch das Zustimmen, also dem zuzustimmen, was Gott sagt und tut, in Jesu Lob mit drin. Loben ist nicht einfach nur Danken für das, was Gott tut, sondern auch sich zu ihm zu bekennen. Es bedeutet konkret, Gott Recht zu geben. Das sehen wir zum Beispiel im Sündenbekenntnis: Man gibt Gott Recht, stimmt zu, dass er Recht hat und man selbst ein Sünder ist. Gleichzeitig führt das wiederum ins Lob hinein.
Loben im Sinne von ex homologeo bekennen ist auch etwas, das ganz konkret den Fokus auf Gott richtet. Das wollen wir in der nächsten Stelle sehen, nämlich in 1. Mose 29, Vers 35. Dort geht es um Lea.
Die Situation ist folgende: Jakob wollte Rahel heiraten. Er hat sieben Jahre gearbeitet, um Rahel heiraten zu dürfen. Nach der Hochzeitsnacht stellte er fest, dass es nicht Rahel, sondern Lea, die Schwester von Rahel, war. Er musste weitere sieben Jahre arbeiten, um auch Rahel heiraten zu dürfen. Am Ende war er mit beiden verheiratet, doch Jakob mochte Rahel lieber als Lea.
Weil Lea ungeliebt war, beschenkt Gott sie mit Kindern, Rahel aber nicht. Lea hatte schon drei Kinder bekommen, und jetzt kommt das vierte Kind. Es heißt: „Und sie wurde abermals schwanger und gebar einen Sohn und sprach: Nun will ich dem Herrn danken, darum nannte sie ihn Juda. Und sie hörte auf, Kinder zu gebären.“
Dieses „Ich will dem Herrn danken“ heißt so viel wie „Ich will den Herrn loben“. In der Septuaginta wurde das mit dem Wort ex homologeo übersetzt. Das hebräische Wort an dieser Stelle ist „jadar“, und deswegen heißt „Juda“ auch so, weil es von „jadar“ kommt. „Juda“ bedeutet danken, loben. Lea hat sich durchgerungen, Gott zu loben.
Warum ist das interessant? Wenn man die ersten drei Kinder anschaut, merkt man, dass ihr Blick noch nicht allein auf Gott gerichtet ist, der sie mit Kindern beschenkt, oder zumindest nicht ausschließlich auf den Herrn.
In Vers 32 heißt es zum ersten Kind Ruben: „Der Herr hat angesehen mein Elend, nun wird mich mein Mann lieb haben.“ Beim zweiten Sohn, Simeon, sagt sie: „Der Herr hat gehört, dass ich ungeliebt bin und hat mir diesen auch gegeben.“ Beim dritten Sohn, Levi, meint sie: „Nun wird mein Mann mir doch zugetan sein, denn ich habe ihm drei Söhne geboren.“ Deshalb nennt sie ihn Levi.
Erst beim vierten Kind geht es ihr offensichtlich nicht mehr darum, die Liebe von Jakob zu gewinnen, sondern sie richtet ihren Blick allein auf Gott und ihren Dank auf ihn. Das Lob gebührt allein ihm. Die Anerkennung von Jakob ist ihr nicht mehr so wichtig, weil sie weiß, dass sie die Anerkennung Gottes hat. Das bringt sie zum Loben und Preisen. Sie bekennt sich zu Gott, und das ist automatisch das Bekennen und Loben, das hier zusammensteht.
Der zweite griechische Begriff ist Aineo, und der bedeutet von sich aus schon einfach Loben und Preisen. Der Anfahrtsweg ist hier nicht so weit wie beim vorherigen Wort. Aineo ist ursprünglich das Lob für eine gute Tat. Das entspricht dem, was wir in unserer Sprache als Loben kennen: Wenn jemand etwas gut gemacht hat, lobe ich ihn. So wurde es auch im Griechischen verwendet.
Interessant ist, dass die biblische Verwendung eher davon abgeht, das Loben für eine konkrete Tat zu sehen. Vielmehr richtet sich das Lob auf das ganze Wesen, auf die ganze Persönlichkeit. Es bezieht sich auf das Ganze, nicht nur auf das einzelne Handeln Gottes. Es ist das Lob, weil Gott eben Gott ist. Dafür wird er gelobt und gepriesen.
Das lesen wir zum Beispiel in Lukas 19, Vers 37. Dort geht es um den Palmsonntag. Jesus reitet nach Jerusalem ein, und die Leute loben und preisen ihn, als er hineinkommt. Das ist auch ein Wort, das im Alten Testament häufig vorkommt, zum Beispiel in Psalm 150.
Psalm 150 beginnt mit der Aufforderung: „Lobet Gott in seinem Heiligtum, lobet ihn in der Feste seiner Macht, lobet ihn für seine Taten.“ All diese Aufforderungen, „Lobet Gott, lobet ihn“, verwenden meistens genau dieses Wort. In der griechischen Übersetzung ist es Aineo, im Hebräischen das Wort Hillel, woraus das Wort Halleluja stammt.
Halleluja bedeutet also nichts anderes als „Lobt Jahwe“, „Lobt Gott“. Das steht im Psalm 150 am Anfang und am Ende explizit, quasi unübersetzt.
Interessant ist, dass diese Begriffe nicht ausschließlich für Gott verwendet werden. Zum Beispiel wird auch das Lob von Gott an den Menschen mit dem Begriff Aineo bezeichnet. Ein Beispiel ist Römer 2, Vers 29, wo es darum geht, wer vor Gott Lob bekommt und wer nicht.
Paulus schreibt dort: „Der wahre Jude ist nicht der äußerlich, sondern der, der es inwendig verborgen ist, dessen Beschneidung des Herzens im Geist und nicht in Buchstaben geschieht. Dessen Lob kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“ Hier haben wir wieder das Wort Aineo.
Das zeigt eine zweite Facette dessen, was Loben bedeutet. Hier ist es ganz klassisch, wie wir es verstehen, aber auch das Bekennen, das wir vorher hatten, steckt im Loben mit drin.
Der dritte Begriff ist Eulogeo, das so viel heißt wie segnen, preisen und danken. Gerade das Wort segnen fällt uns manchmal schwer. Wie kann man segnen verstehen? Es fällt uns vielleicht nicht schwer, wenn wir sagen: „Gott segnet uns.“ Aber wie gehen wir damit um, wenn zum Beispiel in 1. Mose 24, Vers 27 ein Mann sagt: „Gesegnet sei der Herr“?
Das ist der Knecht Abrahams, der sich auf den Weg macht, für Isaak eine Frau zu finden. Er kommt in die Stadt, wo Rebekka und Laban leben. Laban ist uns schon begegnet. Der Knecht steht an einem Brunnen und sagt: „Herr, die Frau, die kommt und mir Wasser gibt und auch sagt, ich soll Kamele trinken lassen, die ist die Frau, die du für Isaak ausgesucht hast.“
Er wartet, es kommt eine Frau. Er bittet sie um Wasser, sie gibt ihm etwas und bietet auch an, seine Kamele trinken zu lassen. Dann fragt er sie, wo sie herkommt. Es stellt sich heraus, dass sie Verwandte Abrahams ist und Gott es geführt hat, dass genau die richtige Frau gekommen ist: Rebekka.
Die Reaktion des Knechtes ist in Vers 26: „Da neigte sich der Mann und betete den Herrn an und sprach: Gelobet sei der Herr, der Gott meines Herrn Abrahams.“ Hier haben wir gleich drei Begriffe: Er neigt sich, was Anbetung bedeutet, und dann sagt er „Gelobet sei der Herr“ – das ist Eulogeo.
Wie funktioniert das? Wie können wir Gott segnen? Wenn Gott Menschen segnet, bedeutet das, dass Gott uns beschenkt – mit materiellen Gütern oder geistlichen Dingen. Gott gibt uns etwas; das heißt, er segnet uns.
Aber was können wir Gott geben? Wie wollen wir Gott segnen? Gott braucht nichts von uns, und wir haben nichts, was wir ihm geben können. Deshalb hat der Begriff Segen zwei völlig unterschiedliche Bedeutungen, je nachdem, in welche Richtung es geht.
Wenn Gott Menschen segnet, bekommen wir etwas von ihm. Wenn Menschen Gott segnen, geben wir ihm unser Lob. Das heißt, wir loben, preisen und ehren ihn. Im Englischen und Deutschen wird das Lob Gottes als „Gott segnen“ ausgedrückt, auch wenn es im Deutschen etwas zurückhaltender klingt. Es ist biblisch, dass Gott gesegnet wird, also dass man Gott lobt und preist für das, was er uns geschenkt hat, als Reaktion auf das, was er getan hat.
Hier konkret sieht der Knecht Abrahams Gottes Eingreifen und sagt: „Gesegnet sei der Herr.“ Simeon im Tempel, der alte Mann, der auf den Messias wartet, sieht Jesus und hat ihn in den Armen. Seine Reaktion ist: „Gesegnet sei der Herr.“
Auch bei der Speisung der Fünftausenden, Markus 6, Vers 41, spricht Jesus den Segen aus. Man muss genau lesen, wo der Segen hingeht. Matthäus 14, Vers 19 beschreibt: „Und er nahm die fünf Brote und zwei Fische, sah zum Himmel, dankte und brach die Brote und gab sie den Jüngern, dass sie sie austeilten.“
Das Wort, das hier mit „dankte“ übersetzt wird, ist wieder Eulogeo. Jesus zieht zum Himmel und segnet den Herrn für das, was er empfangen hat, und verteilt dann das Brot.
Das heißt vielleicht am Rande: Beim Tischgebet geht es eigentlich nicht darum, dass wir die Speise segnen. Durch die Speise sind wir schon vom Herrn gesegnet, denn er hat sie uns gegeben. Der Segen geht sprachlich gesehen zurück an Gott, wir sollten ihn loben und danken für das, was wir erhalten haben.
Das Thema Segen ist ein eigenes Thema, aber hier wird deutlich, dass der Segen gegenüber Gott letztlich Lobpreis und Dank ist. Es ist etwas anderes, wenn es um die Kindersegnung geht. Dort segnet Jesus die Kinder, also Gott segnet Menschen. Das ist die andere Richtung mit einer anderen Bedeutung.
Was es bedeutet, wenn Menschen andere Menschen segnen sollen, ist ein anderes Thema, das hier nicht vertieft wird.
Wir haben also auch den Begriff des Segnens, der vielleicht überraschend kommt, aber auch wieder darum geht, Gott Dank zu bringen. Hier ist es eine Reaktion auf das konkrete Segenshandeln Gottes, dass man ihm Lob und Dank bringt.
Der vierte Begriff ist Doxazo, das so viel heißt wie rühmen, preisen, ehren, verherrlichen. Dieses Wort begegnet uns vor allem als Reaktion nicht auf das Segenshandeln Gottes, sondern auf eine Manifestation Gottes.
Wo Menschen Gott begegnen, loben und preisen sie ihn, verherrlichen ihn, weil sie seiner Herrlichkeit begegnet sind. Zum Beispiel lesen wir in Jesaja 42, Vers 12: „Sie sollen dem Herrn die Ehre geben und seinen Ruhm auf den Inseln verkündigen.“
Das Volk Israel wird aufgefordert, Gott zu verherrlichen. Warum? In Jesaja 42 gibt es das erste Erscheinen des Gottesknechts. In Jesaja gibt es fünf Texte ab Kapitel 42, dann 49, 50, 53 und 61. Wer mehr wissen will, kann das Seminar Jesaja bei Bernhard Gnies besuchen, wo das ausführlicher behandelt wird.
Die Texte handeln vom Gottesknecht, und wenn man sie genauer anschaut, merkt man, dass es um Jesus geht. Jesaja 42 sagt: „Siehe, das ist mein Knecht, den ich halte, und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat.“ Jesaja enthüllt Stück für Stück, wer der Messias ist, seine Wesenseigenschaften und was er tun wird.
Die erste Reaktion darauf ist, dass die Menschen Gott verherrlichen sollen. Gott offenbart sich darin, dass er sagt: „Ich werde meinen Knecht senden“, und die Reaktion ist die Verherrlichung Gottes.
Lukas 2, Vers 20 müssen wir nicht lesen, die Geschichte ist bekannt: Hirten auf dem Feld begegnen einer Engelschar, die ihnen verkündet, dass der Messias geboren ist. Ihre Reaktion ist, Gott zu loben und zu verherrlichen für das, was sie erlebt haben.
Eine weitere spannende Stelle ist Matthäus 5, Vers 16, wo es darum geht, dass wir unser Licht leuchten lassen sollen. Dort heißt es: „Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“
Faszinierend ist, dass hier wieder das Verherrlichen steht. Die Menschen sollen Gott verherrlichen, nachdem sie unsere Werke sehen.
Ich habe vorher gesagt, dass Doxazo vor allem verwendet wird, wenn Gott mächtig erscheint oder sich offenbart. Wie passt es dazu, dass die Leute anhand unserer Werke Gott verherrlichen?
Wenn wir genauer hinschauen, sind unsere Werke letztlich nicht unsere eigenen, sondern in Epheser 2, Vers 10 heißt es, dass wir in den Werken wandeln sollen, die Gott zuvor bereitet hat. Das heißt, wir tun nicht unsere Werke, sondern Gottes Werke.
Es sind nicht wir, die handeln, sondern Gott wirkt in uns. Jesus meint hier, dass wir Licht sein sollen – nicht, dass wir selbst Licht sind, sondern dass das Licht, Jesus, in uns sichtbar sein soll. Durch unsere Werke soll Jesus sichtbar werden, und dadurch verherrlichen wir ihn.
Das führt automatisch dazu, dass Menschen anhand unserer guten Werke Gott preisen und ihn ehren.
Das ist die vierte Nuance, die wir hier haben: Doxazo – verherrlichen, rühmen, preisen, ehren.
Jetzt wird es ein bisschen musikalischer, denn wir kommen zum Wort Psalo. Daraus stammt auch das Wort „Psalm“. Psalo ist das Verb und bedeutet so viel wie „Lob singen“, also Gott Lobpreis darzubringen und ihm Lieder zu singen. Dieses Wort finden wir auch im Alten Testament. Dort schauen wir uns dann noch ein hebräisches Extra an. Deshalb sind wir jetzt hier nur im Neuen Testament unterwegs. Ich beschränke mich auf zwei Stellen, in denen wir aufgefordert werden, Gott auch Loblieder zu singen.
In Epheser 5,19 heißt es: „Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen.“ Paulus fordert hier ganz konkret auf, dem Herrn Loblieder zu singen. Es geht also nicht nur darum, Lob in Form von Gebet, Niederfallen oder dem Bekenntnis zu Gott darzubringen, sondern auch darum, zu singen. Singen ist nichts Schlechtes oder Negatives. Ganz im Gegenteil: Wir werden ausdrücklich dazu aufgefordert.
Schon allein die Tatsache, dass ein ganzes Buch im Alten Testament „Psalmen“ heißt und dort 150 Lieder versammelt sind, zeigt, dass das Singen von Liedern etwas Positives und Gutes ist. Wir werden immer wieder dazu ermutigt. Gerade in Jesaja heißt es zwei Verse vor der Stelle, die wir uns angeschaut haben: „Singt dem Herrn ein neues Lied.“ Das bedeutet, dass wir ihn nicht nur verherrlichen sollen, sondern auch ein Lied als Reaktion darauf singen, dass er Jesus offenbart hat.
In Jakobus 5,13 steht schlicht: „Ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen.“ Zuvor heißt es: „Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand krank, der rufe die Ältesten zu sich, dass sie über ihm beten.“ Wenn jemand guten Mutes ist, soll er Gott durch Lieder preisen und loben.
Ganz ähnlich bedeutet das Wort hymneo letztlich „besingen“, „preisen“ oder „rühmen“. Es begegnet uns an der Stelle, dass die Jünger nach dem Abendmahl, also nachdem Jesus das Abendmahl mit ihnen gefeiert hat, noch ein Loblied singen und danach in den Garten Gethsemane gehen. Auch in Apostelgeschichte 16,25 sitzen Paulus und Silas im Gefängnis und singen gemeinsam ein Loblied. Daraufhin werden sie frei gelassen. Solche Beispiele begegnen uns immer wieder.
Zum Schluss möchte ich noch kurz auf das hebräische Wort Zimer eingehen. Dieses Wort wird im Neuen Testament häufig mit Psalo übersetzt. Im Alten Testament kommt es 45 Mal vor, vor allem in den Psalmen. Aber auch in Richter 5, bei Deborahs Danklied, finden wir es. Ebenso in den Dankliedern Davids in 2. Samuel 22 und 1. Chronik 16 sowie im Danklied der Erlösten in Jesaja 12. Hier sehen wir immer wieder, dass Menschen Loblieder singen.
Was ist an dieser Stelle noch interessant, wenn wir uns die verschiedenen Loblieder anschauen? In welchen Situationen und aus welchem Anlass werden Loblieder geschrieben? Welche Form haben sie? Das Psalmenbuch hilft uns hier enorm weiter. Wir merken, dass Gott nicht nur gelobt wird, wenn Großes geschehen ist und man in Freude ist. Das Lob Gottes erschallt auch in den Klageliedern, zum Beispiel in Psalm 7. Im Klagen kommt der Psalmist letztlich zum Loben.
Das Lob geschieht in Gemeinschaft mit Gott. Es ist also nicht nur da, wo Gott eingegriffen und etwas getan hat, sondern David erfreut sich auch einfach an der Gemeinschaft mit Gott und lobt ihn dafür. Das Loblied ist oft auch eine Bitte in der Anfechtung, ein Anruf in der Not an Gott. So haben wir ein ganzes Spektrum an verschiedenen Situationen, in denen Gott gelobt wird.
Schon im Alten Testament sehen wir, dass Gott nicht nur dann gelobt wird, wenn es dem Menschen gut geht, sondern in allen Lebenslagen. Das führt dazu, dass wir zum Lob Gottes kommen – sei es durch Klage oder Freude, durch das Schöne, das Gott uns geschenkt hat, oder durch das Leid, das wir gerade durchmachen müssen. Am Ende führt es immer zum Lob Gottes.
Der Weg ist nicht immer einfach, oft ist er sehr steinig, wenn wir uns die verschiedenen Psalmen anschauen. Aber am Ende führt er immer wieder zum Lob Gottes, wie wir es auch bei Hiob gesehen haben.
Was heißt jetzt also loben, nachdem wir uns verschiedene Stellen angeschaut haben? Wir könnten noch viel mehr betrachten. Aber was bedeutet loben ganz allgemein?
Das Lob Gottes ist die Reaktion des Menschen auf das Wesen und Handeln Gottes. Es ist – und das ist schon einmal wichtig – zunächst eine Reaktion. Einer Reaktion geht immer eine Aktion voraus. Das heißt, Gott geht durch sein Offenbaren und sein Handeln voraus. Er begegnet uns zuerst. Darauf folgt dann die Reaktion des Lobens.
Wir müssen nicht in Vorleistung gehen, damit Gott etwas für uns tut. Vielmehr geht Gott in Vorleistung. Das Lob Gottes ist die Reaktion auf das, was Gott für uns getan hat. Ganz konkret: Das, was wir in zwei Wochen an Ostern feiern. Jesus ist in Vorleistung gegangen. Er hat alles getan, was getan werden musste. Er ist am Kreuz für unsere Schuld gestorben.
Am Ende geht es um unsere Reaktion: Wie reagieren wir? Loben wir Gott? Nehmen wir ihn an? Beten wir ihn an? Ordnen wir uns ihm unter – oder eben nicht? Gott hat bereits alles dafür getan. Er ist in Vorleistung gegangen.
Das Lob ist also die Reaktion des Menschen. Dabei gibt es zwei Aspekte: das Wesen Gottes und sein Handeln. Lob orientiert sich an dem, was Gott ganz konkret tut, an dem, was er uns geschenkt hat, an dem, was er für uns getan hat. Aber eben auch daran, wer er ist.
Schon allein die Tatsache, zu erkennen und zu sehen, wer Gott ist, führt Menschen ins Lob. Ganz konkret sieht man das bei Paulus. Immer wieder liest man in seinen Briefen, dass er theologische Zusammenhänge beschreibt und erklärt. Plötzlich fällt er in den Lobpreis Gottes über, weil er selbst so begeistert ist von dem, was er gerade beschreibt und erklärt.
In solchen Momenten hat Gott nichts Konkretes getan, das zum Lob führt. Vielmehr ist es das Erkennen und das Staunen darüber, wer Gott ist, das Paulus zum Lobpreis bewegt.
Wie sieht das Ganze jetzt aus? Wie können wir Gott heute loben?
Loben ist vielfältig und kann verschiedene Formen annehmen. Es kann ganz konkret Lobpreis sein, Gesang oder Lieder, die wir miteinander singen. Aber es kann auch ein Gebet sein oder ein Bekenntnis, durch das wir Gott loben, indem wir ihn bekennen. Das kann entweder in einem gemeinsam gesprochenen Glaubensbekenntnis geschehen oder indem ich vor anderen Menschen bezeuge.
Dieses Loben kann gemeinsam oder allein stattfinden. Es kann in der Stille geschehen oder in einem vollen Konzertsaal, wo wir gemeinsam Gott loben. Loben hat viele Facetten und geschieht auf vielfältige Weise.
Die zweite Frage ist: In welchen Situationen loben wir Gott?
Zum einen in der Freude. Wenn ich gerade etwas erlebt habe, das mich automatisch zum Lobpreis Gottes führt, weil ich merke, dass Gott gerade eingegriffen hat. Loben kann auch im Staunen geschehen. Manchmal geht es mir so wie Paulus: Du liest etwas in der Bibel, erkennst etwas und wirst dadurch automatisch zum Lobpreis geführt. Oder du stehst auf einem Berg, schaust auf die Welt und siehst diese gigantische Schöpfung. Das führt dich ins Staunen und dazu, Gott zu loben und zu preisen.
Loben kann auch im Entdecken geschehen – wenn du neue Dinge entdeckst, Gott neu erfährst oder neue Seiten an ihm kennenlernst. Auch das führt zum Loben, zum Dank für das, was Gott getan hat.
Aber es gibt auch andere Seiten. Manchmal fällt es uns schwer, im Leiden Gott zu loben. Im Leiden Gott zu loben bedeutet, in dieser Situation darauf zu vertrauen, dass Gott trotzdem über allem steht, egal was passiert. Das heißt nicht, dass ich tanze, singe, springe oder vor Freude strahle. Loben muss nicht immer eine sichtbare Emotion ausdrücken. Manchmal geschieht Loben tief in unserem Herzen.
Wie begegnen wir Gott in Not oder Sorge? Indem wir alle unsere Sorgen auf ihn werfen. Lob ist letztlich etwas, das wir in allen Lebensumständen tun sollen. Dabei merkt man, wie wir langsam wieder in Richtung Anbetung kommen.
Natürlich können wir sagen: Wir loben jetzt gemeinsam Gott. Wir können einen Lobpreis-Gottesdienst feiern oder uns zum gemeinsamen Beten und Gottloben treffen. Aber letztlich ist Loben mehr als etwas, das ich einmal am Tag oder einmal in der Woche mit anderen zusammen mache. Loben soll mein ganzes Leben durchdringen.
So komme ich am Ende wieder zu dem Punkt, dass Loben – ähnlich wie Anbetung – zunächst etwas Allgemeines ist. Wir sollen eine Grundhaltung des Lobens haben, ähnlich wie es in 1. Thessalonicher 5,16-18 heißt. Paulus fordert die Thessalonicher auf: „Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass und seid dankbar in allen Dingen.“
Dankbar sein, fröhlich sein und beten sind in manchen Situationen leichter, in anderen schwerer. Aber Paulus meint grundsätzlich: Seid grundsätzlich dankbar, habt grundsätzlich eine betende Haltung und grundsätzlich Freude. Und ich glaube, da können wir gut anschließen: Seid grundsätzlich voll des Lobes für Gott.
Auf der anderen Seite haben wir auch spontanes Lob als Reaktion auf das konkrete Eingreifen und Erfahren Gottes. Wenn wir Situationen erleben, in denen Gott handelt, loben wir ihn spontan. Ebenso gibt es geplantes Loben, zum Beispiel in Gottesdiensten, Lobpreisabenden oder Gebetstreffen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie gemeinsames oder alleiniges Gottloben aussehen kann.
Wir haben gerade gesehen: Anbetung ist letztlich etwas Grundsätzliches, eine Haltung. Gleichzeitig sehen wir in der Bibel, dass Lobpreis oft situativ geschieht. Trotzdem ist es auch etwas, das man grundsätzlich verstehen muss.
Wir merken also, wie sich Anbetung und Lobpreis überschneiden. Dennoch plädiere ich dafür, sie zu unterscheiden: Anbetung ist eher die grundsätzliche Haltung, während Lobpreis die Form ist, in der diese Anbetung ihren konkreten Ausdruck findet – sei es in spontanen Situationen oder geplanten Zusammenkünften.
Letztlich lässt sich das nicht einfach trennen, denn am Ende gibt es eine große Schnittmenge.
Interessant ist an dieser Stelle auch die Bedeutung von „Anbetung“. Das habe ich vorher nicht erwähnt, aber im Wort steckt das Niederwerfen. Anbetung bedeutet in erster Linie, ehrfürchtig vor jemandem am Boden zu liegen.
Damit will ich nicht sagen, dass man beim Singen nicht aufstehen oder die Hände nicht erheben darf. Das kennen wir auch aus der Bibel, wo wir aufgefordert werden, die Hände zu erheben. Aber diese Grundhaltung, die dahintersteckt, ist bei der Anbetung noch einmal eine demütigere. Es ist das Erkennen, wer ich vor Gott bin.
Und das führt automatisch genau dahin.
Wahres Lob Gottes beginnt immer im Herzen. Es ist wertlos, wenn nicht die richtige Herzenshaltung dahintersteht. Das bedeutet, es bringt nichts, wenn wir sagen, wir machen Lobpreis, aber unser Herz ist ganz woanders.
Wir lesen in Jesaja 1, wie Gott selbst das Volk Israel dafür verurteilt und sagt: „Ich will eure Schlachtopfer nicht mehr sehen, ich will eure Gebete nicht mehr hören, ich kann es nicht mehr sehen, dass ihr eure Feiertage feiert.“ All diese Dinge hatte Gott dem Volk aufgetragen. Er sagte ihnen, was sie tun sollten, und dennoch erklärt er, dass er es nicht mehr sehen will. Warum? Weil ihr Herz fern von ihm ist.
Ein äußerlicher Lobpreis ist letztendlich ein toter Lobpreis und vor Gott wertlos. Es geht immer um unser Herz. Natürlich können wir über Formen des Lobpreises diskutieren und überlegen, was angemessen ist und was weniger. Aber es geht nicht darum, andere aufgrund dessen zu verurteilen, was sie tun. Denn ich kann niemandem ins Herz schauen, nur mir selbst.
Wenn ich mich während des Gottesdienstes darüber ärgere, wie andere ihren Lobpreis gestalten, wenn ich mich beschwere, dass jemand aufsteht und die Hände erhebt, oder wenn ich in einer anderen Gemeinde sehe, dass der Lobpreis anders praktiziert wird, und mich darüber erhebe, dann ist meine Haltung in diesem Moment keine, die Gott ehrt. Denn ich fokussiere mich nicht auf Gott, sondern darauf, was andere falsch machen.
Wie gesagt, wir können immer noch darüber diskutieren, was angemessen ist und was nicht. Das bedeutet nicht, dass jeder alles machen kann und alles gut und richtig ist. Aber an erster Stelle muss ich mein Herz prüfen. Wahres Lob Gottes beginnt im Herzen. Wenn ich mein Herz prüfe, merke ich oft, dass einiges im Argen liegt. Und dann kommen wir wieder zu Gott zurück. Nur er kann unsere Herzen verändern und mit wahrem Lobpreis füllen.
Das wahre Lob Gottes beginnt also immer im Herzen. Die Herzenshaltung ist entscheidend.
Zweitens zieht sich wahres Lob Gottes über alle Bereiche unseres Lebens und wird in verschiedenen Formen zum Ausdruck gebracht. Wahres Lob konzentriert sich nicht auf eine Stunde am Tag oder einen bestimmten Zeitraum. Es ist etwas Alltägliches, das sich durch unser ganzes Leben zieht. An manchen Punkten, zum Beispiel in einer Gebetszeit oder beim gemeinsamen Singen, wird es in konkreten Formen sichtbar. Aber es ist immer etwas Allgemeines.
Drittens dreht sich wahres Lob Gottes nur um einen: um Gott selbst. Es geht nicht um mich. Es geht nicht darum, was ich schön finde oder weniger schön, was mich anspricht oder nicht. Leider sind gerade beim Singen oft Themen wie alte oder neue Lieder, moderne Lieder, die keiner mehr singen kann oder die niemanden ansprechen, die Kriterien, nach denen wir bewerten, ob ein Lied gut ist oder nicht. Dabei sollten wir zuerst auf den Inhalt der Lieder achten.
Vor allem sollten wir uns fragen, mit welcher Ausrichtung wir ein Lied singen. Um wen dreht sich das Lied? Singe ich das Lied, weil ich es schön finde, oder geht es tatsächlich um Jesus? Die Gefahr in allem ist, dass sich schnell alles wieder um uns oder um die anderen dreht – aber nicht um Gott, um den es eigentlich gehen soll.
Ein schönes Beispiel ist das Lied, das auf Englisch heißt: „I'm coming back to the heart of worship, and it's all about You.“ Es ist ein Bekenntnis, dass wahre Anbetung und Lobpreis sich nur um Gott drehen sollen. Der Schreiber dieses Liedes sagt, er will zurück zum Kern der Anbetung, wo es nur um Jesus geht.
Wahres Lob Gottes dreht sich immer nur um diesen einen.
Zusammengefasst sehen wir: Wahres Lob Gottes beginnt im Herzen. Es zieht sich durch alle Bereiche unseres Lebens und wird in verschiedenen Formen zum Ausdruck gebracht. Und es dreht sich nur um den einen – um Gott.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir zu echten Anbetern werden, zu echten Lobpreisern Gottes. Dass Lobpreis ein beständiger Begleiter unseres Lebens ist und sich durch unser ganzes Leben zieht. Dass unser Leben Gott ehrt, verherrlicht und ihm die Ehre gibt. Das ist das Ziel von allem.
Ich möchte noch beten. Herr Jesus, du siehst, wie schnell wir dazu neigen, das Lob, das Preisgeben und das Ehren deiner Person als etwas zu betrachten, das wir einfach tun können oder jederzeit verfügbar haben. Gleichzeitig merken wir, wie weit wir davon entfernt sind und wie oft unsere Herzen von dir weggehen.
Veränderung kannst nur du schenken. Wahre Anbeter kannst nur du aus uns machen. Deshalb möchte ich dich bitten, Herr, dass du unsere Herzen veränderst und dich in unserem Leben verherrlichst. Möge unser ganzes Leben ein Lobpreis für dich sein. Das können wir nicht aus eigener Kraft tun, das musst du bewirken, Herr.
Du möchtest uns verändern und an uns arbeiten. Du wirst das gute Werk, das du in uns begonnen hast, auch vollenden. Dafür loben und preisen wir dich, denn dir allein gebührt Lob, Preis und Ehre in alle Ewigkeit. Amen.
Gibt es an dieser Stelle noch Rückfragen? Von euch oder auch von zu Hause? Wer sonst noch gern auf das Thema eingehen möchte, kann sich gerne bei mir melden. Ich antworte gerne auf E-Mails oder man kann auch persönlich mit mir ins Gespräch kommen.
Ansonsten möchte ich noch darauf hinweisen, dass bestimmte Aspekte noch weiter vertieft werden. Es wäre spannend, wenn auch drei verschiedene Leute das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten und verschiedene Schwerpunkte setzen.
Ein Hinweis auf den 27.4.: „Loben als Lebensstil“ – das ist der nächste Teil der Reihe mit Martin Heisswolf.
Vorher gibt es aber noch einen weiteren Abendvortrag, nämlich schon am kommenden Montag, zum Thema „Pragmatisch praktisch gut“. Das hat nichts mit Schokolade zu tun, sondern es geht darum, was uns in unserer Gemeindearbeit antreibt, wenn wir von Pragmatismus geleitet werden. Es geht darum, wie wir Entscheidungen in der Gemeinde treffen, woran wir uns orientieren und was wir letztendlich tun.
Herzliche Einladung, am Montag dabei zu sein. Man kann vor Ort teilnehmen oder online zuschauen. Außerdem ist es möglich, die Vorträge jederzeit nachzuschauen.
Weitere Informationen findet ihr auf unserer Homepage. Wer hier vor Ort ist, kann auch gerne Infomaterial zu weiteren Seminaren und Abendvorträgen mitnehmen. In diesem Semester ist noch einiges geboten. Es lohnt sich also, mal wieder vorbeizukommen. Wir freuen uns sehr, wenn wir euch sehen oder wenn ihr wieder dabei seid.
Wie schon am Anfang angekündigt, gibt es auch auf unserem YouTube-Kanal einiges zum Anschauen. Schaut euch dort gerne um.
Wir freuen uns außerdem sehr über eure Unterstützung – ganz konkret im Gebet. Betet gerne für uns als Werk. Das ist ein ganz konkretes Gebetsanliegen, das uns ständig begleitet und gerade jetzt besonders wichtig ist: Betet für Studierende, dass wirklich Menschen nicht nur ans BSK, sondern grundsätzlich in den vollzeitlichen Dienst berufen werden.
Wir brauchen Leute, und es ist auch eine Aufgabe der Gemeinden, die Augen offen zu halten, wo Menschen sind, die Jesus gebrauchen möchte. Natürlich freuen wir uns, wenn der eine oder andere davon auch bei uns am BSK vorbeikommt.
Darüber hinaus dürft ihr uns gerne finanziell unterstützen. Die Kontodaten sind für diejenigen, die online dabei sind, eingeblendet. Wir freuen uns sehr darüber, denn wir leben zu einem großen Teil von Spenden. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.
Nun sind wir am Ende angekommen. Schön, dass ihr alle mit dabei wart. Ich wünsche euch einen gesegneten Abend. Kommt gut nach Hause oder habt noch einen schönen Abend zu Hause.
Ich freue mich, wenn wir uns bald wiedersehen hier am BSK. Macht’s gut, tschüss!