Offenbarung 7 beschreibt eine Szene, in der vier Engel an den vier Ecken der Erde stehen und die Winde festhalten, damit kein Wind auf der Erde, im Meer oder an den Bäumen weht. Dann wird ein weiterer Engel vom Himmel herabgesandt, der das Siegel des lebendigen Gottes hat. Dieser Engel ruft mit lauter Stimme zu den vier Engeln, denen es erlaubt ist, Schaden an der Erde und am Meer zuzufügen, und befiehlt ihnen, den Schaden zurückzuhalten, bis die Knechte Gottes an ihren Stirnen versiegelt sind.
Es werden 144.000 Versiegelte aus den zwölf Stämmen Israels genannt, je 12.000 aus jedem Stamm. Danach sieht Johannes eine große Schar, die niemand zählen kann, aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen. Diese Schar steht vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Kleidern und Palmzweigen in den Händen. Sie rufen mit lauter Stimme, dass das Heil bei Gott und dem Lamm sei.
Einer der Ältesten erklärt Johannes, dass diese große Schar diejenigen sind, die aus der großen Drangsal kommen. Sie haben ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht im Blut des Lammes. Deshalb stehen sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel. Gott wird über ihnen wohnen, und sie werden keinen Hunger und Durst mehr haben. Die Sonne oder irgendeine Hitze wird sie nicht mehr treffen, denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie weiden und zu lebendigem Wasser führen. Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen.
Tradition und Bedeutung des Stephanustags
Wenn Sie Ihre Bibel zur Hand nehmen, lesen Sie Offenbarung 7,9-17.
Es ist eine alte Tradition in unserer Kirche, am zweiten Weihnachtsfeiertag nicht einfach die Weihnachtsbotschaft zu wiederholen. Stattdessen entdeckt man an diesem Tag andere Aspekte und Tiefen der Geschichte.
Dabei geht es vor allem um die Erinnerung daran, dass mit der Geburt Jesu der Kindermord von Bethlehem ausgelöst wurde. Seitdem hat es unzählige Märtyrertode in der Geschichte der Christen gegeben.
Diesen Tag nennt man auch Stephanustag. Er erinnert an Stephanus, der wegen seines Dienstes und seines Bekenntnisses zu Jesus gesteinigt wurde.
In der Ordnung unserer Kirche, in der Perikopenordnung, ist für den heutigen Tag dieser Abschnitt aus Offenbarung 7,9-17 vorgesehen.
Die große Schar vor dem Thron Gottes
Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen.
Solange ist die Weltmission noch nicht zu Ende, solange ist es nicht erfüllt, dass von allen Stämmen, Völkern und Nationen Menschen errettet sind.
Diese standen vor dem Thron und vor dem Lamm, mit weißen Gewändern bekleidet und mit Palmzweigen in den Händen. Sie riefen mit lauter Stimme: „Die Rettung kommt von dem, der auf dem Thron sitzt, unserem Gott, und dem Lamm.“
Alle Engel standen im Kreis um den Thron, um die Ältesten und um die vier Gestalten. Sie warfen sich vor dem Thron nieder und beteten Gott an: „Amen, Lob und Ehre, Weisheit und Dank, Preis, Kraft und Stärke sei unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Einer der Ältesten fragte mich: „Wer sind diese, die mit weißen Gewändern bekleidet sind, und woher sind sie gekommen?“ Ich antwortete ihm: „Herr, du weißt es.“
Er sagte zu mir: „Das sind die, die aus der großen Bedrängnis gekommen sind und ihre Gewänder im Blut des Lammes gewaschen und weiß gemacht haben. Darum stehen sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel.
Wer auf dem Thron sitzt, wird über ihnen bleiben. Sie werden nie mehr Hunger und Durst haben. Auch die Sonne oder irgendeine andere Hitze wird ihnen nicht mehr schaden.
Denn das Lamm in der Mitte am Thron wird sie weiden und zu den Quellen des Lebenswassers leiten. Und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen.“
Herr, jetzt mach uns dieses Ziel so groß. Amen.
Blick von Bethlehem zur Ewigkeit
Liebe Schwestern und Brüder, am heutigen zweiten Weihnachtsfeiertag richtet sich unser Blick noch einmal auf die Krippe von Bethlehem. Doch dieser Blick geht weiter und eilt unserer Zeit sowie dem kommenden Jahr 1984 weit voraus.
Es ist etwas Großes, wenn uns das Wort Gottes einen solchen Durchblick schenkt, dass wir plötzlich wissen, was kommt: eine riesige Siegesfeier. Dort ist der Thron, der niemals wankt und niemals erzittert. Auf diesem Thron sitzt – so könnte die Bibel sagen – das Kind von der Krippe.
Die Bibel verwendet jedoch eine Sprache voller Bilder und sagt darum: Dort sitzt das Lamm. Mit diesem Wort will die Bibel zeigen, dass es Jesus ist, der all das erlitten hat – jene schweren Stunden am Kreuz zur Erlösung der Welt. Dort sitzt der, der das gültige Wort der Vergebung über unser Leben sprechen kann.
Es ist sehr wichtig, dass wir von Jesus keine kleine Vorstellung haben. Schon gestern wollten wir unseren Blick weiten und erkennen, dass Jesus ein mächtiger Heiland ist. Aber man muss das ganz genau wissen: Am Ende sitzt Jesus auf dem Thron, weil ihm der Vater alles übergeben hat. Jesus wird Gericht halten über die Welt.
Wir kennen unseren Richter sehr gut, und das macht uns fröhlich, zuversichtlich und unerschrocken. Wenn wir daran denken, werden alle Gegensätze, die uns heute bewegen, ganz unwichtig. Die Gegensätze zwischen Ost und West, ebenso wie die Gegensätze zwischen Nord und Süd, sind unwichtig.
Wichtig ist eigentlich nur eine Frage: Gehöre ich zu Jesus? Bin ich ein Glied und Bürger seines Reiches? Dann bin ich bei dieser großen Siegesfeier mit dabei. Alle Entscheidungen, die in den nächsten Tagen und Wochen vor Ihnen liegen, müssen Sie im Licht dieses letzten Tages fällen.
Herr, ich will nur dieses Recht nicht versäumen, einmal dort dabei zu sein – in der Schar der Engel. Jesus hat gesagt: Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
Es hängt also sehr viel daran, ob wir hier freimütig und unerschrocken zu Jesus stehen – nicht nur mit Worten, sondern mit unserem ganzen Tun und Verhalten.
Die Herausforderung der Verführung und Trennung von Welt und Kirche
In dieser Offenbarung wird etwas Schlimmes gezeigt, was Bibellesern und gläubigen Christen große Not bereitet. Es wird später erzählt, dass die schlimmste Verwirrung darin entsteht, dass die Kirche sich selbst mit der Welt vermischt. Die Bibel verwendet dafür ein gräuliches Wort: Hurerei mit dem abgöttischen Geist.
Immer wieder beschäftigt Christen die Frage, ob man das vielleicht schon etwas klarer in dieser Welt unterscheiden kann. Fritz Grünschweig, der große Offenbarungsausleger, sagt jedoch immer, das sei sektenartig. Wer genau sagen kann, wo die Grenze verläuft, wird gläubige Christen immer erschrecken. Sie denken dann: Herr, zeig mir doch sehr scharf, wo heute die Trennungslinie zwischen Welt und Gottesreich verläuft. Ich will die Linie klar sehen. Ich will nicht wegen eines faulen Kompromisses mein Bürgerrecht bei dir versäumen.
Es ist daher immer wieder wichtig, dass wir entschlossen Linien der Grenze ziehen und festhalten. Wir sagen: Wir sind nicht hier zu Hause in dieser Welt. Wir gehen auf die große Siegesfeier in der Ewigkeit zu – und sie ist gar nicht mehr lang. Wer weiß, wie viel Zeit der Herr uns noch gibt? Es wäre schön, wenn der Herr uns bald ruft, damit wir dort vor ihm stehen dürfen – nicht zum Tod, sondern zum Leben.
Dort stehen nicht nur die Engel, sondern wir sind eingereiht in diese vollendete Schar, in diesen Lobpreis. Man sollte sich dann auch ein wenig Zeit nehmen, in den kostbaren Liedern unseres Gesangbuches zu lesen. Das ist nicht dieses stille, leise Singen, wie wir es oft pflegen, sondern das laute Rufen derer, die befreit sind, weil sie hindurch sind. Endlich hindurch aus den Spannungen, aus den Anfechtungen und Nöten, aus den Versuchungen hindurch.
Und jetzt sind wir da, wo wir schauen können, nicht mehr glauben müssen, sondern sehen können.
Die Traurigkeit als Weg zur Vollendung
In dem schönen Lied von Johannes Meifart „Jerusalem, du hochgebaute Stadt“ heißt es, dass von dem Jubelklang, vom Schall und vom süßen Ton der Freudensaal erbebt. So wird es einmal sein, wenn wir vor dem Thron Gottes stehen. Dann werden wir mit großer Stimme schreien. Es gibt dieses begeisterte, fröhliche Loben Gottes und das Singen zu seiner Ehre.
Jetzt möchte ich Ihnen einfach ein paar wichtige Dinge dazu zeigen.
Durch die Traurigkeit hindurch
Das Erste: Wir müssen durch die Traurigkeit hindurch. Es wird sogar von der großen Traurigkeit gesprochen. Für uns ist es immer wieder fraglich, warum der Herr uns nicht einfach aus der Freude eines fröhlichen Weihnachtsfestes unmittelbar in seinen ewigen Frieden führt. Warum lässt er uns alle noch durch die Tiefen des Todes hindurchgehen?
Dabei ist hier ganz bestimmt nicht nur an das Sterben gedacht, an unseren ganz eigenen Weg, von dem ja niemand weiß, wie sein Sterben einmal sein wird. Wir sprachen noch am Totensonntag davon, dass Gott für jeden von uns das Sterben so zubereitet, wie er es für uns zumisst. Aber hier geht es um die große Drangsal. Das meint in der Offenbarung die letzten Leiden und Wehen, die über diese Welt hinweggehen. Es sind die Geburtswehen der neuen Welt und des kommenden jüngsten Tages.
Wenn man den Zusammenhang betrachtet, steht im Kapitel 6 von der Offenbarung von den ersten sechs Siegeln die große Ankündigung Gottes über die Leiden, die diese Welt durchmachen muss. Tod und Krieg ziehen dahin. Ein Viertel der Menschheit wird durch Schwert, Seuchen und Hunger getötet werden. Es kommt zu Teuerung und zu so großen Nöten, dass Menschen fliehen. In der Angst, wie Jesus es auch gesagt hat, verschmachten die Menschen, verzweifeln und warten auf das, was kommen soll.
Berge fallen auf uns, Hügel decken uns zu. Die Menschen werden den Tod als Erlösung suchen, doch er kann sie niemals wirklich erlösen. Aber auch das ist nicht allein die Drangsal, von der die Offenbarung spricht. Es geht ganz bestimmt um das große Leiden, das die Jünger Jesu kennen. Es geht um das Martyrium.
Wir wollen heute, am zweiten Feiertag, bewusst daran denken, dass weltweit jeder dritte Christ um seines Glaubens und seines Bekenntnisses zu Jesus leidet. Ein kleinerer Kreis wird sogar noch schwerwiegender bedrängt. Das sind große Nöte, wenn die ganze Familie gegen einen steht, wenn man nicht weiß, ob man sich nur ungeschickt verhalten hat. Man will doch die Sache Jesu nicht zerstören. So geht man durch diese Tiefen, in denen auch mutige Bekenner verzweifeln, müde werden und am liebsten gar nicht mehr weiter könnten.
Das zerbricht den großen Glanz unseres Bekenntnisses. Doch vielleicht ist mit dieser Drangsal auch etwas von den persönlichen Glaubenskämpfen gemeint, die Christen durchleiden.
Fritz von Bodelschwing war ein sehr eindrücklicher Prediger. Vielleicht gibt es unter uns noch welche, die ihn einst gehört haben. Er war der, der in Bethel für die Kranken kämpfte, damals während der Euthanasie im Dritten Reich. 1945 ist er gestorben. Bodelschwing hielt eine unvergessene Predigt über das siebte Kapitel der Offenbarung.
Er sprach davon, wie ein Weinen durch unser Land geht. Er erzählte davon, wie Gott die Tränen von den Augen abwischt. Damals, in der ganzen Kriegsnot des Zweiten Weltkriegs, sprach er viel von den Tränen. Doch dann lenkte er plötzlich ab und sagte: Wenn du die Schar vor dem Thron Gottes genau anschaust – und das konnte Bodelschwing so anschaulich predigen – dann siehst du ein Gesicht. Kennst du ihn nicht? Das ist doch Petrus. Er hat noch die Tränen in den Augen über die Verleugnung Jesu.
Es ist auch die Drangsal der eigenen Versäumnisse und Enttäuschungen, wo man Jesus betrübt hat. Da ist eine Frau dabei, jene Frau, die Jesus zu Füßen gefallen war und ihm die Füße mit ihren Tränen gewaschen hat. Diese Tränen wischt Gott ab. Da sind die Tränen des verzweifelten Vaters, der vor dem Thron Gottes steht und sagt: „Herr, hilf meinem Unglauben!“ Alle, die dort stehen, wie Maria Magdalena, die sagen: „Sie haben meinen Herrn weggenommen am Grab am Ostermorgen!“ Bei Bodelschwing geht das über Seiten hinweg, wie er das darstellen kann.
Er beschreibt, wie es in der Ewigkeit ist, wenn all die Fragen und Nöte unseres Glaubenslebens unwichtig werden, weil wir Jesus in Vollkommenheit schauen und anbeten dürfen.
Nur die, die durch das Leiden gegangen sind, wissen, was Leiden ist. Und das wollen wir am Christfest nicht verschweigen: Dass unser Ja zu Jesus in dieser Welt immer auch mit Leiden verbunden ist.
Vielleicht gibt es unter uns Fröhliche, die sagen: „Ich weiß gar nicht, warum heute diese Traurigkeit.“ Doch wir wollen die Augen öffnen und heute mit denen leiden, die seufzen, die im Krankenbett liegen, die auf dem Sterbelager sind, die sich verlassen und einsam fühlen. Die in ihrem Glauben in der Tiefe der Depression angefochten sind.
Wir wollen sie tragen, lieben und hineinnehmen. Manchmal reicht es, ihnen einfach vorzulesen, ohne viele Worte darüber zu machen.
Der Sinn der Tranksal
Warum will Gott uns durch diese Traurigkeit und durch diese Tranksal führen? Er hätte uns das doch wirklich ersparen können.
Die Warum-Frage ist bei Christen einfach zu beantworten: Jesus will Bewährung und Treue. Er möchte, dass das Gold sichtbar wird und nicht die Schlacken unseres Glaubens. Doch dabei zerbricht so viel. Lasst zerbrechen, was zerbrechen muss.
Wissen Sie, was in all den Tiefen der Anfechtungen bleibt? Es bleibt nur Jesus und sein Wort. Ich kann nur noch ihn halten und bei ihm sein. Und dann ist das Größte, das über unserem Leben steht: Jesus starb für dich. Das braucht man nicht mehr zu fassen.
„In deine Hände befehle ich meinen Geist“ – das ist bewährter Glaube, das ist reife Prüfung. Da geht es hindurch. Als Paulus noch die Gemeinde von Ephesus besuchte – auf seiner letzten Missionsreise reichte die Zeit nicht mehr, um persönlich bei ihnen zu sein – hat er die Ältesten, die Kirchengemeinderäte, nach Milet an den Hafen bestellt. Dort hat er noch einmal kurz mit ihnen gesprochen. Er sprach auch von seinen Tränen, die er über diese Gemeinde und über manche Nöte in der Lauheit dieser Gemeinde geweint hat. Tag und Nacht hat er jeden einzelnen mit Tränen vermahnt.
Es geht Eltern so, die ihre Kinder erziehen, dass sie sich sorgen, ob sie sie wirklich zum Glauben führen können. Doch Paulus sagt den Ältesten: „Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen.“ Das Wort „Trübsal“ ist bei uns völlig abgegriffen und entwertet.
Durch viel Bedrängnis, durch viel Umklammerung, durch die letzte Existenznot müssen wir in das Reich Gottes hineingehen.
Wir wollen uns das heute, in der Freude des Christfestes, vergegenwärtigen, wenn wir aus diesen Festtagen hinausgehen: Wir wissen, der Herr führt uns auf diese große Siegesfeier hindurch – durch die Traurigkeiten hindurch.
Die Nähe Gottes in der großen Schar der Erlösten
Das Zweite
Gott will uns ganz nah bei sich haben. Ja, in dieser Schar sollen wir dabei sein. Es ist eine unübersehbare Schar, vielfältig durch all diese Völker. Das bewegt mich sehr.
Ja, es sind 3000 Stämme, in denen es noch gar keine Christen gibt. In 5000 Sprachen sollte die Bibel noch übertragen werden. Wenn junge Leute sich heute fragen, welche Aufgaben im Reich Gottes noch zu tun sind, dann gibt es viele, die wir anpacken sollen. Solange Gott uns die großen Geldmittel unseres Wohlstands in die Hand gibt, solange wir noch die Freiheit haben, reisen können und unsere Devisen transferieren dürfen, sollen wir Menschen rufen, dabei zu sein bei dieser Schar, damit sie nicht verloren gehen, sondern dazugehören.
Gott will uns ganz nah bei sich haben. Das Bild ist so anschaulich: Wie diese Palmen schwingen und ihre Lieder singen, wie sie sich niederwerfen und Jesus anbeten.
Dann lassen Sie mich noch einmal Bodelschwing zitieren, wenn er sagt: Es wird der ergreifendste Moment sein, wenn nicht Jesus, sondern Gott selbst sich auf den Weg macht und die Tränen aus den Augen wischt. Niemand anderes darf das tun, kein Engel. Das hat sich Gott selbst vorbehalten, weil in dieser Welt der Trost immer ein wenig hilflos bleibt, auch von uns, die wir ihn geben. Erst dort wird er richtig gestillt sein.
Auch so viele Fragen, die wir an Leiden aus dieser Welt mitnehmen. Aber es ist noch wichtig, was da steht: dass wir hineinpassen, so nah in diese Schar zu Gott hin, obwohl wir doch unreine Leute sind. Christen leiden bis an ihr Lebensende darunter, dass sie so viel Schuld und Sünde haben. Doch sie haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lamms.
Es geht nicht so einfach. Es klingt grau heraus, es klingt weiß rein, aber es blutet Jesu Blut. Es macht allen Schaden gut. Und das ist das Thema, das uns immer wieder hier beschäftigt: Wie werde ich ein Heiliger, ein gottwohlgefälliger Mensch, in dem Gott wohnen kann?
Herr, lass dein Blut die Reinigung meiner Sünde sein. Und ich kann gar nicht anders, als gegen all die dunklen Gewalten in meinem Leben anzugehen, als mich unter die Kraft, die Siegeskraft des Blutes Jesu zu stellen, da es für mich vergossen ist. Das steht vom Lamm.
Das hat ja die Spötter immer wieder provoziert, wenn bei irgendeinem dieser Erweckungslieder das Wort Lamm vorkam. Wir kennen das, und manchmal haben wir uns auch so geniert. Aber da sagt Graf Zinzendorf einmal: Mit den biblischen Worten sei es so, dass man sie nicht ersetzen könne. Wenn man andere Worte gebrauche, dann klingen sie oft wie Worte ohne Vokale, also ohne A, E, I, O, U. Das klingt nicht richtig.
Man muss auch verstehen, warum die Bibelkenner manchmal so gern in dieser biblischen Sprache reden und warum ihnen das Wort Lamm so wichtig ist. Denn dort in der Ewigkeit werden wir nicht die Geschichten noch einmal aufwärmen: Wie war es damals in der Welt? Ach, dieser Rückblick. Es interessiert uns manches, wie es aus der Schau Gottes rückwirkend aussieht.
Es wird uns nur noch eins interessieren: Wie hat Gott das nur geschafft, dass er mit uns zu Ende kam? Wie hat er es fertiggebracht, uns durch diese Zeiten des Zweifels und der Anfechtung hindurchzuführen? Das Lamm war es, die stille Art Jesu, das Lamm, das seinen Mund nicht auftut, das verstimmt vor dem Scherer steht.
Wir müssen uns angewöhnen, dass das Reich Gottes nicht dort läuft, wo die großen Siegesberichte lautstark in die Welt hinausposaunt werden, sondern ganz still und verborgen, wo Jesus sein Werk tut – bei ihnen in ihrem Leben. Dort ist der Sieg des Lammes da. Er hat uns hindurchgebracht.
Vor dem Thron brüllen sie nicht: Wir haben's geschafft! Nein, sie sagen: Er hat's mit uns geschafft. Nicht wir, unser Glaube war schwach, und wir haben's nicht allein fertiggebracht.
Manche von Ihnen kennen das schöne Erweckungslied: "Auf dem Lamm ruht meine Seele." Es betet voll Bewunderung an: Alle, alle meine Sünde hat sein Blut hinweggetan. Darum sind sie vor dem Thron Gottes – darum, weil Jesus so unheimlich barmherzig war, so unverständlich groß, wie wir es gar nie dachten.
Die Einladung zur Gemeinschaft mit der Erlösten Schar
Und nur noch ein letztes: Schließ dich an!
Das hat uns diesmal an diesem Weihnachtsfest durch die Predigten hindurch bewegt: Wir sollen nicht nur gefühlvolle Weihnachten feiern, uns ein wenig träumend versammeln, ein wenig über den Frieden der Welt reden und dann wieder hinausgehen in den Sturm der Tage.
An diesem letzten Feiertag des Christfestes soll noch einmal klar sein: Wir haben eine große Berufung. Jesus will uns alle dabei haben, keiner soll fehlen – Jungen und Alten, nicht einer –, damit wir dieses Ziel nicht versäumen.
Himmel, Anwalt, neben dir trägt alles Volk des Herrn im Himmelsvorschmack hier seine Lasten gern. Oh, schließ dich an! Schließ dich doch an an diese Schar, die dir schon vorausgegangen ist!
Man sollte gar nicht so viel von den Leiden reden, vielleicht stößt das immer wieder ab und manche denken, als käme da noch das ganz Schwere. Doch es ist umgekehrt. Es wird so sein, dass in jedem Augenblick unseres Lebens Jesus noch größer, noch wunderbarer wird und sein Sieg noch gewaltiger, so wie wir es bisher auch erlebt haben.
Darum ist es gut, dass wir gar nicht wissen, wie uns Jesus hindurchführt durch die Traurigkeit der Welt. Aber wir wissen, dass er uns hindurchführt und dass er das fertigbringen will mit uns. Der, der das gute Werk angefangen hat, wird es auch vollführen.
Was hat unser Herr gewirkt? In der großen Unterdrückung, im großen Martyrium der Sowjetunion und Chinas, Spaniens, der Assyrer im fernen Osten, schon auf den Inseln Indonesiens, im Kirchenkampf des Dritten Reiches und überall dort, wo Christen um Jesu Willen gelitten haben – in der Hugenottenverfolgung und wo immer es war –, da hat es plötzlich geleuchtet, dieses Bekenntnis zu Jesus.
Wie plötzlich sind schwache Leute, die kaum Mut hatten, stark geworden! Jesus hat noch viel mit uns vor. Wenn er hier in dieser Welt bei uns ist, dann will er das Feuer des Glaubens in uns so leuchten lassen, dass noch viele, viele etwas von der Herrlichkeit Jesu sehen.
Und ganz gleich, was auch kommt: Wir sind solche, die überwinden, die das Widrige zur Seite legen und die ein großes Ziel vor Augen haben. Welt, du bist uns zu klein. Wir gehen durch Jesu Leiden hin in die Ewigkeiten. Es soll nur Jesus sein. Amen.