Einführung: Die Bedeutung biblischer Erzählungen für unser Leben
Die Bibel erzählt viel aus dem Leben. Das ist eine große Hilfe für uns und auch sehr interessant. Unser Predigttext ist 2. Mose 17, Verse 8 bis 16. Das Volk Israel befindet sich auf dem Wüstenzug. Sie hatten das Rote Meer durchquert. Gott hat ihnen Wacht gehalten und das Manna gegeben, sowie Wasser aus dem Felsen.
Dann kam Amalek und kämpfte gegen Israel in Rafidim. Mose sprach zu Josua: „Wähle uns Männer aus und kämpfe gegen Amalek. Morgen will ich oben auf dem Hügel stehen mit dem Stab Gottes in meiner Hand.“ Joshua tat, wie Mose es ihm sagte, und kämpfte gegen Amalek. Mose aber, Aaron und Hur gingen auf die Höhe des Hügels.
Wenn Mose seine Hand emporhielt, siegte Israel. Wenn er aber seine Hand sinken ließ, siegte Amalek. Doch Mose wurden die Hände schwer. Darum nahmen die beiden einen Stein und legten ihn hin, damit er sich darauf setzte. Aaron und Hur stützten ihm die Hände auf jeder Seite, sodass seine Hände erhoben blieben, bis die Sonne unterging.
Joshua überwältigte Amalek und sein Volk durch das Schwert. Der Herr sprach zu Mose: „Schreibe dies zum Gedächtnis in ein Buch und präge es Josua ein. Denn ich will Amalek unter dem Himmel austilgen, dass man seiner nicht mehr gedenke.“
Mose baute einen Altar und nannte ihn „Der Herr ist mein Feldzeichen“. Er sprach: „Die Hand an den Thron des Herrn! Der Herr führt Krieg gegen Amalek von Kind zu Kind.“
Gott redet zu uns durch sein Wort. Es gibt ein Sprichwort: „Geh nicht zum Fürsten, wenn du nicht gerufen wirst.“ Ich habe mich manchmal nicht an dieses Wort gehalten, und es ging meist entsprechend.
Zum Beispiel wollte ich einmal eine Sache bei einer Behörde erreichen und hatte ein Bitten geschrieben. Ich wartete geduldig 14 Tage, doch kam keine Antwort. Dann wartete ich noch einmal 8 Tage, wieder keine Antwort. Noch einmal 8 Tage, wieder nichts. Schließlich dachte ich, ich rufe mal an.
Am Telefon meldete sich ein hoher Beamter. Ich fragte, wie die Sache denn aussehen würde. Er schrie los: „Unglaublich, dass Sie dauernd anrufen! Das war natürlich das erste Mal, dass ich angerufen habe.“ Er fuhr fort: „Was meinen Sie denn? Wir haben doch noch anderes zu tun und Sie stören unsere Arbeit. Ihre Sache liegt im Stoß, sie wird bearbeitet, wenn wir dran kommen.“
Er brüllte etwa fünf oder sechs Minuten. Ich dachte, wenn er nur eine Minute zugehört hätte, hätte ich das vielleicht mündlich in kürzerer Zeit klären können. Aber es hört einem ja niemand zu. Haben Sie das auch schon erlebt? Dass niemand einem zuhört?
Man kann schlechte Erfahrungen mit Menschen machen, wenn man auf sie zugeht und sie bittet: „Kannst du nicht das mittragen?“ Dann heißt es oft: „Lass mich doch bitte in Ruhe, ich habe genug Lasten zu tragen. Meinst du, du müsstest mir noch was abladen? Ich habe keine Zeit, ich bin überarbeitet.“
So sprechen Menschen. Und wir hätten durchaus Verständnis, wenn der ewige Gott, Himmel und Erde, zu uns sagen würde: „Lass mich doch in Ruhe mit deinen irdischen Sorgen, das geht mich nichts an. Ich habe Größeres und Wichtigeres zu tun.“
Wenn Gott sagen würde: „Bleib mir vom Leib mit deinen ewigen Sachen, die du mir daherschleppst, ich kann’s nicht mehr haben“, dann wäre das genau umgekehrt. Wir Menschen wehren ab, Gott wehrt nicht ab. Er fordert auf, er macht Mut, betet.
Wo man in der Bibel hinblickt, ist das eine Ermutigung, dass wir ihm alle unsere Nöte und Sorgen fortwährend sagen sollen. Das will er haben, das gefällt ihm. Sie können gar nicht genug beten, er will das haben, und es ist die große Freude Gottes.
Ich bin so dankbar, dass wir heute über das Gebet sprechen können. Dabei gibt es sicher viele Unklarheiten: Was ist das Gebet überhaupt? Ist Gebet nur ein Selbstgespräch? Ist jemand, der betet, der das hört? Oder ist das Gebet vielleicht ein feierliches Aneinanderreihen rauschender Worte in einer Kirche?
Ich möchte Ihnen heute drei Bilder für das Gebet mitgeben, an denen ich mir klar mache, was Gebet ist. Erstens: Das Gebet ist eine Schutzhütte im Ungewitter.
Man marschiert auf einer Wanderung, plötzlich wird der Himmel schwarz und dunkel, und man spürt, jetzt geht’s gleich los. Wenn dann die ersten dicken, schweren Regentropfen niederfallen, wie gut ist es, wenn da plötzlich im Wald eine Schutzhütte ist, in die man hineinsitzen kann und abwarten kann, bis das Ungewitter vorüber ist.
Das ist etwas Schönes: eine Schutzhütte mitten im Ungewitter. Das ist ein ganz schwaches Bild für das, was das Gebet ist. Im Leben gibt es noch ganz andere Unwetter, die über Menschen hinwegfegen.
Ich denke, das ist der Grund, warum heute Morgen viele von Ihnen einen Gottesdienst aufsuchen. Weil Sie durch ganz schwere Nöte hindurchmüssen. Und da bin ich froh, dass wir diese unglückselige Kriegsgeschichte heute als Predigttext haben.
Man mag fragen: Was ist das eigentlich mit dem Krieg? Wir Menschen sind in ein fortwährendes Ringen hineingestellt. Das ist gar nicht erklärt. Warum kämpft Amalek gegen Israel? Man weiß es nicht. Vorher gab es keinen Anlass. Israel hatte das Land von ihnen nicht betreten, hat keinen Bürger verletzt oder Unrecht getan.
Man kann durchs Leben gehen, und dennoch fällt über einen etwas her. Wir Christen wissen auch etwas von diesem schrecklichen Kampf der Mächte der Finsternis, besonders wenn wir das bei Menschen erleben, die uns lieb sind.
Ich denke auch heute an solch einen Muttertag: Eine Mutter denkt ja nicht bloß mit frohem Herzen an ihre Kinder. Da spürt man etwas von der Macht der Finsternis, die losbrechen kann.
Man sagt: „Was ist das bloß? Ich bin hineingestellt in einen Kampf, ich schaffe das nicht, ich erliege, ich kann nichts dagegen tun. Da wird man attackiert, brutal zusammengeschlagen, da streiten andere Mächte mit einem. Was soll ich tun?“
Israel ging durch eine ganze Kette solcher Nöte. Das begann mit der großen Last des Pharao, der das Volk demütigte und aussperrte. Als sie endlich in der Wüste waren, war das keine Freiheit. Da ging es weiter, eine Not nach der anderen.
Zuerst hatten sie keinen Hunger, kein Brot. Sie hatten Hunger. Und wie das ist, wenn man da marschieren muss, die Kinder an der Hand hat, die Füße wund sind von spitzen Steinen und die Sonne niederbrennt. Dann hatten sie kein Wasser und wussten nicht, wie es weitergehen sollte.
Und dann, zu allem Überfluss, völlig unnötig und unsinnig, fielen plötzlich Amalekiter über dieses wehrlose Volk her, um es zu vernichten und auszulöschen.
Und das ist das Wunderbare am Gebet: Eine Schutzhütte im Ungewitter. Das Volk Israel stand nicht in großem Frieden. Mose war auf dem Berg und betete.
Ich möchte deutlich darauf hinweisen, wie die Bibel das sieht: Beten und Handeln gehören zusammen. Es wird nicht gesagt: Entweder oder. Sie kämpften, sie mussten sich wehren. Aber das Beten ist die Grundlage, dass man handeln kann. Mutig ziehen sie aus.
Eigentlich hätte man sagen müssen: Wie soll das überhaupt gehen? Da wäre mein Herz in die Hose gerutscht, wenn Mose zu Josua gesagt hätte: „Kämpfe wieder gegen Amalek, wie soll das gehen?“
Dann wird dieses Zeichen gegeben: Mose steht oben auf dem Berg und erhebt die Hände zu Gott. Das Gebet ist eine Schutzhütte im Ungewitter.
Ich möchte jetzt in Ihre Nöte hineinsprechen, in die Dinge, die Sie bewegen, wo Sie sagen: „Das schaffe ich nicht, das geht über meine Kraft hinaus, ich meistere das nicht mehr.“
Machen Sie es wie das Volk Israel: Legen Sie diese Not zu Gott vor die Füße und sagen Sie: „Ich weiß, dass du, Gott, Herr im Himmel und auf der Erde bist. Bei dir ist alles möglich.“
Wie hat Jesus in Gethsemane gesagt? „Aber lieber Vater...“ So einfach wie ein Kind zum Vater legte Jesus die ganze Not dem Vater vor die Füße.
Meinen Sie, Gott interessiert das nicht? Er will doch Ihr Beten haben. Meinen Sie, das geht an ihm vorüber? Meinen Sie, seine Hände wären gebunden und er wollte nicht helfen?
Ich bin sehr froh, dass uns die Bibel durch diese Geschichten, die uns ja immer etwas fremd sind – wir sind ja so friedliebende Leute –, zeigt, dass das stimmt mit dem Existenzkampf, in dem wir stehen.
Das Leben von frühen Kindertagen an kann eine schwere Last sein. Ein Stehen, Kämpfen, Hinfallen und wieder Aufrichten. Die Bibel malt uns kein Idyll vor, sondern spricht, wie das Leben wirklich ist.
Hören Sie noch einmal die Worte, die wir vorhin bei der Schriftlesung gehört haben: „Du Elende, über die alle Wetter gehen, die keinen Trost fand, siehe, ich will deine Mauern gründen auf Edelsteine.“
Da wissen Sie, warum das Gebet eine Schutzhütte im Ungewitter ist: Weil Sie Ihre Nöte Gott einfach hinlegen können. Im Gebet können Sie schon ruhig werden.
„Meine Sache wird von Gott wunderbar hinausgeführt. Keine Waffe, die gegen dich bereitet wird, soll gelingen, und jede Zunge, die sich gegen dich erhebt, sollst du im Gericht schuldig sprechen. Das ist das Erbteil der Knechte des Herrn und ihrer Gerechtigkeit; sie kommt von mir, spricht der Herr.“
Diese großen Nöte mit den Amalekiterkämpfen Israels sind wie ein Blitzeinschlag am Himmel. Urplötzlich standen die Feinde da und fielen über sie her.
Ich meine, das hat auch einen leicht erklärbaren Grund, den wir nur als Christen im Glauben verstehen. Das Volk Israel hatte ja schon vorher in den zurückliegenden Tagen an Gott gelitten.
Das ist das Allerschlimmste, wenn man im Glauben zweifelt und müde wird. Als die Kinder hungrig schrien: „Vater, gib uns Brot!“ Da war kein Brot da. Sie schimpften auf Gott: „Gott führt uns an der Nase herum. Wir haben genug von diesem Gott, wir wollen nicht mehr seine Wege. Zurück nach Ägypten, lieber noch beim Pharao Knechtsdienste tun.“
Das ist das Schlimmste, wenn ein Mensch die Führung Gottes aufgibt und ausweicht.
Im gleichen Kapitel 17, wenn Sie jetzt Ihre Bibel haben, schauen Sie vorne hin. Da war das Wasser von Meriba. Sie haderten mit dem Herrn.
„Wenn die Zunge trocken ist und der Mund, kein Wasser mehr da“, heißt es, und man sucht und sucht. Es gibt kein Wasser. Dann schrien sie zum Herrn, wieder schrien sie: „Wo ist unser Gott?“
Es ist wie ein nochmaliges Exempel, als ob Gott einem Schüler, der schlecht versteht, im Repetieren noch einmal einschärfen will: „Wo ist denn dein Gott? Merkst du’s nicht, Israel?“
Da ist die Schutzhütte im Ungewitter. Merken Sie es? Damals war es Mose am Wasser von Meriba, der zum Herrn schrie und die Hände erhob.
Und ihr Israel hat das jetzt begriffen: Wenn die Amalekiter über euch herfallen und ihr zum Herrn schreit, wissen Sie das auch noch am Montag, wenn es bei Ihnen ganz schlimm hergeht? Wissen Sie dann noch, dass Sie Ihre Hände erheben können und unseren Herrn, Ihren Gott, rufen?
Er will Ihnen zeigen, dass er der Schutz der Geringen ist, der Armen Schutz im Unwetter.
„Wie die Hitze in der Zeit der Dürre wütet, du demütigst den fremden Ungestüm; wie die Hitze brichst du durch den Schatten der Wolken, du dämpfest die Tyrannen.“
Das ist der Siegesgesang. Das ist das Wunderbare, was unser Gott wirken kann. Darum stimmt es: Das Gebet ist schon die Schutzhütte im Ungewitter.
Wenn ich den Namen des Herrn anrufe, mitten in der Not, bin ich schon geborgen.
Ein zweites Bild für das Gebet ist ein aufgerichtetes Siegeszeichen.
Da sehen wir, wie Mose Joshua auffordert und sagt: „Nun wähle einige Männer.“ Beten ist nicht allein, auch Handeln gehört dazu.
Aber jetzt will ich mit niemandem streiten. Wissen Sie, das Gebet wird erst richtig interessant in den Augenblicken, in denen wir gar keinen Mut mehr zum Handeln haben.
Wenn jemand sagt: „Ich brauche nicht zu beten“, müssen Sie ja nicht. Aber das Gebet ist die Chance, die Gott Ihnen einräumt in Augenblicken, wo keine Lösung mehr sichtbar ist.
Und genau dort werden die Leute durch das Gebet tüchtig zum Handeln. Ihr Blick geht hinauf, und da steht Mose auf dem Berg und macht eine merkwürdige Zeremonie: Er erhebt seinen Hirtenstab gegen den Himmel.
Nun hat Mose den Hirtenstab, eine besondere Bedeutung. Er hatte ihn seit einigen Tagen, als er als Hirte in der Wüste Sinai die Herden seines Schwiegervaters Jetro hütete.
An diesem Stab hat sich Gott verherrlicht. Er wird in der Bibel verschieden genannt: einmal „Stab Moses“, einmal „Stab Gottes“.
Es ist so eine Art Mittelding. Das war der Stab, durch den Gott schon gewirkt hatte, einst bei Pharao, wo die Wunder geschahen. Der Stab, den Mose auf den Boden warf, als Zauberer standen. Der Stab, mit dem die Plagen über Ägypten kamen.
Dieser Stab, mit dem Mose einst vor dem Roten Meer stand und tief hinunterbeugte, zum Herrn schrie und den Stab in der Hand hatte, als sich die Fluten teilten und das Volk Israel trockenen Fußes hindurchging.
Das ist der Stab. Diesen Stab nimmt Mose nun und reckt ihn im Beten gen Himmel. Es ist eine Erinnerung daran.
Er richtet ihn nicht aufs Meer, sondern gen Himmel, und sagt: „Herr, du musst jetzt helfen.“ Man darf Gott so anrufen und provozieren.
Er sagt: „Herr, das ist deine Ehre, das ist deine Sache, ich rufe dich bei deinem Namen an.“
Ich möchte sagen: Unser Staat ist so, dass wir im Beten im Namen Jesu beten, dass wir vor Gott kommen und sagen: „Ich komme nicht, weil ich etwas einklagen will, sondern weil Jesus uns aufgefordert hat.“
Darum weiß ich: Mein Beten wird nicht umsonst sein. Manche denken, Beten sei unverbindliches Telefonieren, um zu fragen, ob es vielleicht Hilfe gibt, ob das eventuell möglich ist.
Nein, Beten ist das aufgerichtete Siegeszeichen. Das heißt hier: „Der Herr ist mein Panier.“
Ich wollte dieses Bild nicht verwenden, weil wir das kaum noch kennen. Wir sind nicht mehr in der militärischen Sprache zu Hause.
Das aufgerichtete Siegeszeichen im Gebet bedeutet: Es geht uns nicht bloß um eine kleine Nachfrage, ob Gott vielleicht helfen kann.
Der Stab ist ausgereckt gen Himmel. Um Jesu willen rufen wir zu Gott, und wir wissen: Du wirst, wie auch immer, alles wunderbar hinausführen, und es wird herrlich sein.
Wir können nur beschämt staunen. Du wirst Hilfe geben, du wirst Lösungen schaffen.
Das aufgerichtete Siegeszeichen gen Himmel, die Aufforderung: „Herr, zerbrich diese Schranke, komm du nun und schaffe dein Heil mitten unter uns.“
Wenn wir im Namen Jesu beten, sagen wir das ruhig.
„Du hast einst durch Jesus den tobenden Sturm zum Schweigen gebracht. Du hast einst am Ostermorgen in Jesus das Grab gesprengt. Doch was Kleines jetzt, was ich bringe, diese Not, die mich heute bewegt, Herr, erweise deine Herrlichkeit an uns.“
Da stehen ein paar stündige Menschen. Die Israeliten waren ja gottlose, murrende Leute. Aber sie haben ihre Augen aufgerichtet, weil Gott gnädig ist und sich seiner Leute erbarmt.
Wie viel mehr dürfen wir Zuversicht haben und gewiss sein, dass Gott uns hören wird.
Das Siegeszeichen, das Aufrichten im Gebet – ach, das wäre schlimm, wenn wir das Gebet verstehen würden wie das Gebaddel der Heiden.
Das schleicht sich ja auch bei Christen immer wieder ein, dass man sich vorstellt, das müsse irgendwo feierlich sein.
Natürlich gibt es sehr schöne Gebete, und die schönsten Gebete stehen in Büchern, das ist unbestritten.
Aber das Gebet hat irgendwo seinen ursprünglichen Charakter: Es ist das Schreien der Kinder zum Vater.
Doch mitten im Schreien ist es auch das aufgerichtete Siegeszeichen, das sagt: „Du, Herr Gott, Himmels und der Erde, ich rufe dich an, und du wirst hören.“
Drittens ist das Gebet eine Nonstop-Haltung des Glaubens.
Ich wollte Ihnen drei Dinge zeigen: Die Schutzhütte im Ungewitter, das aufgerichtete Siegeszeichen und die Nonstop-Haltung des Glaubens.
„Nun Stopp“, mag man sagen. „Da gibt es in der Bibel Schriftstellen, die sagen: Betet ohne Unterlass. Wie ist das gemeint? Irgendwann muss man ja schlafen, wenigstens ein paar Stunden. Oder wie ist das gedacht?“
„Betet ohne Unterlass“ kommt bei Paulus sehr oft vor. „Höre nicht auf, für euch zu bitten.“
Was ist damit gemeint? Man muss ja auch mal essen gehen, man hat auch andere Dinge im Kopf, die man versorgen muss.
Ich möchte Sie bitten, richten Sie noch einmal den Blick auf den betenden Mose auf dem Berg.
Da wird gezeigt: Das Gebet ist nicht wie ein Zauberwort. Da wird nicht gesagt: Hoppla, hopp, und dann ist alles gelöst.
Das Gebet ist ein Ringen. Es wird erzählt, dass wenn die erhobenen Hände Moses herabsanken, Israel zurückwich.
Nicht weil sie vielleicht meinten, der Schutz sei von ihnen gewichen, sondern weil wirklich der Schutz Gottes wich.
Sie können das bis in Ihr Leben hinein verfolgen. Es kann sein, dass Sie ganz ähnliche Erfahrungen machen, dass Gott Sie das gleiche lehren will und Sie das an praktischen Beispielen einstudieren lässt.
Nur durch das Gebet gelingt es. Sie merken: Das ist kein Zufall, sondern es liegt wirklich am Beten.
Es wird extra darauf hingewiesen, dass das alles so geschah, weil Gott hier ein Exempel statuieren wollte, das zum Gedächtnis in ein Buch einzuschreiben sei, damit es für die Nachkommen wichtig ist.
Ich bin froh, dass uns das heute bis zu uns weitergekommen ist, damit wir lernen, wie Gott durch das Gebet handeln will.
Ich sagte schon: Man kann nicht dauernd beten, das geht nicht, man muss seiner Arbeit nachgehen.
Wunderbar ist, dass Aaron und Hur mit auf den Berg gingen und Moses Arme stützten.
Wir haben eine ganz andere Form untereinander, und wir sollten offen darüber reden, dass wir füreinander beten.
Ich weiß nicht, haben Sie Menschen, die für Sie beten? Wenn Sie wieder in der Arbeit sind, die für Sie beten?
Ich bin überzeugt, dass das bei Gott ganz groß ist, wenn Eltern für ihre Kinder beten, auch wenn die Kinder gar nichts davon wissen.
Wie groß ist das bitte?
Es ist wichtig zu wissen, dass es Gott nicht um viele Worte geht, sondern in den ausgereckten Armen wird eine Gebetshaltung sichtbar.
Das heißt: Mose dachte nicht, „Jetzt haben wir es geschafft, jetzt machen wir es mit unserer Muskelkraft fertig.“
Bis zum Schluss bleibt klar: Es gelingt allein durch die Gegenwart des Herrn, allein durchs Gebet.
Allein den Vätern kann es noch gelingen.
Wir können in Situationen geführt werden, die uns schrecken und ängstigen.
Dann denken Sie daran: eine Nonstop-Haltung des Glaubens.
Darum führt uns Gott von einem Engpass in den nächsten.
Das Christenleben ist, Gott sei Dank, keine Zeit, in der bloß Sonnenschein herrscht.
Unser Glaubensleben würde absterben, wenn es so wäre.
Gott führt uns hinein, wo wir das Beten lernen, und es uns immer wichtiger wird.
Es ist mir nur wichtig, dass Sie Freunde haben und finden, die für Sie beten.
Mir ist es wichtig, dass wir hier im Gottesdienst ein paar menschliche Zeichen miteinander austauschen, dass wir uns grüßen und aufeinander zugehen.
Das ist nicht wegen der Geselligkeit wichtig, das ist ein Nebenprodukt.
Das Wichtigste ist, dass Sie jemanden kennenlernen, von dem Sie wissen: „Der denkt an mich.“
Wen können Sie das sagen, wenn Sie zur Operation gehen?
Wer trägt bei Ihnen die Last mit, die Sie fast erdrückt und die Sie kaum jemandem anvertrauen können?
Wer betet für Sie?
Ihre Hände werden müde und lasch, aber wenn andere da sind, die für Sie beten, wird das Gebet eine Nonstop-Haltung des Glaubens.
Das stimmt, was Paulus sagt: „Betet ohne Unterlass.“
Wenn wir mitten in der Arbeit stehen und der Kopf schon ganz woanders ist, zieht das Schreien und Seufzen zu Gott durch den ganzen Tag hindurch.
Am Ende sagte Mose: „Der Herr ist mein Siegeszeichen.“
Das heißt eigentlich: „Der Herr ist mein Panier.“
Das ist der letzte Sinn, wenn wir Krankenbesuche machen oder am Sterbebett stehen.
Dass wir dort noch über den schwachen Leib, dort im Hinscheiden, wenn unser irdisches Leben erlischt, das Siegeszeichen unseres Herrn aufrichten.
Dass wir dabei bleiben, dass das uns begleiten soll, dass wir dabei bleiben, bis der letzte Atemzug unseres Lebens verstummt.
„In deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Eine Nonstop-Haltung des Glaubens von den ersten Tagen an, wo wir zum Glauben kamen.
„Der Herr ist mein Panier, ist mein Siegeszeichen. Auf ihn baue ich, ihm glaube ich, ihm traue ich.“
Das ist das Vermächtnis, das Mose uns mitgegeben hat, wie er sein Gebet verstand:
„Die Hand an den Thron des Herrn.“
Schöner kann man das Gebet nicht umschreiben.
Die Hand an den Thron des Herrn, der mächtige Gott, der herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Und Sie dürfen seinen Thron im Gebet erfassen und dürfen gewiss sein: Er hält Sie. Amen.
Die Einladung zum Gebet: Gottes Nähe und unser Vertrauen
Er redet zu uns durch sein Wort. Es gibt ein Sprichwort, das lautet: Gehe nicht zum Fürsten, wenn du nicht gerufen wirst.
Ich habe mich zuweilen nicht an dieses Wort gehalten, und es ging dann meist entsprechend. Zum Beispiel einmal, da wollte ich eine Sache bei einer Behörde erreichen und hatte ein Bitten geschrieben. Dann habe ich gewartet. Ich bin ja ein geduldiger Mensch und habe 14 Tage gewartet, doch es kam keine Antwort.
Nun ja, ich habe noch einmal 8 Tage gewartet, wieder keine Antwort. Noch einmal 8 Tage, wieder nichts. Da dachte ich, jetzt rufe ich mal an. Dann kam je nach hoher Rat dahinten ans Telefon. Ich fragte ihn, wie die Sache denn aussehen würde.
Dann schrie er los. Das war unglaublich! Er sagte, dass ich doch nicht dauernd anrufen solle. Es war natürlich das erste Mal, dass ich angerufen habe.
„Was meinen Sie denn? Wir haben doch noch anderes hier zu tun, und Sie stören unsere Arbeit. Ihre Sache liegt im Stoß, die wird auch noch bearbeitet, wenn wir dran kommen. Muss ein höherer ganz weit weghalten“, so hat er gebrüllt. Ich weiß nicht, fünf oder sechs Minuten lang.
Ich dachte, wenn er nur ein wenig zugehört hätte, vielleicht eine Minute, hätte ich die Sache vielleicht sogar mündlich in kürzerer Zeit regeln lassen können. Aber es hört einem ja niemand zu.
Haben Sie das auch schon erlebt? Dass niemand einem zuhört?
Die menschliche Erfahrung von Ablehnung und Gottes offene Einladung
Man kann schlechte Erfahrungen mit Menschen machen, wenn sie auf andere zugehen und sagen: „Du, kannst du nicht das mittragen?“ Dann antwortet der andere oft: „Lass mich doch bitte in Ruhe, ich habe doch selbst genug Lasten zu tragen.“
Manchmal meint jemand, er müsste einem noch etwas abladen, doch der andere versteht: „Ich habe keine Zeit, ich bin überarbeitet. Lass mich bitte in Ruhe mit deinen Bitten.“ So sprechen Menschen miteinander.
Wir hätten durchaus Verständnis, wenn der ewige Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, zu uns sagen würde: „Lass mich doch in Ruhe mit deinen irdischen Sorgen, das geht mich nichts an. Ich habe Größeres und Wichtigeres zu tun.“
Wenn Gott sagen würde: „Bleib mir vom Leib mit deinen ewigen Dingen, die du mir daherschleppst, ich kann das nicht mehr ertragen“, dann wäre das genau das Gegenteil von dem, wie es wirklich ist.
Wir Menschen wehren uns oft ab. Gott jedoch wehrt nicht ab. Er fordert auf, er macht Mut und er betet. Überall, wo man in der Bibel hinsieht, findet man Ermutigungen, dass wir ihm alle unsere Nöte und Sorgen fortwährend sagen sollen.
Das will er haben, das gefällt ihm. Man kann gar nicht genug beten, er will das haben, und es ist die große Freude Gottes.
Ich bin so dankbar, dass wir heute über das Gebet sprechen können. Dabei gibt es sicher viele Unklarheiten darüber, was das Gebet überhaupt ist.
Was ist das Gebet? Ist das Gebet nur ein Selbstgespräch? Ist es ein Gespräch mit jemandem, der zuhört? Oder ist das Gebet vielleicht ein feierliches Aneinanderreihen rauschender Worte in einer Kirche?
Drei Bilder des Gebets: Schutz, Siegeszeichen und beständiges Vertrauen
Ich möchte Ihnen heute drei Bilder zum Gebet mitgeben, an denen ich mir klar mache, was Gebet bedeutet. Erstens: Das Gebet ist eine Schutzhütte im Ungewitter.
Man stellt sich vor, man ist auf einer Wanderung unterwegs. Plötzlich wird der Himmel schwarz und dunkel, und man spürt, dass ein Unwetter naht. Wenn dann die ersten dicken, schweren Regentropfen fallen, wie gut ist es da, wenn man plötzlich im Wald eine Schutzhütte findet. Dort kann man hineingehen, sich setzen und abwarten, bis das Unwetter vorüber ist.
Das ist etwas Schönes: eine Schutzhütte mitten im Ungewitter. Dieses Bild ist nur ein schwaches Symbol dafür, was das Gebet bedeutet. Im Leben gibt es noch ganz andere Unwetter, die über Menschen hinwegfegen.
Ich denke, das ist der Grund, warum heute Morgen viele von Ihnen einen Gottesdienst aufsuchen. Sie gehen durch schwere Nöte hindurch. Deshalb bin ich froh, dass wir heute diese unglückselige Kriegsgeschichte als Predigttext haben. Man mag sich fragen: Was hat es eigentlich mit dem Krieg auf sich? Wir Menschen sind in ein fortwährendes Ringen hineingestellt. Warum kämpft Amalek gegen Israel? Man weiß es nicht. Zuvor gab es keinen Anlass. Israel hat das Land der Amalekiter nicht betreten, niemandem Unrecht getan oder einen Bürger verletzt.
Trotzdem überfällt das Unheil sie. Wir Christen wissen auch etwas von diesem schrecklichen Kampf der Mächte der Finsternis, wenn wir erleben, wie Menschen, die uns lieb sind, leiden.
Ich denke heute, am Muttertag, denkt eine Mutter nicht nur mit frohem Herzen an ihre Kinder. Da spürt man auch etwas von der Macht der Finsternis, die losbrechen kann. Man sagt: Was ist das bloß? Ich bin hineingestellt in einen Kampf. Ich spüre, ich schaffe das nicht, ich erliege, und ich kann nichts dagegen tun. Man wird attackiert, brutal zusammengeschlagen, es streiten Mächte mit einem. Was soll ich tun?
Israel ging durch eine ganze Kette solcher Nöte. Es begann mit der großen Last des Pharaos, der das Volk demütigte und unterdrückte. Als sie endlich in der Wüste waren, war das keine Freiheit. Dort ging das Leid weiter, eine Not nach der anderen.
Zuerst hatten sie keinen Hunger, kein Brot. Sie litten Hunger. Man kann sich vorstellen, wie es ist, wenn man marschieren muss, die Kinder an der Hand hat, die Füße wund sind von spitzen Steinen und die Sonne niederbrennt. Dann hatten sie kein Wasser, und niemand wusste, wie es weitergehen sollte.
Zu allem Überfluss, völlig unnötig und unsinnig, fielen plötzlich die Amalekiter über dieses wehrlose Volk her, um es zu vernichten und auszulöschen.
Und das ist das Wunderbare am Gebet: Es ist eine Schutzhütte im Ungewitter. Das Volk Israel, als ob es in großem Frieden stünde. Mose ist auf dem Berg, und er betet.
Gebet und Handeln gehören zusammen: Mut und Vertrauen in der Not
Ich möchte deutlich darauf hinweisen, wie die Bibel das sieht: Beten und Arbeiten, Handeln und Beten gehören zusammen. Es wird nicht gesagt, entweder das eine oder das andere.
Das Volk kämpfte, es musste sich wehren. Doch das Beten ist die Grundlage dafür, dass man handeln kann. Mutig ziehen sie aus. Eigentlich hätte man sagen müssen: Wie soll das überhaupt noch gehen? Da wäre mein Herz in die Hose gerutscht, wenn Mose zu Joshua gesagt hätte: „Sakum streite wieder amalecke, wie soll das gehen?“
Und dann wird dieses Zeichen gegeben: Mose steht oben auf dem Berg und erhebt die Hände zu Gott. Das Gebet ist eine Schutzhütte im Ungewitter.
Ich möchte jetzt in Ihre Nöte hineinsprechen, in die Dinge, die Sie bewegen, wo Sie sagen: „Das schaffe ich nicht, das geht über meine Kraft hinaus, ich meistere das nicht mehr.“ Dann machen Sie es doch so wie das Volk Israel. Legen Sie diese Not, gemeinsam mit den anderen, Gott einfach vor die Füße. Sagen Sie: „Ich weiß, dass du, Gott, Herr im Himmel und auf der Erde bist. Bei dir ist alles möglich.“
Wie hat Jesus es denn in Gethsemane gesagt? „Aber lieber Vater...“ So einfach wie ein Kind zum Vater hat Jesus die ganze Not dem Vater vor die Füße gelegt. Meinen Sie denn, Gott interessiere das nicht? Er will doch Ihr Beten hören. Meinen Sie, das ginge an ihm vorüber? Meinen Sie, seine Hände wären gebunden und er wollte nicht helfen?
Ich bin sehr froh, dass uns die Bibel durch diese Geschichten, die uns ja oft fremd sind – wir sind ja so friedliebende Menschen –, zeigt, dass es stimmt mit dem Existenzkampf, in dem wir stehen.
Das Leben kann von frühen Kindertagen an eine schwere Last sein. Ein Stehen, Kämpfen, Hinfallen und wieder Aufrichten. Uns wird kein Idyll vorgemalt, sondern es wird so gesprochen, wie das Leben wirklich ist.
Gottes Verheißung und Schutz inmitten der Not
Und jetzt hören Sie noch einmal die Worte, die wir vorhin bei der Schriftlesung gehört haben: „Du Elende, über die alle Wetter gehen, die keinen Trost fand. Siehe, ich will deine Mauern gründen auf Edelsteine.“
Da wissen sie, warum das Gebet eine Schutzhütte im Ungewitter ist. Denn sie können ihre Nöte Gott einfach hinlegen. Im Gebet werden sie schon ruhig. „Meine Sache wird von Gott wunderbar hinausgeführt. Keine Waffe, die gegen dich bereitet wird, soll es gelingen, und jede Zunge, die sich gegen dich erhebt, sollst du im Gericht schuldig sprechen.“
Das ist das Erbteil der Knechte des Herrn und ihrer Gerechtigkeit. „Sie kommt von mir“, spricht der Herr. Diese große Not, die Amalekiterkämpfe Israels, scheitert wie ein Blitzer am Himmel. Urplötzlich standen die Feinde da und waren über sie hergefallen.
Ich meine, dass das auch noch einen sehr leicht erklärbaren Grund hat, den wir nur als Christen im Glauben verstehen. Das Volk Israel hatte ja schon vorher, in den zurückliegenden Tagen, an Gott gelitten. Das ist das Allerschlimmste, wenn man im Glauben zweifelt und müde wird.
Als die Kinder hungrig schrieen: „Vater, gib uns Brot!“, war kein Brot da. Da schimpften sie auf Gott: „Gott führt uns an der Nase herum. Wir haben satt mit diesem Gott. Wir wollen nicht mehr seine Wege. Zurück nach Ägypten, lieber noch beim Pharao Knechtsdienste tun.“
Das ist das Schlimmste, wenn ein Mensch die Führung Gottes aufgibt und ausweicht. Im gleichen Kapitel 17 – wenn Sie jetzt Ihre Bibel haben, schauen Sie vorne hin – da war dieses Haderwasser. Sie haderten mit dem Herrn. Wenn die Zunge trocken ist und der Mund, kein Wasser mehr da heißt, und man sucht und sucht, aber es gibt kein Wasser.
Dann schrien sie zum Herrn, wieder schrien sie: „Wissen unser Gott, ich seh ja nichts von Gott.“ Und es ist jetzt wie ein nochmaliges Exempel, als wenn Gott, wie bei einem Schüler, der schlecht versteht, im Repetieren noch einmal einschärfen will: „Wo ist denn dein Gott? Merkst du’s nicht, Israel? Wo ist denn dein Gott?“
Da ist die Schutzhütte im Ungewitter. Merkt ihr es? Damals war es Mose am Haderwasser, Massa und Meriba, der zum Herrn schrie und die Hände erhob. Und ihr, Israel, habt das jetzt begriffen. Wenn die Amalekiter über euch herfallen und ihr zum Herrn schreit,
wissen Sie das auch noch am Montag, wenn es bei Ihnen ganz schlimm hergeht? Wissen Sie dann noch, dass Sie ihre Hände erheben können, unserem Herrn, ihrem Gott rufen? Er will Ihnen zeigen, dass er der Schutz der Geringen ist, der arme Schutz im Unwetter.
Wie die Hitze in der Zeit der Dürre wütet, du demütigst der Fremde, Ungestüm. Wie die Hitze brichst du durch den Schatten der Wolken, du dämpfst der Tyrannen Siegesgesang. Das ist das Wunderbare, was unser Gott wirken kann.
Darum stimmt das: Das Gebet ist schon die Schutzhütte im Ungewitter. Wenn ich den Namen des Herrn anrufe, bin ich mitten in der Not schon geborgen.
Das Gebet als aufgerichtetes Siegeszeichen
Ein zweites Bild für das Gebiet: Ein aufgerichtetes Siegeszeichen.
Wir sehen, wie Mose Joshua auffordert und sagt, nun immer ein paar Männer herzubringen. Beten allein genügt nicht, es muss auch gehandelt werden. Doch jetzt will ich mit niemandem streiten.
Wissen Sie, das Gebet wird erst richtig interessant in den Augenblicken, in denen wir keinen Mut mehr zum Handeln haben. Wenn jemand sagt: „Ich brauche nicht zu beten“, dann will ich nicht widersprechen. Man muss ja nicht beten. Aber das Gebet ist die Chance, die Gott uns einräumt in Momenten, in denen keine Lösung mehr sichtbar ist.
Und genau dort werden die Menschen durch das Gebet erst richtig zum Handeln ermutigt. Ihr Blick richtet sich nach oben, und da steht Mose auf dem Berg. Er vollzieht eine ganz merkwürdige Zeremonie, indem er seinen Hirtenstab gegen den Himmel erhebt.
Der Hirtenstab von Mose hat eine besondere Bedeutung. Er hatte ihn seit einigen Tagen, als er als Hirte in der Wüste Sinai die Herden seines Schwiegervaters Jetro hütete. Doch an diesem Stab hat sich Gott verherrlicht. Er wird in der Bibel verschieden genannt: einmal „der Stab Mosis“, einmal „der Stab Gottes“.
Es war so etwas wie ein Mittelding. Dieser Stab war das Werkzeug, durch das Gott schon gewirkt hatte – einst bei Pharao, als die Wunder geschahen. Der Stab, den Mose auf den Boden warf. Wie Zauberer dabei standen, und später die Plagen über das Volk Ägyptens kamen.
Dieser Stab, mit dem Mose einst vor dem Roten Meer stand und sich tief hinunterbeugte. Er schrie zum Herrn und hielt den Stab in der Hand. Die Fluten teilten sich, und das Volk Israel ging trockenen Fußes hindurch. Das ist der Stab.
Und diesen Stab nimmt Mose nun. In seinem Beten erinnert er sich daran. Er reckt ihn nicht aufs Meer, sondern zum Himmel. Er sagt: „HERR, du musst jetzt helfen!“ So darf man Gott provozieren. Er ruft ihn beim Namen an.
Das bedeutet: Unser Gebet geschieht im Namen Jesu. Wir kommen vor Gott und sagen nicht: „Ich komme, weil ich etwas einklagen kann“, sondern weil Jesus uns dazu aufgefordert hat. Deshalb wissen wir, dass unser Gebet nicht umsonst sein wird.
Manche denken, Beten sei unverbindliches Telefonieren, bei dem man fragt: „Gibt es da vielleicht eine Hilfe? Ist das eventuell möglich?“ Nein! Beten ist das aufgerichtete Siegeszeichen.
Das heißt hier: Der Herr ist mein Panier. Ich wollte dieses Bild eigentlich nicht verwenden, weil wir heute kaum noch mit militärischer Sprache vertraut sind. Aber ein aufgerichtetes Siegeszeichen im Gebet bedeutet, dass es uns nicht nur um eine kleine Anfrage geht, ob Gott vielleicht helfen kann.
Der Stab, der gen Himmel gereckt wird, ist ein Zeichen des Vertrauens. Um Jesu willen rufen wir zu Gott und wissen: Du wirst alles wunderbar führen. Es wird herrlich sein, und wir können nur beschämt staunen. Du wirst Hilfe geben, du wirst Lösungen schaffen.
Der aufgerichtete Stab gen Himmel ist die Aufforderung: „Herr, zerbrichst du diese Schranke? Komm du nun und schaffe dein Heil mitten unter uns!“ Wenn wir im Namen Jesu beten, dann sagen wir das ruhig so.
Du hast einst durch Jesus den tobenden Sturm zum Schweigen gebracht. Du hast am Ostermorgen in Jesus das Grab gesprengt. Doch was ich heute bringe, diese kleine Not, die mich bewegt, Herr – erweise deine Herrlichkeit an uns!
Dort stehen einige stündige Menschen. Die Israeliten waren ja gottlose, murrende Leute. Aber sie haben ihre Augen aufgerichtet, weil Gott gnädig ist und sich seiner Leute erbarmt. Wie viel mehr dürfen wir Zuversicht haben und gewiss sein, dass Gott uns hören wird!
Dieses Siegeszeichen im Gebet aufrichten – ach, es wäre schlimm, wenn wir das Gebet nur als das Gebaddel der Heiden verstehen würden. Das schleicht sich leider auch bei Christen immer wieder ein. Man stellt sich vor, es müsse irgendwo feierlich sein.
Natürlich gibt es sehr schöne Gebete, und die schönsten stehen in Büchern – das ist unbestritten. Aber das Gebet hat auch seinen ursprünglichen Charakter: Es ist das Schreien der Kinder zum Vater.
Doch nicht nur das, mitten im Schreien ist es das aufgerichtete Siegeszeichen. Das bedeutet: „Du, Herr Gott, Himmel und Erde, ich rufe dich an. Und du weißt, dass du hören wirst.“
Das Gebet als beständige Haltung des Glaubens
Drittens: Das Gebet ist eine ununterbrochene Haltung des Glaubens. Ich wollte Ihnen drei Dinge zeigen: die Schutzhütte im Ungewitter, das aufgerichtete Siegeszeichen und eine neue, beständige Haltung des Glaubens.
Nun, Stopp! In der Bibel gibt es Stellen, die sagen: Betet ohne Unterlass. Wie ist das gemeint? Irgendwann muss man ja auch schlafen, wenigstens ein paar Stunden. Wie soll das funktionieren? Das Gebot „Betet ohne Unterlass“ findet sich bei Paulus sehr oft. Er sagt zum Beispiel: „Höre nicht auf, für euch zu bitten.“ Was bedeutet das? Man muss ja auch essen und hat noch andere Dinge im Kopf, um die man sich kümmern muss.
Jetzt möchte ich Sie bitten, Ihren Blick noch einmal auf den betenden Mose auf dem Berg zu richten. Dort wird gezeigt, dass Gebet kein Zauberwort ist. Es ist nicht so, dass man einfach „hoppla“ sagt und dann ist alles gelöst. Das Gebet ist ein Ringen. Es wird erzählt, dass, wenn die erhobenen Hände Moses heruntersanken, Israel zurückwich. Nicht etwa, weil die Soldaten das gesehen hätten und dachten, der Schutz sei weg, sondern weil tatsächlich der Schutz Gottes schwand.
Sie können diese Geschichte auch in Ihrem eigenen Leben nachvollziehen. Es kann sein, dass Sie ganz ähnliche Erfahrungen machen. Gott will Sie das Gleiche lehren und lässt Sie das an praktischen Beispielen einüben. Nur durch das Gebet gelingt es. Sie merken dann, dass das kein Zufall ist, sondern wirklich nur am Beten liegt.
Außerdem wird später extra darauf hingewiesen, dass all das so geschehen sei, weil Gott ein Exempel statuieren wollte. Dieses Beispiel sollte zum Gedächtnis in ein Buch geschrieben werden und ist für die Nachkommen wichtig. Ich bin so froh, dass diese Geschichte bis heute zu uns gekommen ist, damit wir lernen, dass Gott durch das Gebet handeln will.
Ich habe ja schon gesagt: Man kann nicht ständig beten, das geht nicht. Man muss ja auch seiner Arbeit nachgehen. Umso wunderbarer ist es, dass Aaron und Hur mit auf den Berg gingen und die Arme Moses stützten.
Gemeinschaftliches Gebet und gegenseitige Unterstützung
Wir haben eine ganz andere Form untereinander, und darüber sollten wir auch offen sprechen. Es geht darum, füreinander zu beten. Ich frage mich: Haben Sie Menschen, die für Sie beten? Wenn Sie wieder in der Arbeit sind, gibt es dann jemanden, der für Sie betet? Ich bin überzeugt, dass das bei Gott eine große Bedeutung hat.
Wenn Eltern für ihre Kinder beten – auch wenn die Kinder gar nichts davon wissen – wie groß ist diese Bitte! Das ist wirklich wichtig. Gott geht es nicht um viele Worte, die wir sprechen. In diesen ausgereichten Armen wird eine Gebetshaltung sichtbar. Das bedeutet: Auch Moses hat nicht einfach gesagt, „Jetzt schaffen wir es mit unserer Muskelkraft“. Bis zum Schluss bleibt klar: Es gelingt allein durch die Gegenwart des Herrn, allein durchs Gebet.
Allein den Vätern kann es noch gelingen. Wir können in Situationen geführt werden, die uns Schrecken und Angst bereiten. Denken Sie daran: Es ist eine non-stop Haltung des Glaubens. Darum führt uns Gott von einem Engpass zum nächsten. Das Christenleben ist, Gott sei Dank, keine Zeit, in der nur Sonnenschein herrscht. Unser Glaubensleben würde sonst absterben. Stattdessen führt uns Gott in Situationen, in denen wir das Beten lernen und in denen es uns immer wichtiger wird.
Mir ist nur wichtig, dass Sie Freunde haben und finden, die für Sie beten. Wenn mir das so wichtig ist, dass wir hier im Gottesdienst auch ein paar menschliche Zeichen miteinander austauschen, dass wir uns grüßen und aufeinander zugehen, dann ist das nicht wegen der Geselligkeit wichtig. Das ist nur ein Nebenprodukt, das einfach entsteht. Das Wichtigste ist, dass Sie überhaupt jemanden kennenlernen, von dem Sie wissen: „Der denkt an mich.“
Wem können Sie das sagen, wenn Sie zur Operation gehen? Wer trägt die Last mit Ihnen, die Sie fast erdrückt und die Sie kaum jemandem anvertrauen können? Wer betet für Sie? Ihre Hände werden müde und lasch. Aber wenn andere da sind, die für Sie beten, dann wird das anders.
Das Gebet ist eine non-stop Haltung des Glaubens. Es stimmt, was Paulus sagt: „Ohne Unterlass.“ Und wenn wir mittendrin in der Arbeit stehen und der Kopf schon ganz woanders ist, dann ziehen Schreien und Seufzen zu Gott durch den ganzen Tag hindurch.
Das Gebet als Siegeszeichen bis zum Lebensende
Und dann hat Mose am Ende gesagt: Der Herr ist mein Siegeszeichen. Das heißt eigentlich, es muss vom Feld sein, mein Panier – der Herr ist mein Siegeszeichen.
Das ist der letzte Sinn, wenn wir Krankenbesuche machen. Wenn wir am Sterbebett stehen, dann sollen wir dort über dem schwachen Leib, im Hinscheiden, wenn unser irdisches Leben verlöscht, das Siegeszeichen unseres Herrn aufrichten.
Wir sollen dabei bleiben und uns von diesem Zeichen begleiten lassen, bis der letzte Atemzug unseres Lebens verlischt. Dann können wir sagen: „In deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Das ist eine Haltung des Glaubens, die wir von den ersten Tagen an hatten, als wir zum Glauben kamen.
Daher ist mein Panier der Herr, mein Siegeszeichen. Auf ihn baue ich, an ihn glaube ich, ihm traue ich. Das hat Mose am Ende noch als Vermächtnis mitgegeben, so wie er sein Gebet verstanden hat: die Hand an den Thron des Herrn.
Schöner kann man das Gebet nicht umschreiben: die Hand an den Thron des Herrn, des mächtigen Gottes, der herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und Sie dürfen seinen Thron im Gebet fassen. Sie dürfen gewiss sein, dass er Sie hält. Amen.
