Einführung in das Thema Tod und Verantwortung
Unser Predigttext steht in Lukas 12, Verse 42 bis 48.
Dann spricht Jesus: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über seine Leute setzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit gibt, was ihnen zusteht? Selig ist der Knecht, den sein Herr so tun sieht, wenn er kommt. Wahrlich, ich sage euch, er wird ihn über alles setzen, was ihm gehört.
Wenn aber jener Knecht in seinem Herzen denkt: „Mein Herr kommt noch lange nicht“ und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, so wie zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen, dann wird der Herr dieses Knechtes an einem Tage kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt. Er wird ihn in Stücke hauen lassen und ihm seinen Platz geben bei den Ungläubigen.
Und der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, aber nichts zubereitet und nicht nach seinem Willen gehandelt hat, der wird viele Schläge erleiden müssen. Wer ihn aber nicht kennt und dennoch getan hat, was Schläge verdient, wird nur wenig Schläge erleiden. Denn von jedem, dem viel gegeben ist, wird man viel erwarten, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.
Herr, mach uns bereit auf deinen Tag! Amen!
Liebe Schwestern und Brüder, mir geht es jedes Mal so – ich habe das Ihnen schon oft gesagt –, wenn ich mit dem Tod zusammentreffe, bin ich selbst ungemein erschüttert. Ich möchte auch nicht, dass ich mich daran gewöhne. Denn vor dem Tod wird alles in Frage gestellt.
Da muss man schon sehr hart geschottet sein, dass man sich nicht auf diese Frage einlässt. Wenn das nur an uns herantritt, fragt man sich doch: Für was arbeitet man eigentlich? Was sind unsere ganzen Lebensziele, wenn heute Morgen deine Todesstunde kommt?
Darum gibt es auch unter uns so viele Menschen, die über der Begegnung mit dem Tod jede Orientierung verloren haben. Da wird alles in Frage gestellt. Und vor der Macht des Todes kann man sich nicht mehr weglügen oder wegbetrügen.
Genau das sagt auch Jesus. Er sagt, dass der Tod fortwährend gegenwärtig ist. Der Tod stellt uns in Frage und lässt uns von der Todesstunde her in Frage stellen.
Und wenn Sie die Bibel kennen, wissen Sie, dass Jesus auch hier und an anderen Stellen das noch unterstreicht und sagt: Nicht los wegen der Todesstunde, sondern weil Gott uns mit dem Tod zur Rechenschaft zieht – über alles, was wir getan haben, über jedes Wort, das wir gesprochen haben.
Darum liegt so ein Ernst auch über dem heutigen Ewigkeitssonntag.
Gesellschaftliche Haltung zum Tod und Irrtümer
Ich beobachte heute, dass viele Menschen den Ernst des Todes verdrängen. Es ist erstaunlich, dass nur wenige zugeben, wie sehr sie der Tod trifft. Im Gegenteil, man sieht heute oft große Gleichgültigkeit und oberflächliches Denken.
Woher kommt das? Ich möchte zwei Dinge ansprechen, die ich für sehr schädliche Lügen halte.
Das erste betrifft eine wachsende Verbreitung von Artikeln und Büchern, in denen merkwürdige Erlebnisse geschildert werden. Dort wird von Menschen berichtet, die bei schweren Unfällen scheinbar im Todeszustand waren. Diese Geschichten sind oft skurril. Man weiß manchmal nicht, ob man darüber lachen, spotten oder traurig sein soll. Es wird erzählt, wie sich diese Menschen selbst von außen gesehen hätten, als sie schon scheinbar im Tod waren.
Was hier beschrieben wird, ist jedoch nicht der Tod. Es gibt niemanden, der wirklich über die Schwelle des Todes gegangen ist und zurückgekehrt wäre. Deshalb ist es auch nicht wahr, dass es plötzlich hell und licht wird. Der Tod ist die Zerstörung all dessen, was wir als Leben begreifen und fühlen.
Es ist ein durchsichtiges Manöver, und jeder spürt es, dass diese Berichte und Bücher einem nicht helfen können, die eigene Todesangst zu überwinden. Diese Angst lähmt uns oft unbewusst.
Das zweite, was wir heute oft als Ausflucht hören, wird von vielen täglich vertreten: die Vorstellung einer Wiederverkörperung. Viele sagen: „Irgendwie geht es nach dem Tod weiter, und irgendwo werde ich wieder leben.“
Warum ist das ein gemeiner Betrug? Weil es nicht ernst nimmt, was ich bin. Ich bin einmalig geschaffen, in meinem Wesen original. Man muss wissen, wem man vertraut. Das verträgt sich nicht mit dem Wort Gottes, so wie Feuer und Wasser nicht zusammenpassen.
Gott hat mich als Mensch geschaffen und fordert mich als Mensch zur Verantwortung. Manchmal kommt es mir so vor, als ob moderne Menschen sagen: „Es ist ja nicht so schlimm, was ich lebe. Wenn dieses Leben vorbei ist, lebe ich eben ein neues, noch ein weiteres.“
So wird das Leben zum Wegwerfartikel, den man in verschiedene Formen packt. Aber das ist unmöglich, denn ich lebe heute, und das ist unwiderruflich.
Wenn ich zu Hause einen Brief schreibe, kann ich das Papier zerreißen, wegwerfen und neu schreiben. Das kann ich mit meinem Leben nicht tun, denn die Tage kommen nicht zurück. Ich hafte vor Gott für jeden Tag.
Es ist bezeichnend, dass wir heute so gern die Verantwortung mit solchen Gedanken wegschieben und uns dann noch darauf berufen, als sei das buddhistisches Denken. Das ist es aber nicht.
Beim Buddhismus ist es Ausdruck von Verzweiflung. Die Sehnsucht nach Leben ist im Grunde die Sehnsucht nach Erlösung – die Sehnsucht, ins Nichts einzugehen und endlich von der Last der irdischen Geschöpflichkeit befreit zu sein.
Wenn ein Buddhist solche Gedanken hat, ist das etwas völlig anderes. Aber auch etwas, das wir Christen niemals teilen können.
Unser Leben ist einmalig und unwiederbringlich. Das unterstreicht auch Jesus hier, und ich möchte dazu noch drei Gedanken sagen.
Das Leben als geliehenes Gut und die Rolle als Verwalter
Unser Leben ist nur geliehen – das ist mein erster Punkt. Jesus spricht von Knechten. Das ist ein unbequemes und unschönes Wort. Als Mensch möchte ich doch meine Würde bewahren. Warum nimmt Jesus so gern das Wort „Knechte“? Es klingt doch so, als seien wir nur abhängig von der Welt, in die wir hineingestellt sind. Als irdische Menschen sind wir oft so abhängig, manchmal schon von einem Glas Wasser oder einem Bissen Brot.
Mit unserer ganzen irdischen Körperlichkeit sind wir nichts weiter als Knechte, Sklaven, die mit ihrem Leib von irdischen Dingen abhängig sind – von einigen wenigen Dingen, die wir für ein erfülltes Leben brauchen. Jesus spricht von Sklaven, die ein hohes Amt begleiten dürfen, die als Verwalter eingesetzt werden. Man vergisst dann schnell: Sind sie dann keine Sklaven mehr? Nein, offenbar nicht. Diese Sklaven werden herausgeholt und von dem Hohen Herrn eingesetzt, damit sie für ihn einen wichtigen Posten begleiten.
Das ist so großartig, denn das Evangelium zeigt uns immer eine positive Seite und gibt eine Ermutigung zum Leben. Man kann dieses irdische Leben erst richtig begreifen, wenn man es vor Gott lebt. Dann kommt man der Erfüllung, der Freude und dem Sinn des Lebens wirklich nahe.
Gott nimmt irdische Menschen, die gebunden und abhängig sind von ihrer Empfindsamkeit, ihren Nerven, ihrer Geschöpflichkeit, ihrer Schwäche, ihrer eigenen Begrenzung, ihres Charakters und ihrer Gedanken, und gibt ihnen ein Amt. Einen Platz, an dem sie dienen, verwalten, schaffen und wirtschaften können. Gott wird dabei mit einem großen Manager verglichen, der Direktoren einsetzt.
Diese müssen ihre Lebensaufgaben vor Gott ordnen. Ohne das können sie nie Freude am Leben finden. Sie müssen verstehen: Was hat mir Gott anvertraut? Kein Schüler geht zur Schule, weil er zur Schule muss, sondern weil Gott ihm einen Verstand gegeben hat, den er trainieren kann. Er darf die Gaben, die Gott ihm anvertraut hat, entfalten.
Ich denke, die Verunsicherung heute mit unseren Rollen, die wir spielen, kommt daher, dass wir gar nicht mehr vor Gott planen. Welchen Platz habe ich? Wo bin ich Verwalter der Gaben?
Die Verunsicherung trifft besonders oft das weibliche Geschlecht: Soll ich Hausfrau sein oder berufstätig? Man muss wissen, welchen Platz Gott einem anvertraut hat – wo man Verwalter ist. Und wenn jemand sagt, das ist doch kein Geschäft, Tassen spülen und Haushalt, dann stimmt das sicher. Aber wenn Gott mir das anvertraut hat, dann ist das ein heiliger Platz, ein Amt – sei es im Haushalt oder im Büro oder wo auch immer ich bin.
Darum können wir auch junge Menschen nicht so leicht lossprechen, auch nicht, wenn sie 18 Jahre alt sind. Sie haben noch einen Platz zu Hause, denn unsere Stellung gegenüber unseren Eltern ist ein von Gott zugewiesener Platz. Deshalb sind wir in unser Volk hineingestellt. Wir sollten die Verantwortung ernst nehmen, wo wir wohnen, aber auch den Umgang mit den Gütern.
Der Umgang mit unserem Leib und mit unserer Zeit ist wichtig. Wir sollten niemals sagen, wir haben keine Zeit. Wir haben 24 Stunden, aber wir müssen sehr sorgfältig mit diesen 24 Stunden umgehen. Darum tragen wir eine große Verantwortung.
Das macht mich frei. Ich sage: Ich bin nie den Menschen hörig, auch wenn mich noch so viele pressen wollen und alle kommen und sagen: „Das musst du jetzt!“ Nein, ich muss gar nichts. Ich bin nur meinem großen Chef verantwortlich. Und ich will meine Sachen so verwalten, dass ich vor ihm stehen kann.
Meinen Terminplan muss ich vor meinem Chef verantworten. Ich will meine Zeit sinnvoll, klug und verständig einteilen. So bekommt man auf einmal Freude am Leben. Was ist das? Ich habe Leben geliehen bekommen. Ich habe Gaben von Gott anvertraut bekommen, und ich will sie richtig nutzen und einsetzen.
Als ich am Freitag die Nachricht bekam, dass in Esslingen der Evangelist Doktor Gerhard Bergmann heimgerufen wurde in die Ewigkeit, habe ich daran gedacht: Gott hat die Zeit zugemessen. So plötzlich sie von den Einzelnen auch kommen kann, Gott gibt mir die Chance, noch ein bisschen zu wirken. Wie lange, weiß ich ja gar nicht.
Jetzt bin ich dreiundvierzig. Herr, schön, wenn ich noch ein bisschen Zeit hätte. Aber ich will jeden Tag nehmen, als wäre es der letzte, weil jeder Tag kostbar, wertvoll und bedeutsam ist. Die Menschen, die ich heute treffe, sind wichtig. Die Aufgaben, die ich habe, sind wichtig.
Dabei geht es nicht darum, dass es nach unserer Meinung wichtige und unwichtige Aufgaben gibt. Wichtig ist nur, wie Gott die Dinge beurteilt und ansieht. Jeder Dienst ist bedeutsam, jedes Wort, das man spricht, jedes Grüßen, jede Begegnung und jeder Dienst der Liebe.
Darum ist es auch so groß, bis hin zum Tassenspülen, wenn es als Auftrag für Gott getan wird. Jeder kleine Dienst, den wir tun, zählt. Mein Leben ist ein großes Wunder, weil Knechte, Diener Gottes werden können. Aus schlichten, irdischen, sterblichen Sklaven werden Beauftragte Gottes.
Die Bedeutung der Ewigkeit für das Leben im Hier und Jetzt
Zweites, was wir jetzt betrachten wollen: Nur von der Ewigkeit her kann man den Augenblick begreifen. Wir sprechen ganz wenig vom Gericht. Warum meinen wir, es gäbe kein Gericht? Glauben Sie, Jesus hätte sich getäuscht? Oder glauben Sie, Jesus hätte es mit der Wahrheit nicht so genau genommen?
Da steht, dass in Stücke gehauen wird. Und ich darf es hier mal ganz offen und auch hart sagen – für unsere jungen Leute, wie er neulich auch in einem Taufgottesdienst sagte: Bei vielen Menschen wäre es besser, sie wären nie geboren.
Nach all dem, was wir vom Gericht Gottes wissen, ist es eine Frage, ob ich auf die Ewigkeit Gottes hin lebe. Mein Leben kann in dieser Welt noch so gut aussehen, schick und schön sein, aber ob es vor Gott gut war, das ist die entscheidende Frage. Denn dieses kurze irdische Leben ist nie das Wertvolle.
Es wird davon gesprochen, dass die Stunde ganz plötzlich da sein wird. Wir sollten uns auch nicht bloß von der Angst vor den kommenden Kriegen fixieren lassen. Eigentlich noch viel bedrohlicher liegt ja unsere Todesstunde vor uns. Und dann kommt der Herr, dann ruft er mich, und ich stehe vor ihm. Dann fragt er mich nach all den Dingen: Was hast du gelebt?
Das ist wie eine überraschende Kassenrevision, bei der die Kasse nicht in Ordnung ist. Das geht doch gar nicht. Man muss Tag und Nacht bereit sein. Ganz plötzlich kommt er, überraschend ist er da, und dann fragt er: Wie steht es da?
Das Gericht ist eine ganz harte Tatsache. Ich brauche gar kein Wort mehr dazu zu sagen, weil es jeder Mensch spürt. Das ist auch der Grund, warum man heute mit ganz wenigen Menschen über das Sterben reden kann, weil sie genau wissen, dass im Tod die große Prüfung kommt und dass ich dann vor Gott stehe.
Aber Jesus spricht ja in dem ganzen Zusammenhang noch viel wunderbarer. Er spricht von den treuen Knechten, und da will er uns Mut machen und sagen: Wer an seinem Platz treu war, den wird er zu großen Aufgaben einsetzen.
Ich kann es nie leiden, wenn man so tut, als ob man in der Ewigkeit sanft ruht. Ruhe in der Ewigkeit ist Aktivität, sprühende Vitalität. Ich will doch etwas tun, will doch nicht auf dem Kanapee liegen in der Ewigkeit. Ich will doch etwas umtreiben, ich will doch etwas wirken.
Gott wird uns zu Aufgaben berufen, nach dem Maß, wie wir hier im Kleinen treu waren. Darum ist das, was wir hier tun, nur eine Übung – zum Beispiel unsere Eheverhältnisse.
Es ist erschütternd, wie auch heute zunehmend Christen ihre Eheverhältnisse prüfen, wie viel Glückserfüllung sie darin finden. Sie sehen gar nicht, dass sie hier Haushalterschaft haben und Verantwortung tragen – wie ich zu einem anderen bin. Alle Verhältnisse meines Lebens, in die ich hineingestellt werde, werden daraufhin geprüft, ob ich ein guter Verwalter Gottes war.
Jesus spricht davon, dass es ein Missverständnis ist, wenn einer nur fragt, wie das für sich herauskommt. Der isst und trinkt und sagt: Hauptsache, mir geht es gut. Nein, Hauptsache ist, ich kann anderen dienen. Was kann ich an anderen weiterbringen?
Das wird ganz wichtig: Die Aufgaben, die ich in dieser Welt habe, sind Vorbereitung für neue und größere Aufgaben in der Ewigkeit. Das ist auch die Antwort, wenn Sie oft fragen: Warum hat Gott so tüchtige Leute weggeholt, die in unserer Welt so eine Lücke lassen?
Im Himmel braucht man auch tüchtige Leute. Gott braucht auch treue Diener in der Ewigkeit. Darum holt er Leute oft mitten heraus aus der Schaffensfülle, auch da, wo sie in der Reichsgottesarbeit fehlen, weil sie bei ihm ganz besonders nötig wären.
Leben in der Verantwortung und Treue vor Gott
Meine Frau und ich hatten in der letzten Woche eine wunderbare Zeit in England. Wir waren zusammen mit den Leitern von 86 evangelischen Missionen bei einer Konferenz. Dort wurde eine Planung entworfen, wie die bisher unerreichten Völker der Welt – und davon gibt es sehr viele – mit dem Evangelium erreicht werden können.
Es ist immer wieder beeindruckend, wenn man in eine solche Umgebung von Christen kommt, die man bisher nicht kannte. Man wird ungemein angesprochen. Was mich am tiefsten beeindruckt hat, war die Ruhe und Klarheit, mit der diese Brüder dort sprachen. Besonders, wenn es um ganz schwierige Dinge geht: Mission in Ländern des Islam, wo jedes christliche Zeugnis verboten ist, oder Mission in Ländern, in denen totalitäre Herrschaften jede Verkündigung des Evangeliums unmöglich machen.
Sie sagten ganz sicher: „Wir beten, Gott wird einen Weg bahnen. Und wenn Gott einen Weg bahnt, dann gehen wir diesen Weg, auch wenn alle Widerstände dagegen sprechen. Wir brauchen gar keine sichtbaren Beweise, wenn Gott führt.“
Ich möchte das jetzt für Sie übersetzen: Sie müssen ihre Lebensentscheidungen von der Ewigkeit her erleben. Sie dürfen nicht fragen: „Gibt mir das Erfüllung?“ oder „Gefällt mir das?“ Stattdessen müssen Sie fragen: „Ist das von Gott her bejaht? Gehe ich diesen Weg vor ihm?“ Dann wollen Sie ihn auch durchstehen, selbst wenn lauter Schwierigkeiten da sind.
Es kommt häufig vor, dass man ein schweres Leben hat, mit Leiden und Prüfungen. Aber Sie können nur von der Ewigkeit her leben, weil Sie wissen, dass Sie dort hineingestellt sind. Ich bin zunehmend erschrocken, wie unter Christen auch der Gedanke aufkommt: Darf ich aus einer Familie oder aus einer Ehe ausbrechen, wenn ich dort keine Erfüllung finde? Nein! Gott hat mich hineingestellt, um der Treue meines Dings, meines Willens willen.
Selbst wenn ich mit einem schwierigen und einem ungläubigen Menschen zusammengebunden bin, habe ich dort meinen Platz und meine Aufgabe. Es geht um die Treue, in der Gott mich prüft. Er hat mir viel anvertraut, große Aufgaben gegeben, und diese will ich treu wahrnehmen – wahrlich, wahrlich.
Auch das sagt Jesus, wie so oft im Johannesevangelium. Das griechische „Amen, Amen“ betont: Der wird über viel gesetzt werden. Es geht gar nicht darum, ob wir etwas als groß und leuchtend ansehen, sondern ob wir im Kleinen, im Geringen – so sagte Jesus einmal – treu sind.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese Klarheit haben. Das soll nicht bloß in der Predigt gesprochen sein. Ich möchte Sie einladen: Wir haben heute am Sonntag viel Zeit für private und persönliche Gespräche. Ganz konkret wollen wir mit Ihnen darüber reden, wo der Weg Gottes für Sie liegt und wo Ihre Aufgaben sind, damit Sie gesegnet werden können und Ihr Leben auch für die Ewigkeit wertvoll gelebt ist.
Zusammenfassung und Aufruf zum verantwortlichen Leben
Noch das Letzte: Ich habe Ihnen drei Dinge sagen wollen. Das Leben ist ein Wunder, ein großes Wunder. Man kann den Augenblick nur von der Ewigkeit her richtig begreifen.
Lebe das letzte Leben in vollen Zügen. Lebenslust, Lebenserfüllung – na, natürlich brauchen Sie das. Aber das liegt doch nicht drin, wenn Sie einer vergänglichen Lusterfüllung nachleben. Das ist der Hintergrund unserer ganzen Drogenwelle: dass man die letzte Tiefe doch im oberflächlichen Nervenkitzel sucht. Nein, nein!
Ein Leben, in dem man jeden Tag sagt: Herr, du kannst mich holen. Ich freue mich, wenn ich noch etwas tun muss und tun kann, aber ich will jeden Tag bereit sein. Und dann, Herr, wenn du mir morgen den Montag noch gibst, den 23. November, und vielleicht auch noch den 24. November, will ich ihn füllen – nicht mit lauten Dingen, sondern mit etwas, das gefüllt ist und wichtig und groß.
Achten Sie bitte darauf, dass es nicht bloß darum geht, dass hier der Dienst des Pfarrers oder des Hauptamtlichen gemeint ist. Sondern bei Jesus ist immer davon die Rede, die alltäglichen Dinge: unser Umgang mit dem Geld, die Worte, die wir mit Menschen reden, denen wir begegnen, der Umgang mit den Gütern, mit der Natur, mit den weltlichen Dingen. Ich will das doch richtig füllen und ausnutzen und da etwas tun für ihn.
Gerade im Angesicht der Ewigkeit: Lebe in vollen Zügen. Ich darf noch etwas wirken, etwas tun. Man spricht heute immer wieder davon, was Christen tun müssten und tun könnten. Mir war es sehr eindrücklich, dass der stellvertretende Generalsekretär des Weltkirchenrats, Doktor Konrad Reiser, in Tübingen bei einem Vortrag sagte – ausgerechnet die Stimme aus der Ökumene war mir interessant –, man sei mit der Vorstellung ans Ende gekommen, als ob die Kirche in die sozialen Entwicklungen so viel Einfluss nehmen könnte.
Ich bin froh, dass er sagt: Wenn ich bisher gesagt habe – er hat es ein bisschen böser geklungen –, ich weiß gar nicht, ob ich in meinem Amt, das Gott mir zugewiesen hat, Einfluss habe. Ob ich die großen Kriege auf der Welt stoppen kann. Ich wollte sie alle stoppen – nehmen Sie mir das ab –, ich wollte die ganze Ungerechtigkeit der Welt stoppen, ich wollte das ganze Leid aufheben, ich wollte die ganzen Krankheiten aufheben, ich wollte den Krebs wegnehmen. Ich kann es nicht. Das ist nicht mein Amt, nicht meine Vollmacht.
Gott hat uns einen kleinen Raum anvertraut, auch als Gemeinde hier in Stuttgart. Ich wollte, dass wir in die Politik hineinwirken könnten, in das Sozialgeschehen. Aber wir müssen wissen, wie viel Macht wir haben.
Ich wollte junge Menschen ermuntern und sagen: Fragt doch, ob Gott euch nicht Raum gibt, Großes zu wirken. Prüft es, aber geht nur so weit, wie Gott euch Raum und Macht gibt, und lebt dann das. Tut mit Gott etwas Großes und füllt das Amt ganz aus, das euch Gott gegeben hat.
Es ist ein Platz, an dem man steht. Sonst betrügen wir uns als Christen und reden von den großen Weltproblemen, sind im Kleinen aber untreu.
Und dann ist von mir nicht gefordert, dass ich große Töne spreche, sondern dort den Menschen sehe – ich als der Seelsorger, an den Gott mich gewiesen hat. Und Sie sehen den Platz, den Gott Ihnen anvertraut hat. Leben Sie das in vollen Zügen!
Der Tod ist nicht mehr das Schrecken für uns, wenn wir in Jesus leben. Auch das Versäumte dürfen wir unter seiner Vergebung immer wieder bereinigen lassen. Und dann dürfen wir jeden Tag neu leben, im Namen Jesu, als Verwalter der Gaben, die nicht traurig sind, dass sie nur begrenzte Möglichkeiten haben.
Natürlich haben wir nur unserer Art entsprechend die Gaben, die uns Gott anvertraut. Aber wir rechnen mit dem Segen Gottes. Und wir trauen Gott zu, dass er diesen Tag füllt und gebraucht zu seiner Ehre.
Ich will nur noch fragen: Herr, was willst du heute von mir? Was brauchst du jetzt? Was darf ich heute für dich tun? Amen!