Und wir freuen uns, dass Sie heute Morgen mit uns diesen Gottesdienst feiern. Wenn wir hier zusammenkommen, soll zuerst das Gotteslob erklingen und der Dank gegen Gott ausgesprochen werden. Das ist ein köstlich Ding: Dem Herrn danken und Lob singen deinem Namen, du Höchster des Morgens. Deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen.
Wir wollen das auch miteinander tun, indem wir das Lied singen: „Allmorgen ist ganz frisch und neu“, Nr. 336.
Wir wollen beten:
Du, unser himmlischer Vater, an diesem Morgen können wir nur danken, dass du uns auch diesen Ruhetag schenkst. Du willst uns beglücken und die nötige Erholung geben. Wir bitten dich, dass du heute zu uns reden kannst und uns überhaupt erst das Gespür schenkst, deine Güte zu erkennen, die hinter all den Wohltaten unseres Lebens steht.
Wir danken dir für den Frieden, den wir haben, für die äußere Versorgung und für die Lebenskraft, die du bis heute gegen alle Krankheit erhalten hast. Doch deine Gnade ist noch viel größer. Mit großer Geduld willst du uns als deine Kinder annehmen. Du willst heute Morgen Schuld zudecken und vergeben. Du willst Dinge bereinigen in deinem Licht.
Herr, wir wollen das vor dir tun und dir in der Stille alles bringen, was uns bedrückt und belastet. Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens, und in deinem Licht sehen wir das Licht. Amen.
Die Zusage göttlicher Barmherzigkeit
Jesaja 54, Verse 6-10 in den ausgelegten Bibeln, Seite 693
Denn der Herr hat dich zu sich gerufen wie ein verlassenes und von Herzen betrübtes Weib, und wie das Weib der Jugendzeit – wie könnte es verstossen bleiben?, spricht dein Gott.
Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln. Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser.
Ich halte es wie zur Zeit Noas, als ich schwor, dass die Wasser Noas nicht mehr über die Erde gehen sollten. So habe ich geschworen, dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will. Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen. Aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.
Wir möchten viel verändern, sein Wort verfluchen, um neue Wege zu gehen. Lass dir nicht die Hoffnung rauben, denn wer bei ihm bleibt, wird einen Sieg sehen. Denn um was Jesus gibt, reicht das Leben noch. Kämpfe darum, dass du es nicht verlierst. Er hat schattlich Sieg den Bösen getrunken, drum gib dein Bestes dafür.
An diesem Morgen freuen wir uns an dem Sonnenschein und an vielem, was uns erquickt und erfreut. Aber es ist groß, dass über allem die Gnade Gottes steht. Ich weiß nicht, was Sie sich unter diesem Wort vorstellen.
Wir wollen ein Loblied der Gnade Gottes singen, so wie wir es in der Schriftlesung gehört haben, die auch dann noch feststeht, wenn Berge weichen und Hügel hinfallen. Und dort singen wir die Verse 1, 2 und 4.
Organisatorisches und Liedauswahl
Es tut uns leid, wenn einige stehen müssen, auch bei der Übertragung, wenn es voll ist.
Es tut mir aber auch leid, wenn manche, das sehe ich, nicht einmal mehr ein Gesangbuch haben. Vielleicht helfen sie dann beim nächsten Mal in der Nähe, wenn jemand vom Gotteslob ausgesperrt ist. Das ist nicht fair. Da müssen wir helfen, damit jeder mitsingen kann.
Als Predigttext haben wir 2. Korinther 6,1-10. In den fest eingebundenen Bibeln ist das im Neuen Testament auf Seite 191.
Der Text stammt aus dem 2. Korintherbrief, Kapitel 6, Verse 1 bis 10. Er ist heute der Predigttext in unserer Landeskirche zum Sonntag Invokavit, dem Beginn der Passionszeit. Paulus spricht darin davon, wie er sich in seinem Dienst für Gott bewährt hat.
Die Bedeutung der Gnade im Dienst des Paulus
Als Mitarbeiter ermahnen wir euch, die Gnade Gottes nicht vergeblich zu empfangen. Denn es heißt: „Ich habe dich zur Zeit der Gnade erhört und dir am Tag des Heils geholfen.“ Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils.
Dieses Thema zieht sich durch unseren Gottesdienst hindurch. Ich möchte, dass Sie heute ganz neu verstehen, was dieses oft gebrauchte, abgegriffene Wort „Gnade“ in Wirklichkeit bedeutet.
Wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert wird. Vielmehr erweisen wir uns in allem als Diener Gottes, und zwar in großer Geduld und in Trübsalen. Das meint nicht, wie wir Trübsal gebrauchen, sondern es bedeutet Existenznöte, Nöte, Ängste, Schläge, Gefängnisse, Verfolgungen, Mühen, Wachen und Fasten.
Außerdem in Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungefärbter Liebe, im Wort der Wahrheit und in der Kraft Gottes. Wir kämpfen mit den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken, in Ehre und Schande, in bösen Gerüchten.
Es war schwer für den treuen Paulus, durch verlogene und unwahre Gerüchte hindurchzugehen. Schon in der ersten Christenheit gab es solche Dinge. Paulus wurde als „Verführer“ beschimpft, so hat man ihn wahrscheinlich genannt.
Doch er war wahrhaftig als der Unbekannte und doch bekannt, als der Sterbende. Siehe, wir leben als die Gezüchtigten, und doch sind wir nicht ertötet. Wir sind traurig, aber allezeit fröhlich. Wir sind arm, doch machen wir viele reich. Wir haben nichts, und doch besitzen wir alles.
Die Erfahrung von Vergeblichkeit im Leben und Glauben
Herr, gib in unser armes Leben deine Gnade auch so überwältigend. Tage lang, liebe Freunde, hat die Hausfrau schon an dem großen Kunstwerk gearbeitet. Für das Fest sollte alles wirklich wunderbar klappen. Am Morgen hat sie dann noch Stunden zugebracht, bis endlich die schöne Festtorte fertig war. Schließlich trägt sie dieses Kunstwerk ins Zimmer. Klatsch, patsch – liegt es auf dem Boden. Und die ganze Herrlichkeit ist futsch.
Was sagt sie dann? Es war umsonst, es war vergeblich. Sie könnten jetzt sicher eine Menge erzählen, wo das bei Ihnen vorkommt.
Die jungen Leute, die so gern mit dem Computer arbeiten, haben ganz tolle Sachen erstellt. Sie haben sich Dinge notiert, Listen erstellt und mit Formeln gearbeitet. Doch dann vergessen sie am Ende das Abspeichern, drücken die falschen Tasten, und alles ist weg vom Bildschirm – nicht mehr zu holen. Umsonst gearbeitet.
Wie viele Stunden haben sie schon vergeblich gewartet? Was haben Sie schon an Handwerkern und Arztrechnungen gezahlt und sagen am Ende: umsonst, vergeblich, es ist immer noch kaputt, funktioniert immer noch nicht.
Wie viele Kuren haben Sie durchgemacht, die nichts geholfen haben? Da gibt es Geschäftsleute, die 30, 40 Jahre hart gearbeitet haben, und am Ende stehen sie wieder vor dem Nichts und sagen: Es war eigentlich alles umsonst. Sie hatten gehofft, es käme wenigstens etwas heraus – umsonst gearbeitet, vergeblich gewesen.
Und spricht Paulus heute Morgen nicht von Torten und von Arztrechnungen? Oder spricht er von etwas ganz anderem? Er spricht davon, dass die Gnade Gottes vergeblich sein könnte.
Das überrascht uns, wo doch die Bibel so groß von der Gottesgnade redet. Die Gottesgnade, die uns noch in unserer Todesstunde und weit darüber hinaus halten will, die uns allein vor der Hölle bewahren kann. Diese Gnade Gottes kann doch gar nicht weichen.
In unserer Welt kann es natürlich passieren, dass Berge erschüttert werden, beben und sogar eingeebnet werden, und dass Hügel hinfallen. Aber: Meine Gnade kann doch gar nicht weichen, sagt Gott.
Nein, weichen tut sie nicht. Aber sie kann vergeblich sein. Das kann sein: Man sitzt Sonntag für Sonntag im Gottesdienst, hat zu Hause seine Bibel und liest darin – aber es kommt nichts dabei heraus. Es verändert sich im Leben nichts Konkretes, alles bleibt beim Alten.
Die Gottesgnade ist nie flüchtig. Gott ist immer treu, auch wenn wir untreu sind. Sie steht fest und bleibt in Ewigkeit, so wie wir gerade gesungen haben. Aber sie kann in unserem Leben vielleicht umsonst verkündigt worden sein.
Die Herausforderung der Passionszeit und die Bedeutung des Opfers Jesu
Nun treten wir wieder in die Passionszeit ein und erinnern uns an das Sterben Jesu. Geht es Ihnen nicht auch so, dass wir, wenn wir hören, ein Mensch habe große Opfer für uns gebracht, oft sagen: „Ach, das wäre gar nicht nötig gewesen“ oder „Es tut mir leid, dass Sie sich wegen mir so viel Mühe gemacht haben“? Wenn jemand vielleicht wegen uns warten muss, sagen wir: „Ach, das ist mir leid.“
Ist Ihnen bewusst, dass Jesus Christus, der Gottessohn, ein riesiges Opfer für mich und dich vollbracht hat? Dieses Opfer dient dazu, dass die Gnade Gottes dich halten kann – jeden Tag, jede Nacht, bis in Ewigkeit. So kannst du geborgen sein, bei Gott angenommen und die Tür zum Paradies aufgeschlossen haben. Du kannst ein Eigentum Gottes sein. All das ist in der Gnade Gottes enthalten.
Manche sagen: „Es ist eine Gnade, dass ich heute Morgen aufstehen kann.“ Das ist auch eine Gnade. Aber die Gnade ist viel größer und weiter. Sie bedeutet, dass ich überhaupt den Namen Gottes in meinem Mund führen darf und Gott bitten kann, mich mit meinen Bitten und Gebeten zu hören.
Dietrich Bonhoeffer warnte jedoch davor, dass die Gnade bei uns wie billiges Schleudergut verramscht wird. Man sagt: „Na ja, Gott ist eben gnädig.“ Aber verändert sich dadurch dein Leben? Wird etwas neu? Kann man etwas davon sehen? Die Gnade Gottes muss uns doch zur Umkehr bewegen. Sie muss Buße bewirken und Lebensentscheidungen verändern.
Ja, es muss Frucht daraus entstehen. Die Gnade Gottes darf nicht vergeblich verkündigt sein. Oder wie es in einem Liedvers heißt: „Herr, lass deine Todespein an mir nicht vergeben sein, nicht dass du umsonst gestorben bist und mein Leben geht im alten Trott weiter.“
Ich möchte, dass sich in meinem Leben das Entscheidende verändert und dass man wirklich merken und sehen kann: Da ist eine Frucht sichtbar. Da kommt etwas heraus aus dieser Gottesgnade, aus dem Opfer, das Jesus für mich vollbracht hat. Es war nicht vergeblich.
Die Aufforderung zur Annahme der Gnade
Jetzt wollen wir hören, was Paulus hier zeigt. Er sagt: Jetzt ist die Zeit der Gnade. Ergreife heute die Gnade, denn sie wird dir heute angeboten. Du darfst heute mit Gott Frieden schließen.
Es ist gut, wenn Sie die Bibel aufgeschlagen haben und in den Versen davor lesen, dass das dort geschieht, wo das Evangelium verkündet wird. Wir sind Botschafter an Christi Statt. Lasst euch versöhnen mit Gott und bringt euer Leben heute mit Gott in Ordnung.
Bleibt nicht in eurer Gottesferne stehen. Mach reinen Tisch und bring alles in Ordnung, was vor Gott nicht richtig geordnet ist. Lasst euch versöhnen mit Gott. Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils, heißt es in Vers 2.
Ergreife die Gnade, denn sie hat ihre Stunde. Ich weiß nicht, ob ihr noch einmal so eine Zeit habt, euer Leben vor Gott in Ordnung zu bringen. Ihr kennt eure Todesstunde nicht und wisst nicht, ob ihr vorher noch Zeit habt. Bring heute dein Leben mit Gott in Ordnung, ergreife die Gnade.
Gott ruft mich heute, er spricht mich heute an. Ich darf diese Stunde nicht verschieben. Dabei dränge ich nicht, sondern es ist das Sonderangebot Gottes, das uns drängt.
Die sichtbare Frucht der Gnade im Leben des Paulus
Paulus spricht hier von der Frucht, die in seinem Leben sichtbar wird. Es ist immer riskant, wenn jemand sagt: „Schaut her, in meinem Leben hat die Gnade auch Wirkungen gezeigt.“ Paulus sagt: „Ich kann es euch zeigen.“ Gnade kann man sehen, wenn sie nicht umsonst war und viel gewirkt hat. Er nennt hier drei Dinge, die ich unter drei Stichworten zusammenfassen möchte.
Er sagt, die Gnade zeigt sich bei ihm im Aushalten des Leidens. Jetzt ist es wichtig, das richtig zu verstehen. Man könnte meinen, wenn Paulus von der Gnade Gottes spricht, die in seinem Leben wirkt, dann müsste er sagen: „Leute, bei mir haben sich Tausende bekehrt, ich habe viele Gemeinden gegründet, ich bin viel gereist und habe viel bewirkt. Ich bin einer der Apostel – alles durch Gottes Gnade.“ Er könnte auf einen großen Katalog von Leistungen verweisen, die durch Gottes Gnade möglich wurden. Vielleicht besaß er auch die Gabe der Heilung oder das Zungenreden, wir wissen es nicht genau. Man könnte sagen, das sind die Gnadengaben, die man bei ihm sieht.
Paulus sagt jedoch: Nein, darin sieht man Gnade nicht. Gnade sieht man erst, wenn man im Leiden aushält. Es ist merkwürdig, dass Paulus gerade das als Frucht hervorhebt. Genau darin zeigt sich Gnade: dass man die Mühsal, Beschwerden und Nöte des Lebens durchstehen kann.
Man sollte immer darauf achten, nicht die Herrlichkeit und Schönheit unserer Welt, die wir draußen sehen, mit der Armseligkeit des Reiches Gottes zu verwechseln. Oft ist in unserem Leben nicht viel Großes sichtbar, wenn Gott wirkt. Er verbirgt sein Wirken unter der Kreuzesgestalt seines Reiches. So wie bei Jesus auf seinem Passionsweg nicht sichtbar war, welchen großen Sieg er errungen hat, so sieht es auch heute oft so aus, als sei das, was geschieht, nicht viel. „Ach, das ist ja nur ein Hauskreis, der sich dort trifft.“ „Ach, das ist ja nur einer, der Christ ist.“ Wie oft wurde abschätzig von alten Frauen gesprochen, die im Gottesdienst sitzen.
Doch das sind Gottes große Taten. Dort wird Gnade groß, weil Gott nie die Kraft von jungen Leuten braucht. Gott braucht keine Superapostel und keine Wundertäter. Er wirkt alles ganz still und im Verborgenen, auch heute, aus lauter Gnade, Herablassung, Güte und Freundlichkeit.
Paulus spricht von den Nöten, die er aushält, und sagt, darin wird Gnade groß. Es ist der lange Atem, offenbar in schweren Krankheitszeiten und langen Haftperioden seines Lebens. Er weiß, es ist nicht vergebens, denn die Gnade Gottes wirkt den Sieg am Ende – nicht er selbst. Gott kann seinen Boden aus dem Gefecht nehmen.
In großer Trübsal sind wahrscheinlich sogar ehrenrührige Dinge gegen Paulus vorgebracht worden. Es wird von bösen Gerüchten berichtet. Paulus hätte Leserbriefkampagnen starten und versuchen können, die Dinge ins rechte Licht zu rücken. Doch der Herr sagt: Ob meine Arbeit etwas ausrichten kann, das kann ich nicht machen. Das kannst nur du in deiner großen Güte und Gnade.
Man sieht den Apostel Paulus jetzt plötzlich als einen ganz kleinen, schwachen Menschen, der sich in der großen, starken Hand Gottes birgt – im Aushalten des Leidens. Viele Christen fragen immer wieder: Warum lässt Gott mich so leiden? Warum muss ich das alles aushalten? Warum werde ich bis ins hohe Alter schwach und muss Dinge aus der Hand geben?
Weil die Gnade Gottes über deinem Leben gepriesen werden soll – sonst nichts. Nicht du sollst groß herauskommen, sondern die Gnade soll groß herauskommen. Und es sieht oft so aus, als würden seine Boten versagen und es nicht schaffen. Doch unser Predigtwort erklingt in aller Schwachheit. Wir sehen Gemeinden mit allen Fehlern, und dennoch gefällt es der Gnade Gottes, durch diese schwachen und gebrechlichen Werkzeuge Großes zu wirken.
Die Gnade wird immer größer, wir werden immer kleiner. Darum will Paulus Diener Gottes sein und allein dieser Gnade dienen. Das hatten wir schon am letzten oder vorletzten Sonntag: „Lass dir an meiner Gnade genügen“ – mehr nicht.
In unserer Sprache verwenden wir das Wort „Gnade“ oft anders und sagen zum Beispiel „begnadete Redner“. Dabei meinen wir jemanden, über den die Leute sprechen und ihn loben. Bei Paulus war das nicht so. Wo die Gnade Gottes wirkt, merkt die Welt es meist nicht. Das Reich Gottes wurde nie dort gebaut, wo Fernsehberichte gemacht werden, wo gute Reportagen in Zeitungen erscheinen und wo Anerkennung und Beifall erklingen. Das Reich Gottes wurde immer dort gebaut, wo Verachtung, Hohn und Spott herrschten.
Im Aushalten beweist Paulus diese Gnade. Er wird nicht müde im Glauben, sondern singt dennoch, dass Gottes Gnade allein feststeht und in Ewigkeit bleibt. Deshalb weiß er, dass seine Arbeit nicht vergeblich ist.
Die Gnade zeigt sich im Dienst und in der Selbstdisziplin
Ein anderes Beispiel bringt er, das ist im Arbeiten. Paulus war ein harter Arbeiter und hat viel von der Handarbeit gehalten. Er hat sein ganzes Geld selbst verdient. Es soll immer wieder ein Stachel sein, dass die Handarbeit in der Bibel nie abgewertet wird. Das ist gottwohlgefällig.
Aber er hat auch in seinem Dienstleben als Verkündiger des Evangeliums, als Missionar, hart gearbeitet. Er erzählt von Wachen. Was ist das? Nachts nicht ins Bett zu gehen, weil er mitgelitten hat mit schwachen Menschen, am Bett gesessen ist oder in der Seelsorge Gespräche geführt hat und gewacht hat. Für andere einzutreten – das war harte Arbeit.
Dann steht da von Keuschheit. Wisst ihr, wie das ist? Der Apostel Paulus, der so viel unterwegs war, musste arbeiten, um sein Herz reinzubehalten. Manche meinen vielleicht, das sei ein Mensch gewesen, der nicht ganz hundertprozentig Mann war und deshalb keusch bleiben musste. Er sagt aber, dass es ihm manchmal schwerfällt, sich nicht durch irgendwelche Begierden und sinnliche Triebe wegtreiben zu lassen. Er will in der Spur seines Gottes bleiben. Darin erweist sich Gnade. Er arbeitet hart an sich, auch durch Fasten.
Er sagt, es kann eine Gefahr sein, zu viel zu essen und zu trinken und dadurch gar nicht mehr offen für den Herrn zu sein. Dann kann man nicht mehr gehen, weil man viel zu bequem geworden ist. Paulus will für den Herrn arbeiten – in Langmut, Freundlichkeit und Liebe. Die Gnade Gottes soll in unserem Leben Wirkungen erzielen und uns verändern. So können wir auch den Schwachen gegenüber geduldig sein und den Versagern gegenüber Langmut beweisen.
So wie die Gnade Gottes ihn trägt, möchte er viele andere tragen. Er will nicht unwillig werden, wenn er sagt: „Jetzt bist du wiedergefallen.“ Stattdessen möchte er noch einmal hingehen. Gehen Sie heute noch einmal hin, heute Mittag, und machen Sie den Besuch noch einmal. Haben Sie Langmut und lassen Sie sich von der Gnade verändern. Machen Sie Ihr Herz so weit, wie es das Herz Gottes ist.
Die Gnade als Kraftquelle zum Weiterschenken
Und im Weiterschenken, das ist das Dritte, im Aushalten, im Arbeiten, im Weiterschenken – da erzählt Paulus, dass er oft völlig leer gebrannt ist und nicht mehr kann. Er steht am Rande seiner Kraft und weiß nicht mehr, wie er die Arbeit bewältigen soll. Dann sagt er: Merkwürdig, dann holt mich die Gnade Gottes wieder auf den festen Grund. Ich kann wieder weitermachen und weitergeben aus der Fülle, unbeschränkt und ohne Ende.
Paulus spricht davon, wie er hier arm ist, nichts mehr in der Hand hat und sagt: Komisch, eigentlich habe ich alles hergegeben, was ich habe. Und der Herr gibt mir immer wieder Neues, sodass ich immer wieder aus der Fülle geben kann. Kennen Sie das Geheimnis des schenkenden Gottes?
Ich vermute, dass das vielleicht am besten in unseren Tagen sichtbar wird bei denen, die wir aus unserer Mitte aussenden in die Notgebiete der Dritten Welt. Heute wird in Flacht wieder einer ausgesandt, den wir morgen um acht Uhr am Frankfurter Flughafen verabschieden. Er geht nach Haiti. Am Mittwoch fährt Uwe Kurz nach Kamerun. Und in acht Tagen geht jemand namens Merck nach Uganda in ein ganz kompliziertes Bürgerkriegsgebiet.
Dann sagen wir den jungen Leuten: Wisst ihr, wann sie euch als Geiseln nehmen, wir zahlen kein Lösegeld. Das können wir im Missionsdienst nicht anfangen, dass wir Geiseln auslösen. Ihr steht in der Gnade Gottes. Das ist immer so klein. Wenn dann Malaria oder Fieberkrämpfe kommen, wenn Infektionen auftreten – wir können euch nicht schützen. Nur die Gnade Gottes kann es.
Jetzt wirst du doch hier in unserem sicheren Wohlstand dein Leben auch aus der Gnade Gottes nehmen können. Weiter wirst du gar nie kommen, als dass du wie Paulus sagen kannst: Unbekannt und doch bekannt, böse Gerüchte und gute Gerüchte – ich höre gar nicht mehr darauf, es ist mir gar nicht mehr wichtig. Die Gnade Gottes erhält mich. Die Gnade Gottes will mich. Das weiß ich, weil Jesus Christus für mich starb. Ich gehöre Gott, und er liebt mich. Mehr brauche ich nicht.
Beispiele großer Persönlichkeiten und die Kraft der Gnade
Ich könnte Ihnen jetzt von großen Menschen erzählen. Es ist merkwürdig, dass selbst ein so großer und begabter Maler wie Van Gogh oder Rembrandt immer am Rand des Abgrunds standen. Van Gogh fiel sogar tief hinein in diese Geistesverwirrung. Doch dann hat ihm die Gnade geschenkt, dass er Bilder malen konnte wie sonst niemand. Es war Gnade, nicht sein Können.
Ich möchte Ihnen nun von einem großen Mann vorlesen, den Sie alle kennen: Pestalozzi, der größte Erzieher, ein begnadeter Mann. Mit 73 Jahren schrieb er nieder: „Oh, ich leide unaussprechlich. Kein Mensch vermöchte den Schmerz meiner Seele zu fassen. Man verschmäht und beschimpft den alten, gebrechlichen, schwachen Mann und sieht ihn jetzt nur noch als ein unbrauchbares Werkzeug an. Dies tut mir nicht um meinetwillen weh, aber es tut mir leid, dass man auch meine Idee verschmäht und verachtet, dass man unter die Füße tritt, was mir heilig war und wonach ich während meines langen, kummervollen Lebens gerungen habe. Sterben ist nichts, ich sterbe gern, denn ich bin müde und möchte endlich Ruhe haben. Aber gelebt zu haben, alles geopfert zu haben und alles zertrümmert zu sehen und so mit seinem Werk ins Grab zu sinken – oh, das ist schrecklich.“
Das war der große Erzieher Pestalozzi. Sein Werk war nicht vergeblich, es war die Gnade Gottes. Wenn Sie mit Ihrem Leben etwas bewirken können, dann sind es gar nicht die Höhepunkte, an die Sie stolz zurückdenken. Ach, wir sollten an den Gräbern all dieses törichte Reden von unseren Eindrücken und Lobesworten weglassen. Es ist doch immer nur die Gnade.
Das alles sollen wir wissen zur Freude – als die Traurigen, die doch allezeit fröhlich sind. Für Paulus war das nicht etwas, das er mit tränenden Augen ausgesprochen hat. Er sagt: „Darum arbeite ich, darum habe ich Mut, darum gebe ich nicht auf, darum bin ich voller Freude, darum ist mein Leben nicht vergeblich, weil die Gottesgnade feststeht.“
Wollen Sie Gnadengaben heute haben, nehmen Sie die Gnadengabe Gottes, die größte: dass Sie in seiner Gnade ewig geborgen sind. Amen.
Abschlusslied und Gebet
Wir wollen ein Passionslied singen, 415, Verse 1 bis 3. Dort klingt auch an, dass ich nun gerne Jesus nachfolge, das Leiden trage sowie Not und Schmerzen und alle Widerwärtigkeiten geduldig und fröhlich ertragen will.
415, Verse 1 bis 3: Lieber Herr, wir wollten immer gerne von dir auch haben, dass du alle unsere Wünsche erfüllst, dass du uns ein problemloses Leben schenkst. Doch du willst das nicht, weil du weißt, dass wir dich dann gar nicht mehr suchen und gar nicht mehr brauchen würden. Wir würden die Gnade längst verleugnen und selbst stolz werden.
Unser kleines sterbliches Leben würde sich so viel Falsches einbilden. Darum ist es gut, Herr, dass du uns auch in die Tiefe führst und dass wir in deiner Nachfolge viel Schweres zu ertragen haben. Danke, dass deine Gnade uns ganz fest in dir erhält und dass das jedem von uns gilt – auch den Kranken, den Schwermütigen, denen, die am Leben verzweifeln, und denen, die sich dauernd mit Selbstvorwürfen quälen, weil sie alles falsch machen.
Deine Gnade gilt uns auch dort, wo wir an unserer alten Art und an unserem unheiligen Wesen leiden. Deine Gottesgnade gilt uns. Vielen Dank, lieber Herr! Das ist unsere Freude: dass du uns durchträgst, bis wir dich einmal sehen in der Herrlichkeit!
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Weitere Liedstrophe und Hinweise zum Gemeindeleben
Wir singen noch die Liedstrophe Nummer 252, den zweiten Vers. Sigmund von Birken wurde vom Kaiser geadelt und war ein beliebter Dichter seiner Zeit. Er hat ein schönes Drama über die verliebte Schäferin Kunigunde geschrieben. Damals war der Begriff „Schäferin“ natürlich schon doppeldeutig. Es handelte sich um ein Liebestrama.
Später stieß er durch das schwere Sterben seiner Frau auf den gekreuzigten Jesus. Er sagte, er habe erst entdeckt, was Leben ist, als er in die Tiefe und Dunkelheit geführt wurde. Danach dichtete er diese Lieder.
Im Anschluss trifft sich der Kurs mit Gerhard Ellermann drüben im Gemeindehaus. Sie kennen ja diesen Fortsetzungskurs, und ich möchte noch einmal dazu einladen.
Ich darf auch daran erinnern: Am Dienstag ist Bibelstunde um 19 Uhr. Wir haben immer Probleme, wenn einige zu spät kommen. Wir haben die Zeit auf 19 Uhr umgestellt, damit Sie sich das noch einmal bewusst machen.
Bei uns muss man ein paar Dinge wissen, das ist tückisch. Es tut mir leid, wenn wir nicht genügend Platz haben. Wir tun das Äußerste, um das zu ermöglichen, so wie wir heute die Stühle gestellt haben.
Ich möchte aber einmal öffentlich sagen: Die, die auf den Stühlen sitzen, müssen aufpassen mit ihren Nagelstiefeln. Sonst hört man bei jeder Bewegung den Pulsschlag ihres Fußes. Auf der Aufnahme später, wenn es donnert, bin das nicht ich und auch nicht mein Pulsschlag, sondern ein Nagelstiefel von jemandem, der gerade am Mikrofon sitzt und unten am Ständer den Takt mitklopft beim Lied.
So nutzen wir den letzten freien Platz noch aus. Vielleicht achten Sie auch darauf, dann funktioniert das ganz gut.
Im zweiten Gottesdienst gibt es immer noch ab und zu Sitzplätze. Deshalb möchte ich das noch einmal sagen: Dort kann man auch ausweichen. Sie können morgens eine Stunde länger schlafen, was doch auch schön ist, und dann haben Sie auch noch einen Sitzplatz. Aber das Stehen ist ja manchmal auch ganz gesund.
Einladung zur Teilnahme an einer Demonstration und Unterstützung der Missionsarbeit
Am Samstag gibt es eine Veranstaltung, über deren Aufnahme ich lange nachgedacht habe. Einige haben mir geraten, dass sie hierher gehört. Es handelt sich um eine katholische Initiative, die darum bittet, diese Aktion bekanntzugeben. Es sind Christen, die besorgt sind: Was können wir tun, damit das schreckliche Morden an ungeborenen Kindern in unserem Volk aufhört?
Sie wissen, dass ich mich hier mit meinen Worten sehr zurückgehalten habe. Doch wenn wir auf unsere deutsche Geschichte zurückblicken und Dinge beklagen, dann müssen wir heute mit demselben Ernst sagen: Alles, was möglich ist, sollen wir tun.
Am kommenden Samstag wollen sie eine kleine Demonstration in Stuttgart veranstalten, wenn Bundeskanzler Kohl dort ist – vor der Schleierhalle. Es sind Christen, und sie betonten, dass es schön wäre, wenn nicht nur Katholiken, sondern auch Evangelische daran teilnehmen würden. Ich halte diese Aktion für sehr wichtig und gut.
Um 13 Uhr treffen sie sich dort unten. Die Informationsblätter habe ich hinten auf den Simson gelegt. Wer sie mitnehmen möchte und Interesse hat, soll sie sich anschauen. Zur gleichen Zeit findet unsere Schulung für die Evangelisation statt, deshalb möchte ich niemanden abwerben. Die gelben Zettel liegen ebenfalls hinten aus, aber ich möchte diese Aktion auf diesem Weg noch einmal bekanntgeben.
Nun zum Thema Opfer: Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie als Gemeinde auch die Arbeit mit christlichen Fachkräften international unterstützen. Diese Arbeit wird kaum gefördert. Die Menschen, die dort tätig sind, werden größtenteils durch Opferspenden getragen. Zwei von ihnen erhalten einen Zuschuss von der Bundesregierung. Die jungen Leute bekommen, wenn ich richtig informiert bin, ein Taschengeld von etwa 150 Mark im Monat.
Sie tun das, obwohl ihre späteren beruflichen Chancen hier schwieriger werden. Sie sehen ihren Dienst als Dienst am Reich Gottes. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das mittragen. Bitte beten Sie für diese Menschen und denken Sie an sie. Oft sind sie sehr allein und müssen viele Schwierigkeiten vor Ort bewältigen.
Herr Honegger hat neulich nachts angerufen, weil seine Schwierigkeiten sehr groß sind. Es ist schön, wenn es Beter gibt, die diese Arbeit mittragen. Wir schicken Ihnen gerne die Freundesbriefe zu, damit Sie über die Arbeit, die draußen geschieht, informiert sind.
Es handelt sich vor allem um Krisengebiete, in denen man wirklich nur in der Gnade Gottes geborgen sein kann.
Trauer und Segen
Bestattet wurde in der vergangenen Woche Karl Motzer, Maurermeister, 79 Jahre, wohnhaft in der Wolf-Madenstraße 27 in Vaihingen.
Im Grab hörten wir das Wort: „Deine Augen werden deinen König sehen in seiner Schönheit.“
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.