Unser Predigttext vom Weltgericht steht in Matthäus 25,31-46. Er erzählt Jesus.
Das Weltgericht und die Scheidung der Menschen
Wenn aber der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle Engel mit ihm, dann wird er auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen. Alle Völker werden vor ihm versammelt werden.
Und er wird sie voneinander scheiden, so wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Die Schafe stellt er zu seiner Rechten, die Böcke zur Linken.
Da wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, erbt das Reich, das euch von Anfang der Welt an bereitet ist. Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mich gekleidet. Ich war krank, und ihr habt mich besucht. Ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“
Dann werden ihm die Gerechten antworten: „Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Fremden gesehen und aufgenommen oder nackt und gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und besucht?“
Und der König wird ihnen antworten: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan.“
Dann wird er auch zu denen zur Linken sagen: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist! Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nichts zu essen gegeben. Ich war durstig, und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben. Ich war ein Fremder, und ihr habt mich nicht aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mich nicht gekleidet. Ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht.“
Dann werden auch sie ihm antworten: „Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder als Fremden oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und dir nicht gedient?“
Dann wird er ihnen antworten: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem von diesen Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“
Und sie werden hingehen, diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.
Amen.
Eindrücke vom Oskario in Solferino
Mit unseren Kindern besuchten wir dieses Jahr ein Oskario. Wissen Sie, was das ist? Es war am Gardasee, wo wir ein paar Tage Ferien machten. Ich interessierte mich natürlich für das geschichtsträchtige Feld von Solferino.
Dort fand die berühmte Schlacht statt – die Österreicher gegen Napoleon III. Und ein Kaufmann namens Henri war ebenfalls dort. Er besuchte dieses Schlachtfeld, weil er eine Verabredung mit dem Kaiser hatte. Dort, auf dem Schlachtfeld, fand er die Verletzten, die Sterbenden und die zum Tode Geweihten. Aus diesem Erlebnis entstand der Gedanke zur Gründung des Roten Kreuzes.
Wir besuchten also Solferino, das 16 Kilometer von Garda entfernt liegt. Dort gibt es ein eindrucksvolles Museum mit den Uniformen der damaligen Soldaten, Gewehrkugeln und weiteren Ausstellungsstücken. Besonders beeindruckend ist der Feldherrnhügel mit den Generalstabskaten, einem Turm, von dem aus man das Schlachtfeld noch einmal überblicken kann – genau so, wie es die Generäle damals sahen.
Außerdem gibt es ein Denkmal zur Gründung des Roten Kreuzes und eben jenes Oskario, ein Gebeinhaus. Soweit ich informiert bin, gibt es solche Häuser bei uns in Deutschland nicht.
Unsere Kinder waren natürlich nicht sehr begeistert, dass wir sie dorthin schleiften, hinter Drahtgeflechten. Warum Draht? Dort liegen die Überreste von über 1000 Gefallenen, nur die Knochen sind sauber sortiert: die Beinknochen auf einem Haufen, die Handknochen auf einem anderen. Manche Knochen sind sogar noch ganz erhalten. Man steht davor, und ein Museumswärter sorgt dafür, dass der Besuch würdevoll und feierlich verläuft.
Was so bewegend ist – und was meine Kinder noch nie gesehen hatten – ist, einem Gesicht mit leeren Augenhöhlen in die Augen zu schauen. Schau mal, der hatte einen schlechten Zahn, und dem haben sie die Zähne ausgeschlagen. Oder hier hat jemand eine Schädelverletzung. Da standen wir also davor.
Ich war etwas betroffen und sagte den Kindern: „Diese Menschen werden einmal alle lebendig sein.“ Das ist ungeheuerlich. Man steht da und denkt nach. Uns ist hier zugesagt, dass das Leben dieser jungen Männer, die damals gefallen sind, nicht einfach von der Weltgeschichte zugedeckt bleibt.
Gott wird alle noch einmal rufen – dann, wenn die letzte Posaune erschallt und Jesus wiederkommt. Dann wird das Weltgericht stattfinden.
Die Angst vor dem Weltgericht und die Realität der Verantwortung
Menschen haben oft Angst vor dem Weltgericht. Es gibt sogar viele Christen, die das Weltgericht einfach aus ihrem Glauben streichen. Bei manchen Predigern wird es überhaupt nicht erwähnt, obwohl es in der Bibel an zahlreichen Stellen klar beschrieben ist.
Mir erscheint dieses Verhalten etwas durchsichtig. Wir Menschen fürchten uns davor, ins Gericht gestellt zu werden. Deshalb sagt man dann, das Weltgericht sei etwas Dunkles, und man solle nicht darüber sprechen, weil es nichts Erfreuliches sei. Sind wir wirklich solche Menschen, die über schwierige Themen einfach ein Tabu legen? Wir sollten doch Realisten sein.
Ich habe auch immer wieder Menschen getroffen, die sagten: „Wenn ein Gericht kommt, dann möchte ich mit dem Chef persönlich sprechen.“ Ich glaube jedoch nicht, dass wir da noch viel mit dem „Chef“ selbst reden können, wenn unser Leben in seiner ganzen Not und mit all den versäumten Chancen offen vor ihm liegt.
Andere habe ich getroffen, die vollmundig erklärten: „Mit dem Tod ist alles aus.“ Darüber habe ich immer gelacht und gesagt: Schön wäre das. Wäre es wirklich so, könnten zum Beispiel Adolf Hitler und andere einfach von der Weltgeschichte abtreten und sagen: „Mit dem Tod ist alles aus.“ Aber das ist nicht so.
Es gibt ein Gericht. Wir Menschen müssen Rechenschaft ablegen für unsere Taten. Ich bin froh, dass Jesus über dieses Gericht anders spricht. Für uns Christen hat das Gericht eine ganz andere Bedeutung. Wir hoffen, dass wir jetzt schon ein Stück davon verstehen können.
Worum es im Weltgericht wirklich geht
Ich möchte zunächst darüber sprechen, worum es im Gericht geht – im Endgericht, im Weltgericht. Worum geht es dabei? Im Weltgericht geht es darum, dass wir Verantwortung übernehmen müssen. Das ist klar. Der moderne Mensch lebt gerne ohne Verantwortung. Wenn etwas geschieht, geben viele dem Staat oder der Gesellschaft die Schuld – den anderen.
Im Endgericht jedoch müssen wir Verantwortung für uns selbst tragen. Doch was wird eigentlich gerichtet? Werden wir gefragt, wie oft wir Gottesdienste besucht haben, wie lange wir stille Zeit gehalten haben oder welche Bibelverse wir auswendig kannten? Sie wissen, wie wichtig mir das alles ist. Doch danach wird nicht gefragt werden. Stattdessen werden wir nach unseren Taten gefragt.
Eine sehr wichtige Beobachtung: Was ihr getan habt, zählt. Was nicht zur Tat wird in unserem Leben, hat keinen Wert. Was nur auswendig gelernt wurde und über unsere Lippen geht, hat keinen Wert. Jesus fragt uns nach unseren Taten.
Heute sind Christen natürlich auch sehr begeistert von den Taten. Man spricht viel davon, was man eigentlich tun müsste. Vor einigen Tagen habe ich eine Dame angerufen, die nicht hier aus der Nähe kommt, sondern weiter weg wohnt. Sie wollte von mir Informationsmaterial über Südafrika. Sie sagte: „Wir machen unseren Bußtags-Gottesdienst in unserer Gemeinde und stellen ihn unter das Thema Südafrika. Dann werden wir über die Schuld der Christen dort sprechen.“ Sie meinte, am Bußtag müsse doch über deren Schuld gesprochen werden.
Sie sprechen von der Schuld der anderen, aber dort gibt es doch viele Probleme, etwa dass die Menschen nicht zusammenleben können. Ich sagte zu ihr: „Liebe Frau, ich kenne die Situation dort nicht, aber ich frage Sie: Wie leben Sie mit Ihren Nachbarn zusammen?“ Da wollen sie Ratschläge geben, wie die Menschen in Südafrika zusammenleben sollen, während sie selbst oft nicht einmal wissen, wer in der Nebenwohnung wohnt. Dann geben wir Ratschläge, obwohl wir selbst wenig wissen.
Es ist so befreiend, dass Jesus uns nach den kleinen Dingen fragt, die wir getan haben. Das ist doch die Flucht und die Ausrede vieler: Die großen Sprüche für die Welt, es wäre schön, wenn sie die Probleme lösen könnten, aber das sei ja nicht möglich. Das ist Flucht. Jesus fragt uns, was wir in den kleinen Dingen getan haben.
Ich möchte jetzt ganz konkret werden, weil mich das beschäftigt. Ich weiß, wie sehr heute viele Mütter umgetrieben sind und immer denken, sie müssten noch etwas Großes leisten. Das ist heute die Prägung unserer Mode und unseres Zeitgeistes. Jesus fragt sie nach den kleinen Dingen.
Ich möchte Müttern sagen: Sie können gar nicht mehr so etwas Großes tun. Selbst wenn sie eine große Karriere hätten, ist es als Mutter von Kindern das, was Sie tun, das Entscheidende. Die kleinen Dinge macht Jesus so wichtig.
Ein Krankenbesuch zum Beispiel. Wenn ich darüber predige, kann ich Ihnen sagen, dass die Menschen in den Altenheimen sehr dankbar sind. Sie fragen sich oft, wann der letzte Besuch war. Gerade in solchen Momenten ist das so wichtig.
Heute muss ich um 14:00 Uhr in Blauerfelden sprechen, bei einem Gemeindetag in Hohenlohe. Die Kranken warten auf uns. Jesus sagt mir heute: „Weißt du, was wichtig ist? Es gilt, ihnen genauso das Kleine, das ganz Kleine zu tun.“
Die Bedeutung der kleinen Taten im Alltag
Wir hatten auf unserer Sommerfreizeit mit den Teilnehmern eine nette Diskussion. Wir haben gesagt: Lasst uns mal zusammen sitzen – die Väter für sich, die Mütter für sich und die jungen Leute für sich. Dann redet mal ganz tüchtig los, was euch so beschäftigt, was den jungen Leuten und der Familie nicht gefällt. Alles sollte sich um die Familie drehen.
Ich war erschüttert, denn ich hatte das nicht gewusst. Bei den Müttern war es sehr lustig, bei den jungen Leuten auch, was ebenfalls sehr amüsant war. Aber die Väter – die waren am Boden zerstört über das, was daraus entstand. Einer sagte zum Beispiel: „Was soll ich denn machen? Bei mir kommt die Arbeit zwei Stunden vorher. Dann muss ich die Nacht mit dem LKW wieder losfahren. Eigentlich müsste ich Nein sagen, um der Familie willen. Aber ich weiß, dass ich dann schuldig werde – meiner Frau und meinen Kindern gegenüber.“
Ich wollte ihnen heute sagen, dass Jesus gerade auf die kleinen Dinge achtet. Diese sind nicht entschuldbar, wenn wir wegen einer Karriere oder wegen einer höheren Eingruppierung Dinge in der Ehe und in der Familie versäumen. Dort liegen unsere ersten Aufgaben, die notwendig sind.
Die Taten, die hier alle erwähnt sind, sind Taten, die Jesus getan hat. Jesus hat keinen Parlamentssitz erobert und keinen Posten in einer Chefetage eines Unternehmens innegehabt. Er hat sich den Geringsten angenommen, die Kranken besucht, die Gefangenen nicht abgeschrieben. Er hat sich der Frierenden erbarmt, die Einsamen getröstet und die Mutlosen aufgerichtet. Was ist denn eigentlich mit den Schwermütigen?
Und dann sehe ich schon: Man steht heute in einer geistigen Auseinandersetzung. Oft höre ich, dass gesagt wird: „Ihr bleibt da immer noch im kleinen Rahmen, aber wir machen Weltveränderung.“ Das lässt sich mit einem einfachen Beispiel erklären.
Am letzten Mittwoch haben wir große Paletten für Uganda gepackt – mit Bettwäsche. Dabei ging mir der Predigttext durch den Kopf. Eine Hausfrau erzählte, dass sie Bettwäsche besitzt. Jeder vernünftige Mensch hat ja etwas mehr Bettwäsche, als er gelegentlich braucht, besonders wenn man noch unter dem Eindruck schlechter Zeiten lebt.
Diese Hausfrau hat dann den halben Weißzeugschrank ausgeräumt, weil sie sagte: „Ich brauche es wirklich nicht.“ Und was soll ich sagen? Für übermorgen, wenn die Menschen dort die Bettwäsche brauchen, wird sie bereit sein, sie zu geben. Beim Ausräumen hat sie gemerkt, wie geizig sie eigentlich war. Davor war ihr das gar nicht bewusst, aber im Moment des Ausräumens wurde es ihr schwer.
Ist das eine ganz große Tat? Die größten Dinge geschehen im Kleinen. Und danach fragt uns Jesus im Gericht. Wie war es mit den Krankenbesuchen, mit den Briefen, die wir eigentlich schreiben sollten, mit unserer Nachbarschaft, mit den Kindern, an denen wir achtlos vorübergegangen sind? Was hast du da gemacht?
Diese Taten, so klein sie sein mögen, sind große Taten – es sind Jesustaten.
Glaube und Werke im Gleichnis vom Weltgericht
Dann gibt es einen zweiten Punkt, der klein, aber trotzdem sehr bedeutend ist. Dieses Gleichnis wird von manchen Christen immer wieder erzählt. Es gibt Menschen, die scheinen das Gleichnis aus der Bibel nur oberflächlich zu kennen. Sie bringen es bei jeder Gelegenheit vor und benutzen es vor allem als Argument. Sie sagen, es komme nicht auf den Glauben an, sondern auf die Taten.
Wie oft habe ich das schon in öffentlichen Ansprachen gehört: Wenn man nur den Besuch macht und sich der Kranken erbarmt, dann sei das Christsein schon vollkommen. Wie kann man das auseinanderhalten? Hat Jesus das je auseinandergerissen? Was stimmt denn nun: das Gleichnis oder der Rest der Bibel? Man muss sich schon entscheiden. Einen solchen Widerspruch zu konstruieren, ist gelinde gesagt ein wenig albern, als ob sich Jesus selbst widersprechen würde.
Der Dieb am Kreuz hat auch keine Taten mehr getan. Wie wird man also selig? Es ist doch ganz klar, dass ich vor Gott nur mit meinem Leben bestehen kann, weil Jesus mir vergibt. Das ist doch eindeutig.
Jetzt frage ich mich, was das für Leute sind, die vorgeben, Christen zu sein, wenn sie dieses Gleichnis so stolz und munter anführen und sagen: „Das mache ich ja, das mache ich ja.“ Sie haben sich vorher gemerkt, wie schwer es ihnen wurde, und sagen: „Ich besuche Kranke.“ Wenn man sie immer wieder besucht, merkt man erst, wie viel man ihnen eigentlich schuldig bleibt.
Ich glaube, es gibt keine Gemeinde in Stuttgart, die so sehr in der Hilfe engagiert ist – und das gilt weltweit. Und doch merken wir, dass es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Wer kann schon sagen: „Wir müssen die Christen, wir machen das prima.“ Das sind doch diejenigen, die am Endgericht dastehen und sagen: „Wir haben es getan.“
Je mehr sie tun, desto mehr merken sie: Ich kann das nicht. Legen Sie das bitte nicht auf ein Problem der Ausbildung. Sagen Sie nicht: „Ich kann keinen Besuch machen, dafür müsste man ausgebildet sein.“ Das ist ein Irrtum.
Ob aus der vielen Lehre und Verschulung unseres Jahrhunderts überhaupt etwas herauskommt, ist fraglich. Einen Besuch zu machen, von aufrichtigem Herzen und mit Liebe, ohne Sprüche zu machen, und Liebe zeigen durch Zuhören – das meint doch Jesus.
Warum es am Ende eine Scheidung gibt
Jetzt fragen wir uns: Warum gibt es überhaupt eine Scheidung am Gericht? Warum trennt Jesus die Menschen scharf, rechts und links? Wenn man genau hinschaut, müsste doch jeder Mensch stolz sagen können: „Ich habe schon einmal einen Becher Wasser weitergegeben.“ Gibt es überhaupt jemanden, der noch nie einem anderen einen Becher Wasser gegeben hat? Es wird ja nicht einmal Coca-Cola verlangt.
Oder gibt es jemanden, der noch nie einen Kranken besucht hat? Dann wundert es uns, warum überhaupt Menschen zur Linken gestellt werden. Jesus erwähnt eigentlich Dinge, mit denen sich jeder brüsten kann. Mit diesem Gleichnis wollte Jesus doch nicht die oberflächliche Moral fördern, die sagt: „Täglich eine gute Tat, und wenn du zwei machst, ist das schon zu viel.“ Das hat Jesus nicht gemeint.
In dem Gleichnis redet Jesus von unseren alltäglichen kleinen Verrichtungen. Und darin liegt etwas Wunderbares: Dass es geschehen kann, dass unsere scheinbar nichtigen, unwichtigen Taten auf Jesus hingelegt werden. Das sind Taten des Glaubens. Da ist zum Beispiel eine Mutter, die ihre Kinder erzieht, vielleicht fast verzweifelt und die Last kaum tragen kann. Aber sie tut es im Glauben. Und Jesus sagt: „Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan.“ Darum sind es Taten, die angenommen sind.
Wer gibt keinen Becher Wasser? Wer gibt nicht irgendeine Spende weiter? Aber man weiß doch selbst: Eine Spende kann verrutschen, wenn sie nicht auf Jesus hingelegt ist. Ich musste immer daran denken, wenn wir Bettwäsche einpacken, die Jesus weiterleitet und zu ihrem Ziel bringt: Was kann da für ein Segen liegen? Wie kann da ein Mensch etwas von Liebe spüren?
Ich habe Menschen bei Besuchen gesehen, die vielleicht gar nicht besonders geeignet oder geschickt waren. Heute bräuchte man dafür oft schon eine psychopädagogische Betreuung und müsste es lernen. Lassen Sie doch den Unsinn! Diese Menschen hatten Liebe. Und genau das ist in all diesen Tagen gefordert: eine Liebe, eine Jesus-Liebe, die ich normalerweise gar nicht habe.
Darum ist das Wunderbare an diesen Taten der Unterschied: Sie haben es getan. Für jeden. Es geht genau darum, dass es Glaubens-Taten im alltäglichen Leben waren. Man hat von ihnen nach außen hin gar nicht viel gesehen, es ist kaum etwas durchgeklungen. Aber es waren Taten der Liebe, die für Jesus getan wurden. Das wollten diese Menschen mit ihrem kleinen Leben zeigen.
Die unverdiente Gnade und der Segen der kleinen Werke
Mein letzter Punkt: Es ist alles unverdient. Mir ist es sehr wichtig, dass hier Klarheit herrscht. Unter Christen entsteht oft ein Druck in Bezug auf gute Werke. Bitte fühlen Sie sich niemals von einer Opferbüchse gedrängt. Es wäre furchtbar, wenn Sie nur aus Zwang etwas geben würden.
Gehen Sie einfach fünfmal zum Test vorbei, ohne etwas einzuwerfen. So können Sie wissen: Ich bin frei. Ich tue es nicht, weil ich muss, sondern weil ich will. Sonst brauchen wir es nicht wirklich. Es hilft nichts. Auf allen erzwungenen Dingen liegt kein Segen, egal wie hoch die Beträge sind.
Es geht nicht um einen frommen Leistungssport, bei dem man Prämien erringen oder seine Werke vor Gott aufstapeln muss. Jesus hat das im Neuen Testament bekämpft. Es geht hier anders.
Die Leute, die im Endgericht vor dem Thron Gottes stehen, haben es oft gar nicht gewusst. Die, die heute immer wieder dasselbe zitieren, wissen, dass sie gut sind. Aber die, die Jesus wirklich meint, wissen es gar nicht.
Warum wissen sie es nicht? Im Endgericht sagen sie: „Herr Jesus, das ist eine Täuschung. Ich habe dir nur Not gemacht, dir nur Schande gebracht. Ich habe immer nur von deinem Wunder der Barmherzigkeit gelebt. Ihr habt immer nur die Verkehrtheit meiner Gedanken und meines Wollens erlebt. Ich wusste, wie eigensüchtig ich bin.“
Das kann doch gar nicht sein. „Und ich habe ja gerade nichts Großes tun können. Ich habe immer gedacht, wenn ich nur einmal in die Mission gehen könnte oder vollzeitlich im Dienst des Reiches Gottes stehen könnte.“ Aber Jesus sagt: „Der eine gütige Blick ist nicht vergessen.“
Es ist unglaublich, dass es Werke gibt, die im Himmel nicht zu unserer Seligkeit zählen. Zu unserer Seligkeit zählt nur das Opfer Jesu – das muss klar sein. Aber unsere Werke werden nicht vergessen. Ihre Werke folgen Ihnen nach.
Man kann beim Sterben etwas mitnehmen, was bleibt – etwas Bewährtes außer seinem Leichentuch, nämlich Taten, die in Jesus getan sind. Jesus erwähnt außer den Taten des Glaubens, bei denen wir einen anderen zu Jesus geführt haben, auch die kleinen Dienste.
Dass Sie gestern das Nachbarkind von nebenan allein aufgenommen haben, ist in der Ewigkeit noch wichtig. So groß ist unser Gott, und manche Tat der Liebe – auch wenn es nur gebrauchte Kleider waren, die abgeschickt wurden – ist nicht vergessen.
Es waren Geschäfte, Mühen, und in der Ewigkeit bleiben sie nicht unbemerkt. Nicht, weil sie von uns groß werden, sondern weil der Herr sagt: „Ihr habt es mir getan.“ So werden diese Leute auch angesprochen: „Kommt her, ihr Gesegneten des Herrn, übernehmt euer Lebensstand. Der Himmel ist offen.“
„Ich hatte gar nie gemerkt, dass ihr in eurer kleinen Dreizimmer-Wohnung lebt, im Trubel des Alltags mit allem Gedränge. Aber der Segen Gottes war da. In den kleinen täglichen Verrichtungen, in den Gesprächen mit Berufskollegen hat Jesus etwas hineingepackt.“
Ich möchte Sie bitten, mit diesem Segen Jesu zu leben. Sonst könnte ich es gar nicht wagen, einen Krankenbesuch zu machen oder eine Predigt zu halten. Wenn der Herr durch das Wort derer segnet, die sich in Schlichtheit ihm weihen, dann wird das auch hier gesagt.
Keine großen Taten werden hier erwählt, keine Welteroberungen, keine Revolutionen, keine Kirchengründungen. Gar nichts Großes, sondern kleine Dienste der Liebe und Hingabe.
Das Große des Christenlebens geschieht im Kleinen. Denken Sie einmal daran: Wenn schon ein Becher Wasser von Jesus so gesegnet werden kann, dass es in der Ewigkeit noch wichtig ist, was können Sie dann mit Ihrem ganzen Leben, mit Ihrem ganzen Dasein machen?
Es ist Barmherzigkeit, dass der Herr sich so weit zu uns herablässt und durch unser Leben wirken will. Es wäre furchtbar, wenn wir daraus einen Anspruch machen würden, als ob wir unseren Himmel verdienen könnten. Es ist ein Wunder seiner Herablassung.
Darum war gerade das Lied gesungen: „Der Herr ist gut, in dessen Dienst wir stehen.“ Wir dürfen ihn in Demut Vater nennen, und das sind seine Aufgaben – dass am Ende kein guter Trunk unvergolten bleibt, dass er es Ihnen vielfach zurückgeben will, heute und in der Ewigkeit.
So sollte es unter uns sein, dass wir sagen: „Herr, ich will jetzt nur den Raum, in dem ich stehe, ausfüllen, an dem Platz, wo ich bin.“ Dann leben wir nicht in Angst vor dem Gericht, sondern in großer Freude.
Es ist wunderbar, dass der Herr heute schon aus unserem Leben etwas Großes machen will. Amen.