Einleitung und Anlass der Predigt
Sie dürfen sich gerne setzen.
Zu dem heutigen Anlass der Einsetzung von dir, lieber Matthias, haben wir nicht nur eine Einsetzungspredigt geplant, sondern eine ganze Einsetzungspredigt-Serie durch den zweiten Timotheusbrief. Wir alle durften mitzuhören, und in gewisser Weise spricht uns Gottes Wort natürlich alle an.
In den letzten Wochen haben wir gehört, wie Paulus seinen Jugendmitarbeiter Timotheus in seinem letzten Brief anschreibt, anspricht und ihn ermutigt, treu seinen Dienst zu tun. Das geschieht inmitten einer Umwelt, in der Prediger und Lehrer aufstehen, die Falsches lehren und Menschen von Gott wegführen.
„Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist.“ Nun kommen wir heute zum letzten Kapitel in diesem letzten Brief, den Paulus geschrieben hat. Es sind die letzten Worte, die er Timotheus im Hinblick auf seinen Dienst zu sagen hat.
Das, was danach kommt, sind einige weitere Hinweise und Grüße. Aber was heute kommt, sind die letzten Worte, die wir von Paulus haben – die allerletzten Worte des Aufrufs an einen jungen Mitarbeiter, den Weg nun weiterzugehen.
Ich bin mir sicher, als Timotheus zu dieser Stelle kam, hat er die Ohren gespitzt und ganz genau zugehört. Meine Hoffnung ist, dass wir jetzt auch die Ohren spitzen und ganz genau hinhören.
Dafür möchte ich beten:
Himmlischer Vater, du bist ein Gott, der redet. Das haben wir nicht einfach so gesungen, das ist unser fester Glaube, unser Vertrauen darauf, dass du durch dein Wort redest. So wollen wir dich bitten, dass du uns nun hilfst, zu hören, auf dein Wort zu hören und ihm zu gehorchen.
So bitten wir dich um deinen Segen für diese Zeit des Hörens auf dich, unseren Herrn. Amen.
Der zentrale Auftrag: Predige das Wort
Unser Predigttext heute ist 2. Timotheus 4,1-8. Er enthält eine zentrale Aussage: Predige das Wort. Das ist der Hauptauftrag an Timotheus, und ebenso an dich, Matthias: Predige das Wort! In gewisser Weise gilt dieser Auftrag für uns alle. Wir sind berufen, das Wort Gottes zu verkündigen und weiterzugeben.
In den Versen unmittelbar vor unserem Predigttext, die wir gerade in der Lesung gehört haben, wird deutlich, warum es so wichtig ist, das Wort, die Bibel, zu predigen und weiterzusagen. Denn wie wir gehört haben: Die Heilige Schrift, das Wort Gottes, kann uns unterweisen hin zur Seligkeit, zur Errettung durch den Glauben an Christus Jesus.
Sie ist nützlich als von Gott eingegebene Schrift, als von Gott inspiriertes Wort, als wirklich Gottes Wort. Sie dient zur Lehre, aber auch zur Korrektur und Zurechtweisung. Sie führt zur Besserung, das heißt zur positiven Veränderung im Leben, und zur Erziehung in der Gerechtigkeit, sodass der Mensch Gottes vollkommen ist und zu jedem guten Werk geschickt wird.
Das ist wirklich, was Gott durch sein Wort bewirkt. In seiner großen Gnade hat uns, die wir hier als Gemeinde versammelt sind, sein Wort erreicht. Es hat uns zum Glauben an Christus Jesus gebracht. Preist den Herrn für diese Gnade! Preist den Herrn für die Menschen, die uns dieses Wort weitergesagt haben!
Wir brauchen dieses Wort auch weiterhin, denn es rüstet uns aus, damit wir immer weiter wachsen, immer vollkommener werden und immer mehr zu jedem guten Werk befähigt werden. Deshalb muss das Wort Gottes auch weiterhin verkündigt werden. So können diejenigen, die Gott noch nicht kennen, zum Glauben an den Herrn Jesus Christus kommen und gerettet werden. Gleichzeitig können die, die Christus bereits kennen, im Glauben wachsen, in der Heiligung voranschreiten und letztlich zugerüstet werden, so zu leben, wie es Gott gefällt.
Deshalb lautet der einfache Auftrag: Predige, verkündige, sag das Wort Gottes weiter!
Konkret spricht Paulus hier vier Aspekte an, die wir im Folgenden bedenken wollen. Ihr findet diese auch in den ausliegenden oder verteilten Handouts. In der Mitte ist die Predigtstruktur abgebildet:
- Predige das Wort vor Gott (Vers 1)
- Predige das Wort in aller Klarheit und zu jeder Zeit (Verse 2-4)
- Predige das Wort mit der richtigen Einstellung (Vers 5)
- Predige das Wort mit dem Ziel vor Augen (Verse 6-8)
Das sind die vier Punkte dieser Predigt: Predige das Wort vor Gott.
Predige das Wort vor Gott
Paulus beginnt seinen letzten Aufruf an seinen jungen Mitarbeiter Timotheus mit den Worten: „So ermahne ich dich inständig vor Gott und Christus Jesus, der da kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten bei seiner Erscheinung und seinem Reich.“
Als ob es nicht genug wäre zu sagen: „Okay, ich werde bald sterben, das ist das Letzte, was ich dir noch zu sagen habe.“ Das müsste eigentlich schon ausreichen, um wachsam zu sein. Und jetzt noch das: „Ich ermahne dich!“ Er ruft Gott zum Zeugen an – vor Gott und vor Christus Jesus, der kommen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten.
Das ist beeindruckend. Wir tun gut daran, uns bewusst zu machen, dass alles, was wir tun und sagen, vor allem vor Gott geschieht. Dieser Gott wird eines Tages in Christus Jesus kommen. Er wird kommen, um die Lebenden und die Toten zu richten. Das wird geschehen, wenn er erscheint, bei seiner Erscheinung, um sein Reich aufzurichten.
Ich hoffe, das ist uns allen bewusst. Ich hoffe, auch dir ist klar, wenn du heute hier bist: Der Herr Jesus Christus, dessen Himmelfahrt wir am Donnerstag bedacht haben, wird von dort eines Tages wiederkommen. Er wird kommen, um die Lebenden und die Toten zu richten. Er wird erscheinen und sein Reich aufrichten. An diesem Tag werden wir alle Rechenschaft geben müssen vor dem heiligen Gott – für jede Tat, jedes Wort und jeden Gedanken, dem wir Raum gegeben haben.
Matthias, du weißt das. Ich bin mir sicher, Timotheus wusste das auch. Und doch ist Paulus davon überzeugt, dass Timotheus das noch einmal hören muss. Ich denke, auch du musst das heute noch einmal hören, weil es so leicht ist, das aus dem Blick zu verlieren. Plötzlich ist man nur noch darauf bedacht, was die Menschen vor einem denken.
Aber letztendlich wirst du nicht von dieser Gemeinde gerichtet werden. Du wirst nicht von uns Ältesten beurteilt. Du wirst eines Tages vor Gott Rechenschaft ablegen müssen für deinen Dienst. Tu deinen Dienst vor Gott und Christus Jesus!
Das Wissen um sein Erscheinen und sein Gericht gibt deinem Dienst eine Dringlichkeit. Denn heute bist du beauftragt und eingesetzt, Menschen das Evangelium zu predigen. Noch ist Gnadenzeit, noch ist Zeit, damit die, die Sonntag für Sonntag hier in dieses Haus kommen – und sicher auch heute hier sind –, die Jesus Christus noch nicht wirklich als ihren Retter kennen, ihn erkennen.
Deine höchste Aufgabe ist es, ihnen das Wort Gottes zu predigen. Denn eines Tages werden sie Rechenschaft ablegen müssen. Nur wenn sie Jesus Christus als ihren Retter und Herrn kennen, werden sie bestehen können.
Du kannst sie nicht bekehren. Doch es ist dein Auftrag als Diener Gottes, an Gottes Stelle sein Wort zu sprechen. So kann Gott durch sein Wort ausrichten, wozu er sein Wort gesandt hat.
Predige das Wort in aller Klarheit und zu jeder Zeit
Das bringt uns zu den Versen 2 bis 4, zu dem konkreten Auftrag: Predige das Wort – und zwar in aller Klarheit und zu jeder Zeit. Ich möchte uns diese Verse noch einmal vorlesen:
„Predige das Wort, stehe dazu, es sei zur Zeit oder zur Unzeit, weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre; denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden, sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zuwenden.“
Ich glaube, hier lässt sich schon erahnen, warum der Auftrag „Predige das Wort“ nicht nur ein Auftrag für den Sonntagsprediger ist. Wir alle sind berufen, zu jeder Zeit, wann immer es geht, dieses Wort weiterzusagen. Ich hoffe, wir sind darauf bedacht.
Wir sollten bedenken, was Paulus am Ende von Kapitel 3 über Gottes Wort gelehrt hat: Dieses von Gott inspirierte Wort ist nützlich zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung und zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei und zu jedem guten Werk geschickt. Genau das scheint Paulus hier noch einmal vor Augen zu haben, wenn er Timotheus nicht nur sagt: „Predige das Wort“, sondern auch noch einmal erklärt, was das eigentlich bedeutet.
Es heißt nicht einfach, akademisch etwas zu erklären, was hier steht, vielleicht noch die griechischen Vokabeln zu übersetzen und ein bisschen Hintergrund zu erläutern. Predigen das Wort heißt zurechtweisen, es heißt drohen, es heißt ermahnen. Das bedeutet, ich spreche an Gottes Stelle. Du bist berufen, an Gottes Stelle in das Leben der Menschen hineinzusprechen.
Das wird nicht immer populär sein. Menschen wollen nicht zurechtgewiesen, ermahnt oder womöglich bedroht werden. Das ist politisch nicht korrekt und stößt oft auf Ablehnung. Menschen wollen lieber in dem, was sie glauben und tun, bestätigt werden – dann bekommt man Applaus.
Paulus macht deutlich: Nein, dieses Wort muss so ins Leben der Menschen gesprochen werden, dass es auch Dinge verändern kann. Es soll sie zurüsten zu jedem guten Werk und sie korrigieren, wo sie auf Abwegen sind – im Leben und im Glauben. Und das sollst du zu jeder Zeit tun, zu jeder Zeit, Matthias.
Es gibt Zeiten, da ist es eine wahre Wonne, Pastor zu sein. Ich glaube, im Moment bin ich unheimlich gerne Pastor. Ich weiß, du wirst heute unheimlich gerne als Pastor eingesetzt. Wir erleben, dass die Gemeinde wächst, wir erleben, wie Menschen in ihrem Leben verändert werden, wir erleben Bekehrung, wir erleben, wie Gottes Wort mit Freude aufgenommen wird und Dinge tut, die nur Gottes Wort tun kann. Preis den Herrn für solche Zeiten!
Aber es wird eben auch andere Zeiten geben. In Vers 3 und 4 ist die Rede davon, dass Zeiten kommen, in denen sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden, sondern sich nach ihren eigenen Gelüsten Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken. Keine Wahrheit mehr, lieber geben sie sich ein paar nette Fabeln.
Paulus war es wichtig, dass Timotheus keine naive Vorstellung von seinem Dienst hat. Ich denke, es war auch für dich wichtig, keine naive Vorstellung zu haben, dass Pastorsein immer nur schön und einfach ist, dass die Menschen sich freuen, wenn du wiederkommst, um sie zu ermahnen, zu drohen, zurechtzuweisen und zu belehren.
Und ich glaube, wir können das alle verstehen – das kannst du auch verstehen –, denn wir alle haben ja ab und zu juckende Ohren. Wollen wir mal ehrlich sein, oder? Kennst du das so? Ich meine nicht nur, wenn eine Mücke dich gepikst hat. Wir wollen doch immer mal wieder gar nicht korrigiert werden.
Wenn wir auf Abwegen sind, dann suchen wir doch eher Bestätigung, dass es eigentlich doch irgendwie okay ist, oder? Unser falsches Denken behalten wir lieber: „Korrigier mich nicht, ich habe das immer schon so geglaubt, das passt für mich.“ Aber ich glaube, wir kennen das alle.
Wenn wir schlecht über andere geredet haben, wollen wir damit doch nicht konfrontiert werden. Nein, wir wollen eher Zustimmung finden: „Ja, der ist ja wirklich...“ Oder ich meine, das soll in München ja mal vorkommen, dass jemand ein bisschen zu viel trinkt und ermahnt wird. Aber wir haben doch Freiheit, also sag mir doch bitte mal: Wir sind zur Freiheit befreit!
Oder womöglich, wenn mich jemand ermahnt, dass ich nicht geizig sein soll, sondern großzügig geben soll – das ist mein Portemonnaie, das geht gar nicht. Wir kennen das, wir wollen das nicht, wir wollen nicht, dass uns jemand ins Leben spricht.
Wir alle kennen das, du kennst das, ich kenne das, und wir alle wissen, wie das ist. Gerade wenn man es am nötigsten hat, ermahnt zu werden, will man das am wenigsten haben, weil die Ohren am meisten jucken. Dann sucht man sich lieber Lehrer, die einem das sagen, was man hören möchte, anstatt Lehrer, die uns mit dem Wort Gottes zurechtweisen, ermahnen und drohen.
Liebe Gemeinde, lasst uns dankbar sein, dass der Herr uns heute in Matthias einen Mann gibt, der bereit ist, uns nicht nur die Ohren zu kitzeln, sondern uns die Wahrheit Gottes ins Leben zu sprechen, wenn wir das brauchen. Du hast das in meinem persönlichen Leben schon getan, und ich denke, manch anderer hat das schon erlebt. Ich bin sehr dankbar dafür und möchte dich ermutigen, weiter so zu tun.
Manchmal sind es aber nicht nur einzelne Menschen, denen die Ohren ein wenig jucken, manchmal sind es ganze Gemeinden. Ja, heute haben wir hier eine Gemeinde, die begierig Gottes Wort hört. Aber es kann gut sein, dass du in deinem Dienst auch Zeiten erleben wirst, in denen das anders sein wird.
Dann hast du es mit Menschen zu tun, die vielleicht nicht mehr das Wort Gottes in aller Klarheit hören wollen. Sie suchen sich Lehrer, die ihnen das sagen, wonach ihnen die Ohren jucken, und dich würden sie am liebsten vom Hof jagen.
Vielleicht gibt es bei uns ganz andere Gefahren. Vielleicht ist bei uns gar nicht die Gefahr, dass wir das Wort Gottes nicht hören wollen, sondern dass wir es sehr hoch achten und sehr stolz darauf sind, es hochzuhalten.
Wir sind so gut zugerüstet, dass wir eigentlich selbst alle in der Lage sind, jeden anderen zu belehren und auf andere Gemeinden herabzuschauen, auf Menschen, die nicht so leben wie wir. Vielleicht ist das eine Tendenz bei uns, schon die Ohren zu jucken, darin in unserer falschen Haltung bestärkt zu werden.
Als ich darüber nachgedacht habe, wo die größte Gefahr für unsere Gemeinde im Moment liegt, habe ich gedacht: Wahrscheinlich ist es geistlicher Stolz.
Auch da bist du berufen, uns nicht das zu sagen, was wir gerne hören wollen, sondern uns auch mal zu ermahnen. Dein Auftrag ist es, das zu predigen, was Menschen hören müssen, nicht das, was sie hören wollen.
Predige das Wort mit der richtigen Einstellung
Nachdem Paulus also betont hat, was Timotheus tun soll, lehrt er nun in Vers 5, wie er es tun soll. Dies ist der dritte Punkt dieser Predigt: „Du aber sei nüchtern in allen Dingen, leidewillig, tu das Werk eines Predigers des Evangeliums, richte dein Amt redlich aus.“
So leben und dienen wahre Christen: nüchtern in allen Dingen. Das heißt, wahre Christen sind wachsam, nicht trunken oder halb abwesend. Sie sind aufmerksam und verlieren nicht den Kopf, wenn um sie herum Dinge geschehen. Timotheus befand sich in schwierigen Umständen. Paulus fordert ihn auf: Sei nüchtern, bleib sachlich, bleib wachsam, verliere nicht den Kopf.
Denn wir dürfen wissen: Unser Herr ist immer noch der Herr, egal was geschieht. Er hat alles im Griff. Das hilft uns, in allen Dingen nüchtern zu bleiben. Ich schätze sehr, Matthias, dass du jemand bist, der auch in den ältesten Sitzungen, in denen du schon seit einiger Zeit dabei bist, nüchtern, sachlich und manchmal in gesunder Weise distanziert Dinge sehen und ansprechen kannst. Auch da möchte ich dich ermutigen, dir das bis zum Schluss zu bewahren.
Das ist die Ermahnung hier, der Aufruf: Wenn Paulus weiter vorfährt und am Ende sagt, richte den Dienst redlich aus, bedeutet das, bleibe wirklich bis zum Ende treu dabei!
Weiterhin schreibt Paulus, dass wir, wenn nötig, bereit sein sollen zu leiden. Das wird zwangsläufig jeden treffen, der das Werk eines Predigers des Evangeliums tut. Das Evangelium ist eine anstößige Botschaft – für alle, die nicht hören wollen, dass sie Rettung brauchen. Menschen wollen nicht gesagt bekommen, dass sie Sünder sind.
Das Evangelium ist aber auch für Menschen anstößig, die vielleicht stolz darauf sind, wie heilig sie schon sind. Ihnen zu sagen: Nein, nein, nein, du bist voll und ganz abhängig von der Gnade Gottes. Du brauchst immer noch und jeden Tag einen Retter.
So wird es sein: Ja, es wird Zeiten geben, in denen das Pastorsein und Predigen schön ist, weil man gute Frucht erlebt. Aber es wird auch Zeiten geben, in denen man im Dienst leiden wird.
Wenn man das liest und an Paulus und Timotheus denkt, denkt man wahrscheinlich zuerst an Christenverfolgung und Zeiten, in denen man im Gefängnis landet. Ich weiß nicht, was die nächsten Jahre und Jahrzehnte bringen, solange du deinen Dienst tust. Es ist nicht undenkbar, dass auch solche Zeiten kommen können.
Wenn ich aber konkret an das Hier und Jetzt denke und überlege, wo die konkreten Situationen sind, in denen du wahrscheinlich leiden wirst als Pastor, als Prediger des Evangeliums, fallen mir Beispiele ein.
Ich gebe mal ein Beispiel: Du investierst dich oder ihr euch vielleicht auch als Ehepaar ganz intensiv in eine Ehe in Not. Da sind Gemeindemitglieder, die ihr sehr liebt und die es nicht mehr miteinander hinkriegen. Ihr betet für sie, investiert euch und verbringt viel Zeit – lange Treffen, danach Diskussionen, was man tun kann, praktische Hilfe und all das.
Am Ende entscheiden sie sich aber dafür, lieber den leichten Weg zu gehen und sich voneinander zu trennen. Sie lehnen euren Rat ab, lehnen euch ab und geben euch womöglich noch eine Mitschuld daran, dass es nicht funktioniert hat.
Du bist niedergeschlagen und denkst: Wozu das alles? Am nächsten Tag kommst du niedergeschlagen in die Gemeinde und findest drei E-Mails: „Pastor Matthias, ich habe versucht, dich zu erreichen, du hast ja nie Zeit, immer bist du irgendwo anders, ich habe doch auch Not.“
Dann predigst du am Sonntag, hast aber gar nicht genug Zeit gehabt, die Predigt vernünftig zu schreiben. Du gibst dein Bestes. An der Tür kommen fünf Leute auf dich zu, die dir alle nochmal erklären, was nicht genau richtig war. Und du denkst: Weißt du was, ich habe keine Lust mehr.
Noch kannst du darüber lachen. Ich kann dir sagen, ich weiß, wovon ich rede: Leide willig, tue deinen Dienst vor Gott, für Gott und überlasse ihm die Ergebnisse. Tue das bis zum Schluss treu.
Und liebe Ruth, mir ist klar, das betrifft dich genauso. Wenn dein Mann niedergeschlagen nach Hause kommt, viel zu spät, weil er sich wieder die ganze Zeit in andere Leute investiert hat, und du zu Hause bist mit den Kindern und denkst: Ich bräuchte wirklich mal Hilfe, ich bräuchte auch mal eine Auszeit, dann kommt er nach Hause, ist niedergeschlagen und platt und sagt: „Ich muss erst mal in den Wald.“
Später am Abend erzählt er dir, was los war, und du denkst: Ist es das wert? Das können schwere Zeiten sein. Leide willig! Wisst, für wen ihr das tut. Ihr seid Prediger des Evangeliums.
Und es ist eine Botschaft, die für manche der „Lottergeruch des Todes“ sein wird, aber bei anderen Großes bewirken wird. Auch das sieht der Herr.
Möget ihr in eurem Dienst immer wieder erleben, dass der Herr euch ermutigt, auch in solchen Zeiten, immer und immer wieder. Vertraut darauf: Viele gute Früchte, die der Herr durch euch bringen wird, werdet ihr erst im Himmel sehen.
Predige das Wort mit dem Ziel vor Augen
Das bringt uns zum letzten Punkt dieser Predigt: Predige das Wort mit dem Ziel vor Augen. Paulus schreibt hier wirklich über sich selbst. Er bringt sein eigenes Beispiel, wendet es aber auch auf Timotheus an.
Er schreibt: „Ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Hinscheidens ist gekommen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten. Hinfort liegt für mich bereit die Krone der Gerechtigkeit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird – nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben.“
Paulus schreibt diese Zeilen aus dem Gefängnis, im Wissen darum, dass er bald sterben wird. Er versteht sich selbst hier quasi als ein Opfer, das Gott gebracht wird. Er leidet willig für Gott und gibt sich Gott hin – dem Gott, der sich viel grundsätzlicher für ihn hingegeben hat, als Paulus es je tun könnte. In Jesus Christus gab Gott sein Leben für Paulus am Kreuz. So wird Paulus und jeder, der auf ihn vertraut, nicht von Gott gerichtet, sondern findet seine Gnade, liebende Annahme bei Gott, dem Vater.
Paulus kannte seinen Retter, den Retter, der für ihn gestorben war. Und diesem Retter ist er bereit zu dienen. Für diesen Retter ist er bereit zu leiden, sein Leben zu investieren und zu verlieren. Alles, was Paulus anstrebte, war, ihm einfach bis zum Ende treu zu dienen. Das hat er getan. So sagt er hier: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten.“
Ich mache ja gerne Sport, und manchmal sieht man am Spielfeldrand beim Fußball oder beim Tennis die Trainer stehen – oft noch mit so einem kleinen, dicken Bierbauch – und sie wissen alles besser. Neulich habe ich einen Vater beobachtet, der die ganze Zeit seinem Sohn sagte, was für einen schlechten Ball er spielte. Ich dachte: Wow, der Vater muss auch relativ gut sein, wenn er seinen Sohn, der super gespielt hat, so zusammenfaltet. Ich habe ihn neulich mal getroffen und gefragt: „Wollen wir eine Runde spielen, Norbert?“ Er antwortete: „Ja, kann man machen.“ Als es dann 6:4, 6:0 für mich stand, dachte ich: Also gegen seinen Sohn habe ich schon mal verloren.
Es gibt solche Leute, die am Spielfeldrand stehen und alles besser wissen. Aber Paulus ist nicht so einer. Paulus war mit Timotheus unterwegs, er ist vorangegangen, hat ihm Dinge vorgemacht, und Timotheus konnte sich Dinge abschauen. Paulus ist jetzt den Weg zu Ende gegangen. Er hat Timotheus vorgelebt, wie man das Leben bis zum Ende treu für Gott lebt. Und jetzt ruft er quasi seinem jungen Mitarbeiter zu: Es lohnt sich, ich bin den Weg gegangen, folg mir nach!
Das ist es, was Paulus Timotheus zuruft: Folge mir nach! Es wird nicht immer leicht sein, aber es lohnt sich. Nachdem Paulus Timotheus gesagt hat, in welcher Weise und mit welcher Einstellung er seinen Dienst tun soll, lenkt er nun den Blick wieder hin zu Gott und zu dem Tag seiner Erscheinung.
Ganz interessant ist, wie Vers 8 wirklich die Gedanken aus Vers 1 wieder aufgreift: „Hinfort liegt für mich bereit die Krone der Gerechtigkeit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird – nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben.“
Es ist schön zu hören, was Paulus hier tut. Er ruft: „Ich habe es fast geschafft. Der Sieg ist gewiss.“ All das Ausharren im Dienst, all die Tränen, all das Leid – es war es wert. Denn der Herr, dem ich treu gelehnt habe, ist treu. Der Herr, dessen Wort ich verkündigt habe, ist treu. Dem ich diente, nicht nur zur rechten Zeit, sondern auch zur Unzeit – er ist treu. Ja, mehr noch: Er wird mich reich beschenken.
Und so ruft Paulus Timotheus zu: „Komm, komm hinterher!“ Die Krone der Gerechtigkeit, die ich jetzt empfange, die ist nicht nur für mich. Er hat den ganzen Schrank voll davon – auch für dich, für dich und für jeden, der ihm entgegenlebt, vor ihm lebt.
Das ist es, was Paulus meint: „Nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben, allen, die die Sehnsucht danach haben: Herr, komm!“
Wenn du heute hier bist und den Herrn noch gar nicht im Blick hast, wenn es noch nicht dein Fokus ist, vor Gott zu leben, dein Leben für Gott zu leben, dann möchte ich dir sagen: Egal, ob du das jetzt glaubst oder nicht, ob du darauf vertraust oder nicht – es ist ein Fakt, der eines Tages auch für dich und für alle sichtbar werden wird: Der Herr wird kommen.
Du kannst bis dahin leugnen, dass es ihn überhaupt gibt, aber er wird kommen, er wird erscheinen, und wir werden alle vor ihm erscheinen müssen. Ich sage das ganz bewusst im Sinne von Paulus als ein ermahnendes und vielleicht sogar drohendes Wort: Der Herr, der gerechte Richter, wird erscheinen.
Und wenn du dich nicht rufen lässt, wenn du dein Leben nicht vor ihm lebst, wenn du nicht auf sein Wort hörst und versuchst, danach zu leben – mit seiner Hilfe – dann wird das kein froher Tag für dich sein.
Kehre um! Höre auf die Worte des Evangeliums, höre auf die gute Nachricht, dass Gott zu uns Menschen schon einmal gekommen ist, dass er schon einmal erschienen ist. Das ist niedergeschrieben, es ist glaubhaft bezeugt, damit wir es wissen können: Gott ist real.
Gott ist in Jesus Christus gekommen, um uns aufzuzeigen, wie er wirklich ist und um uns zu rufen, zu ihm hin, damit wir uns in seinem Licht in rechter Weise sehen. Damit wir erkennen, dass wir einen Retter brauchen, einen Erlöser, weil wir aus uns heraus nicht vollkommen gut sind.
Er ist gekommen, um die gerechte Strafe, die wir im Gericht verdient hätten, auf sich zu nehmen. Deswegen haben wir Christen das Kreuz, an dem Jesus Christus sein Leben gab – stellvertretend für Sünder wie dich und mich, stellvertretend für jeden, der zu ihm kommt im Glauben, der sich ihm anvertraut, der ihn zum Herrn macht und der darauf vertraut, dass er wiederkommen wird.
Und jeder, der ihn erkennt und jeder, der weiß, dass wir aufgrund seines stellvertretenden Todes am Kreuz, wenn wir ihm vertrauen, bestehen können, der wird seine Erscheinung nicht fürchten, sondern lieb haben.
Der Herr kommt, er kommt, und dann ist es geschafft: Ich habe meinen Lauf vollendet.
Ich weiß, du möchtest gerne einige Jahre als Pastor dienen. Aber ganz ehrlich: Wenn auch heute Nachmittag der Herr käme, ich hoffe, du würdest jubeln: Geschafft! Es hat gereicht, die Krone liegt bereit.
Liebe Gemeinde, möge das unser aller Ruf sein, unsere Hoffnung, unsere Sehnsucht: Der Herr wird kommen! Bis dahin hat er uns aus dieser Welt herausgerufen, um als seine Botschafter an Christi Statt hier auf Erden sein Wort weiterzusagen.
Denn es gibt noch viele Menschen, die in sein Reich hineinkommen und bereit sind für sein Erscheinen. Wir sollen einander helfen, diesen Weg immer weiterzugehen, damit wir immer mehr so werden, wie es Gott gefällt und gut für uns ist.
Und dann kommt er irgendwann. Und dann haben wir es geschafft. Dann liegt bereit für uns die Krone der Gerechtigkeit.
Komm, Herr Jesus!
Ich bete mit uns:
Himmlischer Vater, danke für diese große Verheißung. Wir sehen aber auch, wie ermahnend dieses Wort ist – dieses Wort, dass du kommen wirst, zu richten die Lebenden und die Toten.
Herr, ich möchte dich bitten für uns alle, dass wir mehr und mehr leben als Menschen vor dir. Dass wir weniger auf unsere Lebensumstände schauen, weniger darauf, was die Menschen um uns herum wollen und was sie gutheißen, und mehr auf dich. Dass das unser Leben prägt und wir mit frohem Herzen dir dienen.
Ich möchte dich bitten, dass du uns ausrüstest zu jedem guten Werk. Besonders möchte ich das für Matthias und Ruth beten: Dass du sie ausrüstest zu jedem guten Werk, sie immer wieder neu stärkst durch dein mächtiges Wort, ihnen durch deinen Geist die Kraft gibst, in schweren Zeiten auszuharren, und dass du ihnen schenkst, immer wieder zu erleben, wie du sie gebrauchen, segnen und stärken kannst in ihrem Dienst.
Aber vor allem möchte ich beten, dass du ihnen immer wieder hilfst, das Ziel vor Augen zu haben – das Ziel, auf das wir alle zuleben dürfen.
Danke, dass wir miteinander auf diesem Weg sein dürfen. Danke, dass Matthias uns als Pastor dienen darf auf unserem Weg diesem Ziel entgegen.
Wir preisen dich dafür.
Amen.